Die Einkommensteuer Gesamtdarstellung [1]
1. Teil: Einkommensteuerpflicht
I. Persönliche Einkommensteuerpflicht
Tz. 1 Steuerpflicht
Der Staat erfasst das Einkommen einer natürlichen Person, die sich in seinem Herrschaftsbereich aufhält und belegt es mit der Einkommensteuer. Dabei ist es gleichgültig, ob der Einkommensbezieher Inländer oder Ausländer ist.
Sind Personen in einem anderen Staat ansässig und werden dort grds. ebenfalls zu einer Steuer herangezogen, wird dieser Tatsache durch die Besonderheiten der beschränkten Steuerpflicht Rechnung getragen. Die Doppelbesteuerungsabkommen sollen ebenfalls einer mehrfachen Besteuerung entgegenwirken.
Tz. 2 Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht
a) Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland
aa) Personenkreis und Umfang der Steuerpflicht
Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche inländischen und ausländischen Einkünfte (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ausnahmen können sich jedoch z. B. durch Doppelbesteuerungsabkommen und andere zwischenstaatliche Vereinbarungen ergeben.
Die Steuerpflicht beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Wird das Inland verlassen, endet die unbeschränkte Steuerpflicht mit dem Zeitpunkt, an dem die maßgeblichen persönlichen Beziehungen zum Inland abgebrochen werden.
bb) Inland
Eine Definition des Begriffs „Inland” enthält das EStG nicht. Inland ist bzw. als Inland gilt
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Zollausschlüsse,
Freihäfen,
Seeschiffe unter Bundesflagge, solange sie sich in deutschen Häfen, in inländischen Gewässern oder auf hoher See befinden,
deutsche Luftfahrzeuge im deutschen oder internationalen Luftraum,
der Bundesrepublik zustehender Anteil am Festlandsockel, soweit dort Naturschätze des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes erforscht oder ausgebeutet werden; dieser Bereich wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2008 ergänzt, und zwar soweit dieser Anteil am Festlandsockel der Energieerzeugung unter Nutzung erneuerbarer Energien dient. Damit ist z. B. sichergestellt, dass der Betrieb von Windkraftanlagen im Meer zu inländischen Einkünften führt.
cc) Wohnsitz
Ein Wohnsitz im Inland begründet bereits die unbeschränkte Steuerpflicht. Der Wohnsitz ist dort, wo man eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass man die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO). Entscheidend ist das tatsächliche Innehaben, so dass auch mehrere Wohnsitze vorliegen können. Auch gleichzeitige Wohnsitze sowohl im Inland als auch im Ausland sind möglich. S. auch AEAO zu § 8.
dd) Gewöhnlicher Aufenthalt
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 9 AO). Die tatsächlichen Verhältnisse sind maßgebend. Daher können auch z. B. von Ort zu Ort fahrende Händler oder Wanderartisten einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen. Eine längere Abwesenheit, z. B. eine Erholungsreise in das Ausland, führt nicht zur Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist immer gegeben bei einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer. Erfolgt der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken, tritt an die Stelle des Zeitraums von sechs Monaten ein Zeitraum von einem Jahr. S. auch AEAO zu § 9.
ee) Doppelbesteuerungsabkommen
Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte, d. h. auch auf solche Einkünfte, die aus dem Ausland fließen oder dort erzielt werden. Da diese Einkünfte regelmäßig auch im Ausland der Besteuerung unterliegen, erfolgt eine doppelte Besteuerung. Dies soll durch Doppelbesteuerungsabkommen verhindert werden. Die vertragschließenden Staaten beschränken in diesen Abkommen wechselseitig ihre Besteuerungsrechte, indem die vom Abkommen erfassten Einkünfte steuerfrei gelassen werden oder die in dem anderen Staat erhobene Steuer angerechnet wird. Wegen der Anrechnung vgl. § 34c EStG; s. Tz. 269.
b) Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht bei in das Ausland entsandten Bediensteten
Nach dieser Regelung unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind deutsche Staatsangehörige, die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen. Dazu gehören insbesondere die von der Bundesrepublik Deutschland in das Ausland entsandten Mitglieder einer diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung, – einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Angehörigen –, soweit die in der Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Für einen ausländischen Ehegatten gilt dies auch, wenn er die Staatsangehörigkeit des Empfangsstaats besitzt (vgl. R 1a EStR).
Wird der deutsche Bedienstete ins Inland zurückversetzt, ohne dass sein bis dahin nach § 1 Abs. 2 EStG zusammen mit ihm unbeschränkt steuerpflichtiger Ehegatte gleichzeitig ins Inland zurückkehrt, wird grds. nur der ins Inland zurückversetzte Bedienstete nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig; der noch im Ausland gebliebene Ehegatte wird zu dem Zeitpunkt grds. beschränkt steuerpflichtig (s. § 1 Abs. 4 EStG). Das (BStBl 1996 I S. 1191) sieht hier eine Billigkeitsregelung vor, wonach die Ehegatten weiterhin auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden können (Vorteil: Anwendung des Splittingverfahren). Voraussetzungen hierfür sind, dass
der Steuerpflichtige aus dienstlichen Gründen in das Inland versetzt wird,
der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte aus persönlichen Gründen noch für kurze Zeit im Ausland verbleibt,
die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 EStG nicht erfüllt sind,
dass dem Umzug in das Inland ein in § 12 Abs. 2 und 3 des BUKG genannter Hinderungsgrund entgegensteht und
die Einkünfte der Ehegatten mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte der Ehegatten nicht mehr als 12.271 € im Kalenderjahr betragen.
Im Ausland bei internationalen Organisationen beschäftigte Deutsche fallen nicht unter § 1 Abs. 2 oder § 1 Abs. 3 i. V. mit § 1a Abs. 2 EStG, da sie ihren Arbeitslohn nicht aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen (vgl. z. B. , BStBl 2007 II S. 106, betr. Mitarbeiter des Goethe-Instituts mit Wohnsitz im Ausland).
Wegen weiterer Einzelheiten vgl. H 1a EStH.
c) Fiktive unbeschränkte Steuerpflicht
Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte i. S. des § 49 EStG haben; Vorteil. Voraussetzung ist, dass die Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder dass die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte – ab Veranlagungszeitraum 2008 – den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG (2008: 7.664 €; 2009: 7.834 €; ab 2010: 8.004 €) nicht übersteigen; bei Ehegatten doppelter Betrag. Dieser Betrag ist zu kürzen, soweit dies nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist (vgl. Ländergruppeneinteilung ab 2008; , BStBl 2008 I S. 936; für die Palästinensischen Gebiete ist die Ländergruppe 4 anzuwenden - NWB SAAAD-22076). Inländische Einkünfte, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Steuer unterliegend, gleichwohl sind sie in die inländische Einkommensteuerveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b i. V. mit § 1 Abs. 3 EStG einzubeziehen (, BStBl 2003 II S. 587). Bei der Ermittlung der Einkünfte unberücksichtigt bleiben die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind (§ 1 Abs. 3 Satz 4 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008. Mit dieser Ergänzung folgt der Gesetzgeber dem , Meindl NWB AAAAC-37923, wonach in verschiedenen Mitgliedstaaten lebende Ehegatten nach Maßgabe des Art. 52 EGV (jetzt Art. 43 EG) hinsichtlich der Zusammenveranlagung nicht schlechter gestellt werden dürfen als ausschließlich in einem Mitgliedstaat ansässige und erwerbstätige Ehegatten. Da das EuGH-Urteil unmittelbar anzuwendendes Recht ist, gilt die Gesetzesänderung für alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen, soweit der Steuerpflichtige dies beantragt. Daher ist die Regelung auf Antrag insoweit auch für Veranlagungszeiträume vor 2008 anwendbar.
Tz. 3 Auslandsangehörige von unbeschränkt steuerpflichtigen EU-/EWR-Angehörigen
§ 1a Abs. 1 EStG trägt den Anforderungen Rechnung, die an eine EU-gerechte Familienbesteuerung der Grenzpendler, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zu stellen sind. Begünstigt sind insbesondere die Personen, die nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig gelten und die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der EU oder des EWR (= Mitgliedstaaten der EU, Island, Norwegen und Liechtenstein) sind. Die Angehörigen (Ehegatte, Kinder) des Steuerpflichtigen müssen nicht Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staats sein; sie müssen jedoch einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU- oder EWR-Staat haben bzw. zu einem Haushalt in diesem Raum gehören.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten (Realsplitting) können entsprechend § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch abgezogen werden, wenn der Empfänger einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland, sondern in einem EU- oder einem EWR-Staat hat. Voraussetzung ist jedoch, dass die Besteuerung der Unterhaltsbezüge durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Nach dem durch das Jahressteuergesetz 2008 geänderten § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG wird der Sonderausgabenabzug für Versorgungsleistungen, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen, nur noch gewährt, wenn der Empfänger der Leistung unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Aufgrund EG-vertraglich garantierter Freizügigkeit ist der Sonderausgabenabzug aber auch zu gewähren, wenn die Versorgungsleistungen von einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der EU oder des EWR gewährt werden und der Empfänger der Leistung seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten hat. Der durch das Jahressteuergesetz 2008 neu eingefügte § 1a Abs. 1 Nr. 1a EStG enthält die entsprechende Abzugsregelung. Diese ist nach § 52 Abs. 1 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden.
Auf Antrag wird der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, jedoch mit einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im EU-/EWR-Ausland für die Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Die Ehegatten können dann die Zusammenveranlagung nach § 26 EStG beantragen und damit auch die Anwendung des Splittingtarifs und weitere Steuervergünstigungen (z. B. Verdopplung des Freibetrags nach § 20 Abs. 4 EStG) erreichen. Bei der Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG ist für die Prüfung der 90-%-Regelung auf die zusammengerechneten Einkünfte beider Ehegatten und ab dem Veranlagungszeitraum 2008 auf den doppelten Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG abzustellen (bis Veranlagungszeitraum 2007 Verdoppelung des Betrags von 6.136 €). Kommt es zur Anwendung des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG über § 1 Abs. 3 EStG, werden bei der Zusammenveranlagung nur die inländischen Einkünfte gem. § 49 EStG einbezogen.
Tz. 4 Beschränkte Einkommensteuerpflicht
Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Regelungen in § 1 Abs. 2 und 3 und § 1a EStG beschränkt steuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte i. S. des § 49 EStG haben. Die Steuerpflicht beschränkt sich auf die in § 49 EStG aufgeführten Einkünfte.
Für beschränkt Steuerpflichtige gelten einige Besonderheiten (vgl. hierzu §§ 49, 50, 50a EStG; s. Tz. 294 ff.). Wegen der Fälle des Wechsels von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht und umgekehrt im Laufe eines Veranlagungszeitraums vgl. § 2 Abs. 7 EStG.
Tz. 5 Erweiterte beschränkte Steuerpflicht
Die §§ 2, 5 AStG erweitern die beschränkte Steuerpflicht für Personen, die ihren Wohnsitz in niedrig besteuernde Länder verlegt haben, nicht mehr unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und im Inland „wesentliche wirtschaftliche Interessen” haben. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich über die in § 49 EStG genannten Einkünfte hinaus auf alle Einkünfte, die nicht ausländische Einkünfte i. S. des § 34c EStG sind. Die Wirkung eines Doppelbesteuerungsabkommens bleibt unberührt; Einkünfte, die danach unter das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaats fallen, unterliegen nicht der erweiterten beschränkten Steuerpflicht. Vgl. hierzu auch Anwendungsschreiben zum AStG (, BStBl 2004 I Sondernummer 1/2004, ergänzt durch , BStBl 2005 I S. 714).
Tz. 6 Zuständigkeit der Finanzbehörden
Die Zuständigkeit der Finanzbehörde bei der Einkommensbesteuerung richtet sich nach § 19 AO. Danach ist für die Besteuerung in erster Linie das Wohnsitzfinanzamt zuständig.
II. Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen
Tz. 7 Sachliche Steuerpflicht unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit
§ 2 EStG bestimmt für alle natürlichen Personen i. S. des § 1 EStG den Umfang der Besteuerung sowie den Besteuerungszeitraum. Über § 8 Abs. 1 KStG gilt § 2 EStG auch für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. des § 1 Abs. 1 KStG. Für Personengesellschaften und -gemeinschaften gilt § 2 EStG nur mittelbar. Sie selbst sind weder Steuerpflichtige i. S. des EStG, noch solche i. S. des KStG. Einkünfte erzielen nur deren Gesellschafter oder Gemeinschafter entsprechend ihrem Anteil. Der Anteil des einzelnen Gesellschafters oder Gemeinschafters an den Einkünften der Personengesellschaft oder -gemeinschaft geht in seine Ermittlung der Einkünfte mit ein.
§ 2 EStG ist die Grundvorschrift zur Bestimmung des der Einkommensteuer unterliegenden Steuergegenstands (Umfang der Besteuerung). Während in § 1 EStG die persönliche Steuerpflicht geregelt ist, regelt § 2 EStG die sachliche Steuerpflicht zur Erfüllung des Zwecks des EStG. Zweck des EStG ist es, Mittel für die öffentliche Hand zu beschaffen und dabei den Steuerpflichtigen entsprechend seiner Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Daneben werden mit der Einkommensbesteuerung auch weitere Zwecke verfolgt, die nicht unmittelbar an die Leistungsfähigkeit anknüpfen, wie z. B. finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische, steuertechnische oder andere Zwecke.
Die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen orientiert sich an dem subjektiven Nettoprinzip, wonach seine Einkünfte nur soweit besteuert werden dürfen, dass ihm noch ein Existenzminimum verbleibt. Dieses orientiert sich an der Höhe der Sozialhilfegrenze und – bezüglich des Familienleistungsausgleichs – an gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Steuerpflichtigen (, BStBl 1993 II S. 413; , BStBl 1995 II S. 655). Zur Bemessung der Leistungsfähigkeit ist die Höhe der Einkünfte zu ermitteln (objektive Leistungsfähigkeit); § 2 Abs. 1 und 2 EStG. Zur Berücksichtigung der subjektiven Leistungsfähigkeit sind davon Beträge abzuziehen, die nichts mit der Einkunftsermittlung an sich zu tun haben, sondern von den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen abhängen; § 2 Abs. 3–5 Satz 1 EStG.
Tz. 8 Steuerpflichtige Einkünfte
a) Einkunftsarten
Der Einkommensteuer unterliegen die Einkünfte aus den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–7 EStG genannten sieben Einkunftsarten, soweit der Steuerpflichtige sie während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt. Dies sind
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie
sonstige Einkünfte i. S. des § 22 EStG.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 EStG richtet sich die Zugehörigkeit der Einkünfte zu der jeweiligen Einkunftsart nach §§ 13–24 EStG. Einkünfte, die nicht unter die sieben Einkunftsarten fallen, sind nicht steuerbar (z. B. Gewinne aus einer Lotterie).
Handelt es sich um eine unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Person (§ 1 Abs. 1–3 EStG), unterliegt sie der Einkommensteuer mit ihrem Welteinkommen. Bei beschränkter Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG), unterliegen nur die inländischen Einkünfte der deutschen Einkommensteuer (§§ 49–50a EStG), also die Einkünfte, die in Deutschland erzielt worden sind (Territorialitätsprinzip). Der Grundsatz der Welteinkommensbesteuerung ist durch zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) praktisch nicht mehr relevant.
§ 2 Abs. 2 EStG regelt den Umfang der jeweiligen Einkünfte. Danach sind Einkünfte bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn, bei einem negativen Ergebnis der Verlust. Die Ermittlung des Gewinns/Verlusts richtet sich nach §§ 4–7k EStG. Bei den anderen Einkunftsarten sind Einkünfte der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten, bei einem negativen Ergebnis handelt es sich um einen Unterschuss. Verlust und Unterschuss bezeichnet man auch als negative Einkünfte. Die Ermittlung der Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Einnahmen und Werbungskosten richtet sich nach §§ 8–9a EStG. Aufwendungen, die zur Erzielung der jeweiligen Einkünfte getätigt wurden, mindern also die Einnahmen und beeinflussen damit die Bemessungsgrundlage (objektives Nettoprinzip). Dem stehen die aufgrund typisierenden Massenverfahrens in der Einkommensteuer häufig gewählten pauschalierenden Berechnungsmethoden (Pauschbeträge, Freibeträge usw.) nicht entgegen, soweit diese der Verwaltungsvereinfachung oder der Missbrauchsbekämpfung dienen oder als Lenkungsnorm eingesetzt sind (, BStBl 1997 II S. 518, zur Verfassungsmäßigkeit des Arbeitnehmer-Pauschbetrags). Die Einkommensteuer wird nach dem Nominalwertprinzip ermittelt, d. h. die Einkünfte werden auf der Grundlage des Nennwerts der jeweiligen Beträge, nicht des Verkehrswerts oder eines anderen Werts ermittelt. Eine Umrechnung der Einkünfte entsprechend evtl. eingetretener Geldwertverschlechterung oder -verbesserung ist nicht zulässig (, BStBl 1974 II S. 572).
Werden (negative) Einkünfte erzielt, bevor der Steuerpflichtige die jeweilige Tätigkeit zur Erzielung von Gewinn oder Überschuss aufgenommen hat, kann es sich um vorweggenommene Einkünfte in Form von vorweggenommenen Betriebsausgaben oder vorweggenommenen Werbungskosten handeln. Erzielt der Steuerpflichtige noch Einkünfte aus einer Einkunftsart, in der er nicht mehr aktiv tätig ist, kann es sich um nachträgliche Einkünfte handeln.
Im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab Veranlagungszeitraum 2009 ist der Ansatz der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen. Berücksichtigt wird nur der Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 in Höhe von 801 €. Der der Höhe nach unbegrenzte Werbungskostenabzug nach den §§ 9 und 9a EStG gilt für die Einkünfte aus Kapitalvermögen ab diesem Zeitraum nicht mehr. Ausnahme: Kapitalerträge i. S. des § 32d Abs. 2 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, da diese auch zukünftig der tariflichen Einkommensteuer unterliegen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 EStG i. V. mit § 52a Abs. 2 und 15 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008); vgl. hierzu Tz. 255.
b) Realisationsprinzip
Der Einkommensteuer unterliegen die Einkünfte, die der Steuerpflichtige erzielt. Einkünfte, die der Steuerpflichtige noch nicht erzielt hat, unterliegen daher auch noch nicht der Einkommensteuer. Dieses Realisationsprinzip zieht sich durch das gesamte Einkommensteuerrecht. Bei den Gewinneinkunftsarten dürfen danach weder nicht realisierte Gewinne besteuert, noch nicht realisierte Verluste abgezogen werden. Die Besteuerung setzt erst ein, wenn sich das Vermögen des Steuerpflichtigen tatsächlich verändert hat (Vermögensmehrung/Vermögensminderung). Bei den Überschusseinkunftsarten sowie der Gewinnermittlung nach der Einnahmenüberschussrechnung dürfen entsprechend Einnahmen, die nicht zugeflossen sind und die Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen noch nicht erreicht haben, nicht erfasst werden. Ausgaben, die nicht abgeflossen sind, dürfen noch nicht berücksichtigt werden (Zufluss-/Abflussprinzip).
Ausnahmen: Das Einkommensteuerrecht unterstellt eine Gewinnrealisierung in Entnahmefällen sowie in Fällen der (Teil-)Betriebsaufgabe. In diesen Fällen werden Wirtschaftsgüter aus dem betrieblichen in den nicht betrieblichen oder privaten Bereich überführt; die sog. stillen Reserven sind aufzudecken, vgl. hierzu ausführlich Tz. 196.
c) Individualbesteuerung und Zurechnung der Einkünfte
Der Einkommensteuer unterliegen die Einkünfte, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten bzw. beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt. Besteuert werden also die Einkünfte des einzelnen Individuums. Nur wer Einkünfte erzielt hat, versteuert diese auch selbst. Das gilt uneingeschränkt auch bei Ehegatten, bei denen die Einkünfte ebenfalls individuell ermittelt werden (vgl. hierzu ausführlich §§ 26 ff. EStG; Tz. 245 ff.).
Damit ist in § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG geregelt auch, wem die Einkünfte zuzurechnen sind. Es wird also die persönliche Steuerpflicht nach § 1 EStG mit der sachlichen Steuerpflicht der genannten Einkünfte verknüpft. Aus der persönlichen Zurechnung der Einkünfte ergibt sich ebenfalls die persönliche Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben (aus denen sich die Einkünfte zusammensetzen). Im Umkehrschluss ergibt sich daraus auch, dass Einnahmen und/oder Ausgaben, die eine andere Person erzielt oder geleistet hat, auch nur bei dieser anderen Person angesetzt werden können.
d) Einkunftserzielungsabsicht/Liebhaberei
aa) Grundsatz
Einkunftserzielungsabsicht (Gewinnerzielungsabsicht, Überschusserzielungsabsicht) ist die Absicht, Einkünfte (Gewinne, Überschüsse) zu erzielen. Die Einkunftserzielungsabsicht gilt für alle Einkunftsarten und ist als subjektiver Tatbestand individuell für jede Einkunftsart des Steuerpflichtigen gesondert zu prüfen. Fehlt es an dieser Voraussetzung, fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse auch dann nicht unter eine der Einkunftsarten, wenn sie sich nach ihrer Art dort einordnen ließen. Man spricht von Liebhaberei. Verluste, die dem Steuerpflichtigen durch ein solches unter keine Einkunftsart fallendes Verhalten entstehen, wirken sich nicht einkommensmindernd aus, Gewinne oder Überschüsse daraus erhöhen nicht das steuerpflichtige Einkommen (, BStBl 1984 II S. 751).
bb) Gewinnerzielungsabsicht
Mit dem Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht sollen Tätigkeiten als Grundlagen für Einkünfte im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG von anderen Tätigkeiten mit nicht einkommensteuerbaren Einkünften (vgl. unten Tz. 8, g) abgegrenzt werden. Hierzu wird auf den Totalgewinn abgestellt, weil nur so eine Abgrenzung von Tätigkeiten innerhalb und außerhalb einer der im EStG bezeichneten Einkunftsarten möglich ist. Die Gewinnerzielungsabsicht ist gesetzlich verankert in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG zur Definition des Gewerbebetriebs als selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (, BStBl 1984 II S. 751; , BStBl 2000 II S. 227).
Für die Frage des Vorliegens von Gewinnerzielungsabsicht ist die Art der Gewinnermittlung ohne Bedeutung. Wird der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG ermittelt, ist auch dieser nach steuerlichen Grundsätzen ermittelte Gewinn einer Totalgewinnprognose zugrunde zu legen. Andauernde Verluste können daher auch in solchen Fällen zur Annahme einer Liebhaberei führen (, BStBl 2003 II S. 702).
Eine Personengesellschaft, insbesondere eine GmbH & Co. KG, ist nicht in Gewinnabsicht tätig, wenn sie keine Betriebsvermögensmehrung beabsichtigt. Sie ist vielmehr nur dann in Gewinnabsicht tätig, wenn sie einen betrieblichen Totalgewinn erstrebt. Dabei muss das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht von Anfang bis Ende der steuerlich relevanten Tätigkeit vorliegen.
Ob eine Tätigkeit der steuerrechtlich relevanten Einkunftserzielung oder dem Bereich der Liebhaberei zuzuordnen ist, muss bei beschränkt Steuerpflichtigen nach denselben Kriterien wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen beurteilt werden. Das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht ist kein im Ausland gegebenes Besteuerungsmerkmal, das nach § 49 Abs. 2 EStG außer Betracht bleiben könnte (, BStBl 2002 II S. 861).
cc) Überschusserzielungsabsicht
Für den Bereich der Überschusserzielungsabsicht (Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4–7 EStG) gilt nichts anderes. Eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung wird nur dann als gegeben angesehen, wenn die Absicht besteht, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen.
Auch bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kann die Einkunftserzielungsabsicht fehlen. Es ist das einzelne Dienstverhältnis zu beurteilen. Fiktive weitere Einkünfte aus anderen Beschäftigungsverhältnissen, die sich im Anschluss an das jeweilige Dienstverhältnis ergeben könnten, sind für die Totalüberschussprognose nicht zu berücksichtigen. In die Totalüberschussprognose ist das zu erwartende Ruhegehalt des Steuerpflichtigen und eine etwaige Hinterbliebenenversorgung seines Ehegatten mit den nach der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamts zu bestimmenden und nicht abzuzinsenden Verkehrswerten einer lebenslänglichen Leistung einzubeziehen ( NWB QAAAD-01361). Bei der Beurteilung von Einkünften aus Kapitalvermögen ist jede einzelne Kapitalanlage getrennt danach zu beurteilen, ob die Absicht besteht, Überschüsse zu erzielen oder nur Wertsteigerungen der Kapitalanlage zu realisieren (s. z. B. , BStBl 1982 II S. 37). Zur Einkunftserzielung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vgl. ausführlich , BStBl 2004 I S. 933, und unten Tz. 225. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, wer sein Grundstück in der Absicht verpachtet, daraus auf Dauer ein positives Ergebnis zu erreichen. Die Einkünfteerzielungsabsicht wird von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit typisiert und muss deshalb grds. nicht überprüft werden (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil v. - IX R 80/94, BStBl 1998 II S. 771, , BStBl 2005 II S. 754, und , BStBl 2007 II S. 873; vgl. auch BStBl 2004 I S. 933; zur Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Messezimmern s. NWB PAAAC-86781; zur Einkünfteerzielungsabsicht des Vertretenen bei Nachlasspflegschaft s. NWB JAAAC-86783). Die Einkünfteerzielungsabsicht ist bei der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen nicht grundstücksbezogen, sondern für jede einzelne vermietete Immobilie gesondert zu prüfen, wenn sich die Vermietungstätigkeit nicht auf das gesamte Grundstück bezieht, sondern auf darauf befindliche Gebäude oder Gebäudeteile. Ist die Vermietung eines Gebäudes oder Gebäudeteils auf Dauer angelegt, so ist auch dann grds. und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, wenn der Mieter oder Pächter das Objekt nicht zu Wohnzwecken nutzt ( NWB PAAAD-24102). Wird eine Ferienwohnung nicht durchgehend im ganzen Jahr an wechselnde Feriengäste vermietet und können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist ihr Vermieten mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar, so dass die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose überprüft werden muss (, BStBl 2009 II S. 138 und , BStBl 2005 II S. 388). Die Vermietungsabsicht einer nach Selbstnutzung leer stehenden Wohnung muss durch ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemügungen belegt werden ( NWB NAAAC-97815). Stehen als Wohnung nutzbare Räume 15 Jahre leer, reichen allein Versuche einer gewerblichen Vermietung nicht aus, um eine ernsthafte Überschusserzielungsabsicht zu belegen (, EFG 2009 S. 1032, Revision eingelegt – Az. des BFH: IX R 54/08). Bei einer langfristigen Vermietung ist die Einkünfteerzielungsabsicht ausnahmsweise zu prüfen, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen fremdfinanziert und somit Zinsen auflaufen lässt, ohne dass durch ein Finanzierungskonzept von vornherein deren Kompensation durch spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist (, BStBl 2007 II S. 873). Diese Typisierung gilt aber nicht für die dauerhafte Verpachtung von unbebautem Grundbesitz, denn es kommt anders als bei dem abnutzbaren Wirtschaftsgut Gebäude grds. zu keiner durch eine spätere Veräußerung nicht kompensierbaren Inanspruchnahme von Absetzungen für Abnutzung (, BStBl 2003 II S. 479; , BStBl 2008 II S. 515).Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung einer Immobilie können steuerlich nicht berücksichtigt werden, wenn der Mietvertrag von vornherein auf zehn Jahre begrenzt ist ( NWB CAAAC-52410; Revision eingelegt, Az. des BFH: IX R 24/07 NWB BAAAC-67236). Der Prognosezeitraum bei Vermietung und Verpachtung beträgt auch bei einer Verpachtung unbebauten Grundbesitzes 30 Jahre (, BStBl 2008 II S. 515). Vermietet ein Steuerpflichtiger aufgrund einheitlichen Mietvertrags ein bebautes zusammen mit einem unbebauten Grundstück, so gilt die § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zugrunde liegende Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietungstätigkeit grundsätzlich nicht für die Vermietung des unbebauten Grundstücks (, BStBl 2009 II S. 370).
Entsprechendes gilt auch für Einkünfte aus Leibrenten gem. § 22 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a EStG.
Der zeitliche Maßstab für die Beurteilung eines solchen Strebens ergibt sich im Regelfall aus der Gesamtdauer der Betätigung oder Vermögensnutzung. Feste zeitliche Vorgaben gibt es dabei nicht (, BStBl 1984 II S. 751). Auch ein Totalüberschuss möglicherweise erst nach 39 Jahren führt nicht zur Annahme von Liebhaberei (, BStBl 2000 II S. 267). Ebenso führt ein ungewöhnliches Finanzierungskonzept mit durch die Refinanzierung von Zinsen bedingten hohen Schuldzinsen zu Beginn der Tätigkeit ohne weitere Gegebenheiten nicht zur Verneinung der Überschusserzielungsabsicht, wenn der anfängliche Werbungskostenüberschuss durch spätere Ablösung der Darlehensverbindlichkeiten kompensiert wird (, BStBl 2005 II S. 692). Die Ungewissheit i. S. von § 165 AO i. V. mit § 171 Abs. 8 AO, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob Liebhaberei vorliegt, ist beseitigt, wenn die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen festgestellt werden können und das Finanzamt davon positive Kenntnis hat (, BStBl 2009 II S. 335).
Bei einer Personengesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, bei der die Einkünfte zunächst auf der Ebene der Gesellschaft zu ermitteln und sodann auf die Gesellschafter zu verteilen sind, gelten für die Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht dieselben Grundsätze wie bei der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht. Die Überschusserzielungsabsicht muss hierbei sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der Ebene des einzelnen Gesellschafters gegeben sein (, BStBl 1999 II S. 468).
dd) Einmalige Vermögensanfälle
Einmalige Vermögensanfälle, die sich innerhalb einer der sieben Einkunftsarten abspielen, sind steuerpflichtig, wie z. B. der Geldpreis, den der Hersteller kunstgewerblicher Erzeugnisse erhält, die er in einer Ausstellung gezeigt hat (, BStBl 1964 III S. 629). Vollziehen sich die einmaligen Vermögensanfälle außerhalb der sieben Einkunftsarten, sind sie nicht steuerbar; vgl. Tz. 8, g. So sind Geldpreise für ein Lebenswerk oder für das Gesamtschaffen einer Persönlichkeit nicht steuerbar (, BStBl 1985 II S. 427).
ee) Fernseh-Preisgelder
Preisgelder für die Teilnahme als Kandidat an einer Fernsehshow können unter bestimmten Voraussetzungen als sonstige Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 i. V. mit § 22 Nr. 3 EStG steuerbar sein (, BStBl 2008 II S. 469). Handelt es sich nach dem Konzept der Fernseh-Spiel- und Quizshow bei Mitwirkung prominenter Kandidaten um ein System, in dem die Sender Geld- und/oder Sachmittel bereit stellen, die als Spielgewinne bezeichnet werden, bei denen der jeweilige Kandidat aber nur bestimmen kann, an welche gemeinnützige Organisation der Sender den Gewinn zuwenden soll, führen die Spielgewinne mangels tatsächlicher Verfügungsmacht des Kandidaten bei ihm nicht zu einem Zufluss von Einnahmen nach § 2 Abs. 1 EStG (, BStBl 2006 I S. 342). Stehen der Auftritt eines (nicht prominenten) Kandidaten und das gewonnene Preisgeld in einem gegenseitigen Leistungsverhältnis, liegt hingegen Steuerbarkeit vor. Hierfür sprechen die folgenden Anhaltspunkte:
Der Veranstalter oder Produzent gibt dem Kandidaten ein bestimmtes Verhaltensmuster vor.
Der Kandidat erhält neben der Chance auf den Gewinn und das damit verbundene Preisgeld ein erfolgsunabhängiges Antritts- oder Tagegeld o. Ä.
Der Kandidat ist grundsätzlich nicht nur für eine Veranstaltung vorgesehen, sondern für mehrere Folgen. Er muss hierfür ggf. Urlaub nehmen oder von der Arbeit freigestellt werden.
Das Preisgeld stellt eine Entlohnung für eine Leistung dar. Es hat den Charakter eines Erfolgshonorars.
Ohne diese Anhaltspunkte handelt es sich bei den im Rahmen von Fernsehsendungen gewonnenen Geldern unverändert um nicht steuerbare Einnahmen (, BStBl 2008 I S. 645).
ff) Beispiele aus der Rechtsprechung zur Liebhaberei
Architekt: Hinnahme von Verlusten aus persönlichen Gründen oder Neigungen (, BStBl 2003 II S. 85).
Arztpraxis: Versäumnis einer sinnvollen Umstrukturierung; der Praxisinhaber lässt sich bei seiner Betriebsführung ausschließlich von seiner Vorstellung der optimalen Patientenversorgung leiten ( NWB WAAAB-14711, rkr.).
Buchverlag: Ein schlüssiges Betriebskonzept ist Voraussetzung für den Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht bei einem auf einen einzigen verlegten Schriftsteller beschränkten Buchverlag (, BStBl 2007 II S. 874).
Erfinder: die Gewinn- oder Einkunftserzielungsabsicht ergibt sich aus den für die wirtschaftliche Nutzung der Erfindung maßgebenden Marktverhältnissen (, BStBl 1985 II S. 424).
Großhandelsunternehmen: Beweis des ersten Anscheins spricht für Gewinnerzielungsabsicht. Der Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn bei Erzielen hoher Verluste ohne sinnvolle innerbetriebliche Strukturmaßnahmen nur persönliche Gründe für die Fortführung des Unternehmens bestimmend waren (, BStBl 1986 II S. 289).
Künstler: zu den Kriterien der Einkunftserzielungsabsicht vgl. z. B. , BStBl 1983 II S. 2; , BStBl 2003 II S. 602. Der Zeitraum für die Ermittlung des Totalgewinns ist in diesen Fällen nicht auf das Pensionsalter von 60 oder 65 Jahren zu begrenzen, sondern es ist von der gesamten Lebenszeit auszugehen ( NWB MAAAB-09549).
Makler: Die Errichtung und Verkauf eines Einkaufsmarkts durch einen Immobilienmakler gehören zum gewerblichen Tätigkeitsbereich eines Maklers, wenn eine Gesamtbetrachtung und die Berücksichtigung aller Umstände ergeben, dass der Makler in verschiedenen Funktionen im Baubereich tätig ist und er die mit dem Einkaufsmarkt begonnene Tätigkeitsart später in Gestalt einer Bauträgergesellschaft fortsetzt. Deshalb ist der Bau des Einkaufsmarkts keine private Vermögensverwaltung (, BStBl 2008 II S. 711).
Möbelgeschäft: Versäumnis marktgerechter Umstrukturierungen (, BStBl 2005 II S. 336).
Rechtsanwalt: Hinnahme langjähriger Verluste (, BStBl 1998 II S. 663, und , BStBl 2005 II S. 392). Gleiches gilt für aus eine freiberufliche Tätigkeit als Steuerberater (, BStBl 2002 II S. 276).
Schriftsteller: Erzielt er über einen längeren Zeitraum aus seiner Tätigkeit Verluste, fehlt die Gewinnerzielungsabsicht, wenn nach den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen keine Aussicht besteht, dass er jemals ein positives Gesamtergebnis erzielen wird (, BStBl 1985 II S. 515).
Tierheilpraktikerin: Erzielt sie aus ihrer Tierheilpraxis nach 14 Verlustjahren und einem Gesamtverlust von ca. 125.000 € mehrere Jahre geringe, aber sprunghaft steigende Gewinne, liegt bei Fehlen anderer privater Motive kein Liebhabereibetrieb vor ( NWB LAAAB-08962).
Verbilligte Vermietung einer Wohnung: Bei Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil muss die Einkunftserzielungsabsicht in Bezug auf den entgeltlichen Teil geprüft werden (, BStBl 2005 II S. 386).
Fremdfinanziertes Vermietungsobjekt: Das „Auslaufenlassen” von Zinsen ohne erkennbares Finanzierungskonzept, das auf eine spätere Kompensation der WK-Überschüsse einer Vermietung schließen ließe, ist ein besonderer Umstand, der gegen eine Einkunftserzielungsabsicht sprechen kann (, BStBl 2007 II S. 873).
e) Ersatz für entgehende Einkünfte
Nach § 24 EStG sind auch Entschädigungen für entgehende oder entgangene Einnahmen und Entschädigungen für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche zu versteuern, wenn die entgehenden Einnahmen oder die Einnahmen aus der aufgegebenen Tätigkeit usw. in eine der sieben Einkunftsarten einzureihen gewesen wären. Das Gleiche gilt für Ausgleichszahlungen nach § 89b HGB an einen Handelsvertreter, für Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 EStG oder aus einem früheren Rechtsverhältnis i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5–7 EStG; vgl. im Übrigen Tz. 239.
f) Einkünfte aus verbotenen, anfechtbaren oder nichtigen Rechtsgeschäften
Die Besteuerung von Einkünften wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Verhalten, das den steuerlichen Tatbestand erfüllt, gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO). Zu den zu versteuernden Einkünften gehören deshalb beispielsweise auch solche aus gewerbsmäßigem Glücksspiel, OR-Geschäften, empfangenen Schmiergeldern, gewerbsmäßiger Unzucht. Einkünfte aus nichtigen oder anfechtbaren Rechtsgeschäften, die unter eine der sieben Einkunftsarten fallen, sind zu versteuern, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts bestehen lassen (vgl. § 41 Abs. 1 AO).
g) Nicht unter die sieben Einkunftsarten fallende Einkünfte
Die Aufzählung der steuerpflichtigen Einkünfte in § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG ist abschließend. Darüber hinaus gibt es begrifflich zwar weitere Einkunftsarten, die dann allerdings nicht der Einkommensteuer unterliegen; sie sind nicht steuerbar (, BStBl 1970 II S. 470). Hierzu gehören z. B. Vermögensmehrungen durch Erbschaften oder Zuflüsse durch Schenkungen sowie Lotteriegewinne, Ehrenpreise, Wett- und Spieleinkünfte, aber auch private Veräußerungsgewinne außerhalb der Spekulationsfristen (vgl. § 22 Nr. 2 i. V. mit § 23 EStG). Dagegen unterliegen Preise (Preisgelder), insbesondere für wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen, der Einkommensteuer, wenn sie in untrennbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der Einkunftsarten des EStG stehen (, BStBl 1996 I S. 1150, geändert durch , BStBl 2003 I S. 76). Negative Einkünfte (Vermögensminderungen), die nicht unter die sieben Einkunftsarten fallen, dürfen bei der Summe der Einkünfte nicht berücksichtigt werden. Dazu gehören z. B. private Veräußerungsverluste, private Vermögensschäden sowie die Beträge der Einkommensverwendung i. S. des § 12 EStG, selbst wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen; vgl. im Einzelnen Tz. 164. Das gilt auch dann, wenn die die Vermögensminderung herbeiführenden Ereignisse zwangsläufig entstanden sind. Ihre Berücksichtigungsmöglichkeit als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen macht die Vermögensminderungen nicht zu Einkünften i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG.
Nicht zu den Einnahmen oder Einkünften gehören auch die folgenden Leistungen (H 2 EStH):
Arbeitnehmer-Sparzulagen (§ 13 Abs. 3 VermBG),
Investitionszulagen nach dem InvZulG,
Neue Anteilsrechte aufgrund der Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital (§§ 1, 7 KapErhStG) und
Wohnungsbau-Prämien (§ 6 WoPG).
h) Steuerfreie Einkünfte
Einkünfte, die einer (sachlichen oder persönlichen) Steuerbefreiung unterliegen, gehören zwar zu den Einkünften i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG. Sie unterliegen aber nicht der Einkommensteuer. Das sind z. B. Einkünfte aufgrund steuerfreier Einnahmen i. S. des § 3 EStG; vgl. im Einzelnen Tz. 22. Damit im Zusammenhang stehende Ausgaben dürfen nach § 3c EStG auch nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.
i) Ersparte Privatausgaben
Ersparte Privatausgaben erhöhen das steuerliche Einkommen nicht. So braucht z. B. ein Arzt, der unentgeltlich Angehörige oder Freunde behandelt, hierfür kein (fiktives) Honorar als Betriebseinnahmen anzusetzen.
Tz. 9 Summe der Einkünfte
Die Summe der Einkünfte setzt sich zusammen aus der Summe der Einkünfte (positiv und negativ) aus den einzelnen Einkunftsarten. Die Zusammenrechnung der positiven und negativen Ergebnisse aus der Ermittlung der Höhe der Einkünfte bewirkt einen (uneingeschränkt möglichen) Verlustausgleich innerhalb der sieben Einkunftsarten. Für Veranlagungszeiträume bis 2008 ist gegebenenfalls der Hinzurechnungsbetrag nach § 52 Abs. 3 Satz 3 EStG i. V. mit § 2a Abs. 3 Satz 3, 5 und 6 EStG 1997 sowie nach § 8 Abs. 5 Satz 2 AIG hinzuzurechnen. Der Betrag der negativen Einkünfte, der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (Tz. 10) nicht ausgeglichen wird, entspricht der negativen Summe der Einkünfte (R 10 Abs. 1 EStR).
Der Verlustausgleich (Verlustverrechnung zwischen den Einkunftsarten innerhalb desselben Veranlagungszeitraums) geht dem Verlustabzug (Verlustvortrag und Verlustrücktrag, Veranlagungszeitraum-übergreifend) vor. Nur Verluste, die nicht ausgeglichen werden konnten, dürfen in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen und wie Sonderausgaben abgezogen werden. Soweit auch dies nicht möglich oder vom Steuerpflichtigen nicht gewünscht ist, sind sie in den oder die folgenden Veranlagungszeiträume vorzutragen (vgl. hierzu im Einzelnen § 10d EStG; Tz. 152 ff.).
Zur gesetzlichen Beschränkung des Verlustausgleichs im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2003 vgl. ausführlich Nolte, Mindestbesteuerung – Verlustverrechnung in der Praxis, Herne/Berlin 2001.
In manchen Fällen ist der Verlustausgleich von Gesetzes wegen eingeschränkt:
Negative Einkünfte mit Auslandsbezug nach § 2a EStG dürfen nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art ausgeglichen werden; vgl. im Einzelnen § 2a EStG; Tz. 15.
Nach § 2b EStG dürfen negative Einkünfte auf Grund von Beteiligungen an Verlustzuweisungsgesellschaften oder -gemeinschaften oder ähnlichen Modellen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden, wenn bei dem Erwerb oder der Begründung der Einkunftsquellen die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund steht (vgl. im Einzelnen § 2b EStG; Tz. 16). Sie mindern allerdings nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 EStG die positiven Einkünfte, die der Steuerpflichtige in demselben Veranlagungszeitraum aus solchen Einkunftsquellen erzielt hat. Zum Verlustabzug nach § 10d EStG vgl. nachfolgend Tz. 16 sowie Erläuterungen unter § 10d EStG; Tz. 152 ff.
Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Sie dürfen nur mit nämlichen positiven Einkünften verrechnet werden. Entsprechendes gilt für den Verlustabzug nach § 10d EStG; vgl. im Einzelnen § 15 EStG; Tz. 184, a.
Das Gleiche gilt für Verluste aus bestimmten Termingeschäften (§ 15 Abs. 4 Satz 3–5 EStG) sowie für Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist (§ 15 Abs. 4 Satz 6 und 7 EStG, § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG); vgl. im Einzelnen § 15 EStG; Tz. 184, c.
Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen (§ 15b EStG) dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Sie mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus der Einkunftsquelle erzielt. Entsprechendes gilt für den Verlustabzug nach § 10d EStG; vgl. im Einzelnen § 15b EStG; Tz. 186. Auf Anteile des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebs ist § 15b EStG sinngemäß anzuwenden (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 22 Nr. 2 EStG) dürfen nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 EStG nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG); s. Tz. 238.
Der Betrag, um den die Werbungskosten die Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG bei der Ermittlung von Einkünften aus Leistungen übersteigt, soweit diese weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–6 EStG) noch zu den Einkünften i. S. des § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, darf bei der Ermittlung des Einkommens nicht ausgeglichen werden (§ 22 Nr. 3 Satz 3 EStG); s. Tz. 234.
Tz. 10 Gesamtbetrag der Einkünfte
Nach § 2 Abs. 3 EStG ist Gesamtbetrag der Einkünfte die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag (vgl. im Einzelnen § 24a EStG, Tz. 240), um den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (vgl. im Einzelnen § 24b EStG, Tz. 241) sowie um den Freibetrag für Land- und Forstwirte; s. auch das Berechnungsschema in Tz. 13.
Der Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG) erscheint an dieser Stelle des Gesetzes als Fremdkörper. Aber auch in § 13 Abs. 3 EStG selbst schreibt das Gesetz vor, dass der Freibetrag bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte zu berücksichtigen ist; vgl. im Einzelnen Tz. 173.
Tz. 11 Einkommen
Nach § 2 Abs. 4 EStG ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben (§§ 10–10c EStG) und die außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33–33c EStG); s. das Berechnungsschema in Tz. 13.
Der Abzug von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und der wie Sonderausgaben abzuziehenden Beträge erfolgt nur bis 0 €. Einen negativen Einkommensbetrag kann es nicht geben. Nicht verrechenbare Verlustabzugsbeträge gehen in den Verlustvortrag ein. Die übrigen Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen, die sich unter Umständen rechnerisch nicht ausgewirkt haben, verfallen.
Tz. 12 Zu versteuerndes Einkommen
a) Einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage
Nach § 2 Abs. 5 EStG bildet das zu versteuernde Einkommen die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der tariflichen Einkommensteuer. Es setzt sich zusammen aus dem Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG (Kinderfreibetrag, sowie Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf von Kindern) und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge. Sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge sind bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2003 der Haushaltsfreibetrag (§ 32 Abs. 7 EStG a. F.) sowie der Härteausgleich nach § 46 Abs. 3, 5 EStG i. V. mit § 70 EStDV.
Das zu versteuernde Einkommen ist Bemessungsgrundlage für den Familienleistungsausgleich nach § 31 EStG. Die von Amts wegen durchzuführende Günstigerprüfung setzt nach R 31 Abs. 1 Satz 3 EStR beim zu versteuernden Einkommen an. Das zu versteuernde Einkommen ist darüber hinaus Bemessungsgrundlage für die Gewährung von Wohnungsbauprämien nach dem WoPG 1996 (§ 2a Satz 1 WoPG) sowie für die Gewährung von Arbeitnehmer-Sparzulage nach dem 5. VermBG (§ 13 Abs. 1 Satz 3 5. VermBG).
b) Bedeutung für außersteuerliche Rechtsnormen
Die Regelung des § 2 Abs. 5a EStG, wonach die Berechnungsgrößen der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, des Gesamtbetrags der Einkünfte, des Einkommens sowie des zu versteuernden Einkommens bei Anknüpfen außersteuerlicher Rechtsnormen für deren Zwecke um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Beträge zu erhöhen und um die nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abziehbaren Beträge zu vermindern sind, wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 angepasst. Danach erhöhen sich die genannten Beträge zusätzlich um die nach § 32d Abs. 1 EStG und nach § 43 Abs. 5 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 zu besteuernden Beträge (vgl. hierzu im Einzelnen Tz. 255). Diese Korrekturen erfolgen, weil für außersteuerliche Zwecke allein die Höhe der Einkünfte maßgebend ist, nicht jedoch die Tatsache, dass ein Teil der Einkünfte einem besonderen Steuersatz unterliegt.
c) Bedeutung für andere Rechtsnormen des EStG
Der durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 eingefügte neue § 2 Abs. 5b EStG regelt die Anpassung der Berechnungsgrößen der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, des Gesamtbetrags der Einkünfte, des Einkommens sowie des zu versteuernden Einkommens an die weiteren Regelungen des EStG, soweit darin Bezug auf diese Größen genommen wird. Dabei gilt der Grundsatz, dass Kapitalerträge i. S. des § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 nicht einzubeziehen sind; vgl. hierzu im Einzelnen Tz. 255. Ausnahme: Berechnung des Zuwendungsabzugs nach § 10b Abs. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt (§ 2 Abs. 5b Satz 2 Nr. 1 EStG), sowie bei der Berechnung der Einkünfte- und Bezügegrenzen bei den Freibeträgen für Kinder nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, beim Unterhaltsfreibetrag und Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 EStG und bei der Berechnung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG (§ 2 Abs. 5b Satz 2 Nr. 2 EStG). Außerdem regelt § 2 Abs. 5b Satz 2 Nr. 2 EStG, dass Kapitalerträge bei den genannten Begriffen des § 2 EStG zu berücksichtigen sind, soweit die besondere Besteuerung von Kapitalerträgen nach § 32d Abs. 2 EStG ausgeschlossen ist oder wenn nach § 32d Abs. 6 EStG die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag des Steuerpflichtigen angewendet wird. Insofern unterliegen die Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer und sind dementsprechend bei der Einkunftsermittlung zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 16/4841 S. 46 Gesetzesbegründung Besonderer Teil).
Tz. 13 Schema für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens
Die EStR enthalten ein mathematisches Berechnungsschema zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens. Danach stellt sich die Berechnung wie folgt dar (vgl. auch R 2 Abs. 1 EStR):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1 | Summe der Einkünfte (positiv und negativ)
aus den sieben Einkunftsarten | |
2 | + | Hinzurechnungsbetrag nach
§ 52 Abs. 3 Satz 3
EStG i. V. mit
§ 2a Abs. 3 Satz 3, 5 und
6 EStG 1997 sowie nach
§ 8 Abs. 5 Satz 2
AIG (gilt nur noch für
Veranlagungszeiträume bis 2008) |
3 | = | Summe der
Einkünfte i. S. des
§ 2 Abs. 2
EStG |
4 | - | Altersentlastungsbetrag
(§ 24a EStG) |
5 | - | Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
(§ 24b EStG) |
6 | - | Freibetrag für Land- und
Forstwirte (§ 13 Abs. 3
EStG) |
7 | = | Gesamtbetrag der
Einkünfte (§ 2 Abs. 3
EStG) |
8 | - | Verlustabzug nach
§ 10d EStG i. d. F. des Gesetzes v.
,
BGBl 2003 I S. 2840 |
9 | - | |
10 | - | |
11 | - | |
12 | - | Verlustabzug nach
§ 10d EStG 1997;
§ 52 Abs. 25
EStG |
13 | + | zuzurechnendes
Einkommen gem.
§ 15 Abs. 1
AStG |
14 | = | Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG) |
15 | - | |
16 | - | Härteausgleich
nach
§ 46 Abs. 3, 5 EStG,
§ 70 EStDV |
17 | = | zu versteuerndes
Einkommen (§ 2 Abs. 5
EStG) |
Tz. 14 Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer
§ 2 Abs. 6 EStG bestimmt die Berechnungsform der festzusetzenden Einkommensteuer. R 2 Abs. 2 EStR enthält dazu ein Berechnungsschema:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuerbetrag | ||
1 | ||
a) | nach
§ 32a Abs. 1, 5 EStG (für
unbeschränkt Steuerpflichtige),
§ 50 Abs. 3 EStG (für
beschränkt Steuerpflichtige, die veranlagt werden) oder | |
b) | nach einem besonderen
Steuersatz bei Anwendung des Progressionsvorbehalts nach
§ 32b EStG oder der Steuersatzbegrenzung
sich ergebender Steuersatz | |
2 | + | |
2a | + | Steuer aufgrund
Berechnung nach
§ 32d Abs. 3 EStG (ab VZ
2009) |
3 | + | Steuer aufgrund
der Berechnung nach
§ 34a Abs. 1, 46
EStG |
3a | - | Entlastungsbetrag nach
§ 32c EStG (nur für den
Veranlagungszeitraum 2007) |
4 | = | tarifliche Einkommensteuer (§ 32a Abs. 1, 5 EStG) |
5 | - | Minderungsbetrag nach Punkt 11 Ziffer 2 des
Schlussprotokolls zu
Artikel 23 DBA Belgien in
der durch Artikel 2 des Zusatzabkommens vom geänderten Fassung
(BGBl. 2003 II S. 1615) |
6 | - | anzurechnende ausländische Steuern
(§ 34c Abs. 1, 6 EStG,
§ 12 AStG) |
7 | - | Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb
(§ 35 EStG) |
8 | - | Steuerermäßigung für Steuerpflichtige mit Kindern bei
Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen für Wohngebäude oder der
Steuerbegünstigung für eigengenutztes Wohneigentum (§ 34f Abs. 1, 2 EStG) – s. auch Zeile
10 |
9 | - | Steuerermäßigung bei Zuwendungen an politische
Parteien und an unabhängige Wählervereinigungen (§ 34g
EStG) |
10 | - | Steuerermäßigung nach
§ 34f Abs. 3 EStG (s. auch
Zeile 8) |
11 | - | Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe
Beschäftigungsverhältnisse und für die Inanspruchnahme haushaltsnaher
Dienstleistungen (§ 35a
EStG) |
12 | + | in einem Pauschbetrag festgesetzte Steuer
nach
§ 34c Abs. 5 EStG
|
13 | + | Nachsteuer nach
§ 10 Abs. 5 EStG i. V. mit
§ 30 EStDV (entfällt ab Veranlagungszeitraum 2010 durch die Änderung des EStG durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung v. (BGBl 2009 I S. 1959) |
14 | + | Zuschlag nach § 3 Abs. 4 Satz 2
Forstschäden-Ausgleichsgesetz |
15 | + | Anspruch auf Zulage für Altersvorsorge
nach
§ 10a Abs. 2 Satz 1
EStG |
16 | + | Kindergeld oder
vergleichbare Leistungen, soweit in den Fällen des
§ 31 EStG das Einkommen um Freibeträge für
Kinder gemindert wurde |
17 | = | festzusetzende
Einkommensteuer |
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 dahingehend ergänzt, dass die sich aus der besonderen Besteuerung für Kapitalerträge nach § 32d Abs. 3 und 4 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ergebende Steuer (vgl. hierzu im Einzelnen Tz. 255) die tarifliche Einkommensteuer erhöht und damit bei der festzusetzenden Einkommensteuer zu berücksichtigen ist. Durch das Steuerbürokratieabbaugesetz v. (BGBl 2008 I S. 2850) wird in § 2 Abs. 6 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG klargestellt, dass bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Altersvorsorge-Zulage die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 EStG außer Betracht bleibt. Es handelt sich um eine Folgeänderung aus der Nichtberücksichtigung der erhöhten Grundzulage nach § 84 Satz 2 EStG im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10a Abs. 2 EStG (im Einzelnen Tz. 141 b).
Tz. 15 Eingeschränkter Verlustausgleich bei Auslandsverlusten
§ 2a EStG regelt den Ausschluss von Verlusten aus bestimmten Auslandsaktivitäten vom allgemeinen Verlustausgleich und die Zulässigkeit des Verlustausgleichs nur mit positiven Einkünften derselben Art und aus demselben Staat.
a) Rechtslage bis zur Verkündung des JStG 2009
Zu beachten ist, dass § 2a EStG in der bis Veranlagungszeitraum 1998 geltenden Fassung den Ausgleich von ausländischen Betriebsstättenverlusten, deren Berücksichtigung durch ein Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen war, mit inländischen Einkünften unter der Bedingung zugelassen hat, dass nachfolgende Gewinne aus solchen Betriebsstätten der inländischen Besteuerung (Nachversteuerung) unterworfen werden. Diese Nachversteuerungsregelungen (§ 52 Abs. 3 EStG) gelten übergangsweise bis zum Veranlagungszeitraum 2008.
aa) Gegenstand der Ausgleichsbeschränkung
Gegenstand der Ausgleichsbeschränkung sind die in § 2a Abs. 1 EStG aufgezählten negativen Einkünfte. Verluste aus im Ausland belegenen Betriebsstätten unterliegen der Ausgleichsbeschränkung nur, wenn es sich nicht um sog. aktive Tätigkeiten handelt. Diese sind in § 2a Abs. 2 EStG abschließend aufgezählt (vgl. H 2a EStH „Allgemeines”). Zum Betriebsstättenprinzip vgl. R 2a Abs. 2 EStR, zur Prüfung der Aktivitätsklausel R 2a Abs. 3 EStR.
bb) Wirkungsweise
Die entsprechenden negativen Einkünfte dürfen nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen und nicht nach § 10d EStG abgezogen werden (Verlustausgleich; R 2a Abs. 7 EStR). Mit (BStBl 2008 II S. 608) wurde entschieden, dass ein Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann (vgl. Tz. 156 c). Die Finanzverwaltung wendet diese Entscheidung auch auf Fälle des § 2a EStG an. Die bisherige R 2a Abs. 4 EStR wurde daher im Rahmen der Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2008 aufgehoben.
Den negativen Einkünften sind Gewinnminderungen gleichgestellt. Soweit die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, mindern sie die positiven Einkünfte der jeweils selben Art, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus demselben Staat erzielt (§ 2a Abs. 1 Satz 3 EStG). Bei der Überlassung von Schiffen kommt das Tatbestandsmerkmal „aus demselben Staat” nicht zur Anwendung. Einkünfte der jeweils selben Art sind grds. alle unter einer Nummer der Vorschrift aufgeführten Tatbestände (s. ausführlich R 2a Abs. 1 EStR).
Hauptanwendungsbereich des § 2a EStG sind solche ausländischen Einkünfte, die in die Einkommensermittlung einfließen, weil mit dem ausländischen Staat
kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht oder
ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, dieses aber keine Freistellung im Wohnsitzstaat vorsieht.
Daneben bewirkt § 2a EStG auch die Nichtberücksichtigung solcher Auslandsverluste, die sich ansonsten (nur) im Wege des Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) steuermindernd auswirken würden (vgl. auch NWB VAAAC-77415).
Die Höhe der Verluste ist nach inländischen Einkunftsermittlungsvorschriften zu bestimmen. Vorrangig ist aber die Einkunftserzielungsabsicht (Liebhaberei) zu prüfen; vgl. auch oben Tz. 8, d. Die nach § 2a EStG nicht berücksichtigten Verluste sind am Ende des Veranlagungszeitraums gesondert festzustellen (§ 2a Abs. 1 Satz 5 EStG). Dabei hat das Finanzamt getrennt auszuweisen, ob es sich bei den verbleibenden negativen Einkünften um steuerpflichtige oder nur dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte handelt (vgl. OFD Münster, Kurzinformation Internationales Steuerrecht Nr. 042/2007 NWB NAAAC-47416).
cc) Nachversteuerungsregelung
§ 2a Abs. 3 und 4 EStG a. F. bewirkte, dass ausländische Verluste, die eigentlich nach einem Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind, wie inländische Verluste abgezogen werden konnten mit der Maßgabe, dass spätere Gewinne aus diesem Staat bis zur Höhe der abgezogenen Verluste wie inländische Einkünfte besteuert werden (Nachversteuerung). Der Abzug erfolgte bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte.
Während der Abzug ausländischer Betriebsstättenverluste letztmalig im Veranlagungszeitraum 1998 zulässig war, gilt die Nachversteuerungsverpflichtung bis zum Veranlagungszeitraum 2008 (vgl. auch H 2a EStH „Allgemeines” und H 2a EStH „Nachversteuerung”).
Die Höhe des Gewinns ist ebenfalls nach inländischen Grundsätzen (unter Beachtung des § 15a EStG) zu ermitteln. Auch Veräußerungs- und Aufgabegewinne lösen die Nachversteuerungsverpflichtung aus. Ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG oder die Tarifermäßigung nach § 34 EStG ist nicht zu gewähren. In den Fällen der Ersatztatbestände ist es nicht erforderlich, dass diese zu einem Gewinn führen. Vielmehr löst bereits die Tatbestandserfüllung die Nachversteuerung der bisher abgezogenen – und noch nicht nachversteuerten – Verluste aus.
Die Identität des Staats, aber nicht die der Verlustbetriebsstätte mit der Gewinnbetriebsstätte ist erforderlich. Eine Hinzurechnung erfolgt nur, wenn die Summe/der Saldo der Ergebnisse aller Betriebsstätten in diesem Staat positiv ist. Dabei sind auch die Ergebnisse passiver Betriebsstätten einzubeziehen. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge geht die Nachversteuerungsverpflichtung auf den Nachfolger über. Bei Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht durch Wegzug erfolgt keine Nachversteuerung.
b) Europarechtliche Einordnung
Die Regelungen in § 2a EStG sind europarechtlich nicht unumstritten. Folgende Fälle, die den Regelungsbereich der Vorschrift unmittelbar oder mittelbar betreffen, sind bereits vom EuGH entschieden:
So hat der , Marks & Spencer (ABl EU 2006, Nr. C 36 S. 5 NWB ZAAAB-79456) entschieden, es könne zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten erforderlich sein, auf die wirtschaftliche Tätigkeit der in einem dieser Staaten niedergelassenen Gesellschaften sowohl in Bezug auf Gewinne als auch auf Verluste nur dessen Steuerrecht anzuwenden. Das Urteil enthält Ausführungen zu den Gefahren der doppelten Verlustberücksichtigung und der Steuerflucht. Hieran hat sich der , BStBl 2009 II S. 630 angeschlossen. Danach können Verluste einer luxemburgischen Betriebsstätte nach Art. 20 Abs. 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 DBA-Luxemburg im deutschen Stammhaus auch nach Streichung von § 2a Abs. 3 EStG 1997 a. F. prinzipiell nicht abgezogen werden. Sie werden ebenso wie entsprechende Gewinne von der inländischen Besteuerungsgrundlage ausgenommen. Ein phasengleicher Verlustabzug kommt abweichend davon nur ausnahmsweise in Betracht, sofern und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im Quellenstaat steuerlich unter keinen Umständen anderweitig verwertbar sind. Mit (BStBl 2009 I S. 825) wird die Finanzverwaltung angewiesen, das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.
Mit dem Vorabentscheidungsersuchen (BStBl 2007 II S. 398) wird dem EuGH die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Nachversteuerung von in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen abgezogenen Verlusten einer österreichischen Betriebsstätte nach § 2 Abs. 1 Satz 4 AIG und § 2a Abs. 3 Satz 4 EStG 1990 gemeinschaftsrechtswidrig ist. Streitig ist, ob der im Jahr 1994 (Österreich ist erst zum der EU beigetreten) in einer österreichischen Betriebsstätte entstandene Gewinn einer unbeschränkt steuerpflichtigen deutschen GmbH in Deutschland (nach)versteuert werden darf, weil in Vorjahren Verluste aus der österreichischen Betriebsstätte nach § 2 Abs. 1 AIG und § 2a Abs. 3 EStG in Deutschland geltend gemacht worden sind. Die Nachversteuerung setzt voraus, dass in Österreich für die Betriebsstättenverluste ein Verlustvortrag – bezogen auf spätere Betriebsstättengewinne – zulässig ist. Dies ist grds. der Fall, jedoch war wegen der spezifischen Konstellation im Streitfall der Verlustabzug versagt worden. Der BFH geht davon aus, dass bei dieser Ausgangssituation die deutsche Nachversteuerung greift, dies jedoch gemeinschaftsrechtlich problematisch ist. Möglicherweise verstößt aber nicht die deutsche Besteuerung gegen Gemeinschaftsrecht, sondern die österreichische Versagung des Verlustabzugs (vgl. auch NWB EN-Nr. 334/2007 NWB BAAAC-41257).
Zur EG-rechtskonformen Anwendbarkeit des § 2a EStG hat die Finanzverwaltung das (BStBl 2008 I S. 810) herausgegeben. Danach sind die Regelungen des § 2a Abs. 1 und 2 EStG im Vorgriff auf eine kommende gesetzliche Regelung auf negative Einkünfte mit Bezug auf die Mitgliedstaaten der EU oder des EWR nicht weiter anzuwenden, sofern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem anderen Staat aufgrund verschiedener Vereinbarungen Auskünfte erteilt werden, die erforderlich sind, um die Besteuerung durchzuführen. Zur Überlassung von Schiffen enthält das Schreiben eine Übergangsregelung. Auf die Verrechnung bisher gesondert festgestellter Verluste findet die bisherige Regelung weiterhin Anwendung. Das (BStBl 2006 I S. 763) zur Anwendung des , Ritter-Coulais (ABl EU 2006, Nr. C 131 S. 2 NWB EAAAB-80551), das auf das Vorabentscheidungsersuchen des (BStBl 2003 II S. 795) zurückgeht, und das (BStBl 2007 I S. 488) zur Anwendung des , Rewe Zentralfinanz eG (BStBl 2007 II S. 492) werden durch das neue Schreiben aufgehoben.
c) Rechtslage seit Verkündung des JStG 2009
Mit dem JStG 2009 v. 19. 12. 2008 (BGBl 2008 I S. 2794) hat der Gesetzgeber auf die EuGH-Rechtsprechung reagiert und die Regelung des § 2a EStG an das Recht der Europäischen Union angepasst. Die Regelung wird auf Tatbestände beschränkt, die außerhalb von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der EWR-Staaten verwirklicht werden. Außerdem wird in diesem Zusammenhang der negative und der positive Progressionsvorbehalt in Sonderfällen bei Einkünften innerhalb der EU- oder EWR-Staaten ausgeschlossen, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind (vgl. hierzu Tz. 253 zu § 32b EStG). Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Auslandsverluste unter dem Gesichtspunkt der EG-Grundfreiheiten im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts nicht berücksichtigt werden müssen, wenn im Gegenzug auch Auslandseinkünfte im Rahmen des positiven Progressionsvorbehalts nicht berücksichtigt werden.
Die Neuregelung des § 2a Abs. 1 ist zukünftig nur noch auf Tatbestände mit Drittstaatenbezug anzuwenden. Sie gilt also nicht mehr für Tatbestände, die innerhalb der Mitgliedstaaten der EU oder des EWR verwirklicht werden. In Fällen, in denen mit diesen Staaten in einem Doppelbesteuerungsabkommen die Anrechnungsmethode vereinbart ist, können Verluste mit inländischen Einkünften ausgeglichen werden. Dadurch wird eine Gleichbehandlung mit Inlandssachverhalten hergestellt. In Fällen, in denen mit diesen Staaten in einem Doppelbesteuerungsabkommen die Freistellungsmethode gilt, ist die Nichtberücksichtigung der Verluste lediglich Folge der Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem betroffenen Mitgliedstaat und daher gemeinschaftsrechtlich nicht relevant. Der neue § 2a Abs. Satz 1 EStG definiert, welche Staaten bei Anwendung des § 2a EStG als Drittstaaten und welche Körperschaften oder Kapitalgesellschaften als Drittstaaten-Körperschaften oder Drittstaaten-Kapitalgesellschaften anzusehen sind. § 2a Abs. 2a Satz 2 EStG stellt sicher, dass Sachverhalte in Bezug auf Staaten, auf die das EWR-Abkommen anzuwenden ist, nur dann aus dem Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1 und 2 EStG ausgenommen sind, wenn durch diese Staaten die Amtshilfe gewährleistet ist. Die Neuregelung gilt für alle Fälle, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Für negative Einkünfte i. S. des § 2a Abs. 1 und 2 EStG, die vor Verkündung des JStG 2009 nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG bestandskräftig gesondert festgestellt worden sind, ist § 2a Abs. 1 Satz 3 bis 5 EStG in der vor Verkündung des JStG 2009 geltenden Fassung weiter anzuwenden (§ 52 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG i. d. F. des JStG 2009).
Tz. 16 Negative Einkünfte aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften und ähnlichen Modellen
§ 2b EStG dient der Bekämpfung von Verlustzuweisungsmodellen. Die aus derartigen Gestaltungen resultierenden Verluste werden nicht zur Verrechnung mit anderen Einkünften zugelassen. Voraussetzung für die Anwendung des § 2b EStG ist, dass überhaupt eine steuerlich relevante Tätigkeit vorliegt, dass insbesondere also Gewinn- oder Überschusserzielungsabsicht gegeben ist.
§ 2b EStG wurde durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen v. (BGBl 2005 I S. 3683) aufgehoben. Statt seiner wurde ein neuer § 15b EStG in das Gesetz aufgenommen; s. hierzu Tz. 186. § 2b EStG ist weiterhin für Einkünfte aus einer Einkunftsquelle i. S. des § 2b EStG anzuwenden, die der Steuerpflichtige nach dem und vor dem rechtswirksam erworben oder begründet hat (§ 52 Abs. 4 EStG).
a) Verlustzuweisungsmodell
Von der Vorschrift betroffen sind modellhaft gestaltete Beteiligungen an Gesellschaften oder Gemeinschaften oder Beteiligungen an ähnlichen Modellen, bei deren Erwerb oder Begründung die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund steht. Spätere Änderungen in der Motivation des Steuerpflichtigen oder im Betriebskonzept bleiben daher ohne Auswirkung auf die Anwendung des § 2b EStG. Modellhafte Gestaltungen zeichnen sich insbesondere durch ein vorgefertigtes Konzept und gleichgerichtete, im Wesentlichen identische Leistungsbeziehungen aus.
Das vorgefertigte Konzept muss auf die Erzielung steuerlicher Vorteile aufgrund negativer Einkünfte ausgerichtet sein. Hierfür reicht jede Minderung der Ertragsteuerbelastung einschließlich eventueller Steuerstundungseffekte aus. Üblicherweise manifestiert sich das Konzept in den Vertriebsunterlagen (z. B. Anlegerprospekte, Beratungsbögen, Webseiten). Für eine modellhafte Gestaltung spricht insbesondere die Bereitstellung eines Bündels an Haupt-, Zusatz- und Nebenleistungen, die dazu dienen, das Anlegerrisiko zu minimieren und den Steuerspareffekt zu optimieren. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Zusatz- und Nebenleistungen den sofort abziehbaren Aufwand und damit auch das Verlustverrechnungsvolumen erhöhen und ein auf Rentabilität ausgerichteter Anleger derartige Kosten nicht oder nur im Hinblick auf den damit verbundenen Steuerspareffekt akzeptieren würde.
Gleichgerichtete Leistungsbeziehungen liegen vor, wenn gleichartige Verträge mit mehreren identischen Vertragsparteien abgeschlossen werden. Besonders risikoreiche Anlagen (z. B. Venture Capital und Private Equity Fonds) sowie die Tätigkeit von Existenz- und Firmengründern fallen nur ausnahmsweise unter § 2b EStG, wenn besondere Umstände dafür sprechen, dass im Einzelfall die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund steht.
Das Gesetz enthält zwei Regelbeispiele für Gestaltungen, bei deren Vorliegen die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund steht (unwiderlegbare Vermutung). Das erste Regelbeispiel ist erfüllt, wenn die Rendite auf das einzusetzende Kapital nach Steuern mehr als das Doppelte der Rendite vor Steuern beträgt. Das Gesetz enthält keine näheren Bestimmungen, wie die Rendite zu berechnen ist. Die Finanzverwaltung wendet die Methode des internen Zinsfußes an (analog zur Effektivzinsberechnung gem. § 6 Preisangabenverordnung). Zu Einzelheiten vgl. , BStBl 2001 I S. 588, und Keisinger, NWB F. 3 S. 11295 ff. NWB TAAAA-73353). Das zweite Regelbeispiel erfasst die Fälle, in denen Kapitalanlegern Steuerminderungen durch Verlustzuweisungen in Aussicht gestellt werden.
Mit den beiden Regelbeispielen sind aber nicht alle Sachverhalte abschließend erfasst, so dass auch aus anderen Erwägungen die Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund stehen kann, § 2b EStG also zur Anwendung kommt.
b) Rechtsfolgen
Der Ausgleich negativer Einkünfte aus einem Verlustzuweisungsmodell i. S. des § 2b EStG mit anderen Einkünften ist genauso wie ein Verlustvor- oder -rücktrag ausgeschlossen. Eine Verrechnung kommt nur mit positiven Einkünften aus ebenfalls dem § 2b EStG unterliegenden Verlustzuweisungsmodellen in Betracht, sofern die Beteiligung hieran nicht schon vor 1999 erfolgt ist und diese auch nicht von der Übergangsregelung in § 52 Abs. 4 EStG erfasst wurden.
c) Nichtaufgriffsgrenze
Die Verwaltung verzichtet regelmäßig auf eine Prüfung des § 2b EStG, wenn nach der Ergebnisvorschau das Verhältnis der kumulierten Verluste während der Verlustphase zur Höhe des gezeichneten und nach dem Betriebskonzept auch aufzubringenden Kapitals 50 % nicht übersteigt (, BStBl 2000 I S. 1148, Rz. 4).
III. Ermittlungszeitraum
Tz. 17 Ermittlungszeitraum für die Einkünfte und das zu versteuernde Einkommen
a) Kalenderjahr, Veranlagungszeitraum
§ 2 Abs. 7 EStG bestimmt, dass die Einkommensteuer eine Jahressteuer ist. Die Grundlagen für die Festsetzung der Einkommensteuer sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. Entsprechend bestimmt § 25 EStG das Kalenderjahr zum Veranlagungszeitraum und schreibt vor, dass die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahrs nach dem Einkommen zu veranlagen ist, das der Steuerpflichtige in diesem Kalenderjahr bezogen hat. Nach § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer mit Ablauf des Veranlagungszeitraums.
Das Kalenderjahr ist auch dann Ermittlungszeitraum, wenn der Steuerpflichtige nur in einem Teil des Jahrs Einkünfte erzielt hat. Beginn oder Ende der Aktivitäten, die zu steuerpflichtigen Einkünften führen, unterbrechen weder den Veranlagungszeitraum noch den Ermittlungszeitraum für die Einkommensteuer. Auch der Wechsel zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht während eines Kalenderjahrs ändert nichts an der Jahresbesteuerung. Nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG sind in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger in einem Kalenderjahr sowohl unbeschränkt als auch beschränkt steuerpflichtig ist, die inländischen Einkünfte, die er während seiner beschränkten Steuerpflicht erzielt hat, in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht mit einzubeziehen.
Werden betriebliche Einkünfte nach dem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermittelt, erfolgt dies auf der Grundlage des Wirtschaftsjahrs. Das Wirtschaftsjahr kann mit dem Kalenderjahr übereinstimmen, es kann aber auch davon abweichen; vgl. hierzu § 4a EStG, Tz. 18.
Die Jahresbesteuerung führt dazu, dass Freibeträge und Freigrenzen ebenfalls als Jahresbeträge gewährt werden. Zeitanteilige Aufteilungen erfolgen nur, wo sie ausdrücklich vorgeschrieben sind, wie z. B. für die Absetzungen für Abnutzung (§ 7 Abs. 1 Satz 4 EStG; vgl. im Einzelnen Tz. 102).
b) Durchbrechung und Abmilderung des Jahresprinzips
Das Jahresprinzip wird an etlichen Stellen des EStG mildernd durchbrochen durch Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen sowie durch Veranlagungszeitraum-übergreifende Verlagerungen.
Steuerbefreiungen und -ermäßigungen:
Besteuerung von Veräußerungsgewinnen als zusammengeballte Einkünfte (§§ 14, 14a, 16, 17, 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG); es werden Steuerbefreiungen und -ermäßigungen gewährt;
Freibeträge für Abfindungen wegen Auflösung eines Dienstverhältnisses (§ 3 Nr. 9 EStG) sowie für Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen aufgrund gesetzlicher Vorschriften wegen Entlassung aus einem Dienstverhältnis (§ 3 Nr. 10 EStG) – bis 2005 s. Tz. 22 (9) und (10);
Entschädigungen und bestimmte Nutzungsvergütungen nach § 24 Nr. 1 und 3 EStG werden ermäßigt besteuert (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 und 3 EStG);
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten werden ermäßigt besteuert (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG);
Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen werden ermäßigt besteuert (§ 34 Abs. 2 Nr. 5 EStG).
Zeitliche Verlagerungen:
Verlustabzug nach § 10d EStG durch Verlustrücktrag in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum und Verlustvortrag in folgende Veranlagungszeiträume;
Übertragung stiller Reserven bei Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR);
Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter (§§ 6b, 6c EStG);
Verlagerung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen und Ausgaben (§ 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG);
gleichmäßige Verteilung von Einnahmen und Ausgaben, die auf einer Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren beruhen, auf den Zeitraum, für den die Vorauszahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG);
Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben (§§ 10, 10c EStG) im Zusammenhang mit der Nachversteuerung nach § 10 Abs. 5 EStG i. V. mit §§ 30, 31 EStDV;
Zuwendungsvortrag (§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG i. d. F. des JStG 2009).
Tz. 18 Gewinnermittlungszeitraum; Wirtschaftsjahr
Ermittlungszeitraum i. S. des § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG für die Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) ist grds. das Kalenderjahr. § 4a EStG bestimmt aber für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und aus Gewerbebetrieb das Wirtschaftsjahr als Gewinnermittlungszeitraum.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit werden von § 4a EStG nicht erfasst. Für sie gilt daher nur das Kalenderjahr als Gewinnermittlungszeitraum. Ermittelt ein Freiberufler seinen Gewinn dennoch für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, kann die Gewinnermittlung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Der im Kalenderjahr bezogene Gewinn ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Eine in das Handelsregister eingetragene KG, die nur Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, kann kein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr bilden (, BStBl 2000 II S. 498).
Das Wirtschaftsjahr umfasst grds. einen Zeitraum von zwölf Monaten (§ 8b Satz 1 EStDV). Es darf nach § 8b Satz 2 EStDV einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten umfassen (Rumpfwirtschaftsjahr), wenn
ein Betrieb eröffnet, erworben, aufgegeben oder veräußert wird oder
ein Steuerpflichtiger von regelmäßigen Abschlüssen auf einen bestimmten Tag zu regelmäßigen Abschlüssen auf einen anderen bestimmten Tag übergeht.
Als Eröffnung i. S. des § 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV wird auch eine Umwandlung oder Einbringung eines Einzelunternehmens in eine neu gegründete Personengesellschaft gesehen, ebenso die nach Ausscheiden der Mitgesellschafter erfolgte Fortführung eines bisher als Personengesellschaft geführten Betriebs als Einzelunternehmen.
Veräußert ein Mitunternehmer einer Personengesellschaft im Laufe eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs seinen Mitunternehmeranteil und besteht die Personengesellschaft weiter, führt dies nicht zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs i. S. des § 8b EStDV ( NWB UAAAA-84733).
Tz. 19 Gewinnermittlungszeitraum bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft
Bei Land- und Forstwirten ist Wirtschaftsjahr der Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG). Durch § 8c Abs. 1 und 2 EStDV sind für einzelne Gruppen von Land- und Forstwirten andere Zeiträume bestimmt. Bis auf die dort genannten Ausnahmen haben Land- und Forstwirte nicht die Möglichkeit, das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr oder ein anderes abweichendes Wirtschaftsjahr zu bestimmen.
Sind die Einkünfte aus der Verpachtung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu behandeln, ist für die Ermittlung des Gewinns weiterhin das für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr abzuwenden (, BStBl 1965 III S. 286).
Zur Ermittlung des Einkommens ist bei Land- und Forstwirten der Gewinn des Wirtschaftsjahrs auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr beginnt, und auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr endet, entsprechend dem zeitlichen Anteil aufzuteilen. Veräußerungsgewinne i. S. der §§ 14 und 14a EStG sind dabei auszuscheiden. Sie sind dem Gewinn des Kalenderjahrs hinzuzurechnen, in dem sie entstanden sind (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG).
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni | |
Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für Wirtschaftsjahr 01/02
| 20.000
€ |
Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für Wirtschaftsjahr 02/03
| 40.000
€ |
einschließlich Veräußerungsgewinn (§ 14
EStG) zum in Höhe von | 15.000
€ |
Im Veranlagungszeitraum 02 sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 25.000 € (6/12 von 20.000 € und 6/10 von 25.000 €) anzusetzen. In 03 sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ebenfalls in Höhe von 25.000 € (4/10 von 25.000 € zzgl. Veräußerungsgewinn) anzusetzen.
Tz. 20 Gewinnermittlungszeitraum bei Einkünften aus Gewerbebetrieb
a) Gewerbetreibende, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist
Wirtschaftsjahr ist bei Gewerbetreibenden, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, der Zeitraum, für den sie regelmäßig Abschlüsse machen (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG), also das Geschäftsjahr i. S. des § 242 HGB. Dies kann das Kalenderjahr oder ein davon abweichender zwölf Monate umfassender Zeitraum (abweichendes Wirtschaftsjahr) sein. Damit ist es möglich, das Wirtschaftsjahr den wirtschaftlichen Abläufen des Betriebs anzupassen und die zeitaufwändigen Arbeiten zur Inventur, Erstellung des Jahresabschlusses und der Steuerbilanz auf einen für das Unternehmen günstigen Zeitpunkt zu verlagern. Das Wahlrecht zur Bestimmung des Wirtschaftsjahrs wird, wenn es sich nicht um eine Umstellung handelt, durch die Erstellung des Jahresabschlusses oder außerhalb des Veranlagungsverfahrens ohne förmlichen Antrag ausgeübt (R 4a Abs. 2 Satz 1 EStR). Die erstmalige Wahl des Wirtschaftsjahrs ist nicht zustimmungsbedürftig.
Die Eintragung einer Partnerschaftsgesellschaft im Partnerschaftsregister steht einer Eintragung im Handelsregister nicht gleich. Daher kann eine Partnerschaftsgesellschaft auch dann kein abweichendes Wirtschaftsjahr wählen, wenn sie gewerbliche Einkünfte erzielt ( NWB HAAAA-78629).
b) Gewerbetreibende, deren Firma nicht im Handelsregister eingetragen ist
Bei anderen Gewerbetreibenden entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG). Ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr kann nicht gewählt werden. Rumpfwirtschaftsjahre sind möglich in Fällen der Eröffnung, des Erwerbs, der Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs; vgl. Tz. 18.
c) Gewerbetreibende, die gleichzeitig Land- und Forstwirte sind
Gewerbetreibende, die gleichzeitig buchführende Land- und Forstwirte sind, können mit Zustimmung des Finanzamts ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr wählen, wenn sie für den Gewerbebetrieb aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und für diesen Zeitraum regelmäßig Abschlüsse machen. Das abweichende Wirtschaftsjahr muss den Bestimmungen für Land- und Forstwirte entsprechen.
d) Umstellung des Wirtschaftsjahrs
Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist steuerlich nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem Finanzamt vorgenommen wird. Sie kann entweder vom Kalenderjahr auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr oder von einem abweichenden auf ein anderes abweichendes Wirtschaftsjahr erfolgen. Bei der Umstellung des Wirtschaftsjahrs darf nur ein Rumpfwirtschaftsjahr entstehen. Keine Umstellung liegt vor, wenn ein Gewerbetreibender zu seinem Gewerbebetrieb einen weiteren Betrieb erwirbt und für diesen Betrieb ein anderes Wirtschaftsjahr als der Rechtsvorgänger wählt (R 4a Abs. 1 Satz 1 EStR).
Im Veranlagungszeitraum der Umstellung von einem zulässigerweise abweichenden Wirtschaftsjahr eines Gewerbetreibenden auf das Kalenderjahr enden zwei Wirtschaftsjahre (letztes abweichendes Wirtschaftsjahr und Rumpfwirtschaftsjahr). Diese Grundsätze gelten für die Umstellung von einem unzulässigerweise gewählten abweichenden Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr im Jahr der letzten noch änderbaren Veranlagung entsprechend (, BStBl 2007 II S. 775).
Eine Zustimmung des Finanzamts ist erforderlich, wenn das Wirtschaftsjahr eines im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangenen Unternehmens auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr umgestellt werden soll, weil der Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt. Dagegen ist keine Zustimmung erforderlich, wenn mehrere bisher getrennt geführte Betriebe eines Gewerbetreibenden zu einem Betrieb zusammengefasst werden und er dafür das abweichende Wirtschaftsjahr eines der Betriebe fortführt. Vgl. auch R 4a EStR und H 4a EStH.
Einvernehmen bedeutet Zustimmung (, BStBl 1970 II S. 85). Über einen außerhalb des Veranlagungsverfahrens gestellten Antrag zur Umstellung des Wirtschaftsjahres entscheidet das Finanzamt durch besonderen Bescheid. Das Finanzamt muss die Zustimmung erteilen, wenn der Gewerbetreibende gewichtige, in der Organisation des Betriebs gelegene Gründe für die Umstellung des Wirtschaftsjahrs anführt. Dabei muss die Umstellung des Wirtschaftsjahrs nicht betriebsnotwendig sein (, BStBl 1974 II S. 238). Inventurschwierigkeiten sind i. d. R. gewichtige betriebliche Gründe.
Die Erlangung einer Steuerpause ist kein betrieblicher Grund i. S. der zustimmungsbedürftigen Umstellung des Wirtschaftsjahrs (, BStBl 1981 II S. 50): eine Steuerpause entsteht, wenn von einem abweichenden Wirtschaftsjahr umgestellt wird auf ein anderes abweichendes Wirtschaftsjahr, dessen Bilanzstichtag zeitlich nach dem Bilanzstichtag des früheren Wirtschaftsjahrs liegt.
e) Zurechnung des Gewinns
Bei Gewerbetreibenden mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres in dem Kalenderjahr anzusetzen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Folglich werden Gewinne aus der Betriebsaufgabe oder -veräußerung automatisch in dem Jahr berücksichtigt, in dem sie entstanden sind. Der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils ist auch dann im Jahr der Veräußerung oder Aufgabe zu versteuern, wenn die Mitunternehmerschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat (R 4a Abs. 5 EStR).
IV. Steuerfreie Einnahmen
Tz. 21 Allgemeines
Bestimmte Einnahmen, die unter die sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG fallen, sind nach § 3 EStG steuerfrei. Die Steuerbefreiungen beruhen z. B. auf sozialpolitischen oder kulturpolitischen Gründen, auf Gründen der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens oder entsprechen internationalen Verpflichtungen oder Gepflogenheiten. Die Befreiungstatbestände in dem umfangreichen Katalog des § 3 EStG gelten grds. sowohl bei unbeschränkter als auch bei beschränkter Steuerpflicht.
Einige dieser steuerfreien Einnahmen werden im Rahmen der Veranlagung rechnerisch mit Hilfe des Progressionsvorbehalts in die Besteuerung einbezogen, d. h. sie werden der Summe der Einkünfte hinzugerechnet, als ob sie steuerpflichtig wären. Unter Einbeziehung dieser Einnahmen wird sodann der Steuersatz ermittelt, der auf das Einkommen entfällt; vgl. im Einzelnen § 32b EStG; s. Tz. 253.
Wegen Steuerbefreiungen nach anderen Gesetzen, Verordnungen und Verträgen vgl. R 3.0 EStR; zu Steuerbefreiungen aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen vgl. Anlage zum , BStBl 2001 I S. 286.
Tz. 22 Steuerfreie Einnahmen im Einzelnen
Die Reihenfolge in der folgenden Übersicht orientiert sich grds. an der Reihenfolge in § 3 EStG.
(1) Bestimmte Leistungen aus der Sozialversicherung und anderen Versicherungen
Steuerfrei sind Bar- und Sachleistungen aus einer in- oder ausländischen Krankenversicherung, aus der in- oder ausländischen gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 21 SGB I) sowie Leistungen aus einer Pflegeversicherung. Dabei ist unerheblich, ob die Leistungen an den ursprünglich Berechtigten oder an Hinterbliebene gewährt werden. Zur Rechtsnachfolge bei diesen Leistungen vgl. §§ 56–59 SGB I. Des Weiteren sind steuerfrei Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen einschließlich der Sachleistungen nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, Übergangsgeld nach SGB VI und Geldleistungen nach den §§ 10, 36–39 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte sowie das Mutterschaftsgeld. Zu dem ab eingeführten Elterngeld s. § 3 Nr. 67 EStG und nachfolgend Tz.22).
Zur Frage der nachgelagerten Besteuerung (betrifft Leistungen i. S. des § 3 Nr. 1 Buchst. b und c EStG) vgl. Tz. 230, b, aa).
(2) Arbeitslosenversicherung, Arbeitslosenhilfe und ähnliche Leistungen
§ 3 Nr. 2–2b EStG
Steuerfrei sind das Arbeitslosengeld, das Teilarbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, das Winterausfallgeld, die Arbeitslosenhilfe, der Zuschuss zum Arbeitsentgelt, das Übergangsgeld, das Unterhaltsgeld, die Eingliederungshilfe, das Überbrückungsgeld, der Gründungszuschuss, der Existenzgründungszuschuss nach SGB III oder AFG sowie ähnliche Leistungen, die in § 3 Nr. 2 EStG aufgeführt sind. Nicht steuerbefreit ist aus dem Ausland bezogenes Arbeitslosengeld. Dieses gehört zu den wiederkehrenden Bezügen i. S. des § 22 Nr. 1 EStG, die ggf. nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit einem ausländischen Staat steuerfrei sein können (vgl. R 3.2 EStR).
Zuschüsse zur Förderung von Existenzgründern aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Landesmitteln sind nicht steuerfrei, wenn sie nicht der Aufstockung des Überbrückungsgelds nach SGB III dienen (vgl. , BStBl 2002 II S. 697).
Steuerfrei sind auch die Arbeitslosenbeihilfe und die Arbeitslosenhilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz sowie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach SGB II (§ 3 Nr. 2a und 2b EStG).
(3) Kapitalabfindungen
Kapitalabfindungen aufgrund der gesetzlichen Rentenversicherung und aufgrund der Beamten-(Pensions-)Gesetze sind steuerfrei (hierzu ausführlich Myßen/Ohletz, NWB F. 3 S. 14795 ff. NWB YAAAC-59620). Danach sind begünstigt
der Abfindungsbetrag einer Witwen- oder Witwerrente wegen Wiederheirat des Berechtigten (§ 107 SGB VI, § 21 BeamtenVG, § 43 SoldatenVG),
die Erstattung von Versichertenbeiträgen, in denen das mit der Einbeziehung in die Rentenversicherung verfolgte Ziel eines Rentenanspruchs nicht oder voraussichtlich nicht erreicht oder nicht vollständig erreicht werden kann (§§ 210, 286d SGB VI, §§ 75, 117 ALG), die Erstattung von freiwilligen Beiträgen im Zusammenhang mit Nachzahlungen von Beiträgen in besonderen Fällen (§§ 204, 205 und 207 SGB VI) sowie die Erstattung der vom Versicherten zu Unrecht geleisteten Beiträge (§ 26 SGB IV),
die Zahlung eines Nachteilsausgleichs an einen Beamten oder Soldaten sowie die Zahlung einer Abfindung an einen Soldaten (§ 48 BeamtenVG, § 28–35 und 38 SoldatenVG.
Die Steuerfreiheit gilt entsprechend auch für vergleichbare Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen (§ 3 Nr. 3 Buchst. c EStG i. V. mit § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG), d. h. Bezugspunkt für das Bestehen der Steuerfreiheit ist grds. das Leistungsspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung. Zur Frage, wann eine Vergleichbarkeit gegeben ist, vgl. Myßen/Ohletz, NWB F. 3 S. 14795, 14798 ff. NWB YAAAC-59620 und NWB TAAAC-61576, zur nachgelagerten Besteuerung vgl. Tz. 230, b, aa; zu einer möglichen Anwendung des § 3 Nr. 3 EStG bei Kapitalauszahlungen aus Schweizer Pensionskassen vgl. Heitzler, NWB F. 3 S. 14875 ff. NWB HAAAC-63952.
(4) Sachbezüge der Angehörigen der Bundeswehr, der Polizei u. a.
Nach § 3 Nr. 4 EStG ist die Überlassung von Dienstkleidung und anderen Leistungen an bestimmte Angehörige des öffentlichen Dienstes steuerfrei; zu Einzelheiten s. R 3.4 LStR.
(5) Bezüge von Soldaten
Bei Soldaten sind Geld- und Sachbezüge sowie die Heilfürsorge, die sie aufgrund des § 1 Abs. 1 Satz 1 Wehrsoldgesetz und Zivildienstleistende aufgrund des § 35 Zivildienstgesetz erhalten, steuerfrei. S. im Einzelnen R 3.5 LStR.
(6) Versorgungsbezüge an Wehrdienst- und Zivildienstbeschädigte oder ihre Hinterbliebenen u. a.
Steuerfrei sind Bezüge, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehrdienstbeschädigte und Zivildienstbeschädigte oder ihre Hinterbliebenen, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden, soweit es sich nicht um Bezüge handelt, die aufgrund der Dienstzeit gewährt werden. Das gilt auch für Bezüge aus öffentlichen Mitteln anderer EU-Mitgliedstaaten (, BStBl 1997 II S. 358). Das erhöhte Unfallruhegehalt nach § 37 BeamtVG wird „auf Grund der Dienstzeit” i. S. des § 3 Nr. 6 EStG gewährt und ist daher nach dieser Regelung nicht steuerbefreit (, BStBl 2009 II S. 150). Zur Frage der nachgelagerten Besteuerung vgl. Tz. 230, b, aa. Wegen Einzelheiten s. R 3.6 LStR.
(7) Ausgleichszahlungen nach dem Lastenausgleichsgesetz
Steuerfrei sind die Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz, Leistungen nach dem Flüchtlingshilfegesetz, dem Bundesvertriebenengesetz und anderen in § 3 Nr. 7 EStG aufgeführten Gesetze, soweit sie nicht Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 EStG sind. Eine Auflistung der begünstigten Leistungen enthält H 3.7 EStH.
(8) Leistungen zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts
Steuerfrei sind Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden. Die Steuerpflicht von Bezügen aus einem aus Wiedergutmachungsgründen neu begründeten oder wieder begründeten Dienstverhältnis sowie von Bezügen aus einem früheren Dienstverhältnis, die aus solchen Gründen neu gewährt oder wieder gewährt werden, bleibt unberührt. Eine Auflistung der Rechtsgrundlagen für Wiedergutmachungsleistungen enthält H 3.8 EStH. Zur Frage der nachgelagerten Besteuerung vgl. Tz. 230, b, aa.
(9) Entlassungsabfindungen
§ 3 Nr. 9 EStG in der bis zum geltenden Fassung
§ 3 Nr. 9 EStG wurde durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm v. (BGBl 2005 I S. 3682) mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2006 aufgehoben. § 3 Nr. 9 EStG in der bis zum geltenden Fassung ist weiter anzuwenden für vor dem entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer auf Abfindung oder für Abfindungen wegen einer vor dem getroffenen Gerichtsentscheidung oder einer am anhängigen Klage, soweit die Abfindungen dem Arbeitnehmer vor dem zufließen (§ 52 Abs. 4a Satz 1 EStG). Gleiches gilt für Abfindungen aufgrund eines vor dem abgeschlossenen Sozialplans, wenn die Arbeitnehmer in dem zugrunde liegenden und vor dem vereinbarten Interessenausgleich namentlich bezeichnet worden sind (§ 1 Abs. 5 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz, § 125 InsO, jeweils in der am geltenden Fassung). Ist eine Abfindung in einem vor dem ergangenen Steuerbescheid als steuerpflichtige Einnahme berücksichtigt worden, ist dieser Bescheid – unabhängig von einer formellen Bestandskraft eines bereits ergangenen Steuerbescheids – insoweit auf Antrag des Arbeitnehmers zu ändern (§ 52 Abs. 4a Satz 2 EStG i. d. F. des JStG 2009). Eine Abfindung für den Verzicht auf eine anlässlich der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagte Wiedereinstellung fällt nicht unter die Steuerfreistellungsregelung des § 3 Nr. 9 EStG, da sie nicht wegen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses bezahlt wird ( NWB QAAAC-84014).
Die ermäßigte Besteuerung der steuerpflichtigen Abfindungen als außerordentliche Einkünfte nach der sog. Fünftelungsregelung (§ 24 Nr. 1 i. V. mit § 34 EStG) bleibt – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – hingegen erhalten. Auch in der Sozialversicherung ändert sich zunächst nichts. Entlassungsabfindungen bleiben also in der Sozialversicherung weiterhin beitragsfrei. Zu Einzelheiten während der Übergangszeit vgl. R 9 LStR 2005.
(9a) Erstattungen für Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfall-, Krankenversicherung und für die Alterssicherung einer Tagespflegeperson (§ 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4, § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII)
§ 3 Nr. 9 EStG in der ab geltenden Fassung
Durch das Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz - KiföG) vom (BStBl 2008 I S. 2403) wurde mit Wirkung vom ein neuer § 3 Nr. 9 EStG eingeführt. Danach sind steuerfrei:
die vom Träger der Jugendhilfe geleisteten Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII (Bereitschaftspflege) und die Erstattungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung,
die hälftige Erstattung von nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung (§ 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII),
die hälftige Erstattung von nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB VIII(Kindertagespflege)
an eine Tagespflegeperson durch einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
Das Kinderförderungsgesetz ist am in Kraft getreten. Die Steuerbefreiung läuft jedoch teilweise ins Leere, da die Einkünfte einer Tagespflegeperson, soweit sie aus öffentlichen Mitteln gezahlt werden, nach dem NWB RAAAC-66785 generell bis zum nicht der Besteuerung unterliegen, sondern nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei sind. Insoweit wurde das BMF-Schreiben jetzt durch das (BStBl 2009 I S. 15) aufgehoben.
(10) Übergangs- und Unterstützungsgelder
§ 3 Nr. 10 EStG i. d. F. bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zum Einstieg in ein Steuerliches Sofortprogramm
Durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm v. (BGBl 2005 I S. 3682) ist auch die Steuerbefreiung für Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen aufgrund gesetzlicher Vorschriften (z. B. nach § 47 BeamtVG, §§ 12, 13 oder § 37 SoldatenVG) mit Wirkung vom aufgehoben worden.
Aber auch hier wurde eine Übergangsregelung (§ 52 Abs. 4a Satz 1 EStG) aufgenommen. Aus Vertrauensschutzgründen kann die bisherige begrenzte Steuerfreiheit (in Höhe von maximal 10.800 €) weiter angewendet werden, soweit dem Arbeitnehmer die entsprechende Zahlung vor dem zufließt. Darüber hinaus enthält die Übergangsregelung noch eine Sonderregelung für Soldatinnen sowie Soldaten auf Zeit, wenn deren Dienstverhältnis vor dem begründet wurde. Nach der bisherigen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 4a Satz 2 EStG i. d. F. des Gesetzes zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm kam es zusätzlich darauf an, dass die Übergangsbeihilfen nach § 12 SoldatenVG wegen Entlassung aus dem Dienstverhältnis vor dem gezahlt werden. Diese Anforderung ist mit dem Jahressteuergesetz 2009 v. (BGBl 2008 I S. 2794) weggefallen. Auf den Zufluss der Übergangsbeihilfen vor dem kommt es daher nicht mehr an (§ 52 Abs. 4a Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 2009; Bericht des FinA-BT, BT-Drucks. 16/11108 S. 29).
§ 3 Nr. 10 EStG i. d. F. des JStG 2009
Mit dem § 3 Nr. 10 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2009 v. (BGBl 2008 I S. 2794) werden mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 Einnahmen einer Gastfamilie für die Aufnahme eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen nach § 2 Abs. 1 SGB IX, die diese für die Pflege, Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, die auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem SGB beruhen, steuerfrei gestellt. Entsprechendes gilt für Einnahmen, die nicht auf Leistungen eines Leistungsträgers nach dem SGB beruhen, allerdings begrenzt bis zur Höhe der Leistungen nach SGB XII. Werden höhere Einnahmen erzielt, dürfen die mit der Tätigkeit zusammenhängenden Ausgaben abweichend von § 3c EStG nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen. Die Regelung dient dazu, Gastfamilien zu unterstützen, die die erforderliche Hilfe im familiären Rahmen erbringen und so eine ansonsten notwendige stationäre Betreuung des behinderten Menschen vermeiden.
(11) Bei Bedürftigkeit und zu Ausbildungszwecken gewährte Beihilfen und Stipendien
Steuerfrei sind Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern (§ 3 Nr. 11 EStG). Der Empfänger darf mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet werden. Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit ab Veranlagungszeitraum 2007 gleichgestellt sind Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen (§ 3 Nr. 11 Satz 4 EStG). Eine Definition der öffentlichen Kassen enthält H 3.11 LStH, eine Definition der öffentlichen Stiftung H 3.11. EStH. Zur Unmittelbarkeit vgl. , BStBl 2006 II S. 755, betr. Zuschüsse an ein Kulturorchester. Zu Beihilfen und Unterstützungen an Arbeitnehmer vgl. R 3.11 LStR und H 3.11 LStH. Werden Eltern aus kommunalen Mitteln Beihilfen zur Deckung von Aufwendungen für die Betreuung des Kinds durch Dritte bewilligt und erfolgt die Zahlung auf Antrag der Eltern unmittelbar an die Betreuungsperson, sind diese Einnahmen der Betreuungsperson nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerbefreit ( NWB GAAAC-42758). Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Kindertages- und Vollzeitpflege vgl. , BStBl 2007 I S. 487, ergänzt durch , BStBl 2007 I S. 824, zur Vollzeitpflege behinderter Kinder; zur Anwendung der Regelung im Bereich der Kinderpflege erst ab s. , BStBl 2008 I S. 17, sowie Erläuterungen von Gragert, NWB Beratung aktuell 3/2008 NWB AAAAC-67621).
Einen Überblick über die Besteuerung von Pflegepersonen im Zusammenhang mit der Kindertages- und Kindervollzeitpflege geben Gragert/Wichert in NWB 2009 S. 128 ff. NWB OAAAD-02497.
Steuerfrei sind außerdem der Unterhaltsbeitrag und der Maßnahmebeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, soweit sie als Zuschuss geleistet werden (§ 3 Nr. 37 EStG), Zuwendungen aufgrund des Fulbright-Abkommens (§ 3 Nr. 42 EStG; H 3.42 EStH), der Ehrensold für Künstler und Zuwendungen aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe (§ 3 Nr. 43 EStG) sowie das Wohngeld nach der Wohngeldgesetzgebung (§ 3 Nr. 58 EStG).
Ebenfalls steuerfrei sind Stipendien, die zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden (§ 3 Nr. 44 EStG). Eine zeitliche Begrenzung für die Steuerfreiheit der Stipendien besteht nicht mehr.
(12) Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen
Nur die von der Bundesregierung oder einer Landesregierung haushaltsmäßig festgesetzten Aufwandsentschädigungen sind steuerfrei. Andere vergleichbare Bezüge aus öffentlichen Kassen sind steuerfrei, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Die von 154 € auf 175 € erhöhten steuerfreien Mindestbeträge für Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen in R 3.12 Abs. 3 LStR 2008 sind erstmals ab dem anzuwenden (, BStBl 2008 I S. 21). Der Begriff „öffentliche Dienste” i. S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG umfasst den Gesamtbereich der hoheitlichen Verwaltung einschließlich der sog. schlichten Hoheitsverwaltung. Dazu gehört auch die ehrenamtliche Tätigkeit bei Sozialversicherungsträgern ( NWB EAAAC-32333). § 3 Nr. 12 EStG erfasst nur die Erstattung solcher Aufwendungen, die als Werbungskosten (oder Betriebsausgaben) abziehbar sind. Andernfalls wären Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der Einkommensteuer befreit, ohne dass die damit verbundene steuerliche Entlastung durch den Tatbestand abziehbarer Erwerbsaufwendungen gerechtfertigt wäre (vgl. , BStBl 2007 II S. 308). Dies würde ein gleichheitswidriges Steuerprivileg bedeuten (, BStBl 1999 II S. 502). Vgl. im Übrigen 3.12 LStR. Zur Steuerbefreiung von pauschalen Reisekostenvergütungen an politische Mandatsträger, wie z. B. Fraktionsvorsitzende im Kreistag, s. nachfolgend unter (13) zu § 3 Nr. 13, 16 EStG.
Aufwandsentschädigungen von Bundesratsmitgliedern sind steuerfrei ( NWB QAAAC-53169). Der (BStBl 2007 II S. 114), hat das BMF aufgefordert, zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr. 12 EStG im Hinblick auf die Steuerfreiheit der Amtsausstattung und der Kostenpauschale für Abgeordnete (§ 12 AbgG) Stellung zu nehmen. Das Verfahren wurde erledigt durch NWB HAAAC-93958. Darin hat der BFH entschieden, dass ein Geschäftsführer keinen Anspruch auf einen pauschalen Werbungskostenabzug bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe der steuerfreien Kostenpauschale nach § 12 AbgG hat, weil er diesem Personenkreis nicht angehört ( NWB HAAAC-93958). Eine vom Arbeitgeber gezahlte Mietentschädigung ist nicht nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei (, BStBl 2007 II S. 308).
Bei einer Zuwendung des Auswärtigen Amts an Teilnehmer einer OSZE-Mission im Kosovo gilt das Kassenstaatsprinzip nach Art. 16 Abs. 3 DBA-Jugoslawien, so dass die entsprechenden Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit der Besteuerung im Inland unterliegen. Die Einkünfte sind weder nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG noch nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei ( NWB CAAAC-97220).
(13) Reise- und Umzugskosten von Arbeitnehmern
Entschädigungen für Reise- und Umzugskosten sind insoweit steuerfrei, als sie die durch die Reise oder den Umzug entstandenen Mehraufwendungen nicht übersteigen. Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen, die an Arbeitnehmer im öffentlichen oder privaten Dienst anlässlich von Dienstreisen gezahlt werden, sind nur insoweit steuerfrei, als sie die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG und bei Familienheimfahrten mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug die Pauschbeträge nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG i. d. Fassung des Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale v. (BGBl 2009 I S. 774, BStBl 2009 I S. 536) nicht überschreiten (Einzelheiten zur Entfernungspauschale s. , www.bundesfinanzministerium.de/nn_92/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/BMF__Schreiben/Veroffentlichungen__zu__Steuerarten/lohnsteuer/023.html). Trennungsgelder aus öffentlichen Kassen sowie Vergütungen außerhalb des öffentlichen Diensts zur Erstattung von Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung sind nur insoweit steuerfrei, als sie die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 und Abs. 5 EStG i. d. Fassung des Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale v. (BGBl 2009 I S. 774, BStBl 2009 I S. 536) sowie § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen. Bei § 3 Nr. 13, 16 EStG handelt es sich – wie bereits bei § 3 Nr. 12 EStG – um eine sog. Werbungskostenersatzvorschrift. Vergütungen nach § 11 und § 12 Auslandsumzugskostenverordnung – AUV – sind nicht steuerfrei (, BStBl 2007 II S. 536).
Leistet ein Arbeitgeber neben der gestellten Mahlzeit einen Zuschuss, so ist der Zuschuss unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei. Der geldwerte Vorteil aus der gestellten Mahlzeit ist mit dem Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten und – soweit durch den Zuschuss noch nicht ausgeschöpft – im Rahmen des § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfrei. Der den steuerfreien Teil übersteigende Betrag ist in die Prüfung der 44-€-Freigrenze gem. § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG einzubeziehen. Erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfreie Leistung (Zuschuss oder Sachbezug) in Höhe des Pauschbetrags für Verpflegungsmehraufwendungen, so kann er keine Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend machen. Zu weiteren Einzelheiten vgl. NWB KAAAD-25226.
Nach einer öffentlich-rechtlichen Satzung geleistete pauschale Reisekostenvergütungen an politische Mandatsträger, wie z. B. Fraktionsvorsitzende im Kreistag, können auch ohen Einzelnachweis gegenüber dem Finanzamt nach § 3 Nr. 13 EStG steuerbefreit sein, sofern die Pauschale die tatsächlich entstandenen Reiseaufwendungen nicht ersichtlich übersteigt (, BStBl 2009 II S. 405).
(14) Zuschüsse zur Krankenversicherung der Rentner
Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung sind steuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt für Zuschüsse nach § 249a SGB V, § 106 und § 315 SGB VI (H 3.14 EStH). Durch das Jahressteuergesetz 2009 v. (BGBl 2008 I S. 2794) wurde sie auf die von dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger getragenen Anteile (§ 249 SGB V) an den Beiträgen für die gesetzliche Krankenversicherung erweitert. Die Klarstellung hat auch zur Folge, dass bei allen Rentnern unabhängig davon, ob sie gesetzlich oder privat krankenversichert sind, bei der Ermittlung der abziehbaren Sonderausgaben für übrige Vorsorgeaufwendungen außerhalb der Basisversorgung ein Höchstbetrag von 1.500 € berücksichtigt wird (§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG). Zur Frage der nachgelagerten Besteuerung vgl. Tz. 230, b, aa.
(15) Heiratsbeihilfen und Geburtsbeihilfen
§ 3 Nr. 15 EStG wurde durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm v. (BGBl 2005 I S. 3682) mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2006 aufgehoben. Damit sind Zuwendungen, die Arbeitnehmer anlässlich ihrer Eheschließung oder der Geburt eines Kinds von ihrem Arbeitgeber erhalten, soweit sie jeweils 315 € nicht übersteigen, nicht mehr steuerfrei.
(16) Beitragszuschüsse zur Alterssicherung der Landwirte
Zuschüsse zum Beitrag nach § 32 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte sind steuerfrei.
(17) Zinsen, Entschädigungen u. a.
Steuerfrei sind das Aufgeld für ein an die Lastenausgleichsbank gegebenes Darlehen sowie Zinsen aus Schuldbuchforderungen und aus Entschädigungsansprüchen für deutsche Auslandsbonds. S. im Einzelnen § 3 Nr. 18, 21, 54 EStG.
(18) Entschädigungen für ehemalige Kriegsgefangene
Entschädigungen aufgrund des Gesetzes über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener sind steuerfrei.
(19) Zuwendungen des Bundespräsidenten
Die aus öffentlichen Mitteln des Bundespräsidenten aus sittlichen oder sozialen Gründen gewährten Zuwendungen an besonders verdiente Personen oder ihre Hinterbliebenen sind steuerfrei.
(20) Ehrensold
Der Ehrensold, der aufgrund des Gesetzes über Titel, Orden und Ehrenzeichen gewährt wird, ist steuerfrei.
(21) Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz und ähnliche Leistungen
Steuerfrei sind die Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz, dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz und dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz.
(22) Kindergeld, Erziehungsgeld, Betreuung der Kinder
Leistungen, die aufgrund des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden, sind steuerfrei (§ 3 Nr. 24 EStG). Nach § 3 Nr. 33 EStG sind ferner zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern des Arbeitnehmers in Kindergärten und/oder die vergleichbaren Leistungen steuerfrei (vgl. im Einzelnen R 3.33 LStR). Auch Gebühren für den Besuch einer Vorschule können als Betreuungsleistung angesehen werden und vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Dasselbe gilt für den Besuch einer Vorklasse.
Nach § 3 Nr. 67 EStG sind das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzG) sowie vergleichbare Leistungen der Länder steuerfrei. Diese Regelung wurde zum erweitert um das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) und vergleichbare Leistungen der Länder. Abgesehen von den Regelungen zur Elternzeit in Abschnitt 2 des BErzG, der durch das BEEG bereits zum abgelöst worden ist, läuft das BErzG zum aus. Zu Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Elterngeld s. Eilts, NWB F. 27 S. 6347 ff. NWB NAAAC-31893 und NWB F. 27 S. 6685 NWB RAAAC-97912. Zur Frage der nachgelagerten Besteuerung vgl. Tz. 230, b, aa.
(23) Seuchenentschädigungen
Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz sind steuerfrei.
(24) Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten
Nach § 3 Nr. 26 EStG sind Einnahmen aus bestimmten nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs.1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52– 54 AO) bis zur Höhe von insgesamt 2.100 € (bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2006: 1.848 €) steuerfrei. Die entsprechende Freistellung von der Sozialversicherungspflicht ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV. Überschreiten die Einnahmen für die betreffende nebenberufliche Tätigkeit den steuerfreien Betrag, können Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einnahmenerzielung stehen, nur insoweit abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen. Begünstigt sind
die Tätigkeit des Übungsleiters, Ausbilders, Erziehers, Betreuers oder eine vergleichbare Tätigkeit,
eine künstlerische Tätigkeit,
die Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen.
Gemeinsamer Nenner der begünstigten Katalogtätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer und vergleichbare Tätigkeiten ist die auf einem persönlichen Kontakt beruhende Einflussnahme auf andere Menschen, um auf diese Weise deren geistige und leibliche Fähigkeiten zu fördern. Die Tätigkeiten müssen über eine pädagogische Ausrichtung verfügen. Außerdem ist ein direkter persönlicher Kontakt erforderlich. Dieser kann auch auf schriftlicher Basis erfolgen, soweit es sich um eine konkrete, individualisierte Beziehung handelt. Er fehlt hingegen i. d. R., wenn die Betreuung durch Hörfunk oder Fernsehen erfolgt, weil in all diesen Fällen – im Gegensatz z. B. zur Telefonseelsorge – keine persönliche Kommunikationsbeziehung zwischen den Beteiligten aufgebaut wird. Begünstigt ist auch nur die Betreuung von anderen Menschen, daher gehört die Tätigkeit des Tierbetreuers oder die Betreuung von Sachen bzw. Gegenständen (z. B. Hallenwart, Platzwart) nicht zu den begünstigten Tätigkeiten. Ebenfalls nicht begünstigt ist der Bereitschaftsdienst bei Wohlfahrtsverbänden.
Die Kriterien für eine begünstigte künstlerische Tätigkeit entsprechen denen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Eine künstlerische Tätigkeit liegt demnach vor, wenn die Arbeiten nach ihrem Gesamtbild eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen. Sind diese Kriterien erfüllt, ist die Tätigkeit nach § 3 Nr. 26 EStG begünstigt (z. B. Kirchenmusiker, Organist). Sind die genannten Kriterien nicht erfüllt, ist die Tätigkeit als gewerblich zu beurteilen (z. B. Büttenredner, Trauerredner oder Restaurator, dessen Tätigkeit sich auf die Reinigung von Bildern beschränkt). In diesem Fall scheidet eine Begünstigung nach § 3 Nr. 26 EStG aus.
Begünstigt ist weiterhin die Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen. Pflege i. S. der Vorschrift setzt grds. eine persönlich zu erbringende Leistung des Pflegenden voraus; eine nur mittelbare Hilfe durch eine Geldleistung reicht nicht aus. Der Begriff der Pflege ist bei einer Hilfestellung im täglichen Leben des Pflegenden erfüllt, wobei eine entsprechende Ausbildung – etwa zum Krankenpfleger – nicht Voraussetzung ist. Als Beispiele für eine pflegende Tätigkeit sind zu nennen: häusliche Pflege, Sofortmaßnahmen der Rettungssanitäter und Ersthelfer am Unfallort.
Die Begünstigung gilt lediglich für nebenberufliche Tätigkeiten. Entscheidendes Kriterium ist der Zeitaufwand für die betreffende Tätigkeit. Eine nebenberufliche Tätigkeit liegt vor, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer in dieser Berufssparte ausgeübten Haupttätigkeit in Anspruch nimmt. Mehrere gleichartige Tätigkeiten sind zusammenzufassen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufs darstellen (, BStBl 1990 II S. 854).
Die begünstigte nebenberufliche Tätigkeit muss im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts (z. B. Bund, Länder, Gemeinden, IHK, Berufskammern, Universitäten) oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung erfolgen. Bei den letztgenannten handelt es sich um Körperschaften, Personenvereinigungen, Stiftungen oder Vermögensmassen, die nach der Satzung oder dem Stiftungszweck und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Die Tätigkeit selbst muss ebenfalls der Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke dienen. Dies wird jedoch unterstellt, wenn sie der Erfüllung der Satzungszwecke der Einrichtung dient. Eine Tätigkeit im Auftrag eines Berufsverbands (Gewerkschaft, Arbeitgeberverband) oder für eine Partei ist nicht begünstigt. Dies gilt auch im Falle einer Tätigkeit für ein Gericht.
Der , BStBl 2006 II S. 685 europarechtliche Bedenken im Hinblick darauf geäußert, dass die Steuerbefreiung für Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 26 EStG nur für Tätigkeiten im Auftrag einer deutschen öffentlichen Institution gewährt wird. Er hat dem EuGH daher die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, wie Art. 49 des EG-Vertrags, der den freien Dienstleistungsverkehr garantiert, in Bezug auf die Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG auszulegen sei. Der Jundt NWB CAAAC-67480, hat nun entschieden, dass die Versagung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 26 EStG für Gegenleistungen für Tätigkeiten im Auftrag einer Universität, die in einem nicht deutschen EU-Staat belegen ist, mit EU-Recht nicht vereinbar ist. Mit der Änderung des § 3 Nr. 26 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 hat der Gesetzgeber die Folgerungen aus diesem EuGH-Urteil gezogen. Dadurch wird erreicht, dass der Freibetrag grundsätzlich auch dann gewährt wird, wenn eine Person im Dienst oder Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder eines EWR-Staats belegen ist, Anwendung findet, nebenberuflich eine ausbildende oder andere nach der Vorschrift begünstigte Tätigkeit ausübt. Die Gewährung des Freibetrags setzt wie bisher voraus, dass die Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke i. S. der §§ 52–54 AO ausgeübt wird. Die geänderte Regelung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 4b EStG i. d. F. des JStG 2009).
Wird die Tätigkeit nicht für einen begünstigten Arbeitgeber ausgeübt, ist eine Förderung nach § 3 Nr. 26 EStG unabhängig von der Art und Weise der Tätigkeit ausgeschlossen.
Zu weiteren Einzelheiten vgl.
Nolte „Das Spendenabzugsrecht”,
NWB 2009 S. 2236
ff.
NWB NAAAD-24201.
Zur
einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kinder in
Kindertages- und Vollzeitpflege s. Tz. 22 (11).
Vgl. auch
R 3.26
LStR.
ABC der Tätigkeiten mit dem Grunde nach unter § 3 Nr. 26 EStG fallenden Einnahmen:
Ärzte im Behindertensport: Ärztliche Aufsicht nach § 11a Bundesversorgungsgesetz i. V. mit § 2 Abs. 2 der Gesamtvereinbarungen über den ambulanten Behindertensport während der sportlichen Übungen im Rahmen des Rehabilitationssports ( NWB BAAAC-17051).
Ärzte im Coronarsport: Nebenberufliche Leitung von Coronar-Sportkursen in gemeinnützigen Sportvereinen gehört zu den Tätigkeiten, die denjenigen eines Übungsleiters vergleichbar sind, wenn der Arzt auf den Ablauf der Übungseinheiten und die Übungsinhalte aktiv Einfluss nimmt ( NWB BAAAC-17051).
Ausbilderin für Maschinenschreiben und Kurzschrift im Dienst einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts ( NWB YAAAB-33080).
Bahnhofsmission: Von der nebenberufliche Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können pauschal 60 % der Einnahmen bis zum Höchstbetrag nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei belassen werden, soweit dies nicht zu einer unzutreffenden Besteuerung führt ( NWB BAAAC-17051).
Fahrer und Beifahrer im Behindertentransport: Die Fahrten werden regelmäßig mit einer Besatzung von zwei Helfern durchgeführt, wobei ein Helfer den Bus fährt und der andere die behinderten Personen während der Fahrt betreut. Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG kann für jeweils 50 % der Vergütung gewährt werden.
Ferienbetreuer, die ehrenamtlich und zeitlich begrenzt zur Durchführung von Ferienmaßnahmen eingesetzt werden ( NWB BAAAC-17051).
Fortbildungstätigkeit für Anwalts- und Ärztekammern.
Häusliche Pflege: Die nebenberufliche Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen umfasst neben der körperlichen Pflege auch die hauswirtschaftliche Betreuung wie etwa die Unterstützung bei häuslichen Verrichtungen und beim Einkaufen sowie die Altenhilfe gem. § 71 SGB XII ( NWB OAAAB-89106).
Helfer im sog. Hintergrunddienst des Hausnotrufdienstes: Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG ist zu gewähren, soweit die Helfer tatsächlich Rettungseinsätze leisten. Der hierauf entfallende Anteil wird von den Ländern wegen der regionalen Unterschiede pauschal festgelegt.
Komparse (, BStBl 2007 II S. 702). – Nicht aber Statisten.
Korrekturassistenten im Rahmen der universitären Ausbildung ( NWB VAAAB-40426).
Lehrbeauftragte an Schulen oder Fachhochschulen für ergänzenden Unterricht ( NWB BAAAC-17051; , BStBl 1985 II S. 51).
Museumsführer.
Organistentätigkeit in Kirchengemeinden ( NWB BAAAC-17051).
Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers, die dieser nebenamtlich ausübt (, BStBl 1987 II S. 783).
Rettungssanitäter im Rahmen von Großveranstaltungen: Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG ist für den Anteil der Vergütung zu gewähren, der auf die Bergung und Versorgung von Verletzten entfällt. Dieser Anteil wird von den Ländern wegen der regionalen Unterschiede pauschal festgelegt.
Rettungssanitäter im Rettungs- und Krankentransportwagen: 70 % der gezahlten Vergütungen fallen auf nach § 3 Nr. 26 EStG begünstigte Tätigkeiten (Pflege).
Sozialpädagoge mit der außerhalb seiner arbeitsvertraglichen Dienstzeiten freiwillig bei Bedarf gegen stundenweise abgerechnete Vergütung übernommenen Nachbetreuung von Suchtkranken nach ihrem Aufenthalt im Wohnheim in Wohngemeinschaften ( NWB NAAAB-12945, und v. - 4 K 10500/99 NWB XAAAB-12946).
Stadtführer üben eine unterrichtende Tätigkeit aus, die derjenigen an einer Volkshochschule vergleichbar ist ( NWB BAAAC-17051).
Unterrichts- oder Ausbildungstätigkeit, die nebenberuflich ausgeübt wird, und zwar auch dann, wenn nur die Angehörigen einer Dienststelle oder Einrichtung ausgebildet werden (, BStBl 1993 II S. 20).
Zahnärzte im Arbeitskreis Jugendzahnpflege, Patenschaftszahnärzte ( NWB BAAAC-17051).
ABC der Tätigkeiten mit dem Grunde nach nicht unter § 3 Nr. 26 EStG fallenden Einnahmen:
Betreuer i. S. des Betreuungsrechts ( NWB FAAAB-23375).
Büttenredner: keine künstlerische Tätigkeit (, BStBl 1987 II S. 376).
Dolmetscher, auch wenn sie gerichtlich bestellt sind.
Geschäftsführertätigkeit für karitative Einrichtung, auch wenn sie nebenberuflich ausgeübt wird, keine Pflegetätigkeit i. S. des § 3 Nr. 26 EStG, da die Tätigkeit selbst weder eine Pflege- noch eine Betreuungsleistung darstellt ( NWB SAAAB-25465).
Hauswirtschaftliche Tätigkeiten in Altenheimen, Krankenhäusern, Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen usw., wie z. B. Putzen, Waschen, Kochen und andere allgemeine Dienste, gehören mangels unmittelbarem Bezug zu dem zu pflegenden Menschen nicht zu ambulanten Pflegediensten i. S. des § 3 Nr. 26 EStG ( NWB BAAAC-17051).
Helfer des Mahlzeitendienstes Das Überreichen einer Mahlzeit reicht allein nicht zur Annahme einer Pflegeleistung aus.
Holzschnitzer keine künstlerische Tätigkeit (, BStBl 1991 II S. 889).
Klavierstimmer keine künstlerische Tätigkeit (, BStBl 1990 II S. 643).
Küchenmitarbeiter in Waldheimen: Es handelt sich um keine begünstigte Tätigkeit mangels pädagogischer Aspekte der Tätigkeit ( NWB BAAAC-17051).
Patientenfürsprecher, Patientenvertreter: Die Interessenvertretung gegenüber z. B. der Krankenhausleitung fällt mangels unmittelbarer Pflegeleistung nicht unter die Regelung ( NWB BAAAC-17051).
Prädikant, Hilfsprediger, Predigthelfer und Ältestenprediger: Mangels direkter pädagogisch ausgerichteter persönlicher Kontakte zu dem einzelnen Menschen fällt die Tätigkeit nicht unter § 3 Nr. 26 EStG ( NWB BAAAC-17051).
Pressearbeit sowie Verantwortlichkeit für eine Verbandszeitung: Es fehlt an der Einflussnahme durch den persönlichen Kontakt mit den Lesern und damit an der erforderlichen pädagogischen Zielsetzung ( NWB NAAAB-12864).
Rettungsschwimmer im vorbeugenden Wasserrettungsdienst, wie z. B. DLRG ( NWB BAAAC-17051).
Schwimmlehrer, der bei einer Gemeinde angestellt ist, zwar mit Billigung des Arbeitgebers, aber auf eigene Kosten und Risiko Schwimmkurse durchführt; es fehlt am Kriterium „im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts …” ( NWB OAAAC-33507).
Statisten bei Theateraufführungen üben keine künstlerische Tätigkeit aus ( NWB BAAAC-17051); wohl aber Komparse.
Trauerredner keine künstlerische Tätigkeit (, BStBl 1982 II S. 22).Verfassen, Vortragen eines Rundfunk-Essays (, BStBl 1992 II S. 176).
Versichertenälteste: Keine Tätigkeit zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke i. S. der §§ 52 bis 54 AO ( NWB BAAAC-17051).
(25) Einnahmen aus ehrenamtlichem Engagement
Nach dem durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom (BGBl 2007 I S. 2332) zusätzlich zu § 3 Nr. 26 EStG eingefügten § 3 Nr. 26a EStG sind Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52– 54 AO) bis zur Höhe von insgesamt 500 € im Jahr steuerfrei. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 EStG oder nach § 3 Nr. 26 EStG gewährt wird. Die Tätigkeit ist nur begünstigt, wenn sie für den ideellen Bereich ggf. einschließlich der Zweckbetriebe der steuerbegünstigten Körperschaft ausgeübt wird. Tätigkeiten in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und bei der Verwaltung des Vermögens sind nicht begünstigt (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1). Überschreiten die Einnahmen für die Tätigkeit den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c EStG nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen. Die Regelung gilt rückwirkend ab (Art. 9 Abs. 1 Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. , BGBl 2007 I S. 2332).
Es handelt sich um eine steuerfreie Aufwandspauschale für alle, die in Vereinen Verantwortung übernehmen und nicht bereits unter § 3 Nr. 26 EStG fallen. Sie gilt z. B. für Vereinsvorstände, Platzwarte und sonstige Vereinshelfer, deren Einnahmen nicht bereits nach § 3 Nr. 12 oder Nr. 26 EStG steuerbefreit sind (s. auch Fischer, NWB F. 2 S. 9439 ff. NWB UAAAC-59186). Zur Abgrenzung zwischen den einzelnen Tätigkeitsarten vgl. , BStBl 2008 I S. 985, Rz. 5, 6. Für Zahlungen an einen ehrenamtlichen Vorstand ist folgendes zu beachten: Ein Verein, dessen Satzung nicht ausdrücklich die Bezahlung des Vorstands erlaubt und der dennoch pauschale Aufwandsentschädigungen oder sonstige Vergütungen an Mitglieder des Vorstands zahlt, verstößt gegen das Gebot der Selbstlosigkeit und kann nicht als gemeinnützig behandelt werden. Zur Bezahlung des Vorstands gehören dabei auch Vergütungen, die nicht durch Barzahlung oder Überweisung tatsächlich ausgezahlt werden, wie z. B. bei Aufrechnungen oder bei der Vereinbarung einer Rückspende. Die Vereine verlieren ihre Gemeinnützigkeit aus Billigkeitsgründen nicht, wenn die Zahlungen nach dem geleistet wurden, nicht unangemessen hoch waren und die Mitgliederversammlung bis zum eine Satzungsänderung beschließt, die eine Bezahlung der Vorstandsmitglieder zulässt (, BStBl 2009 I S. 540).
Die Regelung wurde durch das Jahressteuergesetz 2009 EU-rechtskonform geändert. Der Freibetrag wird grds. auch dann gewährt, wenn eine Person im Dienst oder Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder eines EWR-Staates belegen ist, nebenberuflich zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke tätig wird. Die geänderte Regelung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 4b EStG i. d. F. des JStG 2009).
Zu weiteren Einzelheiten vgl. Nolte „Das Spendenabzugsrecht”, NWB 2009 S. 2236 ff. NWB NAAAD-24201.
ABC der Tätigkeiten mit dem Grunde nach unter § 3 Nr. 26a EStG fallenden Einnahmen:
Assistenzbetreuer/Betreuer i. S. des Betreuungsrechts (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1),
Aufsichtspersonal (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1),
Bürokräfte (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1),
Fahrdienst von Eltern zu Auswärtsspielen von Kindern,
Gerätewart,
Helfer des Mahlzeitendienstes,
Kassierer/Kassenwart im Verein (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1),
Platzwart (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1),
Rechtliche Betreuer: sie handeln wegen der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Vormundschafts- und Betreuungswesens im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 3); zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigung dieser Betreuer vgl. NWB WAAAD-13908,
Reinigungsdienste, Reinigungspersonal (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1),
(Vereins )Vorstand (, BStBl 2008 I S. 985, Tz. 1); ehrenamtlicher Vorstand nur Auslagenersatz (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 8; Ergänzung durch , BStBl 2009 I S. 540).
ABC der Tätigkeiten mit dem Grunde nach nicht unter § 3 Nr. 26a EStG fallenden Einnahmen:
Amateursportler (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1),
Tätigkeiten bei der Verwaltung des Vermögens der steuerbegünstigten Körperschaft,
Tätigkeiten in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (, BStBl 2008 I S. 985, Rz. 1).
ABC der möglichen Auftraggeber oder Arbeitgeber:
Einrichtungen i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
Körperschaften, Personenvereinigungen, Stiftungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts
Bund, Länder, Gemeinden,
Gemeindeverbände,
Industrie- und Handelskammern,
Handwerkskammern,
Rechtsanwaltskammern,
Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkammern,
Ärztekammern,
Universitäten,
Träger der Sozialversicherung.
ABC der Auftraggeber oder Arbeitgeber, die nicht begünstigt sind:
Berufsverbände, wie z. B. Arbeitgeberverband, Gewerkschaften,
Parteien.
Zu weiteren Einzelfragen im Zusammenhang mit der Regelung des § 3 Nr. 26a EStG, wie z. B. Lohnsteuerverfahren, steuerfreier Höchstbetrag und Rückspende, vgl. , BStBl 2008 I S. 985, ergänzt durch , BStBl 2009 I S. 540. Zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer nach § 1835a BGB vgl. NWB BAAAD-21117. Zur Verlängerung der Frist für eine Satzungsänderung bei Zahlungen an den ehrenamtlichen Vorstand vgl. , BStBl 2009 I S. 445 und , BStBl 2009 I S. 540.
(26) Förderung bei Aufgabe der Landwirtschaft
Der Grundbetrag der Produktionsaufgaberente und das Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit sind bis zum Höchstbetrag von 18.407 € steuerfrei. Der Höchstbetrag steht dem Leistungsempfänger nur einmal zu. Die einzelnen Raten sind so lange steuerfrei, bis der Höchstbetrag ausgeschöpft ist. S. auch R 3.27 EStR.
(27) Leistungen nach Altersteilzeitgesetz
Bestimmte Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz sind steuerfrei. Hierzu gehören insbesondere die Aufstockungsbeträge und zusätzlichen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Sie sind auch steuerfrei, soweit sie über die im Altersteilzeitgesetz genannten Mindestbeiträge hinausgehen; allerdings nur soweit sie zusammen mit dem während der Altersteilzeit bezogenen Nettoarbeitslohn monatlich 100 % des Nettoarbeitslohns nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer ohne Altersteilzeit üblicherweise bezogen hätte. Im Einzelnen s. R 3.28 LStR.
Aufstockungsbeträge i. S. des Altersteilzeitgesetzes sind nicht steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer vertraglich von der Arbeitsleistung freigestellt ist und demgemäß tatsächlich auch keine Arbeitsleistung erbringt ( NWB AAAAC-76194).
Wird ein Arbeitsverhältnis über Altersteilzeit im Blockmodell vorzeitig beendet (sog. „Störfall”), sind Nachzahlungen, die keine Aufstockungsbeträge nach § 3 Nr. 28 EStG sind, unabhängig vom Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steuerpflichtiger Arbeitslohn. Die für den Zeitraum bis zur vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeit gezahlten Aufstockungsbeträge sowie die Beiträge und Aufwendungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und § 4 Abs. 2 ATG sind jedoch steuerfrei. Entsprechendes gilt bei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit oder bei Tod des Arbeitnehmers oder wenn der Arbeitnehmer von der Altersteilzeit im Blockmodell aus betrieblichen Gründen wieder in ein Vollzeitarbeitsverhältnis wechselt oder bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses z. B. wegen Insolvenz des Arbeitgebers. Ein evtl. Anspruch des Arbeitnehmers auf die Differenz zwischen den ausgezahlten Entgelten (Altersteilzeitentgelt und Aufstockungsbetrag) und dem Entgelt für den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung, das er ohne Altersteilzeit erhalten hätte, der sich ggf. aus dem Tarifvertrag oder aus betrieblichen Vereinbarungen ergibt, hat auf die Frage der steuerlichen Behandlung der jeweiligen Zahlung keinen Einfluss. Bei Vorlage der übrigen Voraussetzungen ist eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG möglich (s. Tz. 265, d); vgl. FM Mecklenburg-Vorpommern, Fachinfo v. , IV 301 - S 2506 - 1/07 Nr. 3.
(28) Diplomatenbezüge
Das Gehalt und die Bezüge ausländischer Angehöriger diplomatischer oder konsularischer Vertretungen im Inland sind steuerfrei. Im Einzelnen s. H 3.29 EStH.
(29) Werkzeuggeld, Berufskleidung, Sammelbeförderung
Entschädigungen für die betriebliche Benutzung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers (Werkzeuggeld), soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht offensichtlich übersteigen, sind steuerfrei. Ebenso die unentgeltliche/verbilligte Gestellung typischer Berufsbekleidung und entsprechender Aufwandsersatz sowie die unentgeltliche/verbilligte Sammelbeförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Im Einzelnen s. R 3.30, 3.31, 3.32 LStR.
(29a) Leistungen des Arbeitgebers für die Gesundheitsförderung seiner Arbeitnehmer
Durch das Jahressteuergesetz 2009 werden die vom Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung erbrachten Leistungen steuerfrei gestellt, soweit sie den Anforderungen der §§ 20 und 20a SGB V genügen und im Kalenderjahr 500 € nicht übersteigen. Die Vorschrift ist erstmals für Leistungen des Arbeitgebers im Kalenderjahr 2008 anzuwenden (§ 52 Abs. 4c EStG i. d. F. des JStG 2009).
Begünstigt sind die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands (Primärprävention), wie die Reduzierung von Bewegungsmangel, Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme, die Vermeidung von Mangel- und Fehlernährung, die Stressbewältigung und Entspannung, der Umgang mit dem Suchtmittelkonsum, sowie die betriebliche Gesundheitsförderung. Hierunter fallen z. B. die Vorbeugung und Reduzierung arbeitsbedingter Belastungen des Bewegungsapparates, die Ausrichtung der Betriebsverpflegungsangebote an Ernährungsrichtlinien und Bedürfnissen der Beschäftigten, Schulung des Küchenpersonals, die Förderung insividueller Kompetenzen des Stressbewältigung am Arbeitsplatz sowie die Förderung der Nüchternheit am Arbeitsplatz. Unter die Steuerbefreiung fallen auch Barleistungen des Arbeitgebers, die für extern durchgeführte Maßnahmen gewährt werden. Nicht steuerbefreit sind die Übernahme oder die Bezuschussung von Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine und Fitnessstudios. Ein Zuschuss des Arbeitgebers für Maßnahmen, die Fitnessstudios oder Sportvereine anbieten und die den fachlichen Anforderungen des Leitfadens Prävention gerecht werden, ist jedoch grds. steuerbefreit.
Steuerbefreit sind nur Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn gewährt. Leistungen, die unter Anrechnung auf den vereinbarten Arbeitslohn oder durch Umwandlung (Umwidmung) des vereinbarten Arbeitslohns erbracht werden, sind nicht steuerfrei.
Die Einführung der Steuerfreiheit dient der Vereinfachung, denn sie macht die bisher oft erforderliche Prüfung entbehrlich, ob eine Maßnahme der Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit der Arbeitnehmer dient, bei der kein Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegt (Maßnahme im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers; hierzu , BStBl II S. 671). Für die Arbeitgeber entfällt damit das Risiko der Lohnsteuerhaftung.
(30) Einnahmen der Beschäftigten bei Post/Postbank/Telekom
Bestimmte Einnahmen sind steuerfrei, um steuerliche Nachteile aus der Postneuordnung zu vermeiden.
(31) Pflegegeld
Steuerfrei sind Einnahmen für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung bis zur Höhe des Pflegegelds nach § 37 SGB XI, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden. Entsprechendes gilt für Pflegegeld des Pflegebedürftigen aus privaten Versicherungsverträgen oder eine Pauschalbeihilfe für häusliche Pflege.
(32) Sachprämien zum Zweck der Kundenbindung
Steuerfrei sind Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zweck der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren (z. B. Miles & More) gewähren, soweit der Wert der Prämien 1.080 € im Kalenderjahr nicht übersteigt. Für den nicht steuerfreien Teil der Prämien erlaubt § 37a EStG eine Pauschalbesteuerung; s. Tz. 277.
(32a) Stärkung der betrieblichen Mitarbeiterkapitalbeteiligung
Die durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz) v. (BStBl 2009 I S. 436) neu geschaffene Regelung des § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG stellt Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von direkten Beteiligungen und Vorteilen aus einer Beteiligung an einem Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen (§ 90l InvG) ab 2009 steuerfrei, soweit der Vorteil insgesamt 360 € im Kalenderjahr nicht übersteigt; gleichzeitig wird § 19a EStG (Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer) aufgehoben (zu Einzelheiten s. Tz. 217). Welche Vermögensbeteiligungen im Einzelnen steuerbegünstigt sind, ergibt sich aus einem Verweis auf das 5. VermBG. Direkte Beteiligungen sind begünstigt, wenn es sich um Beteiligungen „… am Unternehmen des Arbeitgebers …” handelt. Die Beteiligung an einem Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen ist bei Erwerb von entsprechenden Anteilen durch den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer begünstigt, denn aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögens handelt es sich ebenfalls dem Grunde nach um eine Beteiligung „… am Unternehmen des Arbeitgebers …”; eine Investition des Sondervermögens in das Unternehmen des Arbeitgebers ist hier nicht erforderlich.
Durch den Ausschluss der unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c 5. VermBG fallenden Tatbestände wird klargestellt, dass inländische und ausländische Investmentanteile, die dort genannt sind, nicht steuerbegünstigt überlassen werden können. Eine Beteiligung „… am Unternehmen des Arbeitgebers …” liegt in diesen Fällen nicht vor. Das gilt auch dann, wenn das Sondervermögen oder der ausländische Investmentfonds Vermögenswerte (hier insbesondere Aktien) des Arbeitgebers beinhaltet.
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Vermögensbeteiligung als freiwillige Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen, also nicht durch Entgeltumwandlung finanziert wird, und nicht auf bestehende oder künftige Ansprüche angerechnet wird (§ 3 Nr. 39 Satz 2 Buchst. a EStG), und dass die Beteiligung mindestens allen Arbeitnehmern (vgl. § 1 LStDV) offen steht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen (vgl. § 2 LStDV) stehen (§ 3 Nr. 39 Satz 2 Buchst. b EStG). Diese Bedingung verhindert die Diskriminierung einzelner Gruppen. Da sie als Mindestregelung konzipiert ist, schließt sie nicht aus, dass auch Arbeitnehmer steuerbegünstigt Vermögensbeteiligungen erhalten, die kürzer als ein Jahr in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehen. Auch müssen die Arbeitgeberleistungen nicht im Rahmen eines sog. ersten Dienstverhältnisses gewährt werden.
(33) Hälftige Besteuerung bestimmter Kapitaleinkünfte und Gewinnrealisierungen (Halbeinkünfteverfahren)
In § 3 Nr. 40 EStG ist das im Zusammenhang mit dem Systemwechsel bei der Körperschaftsteuer als Ersatz für das bisherige Anrechnungsverfahren eingeführte Halbeinkünfteverfahren geregelt. Das Halbeinkünfteverfahren stellt die Hälfte aller bereits mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Einkünfte steuerfrei. Mit den Änderungen in § 3 Nr. 40 EStG (und § 8b KStG) durch das JStG 2007 wird auch der umgekehrte Sachverhalt geregelt, wonach die Vergünstigungen des Halbeinkünfteverfahrens beim Anteilseigner nur unter der Voraussetzung zu gewähren sind, dass die verdeckte Gewinnausschüttung auf Ebene der leistenden Kapitalgesellschaft das Einkommen gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht gemindert hat. Im Einzelnen ist steuerbefreit die Hälfte
der Dividenden/Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung oder der Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, soweit sie beim Empfänger zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören, oder an einer Organgesellschaft oder aus deren Auflösung oder Herabsetzung von deren Nennkapital oder aus dem Ansatz eines solchen Wirtschaftsguts mit dem Teilwert, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit gehören. Führt jedoch der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung, ist die hälftige Steuerbefreiung nicht anzuwenden. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz des Teilwerts ausgeglichen worden ist. Ebenso wie bei der Wertaufholung nach einer früheren, voll steuerwirksamen Teilwertabschreibung gilt die hälftige Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen nicht, soweit in früheren Jahren – vor dem zeitlichen Geltungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens – ein voll steuerwirksamer Abzug nach § 6b EStG oder hiermit vergleichbare Abzüge vorgenommen worden sind (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG). Vergleichbare Abzüge sind z. B. Begünstigungen nach § 30 BergbauRatG zur Förderung des Steinkohlebergbaus;
des Veräußerungspreises aus der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 2 EStG), soweit dieser auf die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften (z. B. GmbH, AG), Personenvereinigungen und Vermögensmassen entfällt, deren Leistungen (z. B. Gewinnausschüttung einer GmbH, Aktiendividende) beim Empfänger zu Einnahmen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören (würden die Anteile nicht im Betriebsvermögen gehalten), oder an einer Organgesellschaft. Befindet sich also bei der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils im veräußerten Betriebsvermögen z. B. eine GmbH-Beteiligung, deren anteiliger Veräußerungsgewinn Halbeinkünfte darstellt, ist der auf diese Beteiligung entfallende Anteil des Veräußerungspreises zur Hälfte steuerfrei. Die gilt auch für die Fälle der Realteilung. Die in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG erfasste Fallgruppe, dass in der Vergangenheit auf die Anschaffungskosten von Anteilen Rücklagen nach § 6b EStG oder vergleichbare Abzüge übertragen worden sind, kann auch in den Fällen des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG relevant sein, z. B. bei Veräußerung eines Betriebs, zu dessen Betriebsvermögen solche Anteile gehören. Zu § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG ist daher auf § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG verwiesen;
des Veräußerungserlöses aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (mehr als 1 % des Nennkapitals), die nach § 17 EStG zu den gewerblichen Einkünften zählt. Die hälftige Steuerbefreiung gilt auch in Fällen der Auflösung (Liquidation) der Kapitalgesellschaft und der Kapitalherabsetzung bzw. -rückzahlung;
der Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstigen Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös an einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an einer GmbH, an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie an bergbautreibenden Vereinigungen, die die Rechte einer juristischen Person haben (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Als sonstige Bezüge gelten auch Einnahmen, die an Stelle der Bezüge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG von einem anderen als dem Anteilseigner i. S. des § 20 Abs. 2a EStG bezogen werden, wenn die Aktien mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert werden; zu Einzelheiten vgl. Tz. 219. Des Weiteren handelt es sich um die Hälfte der Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den vorgenannten Gewinnausschüttungen vergleichbar sind (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Soweit diese Halbeinkünfte zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit (Gewinneinkünfte) gehören, ist die hälftige Steuerbefreiung ebenfalls anzuwenden (§ 3 Nr. 40 Satz 5 EStG).
Die Grundsätze des Halbeinkünfteverfahrens finden keine Anwendung, wenn der ausgeschüttete Gewinn auf der Ebene der Körperschaft die steuerliche Bemessungsgrundlage gemindert hat und daher nicht besteuert worden ist. Das ist z. B. der Fall, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einen überhöhten Arbeitslohn bezogen hat, der bei der Kapitalgesellschaft bestandskräftig als Betriebsausgabe abgezogen worden ist. Bei der Veranlagung des Gesellschafter-Geschäftsführers findet das Halbeinkünfteverfahren auf den Betrag, der als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen ist, keine Anwendung. Der Betrag unterliegt in voller Höhe der Einkommensteuer. Dazu ist die hälftige Freistellung eines sonstigen Bezuges i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim Anteilseigner künftig von der Voraussetzung abhängig, dass die verdeckte Gewinnausschüttung auf Ebene der leistenden Kapitalgesellschaft das Einkommen gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht gemindert hat. Eine Minderung des Einkommens liegt auch in den Fällen vor, in denen bei der Körperschaft noch keine erstmalige Steuerfestsetzung ergangen ist. Diese Regelung ist erstmals auf Bezüge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und auf Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG anzuwenden, die ab dem zugeflossen sind (§ 52 Abs. 4b Satz 2 EStG);
der Bezüge, die nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft oder Personenvereinigung anfallen und die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen, sowie der Bezüge, die aufgrund einer Kapitalherabsetzung oder nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft oder Personenvereinigung anfallen und die als Gewinnausschüttung gelten (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Soweit diese Halbeinkünfte zu den Gewinneinkünften gehören, ist die hälftige Steuerbefreiung ebenfalls anzuwenden;
der besonderen Entgelte oder Vorteile, die neben den vorgenannten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden; vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG, Tz. 219, k. Gehören diese Halbeinkünfte zu den Gewinneinkünften aus, ist die hälftige Steuerbefreiung ebenfalls anzuwenden;
der Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts, wenn die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile nicht mitveräußert werden (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Rechnen diese Halbeinkünfte zu den Gewinneinkünften, ist die hälftige Steuerbefreiung ebenfalls anzuwenden;
der Einnahmen aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG. Das sind Ansprüche, bei denen die Wertpapiere und Kapitalforderungen keine Emissionsrendite haben oder der Steuerpflichtige diese nicht nachweist. In diesen Fällen gilt der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung als Kapitalertrag. Bei Zugehörigkeit dieser Halbeinkünfte zu den Gewinneinkünften ist die hälftige Steuerbefreiung ebenfalls anzuwenden;
der Bezüge, die von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52– 54 AO gewährt werden und Bezüge i. S. des § 1 VO über die Steuerbegünstigung von Stiftungen, die an die Stelle von Familienfideikommissen getreten sind (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG);
des Veräußerungspreises i. S. des § 23 Abs. 3 EStG bei der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Die Regelung erfasst auch die Veräußerung eines durch Kapitalerhöhung entstandenen Bezugsrechts (, BStBl 2006 II S. 171).
Als Ausnahme zu den vorgenannten Regelungen gilt, dass das Halbeinkünfteverfahren bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (s. oben Buchst. a und b) nur anzuwenden ist, soweit die veräußerten Anteile nicht einbringungsgeboren sind (§ 3 Nr. 40 Satz 3 EStG). Die Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen ist voll zu versteuern, da die stillen Reserven im Rahmen des Einbringungsvorgangs bislang nicht besteuert wurden. Die vorbeschriebene Ausnahmeregelung ist jedoch dann nicht anzuwenden (Rückausnahme), wenn die Veräußerung später als sieben Jahre nach dem Zeitpunkt der Einbringung stattfindet, es sei denn, innerhalb dieser sieben Jahre wird ein Antrag auf Versteuerung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG gestellt. Auch ist die Ausnahmeregelung nicht anzuwenden, wenn die einbringungsgeborenen Anteile aufgrund eines Einbringungsvorgangs nach § 20 Abs. 1 Satz 2 oder § 23 Abs. 4 UmwStG erworben worden sind. Diese Ausnahmeregelung ist jedoch dann nicht anzuwenden (Rückausnahme), wenn die eingebrachten Anteile unmittelbar oder mittelbar auf eine Einbringung nach innerhalb der Siebenjahresfrist zurückzuführen ist.
Werden einbringungsgeborene Anteile innerhalb der Siebenjahresfrist veräußert oder wird innerhalb der Siebenjahresfrist ein Antrag auf Versteuerung gestellt, ist der Veräußerungsgewinn in vollem Umfang steuerpflichtig. Werden die stillen Reserven der einbringungsgeborenen Anteile versteuert, gelten die Anteile nicht länger als einbringungsgeboren.
Das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, b und d–h EStG) ist nicht anzuwenden, wenn es sich um Anteile handelt, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten (sowohl inländische als auch solche mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragstaat des EWR-Abkommens) nach § 1 Abs. 12 KWG dem Handelsbuch zuzurechnen sind oder die von Finanzunternehmen i. S. des KWG mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben werden.
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom (BGBl 2007 I S. 1912) wird das Halbeinkünfteverfahren mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 für Einkünfte des Privatvermögens durch Einführung einer Abgeltungsteuer (§ 32d EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008; vgl. Tz. 255) abgeschafft und im betrieblichen Bereich auf ein Teileinkünfteverfahren reduziert. Dabei wird die Steuerfreistellung auf 40 % zurückgeführt. Nur noch 40 % der entsprechenden Kapitaleinkünfte sind steuerfrei. Im Gegenzug schreibt § 3c Abs. 2 EStG vor, dass die mit den Kapitalerträgen zusammenhängenden Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mit einem Anteil von 60 % abgezogen werden können.
(34) Bezüge aus Wagniskapital-Gesellschaften
§ 3 Nr. 40a EStG befreit anteilig den von vermögensverwaltenden Venture Capital und Private Equity Fonds (Gesellschaften oder Gemeinschaften – in der Rechtsform der Personengesellschaft – deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht) gezahlten sog. Carried Interest (Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks, die unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben), der zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört. Die anteilige Steuerbefreiung ist auch zu gewähren, wenn die Carried Interest berechtigte Person eine juristische Person ist. Zu den Einzelheiten s. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG; vgl. Tz. 210. Es ist für die Gewährung der anteiligen Steuerbefreiung nicht erforderlich, dass der Carried Interest Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
Die Höhe der Steuerbefreiung richtet sich nach dem Gründungsdatum des vermögensverwaltenden Venture Capital oder Private Equity Fonds. Wurde die Gesellschaft nach dem und vor dem gegründet, beträgt der steuerfreie Anteil des Carried Interest 50 %. Entsprechendes gilt für Vergütungen, soweit sie in Zusammenhang mit der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften stehen, die nach dem 7. 11. 2003 und vor dem erworben worden sind. Wurde die Gesellschaft nach dem gegründet, beträgt der steuerfreie Anteil des Carried Interest nur noch 40 % (vgl. § 52 Abs. 4c EStG). Die Absenkung des steuerfreien Anteils wurde im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) vom 12. 8. 2008 (BGBl 2008 I S. 1672) vorgenommen. Anders als das WKBG, das Bestandteil des MoRaKG ist und das die KOM als beihilferechtlich unzulässig beurteilt hat, ist diese Änderung tatsächlich in Kraft getreten.
(35) Hinzurechnungsbesteuerung bei Zwischengesellschaften
Bei natürlichen Personen als Anteilseigner sind Ausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften (oder entsprechende Veräußerungserträge) insoweit steuerfrei, als der Steuerpflichtige nachweist, dass in diesem oder den sieben vorausgegangenen Jahren Hinzurechnungsbeträge aus dieser Beteiligung nach § 10 AStG voll der Einkommensteuer unterlegen haben.
(36) Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten
Gemäß § 3 Nr. 45 EStG sind alle Vorteile eines Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten steuerfrei. Dies gilt – unabhängig vom Verhältnis der beruflichen zur privaten Nutzung sowie dem Ort der Nutzung – für alle Vorteile, die dem Arbeitnehmer durch die Nutzung der Personalcomputer und Telekommunikationsgeräte entstehen. Dazu gehören nicht nur die anteiligen Aufwendungen für die Anschaffung bzw. für Miete oder Leasing, den Einbau und den Anschluss der Personalcomputer und Telekommunikationsgeräte (Gerätekosten), sondern auch die durch die Nutzung entstehenden Grund- und Verbindungsentgelte. Bei der privaten Internetnutzung durch den Arbeitnehmer gehören dazu sowohl die anfallenden Netzgebühren als auch die auf die Privatnutzung entfallenden Gebühren des Providers. Vgl. im Einzelnen auch R 3.45 LStR. Die Steuerbefreiung gilt nur für Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, nicht jedoch im Rahmen der Gewinnermittlung z. B. von selbständig Tätigen oder von Gewerbetreibenden. Der Gleichheitssatz ist dadurch nicht verletzt (vgl. , BStBl 2006 II S. 715).
(37) Bergmannsprämien
Rechtsgrundlage für die Leistung steuerfreier Prämien ist das BergPG v. (BGBl 1969 I S. 434) mit späteren Änderungen, zuletzt durch Gesetz v. (BGBl 2003 I S. 2954).
Die Bergmannsprämie ist ab von bisher 5 € auf 2,50 € je unter Tage verfahrener voller Schicht abgesenkt worden. Zum ist sie insgesamt entfallen und damit entfällt ab auch eine mögliche Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 46 EStG.
(38) Bestimmte Leistungen nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz und nach dem Unterhaltssicherungsgesetz
Leistungen nach § 14a Abs. 4 und § 14b Arbeitsplatzschutzgesetz sowie Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz (USG), soweit sie nicht nach dessen § 15 Abs. 1 Satz 2 steuerpflichtig sind, sind steuerfrei. Darunter fallen die Weiterzahlungen von Beiträgen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Wehrdienst Leistende sowie die Leistungen zur wirtschaftlichen Sicherung der Familienangehörigen zum Wehrdienst einberufener Wehrpflichtiger.
(39) Zuwendungen früherer Besatzungssoldaten
Laufende Zuwendungen eines früheren alliierten Besatzungssoldaten an seine im Geltungsbereich des Grundgesetzes ansässige Ehefrau, soweit sie auf diese Zuwendungen angewiesen ist, sind steuerfrei.
(40) Durchlaufende Gelder und Auslagenersatz
Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder), und Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz), gehören nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der Arbeitnehmer muss die Ausgaben für Rechnung des Arbeitgebers machen. Es ist gleichgültig, ob das im Namen des Arbeitgebers oder im eigenen Namen geschieht. Es darf aber kein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an den Ausgaben bestehen. Die Höhe der durchlaufenden Gelder und des Auslagenersatzes ist grds. durch Einzelnachweis zu belegen. Pauschaler Auslagenersatz ist nur dann steuerfrei, wenn er regelmäßig wiederkehrt und der Arbeitnehmer die entstandenen Aufwendungen für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten im Einzelnen nachweist. Der pauschale Auslagenersatz bleibt grds. solange steuerfrei, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern. Das kann sich insbesondere im Zusammenhang mit einer Änderung der Berufstätigkeit ergeben. Im Einzelnen s. auch R 3.50 LStR.
(41) Trinkgelder
Freiwillige Trinkgelder, die dem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von einem Dritten gegeben werden, sind unabhängig von ihrer Höhe gem. § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei; der Arbeitnehmer erhält sie zusätzlich zu dem Betrag, der für diese Arbeitsleistung – vom Arbeitgeber – zu zahlen ist. Dagegen gehören Trinkgelder, auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat, in voller Höhe zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Hierzu zählen z. B. der Bedienungszuschlag von 10 % oder 15 % im Gaststättengewerbe und die Metergelder im Möbeltransportgewerbe. Solche Trinkgelder sind zusammen mit dem übrigen laufenden Arbeitslohn des Arbeitnehmers dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Die dem Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung ist die Hauptleistung, das Trinkgeld ist Entgelt für eine anlässlich dieser Arbeit zusätzlich erbrachte Leistung. Freiwillige Sonderzahlungen an Arbeitnehmer eines konzernverbundenen Unternehmens sind daher keine steuerfreien Trinkgelder i. S. des § 3 Nr. 51 EStG, denn die zwischen der Konzerntochter und der Konzernmuttergesellschaft bestehende Rechts- und Leistungsbeziehung ist kein Rechtsverhältnis, das durch ein gast- oder kundenähnliches Dienstleistungs- und Hauptvertragsverhältnis zu charakterisieren ist und zu dessen Erfüllung sich die Konzerntochter ihres Arbeitnehmers bedient hätte (, BStBl 2007 II S. 712). Aus dem Spielbanktronc finanzierte Zahlungen an die Arbeitnehmer der Spielbank sind keine steuerfreien Trinkgelder. Es fehlt an dem Mindestmaß an persönlicher Beziehung zwischen Trinkgeldgeber und -nehmer ( NWB RAAAD-03092).
(41a) Übertragungswert bei Zeitwertkonten (Portabilität)
Durch das Jahressteuergesetz 2009 wird die Übertragung von Wertguthaben nach § 7f Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB IV auf die Deutsche Rentenversicherung Bund steuerfrei gestellt. Das betrifft Fälle, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Zeitwertkonten eine Vereinbarung treffen, künftig fällig werdenden Arbeitslohn nicht sofort auszubezahlen. Der Arbeitslohn wird in diesen Fällen nur betragsmäßig erfasst, um ihn im Zusammenhang mit einer vollen oder teilweisen Arbeitsfreistellung vor Beendigung des Dienstverhältnisses auszuzahlen. In der Zeit der Arbeitsfreistellung ist dabei das angesammelte Guthaben um den Vergütungsanspruch zu vermindern, der dem Arbeitnehmer in der Freistellungsphase gewährt wird. Weder die Vereinbarung eines Zeitwertkontos noch die Wertgutschrift auf diesem Konto führen zum Zufluss von Arbeitslohn, sofern die getroffene Vereinbarung bestimmten Voraussetzungen entspricht. Erst die Auszahlung des Guthabens während der Freistellung löst Zufluss von Arbeitslohn und damit eine Besteuerung aus.
Der neu eingeführte § 7f Abs. 1 SGB IV enthält eine Regelung, die erstmals die Möglichkeit eröffnet, bei Beendigung einer Beschäftigung ein im vorangehenden Beschäftigungsverhältnis aufgebautes Wertguthaben zu erhalten und nicht als Störfall auflösen zu müssen. Die erste Fallgruppe, die Übertragung des Wertguthabens an den neuen Arbeitgeber, ist dabei steuerrechtlich unproblematisch. Der neue Arbeitgeber tritt an die Stelle des alten Arbeitgebers und übernimmt im Wege der Schuldübernahme die Verpflichtungen aus dem Wertguthabenvertrag. Einer ausdrücklichen Steuerfreistellung bedarf es in diesem Fall nicht. Die Leistungen aus dem Wertguthaben durch den neuen Arbeitgeber gehören bereits nach den allgemeinen Regeln zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen er bei Auszahlung Lohnsteuer einzubehalten hat. Anders ist dies im Fall der Übertragung des Wertguthabens auf die Deutsche Rentenversicherung Bund (z. B. im Fall des Anknüpfens einer selbstständigen Tätigkeit oder einer Phase der Nichtbeschäftigung an eine Beschäftigung). Damit auch in diesem Fall nicht schon im Zeitpunkt der Übertragung, sondern erst bei Inanspruchnahme aus dem Wertguthaben Zufluss von steuerpflichtigem Arbeitslohn vorliegt, wird diese Portabilitätsregelung durch § 3 Nr. 53 EStG flankiert.
Nicht steuerfrei gestellt werden die Leistungen aus dem Wertguthaben durch die Deutsche Rentenversicherung Bund. Diese gehören unverändert zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit i. S. des § 19 EStG, von denen Lohnsteuer einzubehalten ist (§ 3 Nr. 53 Sätze 2 und 3 EStG i. d. F. des JStG 2009).
Die Regelung des § 3 Nr. 53 EStG ist erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 31. 12. 2008 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem zufließen (§ 52 Abs. 1 Satz 2 EStG i. d. F. des JStG 2009).
(42) Übertragungswert des Betriebsrentenkapitals (Portabilität)
Nach § 4 Abs. 3 BetrAVG hat der Arbeitnehmer im Fall des Arbeitgeberwechsels das Recht, das für ihn bei einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung seines ehemaligen Arbeitgebers aufgebaute Betriebsrentenkapital zu der Versorgungseinrichtung seines neuen Arbeitgebers mitzunehmen. § 3 Nr. 55 EStG – Steuerfreiheit des Übertragungswerts – stellt sicher, dass keine steuerlichen Folgerungen aus dieser Übertragung gezogen werden. Gleiches gilt in den Fällen der einvernehmlichen Übertragung von einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einem Unternehmen der Lebensversicherung auf einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung sowie von einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse auf eine Direktzusage oder eine Unterstützungskasse (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG). Um eine Rückabwicklung der steuerlichen Behandlung der Beitragsleistungen (z. B. Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG, individuelle Besteuerung, Besteuerung nach § 40b EStG a. F.) zu verhindern, wird gleichzeitig festgelegt, dass die auf dem Übertragungsbetrag beruhenden Versorgungsleistungen zu den Einkünften gehören, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn eine Übertragung nicht stattgefunden hätte. S. dazu auch , BStBl 2004 I S. 1065, Rz.186 ff., und , BStBl 2008 I S. 420, Rz. 221 ff.
(42a) Teilung der Versorgungsanrechte im Rahmen des reformierten Versorgungsausgleichs
§ 3 Nr. 55a und 55b EStG wurden durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom (BGBl 2009 I S. 700) neu geschaffen. § 3 Nr. 55a EStG stellt klar, dass die Übertragung von Anrechten im Rahmen der sog. internen Teilung (Teilung innerhalb des Versorgungssystems) im Zeitpunkt der Teilung nicht zur Steuerpflicht führt. § 3 Nr. 55b EStG regelt Entsprechendes für den Fall der externen Teilung (Teilung mit Wechsel des Versorgungsträgers). Durch die jeweilige Teilung erlangt die ausgleichsberechtigte Person in Bezug auf das begründete Anrecht steuerrechtlich die gleiche Rechtsposition wie die ausgleichspflichtige Person. Spätere Leistungen aus diesen Anrechten sind bei der ausgleichsberechtigten Person im Rahmen derselben Einkunftsart zu besteuern, wie sie bei der ausgleichsverpflichteten Person ohne Berücksichtigung der Teilung zu besteuern wären. Denkbar ist dies im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) oder im Rahmen der sonstigen Einkünfte (§ 22 EStG). Die späteren Einkünfte der ausgleichspflichtigen Personen fallen entsprechend niedriger aus.
Eine Besonderheit enthält § 3 Nr. 55b Satz 2 EStG. Dort wird die Steuerfreiheit der Teilung insoweit ausgeschlossen, als eine Besteuerungslücke durch Übertragung auf bestimmte Vorsorgeprodukte entstehen könnte; vgl. hierzu ausführlich Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 16/10144 S. 109. Darüber hinaus enthält § 3 Nr. 55b EStG die erforderlichen Informationspflichten.
Keine Anwendung finden die Neuregelungen bei einer Teilung eines Versicherungsvertrags. Bei einer internen Teilung werden die Ansprüche auf einen anderen Vertrag bei demselben Versicherungsunternehmen übertragen, bei einer externen Teilung auf einen (neuen) Vertrag bei einem anderen Versicherungsunternehmen. Beide Fälle sind steuerneutral. § 52 Abs. 36 Satz 10 EStG stellt klar, dass für die so begründeten neuen Verträge fiktiv dieselben Daten maßgebend sind wie für den Vertrag der ausgleichspflichtigen Person. Damit wird sichergestellt, dass z. B. die Steuerfreiheit eines vor dem abgeschlossenen Vertrags auch für den durch Teilung entstandenen neuen Vertrag gilt. Auch beginnt der Fristlauf nicht neu.
Da das VAStrRefG zum in Kraft tritt, sind die Regelungen des § 3 Nr. 55a, 55b EStG ebenfalls ab diesem Zeitpunkt von Bedeutung.
(43) Arbeitgeberzahlungen an betriebliche Versorgungssysteme
Nach § 3 Nr. 56 EStG besteht eine betragsmäßig begrenzte Steuerfreiheit für Zuwendungen des Arbeitgebers nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 EStG. Diese dient dem langfristig gestreckten, stufenweisen Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung für nach dem geleistete, laufende Zuwendungen des Arbeitgebers zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten Altersversorgung der Arbeitnehmer und damit der Gleichbehandlung mit der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung im Rahmen der sog. versicherungsförmigen Durchführungswege. Die Regelung des § 3 Nr. 56 EStG entspricht im Grundsatz der für die kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung mit Wirkung v. eingeführten Regelung des § 3 Nr. 63 EStG (Steuerfreiheit der Beitragszahlungen an Pensionsfonds, Pensionskassen und – ab – an Direktversicherungen in der Ansparphase). Die Steuerfreiheit beträgt zunächst maximal 1 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) und wird bis zum Jahr 2025 stufenweise auf maximal 4 % – vergleichbar der Regelung in § 3 Nr. 63 EStG – angehoben (ab 1 %, ab 2 %, ab 3 %, ab 4 %). Ein zusätzlicher Höchstbetrag in Höhe von 1.800 € wurde nicht vorgesehen, da für mögliche übersteigende Zuwendungen des Arbeitgebers – anders als bei der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung – weiterhin die Anwendung der Pauschalbesteuerung nach § 40b Abs. 1 und 2 EStG möglich ist.
Durch die Einführung der betragsmäßig begrenzten Steuerfreiheit wird zumindest teilweise der Wegfall der Nichtsteuerbarkeit der sog. Sanierungsgelder kompensiert, wenn die betriebliche Altersversorgung weiterhin ganz oder teilweise im Wege des sog. Abschnittdeckungsverfahrens (Umlageverfahrens) aufgebaut wird.
Die durch steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG erworbenen Versorgungsleistungen werden – wie bei der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung – gem. § 22 Nr. 5 EStG vollständig besteuert. Zur Frage der nachgelagerten Besteuerung vgl. Tz. 230, b, aa und Tz. 236.
Die Regelung ist erstmals auf Zuwendungen anzuwenden, die nach dem geleistet werden (§ 52 Abs. 5 EStG). Zu Einzelheiten vgl. , BStBl 2008 I S. 420, Rz. 236–242.
(44) Beträge aus der Künstlersozialkasse
Steuerfrei sind die Beträge, die die Künstlersozialkasse zugunsten des nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten aus dem Aufkommen von Künstlersozialabgabe und Bundeszuschuss an einen Träger der Sozialversicherung oder an den Versicherten zahlt.
(45) Mietvorteile
Steuerfrei sind das Wohngeld sowie sonstige Leistungen aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen zur Senkung der Miete oder Belastung i. S. des § 11 Abs. 2 Nr. 4 des Wohngeldgesetzes sowie weitere Leistungen aus öffentlichen Haushalten, die der Wohnraumförderung dienen.
Steuerfrei sind die Zusatzförderung nach § 88e II. WoBauG und nach § 51f WoBauG für das Saarland sowie Geldleistungen, die ein Mieter zum Zwecke der Wohnkostenentlastung nach dem Wohnraumförderungsgesetz erhält, soweit die Einkünfte dem Mieter zuzurechnen sind, und die Vorteile aus einer mietweisen Wohnungsüberlassung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung nach dem II. WoBauG oder nach dem Wohnraumförderungsgesetz nicht überschreiten. Wegen Einzelheiten s. , BStBl 2005 II S. 750; , BStBl 2005 I S. 959; R 3.59 LStR.
Vgl. im Einzelnen R 3.59 LStR.
(46) Leistungen an Arbeitnehmer im Bergbau
Steuerfrei sind Leistungen aus öffentlichen Mitteln aus Anlass von Stilllegungs-, Einschränkungs-, Umstellungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen.
(47) Leistungen aufgrund des Entwicklungshelfer-Gesetzes
Die Leistungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 3, §§ 9, 10 Abs. 1, §§ 13, 15 Entwicklungshelfer-Gesetz sind steuerfrei.
(48) Leistungen für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers
Steuerfrei sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit sie aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen geleistet werden, wenn sie bestimmte vergleichbare Beiträge nicht übersteigen. Hierbei handelt es sich vor allem um die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Zahlreiche zusätzliche Regelungen in § 3 Nr. 62 EStG stellen diesen Leistungen (aufgrund gesetzlicher Verpflichtung) andere Leistungen des Arbeitgebers gleich, die zu demselben Zweck geleistet werden, sei es unmittelbar an den Arbeitnehmer, sei es an eine Ersatzkasse. Bei der Frage, ob die Ausgaben des Arbeitgebers auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen, ist der Entscheidung des zuständigen Sozialversicherungsträgers des Arbeitnehmers zu folgen, wenn diese nicht offensichtlich rechtswidrig ist (, BStBl 2003 II S. 34). Entsprechendes gilt für Beiträge, zu deren Leistung der Arbeitgeber aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags gemäß § 5 TVG verpflichtet ist ( NWB OAAAC-61569). Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers fallen dagegen nicht unter § 3 Nr. 62 EStG. Daher sind auch Ausgaben des Arbeitgebers zur ausländischen Sozialversicherung nicht steuerfrei, wenn sie auf vertraglicher Grundlage und damit freiwillig entrichtet werden (, BStBl 2004 II S. 1014; , BFH/NV 2009 S. 1689). Vgl. im Einzelnen R 3.62 LStR.
§ 3 Nr. 62 EStG regelt die Steuerfreiheit bestimmter Beiträge des Arbeitgebers zur Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer, § 3 Nr. 63 EStG die Steuerfreiheit von Arbeitgeberbeiträgen zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung. In bestimmten Fällen einer Zusatzversorgung ist es zu Zweifelsfragen gekommen, wie § 3 Nr. 62 EStG und § 3 Nr. 63 EStG zueinander stehen. Das Jahressteuergesetz 2009 hat hier Klarheit geschaffen. § 3 Nr. 62 EStG wurde um eine Regelung ergänzt, die § 3 Nr. 56 und Nr. 63 EStG den Vorrang vor § 3 Nr. 62 EStG gewährt. § 3 Nr. 56 und 63 EStG gehen dem Grunde und nicht nur der Höhe nach dem § 3 Nr. 62 EStG vor; die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG ist in den entsprechenden Fällen auch dann ausgeschlossen, wenn die Höchstbeträge des § 3 Nr. 56 und 63 EStG ausgeschöpft sind. Die Systematik bei der steuerlichen Behandlung von Altersvorsorgeleistungen und Altersbezügen bleibt durch die gesetzliche Klarstellung erhalten. Soweit es sich um Zukunftssicherungsleistungen auf Grund tarif- bzw. arbeitsvertraglicher Verpflichtung, kraft Satzung oder auf Grund von Geschäftsbedingungen der Versorgungseinrichtung handelt, hat die Konkurrenzregelung lediglich deklaratorische Bedeutung, d. h. es bleibt bei den nach herrschender Rechtsauffassung ohnehin ausschließlich anzuwendenden Regelungen des § 3 Nr. 56 und 63 EStG (s. auch R 3.62 Abs. 1 Satz 4 LStR 2008). Die Änderung ist nach der allgemeinen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 1 EStG i. d. F. des JStG 2009 erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird und auf sonstige Bezüge, die nach dem zufließen.
Zum steuerfreien Arbeitgeberzuschuss im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b EStG; vgl. Tz. 132, b, ff und gg.
(49) Steuerfreie Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung
Die Beiträge des Arbeitgebers an eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung sind bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (West) in der allgemeinen Rentenversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei, sofern eine Auszahlung der Versorgungsleistung in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans mit Restkapitalverrentung vorgesehen ist. Diese Grenze erhöht sich für sog. Neuzusagen (Zusagen, die nach dem erteilt wurden) um einen Festbetrag von 1.800 €. Begünstigt sind neben den rein vom Arbeitgeber finanzierten Beitragszahlungen auch diejenigen Zahlungen des Arbeitgebers, für die der Arbeitnehmer auf künftige Entgeltansprüche (Entgeltumwandlung) verzichtet. Ausgenommen sind die Eigenbeiträge (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG) des Arbeitnehmers, da es sich hierbei – anders als im Fall der Entgeltumwandlung – nicht mehr um Beiträge des Arbeitgebers handelt. Das gilt auch dann, wenn der Gruppenversicherungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und der Pensionskasse geschlossen ist. Bei der Auslegung des Begriffs „Beiträge des Arbeitgebers” ist bei Arbeitnehmereigenanteilen auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen ( NWB MAAAD-01144; Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 57/08).
Der Arbeitnehmer kann gem. § 3 Nr. 63 Satz 2 EStG (i. V. mit § 1a BetrAVG) auf die Steuerfreiheit zugunsten der Förderung aus Zulagen und Sonderausgabenabzug nach § 10a und Abschnitt XI EStG verzichten.
Auch Abfindungszahlungen oder Wertguthaben aus Arbeitszeitkonten, die anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses vom Arbeitgeber geleistet werden, nach § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG steuerfrei zugunsten der betrieblichen Altersversorgung geleistet werden. Die Höhe der Steuerfreiheit ist dabei begrenzt auf den Betrag, der sich ergibt aus 1.800 €, vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis zum Arbeitgeber bestanden hat, abzüglich der nach § 3 Nr. 63 EStG in den letzten sieben Jahren steuerfreien Beträge. Sowohl bei der Ermittlung der zu vervielfältigenden als auch der zu kürzenden Jahre sind nur Kalenderjahre ab 2005 zu berücksichtigen. Die Anwendung der Vervielfältigungsregelung des § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG ist ausgeschlossen, wenn § 40b Abs. 2 Satz 3 und 4 EStG a. F. in Anspruch genommen wird. S. dazu auch , BStBl 2004 I S. 1065, Rz. 168 ff. sowie , BStBl 2008 I S. 420, Rz. 219, und Harder-Buschner, NWB F. 3 S. 13217 ff. NWB RAAAB-43537. Zur Frage der nachgelagerten Besteuerung vgl. Tz. 230, b, aa und Tz. 236.
Zur Beendigung einer nach § 3 Nr. 63 EStG geförderten betrieblichen Altersversorgung vgl. , BStBl 2008 I S. 420, Rz. 285.
(50) Kaufkraftausgleich
Den ins Ausland entsandten deutschen Diplomaten und sonstigen Angehörigen des auswärtigen Diensts wird ein sog. Kaufkraftausgleich gezahlt, durch den die ggf. geringere Kaufkraft der deutschen Währung im Ausland ausgeglichen werden soll. Dieser Teil der Bezüge bleibt nach § 3 Nr. 64 EStG steuerfrei. Aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit sieht die Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen auch entsprechende Steuerbefreiungen für Personen vor, die aufgrund eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses für einen begrenzten Zeitraum im Ausland tätig sind, soweit der Kaufkraftausgleich den für vergleichbare Auslandsdienstbezüge nach § 54 BBesG zulässigen Betrag nicht übersteigt.
Vgl. im Einzelnen R 3.64 LStR. Gesamtübersicht der Kaufkraftzuschläge – Stand – , BStBl 2008 I S. 259, 543 sowie Stand – . S 2341, BStBl 2009 I S. 56.
(51) Beiträge des Trägers der Insolvenzsicherung
Nach § 14 BetrAVG leisten Arbeitgeber Beiträge zugunsten eines Versorgungsberechtigten und seiner Hinterbliebenen an eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung zur Ablösung von Verpflichtungen, die der Träger der Insolvenzsicherung im Sicherungsfall gegenüber dem Versorgungsberechtigten und seinen Hinterbliebenen hat. Diese Beiträge sind nach § 3 Nr. 65 Satz 1 Buchst. a EStG steuerfrei. Gleiches gilt für die Übertragung von Direktzusagen oder für Zusagen, die von einer Unterstützungskasse erbracht werden, wenn die Betriebstätigkeit eingestellt und das Unternehmen liquidiert wird (§ 3 Nr. 65 Satz 1 Buchst. b EStG). In diesem Fall greift die Steuerfreiheit auch bei der Übertragung von Zusagen, die an Gesellschafter-Geschäftsführer einschließlich des beherrschenden gegeben worden sind. Die reine Betriebsveräußerung, bei der das Unternehmen vom Erwerber fortgeführt wird, genügt dagegen nicht. Zu weiteren Einzelheiten vgl. R 3.65 LStR.
Arbeitgeber sichern die Ansprüche der Arbeitnehmer aus einer betrieblichen Altersversorgung für den Fall der Insolvenz – über die gesetzlich eingerichtete Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) hinaus – häufig zusätzlich privatrechtlich ab, z. B. über sog. Contractual Trust Arrangements (CTA). Hierbei handelt es sich um eine Treuhandkonstruktion, bei der Vermögen zum Zweck der Finanzierung der Pensionsverpflichtungen vom Arbeitgeber auf einen Treuhänder übertragen wird. Ein Verstoß gegen das Übertragungsverbot des § 4 BetrAVG liegt bei dem CTA-Modell nicht vor, da keine Übertragung der Pensionsverpflichtungen erfolgt. Das Unternehmen, das den Arbeitnehmern Direktzusagen erteilt hat, bleibt vielmehr weiterhin allein verpflichtet. Allerdings wird durch ein CTA-Modell der Zugriff des Insolvenzverwalters auf die dem Treuhänder übertragenen und für die betriebliche Altersversorgung reservierten Wirtschaftsgüter verhindert. Durch solche Modelle soll eine Verbesserung der Bilanzkennzahlen durch Saldierung des ausgelagerten Vermögens mit den Pensionsrückstellungen erreicht werden. In der Handelsbilanz wird dies nicht anerkannt, doch wird eine solche Treuhandkonstruktion i. d. R. den Anforderungen des internationalen Bilanzrechts (IAS/FAS) gerecht. Diese Entwicklungen werden in § 3 Nr. 65 EStG berücksichtigt.
Durch § 3 Nr. 65 Satz 1 Buchst. c erster Halbsatz EStG wird sichergestellt, dass das Einstehen eines Dritten für die Erfüllung von Ansprüchen aufgrund bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen des § 7 Abs. 1 Satz 4 des BetrAVG (Gleichstellung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens) nicht zu steuerlichen Konsequenzen für den Arbeitnehmer und ggf. dessen Hinterbliebene führt, weil die Insolvenzsicherung lediglich bereits vorhandene Ansprüche für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers schützt. Eine Besteuerung im Zeitpunkt des Einstehens des Dritten für die Ansprüche könnte zudem beim Arbeitnehmer und ggf. dessen Hinterbliebenen zu Liquiditätsengpässen führen, da Leistungen in Form von Geld zu diesem Zeitpunkt regelmäßig nicht zufließen. Durch § 3 Nr. 65 Satz 1 Buchst. c zweiter Halbsatz EStG gilt die Steuerfreistellung für die Fälle entsprechend, in denen neben den Ansprüchen der Arbeitnehmer auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auch Ansprüche der Arbeitnehmer bei Altersteilzeitmodellen und aus Arbeitszeitkonten, z. B. durch CTA-Modelle, abgesichert wurden.
Die Insolvenzsicherung durch den PSV und die Übernahme von Versorgungsleistungen oder Versorgungsanwartschaften im Fall der Einstellung der Betriebstätigkeit und Liquidation berührt den steuerlichen Charakter der Versorgungsleistungen grds. nicht. Somit führt z. B. die Zahlung von Versorgungsleistungen durch den Dritten an den Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen nach Eintritt des Sicherungsfalls – ebenso wie ohne Eintritt des Sicherungsfalls – weiterhin zu Zufluss von Arbeitslohn, von dem der Dritte den Lohnsteuerabzug vorzunehmen hat.
Nach § 52 Abs. 7 EStG ist die Neuregelung in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Die für die betroffenen Arbeitnehmer begünstigende Ausweitung des § 3 Nr. 65 EStG greift somit auch für noch nicht bestandskräftige Fälle aus vor dieser Änderung liegenden Veranlagungszeiträumen.
(52) Übertragung aus Direktzusage und Unterstützungskasse auf Pensionsfonds
Die Übertragung von bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften aus Direktzusagen des Arbeitgebers oder aus Unterstützungskassen auf einen Pensionsfonds führt grds. zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, da der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch gegenüber dem Pensionsfonds auf die Versorgungsleistung erwirbt. Da die Versorgungsleistungen aus dem Pensionsfonds jedoch – wie bisher die Versorgungsleistungen aufgrund einer Direktzusage oder aus einer Unterstützungskasse – als sonstige Einkünfte der nachgelagerten Besteuerung unterliegen, werden die Leistungen des Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften in § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei gestellt. Voraussetzung für die Steuerfreiheit beim Arbeitnehmer ist, dass der Arbeitgeber von seinem Wahlrecht nach § 4d Abs. 3 EStG oder § 4e Abs. 3 EStG Gebrauch macht, d. h. wenn der Arbeitgeber den bilanziellen Verlust infolge der Übertragung über einen Zeitraum von elf Jahren verteilt als Betriebsausgaben geltend macht. S. dazu auch , BStBl 2004 I S. 1065, Rz. 185. Bei einer entgeltlichen Übertragung von Versorgungsanwartschaften aktiver Beschäftigter kommt die Anwendung von § 3 Nr. 66 EStG nur für Zahlungen an den Pensionsfonds in Betracht, die für die bis zum Zeitpunkt der Übertragung bereits erdienten Versorgungsanwartschaften geleistet werden (sog. „Past-Service”); Zahlungen an den Pensionsfonds für zukünftig noch zu erdienende Anwartschaften (sog. „Future-Service”) sind ausschließlich in dem begrenzten Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG lohnsteuerfrei (, BStBl 2008 I S. 420, Rz. 220; zu weiteren Einzelheiten, insbesondere zur Abgrenzung von „Past-” und „Future-Service”, s. , BStBl 2006 I S. 709. Zu den sich aus einer Übertragung ergebenden Konsequenzen für die nachgelagerte Besteuerung vgl. die Ausführungen zu § 22 Nr. 5 EStG; Tz. 230, b, aa und Tz. 236.
(53) Infektionshilfen
Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen sind steuerfrei.
(54) Leistungen für HIV-Infizierte
Steuerfrei sind die von der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen” nach dem HIV-Hilfegesetz gewährten Leistungen.
(55) Hälftige Steuerbefreiung in Zusammenhang mit REITs
Durch das Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REITG) v. (BGBl 2007 I S. 914) wurde § 3 Nr. 70 EStG (sog. Exit Tax) mit Wirkung zum eingeführt. Damit soll die Übertragung von Grundstücken auf einen REIT auch steuerlich mit einer hälftigen Steuerbefreiung begünstigt sein. § 3 Nr. 70 EStG findet keine Anwendung auf Bestandsmietwohnimmobilien, da diese nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a REITG nicht auf einen REIT übertragen werden dürfen.
Nach § 3 Nr. 70 EStG ist steuerfrei die Hälfte
der Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus der Veräußerung von Grundstücken (Grund und Boden und Gebäude), wenn diese aufgrund eines nach dem und vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags an eine REIT-Aktiengesellschaft (REIT-AG) oder einen Vor-REIT veräußert werden. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Grundstücke am mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehören haben (§ 3 Nr. 70 Satz 1 Buchst. a EStG);
der Betriebsvermögensmehrungen, die aufgrund der Eintragung eines Steuerpflichtigen in das Handelsregister als REIT-AG durch Anwendung des § 13 Abs. 1 und 3 Satz 1 KStG auf Grund und Boden und Gebäude entstehen, wenn diese Wirtschaftsgüter vor dem angeschafft oder hergestellt wurden, und die Schlussbilanz i. S. des § 13 Abs. 1 und 3 Satz 1 KStG auf einen Zeitpunkt vor dem aufzustellen ist (§ 3 Nr. 70 Satz 1 Buchst. b EStG).
Es gibt jedoch eine Reihe von Ausnahmen, bei denen die hälftige Steuerbefreiung nicht zulässig ist. Die hälftige Steuerbefreiung kann nicht gewährt werden,
in den Fällen der Betriebsaufgabe oder -veräußerung (§ 16 EStG), wenn der Steuerpflichtige den Veräußerungsgewinn nach § 34 EStG besteuert;
wenn der Steuerpflichtige für den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks eine Rücklage nach §§ 6b und 6c EStG bildet;
soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat und soweit diese Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines Werts, der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG ergibt, ausgeglichen worden ist;
wenn im Falle des § 3 Nr. 70 Satz 1 Buchst. a EStG der Buchwert zuzüglich der Veräußerungskosten den Veräußerungserlös oder im Falle des § 3 Nr. 70 Satz 1 Buchst. b EStG der Buchwert den Teilwert übersteigt. Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, treten an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungs- oder Herstellungskosten verringert um die vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung;
wenn der Steuerpflichtige bei Anschaffung des jetzt an einen REIT veräußerten Grundstücks in der Vergangenheit die Anschaffungskosten um Abzüge nach § 6b EStG oder ähnliche Abzüge gemindert hat;
wenn es sich um eine Übertragung im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen handelt, die dem UmwStG unterliegen und die Übertragung zu einem Wert unterhalb des gemeinen Werts erfolgt.
Nach § 3 Nr. 70 Satz 3 EStG ist die bereits gewährte Steuerbefreiung rückgängig zu machen, wenn
innerhalb von vier Jahren seit der Veräußerung an die REIT-AG der Erwerber oder innerhalb von vier Jahren nach dem Stichtag der Schlussbilanz i. S. des § 3 Nr. 70 Satz 1 Buchst. b EStG die REIT-AG das Grundstück veräußert;
innerhalb von vier Jahren seit dem Vertragsschluss der Vor-REIT oder ein anderer Vor-REIT als sein Gesamtrechtsnachfolger nicht als REIT-AG in das Handelsregister eingetragen wird;
die REIT-AG innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren seit der Veräußerung an die REIT-AG oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz i. S. des § 3 Nr. 70 Satz 1 Buchst. b EStG in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt;
die Steuerbefreiung der REIT-AG innerhalb von vier Jahren seit der Veräußerung an die REIT-AG oder nach dem Stichtag der Schlussbilanz i. S. des § 3 Nr. 70 Satzes 1 Buchst. b EStG endet;
das Bundeszentralamt für Steuern dem Erwerber den Status als Vor-REIT i. S. des § 2 Satz 4 REITG bestandskräftig aberkannt hat.
Weiterhin entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend, wenn die Grundstücke von der REIT-AG an den Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 AStG) überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahe stehende Person nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren seit Eintragung des Erwerbers als REIT-AG in das Handelsregister an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 % beteiligt ist.
In den Fällen, in denen die Steuerbefreiung rückwirkend entfällt, haftet der Grundstückserwerber für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall der Steuerbefreiung ergebenden Steuern.
Ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 70 EStG erfüllt sind, ist – wie bei § 6b EStG – bei Personengesellschaften nicht gesellschafts-, sondern gesellschafterbezogen zu prüfen. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber an dieser Gesetzesfassung festhält.
Tz. 23 Zuschläge zum Arbeitslohn für Sonntags-, Feiertags-, Nachtarbeit
Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, wenn bestimmte in § 3b Abs. 1 EStG aufgezählte Voraussetzungen erfüllt sind. Auch bei Arbeitnehmern, deren Arbeitslohn nach § 40a EStG pauschal versteuert wird, ist die Steuerfreiheit nach § 3b EStG anwendbar. Für die Steuerfreiheit der Zuschläge kommt es auf deren Bezeichnung nicht an. Deshalb sind alle Zuschläge, die für die Arbeit in den nach § 3b EStG begünstigten Zeiten gezahlt werden, begünstigt. Auch Zuschläge für Rufbereitschaft in den begünstigten Zeiten sind steuerfrei, wenn diese zusätzlich zur Rufbereitschaftsentschädigung gezahlt werden; die Höhe des steuerfreien Zuschlags ist mit dem maßgebenden Prozentsatz nach der Rufbereitschaftsentschädigung zu berechnen (, BStBl 2002 II S. 883).
Nicht begünstigt sind Zuschläge wegen Mehrarbeit oder wegen anderer als durch die Arbeitszeit bedingter Erschwernisse sowie Zeitzuschläge, wenn mit ihnen ein nicht in Anspruch genommener Freizeitausgleich oder ein Freizeitüberhang in Geld abgegolten wird.
Zu Einzelheiten s. R 3b LStR.
Tz. 24 Anteilige Abzüge, Nichtabziehbarkeit von Ausgaben
a) Allgemeine Regelung
Betriebsausgaben und Werbungskosten, die mit steuerfreien Einnahmen, die keine Halbeinkünfte sind, in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte nicht abgezogen werden; zum unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen vgl. ausführlich , BStBl 2006 II S. 755. Ein doppelter Vorteil durch Steuerfreiheit der Einnahmen und Abzug der Ausgaben soll vermieden werden. Ein lediglich mittelbarer Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen schließt den Abzug jedoch nicht aus. Welche Einnahmen steuerfrei sind, ergibt sich im Wesentlichen aus § 3 EStG. Der Hinzurechnungsbetrag nach §§ 7, 10 AStG ist keine Einnahme i. S. des § 3c Abs. 1 EStG (, BStBl 2006 II S. 537). Für die Nichtabzugsfähigkeit von Sonderausgaben gibt es in § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG eine korrespondierende Vorschrift. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben wird nicht gefordert, d. h. sie müssen nicht im selben Jahr anfallen.
Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang kann nicht angenommen werden, wenn z. B. ein Kreditinstitut Wertpapiere, deren Zinsen steuerfrei sind, erwirbt und hierzu Mittel verwendet, die aus Spareinlagen oder Depositengeldern herrühren. Diese Verbindlichkeiten sind nicht zum Zweck des Erwerbs der Wertpapiere eingegangen, deren Zinsen steuerfrei sind. Die Abzugsfähigkeit der Einlagenzinsen u. ä. wird durch § 3c Abs. 1 EStG somit nicht berührt.
Vorbereitende Aufwendungen für eine im Ausland beabsichtigte Tätigkeit können im Inland weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben berücksichtigt werden, wenn die im Ausland zu erzielenden Einkünfte nicht steuerbar sind (, BStBl 1973 II S. 732). Die Entscheidung ist zwar nicht auf § 3c EStG, sondern auf §§ 2, 4 EStG gestützt, erläutert aber auch den Grundgedanken des § 3c EStG.
Steuerfreie Zuschüsse zur Förderung der Wissenschaft (§ 3 Nr. 11 EStG) mindern die ansonsten abziehbaren Betriebsausgaben für die Anschaffung von z. B. Forschungsmitteln und Büchern (, BStBl 2006 II S. 755).
b) Aufwendungen in Zusammenhang mit Halbeinkünften
Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen (periodenübergreifende Wirkung), dürfen im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Dieses Halbabzugsverbot ist mit dem Grundgesetz vereinbar (, BStBl 2008 II S. 551; Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BVerfG: 2 BvR 2221/07). Das Halbeinkünfteverfahren war im Zusammenhang mit dem Systemwechsel bei der Körperschaftsteuer als Ersatz für das bisherige Anrechnungsverfahren eingeführt worden; vgl. § 3 Nr. 40 EStG und Tz. 22 (33). Es stellt die Hälfte aller bereits mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Einkünfte steuerfrei. Dementsprechend sind die mit dem steuerfreien Teil der Halbeinkünfte in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht abziehbar. Anders als bei § 3c Abs. 1 EStG genügt hier ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang für den Nichtabzug.
Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sind grds. direkt der jeweiligen Kapitalanlage zuzuordnen. Ist eine direkte Zuordnung nicht möglich (z. B. bei Depotgebühren), sind die Kosten in zwei Gruppen aufzuteilen, und zwar in Kapitalanlagen, deren Erträge nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, und in Kapitalanlagen, deren Erträge dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen. In Zweifelsfällen kann die Aufteilung auch durch eine sachgerechte Schätzung erfolgen. Zu den Einzelheiten und der genauen Berechnung der Aufteilung der Werbungskosten vgl. , BStBl 2002 I S. 647. Der Abzug von Erwerbsaufwand (z. B. Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen (Auflösungsverlust) ist jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat, für die eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG anfallen könnte (, BFH/NV 2009 S. 1696).
Der Wegfall des § 3c Abs. 2 Satz 3 und 4 EStG durch das SEStEG ist eine redaktionelle Anpassung infolge des Wegfalls einbringungsgeborener Anteile durch die konzeptionelle Neuausrichtung des Einbringungsteils des UmwStG. Für Anteile, die einbringungsgeboren i. S. des § 21 UmwStG in der am geltenden Fassung sind, ist die Vorschrift weiter anzuwenden (§ 52 Abs. 8a Satz 2 EStG).
Korrespondierend zur Rückführung der Steuerfreistellung im Rahmen des neuen Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 wird der Anteil der steuermindernden Beträge in § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 von 50 % auf 60 % erhöht. § 3c Abs. 2 Satz 3 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 bestimmt, dass die Regelungen über die sog. Wertpapierleihe des § 8b Abs. 10 KStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 und damit das Betriebsausgabenabzugsverbot sinngemäß gelten. Zu der Neuregelung des § 3 Nr. 40 EStG vgl. Tz. 22 (33).
§ 3c Abs. 3 EStG enthält die entsprechende Abzugsbeschränkungsregelung für Aufwendungen im Zusammenhang mit REITs nach § 3 Nr. 70 EStG. Danach dürfen solche Aufwendungen unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, nur zur Hälfte abgezogen werden.
Durch das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) v. 12. 8. 2008 (BGBl 2008 I S. 1672) wurde § 3c Abs. 2 EStG redaktionell dahingehend klargestellt, dass auch die im Zusammenhang mit einem nach § 3 Nr. 40a EStG anteilig steuerfreien Carried Interest (vgl. Tz. 34 und 210) stehenden Aufwendungen ebenfalls nur anteilig abgezogen werden können.
2. Teil: Ermittlung der Einkünfte
I. Gewinnermittlung
Tz. 25 Bedeutung der einkommensteuerlichen Gewinnermittlung
Die steuerliche Gewinnermittlung umfasst die Regelungen der §§ 4–7k EStG und dient zuallererst der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Darüber hinaus dient die steuerliche Gewinnermittlung der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital hat im geltenden Recht zudem Bedeutung im Rahmen der Regelung zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG, Bestimmung des sog. „safe haven” zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen in Abhängigkeit des Eigenkapitalanteils des Anteilseigners) sowie bei Berechnungen nach §§ 27 ff. KStG. Bei der Gewerbesteuer erfolgt die Ermittlung des Gewerbeertrags in Anknüpfung an den Gewinn aus Gewerbebetrieb, der nach den einkommen- und körperschaftsteuerlichen Vorschriften zu ermitteln ist.
Für das Umwandlungssteuerrecht haben die steuerlichen Bilanzierungsvorschriften direkten Einfluss auf die Höhe des zu ermittelnden Übertragungs-/Übernahmeergebnisses. Im Erbschaftsteuerrecht wird bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs das Betriebsvermögen zu einem bestimmten Stichtag vorbehaltlich besonderer bewertungsrechtlicher Normen mit den Steuerbilanzwerten angesetzt. Ebenso ist der gemeine Wert von Kapitalgesellschaftsanteilen auf Grundlage der Steuerbilanzwerte zu schätzen, soweit er nicht aus Börsenkursen oder Verkäufen ableitbar ist.
Tz. 26 Gewinnermittlungsarten
a) Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG
Der Betriebsvermögensvergleich kommt für Land- und Forstwirte in Betracht, wenn nach den §§ 140, 141 AO eine Verpflichtung besteht, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder wenn freiwillig Bücher geführt und Abschlüsse gemacht werden. Sie kommt für selbständig Tätige in Betracht, wenn freiwillig Bücher geführt und Abschlüsse gemacht werden. Für Gewerbetreibende wird der Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG durchgeführt.
Nach § 140 AO besteht eine steuerliche Buchführungspflicht, wenn der Steuerpflichtige nach außersteuerlichen Regelungen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat.
Eine steuerliche Buchführungspflicht für Gewerbetreibende oder Land- und Forstwirte, nicht aber für selbständig Tätige, entsteht nach § 141 AO dann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Gesamtumsatz im Kalenderjahr höher als 500.000 €, bis 350.000 € oder
Wirtschaftswert für selbstbewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen höher als 25.000 € oder
Gewinn aus Gewerbebetrieb im Wirtschaftsjahr höher als 50.000 € oder
Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft im Kalenderjahr höher als 50.000 €.
Diese Buchführungspflicht ist vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die das Finanzamt auf den Beginn der Verpflichtung hingewiesen hat (§ 141 Abs. 2 Satz 1 AO). Dies bedeutet nicht automatisch eine Buchführungspflicht im Folgejahr des Überschreitens der Grenzen des § 141 Abs. 1 AO. Denn durch die späte Abgabe der Einkommensteuererklärung und Verzögerungen bei der Steuerfestsetzung kann das Finanzamt möglicherweise erst sehr viel später eine Mitteilung zur Buchführungspflicht versenden. Lediglich bei der Umsatzgrenze hat das Finanzamt die Möglichkeit, durch die Umsatzsteuererklärung eine Grenzüberschreitung schnell festzustellen. Ein Steuerpflichtiger, der einen Betrieb im Ganzen zur Bewirtschaftung als Eigentümer oder Nutzungsberechtigter übernimmt, muss beachten, dass die Buchführungspflicht auf ihn übergeht, da er keinen gesonderten Hinweis mehr erhält (vgl. § 141 Abs. 3 AO).
Angehörige der freien Berufe (§ 18 EStG) unterliegen nicht der Buchführungspflicht nach § 141 AO und können daher auch bei Überschreiten der dort genannten Umsatz- und Gewinngrenzen ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln. Der Gewinn ist aber durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln, wenn freiwillig Bücher geführt und Aufzeichnungen gemacht werden (, BStBl 1978 II S. 431).
b) Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG
Steuerpflichtige, die nicht kraft Gesetzes (Handels- oder Steuerrecht) buchführungspflichtig sind und auch nicht freiwillig Bücher führen, können ihren Gewinn durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben (Einnahmenüberschussrechnung) ermitteln, sofern sie nicht verpflichtet sind, ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) zu ermitteln. Sie haben bezüglich der Entscheidung über die Art der Gewinnermittlung ein Wahlrecht, das sie so lange zu Beginn eines Wirtschaftsjahrs ausüben können, bis ihnen die Mitteilung über das Bestehen der Buchführungspflicht zugegangen ist. Für die Ausübung des Wahlrechts zwischen der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung und Betriebsvermögensvergleich gibt es grds. keine Frist. Der Zeitpunkt für die Ausübung folgt aber aus der Natur der Sache. Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger, der eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht, hat sein Wahlrecht i. S. einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich ausgeübt (vgl. , BStBl 1978 II S. 431). Ein Steuerpflichtiger darf also nicht ohne ausreichenden Grund die Gewinnermittlungsart wechseln. Ferner ist es ihm verwehrt, eine für ein Wirtschaftsjahr getroffene Wahl nachträglich wieder zu ändern (, BStBl 1982 II S. 593). Bestreitet der Steuerpflichtige, betriebliche Einkünfte erzielt zu haben, kann allerdings nicht unterstellt werden, er habe eine Einnahmenüberschussrechnung als Gewinnermittlungsart gewählt (, BStBl 1981 II S. 301).
Mit der gegenüber dem Betriebsvermögensvergleich vereinfachten Gewinnermittlungsmethode soll kein eigenständiger vom Betriebsvermögensvergleich losgelöster Gewinnbegriff begründet werden. Vielmehr ist im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung eine Orientierung am Gewinnbegriff nach § 4 Abs. 1 EStG in der Weise erforderlich, dass über die Gesamtdauer des Bestehens des Betriebs beide Gewinnermittlungsmethoden, der Bestandsvergleich und die betriebliche Überschussrechnung, grds. zum gleichen Totalgewinn führen. Doch kann sich der Steuerpflichtige zur Erlangung einer nur für Bilanzierende geltenden Steuervergünstigung nicht auf den Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit berufen, da ihm die Möglichkeit hierzu durch einen möglichen Verzicht auf die Durchführung einer Einnahmenüberschussrechnung gegeben wird.
c) Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 5 EStG
Gewerbetreibende, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, haben bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG das Betriebsvermögen in Übereinstimmung mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung anzusetzen.
d) Sonstige Gewinnermittlungsarten
Bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr ist auf Antrag die Gewinnermittlung gem. § 5a EStG (sog. Tonnagesteuer; s. Tz. 92) möglich. Für Land- und Forstwirte ist unter bestimmten Voraussetzungen und soweit nicht von dem Wahlrecht einer anderen Gewinnermittlung Gebrauch gemacht wird die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG; s. Tz. 172, c anzuwenden.
e) Gewinnermittlung durch Schätzung nach § 162 AO
Soweit das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat es sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 AO). Der Gewinn ist demnach zu schätzen, wenn ein Steuerpflichtiger nicht zur Buchführung verpflichtet ist, freiwillig keine Bücher führt oder die vereinfachte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, sofern zulässig, nicht durchführt. Eine Schätzung wird vom Finanzamt auch dann vorgenommen, wenn zwar Bücher geführt werden, die Aufzeichnungen aber unvollständig oder unrichtig sind und deshalb der Gewinnermittlung nicht zugrunde gelegt werden können (vgl. § 158 AO; nicht beweiskräftige Buchführung).
Eine Gewinnschätzung ist bei buchführungspflichtigen Gewerbetreibenden nach § 5 EStG, in allen anderen Fällen nach § 4 Abs. 1 EStG vorzunehmen, also stets nach den Grundsätzen über den Betriebsvermögensvergleich. Um eine Gewinnschätzung zu erleichtern, gibt die Finanzverwaltung in periodischen Abständen für einzelne Gewerbezweige Richtsätze heraus, die – im Gegensatz zu den Durchschnittssätzen nach § 13a EStG – nicht verbindlich sind. Sie sollen außerdem bei der Veranlagung eine Plausibilitätsprüfung der erklärten Gewinne ermöglichen. Zu berücksichtigen ist bei der Schätzung nach Richtsätzen, dass das Finanzamt zusätzlich zum geschätzten Gewinn einen Übergangsgewinn wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart schätzen muss, wenn im Vorjahr der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt worden ist (H 4.1 EStH „Gewinnschätzung”). Gegebenenfalls kann das Finanzamt aber auch einen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG schätzen.
Tz. 27 Wechsel der Gewinnermittlungsart
Beim Wechsel der Gewinnermittlungsart ist zu prüfen, ob und inwieweit sich Geschäftsvorfälle bisher schon steuerlich ausgewirkt haben, damit sie nicht doppelt gewinnwirksam oder gar nicht gewinnwirksam werden. Um zu einer richtigen Besteuerung zu kommen, sind beim laufenden Gewinn des ersten Jahrs nach der Umstellung der Gewinnermittlung entsprechende Korrekturen durch Zu- und Abrechnungen vorzunehmen (vgl. auch Anlage zu den EStR). Diese Korrekturen kommen regelmäßig durch die unterschiedliche periodische Erfassung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bei der Einnahmenüberschussrechnung (Zu- und Abflussprinzip) und beim Betriebsvermögensvergleich (Realisations- und Imparitätsprinzip) zustande.
Ein Wechsel kommt vor allem in Betracht, wenn eine bisherige Buchführungspflicht entfällt oder bei bereits bestehendem Betrieb erstmalig begründet wird. Des Weiteren ist ein Wechsel der Gewinnermittlungsart denkbar, soweit der Steuerpflichtige nicht buchführungspflichtig ist und freiwillig Bücher führen will oder geführt hat. Der Steuerpflichtige ist grds. für drei Wirtschaftsjahre an diese Wahl gebunden. Nur bei Vorliegen eines besonderen wirtschaftlichen Grunds (z. B. Einbringung nach § 24 UmwStG) kann er vor Ablauf dieser Frist zurück wechseln (, BStBl 2001 II S. 102). Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart kann aber nicht nur Folge freiwilliger Entscheidungen sein, sondern auch nach der Steuersystematik erforderlich werden. Veräußert ein Steuerpflichtiger mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG den Betrieb, ist er so zu behandeln, als wäre er im Augenblick der Veräußerung zunächst zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen. Dies gilt auch bei der Veräußerung eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils und bei der Aufgabe eines Betriebs sowie in den Fällen der Einbringung zu Buch-, Zwischen- oder gemeinen Werten (R 4.5 Abs. 6 EStR).
a) Übergang von der Einnahmeüberschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich
Ergibt sich nach der Hinzu- und Abrechnung der einzelnen Geschäftsvorfälle ein Übergangsgewinn (Saldo aus Zu- und Abrechnungen), kann der Steuerpflichtige beantragen, dass dieser zu Vermeidung von Härten gleichmäßig auf das Übergangsjahr und das folgende Jahr oder auf das Übergangsjahr und die beiden folgenden Jahre verteilt wird. Wird der Betrieb innerhalb dieses Verteilungszeitraums veräußert oder aufgegeben, erhöhen die noch nicht berücksichtigten Beträge den laufenden Gewinn des letzten Wirtschaftsjahrs (R 4.6 Abs. 1 Satz 4 und 5 EStR). Erfolgt der Wechsel von der Einnahmenüberschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich, weil der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil veräußert, aufgegeben oder eingebracht wird, scheidet eine Verteilung auf drei Jahre aus (, BStBl 1967 III S. 755). Der Übergangsgewinn erhöht den laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahrs der Veräußerung, nicht aber den Veräußerungsgewinn (, BStBl 1962 III S. 199).
b) Übergang vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmeüberschussrechnung
In den Fällen des Übergangs vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmeüberschussrechnung ist eine Verteilung des Übergangsgewinns nicht zulässig. Die durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart bedingten Hinzu- und Abrechnungen sind im ersten Jahr nach dem Übergang vorzunehmen (R 4.6 Abs. 2 EStR).
Tz. 28 Betriebsvermögen – Privatvermögen
Das Betriebsvermögen ist Grundlage für den Betriebsvermögensvergleich. Daher ist es vom Privatvermögen abzugrenzen. Die Abgrenzungsgrundsätze gelten auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Betriebsvermögen wird in Abhängigkeit vom Umfang der privaten oder betrieblichen Nutzung in notwendiges Betriebsvermögen und gewillkürtes Betriebsvermögen unterteilt. Wird ein Wirtschaftsgut in mehreren Betrieben des Steuerpflichtigen genutzt, ist die gesamte eigenbetriebliche Nutzung maßgeblich. Ein Wirtschaftsgut kann grds. nur einheitlich und im Ganzen entweder dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zugeordnet werden. Eine Aufspaltung in einen betrieblichen und einen privaten Teil ist nicht möglich (Ausnahme: Grundstücke und Grundstücksteile; s. Tz. 28, d. Folgende Zuordnungsgrenzen sind zu beachten:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
- Betriebliche Nutzung mehr als
50 % | →
notwendiges Betriebsvermögen, |
- betriebliche Nutzung zwischen 50 % und
10 % | →
gewillkürtes Betriebsvermögen, |
- betriebliche Nutzung weniger als 10 % | →
Privatvermögen. |
In Abhängigkeit von der persönlichen Zurechnung des Betriebsvermögens wird unterschieden zwischen
Betriebsvermögen des Einzelunternehmers,
Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft,
Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers und
Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft.
a) Notwendiges Betriebsvermögen
Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt werden oder für eigenbetriebliche Zwecke bestimmt sind, sind notwendiges Betriebsvermögen. Eigenbetrieblich genutzte Wirtschaftsgüter sind auch dann notwendiges Betriebsvermögen, wenn sie nicht in der Buchführung und in den Bilanzen ausgewiesen sind; auch ein entgegenstehender Wille des Steuerpflichtigen ist unbeachtlich. Wirtschaftsgüter, die zu mehr als 50 % eigenbetrieblich genutzt werden, sind in vollem Umfang notwendiges Betriebsvermögen (R 4.2 Abs. 1 EStR). Das gilt nicht für Grundstücke oder Grundstücksteile; s. Tz. 28, d. Meist lässt sich die Zugehörigkeit von Wirtschaftsgütern zum notwendigen Betriebsvermögen ohne Schwierigkeiten aus ihrer betrieblichen Zweckbestimmung beurteilen (z. B. Maschinen eines Fertigungsbetriebs, Warenbestände eines Handelsunternehmens, Lieferantenschulden, Rückstellungen aus betrieblichem Anlass), wobei stets die objektive Beziehung zum einzelnen Betrieb entscheidend ist (vgl. , BStBl 1978 II S. 193). Die erforderliche sachliche Beziehung zum Betrieb und die subjektive Widmung können sich vor allem durch Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts aus konkreter betrieblicher Veranlassung ergeben, aber auch durch die Zuführung von Betriebsvermögen im Wege einer Einlage (vgl. z. B. , BStBl 1991 II S. 829). Ein Wirtschaftsgut gehört nicht schon allein deshalb zum notwendigen Betriebsvermögen, weil es mit betrieblichen Geldmitteln erworben wurde oder der Sicherung betrieblicher Kredite dient.
Auch bei der Einnahmenüberschussrechnung sind die dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter notwendiges Betriebsvermögen. Es gelten die gleichen Abgrenzungskriterien von notwendigem zum gewillkürtem Betriebsvermögen wie beim Betriebsvermögensvergleich. Unbeschadet der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen ist die Nutzung von Betriebsvermögen eine Entnahme und damit als Betriebseinnahme zu erfassen. Im umgekehrten Fall der Nutzung von Privatvermögen zu betrieblichen Zwecken sind die anteiligen Aufwendungen Betriebsausgaben (, BStBl 1964 III S. 455).
Bei Freiberuflern wird der Umfang des Betriebsvermögens durch die Erfordernisse des Berufs begrenzt. Ein Wirtschaftsgut kann nur dann zum freiberuflichen Betriebsvermögen gehören, wenn zwischen dem Betrieb oder Beruf und dem Wirtschaftsgut eine objektive Beziehung besteht; das Wirtschaftsgut muss bestimmt und geeignet sein, dem Betrieb zu dienen bzw. ihn zu fördern. Wirtschaftsgüter, die der freiberuflichen Tätigkeit wesensfremd sind und bei denen eine sachliche Beziehung zum Betrieb fehlt, sind kein Betriebsvermögen.
Eine Darlehensforderung kann notwendiges Betriebsvermögen bilden, wenn der Empfänger der Darlehenssumme damit z. B. ein Grundstück erwerben soll, das im Wege langfristiger Nutzungsüberlassung den betrieblichen Zwecken des Darlehensgebers zu dienen bestimmt ist (, BStBl 1978 II S. 53), oder das Darlehen gegeben wurde, um z. B. Honorarforderungen zu retten (, BStBl 1980 II S. 571), bzw. im Falle der Betriebsaufspaltung, um die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern (, BStBl 1978 II S. 378). Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein Landhausgrundstück mit dem Ziel, es im Wesentlichen betrieblich zu verwenden (z. B. als Belegschaftsferienheim), lässt sich diese Nutzung aber mangels Interesses der Betriebsangehörigen nicht realisieren, kann das Anwesen gleichwohl Teil des notwendigen Betriebsvermögen sein (, BStBl 1976 II S. 179). Im Rahmen einer Betriebsaufspaltung dem Betriebsunternehmen verpachtete Wirtschaftsgüter sind regelmäßig auch dann notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, wenn sie für die Betriebsgesellschaft keine wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen (, BStBl 1991 II S. 405). Der Anteil eines Steuerberaters an einer GmbH, deren Betrieb der Steuerberatungspraxis wesensfremd ist, gehört auch dann nicht zum Betriebsvermögen, wenn er in der Absicht erworben wurde, das steuerliche Mandat der GmbH zu erlangen (, BStBl 1981 II S. 564), oder wenn die anderen Gesellschafter der GmbH Mandanten des Steuerberaters sind und der Beteiligung wirtschaftliches Eigengewicht beizumessen ist (, BStBl 1985 II S. 517). Der Anteil eines Steuerberaters an einer GmbH gehört dagegen zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn er ihn zu Begleichung seiner Honoraransprüche zu dem Zweck erhält, ihn später unter Realisierung einer Wertsteigerung zu veräußern (, BStBl 2001 II S. 546). Der Anteil an einer Wohnungsbau-GmbH kann zum notwendigen Betriebsvermögen eines Malermeisters gehören (, BStBl 1994 II S. 296).
Zu den Besonderheiten bei Personengesellschaften vgl. R 4.2 Abs. 2 EStR und H 4.2 (2) EStH.
b) Gewillkürtes Betriebsvermögen
Wirtschaftsgüter, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind, können als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden. Für Wirtschaftsgüter, die nicht Grundstücke oder Grundstücksteile sind (s. hierzu Tz. 28, d), ist bei einer betrieblichen Nutzung von mindestens 10 % bis zu 50 % eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen möglich.
Die Steuerpflichtigen haben kein (freies) Wahlrecht, gewillkürtes Betriebsvermögen oder Privatvermögen zu bilden. Vielmehr muss für die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens eine betriebliche Veranlassung gegeben sein, das auslösende Moment muss im Betrieb liegen. Deshalb hat der Steuerpflichtige darzulegen, welche Beziehung das Wirtschaftsgut zum Betrieb hat und welche vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen ihn veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen zu behandeln (, BStBl 2000 II S. 297).
Durch die Aufnahme in die Buchführung und den Ausweis in der Bilanz wird dokumentiert, dass ein Wirtschaftsgut als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden soll. Die buchmäßige Behandlung ist aber nicht ausschlaggebend, wenn sie nicht von einem entsprechenden Willen des Steuerpflichtigen getragen wird, das Wirtschaftsgut also z. B. von einer Fernbuchhaltung selbständig in die Buchführung aufgenommen wird (, BStBl 1968 II S. 522) oder wenn der Unternehmer ein vom Betriebsprüfer irrtümlich in die Buchführung aufgenommenes Wirtschaftsgut in der Buchführung belässt (, BStBl 1969 II S. 617). Wenn auch die buchmäßige Behandlung einen wesentlichen Anhaltspunkt darstellt und i. d. R. ausschlaggebend sein wird, kann der Steuerpflichtige doch einen der buchmäßigen Behandlung entgegenstehenden Willen aus eindeutigen anderen Umständen darlegen und nachweisen.
Wirtschaftsgüter, die bisher im Privatvermögen geführt wurden, dürfen nicht in das gewillkürte Betriebsvermögen aufgenommen werden, wenn damit lediglich der Zweck verfolgt wird, sich bereits abzeichnende Verluste aus dem Privatvermögen in den betrieblichen Bereich zu verlagern. Entsprechendes gilt, wenn beim Erwerb des Wirtschaftsguts bereits erkennbar ist, dass der Erwerb dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen kann (, BStBl 1997 II S. 399).
Die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens ist auch bei Einnahmenüberschussrechnung möglich (, BStBl 2004 II S. 985). Die Zuordnung eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet aber aus, wenn das Wirtschaftsgut nur in geringfügigem Umfang, d. h. zu weniger als 10 %, betrieblich genutzt wird. Die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen ist unmissverständlich in einer solchen Weise zu dokumentieren, dass ein sachverständiger Dritter ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen kann. Zu den Einzelheiten der Anforderungen an die Dokumentation der Zuordnung des Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen s. , BStBl 2004 I S. 1064.
Zu den Besonderheiten bei Personengesellschaften vgl. R 4.2 Abs. 2 EStR und H 4.2 (2) EStH.
Verbindlichkeiten aller Art können nicht gewillkürtes Betriebsvermögen sein. Der Charakter von Schulden richtet sich vielmehr nach dem Zweck der Schuldaufnahme. Handelt es sich um eine durch die betriebliche Verbindung mit dem Unternehmen entstandene Schuld, ist sie notwendiges passives Betriebsvermögen und behält diese Eigenschaft bis zur Tilgung. Sie kann nicht entnommen werden. Umgekehrt kann eine Privatschuld, deren Schuldgrund in der außerbetrieblichen Sphäre liegt, nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen eingelegt werden. Eine andere Beurteilung ergibt sich nur, wenn die Schuld mit dem Erwerb eines bestimmten Gegenstands zusammenhängt und dieser Gegenstand zulässigerweise entnommen wird. Insoweit kann eine Betriebsschuld in eine Privatschuld umgewandelt werden (, BStBl 1985 II S. 619).
Gewillkürtes Betriebsvermögen bleibt solange Betriebsvermögen, bis der Unternehmer seine Absicht, die Wirtschaftsgüter wieder als Privatvermögen zu behandeln, erkennbar durch eine Privatentnahme zum Ausdruck bringt. Solange die Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen sind, hat der Steuerpflichtige sämtliche Konsequenzen daraus zu ziehen, z. B. bei einer Veräußerung die realisierten stillen Reserven zu versteuern.
c) Privatvermögen
Wirtschaftsgüter gehören in vollem Umfang zum notwendigen Privatvermögen, wenn sie zu mehr als 90 % privat, also zu außerbetrieblichen Zwecken, genutzt werden. Das gilt aber nicht für Grundstücke oder Grundstücksteile; s. Tz. 28, d.
d) Grundstücke oder Grundstücksteile
Grundstücke oder Grundstücksteile sowie Wohnungseigentum und Teileigentum werden abweichend von den sonstigen Zuordnungsregeln für Betriebsvermögen und Privatvermögen nach ihrer jeweiligen Nutzung und Funktion betrachtet. So wird ein bebautes Grundstück in so viele Wirtschaftsgüter aufgeteilt, wie es unterschiedlich genutzt wird und wie es unterschiedliche Eigentümer hat. In Frage kommen dabei – immer bezogen auf einen Eigentümer:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Eigenbetrieblich genutzter Teil | → notwendiges Betriebsvermögen, |
- fremdbetrieblich genutzter
Teil | →
gewillkürtes Betriebsvermögen, |
- zu fremden Wohnzwecken genutzter Teil | → gewillkürtes
Betriebsvermögen oder Privatvermögen, |
- zu eigenen Wohnzwecken genutzter Teil | → notwendiges
Privatvermögen. |
Der Grund und Boden ist dabei jeweils gesondertes Wirtschaftsgut, folgt aber der Zuordnung des dazugehörigen Gebäudeteils. Unbeachtlich ist für die einkommensteuerliche Zuordnung zum Betriebsvermögen, wie ein Grundstück bei der Einheitsbewertung oder Bedarfsbewertung behandelt worden ist. Wegen Einzelheiten s. R 4.2 Abs. 4 ff. EStR, H 4.2 (4) ff. EStH.
Eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile brauchen nicht als Betriebsvermögen behandelt zu werden, wenn ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 € beträgt (Grundstücke von untergeordnetem Wert, § 8 EStDV). Bei der Ermittlung des untergeordneten Werts ist auf den Wert des Gebäudeteils zuzüglich des dazugehörenden Grund und Bodens abzustellen. Bei einer späteren Veräußerung dieses Grundstücks werden der auf den untergeordneten, nicht als Betriebsvermögen behandelten Grundstücksteil entfallende Teil des Veräußerungserlöses nicht im Betriebsvermögen erfasst und Veräußerungsgewinne daher vorbehaltlich der Regelungen des § 23 EStG nicht besteuert. Umgekehrt wirkt sich ein anteiliger Veräußerungsverlust nicht gewinnmindernd aus. Die mit dem untergeordneten Grundstücksteil zusammenhängenden Aufwendungen sind immer als Betriebsausgaben abzugsfähig, auch wenn kein Ausweis des Grundstücksteils im Betriebsvermögen erfolgt (R 4.7 Abs. 2 Satz 4 EStR). Die beiden Grenzen – weniger als ein Fünftel und nicht mehr als 20.500 € – müssen kumulativ erfüllt sein. Sind keine anderen Anhaltspunkte vorhanden, ist bei der Ermittlung der Fünftel-Grenze das Verhältnis der Nutzflächen zueinander zugrunde zu legen. War ein Grundstücksteil bisher von untergeordneter Bedeutung und wurde er nicht als Betriebsvermögen behandelt, ist beim erstmaligen Überschreiten der Grenze das Wirtschaftsgut in das Betriebsvermögen einzulegen (, BStBl 1967 III S. 752).
e) Nutzungsänderung und Wegfall der Voraussetzungen für Betriebsvermögen
Ändert sich die Nutzung eines als Betriebsvermögen behandelten Wirtschaftsguts, weil der private Nutzungsanteil steigt oder die betriebliche Nutzung möglicherweise sogar ganz entfällt, muss ab dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für die bisherige Behandlung als Betriebsvermögen nicht mehr vorliegen, die Zuordnung geprüft und möglicherweise geändert werden. Eine Entnahme liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut nach der Nutzungsänderung dem notwendigen Privatvermögen zuzuordnen ist.
Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige vom Betriebsvermögensvergleich zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG übergeht. Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die beim Betriebsvermögensvergleich keine Entnahme ist, ist auch bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG keine Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG) Im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung gibt es kein sog. geduldetes Betriebsvermögen mehr.
Die Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Beziehungen eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts in der Weise, dass es nicht mehr als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden dürfte, führt nicht notwendig zum Ausscheiden dieses Wirtschaftsguts und zur Aufdeckung der stillen Reserven. Dieses Wirtschaftsgut bleibt vielmehr so lange im Betriebsvermögen, bis es durch eine eindeutige (ausdrückliche oder schlüssige) Entnahmehandlung zum Privatvermögen wird (vgl. z. B. , BStBl 1990 II S. 128).
f) Leasing
Die ertragsteuerliche Behandlung von Leasinggestaltungen ist in den sog. Leasingerlassen geregelt.
Ertragsteuerliche Behandlung von Leasingverträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter: , BStBl 1971 I S. 264;
ertragsteuerliche Behandlung von Finanzierungs-Leasingverträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter: , BStBl 1972 I S. 188;
steuerrechtliche Zurechnung des Leasing-Gegenstands beim Leasinggeber: ;
ertragsteuerliche Behandlung von Teilamortisations-Leasingverträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter: , BStBl 1992 I S. 13.
Hauptsächlich geht es bei den Leasingerlassen um die Zurechnung des Leasinggegenstands beim Leasingnehmer oder beim Leasinggeber. Ein wichtiges Prüfkriterium ist die Grundmietzeit im Verhältnis zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Die Zurechnung wird dabei von weiteren Faktoren in der Vertragsgestaltung beeinflusst, wie z. B. von der Ausgestaltung als Vollamortisations- oder Teilamortisationsvertrag, von Kauf- und Verlängerungsoptionen, Andienungsrechten, Schlusszahlungen und Spezialleasingvereinbarungen, die alle dazu dienen, festzustellen, wer letztlich die tatsächliche wirtschaftliche Herrschaft über den Leasinggegenstand ausübt (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).
Tz. 29 Sanierungsgewinne
Sanierungsgewinne entstehen, wenn Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Ein Sanierungsgewinn ist in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, also z. B. der Schulderlass ausgesprochen worden ist. Dabei wird unter einer Sanierung im ertragsteuerrechtlichen Sinne eine Maßnahme verstanden, die geeignet ist, ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger (juristische oder natürliche Person) vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Ein Unternehmen ist sanierungsbedürftig, wenn ohne die Sanierung die für eine erfolgreiche Weiterführung des Betriebs und die Abdeckung der bestehenden Verpflichtungen erforderliche Betriebssubstanz nicht erhalten werden könnte. Dafür sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Schulderlasses maßgebend. Weiteres Erfordernis für das Vorliegen eines Sanierungsgewinns ist die Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung der Maßnahme (, BStBl 2002 II S. 854).
Sanierungsgewinne führen seit Wegfall der Steuerfreiheit durch Streichung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. ab dem Veranlagungszeitraum 1998 grds. zu einer Einkommenserhöhung und damit zur Steuerpflicht, soweit sie nicht durch laufende Verluste ausgeglichen und mit vortragsfähigen Verlusten verrechnet werden können.
Mit (BStBl 2003 I S. 240) hat die Finanzverwaltung allerdings auf die Problematik mit einer umfangreichen sachlichen Billigkeitsmaßnahme reagiert. Danach ist auf Antrag des Steuerpflichtigen die Einkommen- oder Körperschaftsteuer auf Sanierungsgewinne – nach vorgenommener Verrechnung des Sanierungsgewinns mit vorhandenen Verlusten – mit dem Ziel des Erlasses zunächst zu stunden. Nach abschließender Prüfung und nach Feststellung der endgültigen, auf den verbleibenden zu versteuernden Sanierungsgewinn entfallenden Steuer ist die Steuer zu erlassen. Im Ergebnis werden Einkommen- oder Körperschaftsteuern auf Sanierungsgewinne nach Maßgabe dieses BMF-Schreibens nicht mehr erhoben.
Für die Anwendung der Billigkeitsmaßnahme ist Voraussetzung, dass es sich um eine Sanierungsmaßnahme handelt, die grds. nicht zur Einstellung des Unternehmens führt. Werden Schulden erlassen, um dem Steuerpflichtigen oder einem Beteiligten einen schuldenfreien Übergang in sein Privatleben oder den Aufbau einer anderen Existenzgrundlage zu ermöglichen, liegt keine begünstigte Sanierung vor.
Für die Anwendung der Billigkeitsregelung sind zunächst alle vorhandenen Verlustverrechnungsmöglichkeiten einschließlich der Verrechnungsmöglichkeiten mit negativen Einkünften auszuschöpfen und – unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen – bis zur Höhe des Sanierungsgewinns vorrangig mit diesem zu verrechnen. Die Verluste/negativen Einkünfte sind insoweit „aufgebraucht”, als sie in die Verrechnung mit dem Sanierungsgewinn eingegangen sind. Die vorrangige Verlustverrechnung mit dem Sanierungsgewinn im laufenden Veranlagungszeitraum wird im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO vorgenommen. Verbleibt nach dieser Verlustverrechnung noch ein zu versteuernder Sanierungsgewinn, ist die darauf anfallende Steuer nach § 222 AO – mit dem Ziel des Erlasses – zu stunden. Nach abschließender Prüfung durch das Finanzamt sowie Feststellung des endgültigen auf den verbleibenden zu versteuernden Sanierungsgewinn entfallenden Steuerbetrags ist die Steuer nach § 227 AO zu erlassen.
Ausführlich zu Sanierungsgewinnen s. auch Nolte, NWB F. 3 S. 13735 ff. NWB WAAAB-69241. Zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen vgl. NWB SAAAC-19507.
Tz. 30 Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich
a) Betriebsvermögensvergleich
Beim Betriebsvermögensvergleich wird der Gewinn auf der Grundlage aller betrieblich veranlassten Veränderungen des Betriebsvermögens im Laufe eines Wirtschaftsjahrs ermittelt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, der auch für Kaufleute gilt, die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahrs und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.
Unter Betriebsvermögen ist in diesem Zusammenhang das Eigenkapital zu verstehen, also der Saldo aus Wirtschaftsgütern des Aktivvermögens, aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, Verbindlichkeiten, Rückstellungen und passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Als „Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs” ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das der Veranlagung dieses Jahres zugrunde lag. Das gilt sogar dann, wenn und soweit die das Betriebsvermögen darstellende Bilanz des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs unrichtige Wertansätze enthielt, sofern eine Berichtigung der Bilanzen für diese vorangegangenen Wirtschaftsjahre nicht mehr möglich ist (, BStBl 1977 II S. 148).
Das Betriebsvermögen ist unter Berücksichtigung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln. Zwar gelten diese Grundsätze (s. hierzu Tz. 59, 60) unmittelbar nur für bilanzierende Gewerbetreibende (§ 5 Abs. 1 EStG). Sie sind jedoch auf Personen, die nicht Gewerbetreibende sind, sinngemäß anwendbar. Wie sich das Betriebsvermögen ermittelt, bestimmen u. a. die Vorschriften der §§ 4–7k EStG.
Der steuerliche Gewinn wird mehrstufig ermittelt:
Das Ergebnis des Betriebsvermögensvergleichs ist im ersten Schritt zunächst nur ein Unterschiedsbetrag. Dieser Unterschiedsbetrag wird im zweiten Schritt um die privat veranlassten Vorgänge (Entnahmen, Einlagen) bereinigt. Daraus ergibt sich dann der Steuerbilanzgewinn. In einem dritten Schritt sind nochmals Aufwendungen und Einnahmen zu überprüfen.
Aufwendungen, die zwar dem Grunde nach Betriebsausgaben sind, da sie durch den Betrieb veranlasst sind, die jedoch den Gewinn nicht mindern dürfen (§ 4 Abs. 4a–5b EStG, § 12 Nr. 3 und 4 EStG), haben das Betriebsvermögen zum Schluss des Wirtschaftsjahrs und damit auch den Steuerbilanzgewinn vermindert. Da es sich um betriebliche und nicht um private Aufwendungen handelt, sind sie in Buchführung und Steuerbilanz zunächst auf einem Aufwandskonto zu erfassen (z. B. Konto „nicht abziehbare Betriebsausgaben”; vgl. § 4 Abs. 7 EStG). Sie müssen wegen der steuerlichen Nichtabziehbarkeit – außerhalb der Bilanz – dem Steuerbilanzgewinn hinzugerechnet werden. Entsprechendes gilt umgekehrt für steuerfreie Einnahmen, die durch den Betrieb veranlasst sind (z. B. § 3 EStG, § 9 InvZulG). Das Ergebnis ist der für die Besteuerung maßgebliche Gewinn, z. B. Gewinn aus Gewerbebetrieb.
Für Körperschaften ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des zu versteuernden Einkommens Folgendes zu beachten: Bei verdeckten Gewinnausschüttungen sind Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen zunächst auch für die Steuerbilanz zu übernehmen und danach außerbilanziell auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Körperschaft richtig zu stellen (, BStBl 2002 II S. 366). Vgl. auch , BStBl 2002 I S. 603.
b) Entnahmen
Entnahmen sind gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahrs entnommen hat. S. auch R 4.3 Abs. 4 EStR. Diese Minderung des Betriebsvermögens ohne betriebliche Veranlassung muss im Saldo aus dem Vergleich der Betriebsvermögen am Beginn und Ende des Wirtschaftsjahrs korrigiert werden.
Minderung ist jede tatsächliche Minderung durch Herausnahme von Wirtschaftsgütern oder Geld und auch jede verhinderte Vermögensmehrung, z. B. die unentgeltliche Nutzung betrieblicher Gegenstände oder des Personals.
Eine Entnahme liegt nicht nur vor, wenn der Gegenstand in den privaten Bereich überführt wird, sondern auch dann, wenn allgemein ein Gegenstand des Betriebsvermögens aus dem betrieblichen Bereich entfernt wird. Daher liegt eine Entnahme unabhängig davon vor, ob eine Maschine, die zum Betrieb A des Steuerpflichtigen gehört, in seine GmbH B oder in sein Privatvermögen überführt wird.
Dies stellt sich jedoch anders dar, wenn der Steuerpflichtige die Maschine nur in einen anderen Betrieb (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) übernimmt. Eine Entnahme liegt nicht vor, weil der betriebliche Bereich i. S. eines Entnahmetatbestands die gesamte betriebliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen meint. Eine Entnahme liegt solange nicht vor, wie durch die Fortführung des bisherigen Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens die künftige Besteuerung etwaiger stiller Reserven nicht beeinträchtigt wird. Es reicht aus, wenn die Gewinnrealisierung zu einem späteren Zeitpunkt gewährleistet ist. Letztlich wird hier auf die „Steuerverstrickung” der stillen Reserven des betreffenden Wirtschaftsguts abgestellt. Bleibt die Besteuerung der stillen Reserven gesichert, scheidet eine Entnahme aus (, BStBl 1982 II S. 381).
Eine Entnahme erfordert regelmäßig eine Entnahmehandlung, die von einem Entnahmewillen getragen wird. Es ist ein Verhalten des Steuerpflichtigen erforderlich, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen unmissverständlich und eindeutig erkennbar gelöst wird (, BStBl 1988 II S. 260). Werden Bücher geführt, bietet die Buchung einen wesentlichen Anhalt, ob und wann ein Wirtschaftsgut entnommen worden ist. Eine Entnahme ist z. B. dann anzunehmen, wenn die Herstellungskosten eines im Bau befindlichen Gebäudes ausgebucht und fortan aus der Grundstücksnutzung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt werden (, BStBl 1985 II S. 395). Einer Entnahmeerklärung bedarf es nicht, wenn ein Wirtschaftsgut dauerhaft so eingesetzt wird, dass eine Zuordnung zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen ausscheidet und es dem Privatvermögen zuzuordnen ist.
Änderung der Gewinnermittlungsart: Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG wird ein Wirtschaftsgut nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG übergeht. Beim Übergang zur Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ergeben sich keine Änderungen für die Beurteilung der Betriebsvermögenseigenschaft, da auch bei dieser Gewinnermittlungsart nunmehr gewillkürtes Betriebsvermögen möglich ist. Entnahmen können daraus nicht entstehen.
Nutzungsänderung: Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG keine Entnahme ist, ist gem. § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG auch bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG keine Entnahme.
„Steuerentstrickung stiller Reserven”: Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG steht einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich. Die vorübergehende Nutzung von Wirtschaftsgütern in einer ausländischen Betriebsstätte führt danach zu einer Nutzungsentnahme, wobei bisher lediglich eine Gewinnabgrenzung durch Aufteilung der Aufwendungen und Erträge nach Tz. 2.4 Betriebsstätten-Erlass (, BStBl 1999 I S. 1076) erfolgte. Das deutsche Besteuerungsrecht wird ausgeschlossen, wenn ein Wirtschaftsgut eines inländischen Stammhauses in eine ausländische Betriebsstätte überführt wird und die Einkünfte dieser ausländischen Betriebsstätte durch DBA freigestellt sind (vgl. auch R 4.3 Abs. 2 Satz 3 EStR). Bei einem Doppelbesteuerungsabkommen mit Anrechnungsmethode soll eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts vorliegen. Zur Bewertung dieser Entnahmen vgl. Tz. 89, e. Die Besteuerung der aus diesen „Entstrickungs-Entnahmen” aufgedeckten stillen Reserven kann durch die Bildung eines Ausgleichspostens zeitlich gestreckt werden (vgl. dazu § 4g EStG, Tz. 56, a). Dieser neue Entnahmetatbestand gilt jedoch nicht für Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft, wenn diese ihren Sitz von einem Mitgliedstaat der EU in einen anderen Mitgliedstaat verlegen (§ 4 Abs. 1 Satz 4 EStG). In diesem Fall sichert der durch das SEStEG neu eingefügte § 15 Abs. 1a Satz 1 EStG die Besteuerung der stillen Reserven aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens; vgl. dazu Tz. 183, a. Die Bildung eines Ausgleichspostens nach § 4g EStG ist hier wegen der erst im Veräußerungszeitpunkt vorzunehmenden Besteuerung nicht erforderlich. Zur Steuerentstrickung bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens s. auch Benecke, NWB F. 3 S. 14733 ff. NWB TAAAC-54221.
Zu Fällen aus der Rechtsprechung: Entnahme-ABC – vgl. Tz. 90, f.
c) Einlagen
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG sind Einlagen alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahrs zugeführt hat. Zwar werden Nutzungen und Leistungen nicht ausdrücklich genannt und sind damit auch nicht einlagefähig. Es ist jedoch möglich, die anteiligen Aufwendungen für die Nutzung eines privaten Wirtschaftsguts für betriebliche Zwecke als Betriebsausgaben geltend zu machen. Vgl. , BStBl 1991 II S. 82.
Die Einbringung von Einzelwirtschaftsgütern des Privatvermögens in das betriebliche Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft oder anderen Gesamthandsgemeinschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten stellt keine Einlage, sondern einen tauschähnlichen Vorgang dar (, BStBl 2000 I S. 462, und , BStBl 2004 I S. 1190).
Keine Einlage ist möglich, wenn bereits erkennbar ist, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter nur Verluste bringen werden.
„Steuerverstrickung stiller Reserven”: Entsprechend dem neu eingefügten Entnahmetatbestand in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (s. Tz. 30, b) enthält § 4 Abs. 1 Satz 7 zweiter Halbsatz EStG einen korrespondierenden Einlagetatbestand. Danach steht einer Einlage die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich. Entsprechende Nutzungseinlagen für die Nutzung von Wirtschaftsgütern aus einem ausländischen Stammhaus in einer inländischen Betriebsstätte sind im Gegensatz zur Entnahmeregelung nicht durch den neugefassten Einlagetatbestand erfasst. Es sind daher keine fiktiven Nutzungsentgelte einlegbar, also abziehbar. Entsprechend der allgemeinen Behandlung von Einlagen müssten jedoch Aufwendungen für Wirtschaftsgüter, die nicht dem inländischen Betriebsvermögen zuzurechnen sind, aber im Inland genutzt werden, abziehbar sein. Das deutsche Besteuerungsrecht wird begründet, wenn ein Wirtschaftsgut von einer ausländischen Betriebsstätte ins Inland überführt wird und die Einkünfte dieser ausländischen Betriebsstätte durch DBA freigestellt sind (vgl. R 4.3 Abs. 1 Satz 3 EStR). Eine Korrespondenz zur „Steuerentstrickung” durch Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts i. S einer „Steuerverstrickung” bei Verstärkung des deutschen Besteuerungsrechts sieht § 4 Abs. 1 Satz 7 zweiter Halbsatz EStG dagegen nicht vor. Wird aus einer ausländischen Betriebsstätte, deren Besteuerung durch die Anrechnungsmethode erfolgt, ein Wirtschaftsgut in das Inland übertragen, sind die stillen Reserven durch die Anrechnung bereits steuerverstrickt und eine Einlage scheidet daher aus.
Zu Fällen aus der Rechtsprechung: Einlage-ABC – vgl. Tz. 92, h.
Tz. 31 Bilanzberichtigung/Bilanzänderung
Bei Bilanzberichtigungen wird ein falscher durch einen richtigen Bilanzansatz ersetzt, bei Bilanzänderungen ein richtiger durch einen anderen richtigen Bilanzansatz. Als (zu berichtigender oder zu ändernder) Bilanzansatz gilt der Ansatz dem Grunde nach und der Wertansatz für jedes einzelne bewertungsfähige Wirtschaftsgut bzw. jeden einzelnen Rechnungsabgrenzungsposten (R 4.4 Abs. 3 EStR). Vgl. auch ABC zur Bilanzberichtigung bei Grützner, BBK F. 13 S. 5055 ff. NWB MAAAC-51089.
a) Bilanzberichtigung
Ein Bilanzansatz ist unrichtig, wenn er unzulässig ist, d. h. wenn er gegen zwingende Vorschriften des Einkommensteuer- oder des Handelsrechts oder gegen die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstößt (R 4.4 Abs. 1 Satz 2 EStR).
Im Rahmen der EStÄR 2008 wurden die Regelungen zur Bilanzberichtigung in R 4.4 Abs. 1 EStR weiter präzisiert. So ist eine Berichtigung unzulässig, wenn der Bilanzansatz im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung subjektiv richtig ist (vgl. hierzu auch , BStBl 1976 II S. 88). Subjektiv richtig soll jede bei Bilanzaufstellung der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung sein. Die Richtlinien unterscheiden zwischen zwei Fallvarianten (vgl. R 4.4 Abs. 1 Satz 3–8 EStR):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Der Bilanzansatz entspricht der
höchstrichterlichen Rechtsprechung bei
Bilanzaufstellung. | Subjektiv richtiger Ansatz auch dann, wenn sich die Rechtsprechung
später ändert. |
Der Bilanzansatz entspricht der
Verwaltungsauffassung (z. B. BMF-Schreiben)
bei Bilanzaufstellung. | Hält der Steuerpflichtige einen von der Verwaltungsauffassung
abweichenden Ansatz für richtig und dokumentiert er diese andere Auffassung in
der Steuererklärung, ist eine Bilanzberichtigung bei einer aufgrund
höchstrichterlicher Rechtsprechung geänderten Verwaltungsauffassung möglich.
|
Hat bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorgelegen und wird die Steuerfrage erst später durch die Rechtsprechung abschließend geklärt, muss vor der erstmaligen Rechtsprechung jede der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung als „richtig” angesehen werden. Ein danach „subjektiv” richtiger Bilanzansatz darf auch dann nicht korrigiert werden, wenn später – z. B. durch eine gerichtliche Entscheidung – seine Unrichtigkeit offenbar und der Bilanzansatz dennoch in nachfolgenden Bilanzen fortgeführt wird. In einem solchen Fall ist der Bilanzierungsfehler bei derjenigen Veranlagung, der die erste nach dem Offenbarwerden des Fehlers aufgestellte Bilanz zugrunde liegt, nach den Grundsätzen des „formellen Bilanzenzusammenhangs” zu behandeln (, BStBl 2006 II S. 688, und v. - I R 47/06, BStBl 2007 II S. 818).
Eine Bilanzberichtigung bezieht sich auf den unrichtigen Ansatz von Wirtschaftsgütern (aktive und passive Wirtschaftsgüter einschließlich Rückstellungen) sowie Rechnungsabgrenzungsposten dem Grunde und der Höhe nach. Aber auch bei einer Änderung des steuerlichen Gewinns ohne Auswirkung auf den Ansatz eines Wirtschaftsguts oder eines Rechnungsabgrenzungspostens ist die Bilanz zu berichtigen. So hat der BFH entschieden, dass eine Bilanzberichtigung i. S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG auch dann vorliegt, wenn sich die Gewinnänderung auf die Nicht- oder die fehlerhafte Verbuchung von Entnahmen und Einlagen bezieht. In diesen Fällen verändert sich eine aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ergebende und der Ermittlung des Gewinns dienende Position des Eigenkapitals (, BStBl 2008 I S. 665). Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. , BStBl 2008 I S. 845). Dagegen berühren Änderungen des Gewinns aufgrund der Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzu- oder Abrechnungen keinen Bilanzansatz; § 4 Abs. 2 EStG ist insoweit nicht anwendbar (, BStBl 2008 II S. 669).
Der fehlerhafte Bilanzansatz muss zwingend berichtigt werden, soweit es die Änderungsvorschriften der AO und der Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs; s. hierzu Tz. 61, b zulassen. Der Steuerpflichtige kann den Fehler durch eine entsprechende Mitteilung an das Finanzamt berichtigen (R 4.4 Abs. 1 Satz 1 EStR). Eine Bilanzberichtigung darf nur der Steuerpflichtige vornehmen. Hält das Finanzamt eine Bilanz für fehlerhaft, darf es diese Bilanz der Besteuerung nicht zugrunde legen und muss eine eigene Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich mit ggf. auf der Grundlage der Bilanz abgeänderten Werten vornehmen (, BStBl 2000 II S. 129).
Die Berichtigung einer Bilanz, die einer bestandskräftigen Veranlagung zugrunde liegt, ist nur insoweit möglich, als die Veranlagung nach den Vorschriften der AO, insbesondere nach § 164 Abs. 1, § 173 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, noch geändert werden kann oder die Bilanzberichtigung sich auf die Höhe der veranlagten Steuer nicht auswirken würde (, BStBl 1962 III S. 273; , BStBl 2002 II S. 134). Eine Bilanzberichtigung ist dagegen nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann (§ 4 Abs. 2 Satz 1 zweiter Teilsatz EStG). In diesen Fällen ist der falsche Bilanzansatz in der Schlussbilanz des ersten Jahrs, dessen Veranlagung geändert werden kann, erfolgswirksam richtig zu stellen (R 4.4 Abs. 1 Satz 9 EStR). Bei Land- und Forstwirten mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr müssen beide Veranlagungen, denen die Schlussbilanz zugrunde liegt (vgl. hierzu auch § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG), noch geändert werden können (R 4.4 Abs. 1 Satz 10 EStR). Bei einer früheren Entnahme ist nachträglich erfolgsneutral (also gegen Kapital) zu Buchwerten berichtigend auszubuchen. Eine nachträgliche erfolgswirksame Ausbuchung des bereits entnommenen Wirtschaftsguts mit dem Teilwert im Entnahmezeitpunkt ist nicht zulässig (vgl. , BStBl 1977 II S. 148).
Anzusetzen ist der Wert, mit dem das Wirtschaftsgut bei von vornherein zutreffender bilanzieller Behandlung – also bei Beachtung sämtlicher Gewinnermittlungsvorschriften – in der Bilanz erscheinen würde, in der tatsächlich berichtigt wird (, BStBl 1998 II S. 377). Dies gilt auch, wenn ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens bisher nicht aktiviert wurde. Die rechtliche Beurteilung der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum notwendigen Betriebsvermögen wird dadurch nicht berührt. In diesem Fall ist bei der Ermittlung des Einbuchungswerts (Wert, der sich ergeben würde, wenn das Wirtschaftsgut von Anfang an richtig bilanziert worden wäre) eine „Schattenrechnung” (Absetzung der bisher unterlassenen AfA-Beträge von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten) durchzuführen (, BStBl 2002 II S. 75). Die Korrektur eines fehlerhaften Bilanzansatzes setzt voraus, dass noch ein Bilanzierungsfehler vorliegt (, BStBl 1998 II S. 503). Eine beim Tausch unterbliebene Ausbuchung des hingetauschten Wirtschaftsguts und Einbuchung einer Forderung auf Lieferung des eingetauschten Wirtschaftsguts ist in der ersten noch änderbaren Schlussbilanz erfolgswirksam nachzuholen (, BStBl 1983 II S. 303).
Die Berichtigung eines unrichtigen Bilanzansatzes in einer Anfangsbilanz ist nicht zulässig, wenn diese Bilanz der Veranlagung eines früheren Jahrs als Schlussbilanz zugrunde gelegen hat, die nach den Vorschriften der AO nicht mehr geändert werden kann, oder wenn der sich bei einer Änderung dieser Veranlagung ergebende höhere Steueranspruch wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist erloschen wäre (, BStBl 1966 III S. 142). Unter Durchbrechung des Bilanzenzusammenhangs kann eine Berichtigung der Anfangsbilanz des ersten Jahrs, bei dessen Veranlagung sich die Berichtigung auswirken kann, ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn ein Steuerpflichtiger zur Erlangung beachtlicher ungerechtfertigter Steuervorteile bewusst einen Aktivposten zu hoch oder einen Passivposten zu niedrig angesetzt hat, ohne dass die Möglichkeit besteht, die Veranlagung des Jahrs zu ändern, bei der sich der unrichtige Bilanzansatz ausgewirkt hat (, BStBl 1956 III S. 250).
b) Bilanzänderung
Wenn steuerrechtlich – in den Fällen des § 5 EStG auch handelsrechtlich – verschiedene Ansätze für die Bewertung eines Wirtschaftsguts zulässig sind, der Steuerpflichtige also zwischen mehreren Wertansätzen wählen kann, trifft er durch die Einreichung der Steuererklärung an das Finanzamt seine Entscheidung. Eine Änderung dieser Entscheidung zugunsten eines anderen zulässigen Ansatzes ist eine Bilanzänderung (R 4.4 Abs. 2 EStR). Sie ist nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung steht und soweit die Auswirkung der Bilanzberichtigung auf den Gewinn reicht (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Eine Bilanzänderung außerhalb der Voraussetzung des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit einer Bilanzberichtigung kommt auch nicht nach den Vorschriften des BGB über die Anfechtung von Willenserklärungen wegen Irrtums in Betracht. Denn diese Vorschriften sind im Steuerrecht nicht sinngemäß anwendbar (, BStBl 1975 II S. 616). Abgesehen davon spricht die Existenz einer Spezialregelung (hier: § 4 Abs. 2 EStG) regelmäßig für die Absicht des Gesetzgebers, die jeweilige Materie (hier: nachträgliche Änderung von Bilanzansätzen) abschließend zu regeln.
Der enge und zeitliche Zusammenhang zwischen Bilanzberichtigung und Bilanzänderung setzt voraus, dass sich beide Maßnahmen auf dieselbe Bilanz beziehen. Die Änderung der Bilanz eines bestimmten Wirtschaftsjahrs ist danach unabhängig von der Frage, auf welche Wirtschaftsgüter oder Rechnungsabgrenzungsposten sich die Berichtigung dieser Bilanz bezieht, bis zu Höhe des gesamten Berichtigungsbetrags zulässig. Ein zeitlicher Zusammenhang liegt darüber hinaus nur vor, wenn die Bilanz unverzüglich nach einer Bilanzberichtigung geändert wird (vgl. auch R 4.4 Abs. 2 Satz 4 und 5 EStR).
Die Voraussetzungen für eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG liegen nicht vor, wenn sich einem Steuerpflichtigen erst nach Einreichung der Bilanz die Möglichkeit eröffnet hat, erstmalig sein Wahlrecht auszuüben (R 4.4 Abs. 2 Satz 3 EStR). Beruhte die bisher fehlende Ausübung des Wahlrechts jedoch auf einem zumindest fahrlässigen Verhalten, z. B. dem Nichterfassen des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns, ist § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG grds. anwendbar (, BStBl 2008 II S. 600).
Besteht Streit über die Zulässigkeit einer Bilanzänderung, muss der Unternehmer nicht schon mit dem Antrag auf Bilanzänderung eine geänderte Bilanz aufstellen, wenn er den Streit gerichtlich klären lassen will. Er ist vielmehr berechtigt, zunächst diese Klärung zu betreiben und ggf. im Anschluss daran seine Bilanz entsprechend zu ändern ( NWB XAAAC-92664).
Tz. 32 Einnahmenüberschussrechnung
a) Anwendungsbereich und Aufzeichnungspflichten
Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können den Gewinn durch eine Einnahmenüberschussrechnung ermitteln (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Diese Einnahmenüberschussrechnung ist seit 2005 auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Vordruck EÜR) als Teil der Einkommensteuererklärung abzugeben (§ 60 Abs. 4 EStDV; , BStBl 2005 I S. 320). Der Vordruck braucht jedoch nicht ausgefüllt zu werden, wenn die Betriebseinnahmen je Betrieb nicht mehr als 17.500 € betragen haben. Insoweit genügt eine formlose Einnahmenüberschussrechnung. Vgl. zum Ausfüllen des Vordrucks auch Happe, BBK F. 8 S. 3185 NWB YAAAC-42337.
Die Abgabe auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck bedeutet keine Aufzeichnungspflicht für den Einnahmenüberschussrechner. Durch die Verpflichtung soll die bisher formlose Einnahmenüberschussrechnung in einer für die Finanzverwaltung maschinell nachprüfbaren Form erfolgen. Der Einnahmenüberschussrechner ist auch nicht verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen ( NWB KAAAB-80831). Eine geordnete Belegablage ist ausreichend. Aufzeichnungen, die allein nach den Steuergesetzen vorzunehmen sind (s. folgende Aufzählung), muss er lediglich so führen, dass sie dem konkreten Besteuerungszweck genügen (§ 146 Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz AO).
Der Einnahmenüberschussrechner hat z. B. folgende Aufzeichnungspflichten zu beachten:
§ 4 Abs. 3 Satz 5 EStG: Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und bestimmte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens,
§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG: Entnahmen und Einlagen für den Schuldzinsenabzug,
§ 4 Abs. 7 EStG: gesonderte Aufzeichnung bestimmter beschränkt abzugsfähiger Betriebsausgaben,
§ 6 Abs. 2 Satz 4 EStG: geringwertige Wirtschaftsgüter; die Aufzeichnungspflicht entfällt für nach dem angeschaffte, hergestellte oder eingelegte geringwertige Wirtschaftsgüter ersatzlos,
§ 6c Abs. 2 EStG: Gewinne aus der Veräußerung bestimmter Anlagegüter,
§ 7a Abs. 8 EStG: erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen,
§ 41 EStG: Lohnsteuerabzug,
§ 90 Abs. 3 AO: Auslandsgeschäfte,
§§ 294, 295 Abs. 1 SGB V i. V. mit dem Bundesmantelvertrag-Ärzte: Praxisgebühr (, BStBl 2004 I S. 526).
b) Funktion der Einnahmenüberschussrechnung
Bei der Einnahmenüberschussrechnung ergibt sich der Gewinn aus dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben. Dabei handelt es sich um eine im Vergleich zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich vereinfachte Gewinnermittlungsmethode, weil Buchführungs- und Inventurarbeiten nicht erforderlich sind und daher u. a. die formellen Bilanzierungsgrundsätze und Bewertungsprobleme keine Rolle spielen. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben werden zeitlich nicht nach ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit berücksichtigt, sondern erhöhen oder mindern den Gewinn im Zeitpunkt ihres Zuflusses oder Abflusses. Die Einnahmenüberschussrechnung knüpft damit i. d. R. an die Zahlungsvorgänge an. Entstehen dem Steuerpflichtigen bei der Anwendung des Zufluss-Abfluss-Prinzips Nachteile durch die Steuerprogression, sind dies Nachteile, wie sie die Abschnittsbesteuerung ihrem Wesen nach mit sich bringt (, BStBl 1982 II S. 755).
Die Regel, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bei Zu- und Abfluss zu berücksichtigen, wird durchbrochen, wenn es um die Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, Anteile an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere, Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens geht (s. § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Ausführlich dazu unten Tz. 32, d, e, f. Des Weiteren ist zu beachten, dass nicht alle Zahlungsvorgänge betrieblich veranlasst und damit Betriebseinahmen oder Betriebsausgaben sind (z. B. bei Einlagen oder Entnahmen, bei den durchlaufenden Posten) und umgekehrt nicht alle Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben auf Zahlungsvorgängen beruhen (z. B. beim Übergangsgewinn, bei der Novation oder bei der Aufrechnung, bei der Bildung und Auflösung einer Rücklage nach § 6c EStG).
Zu- und Abfluss und damit die zeitliche Berücksichtigung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bei der Einnahmenüberschussrechnung richten sich nach den Regelungen zur Vereinnahmung und Verausgabung in § 11 EStG (s. Tz. 127 und R 4.5 Abs. 2 EStR). Dies kann sich nachteilig auswirken, wenn Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abgezogen, sondern fälschlicherweise als Herstellungskosten erfasst wurden. Der Abzug dieser Aufwendungen kann in späteren Veranlagungszeiträumen nicht nachgeholt werden (, BStBl 2006 II S. 712).
Zur Frage, ob und wann bei der Einnahmenüberschussrechnung Vorgänge als Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind, wird als Vergleichsgröße i. d. R. der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich herangezogen. Durch die Wahl der Gewinnermittlung können sich in einzelnen Perioden zwar unterschiedliche Gewinne ergeben. Die Totalgewinne beider Gewinnermittlungsarten müssen aber übereinstimmen.
c) Durchlaufende Posten
Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden, werden bei der Einnahmenüberschussrechnung nicht berücksichtigt (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG). Fallen aber die Zeitpunkte der Vereinnahmung und der Verausgabung in zwei unterschiedliche Wirtschaftsjahre, kann für den Fall, dass die Verausgabung vor der entsprechenden Erstattung der Gelder stattfindet, zunächst eine Betriebsausgabe und später mit der Erstattung eine Betriebseinnahme angesetzt werden, s. R 4.5 Abs. 2 EStR.
Die Praxisgebühr stellt beim vereinnahmenden Arzt keinen durchlaufenden Posten dar, sondern ist Betriebseinnahme (, BStBl 2004 I S. 526). Sie ist daher wie bei einem Vorschuss in dem Jahr zu erfassen, in dem sie vom Patienten gezahlt wird und nicht erst in dem Jahr, in dem sie auf die Honorarforderungen durch die Krankenkasse angerechnet wird.
d) Abnutzbare Wirtschaftsgüter
Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG sind die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 EStG), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Abs. 2a EStG) und die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung (§§ 7 ff. EStG, s. hierzu Tz. 97 ff.) zu befolgen. Damit wird die Regel, Aufwendungen im Zeitpunkt ihres Zahlungsabflusses zu berücksichtigen, durchbrochen. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Anlagegüter, die der Abnutzung unterliegen (z. B. Einrichtungsgegenstände, Maschinen, Geschäfts- oder Firmenwert, Praxiswert), dürfen nur im Wege der AfA auf die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts verteilt werden, sofern nicht die Voraussetzungen als geringwertiges Wirtschaftsgut vorliegen und damit der sofortige Betriebsausgabenabzug nach § 6 Abs. 2 EStG oder die Aufnahme in einen Sammelposten nach § 6 Abs. 2a EStG zwingend vorgegeben ist. Daneben gelten auch die Regelungen über erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, nicht hingegen die Regelungen zur Teilwertabschreibung. Die vorgenommenen Abschreibungen sind in die besonderen, laufend zu führenden Verzeichnisse des Anlagevermögens aufzunehmen (vgl. R 4.5 Abs. 3 Satz 4 EStR), bei der Anschaffung eines geringwertigen Wirtschaftsguts ist zu beachten, dass der Zeitpunkt des Betriebsausgabenabzugs nach § 6 Abs. 2 EStG vom Zeitpunkt der Bezahlung der Anschaffungskosten abweichen kann und damit die Gewinne zweier verschiedener Wirtschaftsjahre berührt werden. § 6 Abs. 2 EStG bestimmt, dass bei einem geringwertigen Wirtschaftsgut die vollen Anschaffungskosten sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden müssen und zwar im Jahr der Anschaffung. Das Jahr der Anschaffung ist das Jahr der Lieferung (§ 9a EStDV). Ebenso ist der Sammelposten für nach dem angeschaffte oder hergestellte geringwertige Wirtschaftsgüter i. S. des § 6 Abs. 2a EStG im Jahr der Anschaffung oder Lieferung zu bilden und erstmals abzuschreiben, unabhängig vom Zeitpunkt der Bezahlung des Wirtschaftsguts.
Bei Veräußerung eines abnutzbaren Wirtschaftsguts ist der Veräußerungserlös Betriebseinnahme. Noch nicht durch AfA verbrauchte Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern zum gleichen Zeitpunkt den Gewinn (, BStBl 1961 III S. 499). Dies gilt auch, wenn die AfA in den Vorjahren zu Unrecht unterlassen wurde, es sei denn, dass diese Unterlassung willkürlich war und gegen Treu und Glauben verstieß (, BStBl 1972 II S. 271). Als Zeitpunkt der Veräußerung ist dabei der Übergang des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums anzusehen; die Absetzung ist im Zeitpunkt des tatsächlichen Ausscheidens des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen vorzunehmen, unabhängig vom Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses; der Veräußerungserlös ist aber stets im Jahr des Zuflusses anzusetzen (, BStBl 1995 II S. 635). Dadurch kann es zu Verschiebungen des Periodengewinns kommen. Der Steuerpflichtige kann dieses Instrument zur Gewinnoptimierung nutzen. Ausnahmsweise ist der Veräußerungserlös abweichend vom Wirtschaftsjahr des tatsächlichen Zuflusses im Jahr der Veräußerung bereits als Betriebseinnahme anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige die aufgedeckten stillen Reserven nach § 6c EStG übertragen will (R 6c Abs. 1 Satz 3 und 4 EStR). Etwas anderes gilt, wenn ein nach dem angeschafftes oder hergestelltes geringwertiges Wirtschaftsgut i. S. des § 6 Abs. 2a EStG veräußert wird, das in einem Sammelposten erfasst wurde. Der Sammelposten bleibt von der Veräußerung unberührt. Es wird lediglich der Veräußerungserlös als Betriebseinnahme erfasst. Ein „Restbuchwert” wird nicht als Betriebsausgabe angesetzt (vgl. auch Tz. 80, f).
Erhält der Steuerpflichtige für die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter öffentliche Investitionszuschüsse, mindern diese die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten bereits im Jahr der Bewilligung und nicht im Jahr der Auszahlung. Sofern der Empfänger den Zuschuss sofort als Betriebseinnahme versteuern will, muss er das entsprechende Wahlrecht ebenfalls im Jahr der Zusage ausüben (, BStBl 2008 II S. 561).
e) Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens – und bestimmte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (s. hierzu Tz. 32, f) – sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder im Zeitpunkt der Entnahme dieser Wirtschaftsgüter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG, R 4.5 Abs. 3 Satz 5 EStR). Wird ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut veräußert, ist der Veräußerungserlös Betriebseinnahme. Da als Zeitpunkt des Betriebsausgabenabzugs der Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder der Zeitpunkt der Entnahme bestimmt ist, liegen Betriebseinnahme und Betriebsausgabenabzug im selben Wirtschaftsjahr. R 6c Abs. 1 Satz 3 und 4 EStR zur Übertragung stiller Reserven nach § 6c EStG greift hier nicht.
f) Umlaufvermögen
Die Aufwendungen für die Anschaffung und Herstellung von Umlaufvermögen sind grds. Betriebsausgaben im Zeitpunkt der Verausgabung. Bei der Veräußerung von Umlaufvermögen erhöht sich der Gewinn mit der Vereinnahmung des Veräußerungsentgelts. Wird Umlaufvermögen aus dem Betrieb entnommen, ist – aufgrund der notwendigen Totalgewinngleichheit mit einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich – der Wert der Entnahme i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Betriebseinnahme anzusetzen, obwohl kein Zahlungsvorgang stattgefunden hat. Wird Umlaufvermögen zerstört, ist keine weitere Handlung vorzunehmen, da dieser Vorgang nicht zu einer Betriebseinnahme führt und die Anschaffung des zerstörten Umlaufvermögens bereits als Betriebsausgabe berücksichtigt wurde.
Die Anschaffungs- und Herstellungskosten für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind abweichend vom Grundsatz erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG); s. auch Tz. 32, e.
g) Gewillkürtes Betriebsvermögen
Auch bei einer Einnahmenüberschussrechnung kann gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden (, BStBl 2004 I S. 984). Gewillkürtes Betriebsvermögen liegt vor, wenn die betriebliche Nutzung eines Wirtschaftsguts mindestens 10 %, aber nicht mehr als 50 % beträgt (vgl. R 4.2 Abs. 1 EStR und oben Tz. 28, b). Der Nachweis über die ausgeübte Zuordnung zum Betriebsvermögen ist in unmissverständlicher Weise durch entsprechende zeitnah erstellte Aufzeichnungen zu erbringen (, BStBl 2004 I S. 1064). Ein sachverständiger Dritter, z. B. ein Betriebsprüfer, muss ohne weitere Erklärungen des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des erworbenen oder eingelegten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen erkennen können.
h) Umsatzsteuer
Bei der vereinnahmten und zu zahlenden Umsatzsteuer und Vorsteuer handelt es sich nicht um durchlaufende Posten. Vereinnahmte Umsatzsteuerbeträge (für den Umsatz geschuldete Umsatzsteuer und vom Finanzamt erstattete Vorsteuer) gehören im Zeitpunkt der Vereinnahmung zu den Betriebseinnahmen. Verausgabte Umsatzsteuerbeträge (gezahlte Vorsteuer einschließlich nach § 15a UStG zurückzuzahlenden Vorsteuer und an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuerbeträge) sind im Zeitpunkt ihrer Verausgabung Betriebsausgaben. Das gilt auch bei Aufwendungen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, bei denen die (Netto-)Anschaffungskosten nicht sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, es sei denn, die verausgabten Vorsteuerbeträge sind den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsguts zuzurechnen und nicht abziehbar (, BStBl 1982 II S. 755).
Die gezahlte Vorsteuer kann auch dann bereits im Zeitpunkt des Abflusses als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn noch nicht alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen und erst zu einem späteren Zeitpunkt vervollständigt werden. Für den Betriebsausgabenabzug gezahlter Vorsteuer ist es nicht erforderlich, dass der Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer bereits entstanden ist. Treten die Voraussetzungen für den Abzug der Vorsteuer erst nach Zahlung der Vorsteuer ein, erhält die Zahlung rückwirkend die Eigenschaft von Betriebsausgaben (, BStBl 1994 II S. 738). Das gilt sogar dann, wenn erst nach Vorliegen der vollständigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug über die Anwendung von § 9b Abs. 1 EStG entschieden werden kann, denn § 11 Abs. 2 EStG hat insoweit Vorrang ( NWB FAAAA-97319).
i) Einlagen und Entnahmen
Auch bei der Überschussrechnung sind Entnahmen (vgl. auch Tz. 30, b und 89) und Einlagen (vgl. auch Tz. 30, c und 91) zu berücksichtigen. Der Erlass einer Forderung aus privaten Gründen ist daher als Entnahme zu werten und im Erlasszeitpunkt als Betriebseinnahme anzusetzen (, BStBl 1975 II S. 526).
Wegen des beschränkten Schuldzinsenabzugs sind Entnahmen und Einlagen nach § 4 Abs. 4a Satz 6 EStG gesondert aufzuzeichnen.
j) Darlehen
Geldbeträge, die dem Betrieb durch die Aufnahme von Darlehen zugeflossen sind, stellen keine Betriebseinnahmen und Geldbeträge, die zur Tilgung von Darlehen geleistet werden, keine Betriebsausgaben dar. Das Gleiche gilt für Geldbeträge, die bei einer betrieblich veranlassten Darlehenshingabe abfließen, und für Geldbeträge, die aus dieser Darlehenstilgung wieder zufließen (, BStBl 1970 II S. 44). Dagegen kann der Verlust eines Darlehens wegen Ausfall des Schuldners als Betriebsausgabe angesetzt werden, wenn besondere Umstände die besondere betriebliche Veranlassung ergeben, und zwar in dem Zeitpunkt, in dem zweifelsfrei feststeht, dass der Darlehensbetrag weder ganz noch teilweise zurückgezahlt wird (, BStBl 1972 II S. 334; , BStBl 1979 II S. 109).
Bei der Tilgung von Fremdwährungsdarlehen sind Verluste und Gewinne aus Kurssteigerungen bzw. Kursminderungen im Zeitpunkt der Zahlung als Betriebseinnahme bzw. Ausgabe zu berücksichtigen (, BStBl 1991 II S. 228).
k) Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe
Gibt ein Einnahmenüberschussrechner seinen Betrieb auf oder veräußert er ihn, ist er so zu behandeln, als wäre er im Augenblick der Veräußerung zunächst zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen. Dies gilt ebenso bei der Veräußerung eines Teilbetriebs oder des gesamten Mitunternehmeranteils, bei der Betriebsaufgabe und in den Fällen der Einbringung zu Buch-, Zwischen- oder gemeinen Werten. S. auch R 4.5 Abs. 6 EStR und Tz. 27.
Tz. 33 Betriebseinnahmen
a) Begriff
Der Begriff der Betriebseinnahmen ist gesetzlich nicht definiert. In Anlehnung an den Einnahmebegriff (§ 8 EStG; s. Tz. 122) gelten als Betriebseinnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen oder Sachleistungen oder Nutzungsvorteile darstellen, und die dem Steuerpflichtigen aus betrieblichen Gründen zufließen (s. z. B. , BStBl 1988 II S. 995; , BStBl 1996 II S. 273). Betriebseinnahmen sind Teil der Gewinnermittlung im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbstständiger Arbeit und aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Eine solche Vermögensmehrung muss nicht notwendig als Entgelt auf eine konkrete betriebliche Leistung bezogen werden können. Betriebseinnahmen können auch bereits vor Eröffnung des Betriebs oder vor Beginn der betrieblichen Tätigkeit gegeben sein. Erträge, die einem Gesellschafter oder Gemeinschafter einer Personengesellschaft oder -gemeinschaft im Rahmen seiner Beteiligung zufließen und die durch diese Beteiligung veranlasst sind, gehören bei ihm zu den Sonderbetriebseinnahmen (, BStBl 1996 II S. 295). Für Sonderbetriebseinnahmen gelten dieselben Grundsätze wie für Betriebseinnahmen. Keine Betriebseinnahmen sind Einlagen; s. Tz. 30, c.
b) Betriebliche Veranlassung
Einnahmen sind betrieblich veranlasst, wenn sie mit dem Betrieb objektiv wirtschaftlich zusammenhängen (vgl. z. B. , BStBl 1996 II S. 273; , BStBl 1997 II S. 125). Das gilt sowohl für Hauptgeschäfte als auch für Nebengeschäfte (z. B. Veräußerung nicht mehr benötigter Anlagegüter, Abstandszahlungen für die Aufgabe betrieblicher Räume, Honorare für die Gutachtertätigkeit eines ansonsten selbständig tätigen Architekten). Nicht entscheidend ist, ob Betriebseinnahmen aus einem bürgerlich-rechtlich wirksamen, einem sitten- oder standeswidrigen oder einem strafbaren Geschäft stammen (§§ 40, 41 AO). Schmier- oder Bestechungsgelder, die z. B. im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit vereinnahmt wurden (z. B. Bestechung eines selbständigen Sachverständigen) sind daher als Betriebseinnahmen zu erfassen. Auch ungewollte oder unbeabsichtigte sowie unerwartete oder zufällige Zuflüsse können zu Betriebseinnahmen führen, wie z. B. Schadensersatzleistungen, Prämien oder Geschenke (, BStBl 1992 II S. 96, zur Schadensersatzleistung eines Steuerberaters wegen fehlerhafter Beratung als Betriebseinnahme des Mandanten). Die Zuwendungen müssen nicht mit einem konkreten Leistungsaustauschverhältnis im Zusammenhang stehen. Erforderlich ist nur, dass die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb aufweist (, BStBl 2006 II S. 650, zur Erbschaft als Betriebseinnahme). Unerheblich ist, ob die Aufwendungen von demjenigen, der sie tätigt, abgezogen oder anderweitig steuerlich geltend gemacht werden können.
Auch nachträgliche Einnahmen können betrieblich veranlasst sein, wie z. B. nach Beendigung (Aufgabe oder Einstellung) des Betriebs eingehende Forderungen aus Lieferungen oder Leistungen aus der aktiven Betriebszeit, Entschädigungen oder Einnahmen, die Hinterbliebene nach dem Tod des Betriebsinhabers als Rechtsnachfolger erhalten (§ 24 Nr. 2 EStG). Wird der Mitunternehmeranteil gegen einen gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreis veräußert, ist das Entgelt zwingend als laufende nachträgliche Betriebseinnahme zu erfassen (, BStBl 2002 I S. 532).
c) Besonderheit Tonnagesteuer
Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann der Gewinn bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach der Tonnage berechnet werden (§ 5a EStG; s. Tz. 92). In diesen Fällen werden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nicht ermittelt. Bei gemischten Betrieben müssen der Gewinn aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr und der übrige Gewinn getrennt ermittelt werden. Das erfordert eine klare und einwandfreie buchmäßige Zuordnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die durch beide Tätigkeitsbereiche veranlasst sind, sind entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen aufzuteilen. Die jeweiligen Anteile sind erforderlichenfalls zu schätzen (, BStBl 2002 I S. 614, Rz. 3).
d) Zufluss/Gewinnauswirkung
Der Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung von Betriebseinnahmen hängt von der Art der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen ab. Bei Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) sind Betriebseinnahmen im Zeitpunkt ihres Zuflusses zu erfassen. Das ist der Fall, sobald der Empfänger über sie wirtschaftlich verfügen kann (§ 11 Abs. 1 EStG; Bargeldübergabe, Bankgutschrift, Entgegennahme eines Schecks, Gutschrift auf Kautionskonto; , BStBl 1993 II S. 499). Die Forderung auf Geldzahlung ist dagegen noch keine Betriebseinnahme (, BStBl 1995 II S. 635). Zum Zufluss von Betriebseinnahmen s. auch Tz. 32, b und Tz. 127. Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG), werden die Betriebseinnahmen durch Aktivierung der Zugänge oder Ansprüche erfasst.
e) ABC der Betriebseinnahmen
aa) Betriebseinnahmen
Betriebseinnahmen sind u. a.
(1) Abstandszahlungen (, BStBl 1992 II S. 809; v. - IV R 18/02, BStBl 2003 II S. 838).
(2) Baukostenzuschüsse an Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit der Herstellung des Versorgungsanschlusses sind Vermögensvorteile, die der Zuschussgeber zur Förderung des in seinem Interesse liegenden Zwecks, nämlich der Herstellung des Anschlusses, dem Zuschussempfänger zuwendet. Das gilt unabhängig davon, durch wen die Energielieferung erfolgt und ob es sich um Tarifkunden oder um Sondervertragskunden handelt (, BStBl 2003 I S. 361).
(3) Beteiligungen, s. „Erträge aus Wertpapieren und Beteiligungen”.
(4) Druckbeihilfen, die einem Verlag von Autoren für die Veröffentlichung mit der Maßgabe gewährt werden, dass sie bei Erreichen eines bestimmten Buchabsatzes zurückzugewähren sind, erhöhen den Gewinn des Verlags im Zeitpunkt der Veröffentlichung (, BStBl 1998 II S. 244).
(5) Entgelte, Gebühren oder Honorare, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Tätigkeit von seinen Kunden, Mandanten, Patienten usw. für seine erbrachte Leistung erhält oder die ihm in diesem Rahmen als Anzahlungen oder Vorschüsse auf noch zu erbringende Leistungen zufließen.
(6) Entschädigungen, die im betrieblichen Bereich gezahlt werden, z. B. für entgangene Einnahmen (§ 24 Nr. 1 EStG; , BStBl 1993 II S. 41).
(7) Erstattungen von Betriebsausgaben, die zuvor einmal abgezogen worden sind, wie z. B. von Umsatzsteuer bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, und zwar selbst dann, wenn sich die Umsatzsteuer im Vorjahr als Vorsteuer nicht gewinnmindernd ausgewirkt hat ( NWB TAAAB-27799). Die Erstattung nicht abziehbarer Betriebsausgaben führt auch dann zu Betriebseinnahmen, wenn sie durch einen Dritten erfolgt. Entscheidend ist allein die betriebliche Veranlassung (, 165/02, BFH/NV 2003 S. 1555). Eine Ausnahme gilt für Geldbußen o. ä. Werden diese zurückgezahlt, dürfen sie den Gewinn nicht erhöhen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 3 EStG).
(8) Erträge aus Wertpapieren und Beteiligungen, wenn die Wertpapiere und die Beteiligungen zum Betriebsvermögen gehören. Die Wertpapiere oder die Beteiligungen selbst können auch Betriebseinnahmen darstellen, z. B. wenn ein Steuerberater durch Einräumung von Gesellschaftsrechten entlohnt wird und damit sein Honoraranspruch entfällt; Betriebseinnahme in Höhe des Sachwerts der erlangten Gesellschaftsrechte (, BStBl 2001 II S. 546; NWB DAAAB-17276).
(9) Gesellschaftsanteile: Leistet eine Vermögensberatungsgesellschaft im Rahmen eines Versorgungswerks zugunsten ihrer selbständig tätigen Anlageberater Zahlungen an eine Anlagegesellschaft (Immobilienobjekt) zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen, sind die Zahlungen bei den Anlageberatern in dem Zeitpunkt als Betriebseinnahmen zugeflossen, in dem sie bei der Anlagegesellschaft eingehen (, BStBl 1994 II S. 179).
(10) Hilfsgeschäfte: Einnahmen sind z. B. das dem Zahnarzt von seinem Patienten überlassene Zahngold (, BStBl 1986 II S. 607; NWB GAAAB-28839) oder die Mieteinnahmen eines Gastwirts für die Vermietung eines seiner Gesellschaftsräume.
(11) Incentive-Reisen, die von Geschäftspartnern zugewendet werden (, BStBl 1989 II S. 641). Nimmt der Gesellschafter einer Personengesellschaft an einer von einem Geschäftspartner veranstalteten „Fachtagung” teil, die den üblichen Rahmen geschäftlicher Gespräche überschreitet (z. B. viertägige Schiffsreise mit Ausflugsfahrten), ist der Wert des zugewendeten Vorteils bei der Personengesellschaft als Betriebseinnahme zu erfassen (, BStBl 1996 II S. 273). Vgl. auch , BStBl 1996 I S. 1192, zur ertragsteuerlichen Behandlung von Incentive-Reisen.
(12) Kursgewinne aus einem Fremdwährungsdarlehen (, BStBl 1991 II S. 228; Beschluss v. - IV B 31/96 NWB JAAAB-38986) sowie aus Devisentermingeschäften (, BStBl 2003 II S. 487). Die steuerliche Berücksichtigung von Kursgewinnen und -verlusten im Inland unterbleibt nur dann, wenn sie dem nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfreien Gewinn einer ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind (, BStBl 1996 II S. 588).
(13) Negative Betriebseinnahmen, s. nachfolgend unter Tz. 33, e, bb „Keine Betriebsausgaben”.
(14) Praxisgebühr ist Betriebseinnahme und nicht durchlaufender Posten (, BStBl 2004 I S. 526).
(15) Preise und Preisgelder, die ein Steuerpflichtiger im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit erzielt, insbesondere Preisgelder für wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen, wie z. B. anlässlich eines Architektenwettbewerbs. Preise zur Würdigung eines Lebenswerks sind ebenfalls Betriebseinnahmen; sie sind allerdings steuerfrei. (Vgl. dazu ausführlich , BStBl 1996 I S. 1150, unter Berücksichtigung der Änderung durch NWB CAAAA-05306).
(16) Preisnachlässe, (tatsächlich in Anspruch genommene) Rabatte und Skonti (; BStBl 1991 II S. 456; v. - III R 54/83, BStBl 1988 II S. 901).
(17) Provisionen eines Handels- und eines Versicherungsvertreters; dazu gehören auch die Eigenprovisionen, die ein Versicherungsvertreter von seinem Geschäftsherrn für den Abschluss eigener privater Versicherungen erhält (z. B. Lebensversicherung für sich oder für einen Familienangehörigen), sowie die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen, die ein Eigenkapitalvermittler als Mitunternehmer z. B. eines geschlossenen Immobilienfonds erhält (, BStBl 1998 II S. 618; , BStBl 1998 II S. 619; , BStBl 2001 II S. 717).
(18) Renten, wenn ihre Vereinnahmung betrieblich veranlasst ist, wie z. B. nach einer Veräußerung von Betriebsvermögen gegen Rentenzahlung; s. Tz. 190.
(19) Schadensersatzforderungen sowie die sich daran anschließenden Schadensersatzleistungen, wenn die Schaden stiftende Ursache einen betrieblichen Vorgang betrifft (, BStBl 1998 II S. 621); das gilt auch dann, wenn sie für das während der privaten Nutzung zerstörte Wirtschaftsgut anfallen, wenn und soweit sie über den Restbuchwert hinausgehen (R 4.7 Abs. 1 Satz 5 EStR; , BStBl 1990 II S. 8).
(20) Tauschgeschäfte: Die empfangenen Gegenstände sind in Höhe ihres gemeinen Werts Betriebseinnahmen (§ 6 Abs. 6 EStG). Das gilt auch dann, wenn das zugrunde liegende Geschäft unzulässig ist (§ 40 AO).
(21) Unentgeltliche Zuwendungen, wie z. B. Geschenke oder (Treue-)Prämien, die dem Steuerpflichtigen aus betrieblichem Anlass zufließen; s. auch oben Incentive-Reisen. Eine betriebliche Verwendung oder Verwendungsmöglichkeit ist nicht ausschlaggebend für die Annahme einer Betriebseinnahme ( NWB NAAAA-96943 zur Verbindung einer Geschäftsreise mit einer Incentive-Reise bei Mitnahme seiner nicht im Unternehmen des Steuerpflichtigen tätigen Tochter).
(22) Veräußerungserlöse für den Verkauf von Anlagegütern des Betriebsvermögens (Mobiliar, Büromaschinen, Kraftfahrzeuge usw.) in vollem Umfang, unabhängig davon, ob die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 EStG unbeschränkt, beschränkt oder gar nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden konnten ( NWB CAAAB-28353; , BStBl 1974 II S. 207); Veräußerungspreis für den Verkauf des gesamten Betriebs oder eines Teilbetriebs (zur Betriebsveräußerung oder zur Teilbetriebsveräußerung s. Tz. 190).
(23) Versicherungsleistungen, die aufgrund betrieblicher Vorfälle geleistet werden, wie z. B. nach einem Brandschaden im Betriebsgebäude oder nach einem Unfall mit einem betrieblichen Kraftfahrzeug vgl. R 4.7 Abs. 1 Satz 6 und 7 EStR sowie , BStBl 1982 II S. 591, und v. - IV R 31/02, BStBl 2006 II S. 7). Versicherungsleistungen aus einer dem betrieblichen Bereich zuzurechnenden Insassenunfallversicherung gehören zu den Betriebseinnahmen, wenn der Versicherungsnehmer auf einer Betriebsfahrt zu Schaden gekommen ist (, BStBl 1978 II S. 212).
(24) Wertpapiere, s. „Erträge aus Wertpapieren und Beteiligungen”.
(25) Zuschüsse oder Beihilfen jedweder Art, z. B. für Investitionen oder zur Existenzgründung, unabhängig davon, ob sich der Wertzuwachs im Betriebsvermögen auswirkt, solange sie aus betrieblichem Anlass gewährt werden. Nicht entscheidend ist, ob die Zuschüsse oder Beihilfen aus privaten Mitteln oder aus öffentlichen Kassen gezahlt werden (, BStBl 1998 II S. 618; , BStBl 2002 II S. 697). Bei Zuschüssen für Anlagegüter s. Wahlrecht nach R 6.5 EStR.
bb) Keine Betriebseinnahmen
Keine Betriebseinnahmen sind u. a.
(1) Darlehen ebenso wenig, wie ihre Tilgung keine Betriebsausgaben sind. Wird einem Schuldner allerdings ein (Teil eines) Darlehen(s) erlassen, liegt in dieser Höhe eine Betriebseinnahme vor (zur Behandlung als Sanierungsgewinn vgl. Tz. 29).
(2) Durchlaufende Posten, die der Steuerpflichtige im Namen und für Rechnung eines Dritten vereinnahmt, wie z. B. Gerichtskostenvorschüsse bei einem Rechtsanwalt (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG); diese Unterscheidung hat nur bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung praktische Bedeutung. Bei der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) ist sie unerheblich, weil für durchlaufende Posten zum erfolgsneutralen Ausweis ein entsprechender Passivposten einzustellen ist (, BStBl 1997 II S. 404). Nach R 4.5 Abs. 2 Satz 3 EStR kann ein Steuerpflichtiger mit Einnahmenüberschussrechnung solche durchlaufenden Gelder als Betriebsausgaben absetzen, wenn er in demselben Jahr nicht mehr mit einer Erstattung rechnen kann. Soweit der nicht erstattete Betrag in einem späteren Wirtschaftsjahr doch noch erstattet wird, ist er als Betriebseinnahme anzusetzen. Die vereinnahmte Umsatzsteuer ist kein durchlaufender Posten (, BStBl 1975 II S. 441; vgl. zur Behandlung der Umsatzsteuer bei Einnahmenüberschussrechnung Tz. 32, h).
(3) Einlagen aus dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG).
(4) Ersatz von Privataufwendungen, Erstattung privater Einkommensteuer oder Empfang höchstpersönlicher Bezüge, wie z. B. Schmerzensgeld; es fehlt die betriebliche Veranlassung.
(5) Ersparte Ausgaben.
(6) Investitionszulagen nach dem InvZulG sind zwar betrieblich veranlasste Einnahmen; gehören jedoch nicht zu den Einkünften i. S. des EStG (§ 8 InvZulG 2005, § 12 InvZulG 2007). Sie sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht als Betriebseinnahme zu erfassen. Beim Betriebsvermögensvergleich sind sie außerbilanziell zu korrigieren.
(7) Rennwett- und Spielgewinne (, BStBl 1970 II S. 411; v. - I R 133/68, BStBl 1970 II S. 865); s. aber NWB UAAAB-34370 zu einem Berufskartenspieler als Gewerbetreibendem.
(8) Versicherungsleistungen aus einer Lebensversicherung, und zwar selbst dann nicht, wenn sie zur Absicherung von betrieblichen Verbindlichkeiten eingesetzt war (, BStBl 1990 II S. 1017).
(9) Der Vorteil aus einer Bewirtung i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ist beim Bewirteten (Gast) aus Vereinfachungsgründen nicht als Betriebseinnahme zu erfassen (R 4.7 Abs. 3 EStR).
(10) Wertsteigerungen betrieblicher Wirtschaftsgüter; sie wirken sich erst bei Veräußerung oder Entnahme gewinnwirksam aus.
Tz. 34 Betriebsausgaben
a) Begriff
Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Diese mindern grds. den Gewinn unabhängig von der Art der Gewinnermittlung. Von der Gewinnermittlungsart abhängig ist ggf. der Zeitpunkt der Gewinnauswirkung. Der Steuerpflichtige trägt grds. die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür, dass Minderungen des Betriebsvermögens, die er in seiner Buchführung als betrieblich veranlasst ausgewiesen hat, tatsächlich betrieblich veranlasst waren (, BStBl 1976 II S. 562; , BStBl 1986 II S. 607). Zum Teil können Betriebsausgaben steuerlich nicht oder nur begrenzt abgezogen werden (zu den Abzugsbeschränkungen nach § 4 Abs. 5 EStG s. Tz. 36 ff.).
Aufwendungen, die einem Gesellschafter oder Gemeinschafter einer Personengesellschaft oder -gemeinschaft im Rahmen seiner Beteiligung entstehen und die durch diese Beteiligung veranlasst sind, gehören bei ihm zu den Sonderbetriebsausgaben. Das sind Aufwendungen, die nicht bereits in der Steuerbilanz der Gesellschaft oder Gemeinschaft ggf. einschließlich der Ergänzungsbilanzen erfasst sind. Für Sonderbetriebsausgaben gelten dieselben Grundsätze wie für Betriebsausgaben.
b) Aufwendungen
Betriebsausgaben können in dem tatsächlichen Abfluss von Geld oder von geldwerten Gütern aus dem Betriebsvermögen bestehen, soweit es sich nicht um eine Entnahme handelt; hierzu Tz. 30, b. Dazu gehört auch Aufwand, der noch nicht zu Ausgaben geführt hat, wenn dadurch eine Gewinnminderung eintritt (z. B. passiver Rechnungsabgrenzungsposten für rückständige Miete, Absetzungen für Abnutzung, Wertverzehr, Rückstellungen für bereits entstandene Verbindlichkeiten). Betriebsausgaben können auch in Gestalt des Verlusts oder der Zerstörung von Wirtschaftsgütern liegen (z. B. aufgrund eines Unfalls oder einer Naturkatastrophe).
c) Betriebliche Veranlassung
aa) Objektiver und subjektiver Zusammenhang
Die Aufwendungen müssen betrieblich veranlasst sein, d. h. es muss ein objektiver tatsächlicher Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Betrieb gegeben sein. Das können auch vergebliche Aufwendungen sein. Eine subjektive Absicht zur Förderung des Betriebs ist nicht erforderlich; auch unfreiwillige Aufwendungen können daher Betriebsausgaben sein. Dienen die Aufwendungen ausschließlich betrieblichen Zwecken, sind sie stets und in vollem Umfang unabhängig von ihrer Höhe Betriebsausgaben. Ohne Bedeutung ist, ob der Steuerpflichtige sie aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung oder freiwillig gemacht hat. Auch ist unerheblich, ob die Aufwendungen (un-)üblich, notwendig oder zweckmäßig sind. Fehlen diese Merkmale jedoch, kann das Rückschlüsse auf die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung zulassen, vor allem wenn die Möglichkeit einer privaten Mitveranlassung nach Art der Aufwendungen nicht auszuschließen ist (s. z. B. , BStBl 1978 II S. 620; , BStBl 1979 II S. 213; , BStBl 1981 II S. 368). Maßgebend dafür, ob ein für die Veranlassung durch eine Einkunftsart ausreichender wirtschaftlicher Zurechnungszusammenhang besteht, ist zum einen die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrunds zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (, BStBl 1999 II S. 600).
Diese Grundsätze gelten für Personengesellschaften sinngemäß. Daher sind Aufwendungen keine Betriebsausgaben, sondern als Entnahme zu beurteilen, wenn sie nicht weitaus überwiegend durch den Betrieb der Personengesellschaft, sondern in nicht bloß untergeordneter Weise durch die private Lebensführung eines oder mehrerer Gesellschafter oder diesen nahe stehenden Personen veranlasst sind (z. B. , BStBl 2005 II S. 666). Das kann auch dann gelten, wenn an der Personengesellschaft mehrheitlich Gesellschafter beteiligt sind, die zu den begünstigten Personen nicht in einem Angehörigenverhältnis stehen (, BStBl 1983 II S. 668). Die Beteiligung familienfremder Gesellschafter ist kein zwingendes Indiz für die betriebliche Veranlassung für die von der Personengesellschaft verausgabten Zahlungen (, BStBl 1992 II S. 647).
bb) Vorab entstandene Aufwendungen
Auch vorab entstandene Aufwendungen, also Aufwendungen, die vor dem eigentlichen Beginn der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit angefallen sind, können betrieblich veranlasst sein. Diese Aufwendungen sind im Zeitpunkt ihrer Bewirkung erkennbar auf eine später tatsächlich begründete Einkunftsquelle (z. B. Betrieb) und deren Begründung gerichtet (, BStBl 1992 II S. 819; , BStBl 2003 II S. 698). Das gilt auch bei Aufwendungen für Fehlmaßnahmen (, BStBl 1993 II S. 752).
Auch Schuldzinsen sowie Darlehensverluste können vorab entstandene Betriebsausgaben sein. Voraussetzung für ihre Anerkennung ist, dass ein klar erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Aufwendungen und einer bestimmten Einkunftsart besteht.
cc) Nachträgliche Betriebsausgaben
Betriebsausgaben können auch nachträglich erfasst werden (nachträgliche Betriebsausgaben), wie z. B. gezahlte Betriebssteuern, wenn bei der Gewinnermittlung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe eine Schlussbilanz nicht erstellt wurde und dies nicht zur Erlangung ungerechtfertigter Steuervorteile geschah (, BStBl 1980 II S. 692). Nach einer Betriebsaufgabe sind Schuldzinsen für ursprünglich betrieblich begründete Verbindlichkeiten nur insoweit nachträgliche Betriebsausgaben, als die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten bei der Betriebsaufgabe nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden konnten; nicht tilgbare frühere Betriebsschulden bleiben solange noch betrieblich veranlasst, bis ein etwaiges Verwertungshindernis entfallen ist (, BStBl 2007 II S. 642).
dd) Abgrenzung zu Lebenshaltungskosten
Nicht betrieblich veranlasst sind Aufwendungen der privaten Lebensführung, auch wenn sie möglicherweise geeignet sind, den Betrieb des Steuerpflichtigen zu fördern (§ 12 Nr. 1 EStG; vgl. Tz. 164). Sog. gemischte Aufwendungen dürfen nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie betrieblich veranlasst sind und sich dieser Teil nach objektiven Merkmalen und Unterlagen von den Ausgaben, die der privaten Lebensführung gedient haben, leicht und einwandfrei trennen lässt; eine Schätzung ist zulässig (s. auch R 12.1 EStR). Aufwendungen für ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens gehören nicht zu den Betriebsausgaben, soweit sie der privaten Nutzung des Wirtschaftsguts zuzurechnen sind. Werden Wirtschaftsgüter des Privatvermögens für betriebliche Zwecke genutzt, sind die dafür entstehenden Aufwendungen Betriebsausgaben (s. R 4.7 Abs. 1 EStR).
ee) Zusammenhang mit mehreren Einkunftsarten
Stehen Aufwendungen im Zusammenhang mit mehreren Einkunftsarten, ist – ggf. durch Schätzung – anhand der Veranlassung angemessen aufzuteilen. Sind die Aufwendungen in nicht unerheblichem Umfang auch privat mitveranlasst, ist das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 EStG zu beachten. Die Aufteilung der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit) einerseits sowie zwischen Wohnung und Betriebsstätte (als Betriebsausgaben) andererseits ist nicht nach der Höhe der jeweils erzielten Einkünfte, sondern nach der Veranlassung der einzelnen Fahrten vorzunehmen. Liegt allen Fahrten eine doppelte Veranlassung zugrunde, ist eine Aufteilung im Verhältnis 50:50 geboten (, BStBl 2001 II S. 575).
ff) Feststellungs- und Beweislast
Betriebsausgaben können steuerlich regelmäßig nur dann berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige den Empfänger genau benennt (§ 160 Abs. 1 AO). Dies vom Steuerpflichtigen zu verlangen, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamts. Über die Tatsache, ob Aufwendungen betrieblich oder privat veranlasst sind, trifft den Steuerpflichtigen nach den allgemeinen Regelungen der AO grds. die sog. Feststellungs- und Beweislast. Ist bei der Ermittlung von als Betriebsausgaben geltend gemachten Kosten zudem eine Abgrenzung betrieblicher von privaten Aufwendungen erforderlich, trifft den Steuerpflichtigen eine gegenüber der Regelung in § 90 AO erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Bestimmung des betrieblichen Aufwandsanteils (, BStBl 2000 II S. 273).
d) Keine Betriebsausgaben
Keine Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die für private Zwecke gemacht werden (u. a. Lebensführungs- oder Lebenshaltungskosten, § 12 Nr. 1 EStG, s. Tz. 164). Ein Betriebsausgabenabzug ist ausgeschlossen, soweit die Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen (§ 3c Abs. 1 EStG; vgl. Tz. 24). In den Fällen des § 3 Nr. 40 EStG – s. Tz. 22 (33) – können Betriebsausgaben nur zur Hälfte abgezogen werden. Zum (teilweisen) Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 EStG s. Tz. 36 ff.
Bei der Rückerstattung von Betriebseinnahmen handelt es sich nicht um Betriebsausgaben, sondern um negative Betriebseinnahmen, wenn die Verpflichtung zur Rückzahlung von Anfang an bestanden hat, z. B. Rückerstattung infolge der Anfechtung eines Rechtsgeschäfts. Negative Einnahmen liegen außerdem dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger Einnahmen zurückzahlt, die er in einem früheren Veranlagungszeitraum zu viel erhalten und versteuert hat.
Vgl. auch ABC der Betriebsausgaben; Tz. 34, i.
e) Auswirkung auf den Gewinn
Betriebsausgaben mindern den Gewinn, zu dessen Erzielung sie dienen. So mindern Veräußerungskosten den Veräußerungsgewinn, Sanierungskosten den Sanierungsgewinn, laufende Betriebsausgaben den laufenden Gewinn.
Der Maßstab für die Zuordnung von Aufwendungen zur „Veräußerungssphäre” und damit zu den Veräußerungskosten i. S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der gesetzgeberischen Wertung zu entnehmen, die die Besteuerung der stillen Reserven sicherstellen will. So weist eine Vorfälligkeitsentschädigung jedenfalls dann eine größere Nähe zu den Veräußerungskosten als zum laufenden Gewinn aus, wenn die vorzeitige Ablösung des Kredits, für die sie zu zahlen ist, in dem Veräußerungsvertrag vereinbart und darin auch bestimmt ist, dass die dem Darlehensgeber geschuldete Vorfälligkeitsentschädigung vom Veräußerer zu tragen ist (, BStBl 2000 II S. 458).
Betriebsausgaben mindern den steuerlichen Gewinn grds. unabhängig von der Gewinnermittlungsart und unabhängig davon, ob sie beim Empfänger versteuert werden. Die Gewinnminderung hängt allerdings vom Zeitpunkt der Erfassung der Betriebsausgaben ab.
f) Zeitpunkt der Erfassung/Abfluss
Der Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung von Betriebsausgaben hängt von der Art der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen ab. Bei der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG maßgebend. Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn aufgrund Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG), wirken sich die Betriebsausgaben im Zeitpunkt ihrer Entstehung oder Realisierung aus, auch wenn sie möglicherweise noch nicht abgeflossen sind.
Darüber hinaus hängt der Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung von zahlreichen gesetzlichen Regelungen ab. Diese reichen von Abzugsverbot, aktiver Rechnungsabgrenzung, über Teilabzug bis hin zu den Regelungen zur Abschreibung, d. h. Verteilung des Aufwands auf mehrere Jahre.
Als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen, sowie als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen sind bei Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite der Bilanz anzusetzen; vgl. auch Tz. 85).
Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, sind bei Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) zu aktivieren. Bei Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) sind sie in ein Bestandsverzeichnis aufzunehmen. Die Aufwendungen unterliegen den Regelungen über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses der Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Diese Regelung ist erstmals für Wirtschaftsgüter anzuwenden die nach dem angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 52 Abs. 10 Satz 2 EStG).
g) Zurechnung (Eigenaufwand/Drittaufwand)
Das objektive Nettoprinzip gebietet grds. den Abzug der vom Steuerpflichtigen zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn und soweit diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden. Maßgeblich für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben ist allein, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen auf das Wirtschaftsgut im eigenen betrieblichen Interesse selbst getragen hat und er das Wirtschaftsgut auch für die betrieblichen Zwecke nutzen darf (, BStBl 2004 II S. 780). Vgl. im Übrigen ausführlich H 4.7 EStH „Eigenaufwand für ein fremdes Wirtschaftsgut”. Auf die Herkunft der Mittel kommt es dabei nicht an. Sog. Drittaufwand, also Aufwand, der durch die betriebliche oder berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst ist, aber durch Dritte getragen wird, kann nicht als Betriebsausgabe des Steuerpflichtigen abgezogen werden (vgl. ausführlich H 4.7 EStH „Drittaufwand”).
h) Pauschalierung von Betriebsausgaben
Einen Betriebsausgaben-Pauschbetrag, ähnlich einem Werbungskosten-Pauschbetrag (s. Tz. 125) kennt das Einkommensteuerrecht nicht. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EStG enthält eine Ermächtigungsregelung für die Bundesregierung, mit Zustimmung des Bundesrats über die Höhe von besonderen Betriebsausgaben-Pauschbeträgen für bestimmte Gruppen von Betrieben eine Rechtsverordnung zu erlassen. Von dieser Ermächtigung wurde bisher noch kein Gebrauch gemacht.
Das EStG enthält allerdings bestimmte Einzelregelungen, nach denen für bestimmte Aufwendungsarten pauschale Ansätze vorgeschrieben oder möglich sind. Zum Teil sind diese Pauschalansätze mit Abgeltungswirkung versehen. Es sind dies:
Entfernungspauschale (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 i. V. mit § 9 Abs. 2 EStG),
Fahrtkosten bei Benutzung privater Beförderungsmittel (R 4.12 Abs. 2 EStR),
Verpflegungsmehraufwand (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG).
Pauschalierung der Betriebsausgaben ist möglich bei Steuerpflichtigen, die einer wissenschaftlichen, künstlerischen oder schriftstellerischen Nebentätigkeit, nachgehen, zu der auch Vortrags-, Lehr- oder Prüfungstätigkeiten gehören können. Sie können als Betriebsausgaben bis zu 25 % der Betriebseinnahmen, höchstens 614 €, ansetzen. Betriebseinnahmen, die nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei sind, bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt. Steuerpflichtige, die hauptberuflich einer schriftstellerischen oder journalistischen Tätigkeit nachgehen, können 30 % der Betriebseinnahmen, höchstens 2.455 € als Betriebsausgaben ansetzen (H 18.2 EStH). Aufwendungen für erwerbsbedingte Kinderbetreuung können zusätzlich zur Pauschale abgezogen werden (, BStBl 2007 I S. 184). Bei Hebammen (, ESt-Kartei BW § 18 EStG F. 2 Nr. 1.1) und bei Tagesmüttern wird jeweils ein pauschaler Betriebsausgabenabzug zugelassen. Der pauschale Betriebsausgabenabzug bei Einnahmen aus Kindertagespflege wurde für Veranlagungszeiträume ab 2009 neu geregelt und richtet sich nunmehr nach dem (BStBl 2008 I S. 17), geändert durch die (BStBl 2009 I S. 15) und vom - S 2246 (BStBl 2009 I S. 642).
Pauschalierungen sind Schätzungen (§ 162 AO), die auf den Erfahrungen der Finanzverwaltung beruhen. Sie dienen der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens. Obwohl sie als solche für die Gerichte nicht bindend sind, sind sie aus Gründen der Gleichbehandlung auch von den Steuergerichten zu beachten, sofern die auf Einzelfallbeobachtungen beruhenden Durchschnittswerte der Pauschsätze nicht im Einzelfall zu einer unzutreffenden Besteuerung führen. Der Steuerpflichtige kann im Einzelnen höhere Aufwendungen nachweisen oder glaubhaft machen. Soweit die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Pauschsätze erfüllt sind, hat der Steuerpflichtige unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) auch einen gerichtlich verfolgbaren Anspruch auf ihre Anwendung (, BStBl 1980 II S. 455).
i) ABC der Betriebsausgaben
aa) Betriebsausgaben
Betriebsausgaben sind u. a. die folgenden Aufwendungen:
(1) Abfindungszahlungen, Entschädigungen oder Abstandszahlungen
Ausgaben einer Kapitalgesellschaft, die dazu dienen, einen ihr lästigen Gesellschafter zum Ausscheiden aus der Gesellschaft zu bewegen, können betrieblich veranlasst sein ( NWB AAAAB-37041).
Keine Betriebsausgaben sind die Zinsen für ein Darlehen zur Finanzierung der höferechtlichen Abfindungsansprüche weichender Erben nach §§ 12 ff. HöfeO, da diese Ansprüche privat veranlasst sind (, BStBl 1994 II S. 619; , BStBl 1994 II S. 623).
Abfindungszahlungen an den Arbeitnehmer-Ehegatten sind steuerlich anzuerkennen, wenn die Abfindungsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach angemessen ist, insoweit eine Zahlungsverpflichtung eindeutig vereinbart und ernsthaft gewollt ist, ein steuerlich anerkanntes Arbeitsverhältnis besteht und auch familienfremde Arbeitnehmer unter vergleichbaren Verhältnissen eine entsprechende Abfindung erhalten (, BStBl 1985 II S. 327; v. - I R 89/84 NWB HAAAB-30903; R 4.8 EStR; H 4.8 EStH „Arbeitsverhältnis mit Kindern” und „Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten”).
Abfindungszahlungen an einen Pächter, die geleistet werden, um den Pächter zu einer vorzeitigen Aufgabe seines Pachtrechts an einem Betriebsgrundstück zu bewegen, gehören auch bei zeitlichem Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung zu den laufenden Betriebsausgaben (, BStBl 1982 II S. 691).
(2) Absetzungen für Abnutzung (AfA), Absetzungen für Substanzverringerung (AfS), Abschreibungen – s. Erläuterungen zu § 7 EStG Tz. 97 ff.
(3) Abwehrkosten sind Aufwendungen, die bestimmt oder geeignet sind, betriebliche Schäden oder Beeinträchtigungen abzuwenden (z. B. Erhaltung des eigenen Kontingents; , BStBl 1962 III S. 367; Aufwendungen zur Vermeidung der Insolvenz oder zur Wahrung des guten Rufs; , DB 1959 S. 1389; , BStBl 1972 II S. 757). Ein Veranlassungszusammenhang von Abwehrkosten mit der Erzielung von Einkünften setzt voraus, dass die abzuwehrende Gefahr durch die Einkünfteerzielung begründet ist, wie z. B. durch die Verwendung eines Wirtschaftsguts zur Einkünfteerzielung (, BStBl 1993 II S. 751; , BStBl 1997 II S. 772; , BStBl 2001 II S. 342). Kein Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung, sondern ein nicht steuerbarer Vorgang in der Vermögenssphäre liegt z. B. vor, wenn der Inhaber eines Rechts zur Abwehr der drohenden Zwangsvollstreckung in das Recht Zahlungen erbringt ( NWB NAAAB-39076, betr. Erbbaurecht).
(4) Agio, Aufgeld ist wie eine Zinszahlung Entgelt für eine Kapitalüberlassung. S. auch „Finanzierungskosten”.
(5) Arbeitslohn- und Gehaltszahlungen für Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen. Zur steuerlichen Anerkennung von Arbeitsverträgen mit Kindern oder zwischen Ehegatten s. R 4.8 EStR, H 4.8 EStH „Arbeitsverhältnis mit Kindern” und „Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten”.
(6) Arbeitsmittel (z. B. Werkzeuge und Berufskleidung) sind Wirtschaftsgüter, die (nahezu) ausschließlich unmittelbar zur Erledigung der betrieblichen oder beruflichen Aufgaben dienen (, BStBl 1993 II S. 193). Aufwendungen hierfür sind im Rahmen der allgemeinen Grundsätze sofort abziehbar oder über die Nutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Wege der AfA zu berücksichtigen (, BStBl 1992 II S. 1015; , BStBl 2004 II S. 958).
(7) Arbeitszimmer, s. Tz. 42.
(8) Aufwendungen für ein Wirtschaftsgut in fremdem Eigentum. Aufwendungen eines Pächters für die Erneuerung der Dacheindeckung eines im Eigentum des Verpächters stehenden und dem Pachtbetrieb dienenden Wirtschaftsgebäudes sind Betriebsausgaben des landwirtschaftlichen Pachtbetriebs, wenn sie in Erwartung des späteren Eigentumsübergangs erbracht worden sind (, BStBl 2004 II S. 780). Zum Eigenaufwand für ein fremdes Wirtschaftsgut insbesondere unter Ehegatten s. H 4.7 EStH „Eigenaufwand für ein fremdes Wirtschaftsgut”.
(9) Ausbildungskosten/Fortbildungskosten: Abzugsvoraussetzung ist die betriebliche oder berufliche Veranlassung; vgl. dazu Tz. 136, c.
(10) Ausstattung der Geschäftsräume wie z. B. Verkaufs- oder Ausstellungsräume, Sitzungsräume, Fabrikationsräume oder Büros, wenn sie angemessen sind; zur Angemessenheitsprüfung s. , BStBl 1986 II S. 904 (Orientteppich), und Tz. 43.
(11) Baukostenzuschüsse eines Unternehmers zur Erlangung von Büroräumen sind i. d. R. als Aufwendungen auf ein selbstständig bewertbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens (Mietrecht) zu aktivieren und entsprechend der Dauer des Mietvertrags abzuschreiben (, BStBl 1957 III S. 346). Verlorene Baukostenzuschüsse, die ein Genosse aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung einer Genossenschaft zu zahlen hat, sind als Beteiligung zu aktivieren und dürfen nur unter dem Gesichtspunkt eines niedrigeren Teilwerts abgeschrieben werden (, BStBl 1972 II S. 117). Hat eine Genossenschaft Warenrückvergütungen an Mitglieder beschlossen, die diese gleichzeitig der Genossenschaft als verlorene Baukostenzuschüsse zum Bau eines Silos zur Verfügung stellen, sind die Warenrückvergütungen bei der Genossenschaft nicht abziehbar (, BStBl 1966 III S. 321).
(12) Beiträge/Beitragszahlungen an eine Vereinigung, die nach ihrer Satzung Ziele verfolgt, die geeignet sind, der Erhaltung und Fortentwicklung des Betriebs zu dienen, und deren Geschäftsführung mit ihren satzungsgemäßen Zielen übereinstimmt (Berufsverband wie DIHK, Landwirtschaftskammer, Rechtsanwaltskammer, Steuerberaterkammer u. a.; Berufsgenossenschaft), und zwar auch dann, wenn die Verbände politische Ziele (mit)verfolgen. Zahlungen an einen Berufsverband sind allerdings keine Betriebsausgaben bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit, wenn die Geschäftsführung des Berufsverbands mit seinen satzungsgemäßen Zielen nicht übereinstimmt und der Steuerpflichtige dies bei der Beitragszahlung wusste oder für ernsthaft möglich gehalten und in Kauf genommen hat (, BStBl 1989 II S. 97; , BStBl 1994 II S. 33).
(13) Bewirtungskosten, s. Tz. 38.
(14) Bürgschaftskosten für eine aus betrieblichen Gründen übernommene Bürgschaft (, BStBl 1978 II S. 262). Zur Bürgschaft, die ein Gesellschafter einer Besitzpersonengesellschaft für Verbindlichkeiten der Betriebskapitalgesellschaft übernimmt, s. H 15.7 (4) EStH „Bürgschaft für die Betriebskapitalgesellschaft”. Erwirbt ein Bürge, zu dessen Betriebsvermögen die Beteiligung an einer GmbH gehört, infolge der Zahlungen auf die Bürgschaft die auf ihn übergehende Hauptforderung und eine inhaltsgleiche Regressforderung gegen diese GmbH, kann er bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine entsprechende Betriebsausgabe abziehen, sobald und soweit seine durch die Bürgschaftszahlungen ausgelösten (Regress-)Forderungen gegen die GmbH wegen deren Insolvenz oder deren Vollbeendigung nicht (mehr) realisierbar (werthaltig) sind (, BStBl 2005 II S. 707).
(15) Bürokosten, wenn das Büro betrieblichen oder beruflichen Zwecken dient und es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer handelt (zum häuslichen Arbeitszimmer s. Tz. 42); dazu gehören die Raumkosten wie Miete, (anteilige) Gebäude-AfA, evtl. Finanzierungskosten, Bewirtschaftungskosten (Strom, Wasser, Gas, Müllabfuhr usw.) und Reinigungskosten.
(16) Computer, Software. Computeranlagen setzen sich i. d. R. zusammen aus Hardware (körperliches Wirtschaftsgut) und Software (immaterielles Wirtschaftsgut). Die Software ist als selbständiges Wirtschaftsgut zu beurteilen, wenn sie nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbar ist (, BStBl 1987 II S. 728; , BStBl 1990 II S. 794; , BStBl 1994 II S. 873; , BStBl 2003 II S. 365). Die Behandlung der jeweiligen Aufwendungen richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach kann auch ein privat angeschaffter, aber beruflich genutzter Computer ein Arbeitsmittel sein. Die private Mitbenutzung ist unschädlich, soweit sie einen Nutzungsanteil von etwa 10 % nicht übersteigt; ein typischer „Spiele-Computer”, dessen (objektive) technischen Gegebenheiten kaum den Einsatz als Arbeitsmittel ermöglichen, kann jedoch kein Arbeitsmittel sein; die Aufwendungen dafür sind keine Betriebsausgaben (vgl. hierzu auch , BStBl 2004 II S. 985). Die Beurteilung von Aufwendungen zur Einführung eines betriebswirtschaftlichen Softwaresystems (ERP-Software) richtet sich nach dem , BStBl 2005 I S. 1025)
(17) Darlehen zwischen Angehörigen werden unter bestimmten Voraussetzungen ertragsteuerrechtlich anerkannt. Hierzu muss der Darlehensvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen sein, tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden und dem sog. Fremdvergleich standhalten. Wichtig ist die Trennung der Vermögens- und der Einkunftssphären der Vertragspartner (, BStBl 1992 I S. 729; , BStBl 1993 I S. 410; , BStBl 2001 I S. 348; , BStBl 2007 I S. 441; H 4.8 EStH „Darlehensverhältnisse zwischen Angehörigen”). Ein besonders strenger Maßstab wird bei schenkungsbegründeten Darlehen angelegt (, BStBl 1996 II S. 443; , BStBl 2001 II S. 393; sowie , BStBl 2002 II S. 685, zu einem Darlehensvertrag zwischen einer Personengesellschaft und dem Kind des beherrschenden Gesellschafters). Der Auffassung des BFH, wonach bei der steuerrechtlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen der zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses nur indizielle Bedeutung beizumessen ist, folgt die Finanzverwaltung nicht (, BStBl 2007 I S. 441). Bei partiarischen Darlehen kommt hinzu, dass die Verzinsung des Darlehens in einem den Umständen des Falles nach angemessenen Verhältnis zur Darlehenssumme stehen muss (, BStBl 1971 II S. 424); s. auch „Finanzierungskosten”.
(18) Erfindervergütung. Zahlt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer für die Inanspruchnahme einer Diensterfindung laufend eine von der Höhe des Absatzes der Produkte abhängige Erfindervergütung, sind die laufenden Zahlungen auch dann als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn der Arbeitnehmer als Gesellschafter in das Unternehmen des Arbeitgebers eingetreten ist (, BStBl 1976 II S. 746).
(19) Erhaltungsaufwand für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens. Die Abgrenzung zum Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand ist insbesondere bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von Bedeutung (s. hierzu § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG; Tz. 79, d und 227, c).
(20) Fachliteratur, Fachzeitschriften z. B. eines Rechtsanwalts oder eines Steuerberaters (, BStBl 1962 III S. 5). Für den Betriebsausgabenabzug eines Fachbuchs ist der belegmäßige Nachweis mit Angabe des Titels des jeweiligen Werks erforderlich. Eine Rechnung mit der Angabe „Fachliteratur” reicht nicht aus. Auch ein Publizist kann nur Aufwendungen für Fachbücher, nicht dagegen für Bücher allgemein bildenden Inhalts als Betriebsausgaben abziehen; dies gilt auch, wenn diese Bücher bei der Abfassung einer eigenen Veröffentlichung mit herangezogen worden sind (, BStBl 1992 II S. 1015 m. w. N.). Aufwendungen für den Bezug einer Tageszeitung können grds. nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (, BStBl 1962 III S. 368; , BStBl 1983 II S. 715); Ausnahme: eine nahezu ausschließliche betriebliche Verwendung der Zeitung erscheint nach den besonderen Umständen des Falls als sicher, wie bei Tageszeitungen und Zeitschriften, die im Wartezimmer von Ärzten, Frisören, Rechtsanwälten usw. ausliegen. Aufwendungen für ein allgemeines Nachschlagewerk (z. B. Konversationslexikon) gehören regelmäßig zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebenshaltung (, BStBl 1977 II S. 716).
(21) Fahrtkosten für betrieblich veranlasste Fahrten, wie z. B. Geschäftsreisen, Fahrten zwischen den Betriebsstätten, Mandanten- oder Patientenbesuche. Unter die Fahrtkosten fallen sämtliche Aufwendungen, die der Steuerpflichtige aufwenden muss, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Fahrtkosten unterliegen zum Teil Abzugsbegrenzungen (Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte, Familienheimfahrten); s. Tz. 51.
(22) Finanzierungskosten sind Aufwendungen zur Beschaffung und/oder Bereitstellung von Geldmitteln. Dazu gehören Zinsen, Bereitstellungsgebühren, Notariatsgebühren, Vermittlungsprovisionen, Abschluss-, Beratungs- und Verwaltungsgebühren sowie Damnum, Agio und Disagio als zinsähnliche Aufwendungen. Finanzierungskosten sind betrieblich veranlasst, wenn die Geldmittel, für die sie anfallen, betriebliche Aufwendungen finanzieren (z. B. Zinsen für ein Darlehen zum Erwerb eines Betriebsgebäudes). Sie gehören regelmäßig zu den laufenden Betriebsausgaben und nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Zur Behandlung des Disagios vgl. , BStBl 2000 II S. 259; , DB 1989 S. 2473; , DB 1990 S. 1610. S. auch „Darlehen zwischen Angehörigen”.
(23) Flugkosten für betrieblich oder beruflich veranlasste Flüge. Das können Aufwendungen anlässlich von Geschäftsreisen, aber auch z. B. Reklamekosten (Kleinflugzeug zieht Reklamespruchband, Zeppelin mit Werbeaufschrift) sein. Es kann sich aber auch um Ausbildungskosten, z. B. eines angehenden Piloten, handeln. Die durch die Anmietung eines Hubschraubers anfallenden Kosten sind abziehbar, wenn der Steuerpflichtige den Hubschrauber ausschließlich betrieblich nutzt (, BStBl 1985 II S. 458). Gehört ein Flugzeug zum Betriebsvermögen, sind die Aufwendungen nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zu behandeln. Die Nutzung für private Flüge stellt eine mit dem Teilwert zu bewertende Privatentnahme i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG dar, die ohne Rücksicht auf die Auslastung des Flugzeugs durch Aufteilung der jährlichen Gesamtaufwendungen für das Flugzeug – einschließlich sämtlicher fixen Kosten – in einen betrieblichen und einen privaten Anteil zu berechnen ist; Teilungsmaßstab sind die betrieblich und privat zurückgelegten Flugminuten, festzustellen z. B. anhand des Bordbuchs (, BStBl 1980 II S. 176). Betriebsausgaben liegen auch vor, wenn ein Reisebüro, das Pauschalflugreisen veranstaltet, zur Beförderung der Reiseteilnehmer Flugzeuge im eigenen Namen und für eigene Rechnung chartert (, BStBl 1967 III S. 211). Zu Aufwendungen für ein Oldtimer-Flugzeug s. aber Tz. 40.
(24) Flugzeugführerschein. Aufwendungen für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins sind grds. als vorab entstandene Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen (z. B. , BStBl 2004 II S. 884). Sie sind als Fortbildungskosten (s. dort) nur dann Betriebsausgaben (oder Werbungskosten), wenn mit der Fortbildungsmaßnahme lediglich eine höhere Qualifikation in dem vom Steuerpflichtigen bereits ausgeübten Beruf, nicht hingegen der Wechsel zu einem anderen Beruf angestrebt wird ( NWB QAAAA-67866).
(25) Fonds. Zur ertragsteuerlichen Behandlung von Aufwendungen im Rahmen von Fonds und Fondbeteiligungen s. , BStBl 2003 I S. 546, sowie Hensel/Keisinger, NWB F. 3, S. 12975 ff. NWB EAAAB-25328.
(26) Forschungs- und Entwicklungskosten sind nicht Aufwendungen zur Herstellung der neuentwickelten Erzeugnisse. Sie sind allenfalls Aufwendungen (Herstellungskosten) für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (Know-how, Erfindungen usw.). Sie dürfen nach § 5 Abs. 2 EStG nicht aktiviert werden und können daher sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Sie sind zu unterscheiden von entgeltlich erworbenen Forschungsergebnissen, die aufgrund des entgeltlichen Erwerbs bei entsprechendem betrieblichem Zusammenhang zu aktivieren sind. Zu aktivieren sind auch die Kosten für die Schaffung von Werkzeugen oder Vorrichtungen im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsbereichs. Deren AfA geht in die Forschungskosten mit ein (, BStBl 1979 II S. 634; , BStBl 1984 II S. 17).
(27) Führerschein. Aufwendungen, die ein Unternehmer dafür macht, dass ein von ihm beschäftigter Arbeitnehmer den Führerschein erwirbt, um ein nach Bauart und Ausstattung (Werkstattwagen mit eingebauten Arbeitsgeräten) als Betriebsfahrzeug gekennzeichnetes Kraftfahrzeug führen zu können, sind Betriebsausgaben (, BStBl 1968 II S. 773).
(28) Geldverlust durch Diebstahl, Unterschlagung usw. Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG muss die vorherige Zugehörigkeit der verlorenen Geldbeträge zum Betriebsvermögen in eindeutiger, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechender Weise klargestellt (, BStBl 1962 III S. 366) und der betriebliche Zusammenhang anhand konkreter und objektiv greifbarer Anhaltspunkte festgestellt sein (, BStBl 1992 II S. 343). Durch Einbruchdiebstahl eingetretener Geldverlust führt dann zu Betriebsausgaben, wenn hiervon Betriebsvermögen im Unternehmen des Steuerpflichtigen betroffen ist. Dabei wird die erforderliche betriebliche Veranlassung durch die Zweckbestimmung des betroffenen Wirtschaftsguts hergestellt, auch wenn der Einbruch als neutraler, nicht dem Betrieb zuzurechnender Vorgang zu werten ist ( NWB OAAAA-67900).
(29) Geschenke, s. Tz. 37.
(30) Gewährleistungsaufwendungen bei Inanspruchnahme (z. B. Rückzahlung oder Teilrückzahlung eines Kaufpreises, in Anspruch genommene Minderung des Kaufpreises), wenn die Gewährleistung aus betrieblichen Gründen übernommen worden war (, BStBl 2002 II S. 227); z. B. auch, wenn ein Steuerberater eine Honorarforderung nicht einzieht und sie erlässt, weil er ihre Beitreibung wegen zu erwartender Einreden aus Gründen der Gewährleistung für aussichtslos erachtet (, BStBl 1975 II S. 526).
(31) Gründungskosten einschließlich der Aufwendungen für die Ingangsetzung und ggf. für die Erweiterung des (Geschäfts-)Betriebs i. S. der § 269 HGB, § 282 HGB, wie z. B. Kosten für die Planung, den Organisationsaufbau, Werbung, Beratung, Besichtigung geeigneter Bürogebäude, Gebühren, Entwicklungskosten, Gerichts- und Notarkosten bei Betriebsgründung, Kosten der Kapitalbeschaffung.
(32) Grund und Boden und Gebäude. Die Aufwendungen sind zu unterscheiden nach Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den Grund und Boden, für das Gebäude oder für die Außenanlagen einerseits und Erhaltungsaufwendungen andererseits. Die jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind zu aktivieren und nach den allgemeinen Grundsätzen abzuschreiben. Erhaltungsaufwendungen können regelmäßig sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Folgende Aufwendungsarten sind zu unterscheiden:
Abbruchkosten, s. H 6.4 EStH „Abbruchkosten”
Anschaffungskosten, s. Tz. 77 und 78.
Anschaffungsnaher Aufwand, s. Tz. 78, d.
Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen (Eigenleistung) gehört nicht zu den Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Grund und Boden und dem Gebäude, unabhängig davon, ob es sich um Anschaffungs-, Herstellungs-, Reparatur- oder Instandsetzungsarbeiten handelt (, BStBl 1995 II S. 713). Die Tätigkeitsvergütung, die eine Personengesellschaft, die ein Betriebsgebäude errichtet, einem ihrer Gesellschafter für die Bauaufsicht und für die Koordinierung der Handwerkerarbeiten zahlt, gehört zu den Herstellungskosten des Gebäudes (, BStBl 1996 II S. 427).
Ausgleichsbeträge nach § 154 BauGB sind sofort abziehbar, wenn z. B. vorhandene Anlagen ersetzt oder modernisiert werden. Wird das Grundstück in seiner Substanz oder seinem Wesen verändert, sind es Anschaffungs- oder Herstellungskosten (, BStBl 2003 I S. 489).
Außenanlagen. Bei der Hofbefestigung, der Straßenzufahrt und der Umzäunung handelt es sich um gegenüber dem Betriebsgebäude selbständige Wirtschaftsgüter (keine Gebäudeteile), die dem Zweck dienen, das Grundstück zu erschließen und zugänglich zu machen (, BStBl 1983 II S. 686). Zur Frage der ertragsteuerlichen Behandlung der Aufwendungen für eine sog. lebende Umzäunung s. , BStBl 1966 III S. 541. Aufwendungen für das Freimachen eines Grundstücks von Buschwerk und Bäumen (Erdarbeiten), soweit dies für die Herstellung des Gebäudes oder von Außenanlagen erforderlich ist, gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes oder der Außenanlage (, BStBl 1995 II S. 71). Aufwendungen für übliche Erdarbeiten wie Abtragen, Lagerung, Einplanierung oder Abtransport des Mutterbodens, der Aushub des Bodens für die Baugrube, seine Lagerung und ggf. sein Abtransport gehören regelmäßig zu den Herstellungskosten des zu errichtenden Gebäudes und der Außenanlagen, weil sie nicht durch den Erwerb des (wirtschaftlichen) Eigentums am Grund und Boden, sondern durch die Errichtung des Gebäudes und der Außenanlage veranlasst sind. Bei Grundstücken können auch Aufwendungen anfallen, die als nachträgliche Herstellungskosten des Grund und Bodens anzusehen sind, z. B. wenn Grundstücke wie Unland oder ehemaliges Straßengelände erstmals für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung urbar gemacht werden (, BStBl 1980 II S. 147, zu hohen anschaffungsnahen erstmaligen Bearbeitungskosten einer in Südamerika gelegenen Naturschafweide, die für eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung erforderlich waren). Erfährt der Grund und Boden durch die Maßnahme eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung, handelt es sich um nachträgliche Herstellungskosten des Grund und Bodens (vgl. auch § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB), ansonsten um sofort abziehbare Betriebsausgaben (, BStBl 1994 II S. 512 zu den Kosten einer Hangabtragung). Eine Gartenanlage ist ein selbständiges Wirtschaftsgut, das sowohl von dem Grund und Boden als auch von dem Gebäude zu trennen ist. Die Aufwendungen zur Unterhaltung des Gartens dienen der Erhaltung dieses selbständigen Wirtschaftsguts (, BStBl 1997 II S. 25).
Baumängelbeseitigung. Die Aufwendungen gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, wenn die Mängel vor Fertigstellung des Gebäudes aufgetreten sind, unabhängig davon, wann die Mängel tatsächlich beseitigt werden. Die Mängel rechtfertigen keine Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG (, BStBl 1988 II S. 431; , BStBl 1992 II S. 805; , BStBl 1995 II S. 306).
Erdarbeiten, s. „Außenanlagen”.
Erschließungsbeiträge, Straßenanliegerbeiträge und andere auf das Grundstückseigentum bezogene kommunale Beiträge und Beiträge für sonstige Anlagen außerhalb des Grundstücks:
Erstmalige Maßnahmen führen zu (nachträglichen) Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Das gilt auch für von der Gemeinde (wenn auch erst nach Jahren) aufgrund einer Satzungsänderung vom Grundstückseigentümer nachgeforderte Erschließungsbeiträge (, BStBl 1997 II S. 811).
Nachträgliche Maßnahmen, z. B. bei Ersetzen oder Modernisieren vorhandener Erschließungseinrichtungen oder die bauliche Veränderung des Straßenbelags und der Gehwege zur Schaffung einer verkehrsberuhigten Zone, führen zu sofort abziehbarem Aufwand (, BStBl 1994 II S. 842). Das gilt auch für Ergänzungsbeiträge, die Eigentümer von bereits an die Kanalisation angeschlossenen Grundstücken für den Bau einer neuen biologischen Kläranlage aufgrund einer Ortssatzung an die Gemeinde entrichten müssen (, BStBl 1985 II S. 49; , BStBl 1987 II S. 333). Ausnahme: Nachträgliche Anschaffungskosten liegen vor, wenn das Grundstück durch die Maßnahme in seiner Substanz oder in seinem Wesen verändert wird (, BStBl 1991 II S. 448; NWB TAAAB-33812).
Wird ein zusammenhängendes Grundstück an die Kanalisation angeschlossen und werden dadurch bisher als Weideland genutzte Flächen bebaubar, handelt es sich bei den darauf entfallenden Abwasserbaubeiträgen auch dann um nachträgliche Anschaffungskosten für den Grund und Boden, wenn ein im Übrigen aufstehendes Wohngebäude bereits über eine Sickergrube verfügte (, BStBl 2004 II S. 282).
Beiträge für die Zweiterschließung eines Betriebsgrundstücks durch eine weitere Straße sind nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens, wenn sich der Wert des Grundstücks aufgrund einer Erweiterung der Nutzbarkeit oder einer günstigeren Lage erhöht (, BStBl 1995 II S. 632).
Erschließungsbeiträge für eine öffentliche Straße, durch die eine bisherige private Anbindung eines Grundstücks an das öffentliche Straßennetz ersetzt wird, stellen sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand dar, wenn die Nutzbarkeit des Grundstücks durch die öffentliche Erschließungsmaßnahme nicht verändert wird, weil sich die öffentliche Straße nicht wesentlich von der bisherigen privaten Erschließung unterscheidet. Hierbei ist unbeachtlich, ob die bisherige Straße von der Gemeinde lediglich als Provisorium betrachtet und der Grundstückseigentümer zu deren Herstellungskosten herangezogen worden war (, BStBl 1996 II S. 89; , BStBl 1996 II S. 190; , BStBl 1996 II S. 134). S. auch „Hausanschlusskosten” und „Privatstraße”.
Fahrtkosten. Errichtet der Steuerpflichtige ein Gebäude teilweise in Eigenleistung, gehören die ihm hierbei entstehenden Kosten für Fahrten zur Baustelle in tatsächlicher Höhe zu den Herstellungskosten (, BStBl 1995 II S. 713).
Flächenbeträge nach § 58 Abs. 1 BBauG bzw. BauGB können zu nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und Bodens führen, und zwar auch dann, wenn ein förmliches Umlegungsverfahren durch privatrechtliche Vereinbarungen vermieden wurde (, BStBl 1990 II S. 126).
Gartenanlage, s. „Außenanlagen”.
Grunderwerbsteuer gehört zu den Anschaffungsnebenkosten des Grundstücks (oder des Wirtschaftsguts Erbbaurecht). Die Grunderwerbsteuer, die für den privaten Erwerb eines Grundstücks durch den Gesellschafter einer OHG anfällt, ist auch dann nicht als Betriebsausgabe der Gesellschaft abzugsfähig, wenn der Grunderwerbsteuerbescheid die Gesellschaft als Erwerberin des Grundstücks bezeichnet und das Finanzamt sie als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen hat (, BStBl 1978 II S. 189). Aussetzungszinsen für Grunderwerbsteuer sind keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten (, BStBl 1995 II S. 835). Hingegen gehören Säumniszuschläge zur Grunderwerbsteuer zu den Anschaffungskosten des Grundstücks (, BStBl 1992 II S. 464).
Hausanschlusskosten können sowohl Erhaltungsaufwand sein als auch zu den Anschaffungs- oder zu den Herstellungskosten des Grund und Bodens oder des Gebäudes gehören. Der an die Gemeinde zu zahlende Kanalbaubeitrag (Kanalanschlussgebühr) gehört zu den Aufwendungen auf den Boden und nicht zu den Herstellungskosten des Hauses. Aufwendungen für die Herstellung der Zuleitungsanlagen vom Haus zum öffentlichen Kanal (Hausanschlusskosten) einschließlich der sog. Kanalanstichgebühr gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes (, BStBl 1968 II S. 178). Die Kosten für den Anschluss eines Hauses an das Stromversorgungsnetz gehören zu den Herstellungskosten des Hauses (, BStBl 1965 III S. 226). Der Ersatz vorhandener Anschlüsse gehört zu den Erhaltungsaufwendungen. Wird eine bereits vorhandene Heizungsanlage umgestellt und in diesem Zusammenhang erstmalig an das Erdgasnetz angeschlossen, handelt es sich ebenfalls um Erhaltungsaufwand (H 6.4 EStH „Hausanschlusskosten – Anschlüsse an Versorgungsnetze”.
Herstellungskosten, s. Tz. 78.
Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen, s. hierzu Tz. 78, d und 227, c
Mieterein- und -umbauten, s. Tz. 78, b, dd.
Planungskosten für die (ursprüngliche) Planung eines Gebäudes gehören zu den Herstellungskosten, wenn später ein die beabsichtigten Zwecke erfüllendes Gebäude erstellt wird und den Aufwendungen tatsächlich erbrachte Leistungen gegenüberstehen. Handelt es sich bei dem ursprünglich geplanten Gebäude und dem errichteten Gebäude nach Zweck und Bauart um zwei völlig verschiedene Bauwerke, gehören die Kosten für die ursprüngliche Planung ganz oder teilweise zu den Herstellungskosten des Gebäudes, wenn sie in irgendeiner Form der Errichtung des Gebäudes gedient haben (, BStBl 1984 II S. 303; , BStBl 1984 II S. 306; , BStBl 1999 II S. 20).
Privatstraße. Aufwendungen des Erwerbers eines Grundstücks für eine von einem Dritten zu errichtende Privatstraße stellen auch dann Anschaffungskosten eines selbständig abnutzbaren Wirtschaftsguts dar, wenn die Straße der erstmaligen Erschließung des Grundstücks dient (, BStBl 2000 II S. 257). Erschließungsbeiträge für öffentliche Straße anstelle bisher vorhandener Privatstraße sind Erhaltungsaufwand, wenn die Nutzbarkeit des Grundstücks hierdurch nicht verändert wird (, BStBl 1996 II S. 89).
Renovierungskosten, s. hierzu Tz. 78, d und 227, c.
Stellplätze. Aufwendungen für die Ablösung der Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen sind Herstellungskosten des Gebäudes (, BStBl 1984 II S. 702; , BStBl 2003 II S. 710).
Vorauszahlungen auf Herstellungskosten gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit ihnen Herstellungsleistungen des Bauunternehmers gegenüberstehen, selbst wenn diese mangelhaft sind. Hat der Steuerpflichtige infolge Insolvenz des Bauunternehmers keine Gegenleistung erhalten und kann er die Vorauszahlungen auch nicht zurückerhalten, können die Vorauszahlungen als Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) abgezogen werden (, BStBl 1990 II S. 830; , BStBl 1992 II S. 805). Vorauszahlungen auf Anschaffungskosten können im Jahr der Zahlung als Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) abgezogen werden, wenn im Zeitpunkt der Zahlung davon auszugehen ist, dass das Anschaffungsgeschäft nicht zustande gekommen ist und eine Rückzahlung nicht erlangt werden kann (, BStBl 2002 II S. 758).
Wesentliche Verbesserung des Gebäudes führt nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu Herstellungskosten, wenn drei der vier für den Gebrauchswert eines Wohngebäudes wesentlichen Bereiche (Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallationen und Fenster) von einem ursprünglich sehr einfachen auf einen nunmehr mittleren oder von einem ursprünglich mittleren auf einen nunmehr sehr anspruchsvollen Standard gehoben worden sind (, BStBl 2003 II S. 590).
Zwangsräumung. Wird ein unbebautes besetztes Grundstück zwangsweise geräumt, um es anschließend teilweise bebauen und teilweise als Freifläche vermieten zu können, sind die Aufwendungen für die Zwangsräumung, soweit sie die zu bebauende Fläche betreffen, Herstellungskosten der später errichteten Gebäude, und soweit sie die Freifläche betreffen, Anschaffungskosten des Grund und Bodens (, BStBl 2004 II S. 872).
(33) Hunde. Betriebsausgaben sind z. B. Kosten für die Unterbringung (Zwinger), die Reinigung, die Pflege, das Futter, die medizinische Versorgung, Halterhaftpflichtversicherung sowie die Hundekrankenversicherung usw. bei einem (gewerblichen) Hundezuchtbetrieb oder für Hunde, die aus anderen betrieblichen oder beruflichen Gründen gehalten werden, wie z. B. der Jagdhund eines Jägers, den dieser (fast) ausschließlich zum Zweck seiner Berufsausübung hält, Polizei- oder Wachhunde von gewerblichen Wachdiensten sowie Versuchstiere in einem Labor (, BStBl III 1960 S. 163; , BStBl 1980 II S. 210). Aufwendungen für die Hundehaltung zur Sicherung eines Tanzschulbetriebs sind nur in Ausnahmefällen betrieblich veranlasst (, EFG 1983 S. 342). Eine Landärztin kann die Kosten eines Hundes, den sie zu ihrem Schutz hält, nicht als Betriebsausgaben abziehen (, BStBl 1979 II S. 512). Aufwendungen für private Jagdhunde gehören zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung; s. Tz. 163 und 164.
(34) Jagd, s. Tz. 40.
(35) Kleidung. Kosten für Berufskleidung, wie z. B. der Blaumann des Installateurs, die schwarze Arbeitskleidung des Schornsteinfegers, Schutzkleidung, Kittel oder der weiße Arbeitsanzug des Bäckermeisters; s. im Übrigen Tz. 34, i, bb „Kleidung”.
(36) Kraftfahrzeugkosten für betrieblich veranlasste Fahrten. Zur Abzugsbegrenzung bei Aufwendungen für Fahrten (Wege) zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten s. Tz. 51. Zur Nutzungsentnahme wegen privater Nutzung eines Kraftfahrzeugs des Betriebsvermögens s. Tz. 90. Bei Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das nicht zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört, ist der Ansatz pauschaler Kilometersätze zulässig (R 4.12 Abs. 2 Satz 2 EStR i. V. mit R 9.5 LStR und H 9.5 LStH „Pauschale Kilometersätze”).
(37) Krankheitskosten, wenn sie durch eine typische Berufskrankheit entstanden sind oder wenn der Zusammenhang mit dem Beruf eindeutig ist, wie z. B. bei der Beseitigung von auf einer betrieblich veranlassten Fahrt erlittenen Gesundheitsschäden (, BStBl 1960 III S. 511). Das gilt auch für Aufwendungen zur Anschaffung von medizinischen Hilfsmitteln, wie etwa eine Brille (z. B. , BStBl 1993 II S. 193). Aufwendungen für den Erwerb einer Bildschirm-Arbeitsbrille können nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Sehbeschwerden auf die Tätigkeit am Bildschirm zurückgeführt werden können ( NWB OAAAB-68117). Es handelt sich aber nur insoweit um Betriebsausgaben, als die Aufwendungen nicht von dritter Seite (Krankenkasse, Unfallversicherung, Beihilfen) erstattet werden; s. im Übrigen Tz. 34, i, bb „Krankheitskosten”.
(38) Kursverluste im Zusammenhang mit einem Fremdwährungsdarlehen. Bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich wirkt sich ein infolge des Anstiegs der Fremdwährung verursachter Kursverlust durch Erhöhung der Darlehensverbindlichkeit gewinnmindernd aus. Wird bei Gewinnermittlung durch Überschussrechnung ein Fremdwährungsdarlehen aufgenommen, ist ein infolge Kursrückgangs der Fremdwährung sich ergebender Kursgewinn als Betriebseinnahme zu erfassen; bei einer Teiltilgung ist der Kursverlust, der sich infolge Kursanstiegs der Fremdwährung ergibt, Betriebsausgabe des Jahrs der (Teil-)Tilgung (, BStBl 1991 II S. 228).
(39) Maschinen, Maschinenpark. Aufwendungen für Maschinen des Betriebsvermögens, einschließlich Ersatzteilen, Fundamentierungsarbeiten, Reparaturen, Schrottwert, Sprinkler-Anlage, Teilabbruch, Vorrichtungen an Maschinen, Spezialwerkzeug, Formen usw., soweit es sich nicht um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt.
(40) OR-Geschäft (Geschäft ohne Rechnung). Kein Betriebsausgabenabzug, wenn der Steuerpflichtige den Empfänger nicht genau benennt (§ 160 AO).
(41) Pensionskassen/Unterstützungskassen/Direktversicherungen und Pensionsfonds. Zum Abzug von Beiträgen s. Tz. 54.
(42) Rechtsberatungs- und Prozesskosten teilen als Folgekosten das rechtliche Schicksal der Aufwendungen, um die gestritten wird (, BStBl 1988 II S. 431; , BStBl 1993 II S. 486). Fehlen bei der Geltendmachung angeblich betrieblich veranlasster Gerichtskosten und Anwaltskosten die beruflichen Gesichtspunkte, sind die Aufwendungen nicht abziehbar ( NWB FAAAB-68107). Rechtsberatungskosten, die einem Steuerberater durch die gerichtliche Überprüfung einer Prüfungsentscheidung betreffend die Prüfung zum vereidigten Buchprüfer entstehen, sind betrieblich veranlasst ( NWB UAAAB-07867). Kosten der Strafverteidigung können – im Gegensatz zur Strafe (§ 12 Nr. 4 EStG; vgl. Tz. 167) – auch bei einer Verurteilung ausnahmsweise Betriebsausgaben sein, wenn die zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist (, BStBl 1995 II S. 457; NWB NAAAA-68009); s. im Übrigen Tz. 34, i, bb „Prozesskosten”.
(43) Reisekosten. Aufwendungen für Geschäftsreisen (Verhandlung mit Geschäftspartnern, Besuch eines Lieferanten, eines Kunden, eines Mandanten, eines Vertreters, einer Fachmesse, betrieblicher Behörden- oder Bankbesuch, Reise zu einer weiteren auswärtigen Betriebsstätte) sind vom Grundsatz her betrieblich veranlasst. Hierzu gehören die Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen sowie ggf. die Unterbringungskosten (Übernachtungskosten). Das gilt auch dann, wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden. Anders dagegen sind Auslandsreisen zu beurteilen, denen ein solcher konkreter Bezug zur betrieblichen (beruflichen) Tätigkeit fehlt. Hierher gehören insbesondere Reisen zu Informationszwecken (Gruppenreisen zu Studienzwecken, Kongressreisen), denen ein unmittelbarer betrieblicher Anlass fehlt. Die Beurteilungsmerkmale, die für eine private oder betriebliche (berufliche) Veranlassung der Reise sprechen, sind gegeneinander abzuwägen (, BStBl 1979 II S. 213; , BStBl 1989 II S. 19). Dabei kann es z. B. auf die Art der dargebotenen Information, den Teilnehmerkreis, die Reiseroute und den Charakter der aufgesuchten Orte als beliebte Ziele des Tourismus, die fachliche Organisation, die Gestaltung der Wochenenden und Feiertage sowie die Art des benutzten Beförderungsmittels ankommen (, BStBl 1983 II S. 409, zu einer fachlich organisierten einwöchigen Auslandsreise in die USA; , BStBl 1987 II S. 208, zu einer Kunstmalerin, die eine Reise in ein beliebtes Urlaubsgebiet unternommen hat, um dort zu malen). Hängt die betriebliche Mitveranlassung der Reise mit einem Urlaubsaufenthalt an demselben Ort zusammen, können die Kosten der Reise zu dem Zielort und zurück einschließlich der Reisenebenkosten ebenso wie die Kosten des Urlaubsaufenthalts nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (, BStBl 1992 II S. 898). Wird ein Fachkongress besucht, gilt die Reise i. d. R. dann als betrieblich veranlasst, wenn sie dem Besuch eines straff organisierten Fachkurses dient. Die Teilnahme ist nachzuweisen (, BStBl 1974 II S. 291; , BStBl 1977 II S. 829; , BStBl 1989 II S. 405). Nimmt der Kommanditist und Prokurist einer KG an dem Kongress eines internationalen Berufsverbands im Ausland teil, dessen Mitglied sowohl er als auch die KG sind, und wirkt er als Funktionär an dem Kongress aktiv mit, sind seine Reisekosten Betriebsausgaben der KG, sofern die Reise weitaus überwiegend betrieblichen Zwecken der KG diente (, BStBl 1985 II S. 325). Die Aufwendungen für Studien- und Geschäftsreisen für die mitfahrende Ehefrau können Betriebsausgaben sein, wenn die Ehefrau im Betrieb des Ehemanns in führender Position mitarbeitet und überdurchschnittliche Kenntnisse auf dem beruflichen Spezialgebiet des Ehemanns besitzt (, BStBl 1980 II S. 386). S. auch „Verpflegungsmehraufwendungen” und „Fahrtkosten”.
(44) Reklamekosten oder Werbekosten, wie z. B. Aufwendungen für Produktprospekte, Zeitungsannoncen, Plakate, Radio- und Fernsehwerbung; s. auch „Sponsoring”.
(45) Renten, Rentenablösung. Leistungen, die in Erfüllung einer Rentenvereinbarung erbracht werden, wenn und soweit der Abschluss der Rentenvereinbarung betrieblich veranlasst war (, BStBl 1979 II S. 403). Auf eine nach Betriebsaufgabe weiterhin als Betriebsschuld zu behandelnde verbleibende Rentenverpflichtung entfallende Zinsen sind nachträgliche Betriebsausgaben (, BStBl 1985 II S. 323; , BStBl 2000 II S. 120). Voraussetzung für eine betriebliche Veräußerungs-/Erwerbsrente ist, dass die Beteiligten subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen sind (, BStBl 1983 II S. 99). Trotz objektiver Ungleichgewichtigkeit von Leistung und Gegenleistung kann eine betriebliche Veräußerungs-/Erwerbsrente vorliegen, wenn die Vertragsparteien subjektiv von der Gleichwertigkeit ausgegangen sind (, HFR 1964 S. 416; , BStBl 1992 II S. 465). Betriebsausgaben sind z. B. betrieblich veranlasste Versorgungsrenten (, BStBl 1979 II S. 403; , BStBl 1989 II S. 888). Beim Erwerb von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens gegen Leibrente sind Zinszahlungen nur insoweit als Betriebsausgaben abziehbar, als die jährlichen Rentenzahlungen die jährliche Barwertminderung übersteigen. Erhöhen sich nachträglich aufgrund einer Wertsicherungsklausel die Rentenzahlungen, ist der somit erhöhte Kapitalwert der Rentenverpflichtung neu zu berechnen und zu passivieren. Die hieraus folgende Erhöhung der Verpflichtung wirkt sich in vollem Umfang gewinnmindernd aus. Die Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter bleiben unberührt (, BStBl 1991 II S. 358). Da gilt auch für einen Steuerpflichtigen mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, der abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gegen eine Veräußerungsrente erwirbt. Nur der in den Rentenzahlungen enthaltene Zinsanteil ist sofort abziehbare Betriebsausgabe. Für die Berechnung ist zum Ende eines jeden Veranlagungszeitraums der jeweils neue Rentenbarwert zu ermitteln. Die durch das Älterwerden des Rentenberechtigten bedingten Minderungen des Rentenbarwerts werden als Betriebseinnahmen erfasst. Werden die Rentenzahlungen als Betriebsausgaben behandelt, entspricht der Saldo beider Beträge dem Zinsanteil. Es wird insoweit ebenso verfahren wie bei bilanzierenden Steuerpflichtigen (, BStBl 1991 II S. 796). Die infolge einer Wertsicherungsklausel nachträglich eingetretene Erhöhung einer Veräußerungsrente ist im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG in vollem Umfang (Passivierung einer höheren Rentenbarwertverpflichtung im Zusammenhang mit höheren laufenden Rentenzahlungen) gewinnmindernd zu berücksichtigen (, BStBl 1984 II S. 516). Zur Ablösung einer privaten Versorgungsrente s. Tz. 34, i, bb.
(46) Rückgewähr von Betriebseinnahmen oder Rückzahlungen, es sei denn, es handelt sich um Betriebseinnahmen, für die eine Verpflichtung zur Rückzahlung von Anfang an bestanden hat. Der Rückerhalt eines Kaufpreises mindert die Anschaffungskosten des betreffenden Wirtschaftsguts und damit der Betriebsausgaben – ggf. im Wege einer dann niedrigeren AfA.
(47) Sanierungskosten, zur Behandlung des Sanierungsgewinns s. Tz. 29.
(48) Schadensereignis (Beschädigung, Unfall, Diebstahl) bei einem zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeug: Die Aufwendungen für den Schaden teilen grds. das rechtliche Schicksal der Fahrtkosten. Bei einem Umweg auf einer betrieblich veranlassten Fahrt kommt es auf die Veranlassung des Umwegs an. Bei einem Diebstahl ist der sog. „auslösende Moment” entscheidungserheblich. Es hängt danach weitgehend von den Umständen des Einzelfalls ab, ob Aufwendungen in diesem Zusammenhang als Betriebsausgabe abzugsfähig sind (, BStBl 2007 II S. 762). S. auch „Unfallkosten”
(49) Schadensersatzleistungen, wenn das schädigende Ereignis oder der die Schadensersatzverpflichtung auslösende Umstand dem betrieblichen Bereich zuzuordnen ist. Das können auch Betrugshandlungen oder Untreuehandlungen (, BStBl 1980 II S. 639; NWB GAAAB-29743) oder strafbare Handlungen sein (, BStBl 1993 II S. 153; , BStBl 2004 II S. 641). Die Schadensersatzverpflichtung eines leitenden Bankangestellten, der unter Ausnutzung seiner Vertrauensstellung Bankgeschäfte zu Lasten der Bank tätigt und sich dabei der fortgesetzten Untreue schuldig gemacht hat, gegenüber seiner Bank, ist nach Aufdeckung der Untreue in der letzten Schlussbilanz unter Berücksichtigung nur der wert aufhellenden Umstände, die bis zur Bilanzerstellung oder bis zum Ablauf des Zeitraums bekannt werden, in dem eine Bilanz fristgerecht erstellt werden konnte, und in der Aufgabebilanz unter Berücksichtigung jedenfalls auch solcher wertbeeinflussenden Umstände, die sich nach einem später abgeschlossenen Vergleich ergeben, gewinnmindernd anzusetzen (, BStBl 1991 II S. 802).
(50) Schuldzinsen, s. Tz. 35.
(51) Sponsoring. Aufwendungen können Betriebsausgaben, Spenden oder Lebensführungskosten sein. Es handelt sich um Betriebsausgaben, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die insbesondere in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können (, BStBl 1993 II S. 441) für sein Unternehmen erstrebt oder für Produkte seines Unternehmens, z. B. durch Plakatwerbung, in Ausstellungskatalogen oder in Veranstaltungshinweisen wirbt (zur ertragsteuerlichen Behandlung des Sponsoring s. , BStBl 1998 I S. 212).
(52) Sprachkurs. Betriebsausgaben, wenn der Kurs auf die besonderen betrieblichen oder beruflichen Bedürfnisse des Teilnehmers zugeschnitten ist, es sei denn, es handelt sich um einen zwingend erforderlichen Einführungskurs. Bei Sprachkursen im Ausland kommt der Beurteilung des angebotenen Programms im Rahmen der Gesamtwürdigung besondere Bedeutung zu. Werden im Rahmen des Sprachkurses verstärkt allgemeinbildende Themen abgehandelt, kann dies ein Indiz für eine nicht untergeordnete private Veranlassung (Vertiefung der Allgemeinbildung) des Besuchs des Sprachkurses sein (, BStBl 1980 II S. 746; NWB FAAAB-38529). Bei Verbindung mit Urlaub können einzelne abgrenzbare beruflich oder betrieblich veranlasste Aufwendungen abziehbar sein (, BStBl 1979 II S. 213).
(53) Steuerberatungskosten sind nur zu berücksichtigen, wenn sie Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, d. h. wenn sie im Zusammenhang mit der Ermittlung der Einkünfte bzw. des Gewinns stehen. Abziehbar sind beispielsweise die Kosten der Buchführung und des Jahresabschlusses, da es sich hierbei um betriebliche Verpflichtungen handelt ( , BStBl 1980 II S. 297; , BStBl 1984 II S. 301). Fahrtkosten zum Büro des Steuerberaters können durch die Steuerberatung veranlasste Nebenkosten sein ( , BStBl 1989 II S. 967). Zur Zuordnung der Steuerberatungskosten zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Kosten der Lebensführung vgl. , BStBl 2008 I S. 256.
(54) Steuerprozesskosten, s. „Rechtsberatungs- und Prozesskosten”.
(54a) Strafverteidigungskosten Aufwendungen für die Verteidigung in einem Steuerstrafverfahren sind keine Steuerberatungskosten. Solche Kosten können Betriebsausgaben sein, wenn das Steuerstrafverfahren in ursächlichem Zusammenhang mit einem betrieblichen Vorgang steht (, BStBl 1984 II S. 160; Urteil v. - VIII R 93/85, BStBl 1986 II S. 845). Betrieblich veranlasst können auch Verteidigungskosten in einem Steuerstrafverfahren sein, wenn die Straftaten Betriebssteuern betreffen, soweit dem Abzug dieser Steuern selbst nicht § 12 Nr. 3 EStG entgegensteht und soweit ein betrieblicher Zusammenhang zur Schaffung günstiger betrieblicher Rahmenbedingungen hergestellt worden ist (, BStBl 1986 II S. 373). Ein betrieblicher Zusammenhang besteht nur, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat ausschließlich aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist. Betrifft ein Strafverfahren mehrere Anklagepunkte, die in einem inneren Zusammenhang stehen, und fehlt es an einem einwandfreien Maßstab für eine vernünftige Zuordnung der Strafverteidigungskosten zu den einzelnen Anklagepunkten, können Verteidigungskosten auch dann nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn ein Teil der Kosten ausschließlich auf die betriebliche Tätigkeit zurückzuführen ist (, BStBl 1964 III S. 331). Aufwendungen für die Strafverteidigung sind im Falle der Hinterziehung von Betriebsteuern dann nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die Minderung der betrieblichen Steuerschuld darauf beruht, dass betriebliche Mittel privat vereinnahmt oder für private Zwecke verwendet und damit dem Betrieb entzogen werden (, BStBl 1990 II S. 20).
(55) Steuern. Zu den Betriebsausgaben gehören
Betriebssteuern wie Kraftfahrzeugsteuer für Kraftfahrzeuge des Betriebsvermögens, Grundsteuer für Betriebsgrundstücke; die Gewerbesteuer ist letztmalig für das Wirtschaftsjahr 2007 als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn das Unternehmen ein dem Kalenderjahr entsprechenden Wirtschaftsjahr hat (§ 4 Abs. 5b EStG; s. Tz. 52).
Grunderwerbsteuer für ein Betriebsgrundstück gehört zu den Anschaffungskosten des Grundstücks s. „Grund und Boden und Gebäude”.
Hundesteuer für einen Hund, der dem betrieblichen Bereich zuzuordnen ist (s. „Hunde”).
Lohnsteuer und die damit zusammenhängend erhobene und abgeführte Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag für Arbeitnehmer des Unternehmens des Steuerpflichtigen.
Säumniszuschläge, Verspätungszuschläge, Zinsen, Zwangsgelder teilen das Schicksal der steuerlichen Hauptleistung; vgl. Tz. 166.
Umsatzsteuer, soweit sie dem Unternehmer in Rechnung gestellt ist, aber nicht als Vorsteuer abziehbar ist, weil er auf die Ausführung umsatzsteuerfreier Umsätze entfällt, ist eine Aufwandsteuer. Soweit dieser Teil der Vorsteuer auf sofort abziehbare Betriebsausgaben entfällt, erhöht er den Aufwand und führt zu einer unmittelbaren Gewinnminderung. Bei aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgütern ist der nicht abziehbare Teil der Umsatzsteuer als Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, auf dessen Anschaffung oder Herstellung der Vorsteuerbetrag entfällt, anzusehen; vgl. Tz. 126. Betriebsausgaben sind auch die Minderbeträge, die sich bei Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG ergeben; Tz. 126.
S. im Übrigen Tz. 34, i, bb „Steuern”.
(56) Strafen, s. Tz. 44.
(57) Telefonkosten. Aufwendungen für Telefonanschlüsse im Betrieb oder in der Praxis des Steuerpflichtigen; wird der Telefonanschluss auch privat genutzt, liegt insoweit eine Nutzungsentnahme vor. Die Gesamtaufwendungen für den Anschluss sind im Verhältnis der betrieblichen/beruflichen und der privaten Nutzung – ggf. im Schätzwege – aufzuteilen (). Keine Betriebsausgaben sind die Aufwendungen für den Telefonanschluss der Ehefrau des Unternehmers in der gemeinsamen Wohnung, wenn nicht schlüssig dargelegt ist, dass und in welchem Umfang der Unternehmer seiner Ehefrau für die von dieser geschuldeten Telefongebühren Ersatz geleistet hat (). Wird ein privater Telefonanschluss auch zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken genutzt, sind sowohl die Gesprächsgebühren als auch die Grundgebühren – ggf. im Schätzwege – entsprechend dem Verhältnis der betrieblich/beruflich und der privat geführten Gespräche aufzuteilen und abziehbar (, BStBl 1981 II S. 131). Berufs- oder betriebsbedingte eingehende Gespräche sind bei der Telefongrundgebühr zu berücksichtigen ( NWB LAAAB-31716).
(58) Umzugskosten. Dazu gehören Beförderungskosten, Kosten der Wohnungsbeschaffung, pauschale Umzugsnebenkosten, Prozesskosten im Zusammenhang mit der Auflösung des Mietvertrags, Mietausfallentschädigung ohne Beschränkung für längstens sechs Monate (, BStBl 1994 II S. 323). Ist eine Verlegung des Lebensmittelpunkts ausschließlich betrieblich veranlasst, können als Betriebsausgaben auch solche Aufwendungen abgezogen werden, die durch die vorzeitige Auflösung des Mietvertrags am bisherigen Lebensmittelpunkt veranlasst sind. Keine Betriebsausgaben sind Ausstattungskosten der neuen Wohnung (, BStBl 2003 S. 314) sowie die gezahlten Maklergebühren bei einem beruflich veranlassten Umzug in ein neu erworbenes Einfamilienhaus insoweit, als sie bei Vermittlung einer vergleichbaren Mietwohnung angefallen wären (, BStBl 1995 II S. 895).
(59) Unfallkosten. Unfallschäden teilen steuerrechtlich das Schicksal der Fahrt, auf der sie entstanden sind. Ist eine Reise sowohl privat als auch betrieblich veranlasst, und werden aufgrund der privaten Mitveranlassung der Reise erhebliche Unfallkosten ausgelöst, die nicht von untergeordneter Bedeutung sind, führt dies zu einem Abzugsverbot für diese privat veranlassten Aufwendungen. Dieses Abzugsverbot lässt allerdings die betriebliche Veranlassung der übrigen Aufwendungen unberührt (, BStBl 2006 II S. 182). Soweit im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen Mietwagen- und Gutachterkosten anfallen, handelt es sich um Betriebsausgaben, wenn der Mietwagen betrieblich genutzt wird bzw. wenn der Gutachter die Höhe der Schadensersatzforderung zu ermitteln hat (, BStBl 1990 II S. 8). Kosten eines Verkehrsunfalls, den ein Steuerpflichtiger bei einer betrieblichen oder beruflichen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug erlitten hat, sind nicht deshalb von der Berücksichtigung als Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) ausgeschlossen, weil der Unfall darauf beruht, dass der Steuerpflichtige bewusst und leichtfertig gegen Verkehrsvorschriften verstoßen hat (, BStBl 1978 II S. 105); aber: keine Betriebsausgaben, wenn der Unternehmer den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit und durch Alkoholmissbrauch veranlasst hat (, BStBl 1967 III S. 734). Zur Beseitigung von Gesundheitsschäden aufgrund eines Unfalls s. „Krankheitskosten”.
(60) Unterschlagung. Werden Honorareinnahmen von Angestellten unterschlagen, handelt es sich auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG um Betriebsausgaben; die evtl. realisierbaren Ersatzansprüche führen im Zeitpunkt der Rückzahlung der Gelder zu Betriebseinnahmen (, BStBl 1976 II S. 560).
(61) Verluste können z. B. durch Zerstörung, Diebstahl, Unfall (s. „Unfallkosten”), Unterschlagung sowie Wertveränderungen oder Veräußerungen unter Einstandspreis entstehen. Typisch sind Forderungsverluste, Beteiligungsverluste oder Verluste aus einer aus betrieblichen Gründen übernommenen Bürgschaft (s. auch „Bürgschaftskosten”). Ein Darlehensverlust kann als (vorab entstandene) Betriebsausgabe berücksichtigt werden, wenn ein hinreichend bestimmter Zusammenhang mit (künftigen) Einkünften des Steuerpflichtigen aus Gewerbebetrieb erkennbar ist ( NWB XAAAB-36501). Veruntreut ein Gesellschafter Vermögen der Gesellschaft und erlangt die Gesellschaft keinen werthaltigen Schadensersatzanspruch, entsteht ihr ein betrieblicher Verlust. Der Verlust ist dem geschädigten Gesellschafter zuzurechnen, wenn vom Mitgesellschafter in der Auseinandersetzung kein Ausgleich erlangt werden kann ( NWB UAAAA-97528; NWB RAAAA-65031 zu veruntreuten Gesellschafter-Einlagen). Der ertragsteuerliche Verlustabzug (Verlustrücktrag und Verlustvortrag) stellt keine Betriebsausgaben dar. Seine Verrechnung erfolgt nach § 10d EStG; s. Tz. 152 ff.
(62) Vermittlungsprovisionen, z. B. einer KG für die Vermittlung des Eintritts von Kommanditisten (, BStBl 1984 II S. 101). Eigenkapitalvermittlungsprovisionen eines gewerblichen Immobilienfonds sind Anschaffungskosten oder Herstellungskosten der Fondsimmobilie (, BStBl 2001 II S. 717).
(63) Verpflegungsmehraufwand, s. Tz. 41.
(64) Versicherungsbeiträge. Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören und die geleisteten Prämien bei ihm Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 EStG bilden, beurteilt sich nach der Art des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebsbedingtes Risiko, führt sie zu Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen; ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können die Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG berücksichtigt werden, während die Einnahmen nicht steuerbar sind. Dies gilt auch, wenn eine Personengesellschaft ein privates Risiko ihres Gesellschafters absichert. Die Versicherung gehört dann nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft; Aufwendungen hierfür können auch nicht im Rahmen einer Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG berücksichtigt werden. Die von der Gesellschaft entrichteten Versicherungsprämien werden in diesem Fall als Entnahmen behandelt, während die von der Gesellschaft als Bezugsberechtigte erlangte Versicherungssumme eine Einlage des Gesellschafters darstellt (, BStBl 1989 II S. 657; , BStBl 1992 II S. 653).
Betriebsausgaben sind Beiträge zu
Arbeitnehmerversicherung, Sozialversicherung, Rückdeckungsversicherung (Beiträge des Arbeitgebers für solche Versicherungen seiner Arbeitnehmer);
Bauwesenversicherung. Beiträge sind vorweggenommene Betriebsausgaben (, BStBl 1980 II S. 294). Gegenstand der Versicherung ist das Bauwerk in allen Stadien seiner Entstehung. Versichertes Wagnis ist u. a. die Beschädigung und Zerstörung der Bauleistung bis zur Abnahme oder einem vereinbarten anderen Zeitpunkt (, BGHZ 75, 62);
Berufshaftpflichtversicherung;
Berufsrechtsschutzversicherung;
Betriebsunterbrechungsversicherung. Versichert ist das Einnahmenausfallrisiko durch unabwendbare Betriebs- oder Maschinenunterbrechung (, BStBl 1983 II S. 371);
Delkredereversicherung. Es handelt sich um eine Versicherung gegen Forderungsausfälle. Soweit sie reicht, beseitigt sie wirtschaftlich betrachtet das Ausfallrisiko und damit den Grund für eine Wertberichtigung;
Einbruchsdiebstahlversicherung, Feuerversicherung für betrieblich genutzte Gebäude;
Insassenunfallversicherung, wenn die Versicherung im Rahmen des Betriebs abgeschlossen worden ist (, BStBl 1978 II S. 212);
Kaskoversicherung, wenn das Kraftfahrzeug betrieblich genutzt wird; s. auch Tz. 51, b und Tz. 90;
Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für ein betrieblich genutztes Kraftfahrzeug (s. auch Tz. 51, b und Tz. 90);
Öltankversicherung für einen betrieblich genutzten Öltank;
Reisegepäckversicherung, wenn es sich bei dem konkret versicherten Gepäckstück um Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens handelt, wie z. B. um ein wertvolles Musikinstrument eines selbständigen Berufsmusikers;
Unfallversicherung für den Betriebsinhaber oder für den Mitunternehmer einer Personengesellschaft führt nur zu Betriebsausgaben, wenn durch die Ausübung des Berufs ein erhöhtes Risiko geschaffen wird und der Abschluss des Versicherungsvertrags entscheidend der Absicherung dieses Risikos dient (, BStBl 1992 II S. 653). Ein Freiberufler, bei dem eine erhöhte berufliche Unfallgefahr besteht, kann, auch wenn er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, insoweit die Prämienzahlungen für eine Unfallversicherung als Betriebsausgaben absetzen, als der Abschluss des Versicherungsvertrags beruflich veranlasst ist. Bei einer Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr kann der Teil der Prämie, den der Versicherer dem Deckungskapital zuführt, nicht als Betriebsausgabe behandelt werden (, BStBl 1965 III S. 650). Beiträge zu einer allgemeinen Unfallversicherung sind bei einem praktischen Arzt i. d. R. keine abziehbaren Betriebsausgaben (, BStBl 1963 III S. 399).
S. im Übrigen Tz. 34, i, bb „Versicherungsbeiträge”.
(65) Verzehraufwand. Der eigene Verzehraufwand eines Gewerbetreibenden (bzw. dessen Familienangehörigen) in Gaststätten, in denen er seine Waren mit Hilfe von aufgestellten Automaten vertreibt, ist nur insoweit als betrieblich veranlasster Aufwand abziehbar, wie im Einzelnen nachgewiesen wird, dass dabei die private Lebensführung als unbedeutend in den Hintergrund getreten ist (, BStBl 1988 II S. 771).
(66) Vormund, Betreuer, Ergänzungspfleger. Vergütungen für einen ausschließlich zur Vermögenssorge bestellten Vormund/Betreuer sind Betriebsausgaben (oder Werbungskosten) bei den mit dem verwalteten Vermögen erzielten Einkünften, sofern die Tätigkeit des Vormunds/Betreuers weder einer kurzfristigen Abwicklung des Vermögens noch der Verwaltung ertraglosen Vermögens dient. Wird für einen Minderjährigen im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft erforderlich, sind die Aufwendungen keine Betriebsausgaben (oder Werbungskosten), wenn die Ergänzungspflegschaft notwendig geworden war, um (Teil-)Erbauseinandersetzungen anlässlich von Grundstücksgeschäften im Rahmen einer vermögensverwaltenden Grundstücks-GbR durchführen zu können (, BStBl 2000 II S. 69).
(67) Währungsverluste. Wechselkursbedingte Wertveränderungen bei einem Gesellschafterdarlehen an eine ausländische Personengesellschaft wirken sich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Gesellschafterstellung auf den steuerlichen Gewinn des Gesellschafters aus ( NWB NAAAB-37832). S. auch „Kursverluste” und Tz. 34, i, bb „Währungsverluste”.
(68) Wahlkampfkosten eines Bewerbers um ein sog. ehrenamtliches Stadtratsmandat in Bayern (, BStBl 1996 II S. 431).
(69) Waschmaschine. Werden Waschmaschinen, Heimbügler oder Kühlschränke sowohl privat als auch betrieblich genutzt, wirkt sich die anteilige AfA als Betriebsausgabe aus, wenn die betriebliche Nutzung nicht von untergeordneter Bedeutung ist und der betriebliche Nutzungsanteil sich leicht und einwandfrei anhand von Unterlagen nach objektiv nachprüfbaren Merkmalen – ggf. im Wege der Schätzung – von den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung trennen lässt ( NWB LAAAB-27955; , BStBl 1964 III S. 455). Bei betrieblicher Nutzung eines nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Gegenstands, wie z. B. einer Waschmaschine im Haushalt eines Arzts, in der dieser auch die Praxiswäsche wäscht, stellt die anteilige AfA eine Betriebsausgabe dar (, BStBl 1961 III S. 308).
bb) Keine Betriebsausgaben
Keine Betriebsausgaben sind u. a. die folgenden Aufwendungen:
(1) Arbeitsleistung (Eigenleistung) des Steuerpflichtigen.
(2) Ehescheidung. Aufwendungen für die Durchführung der auf eine Ehescheidung folgenden Regelung der Vermögensverhältnisse der früheren Ehegatten sind Kosten der Lebensführung. Solche Aufwendungen sind auch dann keine Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige im Hinblick auf eine mögliche Beeinträchtigung seiner beruflichen Sphäre infolge der Ehescheidung einer raschen und großzügigen Regelung zugestimmt hat (, BStBl 1977 II S. 462). Zinsen für die zur Erfüllung einer Zugewinnausgleichsforderung aufgenommene Darlehensschuld sind auch nicht insoweit als Betriebsausgaben abziehbar, als Betriebsvermögen Berechnungsgrundlage für die Zugewinnausgleichsschuld ist ( NWB AAAAA-97283).
(3) Erbauseinandersetzung. Die Begleichung eines Pflichtteilsanspruchs ist eine Umschichtung von Privatvermögen, die beim Empfänger nicht steuerpflichtig, beim zahlenden Erben nicht abzugsfähig ist. Das gilt auch dann, wenn der Anspruch in wiederkehrenden Leistungen (Raten oder „Renten”) beglichen wird. Zahlungen zur Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen sind steuerlich auch dann nicht absetzbar, wenn sie vereinbarungsgemäß aus laufenden Betriebseinnahmen erfolgen (, BStBl 1995 II S. 413). Zu den ertragsteuerlichen Folgen der Erbauseinandersetzung s. im Übrigen Tz. 194 ff.
(4) Führerschein. Aufwendungen für den Erwerb des Führerscheins des Steuerpflichtigen gehören regelmäßig auch dann zu den Kosten der Lebensführung, wenn der Beruf oder der Betrieb die Benutzung eines Pkw erforderlich macht (, BStBl 1969 II S. 433).
(5) Hausgehilfe/-gehilfin, Hausangestellte. Aufwendungen für eine nur im Haushalt des Steuerpflichtigen beschäftigte Hausgehilfin sind nicht abziehbare Kosten der Lebenshaltung (§ 12 Nr. 1 EStG). Eine dadurch erzielte größere Freizügigkeit in der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit (, BStBl 1967 III S. 198) oder die Ermöglichung der Ausübung des Berufs durch Abnahme der Kinderbetreuung ist unerheblich (, BStBl 1973 II S. 631). – S. aber Betriebsausgabenabzug erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten gem. § 9c EStG, Tz. 55. – Bei Beschäftigung einer Hausangestellten sowohl im Betrieb als auch im Haushalt des Steuerpflichtigen ist der auf die Tätigkeit im Betrieb entfallende Kostenanteil als Betriebsausgabe abziehbar, vorausgesetzt, die Kosten lassen sich nach objektiven und leicht nachprüfbaren Merkmalen auf die Tätigkeit im Betrieb und im Haushalt aufteilen (, BStBl 1980 II S. 117). – S. aber Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen gem. § 35a EStG, Tz. 274.
(6) Kleidung. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung, auch wenn der Steuerpflichtige die beruflich getragene Kleidung am Arbeitsplatz aufbewahrt und sich demzufolge bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende umzieht oder wenn wegen einer – nahezu – ausschließlich beruflichen Nutzung außergewöhnlich hohe Aufwendungen entstehen (, BStBl 1992 II S. 854). Aufwendungen für die Anschaffung von Bekleidung, die wegen des Umzugs in ein anderes klimatisches Gebiet erforderlich ist (, BStBl 1993 II S. 192). Aufwand für Kleidung, die auch oder ggf. vorrangig zur Nutzung aus beruflichen Gründen erworben wurde, wie der weiße Rollkragenpullover eines Rechtsanwalts, den dieser trägt, wenn er vor Gericht einen Mandanten vertritt, oder die Aufwendungen einer Instrumentalsolistin für Abendkleider und schwarze Hosen für den Konzertauftritt oder die weißen Hemden, Socken und Schuhe eines Arzts (, BStBl 1991 II S. 348; , BStBl 1991 II S. 751).
(7) Krankheitskosten. Aufwendungen für technische Hilfsmittel zur Behebung körperlicher Mängel des Steuerpflichtigen, wie z. B. eine Bifokalbrille, auch wenn die Behebung des Mangels zugleich im beruflichen oder betrieblichen Interesse liegt (, BStBl 1991 II S. 27), sowie Aufwendungen für vorbeugende Maßnahmen (, BStBl 1981 II S. 711) sind Lebenshaltungskosten, es sei denn es handelt sich um Maßnahmen des Arbeitgebers zugunsten der Gesundheit des Arbeitnehmers wegen spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigungen (, BStBl 2001 II S. 671); s. im Übrigen Tz. 34, i, aa „Krankheitskosten”.
(8) Lösegeld, das ein Gewerbetreibender, der entführt worden ist, zahlt, um sein Leben und seine Gesundheit zu erhalten und seine Freiheit wiederzuerlangen, ist keine Betriebsausgabe. Entsprechendes gilt, wenn eine Familien-Personengesellschaft ein Lösegeld zahlt, um das Leben oder die Gesundheit des von Verbrechern entführten geschäftsführenden und beherrschenden Gesellschafters zu erhalten und dessen Freiheit wiederherzustellen (, BStBl 1981 II S. 303; , BStBl 1981 II S. 307).
(9) Prozesskosten, die einem Erben im Zusammenhang mit der Anfechtung des – andere Personen als Erben bestimmenden – Testaments wegen Testierunfähigkeit des Erblassers entstehen, selbst wenn zum Nachlass ein Gewerbebetrieb gehört (, BStBl 1999 II S. 600).
(10) Rente. Die Ablösung einer privaten Versorgungsrente ist weder Betriebsausgabe noch führt sie ggf. zu Veräußerungskosten (, BStBl 2004 II S. 830).
(11) Sicherheitsmaßnahmen. Aufwendungen für Anlagen zum Schutz vor möglichen Angriffen von Terroristen in einem Einfamilienhaus (, rkr., EFG 1983 S. 400, zu einem Bankdirektor). Selbst die Aufwendungen eines Botschafters für Bewachung, Sicherheitsvorkehrungen, Alarmanlage sind gemischte Ausgaben, bei denen das Abzugsverbot eingreift (, rkr., EFG 1981 S. 558).
(12) Steuern. Personensteuern wie Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Erbschafts-/Schenkungsteuer sowie die Umsatzsteuer auf Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge i. S. des § 12 Nr. 3 EStG (Tz. 166) und des § 10 Nr. 2 KStG. Kapitalertragsteuer ist als Erhebungsform der Einkommensteuer eine Personensteuer. Die Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem enden, und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5b EStG; vgl. Tz. 52).
S. im Übrigen Tz. 34, i, aa „Steuern”.
(13) Vermächtnis. Die Auszahlung eines Geldbetrags an eine über 50 Jahre in der Rechtsanwaltspraxis tätige Bürovorsteherin aufgrund eines Vermächtnisses des inzwischen verstorbenen Rechtsanwalts ist eine private unentgeltliche Zuwendung und keine durch das Arbeitsverhältnis und damit durch den Betrieb veranlasste Betriebsausgabe (, BStBl 1986 II S. 609).
(14) Vermögensverwaltung. Aufwendungen im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung sind keine Betriebsausgaben, da sie nicht im Rahmen einer mit Einkunftserzielungsabsicht betriebenen Tätigkeit anfallen (, BStBl 1977 II S. 493; s. auch zur Liebhaberei § 2 EStG und Tz. 8, d). Beruht die Nutzung des einem Kind gehörenden Wirtschaftsguts im gewerblichen Betrieb der Eltern ausschließlich auf dem sich aus familienrechtlichen Vorschriften ergebenden elterlichen Vermögensverwaltungsrecht, kann kein geschätztes Nutzungsentgelt als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Auch eine AfA steht den Eltern nicht zu (, BStBl 1979 II S. 40).
(15) Versicherungsbeiträge. Keine Betriebsausgaben sind Beiträge zu
Ausbildungsversicherung als Form der Lebensversicherung;
Berufsunfähigkeitsversicherung. Es geht es um die Sicherung des Lebensunterhalts ( NWB XAAAB-58206);
Erbschaftsteuer-Versicherung. Die Erbschaftsteuer gehört zu den nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbaren Steuerarten. Das versicherte Risiko gehört daher zur Privatsphäre des Steuerpflichtigen;
Haftpflichtversicherung. Beiträge zu einer privaten Haftpflichtversicherung oder einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für ein privat genutztes Kraftfahrzeug;
Hausratversicherung (§ 12 Nr. 1 EStG);
Krankentagegeldversicherung (, BStBl 1969 II S. 489), und zwar auch dann, wenn sich die Inhaber einer freiberuflichen Praxis im Gesellschaftsvertrag gegenseitig zum Abschluss einer Krankentagegeldversicherung verpflichten und vereinbaren, dass anfallende Versicherungsleistungen den Betriebseinnahmen zugerechnet werden. Die Vereinbarung der Sozietätsmitglieder, die Versicherungsleistungen zweckgebunden zur Bezahlung einer Ersatzkraft für den erkrankten Sozius zu verwenden, führt zu keinem anderen Ergebnis (, BStBl 1983 II S. 101);
Krankenversicherung, Pflegeversicherung (, BStBl 1989 II S. 657);
Lebensversicherung, Sterbegeld- oder Aussteuerversicherung. Selbst die Hingabe der Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag als Sicherungsinstrument für ein betriebliches Darlehen macht die Lebensversicherungsbeiträge nicht zu Betriebsausgaben; vgl. Tz. 132, f. Die von einer Personengesellschaft auf das Leben ihrer Gesellschafter abgeschlossene Lebensversicherung (Teilhaberversicherung) gehört auch dann nicht zum Betriebsvermögen, wenn die Versicherungsleistungen zur Abfindung der Hinterbliebenen des verstorbenen Gesellschafters verwendet werden sollen (, BStBl 1992 II S. 653). Schließt eine Personenhandelsgesellschaft eine Risikolebensversicherung auf das Leben eines Gesellschafters ab, bilden die Prämien auch dann keine Betriebsausgaben, wenn die Versicherung der Absicherung eines Bankkredits dient (, BStBl 1989 II S. 657). Entsprechendes gilt für eine Risikolebensversicherung;
Rechtsschutzversicherung. Prämien zu einer allgemeinen Rechtsschutzversicherung, die sowohl berufliche wie private Risiken abdeckt, sind als gemischte Ausgaben insgesamt nicht abziehbar (, DStZ/E 1985 S. 277);
Reisegepäckversicherung. Beiträge zu einer allgemeinen Reisegepäckversicherung;
Rentenversicherung. Pflichtbeiträge von Angehörigen freier Berufe zu den Versorgungswerken ihrer jeweiligen Kammer, und zwar auch der dem „Arbeitgeberanteil” (§ 3 Nr. 62 EStG) entsprechende Teil der Vorsorgeaufwendungen eines Selbständigen ( NWB XAAAB-23758).
S. im Übrigen Tz. 34, i, bb „Versicherungsbeiträge”.
(16) Währungsverluste, die ein inländisches Stammhaus einer ausländischen Betriebsstätte an deren Dotationskapital erleidet, oder die eine inländische GmbH & Co. KG aus einer Beteiligung an einer US-amerikanischen Grundstücksgesellschaft erleidet, sind im Inland steuerlich nicht zu berücksichtigen (, BStBl 1997 II S. 128; , BStBl 1996 II S. 588; NWB XAAAB-97352). S. auch „Währungsverluste”.
(17) Zinsen. Für die Abgrenzung einer betrieblich veranlassten von einer privat veranlassten Darlehensaufnahme ist es unmaßgeblich, dass die Darlehensvaluta zunächst auf ein betriebliches Konto ausbezahlt und von dort für private Zwecke ausgekehrt werden. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Zahlungsmodalität, die den privaten Charakter der Darlehensaufnahme nicht berührt (, BStBl 1991 II S. 238); s. im Übrigen Tz. 34, i, aa „Finanzierungskosten”.
Tz. 35 Abzug betrieblicher Schuldzinsen
§ 4 Abs. 4a EStG regelt den Umfang der als Betriebsausgaben abzugsfähigen betrieblichen Schuldzinsen. Privat veranlasste Schuldzinsen sind in keinem Fall abziehbar und daher auszuscheiden. Die Zuordnung ist anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Darlehensmittel vorzunehmen. Bei einem gemischten Kontokorrentkonto ist grds. nach der Zinsstaffelmethode aufzuteilen (vgl. hierzu , BStBl 1993 I S. 930; Tz. 11–18). Werden bei einem Zwei-Konten-Modell mit der Aufnahme eines Darlehens nicht betriebliche Aufwendungen, sondern eine Entnahme finanziert, sind das Darlehen und die damit in Zusammenhang stehenden Zinsen privat veranlasst (§ 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 EStG).
Betrieblich veranlasste Schuldzinsen sind nicht abziehbar, soweit Überentnahmen getätigt worden sind. Unter Überentnahmen versteht das Gesetz den Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahrs übersteigen.
Die Überentnahmen des Wirtschaftsjahrs und die Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre werden zusammengezählt. Die Unterentnahmen, d. h. die die Entnahmen übersteigenden Gewinne und Einlagen der Vorjahre werden hiervon abgezogen. In einem Verlustjahr sind die Überentnahmen nicht höher als der Betrag anzusetzen, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahrs übersteigen (Entnahmenüberschuss). Der Verlust ist aber stets vorrangig mit Unterentnahmen vergangener und zukünftiger Wirtschaftsjahre zu verrechnen. Unterentnahmen des laufenden Wirtschaftsjahrs sind somit vorrangig mit nicht ausgeglichenen Verlusten des Vorjahrs und umgekehrt Unterentnahmen des Vorjahrs vorrangig mit nicht ausgeglichenen Verlusten des laufenden Jahrs zu verrechnen. Übersteigen im laufenden Jahr die Einlagen die Entnahmen, ist dieser Einlagenüberschuss mit dem laufenden Verlust zu verrechnen. Soweit dann noch ein Verlust verbleibt, ist er ebenfalls vorrangig mit Unterentnahmen vergangener und zukünftiger Wirtschaftsjahre zu verrechnen. Zur Berücksichtigung von vor dem entstandenen Unterentnahmen vgl. , BStBl 2006 I S. 416.
Die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % des so ermittelten Betrags berechnet und dem Gewinn hinzugerechnet (Hinzurechnungsbetrag), höchstens allerdings der um 2.050 € verminderte Betrag der in dem Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen.
Zum Schuldzinsenabzug bei Mitunternehmerschaften vgl. , BStBl 2008 I S. 588, und v. - S 2144, BStBl 2008 I S. 957. Nach diesen Erlassen ist der Hinzurechnungsbetrag für jede einzelne Mitunternehmerschaft zu ermitteln. Der Begriff der Überentnahme sowie die ihn bestimmenden Merkmale (Einlage, Entnahme, Gewinn und ggf. Verlust) ist dagegen gesellschafterbezogen auszulegen (vgl. auch , BStBl 2008 II S. 420).
Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist ohne Beschränkungen möglich (Investitionsdarlehen gem. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG). Hierzu ist im Regelfall allerdings die Aufnahme eines gesonderten Darlehens erforderlich. Werden mit dem Darlehen auch sonstige betriebliche Aufwendungen finanziert, kommt ein anteiliger Abzug nur bei entsprechendem Nachweis in Betracht. Die Finanzierung über ein betriebliches Kontokorrentkonto reicht nur aus, wenn ein enger zeitlicher und betragsmäßiger Zusammenhang zwischen der Belastung auf dem Kontokorrentkonto und der Darlehensaufnahme besteht.
Die Beschränkungen gelten sowohl bei der Gewinnermittlung nach §§ 4 und 5 Abs. 1 EStG als auch bei der Einnahmenüberschussrechnung. Verbleibende Verluste sind wie auch verbleibende Über- oder Unterentnahmen formlos festzuhalten. Im Falle der Einnahmenüberschussrechnung sind alle getätigten Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG).
Tz. 36 Nicht abziehbare Betriebsausgaben
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG dürfen bestimmte Betriebsausgaben nicht oder nur eingeschränkt den Gewinn mindern. Bei den unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–7 EStG fallenden Aufwendungen handelt es sich um solche, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen zumindest berühren. Daher ist vor Anwendung des § 4 Abs. 5 EStG zunächst zu prüfen, ob diese Aufwendungen bereits nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abgezogen werden dürfen (§ 4 Abs. 5 Satz 3 EStG; zur Abgrenzung von den Lebenshaltungskosten und zum Aufteilungs- und Abzugsverbot vgl. Tz. 164). Der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG nicht abziehbare Teil der Betriebsausgaben stellt keine Entnahmen i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG dar (R 4.10 Abs. 1 Satz 3 EStR). Zur Besonderheit bei der Entfernungspauschale vgl. Tz. 124, g.
Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Abs. 2 EStG) sind keine Betriebsausgaben. Damit dürfen Zuwendungen an politische Parteien i. S. des § 2 PartG den Gewinn nicht mindern. Solche Aufwendungen sind ausschließlich durch § 10b Abs. 2 EStG und § 34g EStG steuerlich begünstigt; s. Tz. 145, b und 272.
Tz. 37 Geschenke
Der Begriff des Geschenks in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG entspricht dem Begriff der bürgerlich-rechtlichen Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB). Danach ist eine Schenkung eine Bar- oder Sachzuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen ohne rechtliche Verpflichtung bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (, BStBl 1993 II S. 806). Geht nur eine Seite von Entgeltlichkeit aus, handelt es sich nicht um ein Geschenk. An der für Entgeltlichkeit erforderlichen konkreten Gegenleistung fehlt es, wenn die Zuwendung nur die Aufgabe hat, Geschäftsverbindungen anzuknüpfen, zu sichern oder zu verbessern oder für ein Produkt zu werben. Keine Geschenke sind z. B. Kränze und Blumen für Beerdigungen, Spargeschenkgutscheine der Kreditinstitute und darauf beruhende Gutschriften anlässlich der Kontoeröffnung, Preise anlässlich eines Preisausschreibens. Vgl. im Einzelnen R 4.10 Abs. 2–4 EStR.
Aufwendungen für Geschenke an natürliche Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, oder an juristische Personen dürfen den Gewinn nicht mindern, es sei denn, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände betragen insgesamt nicht mehr als 35 € (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), oder die zugewendeten Wirtschaftsgüter können beim Empfänger ausschließlich betrieblich genutzt werden (R 4.10 Abs. 2 Satz 4 EStR). Personen, die zu dem Steuerpflichtigen aufgrund eines Werkvertrags oder eines Handelsvertretervertrags in ständiger Geschäftsbeziehung stehen, sind den Arbeitnehmern des Steuerpflichtigen nicht gleichgestellt (R 4.10 Abs. 2 Satz 2 EStR). Aufwendungen, die z. B. ein angestellter Chefarzt eines Krankenhauses für Geschenke tätigt, die er den Mitarbeitern seiner Abteilung für ihre Mitwirkung in seiner freiberuflichen Arztpraxis zuwendet, sind nicht abziehbar, da diese nicht zu ihm in einem Dienstverhältnis stehen, also nicht seine Arbeitnehmer sind (, BStBl 1985 II S. 286).
Der Betrag von 35 € ist eine Freigrenze, kein Freibetrag. Er umfasst sämtliche Geschenke an eine Person in einem Wirtschaftsjahr. Übersteigt die Summe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Geschenke eines Steuerpflichtigen an einen Geschäftsfreund im Wirtschaftsjahr diese Freigrenze, entfällt der Betriebsausgabenabzug insoweit in voller Höhe.
Für die Frage nach der Behandlung der Umsatzsteuer im Zusammenhang mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten, gelten die allgemeinen Grundsätze des § 9b EStG; s. Tz. 126. Zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Geschenks gehören auch die Aufwendungen für die Kennzeichnung als Werbeträger. Nicht dazu gehören Verpackungs- und Versandkosten (R 4.10 Abs. 3 Satz 1 EStR).
Tz. 38 Bewirtungskosten
a) Allgemeines
Vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind Aufwendungen für Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind. Die Aufwendungen sind nach Höhe und betrieblicher Veranlassung besonders nachzuweisen und gesondert aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 7 EStG; s. Tz. 53).
Um eine Bewirtung i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG handelt es sich, wenn Personen beköstigt werden, wobei die Darreichung von Speisen und Getränken eindeutig im Vordergrund stehen muss (R 4.10 Abs. 5 Satz 1 EStR). Keine Bewirtung i. S. dieser Regelung liegt daher vor, wenn andere Leistungen im Vordergrund stehen, wie z. B. bei Varieté-, Striptease- und ähnlichen Veranstaltungen, und der insgesamt geforderte Preis in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Wert der verzehrten Speisen und Getränke steht; s. auch Tz. 43. Sollte eine sinnvolle Aufteilung zwischen Bewirtungskosten und Aufwendungen aus anderem Anlass möglich sein, kann der auf die Bewirtungskosten entfallende Teil der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG unterliegen.
Unabhängig von der Höhe der Aufwendungen liegt keine Bewirtung vor bei der Gewährung von Aufmerksamkeiten in geringem Umfang, wie z. B. Darreichung von Erfrischungsgetränken, Kaffee, Tee, Gebäck, wenn es sich um eine übliche Geste der Höflichkeit handelt (R 4.10 Abs. 5 Satz 9 Nr. 1 EStR). Das kann z. B. anlässlich betrieblicher Besprechungen der Fall sein. Bei Produkt- oder Warenverkostungen, wie in einem Herstellungsbetrieb, bei Händlern oder Messen, handelt es sich ebenfalls nicht um Bewirtungen. In diesem Zusammenhang dargereichte Aufmerksamkeiten, z. B. Brot und Wasser anlässlich einer Weinprobe, ändern nichts an dem Charakter der Verkostung (R 4.10 Abs. 5 Satz 9 Nr. 2 EStR).
Zu den Bewirtungskosten gehören alle Aufwendungen für den Verzehr von Speisen, Getränken und sonstigen Genussmitteln sowie die im Allgemeinen mit einer Bewirtung zusammenhängenden Aufwendungen, wie z. B. Trinkgelder und Garderobengebühren im üblichen Rahmen.
Die Bewirtungsaufwendungen sind im Einzelnen auf ihre Angemessenheit hin zu prüfen. Im Einzelnen s. Tz. 43.
Die Abzugsbeschränkung gilt nur bei Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass. Das sind insbesondere Bewirtungen von Personen, zu denen bereits Geschäftsbeziehungen bestehen, sowie solche, zu denen sie angebahnt werden sollen (vgl. im Einzelnen R 4.10 Abs. 6 Satz 2 und 3 EStR). Die Abzugsbeschränkung umfasst auch die Teile der Aufwendungen, die auf den an der Bewirtung teilnehmenden Steuerpflichtigen selbst oder dessen Arbeitnehmer entfallen. Unter Bewirtungen aus allgemein betrieblichem Anlass sind ausschließlich Bewirtungen von Arbeitnehmern des bewirtenden Unternehmens zu verstehen, wobei bei Betriebsfesten die Teilnahme von Angehörigen oder von Personen, die zu der Gestaltung des Fests beigetragen haben, unschädlich ist. Aufwendungen, die anlässlich eines für Kunden, Berufskollegen und Mitarbeiter gegebenen Empfangs zu einem herausgehobenen Geburtstag oder anderen persönlichen Ereignis entstehen, sind keine Betriebsausgaben, sondern durch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung (§ 12 Nr. 1 EStG) bedingt.
b) Generell nicht abziehbare Aufwendungen
Vor Anwendung der Abzugsbeschränkung sind die folgenden Kosten auszuscheiden (s. auch R 4.10 Abs. 6 Satz 5 EStR):
Privat veranlasste Teile der Bewirtungskosten; diese unterliegen dem Abzugsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG (§ 4 Abs. 5 Satz 3 EStG);
Bewirtungskosten, die allgemein betrieblich veranlasst sind; diese unterliegen nicht dem Abzugsverbot;
Bewirtungskosten, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind; diese unterliegen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG dem Abzugsverbot;
Bewirtungskosten, die nach Höhe und betrieblicher Veranlassung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen sind; diese sind in vollem Umfang nicht abziehbar;
Bewirtungskosten, die nicht ordnungsgemäß besonders aufgezeichnet sind (§ 4 Abs. 7 EStG); diese sind in vollem Umfang nicht abziehbar;
Aufwendungen, die ihrer Art nach keine Bewirtungskosten sind, es sei denn, sie sind von untergeordneter Bedeutung (wie z. B. Trinkgelder). Beispiele: Mietkosten für ein Zelt und Biergartenbestuhlung oder Kosten für eine Musikkapelle. Ihre steuerliche Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen.
c) Bewirtung in der Wohnung des Steuerpflichtigen
Findet die Bewirtung in der Wohnung des Steuerpflichtigen statt, unterliegen die Aufwendungen regelmäßig dem Abzugsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG.
d) Bewirtung in der betriebseigenen Kantine
Findet sie in der betriebseigenen Kantine statt, werden die betroffenen Aufwendungen nur aus den Sachkosten der dargereichten Speisen und Getränke sowie aus den anteiligen Personalkosten ermittelt, wobei ein Ansatz von 15 € je Bewirtung und teilnehmender Person – im Wirtschaftsjahr einheitlich – nicht beanstandet wird, wenn dieser Ansatz nicht zu einer offenbar unrichtigen Besteuerung führt (R 4.10 Abs. 6 Satz 9 ff. EStR).
e) Besondere Nachweispflichten
Aufwendungen für die Bewirtung aus geschäftlichem Anlass unterliegen in vollem Umfang der besonderen Nachweispflicht. Es sind sowohl die Höhe der Aufwendungen als auch deren betriebliche Veranlassung nachzuweisen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 und 2 EStG). Die Angaben hierzu sind schriftlich zu machen. Zum Nachweis der Höhe dient die Rechnung über die Bewirtungskosten, die den Anforderungen des § 14 UStG genügen muss. Daraus hervorgehen müssen Art, Umfang und Entgelt der einzelnen empfangenen Leistungen sowie der Tag der Bewirtung. Darüber hinaus sind der Ort der Bewirtung und die Teilnehmer durch Angabe der Namen der bewirteten Personen – einschließlich des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen und/oder seiner Angestellten – sowie der Anlass der Bewirtung anzugeben. Zu Einzelheiten vgl. R 4.10 Abs. 8 und 9 EStR und H 4.10 (5–9) EStH.
Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen. Aus der Rechnung müssen sich Name und Anschrift der Gaststätte sowie der Tag der Bewirtung ergeben. Die Rechnung muss auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten, es sei denn, der Gesamtbetrag der Rechnung übersteigt nicht 150 € (bis Veranlagungszeitraum 2007: 100 €), vgl. R 4.10 Abs. 8 Satz 4 EStR.
f) Vorsteuerabzug
Betrieblich veranlasste Bewirtungskosten berechtigen unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG zum Vorsteuerabzug. Die frühere Einschränkung des Vorsteuerabzug durch § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG a. F. war mit EU-Recht nicht vereinbar (, BStBl 2005 II S. 509). § 15 Abs. 1a UStG wurde daher im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2007 v. (BGBl 2006 I S. 2878) mit Wirkung v. geändert und die Vorsteuerbeträge für angemessene und nachgewiesene Bewirtungsaufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG zum Abzug zugelassen (§ 15 Abs. 1a Satz 2 UStG). Für Bewirtungsaufwendungen, die bis zum getätigt wurden, kann sich der Steuerpflichtige auf das für ihn günstigere Gemeinschaftsrecht berufen. R 4.10 Abs. 5 Satz 8 EStR ist insoweit überholt.
Tz. 39 Gästehäuser
Aufwendungen für Gästehäuser zur Bewirtung und Beherbergung von Geschäftsfreunden können nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sich die Gästehäuser außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden. Im Umkehrschluss können Aufwendungen für Gästehäuser am Ort des Betriebs des Steuerpflichtigen, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind, als Betriebsausgaben abgezogen werden. Der Ort des Betriebs i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ist dabei regelmäßig die politische Gemeinde, in deren Grenzen sich der Betrieb befindet. Als „Betrieb” in diesem Sinne gelten auch Zweigniederlassungen und Betriebsstätten mit einer gewissen Selbständigkeit, die üblicherweise von Geschäftsfreunden aufgesucht werden. Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen zur Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung seiner Arbeitnehmer fallen nicht unter das Abzugsverbot.
Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG hat keinen Einfluss auf die Frage der Zugehörigkeit solcher Gästehäuser zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen. Diese richtet sich nach den allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen.
Unter das Abzugsverbot fallen sämtliche mit den Gästehäusern zusammenhängenden Aufwendungen. Dazu gehören auch die Absetzungen für Abnutzung sowie evtl. ständige Zuschüsse, die bei (teil-)entgeltlicher Beherbergung und Bewirtung von Geschäftsfreunden in einem solchen Gästehaus geleistet werden.
Tz. 40 Jagd, Fischerei, Segel- oder Motorjachten
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen dürfen den Gewinn nicht mindern. Die Bewirtungskosten sind in diesen Fällen schon dem Grunde nach nicht abziehbar, weil sie mit Jagd-, Segel- und ähnlichen Vergnügungen zusammenhängen, mit denen sie das Schicksal teilen. Als ähnliche Zwecke kommt z. B. das Halten von Reitpferden in Betracht, die Errichtung und Unterhaltung von Golfanlagen, Tennis, Fliegen, Safaris usw. Damit sind aufgrund des Sinnzusammenhangs der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG solche Aufwendungen vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, die einer entsprechenden sportlichen Betätigung oder Unterhaltung von Geschäftsfreunden oder der Repräsentation dienen. Auch wenn eine Segeljacht Betriebsangehörigen zur Mitbenutzung überlassen wird und Oldtimer-Flugzeuge, die eine Firmenaufschrift tragen, bei Flugtagen zu Werbezwecken eingesetzt werden, dürfen die Aufwendungen nicht (auch nicht anteilig) als Betriebsausgaben abgezogen werden ( NWB CAAAC-44430).
Nicht dem Abzugsverbot unterliegen Aufwendungen für eine Motorjacht, die als sog. schwimmendes Konferenzzimmer oder nur zum Transport und zur Unterbringung von Geschäftsfreunden verwendet wird (, BStBl 1993 II S. 367). Ebenso nicht Kosten, die der Steuerpflichtige für die mit dem eigenen Motorboot vorgenommen Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder Arbeitsstätte aufwendet. Sie sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 und § 9 Abs. 2 EStG zu beurteilen; s. hierzu Tz. 51; 124, g.
Tz. 41 Mehraufwendungen für Verpflegung
Mehraufwendungen für Verpflegung dürfen den Gewinn nicht mindern, soweit sie über die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG festgelegten Beträge hinausgehen. Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung oder dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, gelten für jeden Kalendertag, an dem er wegen dieser Tätigkeit von seiner Wohnung und von seinem Tätigkeitsmittelpunkt abwesend ist, folgende Pauschbeträge:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Dauer der
vorübergehenden Abwesenheit | Pauschbetrag | |
24
Stunden | 24
€ | |
weniger
als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden | 12 € | |
weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8
Stunden | 6
€ |
Dabei ist eine Tätigkeit, die nach 16 Uhr begonnen und vor 8 Uhr des folgendes Tags beendet wird, ohne dass eine Übernachtung stattgefunden hat, mit der gesamten Abwesenheitsdauer des Kalendertags der überwiegenden Abwesenheit zusammenzufassen. Diese Regelungen gelten auch bei ständig wechselnden Tätigkeitsstellen sowie bei Tätigkeiten auf einem Fahrzeug. Maßgebend ist in solchen Fällen allein die Dauer der Abwesenheit von der Wohnung. Dauert die auswärtige Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstelle längere Zeit, ist der Ansatz der Pauschbeträge auf die ersten drei Monate begrenzt. Wegen der absetzbaren Pauschbeträge bei einer Auswärtstätigkeit im Ausland vgl. R 9.6 Abs. 3 LStR und , BStBl 2004 I S. 1052.
Der Einzelnachweis berechtigt nicht zum Abzug höherer Beträge. Können für einen Tag Pauschbeträge aufgrund verschiedener Sachverhalte abgezogen werden (Verpflegungsmehraufwand, doppelte Haushaltsführung, Fahrtätigkeit), ist der jeweils höchste absetzbare Pauschbetrag anzusetzen.
Tz. 42 Häusliches Arbeitszimmer
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung sind seit dem Veranlagungszeitraum 2007 grds. vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Als Ausnahme von dem grundsätzlichen Abzugsverbot können die Aufwendungen nur noch dann als Betriebsausgaben abzogen werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Der ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das Abzugsverbot verfassungsmäßig ist. In dem entschiedenen Fall ging es um Arbeitszimmer von Lehrern, denen kein anderer Arbeitsplatz als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung steht. Die Finanzverwaltung hat darauf hin mit , BStBl 2009 I S. ▪ erklärt, dass Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 AO, § 69 Abs. 2 FGO stattzugeben ist, wenn die Voraussetzungen für die bis zum Veranlagungszeitraum 2006 geltende Rechtslage vorliegen (betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers beträgt mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit oder es steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, Abzug max. 1.250 €).
Zur Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG kommt es nur, wenn es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um solche für ein ertragsteuerrechtlich anerkanntes häusliches Arbeitszimmer handelt. Ist der Raum kein häusliches Arbeitszimmer, z. B. weil die private Mitbenutzung des Raums zu hoch ist oder weil der Raum nicht ausreichend vom privaten Wohnumfeld abgetrennt ist, gehören die Aufwendungen erst gar nicht zu den Betriebsausgaben. Es handelt sich von vornherein um nicht abziehbare Lebenshaltungskosten (§ 12 Nr. 1 EStG; vgl. Tz. 164). Ist der Raum nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern z. B. als getrennte Praxis oder getrenntes Ladenlokal zu bezeichnen, sind die Aufwendungen nach den allgemeinen Grundsätzen als Betriebsausgaben abzuziehen.
Ausführlich zum Arbeitszimmer vgl. Nolte, NWB F. 3 S. 12983 ff. NWB SAAAB-25507 und 13477 ff. NWB AAAAB-55104, jeweils mit zahlreichen Beispielen. S. auch , BStBl 2007 I S. 442, und für Veranlagungszeiträume vor 2007 , BStBl 2004 I S. 143, und , BStBl 2004 I S. 861.
Tz. 43 Andere die Lebensführung berührende Aufwendungen
Unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG fallen Aufwendungen, die ebenfalls die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, die aber von den Tatbeständen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–5 und 6b EStG nicht erfasst werden. Wären die Aufwendungen nicht durch den Betrieb veranlasst, würden sie zu den Kosten der Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen gehören. Diese Aufwendungen sind vom Abzug ausgeschlossen, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Das sind insbesondere Übernachtungskosten anlässlich von Geschäftsreisen, Unterbringungs- oder Unterhaltungskosten für Geschäftsfreunde, Nutzung von Luxusfahrzeugen, unangemessene Flugzeugbenutzung, besonders aufwändige Ausstattungen von Geschäftsräumen (R 4.10 Abs. 12 EStR).
Die Angemessenheitsprüfung findet dem Grunde und der Höhe nach statt. Für die Angemessenheitsprüfung der Höhe nach gibt es keine festen Betragsgrenzen. Vielmehr kommt es jeweils auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. Unangemessenheit ist gegeben, wenn nach der allgemeinen Verkehrsauffassung davon ausgegangen werden muss, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer diese Aufwendungen mit Blick auf die dadurch zu erwartenden Vorteile und Kosten nicht auf sich genommen hätte. Zu berücksichtigen sind dabei Größe des Betriebs, Art des Unternehmens, Höhe des längerfristigen Umsatzes und Gewinns, Bedeutung von Repräsentationsaufwendungen für den Geschäftserfolg des Betriebs. Aufwendungen sind um so eher als unangemessen anzusehen, je stärker die Berührung mit der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen den betrieblichen Anlass in den Hintergrund treten lässt.
Stehen beim Besuch von Nachtlokalen mit Varieté-, Striptease- und anderen Darbietungen die Aufwendungen in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Wert der verzehrten Speisen und/oder Getränke, führt die Angemessenheitsprüfung dazu, dass die Aufwendungen bereits ihrer Art nach, also dem Grunde nach, als unangemessen anzusehen sind. Insoweit ist jeglicher Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Aufwendungen für Besuche von Bordellen und bordellähnlichen Betrieben sind stets nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG zu beurteilen.
Tz. 44 Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder
Von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich des EStG oder von Organen der Europäischen Gemeinschaften festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder dürfen auch dann nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie betrieblich oder beruflich veranlasst sind. Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen. Erhält der Steuerpflichtige die vorgenannten Sanktionsgelder oder Ausgaben (teilweise) zurück, erhöhen diese Einnahmen insoweit nicht den Gewinn. Wegen Einzelheiten zu Geldbußen, Ordnungsgeldern und Verwarnungsgeldern s. R 4.13 EStR.
Von dem strengen Abzugsverbot gibt es eine Ausnahme: Wurde der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, beim Strafmaß abgeschöpft, und wurden dabei die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen, dürfen die Zahlungen als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. In diesem Fall ist auch die evtl. Rückzahlung dieser Ausgaben gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass die Steuern vom Einkommen und Ertrag bei der Bemessung der Sanktion nicht berücksichtigt worden sind, ist vom Steuerpflichtigen auf geeignete Weise glaubhaft zu machen (R 4.13 Abs. 3 Satz 3 EStR). Bei Bußgeldbescheiden der EU-Kommission vertritt die Finanzverwaltung derzeit noch die Auffassung, dass das Bußgeld keinen Abschöpfungsanteil enthält und damit dem Grunde nach bereits nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist ( NWB KAAAC-47404).
Das Abzugsverbot umfasst nicht Nebenfolgen vermögensrechtlicher Art und die Verfahrenskosten.
Widerspricht die von einem ausländischen Gericht verhängte Geldstrafe den wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung (ordre public), kann sie als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn sie für eine Tat verhängt worden ist, die im Zusammenhang mit einer gewerblichen Betätigung begangen wurde (, BStBl 1992 II S. 85).
Wegen des Abzugsverbots von in einem Strafverfahren festgesetzten Geldstrafen, sonstigen Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen s. § 12 Nr. 4 EStG und Tz. 167.
Tz. 45 Zinsen auf hinterzogene Steuern
Zinsen auf hinterzogene Steuern (§ 235 AO) sind vom Abzug als Betriebsausgaben ausgeschlossen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8a EStG). Hinterziehungszinsen sind nicht anders zu behandeln als die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG nicht abziehbaren Sanktionen. Damit hat dieses Abzugsverbot ebenfalls Sanktionscharakter. Betroffen sind Hinterziehungszinsen auf betriebliche Steuern wie Umsatzsteuer oder Verkehrsteuern, weil nur diese betrieblich veranlasst sind. Zinsen jeder Art auf die Gewerbesteuer sind bereits ausdrücklich nach § 4 Abs. 5b EStG (ab 2008) keine Betriebsausgaben (vgl. Tz. 52).
Tz. 46 Ausgleichszahlungen an Anteilseigner
Den Gewinn nicht mindern dürfen Ausgleichszahlungen, die in Fällen der körperschaftsteuerlichen Organschaft an außenstehende Anteilseigner geleistet werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 9 EStG). Diese Regelung gilt auch für die Körperschaftsteuer. Dort hat sie vorrangig Bedeutung, da Organgesellschaften stets und Organträger regelmäßig Kapitalgesellschaften sind.
Tz. 47 Vorteilszuwendungen
Die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen dürfen – trotz betrieblicher oder beruflicher Veranlassung – den Gewinn nicht mindern, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG). Eine beispielhafte Aufzählung derartiger Zuwendungen enthält H 4.14 EStH „Zuwendungen”. Es handelt sich ausnahmslos um inländische Straf- und Bußgeldvorschriften. Ein Verstoß gegen ausländische Strafgesetze führt somit nicht zur Anwendung des Abzugsverbots. Auf ein Verschulden des Zuwendenden kommt es nicht an. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob ein Strafantrag gestellt oder die Zuwendung tatsächlich geahndet worden ist. Ferner ist ohne Bedeutung, ob die Zahlungen oder anderen Zuwendungen tatsächlich beim Empfänger angekommen sind.
Tz. 48 Aufwendungen im Zusammenhang mit der Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 11 EStG verbietet den Abzug von betrieblich veranlassten Aufwendungen, die mit der Zuwendung von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in solchen Betrieben zusammenhängen, deren Gewinn nach § 5a EStG ermittelt wird (Tonnagesteuer). Damit wird die künstliche Trennung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben unterbunden, die sonst über Betriebsaufspaltung, Organschaft und unentgeltliche Nutzungseinlage möglich wäre und durch Anwendung der Vorschrift des § 5a EStG erhebliche Steuerminimierungen erreichen könnte.
Tz. 49 Zuschläge nach § 162 Abs. 4 AO
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 12 EStG erweitert den Katalog für die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben um Zuschläge nach § 162 Abs. 4 AO. Derartige Zuschläge werden nach Abschluss der Außenprüfung festgesetzt, wenn Aufzeichnungen nach § 90 Abs. 3 AO (Vorgänge mit Auslandsbezug) nicht vorgelegt werden oder vorgelegte Aufzeichnungen unverwertbar sind. Sie haben Sanktionscharakter und sollen daher den steuerpflichtigen Gewinn nicht mindern.
Tz. 50 Ausnahme von Abzugsverbot
Die Abzugsverbote des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2–4 EStG gelten nicht, soweit die dort genannten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG).
Tz. 51 Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte, Familienheimfahrten
Die bis 2006 geltende Rechtslage bei der ertragsteuerlichen Behandlung der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie der Familienheimfahrten wurde durch das Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale vom 20. 4. 2009 (BGBl I S. 774, BStBl I S. 536) rückwirkend ab wieder eingeführt und dabei auch die früheren Regelungen in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG reaktiviert; § 4 Abs. 5a EStG wurde aufgehoben, vgl. hierzu auch Tz. 124, g. Zu den Auswirkungen der jüngsten Änderungen auf die Gewinneinkünfte wird in Kürze ein BMF-Schreiben veröffentlicht.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten dürfen den Gewinn nur insoweit mindern, als sie als Werbungskosten bei den Überschusseinkunftsarten abzuziehen wären (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 und 2 EStG)..Dabei ist ein positiver Unterschiedsbetrag nach der sog. Listenpreismethode (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 erste Alternative EStG, vgl. d), oder nach der sog. Fahrtenbuchmethode (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 zweite Alternative EStG, vgl. e), zu ermitteln und hinzuzurechnen. Im Ergebnis werden somit Betriebsausgaben und Werbungskosten im Bereich der ertragsteuerlichen Behandlung der Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebs- oder Arbeitsstätte oder für Familienheimfahrten gleichgestellt.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG gilt nicht für Fahrten zwischen Betriebsstätten (vgl. R 4.12 Abs. 1 Satz 4 EStR a. F.). Als Betriebsstätte gilt in diesem Zusammenhang ein von der Wohnung getrennter Ort, an dem oder von dem aus die betrieblichen Leistungen erbracht werden.
Bestimmte geh- oder stehbehinderte Menschen können die tatsächlichen Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte ansetzen. Vgl. hierzu auch § 9 Abs. 2 Satz 11 und 12 EStG und Tz. 124, g.
a) Wege des Steuerpflichtigen
„Wege” ist die Strecke der Entfernung zwischen der Wohnung des Steuerpflichtigen und seiner Betriebsstätte. Den Begriff der Wohnung legt der BFH sehr weit aus; vgl. z. B. , BStBl 1989 II S. 956; , BStBl 1979 II S. 335. Eine Betriebsstätte ist regelmäßig dort anzunehmen, wo sich der Schwerpunkt der beruflichen Existenz oder der geschäftlichen Tätigkeit befindet. Rechtsprechung hierzu s. unter H 4.12 EStH „Betriebsstätte”.
Zu den Wegen des Steuerpflichtigen gehören auch die Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung. Es handelt sich um Fahrten zwischen einer weiter entfernt liegenden Wohnung (Ort des eigenen Hausstands) und dem Beschäftigungsort (Ort außerhalb des Orts, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält).
Privat veranlasste Umwegfahrten bei den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie privat veranlasste Mehrkilometer bei Vorhandensein mehrerer Wohnungen am selben Ort gehören zu den Privatfahrten. Ebenso gehören Familienheimfahrten, die über die steuerlich einmal wöchentlich zum Abzug zugelassene Zahl der Familienheimfahrten hinausgehen, zu den Privatfahrten.
b) Tatsächliche Aufwendungen
Auf die tatsächlichen Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten entstanden sind, kommt es an, wenn der Steuerpflichtige ein Kraftfahrzeug nutzt und ein Fahrtenbuch führt. Zu den Aufwendungen gehören die Selbstkosten aus den Gesamtaufwendungen für das jeweilige Fahrzeug zuzüglich der sog. festen Kosten und der AfA oder der Leasingraten; Sonderabschreibungen gehören nicht dazu (, BStBl 2002 I S. 148, Rz. 27). Auf die tatsächlichen Aufwendungen kommt es ansonsten nur an, wenn sie für die Benutzung eines Flugzeugs entstanden sind, da diese ohne Begrenzung abgezogen werden können (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 3 EStG). Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, wie z. B. für Fahrkarten, Zeit- und Netzkarten sowie Taxikosten, sind die tatsächlichen Aufwendungen maßgebend und zwar in den Fällen, in denen sie höher sind als die Entfernungspauschale (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG).
c) Entfernungspauschale
Die Entfernungspauschale gilt alle Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten ab (§ 9 Abs. 2 Satz 10 EStG). Sie gilt aufwendungs- und verkehrsmittelunabhängig. Die Entfernungspauschale ist deshalb auch anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige seine Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit einem privaten Kraftfahrzeug zurücklegt, unabhängig davon, wer die Aufwendungen dafür getragen hat, oder wenn er beispielsweise ein Motorboot nutzt. Das Abzugsverbot für Drittaufwand oder das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG greift hier nicht. Soweit der Entfernungspauschale keine direkte Aufwendungen (z. B. Benzinkosten) gegenüber stehen, z. B. weil der Steuerpflichtige mit dem Fahrrad fährt oder zu Fuß geht, führt sie zu fiktiven Betriebsausgaben.
Wegen weiterer Einzelheiten zur Entfernungspauschale vgl. Tz. 124, g.
d) Listenpreismethode
Bei Benutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs hat der Steuerpflichtige zwei Möglichkeiten, den nicht abziehbaren Teil der Betriebsausgaben, der gewinnerhöhend hinzuzurechnen ist, zu ermitteln. Als gesetzlich vorgeschriebene Regelmethode gilt die sog. Listenpreismethode. Alternativ dazu kann er die Aufwendungen auch nach der sog. Fahrtenbuchmethode ermitteln (s. unten).
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG dürfen Aufwendungen für Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte bei Benutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs je Kalendermonat und je Entfernungskilometer in Höhe des positiven Unterschiedsbetrages zwischen 0,03 % des inländischen Listenpreises des Kraftfahrzeugs i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 oder Abs. 2 EStG den Gewinn nicht mindern. Für Familienheimfahrten sind als pauschaler Wert 0,002 % des inländischen Listenpreises des Kraftfahrzeugs i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4–6 oder Abs. 2 EStG abzugsfähige Wert maßgebend. Die Werte von 0,03 % des Listenpreises bei den Wegen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und von 0,002 % des Listenpreises bei den Familienheimfahrten sind monatliche Höchstbeträge, unabhängig davon, wie oft der Steuerpflichtige tatsächlich gefahren ist. Für den Ansatz der Entfernungspauschale sind aber die tatsächlichen Fahrten heranzuziehen.
Der Wert von 0,03 % bzw. 0,002 % des Listenpreises ist unabhängig von den tatsächlich für das Kraftfahrzeug angefallenen Aufwendungen anzusetzen. Zur Kostendeckelung s. Tz. 90, b, ii. Zur Nutzung mehrerer Kraftfahrzeuge und zum Fahrzeugwechsel s. Tz. 90, b, hh.
Die Berücksichtigung der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 oder Abs. 2 EStG erfolgt auch dann, wenn der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG ermittelte Unterschiedsbetrag negativ ist (vgl. auch R 4.12 Abs. 1 Satz 2 EStR a. F.). Dadurch ergeben sich im Ergebnis zusätzliche Betriebsausgaben.
Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebsstätten, die in unterschiedlicher Entfernung von der Wohnung liegen, lässt die Finanzverwaltung eine vereinfachte Berechnung zu (, BStBl 2002 I S. 148, Rz. 13).
e) Fahrtenbuchmethode
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 zweite Alternative EStG i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG sind die tatsächlichen Aufwendungen für Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte bei Benutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs keine Betriebsausgaben, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird.
Zu den Anforderungen an ein Fahrtenbuch s. Tz. 90, c, bb.
Tz. 52 Abzugsverbot für Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5b EStG). Dies gilt erstmals für Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem enden (§ 52 Abs. 12 Satz 7 EStG). Die Regelung stellt – wie die Regelungen des § 4 Abs. 5 und 5a EStG – eine Sonderregelung zu § 4 Abs. 4 EStG dar. Sie ist eine Gewinnermittlungsvorschrift und ist auch von Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, zu berücksichtigen (vgl. § 5 Abs. 6 EStG). Zinsen und Säumniszuschläge auf die Gewerbesteuer sind als Nebenleistungen nicht abzugsfähig. Soweit Gewerbesteuer erstattet wird, die dem neuen Betriebsausgabenabzugsverbot unterlegen hat, ist diese Erstattung steuerlich nicht als Betriebseinnahme zu erfassen. Eine Erstattung von bisher als Betriebsausgabe berücksichtigter Gewerbesteuer ist dagegen als Betriebseinnahme zu behandeln.
Tz. 53 Besondere Aufzeichnungspflichten
Aufwendungen für Geschenke; s. Tz. 37, Bewirtungsaufwendungen; s. Tz. 38, Gästehäuser; s. Tz. 39, Jagd, Fischerei, Segel- oder Motorjachten; s. Tz. 40, häusliches Arbeitszimmer (s. Tz. 42) sowie andere, die Lebensführung des Steuerpflichtigen berührende Aufwendungen (s. Tz. 43) sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen sind zeitnah vorzunehmen. Die Beachtung der besonderen Aufzeichnungsvorschriften ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anerkennung als Betriebsausgaben. Ein Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten hat zur Folge, dass auch die an sich abziehbaren Aufwendungen nicht abgezogen werden können. Das gilt allerdings nicht für eine Fehlbuchung, die sich als offenbare Unrichtigkeit darstellt (, BStBl 2000 II S. 203).
Die Pflicht zur besonderen Aufzeichnung kann erfüllt werden, indem für jede der in § 4 Abs. 7 EStG genannten Gruppen von Aufwendungen ein besonderes Konto oder eine besondere Spalte geführt wird. Zulässig ist auch, für diese Aufwendungen zusammengenommen ein Konto oder eine Spalte zu führen. Dann muss allerdings aus jeder einzelnen Buchung oder Aufzeichnung ersichtlich sein, um welche Art von Aufwendungen es sich handelt. Aufwendungen, die unter verschiedene Kategorien fallen, wie z. B. die Zuwendung eines Geschenks im Rahmen einer Geschäftsfreundebewirtung, sind jeweils getrennt aufzuzeichnen, hier also getrennt nach Aufwendungen für das Geschenk und nach Bewirtungskosten. Eine besondere Aufzeichnung liegt nicht vor, wenn die bezeichneten Aufwendungen auf Konten gebucht werden, auf denen auch nicht besonders aufzeichnungspflichtige Aufwendungen gebucht werden.
Wegen weiterer Einzelheiten s. R 4.11 EStR und H 4.11 EStH.
Tz. 54 Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung
a) Direktversicherung (§ 4b EStG)
Eine Direktversicherung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber eine Lebensversicherung auf das Leben eines Arbeitnehmers abschließt und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Das Bezugsrecht kann widerruflich oder unwiderruflich eingeräumt werden.
Die Abzugsfähigkeit der Beiträge, die der Arbeitgeber an eine Direktversicherung zahlt, ergibt sich aus den allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen. Die Zahlungen sind Betriebsausgaben, wenn sie betrieblich veranlasst sind.
Eine Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten ist steuerrechtlich anzuerkennen (d. h. die Beiträge an die Versicherung sind als Betriebsausgaben abzugsfähig), soweit sie einem Fremdvergleich standhält (vgl. auch , BStBl 1984 I S. 495, und v. - S 2176, BStBl 1984 I S. 7). Die Leistungen aus der Direktversicherung dürfen aber nicht zu einer sog. Überversorgung führen (vgl. Tz. 93 zu Pensionsrückstellungen). Wird in einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten ein Teil des bis dahin bestehenden angemessenen Lohnanspruchs in einen Direktversicherungsschutz ohne Veränderung des Arbeitsverhältnisses umgewandelt (sog. echte Barlohnumwandlung), sind die Versicherungsbeiträge betrieblich veranlasst und regelmäßig ohne Prüfung der sog. Überversorgung abzugsfähig ( NWB UAAAC-93287).
Gem. § 4b Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber, der Versicherungsnehmer ist, den Versicherungsanspruch nicht zu aktivieren. Das gilt auch, wenn der begünstigte Arbeitnehmer nur widerruflich bezugsberechtigt ist oder wenn der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen hat, sofern er sich dem bezugsberechtigten Dritten gegenüber schriftlich verpflichtet hat, ihn bei Eintritt des Versicherungsfalls so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre. Diese Erklärung ist ggf. bei bestehenden Verträgen nachzuholen.
b) Zuwendungen an Pensionskassen (§ 4c EStG)
Nach § 4c Abs. 1 EStG kann das Unternehmen (sog. Trägerunternehmen) Zuwendungen an eine Pensionskasse als Betriebsausgaben abziehen, soweit die Zahlungen auf einer in der Satzung oder im Geschäftsplan der Kasse festgelegten Verpflichtung beruhen oder der Abdeckung von Fehlbeträgen der Kasse dienen. Durch § 4c Abs. 2 EStG wird verhindert, dass Zuwendungen für den Inhaber des Trägerunternehmens oder seine Angehörigen als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Danach sind Zuwendungen vom Abzug ausgeschlossen, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem nicht betrieblich veranlasst wären. Wegen weiterer Einzelheiten s. R 4c EStR.
c) Zuwendungen an Unterstützungskassen (§ 4d EStG)
Unterstützungskassen gewähren auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch (vgl. § 1b Abs. 4 BetrAVG). Außerdem unterliegen sie keiner staatlichen Aufsicht und sind in der Anlage ihres Vermögens frei. Diese Gesichtspunkte haben den Gesetzgeber bewogen, die Zuwendungen des Trägerunternehmens nur insoweit zum Abzug als Betriebsausgaben zuzulassen, als sie bestimmte Beträge nicht übersteigen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Unterstützungskassen, die lebenslänglich laufende Leistungen gewähren (§ 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und Kassen ohne lebenslänglich laufende Leistungen (§ 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Gewährt die Unterstützungskasse lebenslängliche Leistungen, ist bei Leistungsempfängern das Deckungskapital gem. Anlage 1 zu § 4d Abs. 1 EStG und bei Leistungsanwärtern das sog. Reservepolster abzugsfähig. Besondere Regelungen gelten für sog. rückgedeckte Unterstützungskassen. Vgl. auch , BStBl 2002 I S. 214.
Zuwendungen sind vom Trägerunternehmen in dem Wirtschaftsjahr gewinnmindernd zu berücksichtigen, in dem sie geleistet werden. Aber auch Zuwendungen, die innerhalb eines Monats nach Aufstellung oder Feststellung der Bilanz des Trägerunternehmens für den Schluss eines Wirtschaftsjahrs geleistet werden, können von dem Trägerunternehmen noch für das abgelaufene Wirtschaftsjahr durch eine Rückstellung berücksichtigt werden.
Übersteigen die in einem Wirtschaftsjahr erbrachten Zuwendungen die nach § 4d Abs. 1 EStG abzugsfähigen Beträge, können die übersteigenden Beträge im Wege der Rechnungsabgrenzung auf die folgenden drei Wirtschaftsjahre vorgetragen und im Rahmen der für diese Wirtschaftsjahre abzugsfähigen Beträge als Betriebsausgaben behandelt werden (§ 4d Abs. 2 EStG).
Zuwendungen an eine Unterstützungskasse zur Übertragung von Zusagen auf einen Pensionsfonds i. S. des § 4e EStG (vgl. unten) können gem. § 4d Abs. 3 EStG in den dem Wirtschaftsjahr der Zuwendung folgenden zehn Wirtschaftsjahren gleichmäßig verteilt abgezogen werden (Wahlrecht). Nur bei einer Verteilung der Betriebsausgaben sind diese Leistungen nach § 3 Nr. 66 EStG lohnsteuerfrei; s. Tz. 22 (52) Vgl. zur Anwendung der Regelungen in § 4d Abs. 3 EStG und § 4e Abs. 3 EStG i. V. mit § 3 Nr. 66 EStG bei der Übertragung von Versorungsverpflichtungen und Versorgungsanwartschaften auf Pensionsfonds , BStBl 2006 I S. 709.
Zu weiteren Einzelheiten vgl. auch R 4d EStR.
d) Beiträge an Pensionsfonds (§ 4e EStG)
Der bilanzsteuerrechtliche Betriebsausgabenabzug ergibt sich aus § 4e EStG. Die Absätze 1 und 2 orientieren sich an den Regelungen zu den Pensionskassen gem. § 4c EStG.
Nach § 4e Abs. 3 EStG können die Zahlungen an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen über zehn Jahre gleichmäßig verteilt als Betriebsausgaben abgezogen werden (Wahlrecht). Ist im Zusammenhang mit einer Übertragung eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG (Tz. 93) aufzulösen oder fließen Vermögenswerte von einer Unterstützungskasse an den Arbeitgeber zurück, können die Aufwendungen bis zur Höhe der aufgelösten Rückstellung bzw. des Vermögensrückflusses sofort abgezogen werden. Der übersteigende Betrag ist in den folgenden zehn Jahren gleichmäßig verteilt abzugsfähig. Nur bei einer Verteilung der Betriebsausgaben sind die Zahlungen an den Pensionsfonds nach § 3 Nr. 66 EStG lohnsteuerfrei; s. Tz. 22 (52). Vgl. zur Anwendung der Regelungen in § 4d Abs. 3 EStG und § 4e Abs. 3 EStG i. V. mit § 3 Nr. 66 EStG bei der Übertragung von Versorungsverpflichtungen und Versorgungsanwartschaften auf Pensionsfonds , BStBl 2006 I S. 709.
Tz. 55 Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten
Der bisherige § 4f EStG wurde im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz – FamLeistG) vom (BGBl I S. 2955 sowie BStBl 2009 I S. 140) aufgehoben.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Kinderbetreuung im neuen § 9c EStG geregelt, materiell rechtliche Änderungen sind damit aber nicht verbunden. Zu Einzelheiten vgl. Tz. 126a.
Tz. 56 Bildung eines Ausgleichspostens gem. § 4g EStG bei Entnahme nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG
§ 4g EStG ist im Zusammenhang mit dem Steuerentstrickungstatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und dessen Bewertung mit dem gemeinen Wert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG zu sehen; s. hierzu Tz. 30, b.
Nach § 4g EStG kann ein unbeschränkt Steuerpflichtiger in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Buchwert und dem für das von der Steuerentstrickung betroffene Wirtschaftsgut des Anlagevermögens anzusetzenden gemeinen Wert auf Antrag einen Ausgleichsposten bilden, um den Entnahmegewinn zu neutralisieren. Voraussetzung ist aber, dass das Wirtschaftsgut nach der Entstrickung zu einer Betriebsstätte des Steuerpflichtigen in einem EU-Mitgliedstaat gehört. Für Umlaufvermögen ist die Bildung eines Ausgleichspostens nicht möglich. Durch die Bildung und Auflösung des Sonderpostens über fünf Jahre wird eine teilweise Stundung des auf den Entnahmegewinn entfallenden Steuerbetrags erreicht. Die Regelung kann – trotz fehlender eigener Anwendungsregelung – erstmals auf Entstrickungen angewendet werden, die in Wirtschaftsjahren erfolgen, die nach dem enden, da sie Folge des neu eingefügten Entstrickungstatbestands in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ist (§ 52 Abs. 8b EStG). Für zeitlich vor diesem Zeitraum liegende Entstrickungen erlaubt Tz. 2.6.1 des Betriebsstätten-Erlasses (, BStBl 1999 I S. 1076 und v. - S 2134, BStBl 2009 I S. 671, unter 3. im Zusammenhang mit , BStBl 2009 II S. 464) eine ähnliche – aber weiterreichende – Merkpostenmethode.
a) Bildung des Ausgleichspostens
Will der Steuerpflichtige eines Ausgleichsposten nach § 4g EStG für steuerentstrickte aufgedeckte stille Reserven bilden, muss er dies beantragen. Der Antrag dürfte regelmäßig durch die Bildung dieses Postens in der Steuerbilanz gestellt sein. Er ist unwiderruflich und muss für alle von der Entstrickung innerhalb eines Wirtschaftsjahrs betroffenen Wirtschaftsgüter einheitlich ausgeübt werden.
b) Auflösung des Ausgleichspostens
Grds. ist der Ausgleichsposten jährlich um ein Fünftel gewinnerhöhend aufzulösen, beginnend in dem Wirtschaftsjahr seiner Bildung (§ 4g Abs. 2 Satz 1 EStG). Abweichend davon muss er aber sofort gewinnerhöhend aufgelöst werden (§ 4g Abs. 2 Satz 2 EStG), wenn
das betroffene als entnommen geltende Wirtschaftsgut aus dem (ausländischen) Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ausscheidet, z. B. durch Untergang aufgrund höherer Gewalt,
das betroffene als entnommen geltende Wirtschaftsgut aus der Besteuerungshoheit der EU-Mitgliedstaaten ausscheidet (Drittstaaten-Entstrickung);
die stillen Reserven des betroffenen als entnommen geltenden Wirtschaftsguts im Ausland aufgedeckt werden oder in entsprechender Anwendung deutschen Steuerrechts hätten aufgedeckt werden müssen, z. B. bei Veräußerung oder verdeckter Einlage.
Der Steuerpflichtige ist nach § 4g Abs. 5 EStG verpflichtet, der zuständigen Finanzbehörde die Entnahme oder ein Ereignis, dass zur sofortigen Auflösung des Ausgleichspostens führt, unverzüglich anzuzeigen.
c) Rückführung nach steuerentstrickender Entnahme in eine EU-Betriebsstätte
Wird ein Wirtschaftsgut innerhalb des fünfjährigen Auflösungszeitraums wieder in das Inland zurück überführt, ist der Ausgleichsposten gewinnneutral aufzulösen. Das Wirtschaftsgut ist aber nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG (gemeiner Wert) oder § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG (Entnahmewert), sondern mit einem gesondert nach § 4g Abs. 3 EStG zu ermittelnden Wert anzusetzen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
fortgeführte
Anschaffungskosten |
+ gewinnerhöhend
berücksichtigte Auflösungsbeträge nach
§ 4g Abs. 2 und Abs. 5 Satz 2
EStG |
+ Unterschiedsbetrag zwischen dem (sich nach ausländischem Recht
ergebenden) Rückführungswert und dem (nach ausländischem Recht ermittelten)
Buchwert im Zeitpunkt der Überführung |
= Wertansatz nach Rücküberführung, maximal jedoch darf der gemeine
Wert angesetzt werden. |
Die Rücküberführung soll nach § 4g Abs. 3 Satz 2 EStG ein Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO sein. Dies führt dann möglicherweise dazu, dass es im Ursprungsjahr der Entstrickung zu einer vollumfänglichen steuerpflichtigen Aufdeckung aller stillen Reserven kommt.
d) Anwendung bei Einnahmenüberschussrechung
Der Ausgleichsposten kann auch von einem Einnahmenüberschussrechner gebildet werden. Er hat die Wirtschaftsgüter, für die eine Ausgleichsposten gebildet wurde, in ein laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen. Außerdem muss er Aufzeichnungen über die Bildung und Auflösung des Ausgleichspostens zu führen. Das Verzeichnis und die Aufzeichnungen muss er der Steuererklärung beifügen (§ 4g Abs. 4 EStG).
Tz. 57 Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen (Zinsschranke)
§ 4h EStG beschränkt in bestimmten Fällen den Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen (sog. Zinsschranke). Die Neuregelung gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem beginnen und nicht vor dem enden (§ 52 Abs. 12d Satz 1 EStG, § 34 Abs. 6a Satz 3 KStG). Die Zinsschranke richtet sich grds. gegen eine übermäßige Fremdkapitalfinanzierung der Unternehmen und soll verhindern, dass allein aus Gründen der Steueroptimierung eine hohe Fremdkapitalquote angestrebt wird und dass Konzerne mittels grenzüberschreitender konzerninterner Fremdkapitalfinanzierung in Deutschland erwirtschaftete Erträge ins Ausland transferieren. Darüber hinaus soll die Zinsschranke unterbinden, dass Konzerne sich gezielt über ihre deutschen Töchter auf dem Kapitalmarkt verschulden und über die gezahlten Zinsen vor allem in Deutschland die Steuerbemessungsgrundlage verringern.
Zur Zinsschranke hat die Finanzverwaltung eine umfangreiche Verwaltungsanweisung veröffentlicht (, BStBl 2008 I S. 718). Die neue Bundesregierung plant, die Regelungen des § 4h EStG zu überarbeiten. Die konkreten Änderungen bleiben abzuwarten.
a) Anwenderkreis
Die Zinsschranke gilt gleichermaßen für Einzelunternehmen, Mitunternehmerschaften und im Zusammenhang mit dem neuen § 8a KStG für Kapitalgesellschaften. Voraussetzung sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit. Prüfobjekt für die Zinsschranke ist der Betrieb. Die Zinsschranke gilt sowohl für bilanzierende Unternehmen als auch bei Einnahmeüberschussrechnungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG.
b) Zinsaufwand und Zinsertrag
Zinsaufwendungen, die der Betriebsausgabenabzugsbeschränkung unterliegen, sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben (§ 4h Abs. 3 Satz 2 EStG). Zinserträge sind – spiegelbildlich zu den Zinsaufwendungen – Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben (§ 4h Abs. 3 Satz 3 EStG). Die Zinsschranke erfasst grds. nur Erträge und Aufwendungen aus der Überlassung von Geldkapital (Zinserträge und Zinsaufwendungen im engeren Sinne). Hierunter fallen typischerweise die Gewährung oder die Inanspruchnahme von Darlehen, nicht aber der Bezug von Dividenden. Zinsaufwendungen sind auch Vergütungen, die nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben, z. B. Damnum, Disagio, Vorfälligkeitsentschädigungen, Provisionen und Gebühren. Zinsen nach § 233 ff. AO sowie Skonti und Boni sind nicht einzubeziehen.
Gem. § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG führen auch die Auf- und Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen zu Zinserträgen und Zinsaufwendungen. Die Finanzverwaltung will aber nur die Aufzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen berücksichtigen (, BStBl 2008 I S. 718, Rz. 27). Ausgenommen sind dagegen Erträge anlässlich der erstmaligen Bewertung von Verbindlichkeiten (Abzinsung, vgl. auch Tz 86). Eine vom Nennwert abweichende Bewertung von Kapitalforderungen mit dem Barwert soll ebenfalls unberücksichtigt bleiben. Das gilt auch Verbindlichkeiten und Kapitalforderungen mit einer Restlaufzeit am Bilanzstichtag von weniger als zwölf Monaten. Offen bleibt aber die Frage, in welchen Fällen Verbindlichkeiten und Kapitalforderungen niedrig verzinslich im Sinne der Zinsschranke sind.
c) Grundregel
Die Abzugsbeschränkung ist zweistufig:
Schritt: Zinsaufwendungen eines Betriebs sind in Höhe der Zinserträge abziehbar.
Schritt: Danach verbleibende Zinsaufwendungen sind bis zur Höhe von 30 % des maßgeblichen Gewinns abziehbar. Der maßgebliche Gewinn ermittelt sich bei Personenunternehmen wie folgt (bei Körperschaften gelten teilweise abweichende Berechnungen):
nach den Vorschriften des
EStG ermittelter steuerpflichtiger Gewinn (§ 4h Abs. 3 Satz 1 EStG)
+
Zinsaufwendungen (nicht aber vorgetragene Zinsaufwendungen;
§ 4h Abs. 1 Satz 3
EStG)
+ Abschreibungen nach
§ 6 Abs. 2 EStG (sog.
geringwertige Wirtschaftsgüter)
+ Abschreibungen nach
§ 6 Abs. 2a EStG (sog.
Sammelposten)
+ Abschreibungen nach
§ 7 EStG (somit aber nicht
Sonderabschreibungen, z. B. nach
§ 7g EStG)
-
Zinserträge
= maßgeblicher Gewinn (= EBITDA - earnings before
interests, taxes, depreciations and amortisation)
d) Ausnahmen
Die Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen gilt nicht in den folgenden in § 4h Abs. 2 EStG aufgezählten Fällen:
Freigrenze. Die Zinsaufwendungen, die die Zinserträge übersteigen, betragen weniger als 3 Mio. € (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG n. F.). Diese Freigrenze beträgt eigentlich 1 Mio. €, sie wurde aber im Rahmen des Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom (BGBl 2009 I S. 1959) für vor dem endende Wirtschaftsjahre erhöht (§ 52 Abs. 12d Satz 3 EStG). Danach gilt (nach derzeitigem Stand) wieder die 1 Mio. €-Grenze. Dieser Betrag ist betriebsbezogen ausgestaltet und bezieht sich auf das jeweilige Wirtschaftsjahr.
Stand-alone-Klausel. Der Betrieb gehört nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern.
Eigenkapitalvergleich (Escape-Klausel). Der Betrieb gehört zu einem Konzern und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags unterschreitet die Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als einen Prozentpunkt. Die Eigenkapitalquote ist das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme.
e) Zinsvortrag
Nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG) und werden gesondert festgestellt (§ 4h Abs. 4 EStG). Nicht verbrauchte Zinsvorträge gehen mit Aufgabe oder Übertragung des Betriebs und bei Mitunternehmern quotal ihres Gesellschafteranteils unter (§ 4h Abs. 5 EStG). Einen Rücktrag nicht abziehbarer Zinsaufwendungen sieht § 4h EStG nicht vor.
II. Allgemeine Ansatz- und Bewertungsgrundsätze
Tz. 58 Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz
a) Begriff und Bedeutung
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist von buchführungspflichtigen und freiwillig buchführenden Gewerbetreibenden am Abschlussstichtag das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den – im Wesentlichen im Dritten Buch des HGB kodifizierten – handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, sog. Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz. Maßgeblich sind im wörtlichen Sinne nur die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung – also nicht die HGB-Normen in ihrer Gesamtheit. Die Handelsbilanz bildet also die Grundlage der Steuerbilanz. Eine Ausnahme dieses Grundsatzes gilt aber insoweit, als steuerrechtliche Spezialregelungen von den (erlaubten) handelsrechtlichen Ansätzen von Vermögensgegenständen und Schulden abweichende Regelungen beinhalten (Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes).
b) Einschränkung durch steuerliche Spezialregelungen
Die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gelten nur, sofern keine steuerlichen Spezialregelungen greifen. Für den Ansatz dem Grunde nach sind hier vor allem zu beachten:
Aktivierungsgebot für entgeltlich erworbene immaterielle Anlagewerte (§ 5 Abs. 2 EStG – mit gleichem Ergebnis aber Aktivierungsverbot für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, in § 248 Abs. 2 HGB);
Passivierungsverbot für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen (§ 5 Abs. 2a EStG i. V. mit , BStBl 2006 I S. 497);
gesonderte Regelungen für Rückstellungen wegen Schutzrechtsverletzung oder wegen der Verpflichtung zu einer Jubiläumszuwendung (§ 5 Abs. 3, 4 EStG);
Passivierungsverbot für Drohverlustrückstellungen (§ 5 Abs. 4a EStG);
Passivierungsverbot für Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind (§ 5 Abs. 4b EStG);
gesonderte Regelungen für den Ansatz von Pensionsrückstellungen nach § 6a Abs. 1 EStG.
Für den Ansatz der Höhe nach sind vor allem zu nennen:
Teilwertabschreibung (§ 5 Abs. 6, § 6 EStG);
Abzinsungsgebot gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a EStG;
Absetzung für Substanzverringerung (§ 5 Abs. 6 i. V. mit §§ 7 ff. EStG);
Bewertungswahlrechte nach dem UmwStG 1995 ( NWB TAAAC-59276).
Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a Abs. 3 und 4 EStG.
§ 5 Abs. 6 EStG schränkt die Anknüpfung an das Handelsrecht dahingehend ein, dass die Vorschriften über Entnahmen und Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung „zu befolgen” sind, mithin den entsprechenden handelsrechtlichen Grundsätzen vorgehen. Sofern diese zwingenden steuerrechtlichen Vorschriften widersprechen, muss in der Steuerbilanz ein abweichend bewerteter Posten erscheinen. Dabei kann der Steuerpflichtige entweder die Ansätze oder Beträge der Handelsbilanz, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, durch Zusätze oder Anmerkungen entsprechend ergänzen oder er erstellt eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Vermögensübersicht, die Steuerbilanz (§ 60 Abs. 2 EStDV). Der Maßgeblichkeitsgrundsatz legt nicht nur die Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz fest. Er besagt darüber hinaus, dass Steuerpflichtige, die zwar keine Handelsbilanz erstellen oder erstellt haben, jedoch als Gewerbetreibende ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, bei der Aufstellung der Steuerbilanz die Vorschriften des HGB und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beachten müssen. Ob die Gewerbetreibenden aufgrund gesetzlicher Vorschriften (neben HGB z. B. auch § 141 AO) zur Buchführung verpflichtet sind oder Bücher ohne eine solche Verpflichtung freiwillig führen, ist dabei unerheblich. Voraussetzung ist aber stets, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen.
c) Handelsrechtliche Wahlrechte
Handelsrechtliche Aktivierungs- und Passivierungsgebote sowie Aktivierungs- und Passivierungsverbote gelten auch für die Steuerbilanz. Handelsrechtliche Ansatzwahlrechte sind aber grds. nur maßgeblich, wenn einkommensteuerliche Vorschriften ein gleichartiges Wahlrecht einräumen. Der BFH legt den Maßgeblichkeitsgrundsatz diesbezüglich eng aus: Handelsrechtliche Gebote sind grds. für die Steuerbilanz verbindlich, handelsrechtliche Wahlrechte hingegen generell in gewinnerhöhender Weise in die Steuerbilanz zu übernehmen. Nur zwingendes Handelsrecht ist steuerlich maßgebend. Folglich gilt nach ständiger Rechtsprechung bei einem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht steuerrechtlich grds. eine Aktivierungspflicht (ausgenommen Bilanzierungshilfen, denen keine Wirtschaftsgüter oder Rechnungsabgrenzungsposten zugrunde liegen), bei einem handelsrechtlichen Passivierungswahlrecht i. d. R. steuerlich ein Passivierungsverbot.
d) Wegfall der sog. umgekehrten Maßgeblichkeit ab 2009
Nach der bisherigen Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG war der angestrebte Ansatz in der Steuerbilanz nur zulässig ist, wenn in der Handelsbilanz in gleicher Weise bilanziert wird. Diese „umgekehrte Maßgeblichkeit” bewirkte, dass die Gewinnanteile, die infolge der Steuervergünstigung zunächst nicht besteuert werden, auch nicht als Gewinnanteile an die Gesellschafter ausgeschüttet werden dürfen.
Das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom (BGBl I S. 1102) zur Reform des handelsrechtlichen Jahresabschlusses hebt die umgekehrte Maßgeblichkeit auf. Damit gelten die steuerlichen Wahlrechte nicht mehr für die Handelsbilanz. Die Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts setzt nunmehr die Dokumentation in gesonderten, laufend zu führenden Verzeichnissen voraus (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F.). Die Neuregelung gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem enden. Danach ist die Ausübung steuerlicher Wahlrechte nicht mehr an die Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz gebunden.
Zu den Auswirkungen des BilMoG auf den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG hat die Finanzverwaltung auf den Internetseiten des BMF den Entwurf eines BMF-Schreibens veröffentlicht. Inwieweit die Verbandsanhörung noch zu Änderungen des Schreibens führt, bleibt abzuwarten.
Tz. 59 Formelle Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
Das Betriebsvermögen als Basis der steuerlichen Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) ist auf der Grundlage der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Buchführung umfasst dabei sowohl die laufende Buchführung als auch die Bilanzierung (Jahresabschluss mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung).
a) Grundsatz der Bilanzklarheit
Der Jahresabschluss ist klar und übersichtlich aufzustellen (§ 243 Abs. 2 HGB). Buchführung und Jahresabschluss müssen einem sachverständigen Dritten verständlich sein (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 145 AO).
b) Verrechnungsverbot/Bruttoprinzip
Posten der Aktivseite dürfen grds. nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden (Saldierungsverbot, § 246 Abs. 2 Satz 3 HGB n. F.). Das BilMoG lässt allerdings bei Altersversorgungsverpflichtungen eine Verrechnung von Vermögensgegenständen und Schulden zu (vgl. hierzu § 246 Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB n. F.). Im Steuerrecht verbleibt es aber auch in diesen Fällen beim generellen Saldierungsverbot. Dieser Grundsatz wurde im neuen § 5 Abs. 1a Satz 1 EStG gesetzlich verankert.
c) Einzelbewertung
Grundsätzlich muss jedes Wirtschaftsgut bei der Aufstellung der Bilanz wertmäßig einzeln berücksichtigt werden (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 6 EStG). Eine Gesamtbewertung des Betriebsvermögens oder eines Teils (z. B. Betriebsstätte, Warenlager) ist nicht zulässig. Dem Grundsatz der Einzelbewertung widerspricht es jedoch nicht, wenn gleichartige Wirtschaftsgüter (z. B. Maschinen) in der Bilanz rechnerisch zusammengefasst werden. Dabei muss jedoch grds. bei der Inventur der Wert für jedes einzelne Wirtschaftsgut gesondert ermittelt werden. Bei sog. einheitlichen Wirtschaftsgütern (z. B. Finanzinnovationen, Gebäude einschließlich der unselbständigen Gebäudeteile, Grund und Boden) werden Bewertungseinheiten akzeptiert. Für die für Finanzinnovationen gebildeten Bewertungseinheiten ist dies in § 5 Abs. 1a EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2006 ausdrücklich gesetzlich normiert. Bei diesen Bewertungseinheiten für Finanzinnovationen handelt es sich um die Zusammenfassung einer Vielzahl von Grund- und Sicherungsgeschäften zum Zwecke der kompensatorischen Bewertung. Führt diese zu einem negativen Ergebnis, dürfen die handelsbilanziell gebildeten Rückstellungen für drohende Verluste nach der ergänzend zu § 5 Abs. 1a EStG geschaffenen Neuregelung des § 5 Abs. 4a EStG ausnahmsweise auch für die steuerliche Gewinnermittlung übernommen werden.
Die Bedeutung des Grundsatzes der Einzelbewertung, der auch im Verrechnungsverbot des § 246 Abs. 2 HGB zum Ausdruck kommt, liegt vor allem darin, dass bei Wertschwankungen der einzelnen Wirtschaftsgüter infolge des Vorsichtsgrundsatzes keine Saldierung erfolgt. Bei einem bebauten Grundstück z. B. bewirkt der Grundsatz der Einzelbewertung, dass der Grund und Boden getrennt zu bewerten ist, weil dieser und das aufstehende Gebäude zwei verschiedene Wirtschaftsgüter sind. Als Ausnahmen vom Grundsatz der Einzelbewertung dürfen aus Vereinfachungsgründen bei der Aufstellung des Jahresabschlusses bei den Wertansätzen für bestimmte Wirtschaftsgüter/Vermögensgegenstände eine Festbewertung, eine Gruppenbewertung mit gewogenem Durchschnittswert oder Verbrauchsfolgeunterstellungen erfolgen; vgl. im Einzelnen Tz. 73.
d) Grundsatz der zeitgerechten Erstellung
Die Bilanz ist innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen (§ 243 Abs. 3 HGB, § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Tz. 60 Materielle Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
a) Bilanzwahrheit/Bilanzvollständigkeit
Der Jahresabschluss hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln (true and fair view-Grundsatz). Er muss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
b) Grundsatz des Bilanzzusammenhangs
Der Grundsatz der Bilanzidentität besagt, dass die Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahrs mit der Schlussbilanz des Vorjahrs übereinstimmen muss (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Aus der Bilanzidentität ergibt sich die sog. Zweischneidigkeit der Bilanz. Jede Jahresbilanz ist zugleich Schlussbilanz des abgelaufenen und Anfangsbilanz des folgenden Jahrs. Vor- und Nachteile, die sich aus bilanzpolitischen Maßnahmen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ergeben, wirken sich in dem nachfolgenden Wirtschaftsjahr entgegengesetzt aus, so dass auf Dauer gesehen das richtige Ergebnis ausgewiesen wird.
Für Kapitalgesellschaften ergänzt § 265 Abs. 1 HGB den Grundsatz des Bilanzzusammenhangs noch um das Prinzip der formellen Bilanzstetigkeit oder auch Darstellungsstetigkeit. Damit soll die Vergleichbarkeit der Bilanzen über einen längeren Zeitraum hinweg gewährleistet werden. In begründeten Ausnahmefällen (z. B. wesentliche Vergrößerung des Betriebs, Änderung des Fertigungsprogramms) sind Abweichungen zulässig.
Das Prinzip der materiellen Bilanzstetigkeit verlangt die Beibehaltung einer im vorhergehenden Jahresabschluss gewählten Bewertungsmethode (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Durch die Forderung nach Gleichmäßigkeit der Bewertungsmethoden sollen willkürliche Gewinnverlagerungen verhindert und die Vergleichbarkeit der einzelnen Bilanzen über mehrere Perioden hinweg sichergestellt werden. In der Inanspruchnahme steuerlicher Bewertungsrechte und insbesondere in der Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist der Steuerpflichtige weiterhin frei. Der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs kann zwar nicht Gewinnverlagerungen zwischen den einzelnen Wirtschaftsjahren verhindern, er soll und kann aber eine fortlaufende und lückenlose Gewinnerfassung im Blick auf den Totalgewinn sichern. Damit hat er Vorrang vor der an sich angestrebten periodengerechten Gewinnermittlung, zumal die richtige Erfassung des Totalgewinns garantiert ist.
Eine Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs ist ausnahmsweise möglich: Hat sich ein fehlerhafter Bilanzansatz in den bestandskräftigen Veranlagungen der Vorjahre steuerlich nicht ausgewirkt, kann er in der Anfangsbilanz des ersten – sowohl formell als auch materiell-rechtlich – noch nicht bestandskräftig veranlagten Jahrs erfolgsneutral richtig gestellt werden, ohne dass die Bilanzen der Vorjahre zu berichtigen sind (, BStBl 2005 II S. 809). Setzt ein Steuerpflichtiger, um sich ungerechtfertigt steuerliche Vorteile zu verschaffen, bewusst einen Aktivposten zu hoch oder einen Passivposten zu niedrig an, kann eine Berichtigung der Anfangsbilanz des ersten – auch materiell-rechtlich – noch nicht bestandskräftig veranlagten Jahrs in Betracht kommen, ohne dass die Schlussbilanz des Vorjahrs zu korrigieren ist. Dadurch entstehende Nachteile (z. B. Verlust unterlassener Abschreibungen und sonstigen Aufwands) gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (, BStBl 1993 II S. 661). Umgekehrt kann eine Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zum Vorteil des Steuerpflichtigen in Betracht kommen, wenn ein falscher Bilanzansatz auf Veranlassung der Finanzbehörde zustande kam und wegen Festsetzungsverjährung sonst nicht mehr berücksichtigt werden kann (, BStBl 2000 II S. 18). Wegen der Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs in den Fällen einer Bilanzberichtigung oder -änderung vgl. Tz. 31.
Going-concern-Prinzip. Bei der Bewertung ist nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, es sei denn, tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten (z. B. Insolvenz) stehen dem entgegen. Für den einzelnen Vermögensgegenstand darf nicht ein Markt- oder Liquidationswert angesetzt werden, sondern der Nutzen, den der Gegenstand für das lebende Unternehmen hat. Steuerlich ist das Going-concern-Prinzip im Teilwertkonzept des § 6 EStG enthalten.
c) Vorsichtsprinzip
Das Vorsichtsprinzip verlangt, dass vorhersehbare Risiken und Wertverluste bei Erstellung der Bilanz erfasst werden (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Es verbietet eine zu optimistische Betrachtungsweise bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden. Sie hätte zu hohe Wertansätze auf der Aktivseite und zu niedrige auf der Passivseite zur Folge, die wiederum zum Ausweis eines zu hohen Gewinns und damit – bei dessen Ausschüttung – zur Begünstigung des Kaufmanns und zur Benachteiligung der Gläubiger führen würden. Risiken und Chancen sind bei der Bewertung vorsichtig abzuschätzen. Das Vorsichtsprinzip findet seine Ausprägung im Imparitätsprinzip und im Realisationsprinzip.
Das Imparitätsprinzip fordert eine ungleiche (imparitätische) Behandlung noch nicht realisierter Gewinne und noch nicht realisierter Verluste: Gewinne dürfen erst dann angesetzt werden, wenn sie sicher sind, während Verluste und Risiken schon dann berücksichtigt werden müssen, wenn sie schon vorhersehbar und bis zum Abschlussstichtag entstanden sind. Wertbildende Umstände (wertaufhellende Tatsachen) muss der Kaufmann berücksichtigen. Das Imparitätsprinzip dient primär dem Gläubigerschutz. Seine Anwendung führt dazu, dass durch die Vorwegnahme des Aufwands der Gewinn entsprechend vermindert wird und dadurch Gewinnausschüttungen und Steuerzahlungen vermieden werden. Eine zu extensive Auslegung des Vorsichtsgrundsatzes kann allerdings dazu führen, dass bewusst und willkürlich stille Reserven geschaffen werden. Das Imparitätsprinzip ist z. B. konkretisiert im Niederstwertprinzip und bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
Nach dem Realisationsprinzip ist nur der Ausweis realisierter Gewinne zulässig. Gewinne sind erst dann verwirklicht, wenn sie durch einen Umsatzakt ausgewiesen werden, d. h. – von gesetzlich geregelten Ausnahmefällen abgesehen – die eigene Leistung erbracht ist und die Rechnung erteilt wird oder – wenn nach Art des Geschäfts ein Risiko besteht – der Vertragspartner die Leistung abgenommen hat. Die bloße Wertsteigerung von im Betriebsvermögen ruhenden Wirtschaftsgütern wird also nicht erfasst.
Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürfen grds. nicht bilanziert werden, weil während des Schwebezustands die (widerlegbare) Vermutung besteht, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen. Drohverlustrückstellungen sind handelsrechtlich möglich, steuerlich ausgeschlossen.
d) Prinzip der periodengerechten Gewinnabgrenzung
Nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB verankerten Prinzip der periodengerechten Gewinnabgrenzung sind Aufwendungen und Erträge unabhängig vom Zeitpunkt der Ausgabe oder Einnahme der Periode zuzuordnen, in der sie verursacht worden sind. Auf diese Weise wird erreicht, dass der Periodengewinn möglichst genau erfasst wird.
Tz. 61 Begriff des Wirtschaftsguts
Gegenstand der Aktivierung nach § 5 Abs. 1 EStG ist das einzelne Wirtschaftsgut, das gesetzlich nicht definiert ist. Das HGB bezeichnet die zu bilanzierenden Güter als „Vermögensgegenstände” und „Schulden”. Unter Vermögensgegenständen sind alle körperlichen Gegenstände und immateriellen Güter zu verstehen, die nach den Kriterien „eigenständig verkehrsfähig” und „selbständig bewertbar” abgegrenzt werden können. Nach der Rechtsprechung sind „Vermögensgegenstand” und „Wirtschaftsgut” identisch. Der Begriff des Wirtschaftsguts umfasst nicht nur Gegenstände i. S. des bürgerlichen Rechts (Sachen und Rechte), sondern auch rechtliche und tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, sie nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind und i. d. R. einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre bringen. D. h. Wirtschaftsgüter sind alle im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbaren und bilanzierungsfähigen Güter, die in irgendeiner Form dem Betrieb dienen. Ein Gut ist selbständig bewertbar, wenn abgrenzbare Aufwendungen dafür gemacht wurden.
Nutzungsrechte sind nur dann als Wirtschaftsgut aktivierbar, wenn sie dem Inhaber eine gesicherte Rechtsposition verschaffen, d. h. wenn ihr Inhaber den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer des Nutzungsrechts von der Ausübung seiner Besitzposition ausschließen kann. Davon abzugrenzen ist eine sog. Nutzungsbefugnis, die zur Aktivierung eigener Aufwendungen auf ein fremdes Wirtschaftsgut in Abgrenzung zum sog. Drittaufwand aus bilanztechnischen Gründen wie ein materielles Wirtschaftsgut aktiviert werden kann.
Nutzen und Wert eines Wirtschaftsguts müssen sich über das Jahr des Aufwands hinaus erstrecken. So können auch wesentliche Bestandteile (daher getrennte Aktivierung von Grund und Boden und aufstehenden Gebäuden) und Zubehör i. S. des bürgerlichen Rechts Wirtschaftsgüter sein, wenn sie nach wirtschaftlicher Anschauung selbständig bewertbar sind, z. B. Betriebsvorrichtungen, Bodenschätze. Selbständige Nutzungsfähigkeit ist nicht Voraussetzung des Begriffs des Wirtschaftsguts allgemein, sondern nur zusätzliche Voraussetzung für geringwertige Wirtschaftsgüter i. S. von § 6 Abs. 2 und 2a EStG. Unbedeutend ist ferner, ob der Wert positiv oder negativ ist, wenn das Wirtschaftsgut nur bewertbar ist. Die Aufwendungen müssen nicht unbedingt vom Steuerpflichtigen selbst geleistet worden sein, sondern können auch von Dritten getätigt werden oder worden sein. Ein Wirtschaftsgut geht deshalb auch nicht unter, wenn es unentgeltlich übertragen wird.
Tz. 62 Arten der Wirtschaftsgüter
a) Bedeutung der Unterscheidung von Wirtschaftsgütern
Bei den Wirtschaftsgütern ist zu unterscheiden zwischen solchen, die dem Anlagevermögen, und solchen, die dem Umlaufvermögen zuzurechnen sind. Ferner ist zu unterscheiden zwischen beweglichen und unbeweglichen, abnutzbaren und nicht abnutzbaren, materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern. Schließlich sind im Hinblick auf § 6 Abs. 2 und 2a EStG geringwertige Wirtschaftsgüter zu nennen. Die Unterscheidung ist für die steuerliche Behandlung eines Wirtschaftsguts von entscheidender Bedeutung, denn davon hängen Fragen der Aktivierung, Bewertung, Abschreibung, Gewährung von Investitionszulagen usw. ab.
b) Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Zum Anlagevermögen (§ 266 Abs. 2 A HGB) gehören die Wirtschaftsgüter, die bestimmt sind, dauernd dem Betrieb zu dienen. Dabei ist allein auf die Zweckbestimmung abzustellen. Zum Anlagevermögen können immaterielle Wirtschaftsgüter, Sachanlagen und Finanzanlagen gehören. Zu unterscheiden ist abnutzbares und nicht abnutzbares Anlagevermögen. Zum abnutzbaren Anlagevermögen gehören insbesondere die auf Dauer dem Betrieb gewidmeten Gebäude, technischen Anlagen und Maschinen sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung. Zum nicht abnutzbaren Anlagevermögen gehören insbesondere Grund und Boden, Beteiligungen und andere Finanzanlagen, wenn sie dazu bestimmt sind, dauernd dem Betrieb zu dienen. S. im Einzelnen R 6.1 EStR und H 6.1 EStH.
c) Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens
Zum Umlaufvermögen (§ 266 Abs. 2 B HGB) gehören die Wirtschaftsgüter, die zur Veräußerung, Verarbeitung oder zum Verbrauch angeschafft oder hergestellt worden sind, insbesondere Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Erzeugnisse und Waren, Kassenbestände. Auch die Forderungen zählen zum Umlaufvermögen.
Tz. 62a Ansatz von Rückstellungen
Aufwendungen, die erst in einem späteren Wirtschaftsjahr zu einer in ihrer Höhe und ihrem genauen Fälligkeitstermin am Bilanzstichtag noch nicht feststehenden Ausgabe führen, sind unter den Voraussetzungen von § 249 HGB dem Wirtschaftsjahr ihrer Verursachung zuzurechnen und als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten auszuweisen. Hiervon abzugrenzen sind „gewisse” Verbindlichkeiten, die eine dem Inhalt und der Höhe nach bereits bestimmte Leistungspflicht voraus setzen, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt ( BStBl 2000 II S. 139, BStBl 2001 II S. 536, und BStBl 2003, S. 279).
Im Einzelnen gilt Folgendes:
a) Grundsatz
Die nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung gem. § 249 HGB anzusetzenden Rückstellungen sind auch in der steuerlichen Gewinnermittlung (Steuerbilanz) zu bilden, soweit eine betriebliche Veranlassung besteht und steuerliche Sondervorschriften (z. B. Verbot der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste gemäß § 5 Abs. 4a EStG) nicht entgegenstehen.
b) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten
Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist auszuweisen, wenn
am Bilanzstichtag eine Verbindlichkeit gegenüber einem Anderen oder eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung besteht;
Eine Verpflichtung gegenüber einem Anderen beruht regelmäßig auf einer vertraglichen Vereinbarung. Die Verpflichtung muss den Verpflichteten auch wirtschaftlich wesentlich belasten. Dabei ist nicht auf den Aufwand für das einzelne Vertragsverhältnis, sondern auf die Bedeutung der Verpflichtung für das Unternehmen abzustellen (R 5.7 Abs. 3 Satz 3 EStR).
Davon abzugrenzen sind öffentlich-rechtliche Verpflichtungen. Die jeweilige Verpflichtung muss inhaltlich hinreichend konkretisiert sein, d. h. es muss ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt (behördlicher Bescheid) innerhalb eines bestimmbaren Zeitraums vorgeschrieben sein. Zudem müssen an die Verletzung der Verpflichtung Sanktionen geknüpft sein. Setzt die öffentlich-rechtliche Verpflichtung den Erlass einer behördlichen Verfügung (Verwaltungsakt) voraus, ist eine Rückstellung erst zu bilden, wenn die zuständige Behörde einen vollziehbaren Verwaltungsakt erlassen hat, der ein bestimmtes Handeln vorschreibt (R 5.7 Abs. 4 Satz. 2 EStR).Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist allerdings dann noch nicht rechtlich entstanden, wenn die diese Pflicht begründende Rechtsnorm eine Frist für die Erfüllung enthält, die am maßgeblichen Bilanzstichtag aber noch nicht abgelaufen ist (, BStBl 2008 II S. 516).
die Verpflichtung am Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht ist;
Eine wirtschaftliche Verursachung liegt vor, wenn der Tatbestand, an den das Gesetz oder der Vertrag die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist. Die Erfüllung der Verpflichtung darf nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern muss auch Vergangenes abgelten (R 5.7 Abs. 5 EStR).mit einer Inanspruchnahme aus der Verpflichtung ernsthaft zu rechnen ist;
Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme ist auf Grund objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender erkennbarer Tatsachen zu beurteilen. Es müssen mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme (d. h. mehr als 50 %) sprechen (R 5.7 Abs. 6 EStR).die künftigen Aufwendungen nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut führen (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG)
c) Rückstellungen für Erfüllungsrückstand bei schwebenden Geschäften
Verpflichtungen aus schwebenden Geschäften werden grundsätzlich nicht passiviert, da von einem Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen ist. Ist allerdings die Ausgeglichenheit durch einen sog. Erfüllungsrückstand gestört, ist eine Rückstellung für Erfüllungsrückstand bei schwebenden Geschäften auszuweisen (R 5.7 Abs. 7 EStR).
aa) Schwebendes Geschäft
Schwebende Geschäfte sind gegenseitige Verträge gem. §§ 320 ff. BGB, die von den Beteiligten noch nicht voll erfüllt sind. Ein solcher Schwebezustand ist bereits dann beendet, wenn nur noch unwesentliche Nebenleistungen zu erbringen sind. Zu den „klassischen” schwebenden Geschäften gehören Dauerschuldverhältnisse wie Arbeits- und Mietverhältnisse.
bb) Erfüllungsrückstand
Ein Erfüllungsrückstand liegt vor, wenn ein Vertragspartner seine Leistungen bereits erbracht hat, der andere jedoch die entsprechende Gegenleistung noch schuldet. Dabei ist eine Fälligkeit der noch zu erbringenden Leistung nicht erforderlich (R 5.7 Abs. 8 EStR).
d) Einzelfälle
Zu Rückstellungen für Leistungen aufgrund eines Sozialplans, Patent-, Urheber- oder ähnliche Schutzrechte, Instandhaltung und Abraumbeseitigung und Kulanzleistungen, vgl. R 5.7 Abs. 9–12 EStR.
III. Bewertungsmaßstäbe
Die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften (§§ 252– 256 HGB) gelten aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (vgl. Tz. 58) grds. auch für die Steuerbilanz, soweit keine steuerrechtlichen Sondervorschriften existieren. Der steuerrechtliche Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG wird insbesondere durch § 6 EStG ausgefüllt, wonach für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen sind, bestimmte Bewertungsmaßstäbe vorgeschrieben werden. Die Bewertungsmaßstäbe des § 6 EStG gelten in erster Linie für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Für die Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG gilt § 6 EStG nur eingeschränkt. Die Begriffe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gelten auch bei den Überschusseinkünften.
Tz. 63 Arten der Bewertung
§ 6 EStG normiert im Wesentlichen vier Bewertungsarten: Bewertung mit den Anschaffungskosten, Bewertung mit den Herstellungskosten, Bewertung mit dem Teilwert und Bewertung mit dem gemeinen Wert. Welcher Bewertungsmaßstab anzuwenden ist, hängt von der Art des Wirtschaftsguts ab; vgl. Tz. 62. § 6 EStG differenziert zwischen abnutzbarem und nicht abnutzbarem Anlagevermögen, Umlaufvermögen, das sich wiederum in Vorräte, Forderungen, Zahlungsmittel und Wertpapiere gliedert, Verbindlichkeiten, Rückstellungen, Entnahmen, Einlagen und geringwertigen Wirtschaftsgütern.
Grundsätzlich bilden für alle Wirtschaftsgüter mit Ausnahme von Entnahmen und Einlagen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten – also der tatsächlich aufgewendete Aufwand – den Bewertungsmaßstab. Dagegen sind die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen, wenn die Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag niedriger als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind. Entnahmen und Einlagen sind grds. mit dem Teilwert oder dem gemeinen Wert („Steuerentstrickung” und „Steuerverstrickung”) zu bewerten. Der gemeine Wert ist neben den Steuerent- und -verstrickungsfällen im Falle der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts in ein anderes Betriebsvermögen und bei Tauschgeschäften maßgeblich. Auch die anlässlich einer Betriebsaufgabe in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter sind mit dem gemeinen Wert zu bewerten.
Tz. 64 Stichtag des Jahresabschlusses (Abschlussstichtag)
Stichtag für die Bewertung aller Wirtschaftsgüter für steuerliche Zwecke ist der Tag, zu dem der Jahresabschluss (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung; bei Kapitalgesellschaften zusätzlich Anhang) aufzustellen ist (Abschlussstichtag). Das ergibt sich aus § 5 Abs. 1 EStG i. V. mit § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Es ist der letzte Tag des Wirtschaftsjahrs – wenn Wirtschaftsjahr und Kalenderjahr übereinstimmen, also der 31. 12. Wird ein Betrieb aufgegeben oder veräußert, tritt an seine Stelle der Zeitpunkt der Aufgabe oder der Veräußerung des Betriebs (§ 6 Abs. 2 EStDV). Dem steuerlichen Begriff des Wirtschaftsjahrs (s. Tz. 18) entspricht das Geschäftsjahr des Handelsrechts (§ 240 HGB).
Maßgebend für die Bewertung sind die tatsächlichen Verhältnisse, die am Abschlussstichtag objektiv bestanden haben (Stichtagsprinzip, vgl. auch § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG n. F.) und der Kenntnisstand des sorgfältigen Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung (subjektive Richtigkeit der Bilanz). Umstände, die nach diesem Stichtag auftreten, mag dies auch noch vor der tatsächlichen Aufstellung des Jahresabschlusses geschehen (wertbeeinflussende Tatsachen), dürfen nicht mehr berücksichtigt werden, denn sie haben den Wert des Wirtschaftsguts am Bilanzstichtag nicht mehr beeinflusst. – Beispiel: Eine Maschine wird nach dem Bilanzstichtag, aber noch vor Aufstellung der Bilanz zerstört. – Sie können sich erst im nächsten Jahresabschluss auswirken. Dagegen muss der Kaufmann nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB alle wertbildenden, wertaufhellenden Umstände berücksichtigen, die am Abschlussstichtag bereits objektiv vorlagen, ihm aber erst später, jedoch vor dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses, bekannt geworden sind, sog. bessere Erkenntnis bis zur Bilanzaufstellung. – Beispiel: Ein Schuldner geht nach dem Bilanzstichtag, aber vor Aufstellung der Bilanz in Konkurs. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Forderung bereits zum Abschlussstichtag wertlos war. Die zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Bilanzaufstellung erlangte bessere Erkenntnis über die Verhältnisse am Bilanzstichtag ist zu berücksichtigen.
Tz. 65 Anschaffungskosten
a) Anschaffungskosten im Allgemeinen
Anschaffungskosten sind gem. § 255 Abs. 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Der Anschaffungsvorgang, d. h. der entgeltliche Erwerbsvorgang von einem Dritten durch Übergang zumindest des wirtschaftlichen Eigentums, ist erst beendet, wenn der Gegenstand betriebsbereit ist. Anschaffungszeitpunkt ist das Jahr der Lieferung (§ 9a EStDV), d. h. der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Anschaffungspreis ist der zivilrechtlich vereinbarte Kaufpreis (auch in Form der Übernahme von Verbindlichkeiten), ohne dass es auf die Angemessenheit ankommt (Ausnahme ggf. bei Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung). Preisnachlässe jeder Art (z. B. Skonti, Boni, Rabatte, Preisnachlässe bei Mängelrügen) mindern die Anschaffungskosten.
Aktiviert werden können nur tatsächliche Aufwendungen, die aufgewendet werden, um das Wirtschaftsgut in die eigene Verfügungsmacht zu bringen. Hierzu zählen nicht kalkulatorische Kosten, denen nicht eine Ausgabe oder ein Wertverzehr in Form von tatsächlich ausgewiesenen Abschreibungen zugrunde liegt. Beispiel: kalkulatorischer Unternehmerlohn.
b) Schuldübernahme
Übernimmt der Erwerber eines Wirtschaftsguts neben dem Kaufpreis oder statt des Kaufpreises in Anrechnung auf den Preis Schulden des Veräußerers, stellen diese Schulden (einen Teil der) Anschaffungskosten dar und sind mit ihrem Teilwert, d. h. mit dem Betrag anzusetzen, den ein Erwerber des ganzen Betriebs in der Übernahmebilanz ansetzen würde. Bei der Übernahme von Hypothekenschulden ist der Teilwert der der Hypothek zugrunde liegenden Verbindlichkeit maßgebend.
Die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten führt dagegen nicht zu Anschaffungskosten des Erben für die Wirtschaftsgüter des Nachlasses, weil ihre Entstehung und Erfüllung nicht auf einem entgeltlichen Rechtsgeschäft zwischen Erben und Berechtigten beruhen (, BStBl 1993 II S. 275). Bei einer Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft führt eine Schuldübernahme durch einen Miterben ebenfalls nicht zu Anschaffungskosten (vgl. , BStBl 2006 I S. 256, Rz. 23).
Erfolgt der Erwerb eines Wirtschaftsguts gegen Übernahme einer Rentenverpflichtung, gilt der Barwert der Rente im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (nicht der Kapitalwert nach § 14 BewG) als Anschaffungskosten. Der Barwert ist grds. nach §§ 12 ff. BewG zu ermitteln, kann aber auch nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet werden (R 6.2 Satz 1 EStR). Dagegen sind Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut, das mittels Ratenkauf ohne gesonderte Zinsvereinbarung erworben wird, stets mit dem nach §§ 12 ff. BewG ermittelten Barwert bei Anschaffung anzusetzen (R 6.2 Satz 2 EStR). Bei Anschaffung auf Rentenbasis mit Wertsicherungsklausel, etwa zum Ausgleich einer Kaufkraftminderung oder zur Angleichung an die allgemeine Einkommensentwicklung, verändern sich die Anschaffungskosten bei einer späteren Rentenerhöhung nicht.
c) Anschaffungsnebenkosten
Zu den Anschaffungskosten zählen neben dem Kaufpreis auch die Nebenkosten, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen und bis zur Betriebsbereitschaft des angeschafften Wirtschaftsgütern anfallen, soweit sie dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können, z. B. Zölle, Frachten, Provisionen, Steuern und sonstige Abgaben, Versicherungen, Notar- und Gerichtskosten, Maklergebühren, Gutachtenkosten, Montagekosten. Dagegen zählen Gemeinkosten, d. h. allgemeine Betriebskosten, nicht zu den zu aktivierenden Anschaffungsnebenkosten.
d) Finanzierungskosten
Von den Anschaffungskosten abzugrenzen sind die Finanzierungskosten, z. B. Zinsen für einen zur Anschaffung des Wirtschaftsguts aufgenommenen Kredit, Provisionen, Gebühren, Spesen, Damnum, Agio, Disagio, Wechselspesen und -diskont. Sie werden nicht aufgewendet, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben, sondern um einen Kredit zu erhalten. Anschaffung und Finanzierung sind jeweils getrennte Vorgänge. Erstattet dagegen der Erwerber dem Veräußerer dessen Finanzierungskosten, liegen Anschaffungskosten vor. Auch durch die Begründung von Wechselverbindlichkeiten, die in der Bilanz wie Zahlungsverbindlichkeiten zu passivieren sind, wird fremdes Geldkapital in Anspruch genommen. Wechseldiskont und -spesen sind demnach wie die Darlehenszinsen Finanzierungskosten und gehören nicht zu den Anschaffungskosten. Wird ein Ratenzahlungsgeschäft durch die Hingabe einer Anzahl von Wechseln abgeschlossen, ist nur der Teil der Wechselverbindlichkeiten Kaufpreisschuld, der dem vereinbarten Kaufpreis entspricht, während der auf Wechseldiskont, Spesen und Zinsen entfallende Teil der Wechselverbindlichkeit Finanzierungskosten darstellt. Hierfür ist allerdings Voraussetzung, dass es sich wirtschaftlich tatsächlich in vollem Umfang um Wechselkosten und nicht zum Teil um einen erhöhten Kaufpreis handelt. Eine Kaufpreiserhöhung liegt z. B. vor, wenn Zielzinsen in den Kaufpreis einbezogen sind.
e) Nachträglich gezahlte Anschaffungskosten
Zu den Anschaffungskosten gehören auch nachträglich geleistete Zahlungen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen (z. B. Teile des Kaufpreises, die zunächst wegen Stundung oder Mängeln zurückbehalten worden waren, aber auch echte nachträglich angefallene Zahlungen wie Anliegerbeiträge). Dagegen wirken sich spätere Wertveränderungen der aufgewendeten Gegenleistung, z. B. bei Erwerb gegen ausländische Währung oder Wertsicherungsklauseln, nicht auf die Höhe der Anschaffungskosten aus.
f) Nachträgliche Erstattungen
Preisminderungen vermindern die Anschaffungskosten (z. B. Korrektur der Gegenleistung oder erfolgreiche Geltendmachung von Wandlung, Minderung oder Schadensersatz vor). Sofern sich die Anschaffungskosten nachträglich aufgrund von Erstattungen, Umsatzvergütungen, Umsatzprämien, Skonti, Boni usw. vermindern, ist dieser Abzug in der Bilanz erst zu dem Zeitpunkt zulässig, zu dem die Zahlung oder Gutschrift erfolgt ist oder mit einiger Sicherheit gerechnet werden kann.
g) Schema Anschaffungskosten
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Anschaffungspreis | ||||||
+ | Aufwendungen für die Versetzung in den betriebsbereiten
Zustand | |||||
(soweit einzeln zuzuordnen) | ||||||
+ | Anschaffungsnebenkosten | |||||
+ | nachträgliche Anschaffungskosten | |||||
- | Anschaffungspreisminderungen | |||||
= | Anschaffungskosten |
Tz. 66 Herstellungskosten
a) Herstellungskosten im Allgemeinen
Herstellungskosten sind gem. § 255 Abs. 2 HGB die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Zu den Herstellungskosten gehören die Kosten, die unmittelbar der Herstellung dienen, wie auch Aufwendungen, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Herstellung anfallen oder mit der Herstellung in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sofern sie dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können.
b) Abgrenzung zwischen Anschaffungskosten und Herstellungskosten
Die Abgrenzung zu Anschaffungskosten, insbesondere bei Fremdherstellung, erfolgt danach, wer das wirtschaftliche Risiko in der Herstellungsphase trägt und das Herstellungsgeschehen beherrscht. Vergibt der Steuerpflichtige alle Herstellungsarbeiten an andere Unternehmer, liegt grds. eine Anschaffung vor. Herstellung kann aber gegeben sein, wenn der Steuerpflichtige das wesentliche Material für die Herstellung stellt. Wenn ein Steuerpflichtiger auf seinem Grundstück als Bauherr von fremden Unternehmern ein Gebäude errichten lässt, liegt dagegen immer eine Herstellung vor, auch wenn er keine Materialien für das Gebäude stellt.
c) Anschaffungsnahe Aufwendungen
Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden (anschaffungsnahe Aufwendungen), sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Herstellungskosten zu aktivieren, wenn diese Kosten ohne die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen müssen innerhalb von drei Jahren nach dem Kauf getätigt worden sein. Die Frist beginnt mit dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums. Für den Umfang der Aufwendungen sind alle Maßnahmen innerhalb des Dreijahreszeitraums zu addieren. Nicht einzubeziehen sind Erweiterungsbauten i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB und Erhaltungsaufwendungen (z. B. Schönheitsreparaturen). Im Einzelnen s. Tz. 78, d.
d) Aktivierungspflichtige Herstellungskosten
Materialkosten und Fertigungslöhne: Zu den Materialkosten gehören die Stoffkosten sowie die Nebenkosten wie Zoll, Fracht usw. Zu den Fertigungslöhnen gehören alle unmittelbar für die Fertigung des Wirtschaftsguts aufgewendeten Bruttoarbeitsentgelte, die gesetzlichen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung usw. Nachträglich angefallene (entstandene) Aufwendungen, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem konkreten Herstellungsvorgang stehen, erhöhen die Herstellungskosten, nicht dagegen nach der Fertigstellung angefallene Gemeinkosten, Finanzierungskosten, Lager- und Verpackungskosten. Bei halbfertigen Wirtschaftsgütern sind die bis zum Bilanzstichtag angefallenen Herstellungskosten grds. mit den bis zum Bilanzstichtag angefallenen Aufwendungen zu aktivieren.
Materialgemeinkosten/Fertigungsgemeinkosten: In die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts sind angemessene Teile der notwendigen Material- und Fertigungsgemeinkosten einzubeziehen (Einbeziehungspflicht). Dazu gehören z. B. Kosten der Lagerhaltung, Transport und Prüfung des Fertigungsmaterials, Vorbereitung und Kontrolle der Fertigung, Werkzeuglager, Betriebsleitung, Raumkosten, Sachversicherungen, Unfallstationen und Unfallverhütungseinrichtungen der Fertigungsstätten, Lohnbüro.
Abschreibungen: Auch der Wertverzehr des Anlagevermögens (AfA) ist in die Herstellungskosten einzubeziehen, soweit er durch die Herstellung des Wirtschaftsguts veranlasst ist, vgl. R 6.3 Abs. 3 EStR. Dabei ist der Betrag anzusetzen, der bei der Bilanzierung des Anlagevermögens als AfA angesetzt wird. Der Steuerpflichtige kann bei der Inanspruchnahme von AfA in fallenden Jahresraten (degressive AfA, § 7 Abs. 2 EStG) bei der Berechnung der Herstellungskosten der Erzeugnisse lineare AfA berücksichtigen. Die lineare AfA gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige Bewertungswahlrechte, Sonderabschreibungen oder erhöhte AfA ohne Einbeziehung in die Herstellungskosten in Anspruch genommen hat. Der Wertverzehr von Wirtschaftsgütern i. S. des § 6 Abs. 2 oder 2a EStG (vgl. Tz. 80) ist nicht in die Berechnung der Herstellungskosten der Erzeugnisse einzubeziehen (R 6.3 Abs. 3 Satz 5 EStR). Soweit Gegenstände des Anlagevermögens mit einem Festwert bewertet werden (z. B. Werkzeuge), sind für die Abnutzung dieser Wirtschaftsgüter bei Berechnung der Herstellungskosten der Erzeugnisse in angemessenem Umfang verbrauchsbedingte Abschreibungen anzusetzen, die sich meist nach dem Aufwand für die entsprechenden Ergänzungsbeschaffungen richten werden.
e) Aktivierungswahlrecht für Herstellungskosten
Kosten der allgemeinen Verwaltung, insbesondere Kosten für Geschäftsleitung, Einkauf und Wareneingang, Betriebsrat, Personalbüro, Nachrichten-, Ausbildungs- und Rechnungswesen, Feuerwehr, Werkschutz sowie allgemeine Fürsorge usw., die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, und Kosten für soziale Einrichtungen des Betriebs und freiwillige soziale Leistungen, z. B. Kantine, Essenszuschüsse, Jubiläumsgeschenke, Wohnungs- und andere freiwillige Beihilfen, Betriebsausflüge, Weihnachtszuwendungen können als Teil der Herstellungskosten aktiviert werden (s. R 6.3 Abs. 4 EStR). Weiter besteht das Bewertungswahlrecht für die Kosten der betrieblichen Altersversorgung, z. B. Direktversicherungen, Zuwendungen an Pensions- und Unterstützungskassen, Zuführungen zu Pensionsrückstellungen, sowie für Zinsen für Fremdkapital. Voraussetzung ist in allen vorgenannten Fällen, dass in der Handelsbilanz ebenso verfahren wird.
f) Nicht aktivierbare Herstellungskosten
Kalkulatorische Kosten: Sie sind nicht tatsächlich entstanden und können deshalb nicht berücksichtigt werden. Kalkulatorische Kosten sind z. B. Zinsen für Eigenkapital oder der Wert der eigenen Arbeitsleistung (sog. fiktiver Unternehmerlohn).
Vertriebskosten: Nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden dürfen Vertriebs- und Verpackungskosten, auch wenn sie bereits während des Herstellungsprozesses angefallen sind. Diese Kosten sind nicht wertbeeinflussend/-steigernd.
Teilwertabschreibungen auf Anlagevermögen: Sie sind bei der Berechnung der Herstellungskosten der Erzeugnisse nicht zu berücksichtigen.
Steuern: Steuern vom Einkommen gehören nicht zu den Herstellungskosten; das gilt wegen § 4 Abs. 5b EStG auch für die Gewerbesteuer (R 6.3 Abs. 5 Satz 2 EStR). Die Umsatzsteuer berührt als Teil der Vertriebskosten nicht die Herstellungskosten. Zölle und Verbrauchsteuern, die mit dem Erwerb von Rohstoffen zusammenhängen, gehören zu den Herstellungskosten (nicht, wenn sie auf fertige Wirtschaftsgüter entfallen); sie können ggf. als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu erfassen sein. Wegen der Umsatzsteuer vgl. Tz. 126.
g) Schema Herstellungskosten
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Pflichtbestandteile: | Materialeinzelkosten | |
+ | Materialgemeinkosten | |
+ | Fertigungseinzelkosten | |
+ | Fertigungsgemeinkosten | |
+ | Sonderkosten der Fertigung | |
+ | Wertverzehr von Anlagevermögen, soweit durch die
Herstellung des Wirtschaftsguts veranlasst | |
= | Wertuntergrenze der
steuerlichen Herstellungskosten | |
Wahlbestandteile: | + | Kosten für die allgemeine Verwaltung |
+ | Aufwendungen für soziale Einrichtungen
des Betriebs | |
+ | Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen | |
+ | Aufwendungen für betriebliche
Altersversorgung | |
+ | Zinsen für
Fremdkapital | |
= | Wertobergrenze der steuerlichen
Herstellungskosten |
Tz. 67 Einfluss der Vorsteuer nach dem UStG auf die Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Ein Vorsteuerbetrag i. S. des § 15 UStG, der umsatzsteuerlich abziehbar ist, gehört nach § 9b Abs. 1 Satz 1 EStG nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, auf dessen Anschaffung oder Herstellung er entfällt. Die Kosten sind also mit dem Nettopreis anzusetzen. Daraus folgt, dass ein nicht abziehbarer Vorsteuerbetrag den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des zugehörigen Wirtschaftsguts grds. zuzurechnen ist, wobei es unbedeutend ist, ob es sich um ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder des Umlaufvermögens handelt. Im Einzelnen s. Tz. 126.
Tz. 68 Zuschüsse zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Ein Zuschuss ist ein Vermögensvorteil, den ein Zuschussgeber zur Förderung eines (zumindest auch) in seinem Interesse liegenden Zwecks dem Zuschussempfänger zuwendet. Mit dem Zuschuss werden i. d. R. unmittelbar keine Gegenleistungen im marktüblichen Geschäftsverkehr erkauft. Er wird für bestimmte Zwecke gesondert von marktüblichen Austauschgeschäften geleistet. Ziel ist, den Empfänger zu einem wirtschaftlichen Verhalten zu veranlassen, an dem der Zuschussgeber wirtschaftlich oder wirtschaftspolitisch interessiert ist, das der Empfänger aber sonst nicht zeigen würde, weil es ihm keine Rendite zu bringen verspricht. Der Zuschuss ist kein Ausgleich für entstandene Aufwendungen. Investitionszulagen sind keine Zuschüsse.
Erhält der Steuerpflichtige zur Anschaffung oder Herstellung von Anlagegütern einen öffentlichen oder privaten Zuschuss, hat er ein Wahlrecht zum Ansatz des Zuschusses als Betriebseinnahme, mit der Folge, dass die Anschaffungskosten nicht verändert werden (erfolgswirksame Behandlung), oder als Minderung der Anschaffungskosten (erfolgsneutrale Behandlung). Vgl. dazu , BStBl 2003 II S. 801.
Bucht der Steuerpflichtige die Zuschüsse erfolgsneutral, sind sie praktisch wie durchlaufende Posten zu behandeln: Die abnutzbaren Anlagegüter, für die die Zuschüsse gewährt worden sind, dürfen nur mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden, die der Steuerpflichtige selbst, also ohne Berücksichtigung der Zuschüsse, aufgewendet hat. Nur nach diesen eigenen Aufwendungen des Steuerpflichtigen bemisst sich die AfA. Die erfolgsneutrale Behandlung der Zuschüsse setzt voraus, dass in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wird. Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wird ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen verneint: Ein Zuschuss zur Finanzierung von Baumaßnahmen aus öffentlichen oder privaten Mitteln, der kein Mieterzuschuss ist, mindert grds. die Anschaffungs-/Herstellungskosten, vgl. R 21.5 Abs. 1 EStR Das Gleiche gilt für Sanierungszuschüsse bei eigengenutzten Gebäuden; die Zuschüsse mindern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage für die Abzüge nach § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. mit § 7i Abs. 1 Satz 7 EStG (, BStBl 2007 II S. 879).
Werden Zuschüsse erst nach Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewährt und erfolgsneutral behandelt, müssen sie nachträglich von den gebuchten Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt werden. Der Buchansatz darf wegen der etwaigen vorher vorgenommenen AfA nicht berichtigt werden. Die AfA nach Gewährung des Zuschusses bemisst sich lediglich nach den eigenen Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Diese Regelung gilt auch, wenn die Anlagegüter zunächst mit Hilfe eines Darlehens angeschafft oder hergestellt worden sind und der nachträglich gewährte Zuschuss zur Tilgung des Darlehens verwendet oder auf das Darlehen verrechnet wird (vgl. R 6.5 Abs. 3 EStR).
Soll ein Zuschuss zur Anschaffung (Herstellung) eines Anlageguts erfolgsneutral behandelt werden und erfolgt die Anschaffung (Herstellung) ganz oder teilweise erst in dem Jahr, das auf die Gewährung des Zuschusses folgt, kann in Höhe der nicht verwendeten Zuschussbeträge zunächst eine steuerfreie Rücklage gebildet werden. Diese Rücklage ist im Wirtschaftsjahr der (vollständigen) Anschaffung oder Herstellung auf das Anlagegut zu übertragen. Voraussetzung ist, dass handelsbilanzmäßig entsprechend verfahren wird.
Beim Zuschussgeber bilden Zuschüsse dann sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben, wenn den Aufwendungen kein über das laufende Wirtschaftsjahr hinausreichender Vorteil gegenübersteht. Dagegen muss der Zuschussgeber den Zuschuss analog zu § 5 Abs. 2 EStG aktivieren, soweit durch seine Leistung ein Wirtschaftsgut geschaffen worden ist. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Vorteil nach allgemeiner Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich ist und für den Betrieb des Gebers einen wesentlichen, über die Dauer eines Wirtschaftsjahrs hinausreichenden Wert besitzt. Es ist nicht erforderlich, dass der Geber Eigentümer der bezuschussten Wirtschaftsgüter wird. Vielmehr genügt es, dass das Anlagegut über das Wirtschaftsjahr hinaus dem Betrieb des Gebers nützt. Zahlungen der öffentlichen Hand können Entgelt für eine steuerbare Leistung sein, wenn der Zahlungsempfänger im Auftrag des Geldgebers eine Aufgabe aus dessen Kompetenzbereich übernimmt und die Zahlung damit zusammenhängt (, BStBl 2003 II S. 213). Soweit damit die Einräumung eines Rechts (z. B. Belieferungsrecht) verbunden ist, ist dies zu aktivieren. Kein Entgelt liegt aber vor, wenn ein sog. Zuschuss lediglich der Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse dienen soll und nicht der Gegenwert für eine steuerbare Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sein soll. Zuschüsse von Gesellschaftern einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern sind ebenso wie Zuschüsse aus privaten Anlässen steuerlich erfolgsneutral als Einlagen zu behandeln.
Laufend zu verrechnende oder zu einem Termin zurückzugewährende Zuschüsse sind entweder Entgeltvorauszahlungen des Zuschussgebers oder zinslose Darlehen. Erfolgt die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, sind Zuschüsse, die als Darlehen zu werten sind, weder Betriebseinnahmen noch Betriebsausgaben. Zuschüsse, die nicht Darlehen sind, sind im Zeitpunkt des Zuflusses Betriebseinnahmen und bei evtl. Rückzahlung Betriebsausgaben. Bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich tritt bei Entgeltvorauszahlungen eine Ergebnisrealisierung bei einmaligen Leistungen mit ihrer Erbringung und bei laufenden Leistungen mit ihrer Verrechnung ein. Hängt eine Rückgewähr davon ab, ob Gewinne oder Erlöse erzielt werden, handelt es sich um einen aufschiebend bedingt rückzahlbaren Zuschuss. Bis zum Eintritt der Bedingung muss der Zuschuss als Eigenkapital behandelt werden, nach ihrem Eintritt entsteht eine Rückgewährungsverbindlichkeit.
Tz. 69 Anschaffungs- oder Herstellungskosten beim Tausch
Wird ein Gegenstand nicht gegen Leistung eines Kaufpreises, sondern gegen Hingabe eines anderen Gegenstands erworben, liegt also ein Tausch (§ 515 BGB) vor, bemessen sich die Anschaffungskosten des erworbenen Gegenstands steuerrechtlich nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Gegenstands. Das gilt auch dann, wenn immaterielle Wirtschaftsgüter ausgetauscht werden. Gemeiner Wert ist dabei der Betrag, der sich für das hingegebene Wirtschaftsgut als Preis bei einem Bargeschäft zwischen den Vertragsparteien ergeben hätte. Übersteigt der gemeine Wert des weggegebenen Wirtschaftsguts den Buchansatz, tritt insoweit beim Tausch eine Gewinnrealisierung ein (z. B. , BStBl 1972 II S. 884).
Beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften handelt es sich rechtlich um eine Veräußerung der hingegebenen und einen entgeltlichen Erwerb der erhaltenen Anteile. Die in den hingegebenen Anteilen ruhenden stillen Reserven sind somit aufzudecken und zu versteuern. Dies gilt auch dann, wenn die hingegebenen und die erhaltenen Anteile wert-, art- und funktionsgleich sind. Bei der Einbringung einer wesentlichen Beteiligung gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen handelt es sich um einen tauschähnlichen Vorgang, der bei der Mitunternehmerschaft zu einem Anschaffungsgeschäft führt (, BStBl 2005 II S. 436). Beim Gesellschafter liegt eine entgeltliche Veräußerung gem. § 17 EStG vor. Die Anschaffungskosten der Mitunternehmerschaft sind mit dem Betrag zu bewerten, den ein fremder Dritter bezahlt und erhalten hätte. § 6 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 5 Satz 3 EStG stellt die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten einem Tausch zwischen dem Mitunternehmer und seiner Mitunternehmerschaft gleich mit der Folge, dass die Übertragung zum Buchwert vorzunehmen ist. Die Vorschrift geht den allgemeinen Regeln des § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG über die Gewinnrealisierung bei Tauschvorgängen vor.
Eine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft stellt dagegen nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BFH – anders als die sog. offene, gegen die Gewährung neuer Gesellschaftsanteile vollzogene Einlage – einen unentgeltlichen Vorgang dar (vgl. z. B. , BStBl 2005 II S. 378). Es gehört zum Wesen jeder verdeckten Einlage, dass ihr keine Gegenleistung der Gesellschaft gegenübersteht. Als Gegenleistung kann auch nicht die Werterhöhung angesehen werden, die die Beteiligung infolge der verdeckten Einlage erfahren kann. Deshalb ergeben sich aus der verdeckten Einlage für den Gesellschafter weder Einnahmen noch Vermögenszugänge. Die empfangende Kapitalgesellschaft hat die eingelegten Wirtschaftsgüter gem. § 8 Abs. 1 KStG i. V. mit § 4 Abs. 1 Satz 1 und 7, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grds. mit dem Teilwert zu bilanzieren. Damit korrespondierend hat der einlegende Gesellschafter grds. einen Entnahmegewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 2 i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu versteuern. Denn der verdeckten Einlage von einzelnen Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen des einlegenden Gesellschafters geht grds. die vorherige Entnahme der nämlichen Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Einlegenden voraus.
Beim Tausch von Grundstücken in einem Umlegungs- oder Flurbereinigungsverfahren besteht wirtschaftliche Identität des hingegebenen mit dem zugeteilten Grundstück, soweit die Grundstücke wertgleich sind (, BStBl 1986 II S. 711). Es tritt keine Gewinnverwirklichung ein.
Tz. 70 Teilwert
Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Der Teilwert ist anzusetzen, wenn der Wert eines Wirtschaftsguts unter die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gesunken ist, Entnahmen oder Einlagen von Wirtschaftsgütern zu bewerten sind oder ein Betrieb bei Betriebseröffnung oder Erwerb zu bewerten ist.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Teilwert von nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern den Anschaffungs- oder Herstellungskosten entspricht – der Teilwert von abnutzbaren Anlagegütern den um die AfA verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese Teilwertvermutung kann vom Steuerpflichtigen entkräftet werden. Da der Teilwert auf der Fiktion der Betriebsveräußerung beruht, muss er nach den Verhältnissen des Einzelfalls geschätzt werden. Dabei muss beachtet werden, dass der Teilwert nicht der Wert ist, den ein Kaufmann aufgrund seiner persönlichen Auffassung einem Wirtschaftsgut beimisst, sondern ein objektiver Wert, der auf der allgemeinen Auffassung beruht, wie sie in der Marktlage am Abschlussstichtag ihren Ausdruck findet, wobei die tatsächlichen betrieblichen Umstände den Ausschlag geben. Maßgebender Zeitpunkt für die Schätzung des Teilwerts ist der Bewertungsstichtag bzw. Abschlussstichtag. Dabei sind wertaufhellende Umstände zu berücksichtigen. Das Prinzip der Einzelbewertung ist zu beachten, d. h. der Wert kann nicht durch die Aufteilung des nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswerts auf die einzelnen Wirtschaftsgüter bestimmt werden.
Bei der Schätzung des Teilwerts sind gewisse Grenzen zu beachten. Die Höchstgrenze bilden die Wiederbeschaffungskosten. Das ist der Betrag, der für die Beschaffung des zu bewertenden Wirtschaftsguts am Stichtag aufzuwenden wäre. Bei täglich ersetzbaren Wirtschaftsgütern, wie insbesondere bei Umlaufgütern, wird sich der Teilwert im allgemeinen mit dem jeweiligen Wiederbeschaffungspreis am Abschlussstichtag decken. Er umfasst die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einschließlich aller Nebenkosten. Die unterste Grenze ist der Einzelveräußerungspreis (Liquidationswert), d. h. der Preis, der (ohne Umsatzsteuer) zu erzielen wäre, wenn das zu bewertende Wirtschaftsgut einzeln und ohne Rücksicht auf seine Betriebszugehörigkeit veräußert werden würde, z. B. bei Betriebsauflösung. Er bildet insbesondere dann den Teilwert eines Wirtschaftsguts, wenn es zur Fortführung des Betriebs nicht benötigt wird. Der Einzelveräußerungspreis kann nicht unter dem Material- oder Schrottwert liegen.
Die Teilwertvermutung kann der Steuerpflichtige widerlegen. Er kann konkrete Tatsachen und Umstände nachweisen, die den Schluss rechtfertigen, dass die Teilwertvermutung nicht zutrifft. Er kann darlegen, dass die Anschaffung oder Herstellung eines bestimmten Wirtschaftsguts von Anfang an eine Fehlmaßnahme war oder nachträglich als fehlerhaft erscheint. Dazu muss er Unterlagen vorlegen, die aus den Verhältnissen seines Betriebs gewonnen sind und die eine sachgemäße Schätzung des Teilwerts ermöglichen. In der Regel sind die tatsächlich erzielten Verkaufspreise für die im Wert geminderten Wirtschaftsgüter in der Weise und in einer so großen Anzahl von Fällen nachzuweisen, dass sich daraus ein repräsentativer Querschnitt für die zu bewertenden Wirtschaftsgüter ergibt und allgemeine Schlussfolgerungen gezogen werden können.
Tz. 71 Teilwertabschreibung
a) Voraussichtlich dauernde Wertminderung
Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bedeutet ein voraussichtlich nachhaltiges Absinken des Werts des Wirtschaftsguts unter den maßgeblichen Buchwert. Eine nur vorübergehende Wertminderung reicht für eine Teilwertabschreibung nicht aus. Diese Voraussetzungen sind dann gegeben, wenn der Wert des jeweiligen Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag die Bewertungsobergrenze während eines erheblichen Teils der voraussichtlichen Verweildauer im Unternehmen nicht erreichen wird. Hierfür ist die Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Anlage- oder Umlaufvermögen von erheblicher Bedeutung.
b) Teilwertabschreibung von abnutzbarem Anlagevermögen
Wirtschaftsgüter, die dem Unternehmen nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer dienen sollen, zählen zum Anlagevermögen. Die voraussichtliche Verweildauer der Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens ist durch ihre Nutzungsdauer bestimmt. Diese richtet sich bei Gebäuden nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG und für andere Wirtschaftsgüter nach den amtlichen AfA-Tabellen. Für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens ist von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Wert des jeweiligen Wirtschaftsguts mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt (, BStBl 2006 II S. 680, bestätigt durch Urteil v. - I R 74/08).
c) Teilwertabschreibung von nicht abnutzbarem Anlagevermögen
Zum nicht abnutzbaren Anlagevermögen zählen im Wesentlichen Finanzanlagen, z. B. festverzinsliche Wertpapiere und Aktien, sowie Grund und Boden. Die Frage der voraussichtlichen Verweildauer ist hier ungleich schwerer zu beantworten. Auch hier ist Ausgangspunkt die Dauerhaftigkeit der Wertminderung. Vergleichswert ist hier die durch § 6 EStG festgelegte Bewertungsobergrenze. In diesem Bereich ist man auf Schätzungen der voraussichtlichen Verweildauer angewiesen. Eine Teilwertabschreibung aufgrund bloßer Kursschwankungen ist nicht möglich. Bei festverzinslichen Wertpapieren, für die bei Fälligkeit ein fester Rücknahmekurs besteht, ist eine Teilwertabschreibung unter dem Einlösebetrag grds. nicht anzuerkennen.
Bei börsennotierten Aktien des Anlagevermögens, die als Finanzanlage gehalten werden, ist von einer voraussichtlichen dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Börsenwert am Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine baldige Wertaufholung vorliegen (vgl. hierzu , BStBl 2009 II S. 294, und , BStBl 2009 I S. 514).
d) Teilwertabschreibung von Umlaufvermögen
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens dienen dem Unternehmen definitionsgemäß nicht auf Dauer, denn sie werden regelmäßig für den Verkauf/Verbrauch gehalten und daher in regelmäßigen Abständen umgeschlagen. Entscheidend für eine Teilwertabschreibung ist, ob der niedrigere Teilwert bis zum Aufstellen der Handels- oder Steuerbilanz oder dem früheren Verkaufs- oder Verbrauchszeitraum fortbesteht. Ist die Wertminderung von Dauer, wird sie durch den Abgang des Wirtschaftsguts zum gesunkenen Wert konkretisiert.
e) Durchführung der Teilwertabschreibung
Auf der Aktivseite der Bilanz kann statt der Anschaffungskosten der niedrigere Teilwert angesetzt werden (aktivische Wertberichtigung, direkte Methode).
f) Wertaufholung
Ein Wertaufholungsgebot besteht, wenn die Gründe für die Teilwertabschreibung ganz oder teilweise weggefallen sind. Diese Frage ist an jedem Bilanzstichtag aktuell zu klären, d. h. es ist der Teilwert eines jeden Wirtschaftsguts zu jedem Abschlussstichtag mit dem Buchwert dieses Wirtschaftsguts zu vergleichen. Die Wertobergrenze des Wirtschaftsguts richtet sich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, ggf. gemindert um AfA, erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Abzüge nach § 6b EStG. Die Nachweispflicht für die Wertobergrenze obliegt dem Steuerpflichtigen.
Weitere Einzelheiten zur Teilwertabschreibung siehe auch , BStBl 2000 I S. 372)
Tz. 72 Gemeiner Wert
Der gemeine Wert ist der Betrag, der für das Wirtschaftsgut nach seiner Beschaffenheit im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung als Preis zu erzielen wäre (vgl. § 9 Abs. 2 BewG, Einzelveräußerungspreis). Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind irrelevant. Der gemeine Wert umfasst auch einen etwaigen Gewinnaufschlag. Der gemeine Wert ist Maßstab für die Bewertung von Entnahmen bei Steuerentstrickungstatbeständen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG i. V. mit § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG), von Einlagen bei Steuerverstrickungstatbeständen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG i. V. mit § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG), bei unentgeltlichem Erwerb (§ 6 Abs. 4 EStG), bei Tauschgeschäften (§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG) und bei der Ermittlung des Aufgabegewinns nach § 16 Abs. 3 EStG.
Tz. 73 Bewertungserleichterungen
Grundsätzlich gilt sowohl handels- als auch steuerrechtlich der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 6 EStG). Vgl. bereits Maßgeblichkeitsgrundsatz (Tz. 58); s. auch oben Tz. 59, c.
a) Gruppenbewertung
Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen zur Erleichterung der Bewertung auch in der Steuerbilanz gleichartige Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens gem. § 256 Satz 2 i. V. mit § 240 Abs. 4 HGB jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden, s. auch R 6.8 Abs. 4 EStR. Gleichartige Wirtschaftsgüter liegen vor, wenn sie gattungs- oder funktionsgleich und annähernd preis- oder wertgleich sind. Die Wirtschaftsgüter müssen nur gleichartig, nicht jedoch gleichwertig sein. Es muss für sie jedoch ein Durchschnittswert bekannt sein, z. B. ein ohne weiteres feststellbarer, nach den Erfahrungen der Branche sachgemäßer Wert. Ob Gleichartigkeit gegeben ist, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung und der Branchenüblichkeit. Die Wirtschaftsgüter müssen zur gleichen Warengattung zählen und im Wesentlichen die gleiche Marktgängigkeit haben, können aber unterschiedlichen Preisklassen angehören. – Beispiele für eine Gruppenbewertung: Einzelteile von Baugerüsten und Gleisanlagen, Hotelgeschirr und -wäsche, Werkzeuge, Schrauben verschiedener Abmessungen mit Durchschnittswert je kg.
b) Durchschnittsbewertung
Enthält das Vorratsvermögen am Bilanzstichtag Wirtschaftsgüter, die im Verkehr nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt werden (vertretbare Wirtschaftsgüter) und bei denen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten wegen Schwankungen der Einstandspreise im Laufe des Wirtschaftsjahrs im Einzelnen nicht mehr einwandfrei feststellbar sind, ist der Wert dieser Wirtschaftsgüter entsprechend der Durchschnittsbewertung zu schätzen (R 6.8 Abs. 3 EStR). Maßgeblich ist das gewogene Mittel der im Laufe des Wirtschaftsjahrs erworbenen und ggf. zu Beginn des Wirtschaftsjahrs vorhandenen Wirtschaftsgüter. Eine Unterform der Durchschnittsbewertung ist die Staffelbewertung, bei der die Durchschnittswerte aus kürzeren Perioden (z. B. Monate, Quartale) unter Berücksichtigung der Abgänge während dieser Periode ermittelt werden.
c) Bewertung nach unterstellten Verbrauchs- und Veräußerungsfolgen
Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, für den Wertansatz gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens unterstellen, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert worden sind, soweit dies den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht. Den Steuerpflichtigen ist es damit auch steuerlich gestattet, die handelsrechtlich neben anderen Verbrauchsfolgenmethoden in § 256 Satz 1 HGB verankerte sog. Lifo-Methode („Last in – first out”) für die Bewertung zugrunde zu legen. Die Vereinbarkeit mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung verlangt jedoch nicht, dass tatsächlich die zuletzt angeschafften/hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert werden. Diese Verbrauchsfolge darf jedoch nicht völlig unvereinbar mit dem betrieblichen Geschehensablauf sein. Eine Bewertung nach der Lifo-Methode ist ausgeschlossen, wenn Vorräte mit hohen Erwerbsaufwendungen in Frage stehen (z. B. Pkw), die Anschaffungskosten ohne Weiteres identifiziert und den einzelnen Vermögensgegenständen angesichts individueller Merkmale ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können. Mittels der Lifo-Methode wird das Vorratsvermögen relativ niedrig bewertet, weil die zuletzt beschafften Wirtschaftsgüter – in Zeiten von Preissteigerungen also teuersten – als zuerst verbraucht und die ältesten – also billigeren – noch als am Lager vorhanden gelten.
§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG verlangt die Erfüllung folgender Voraussetzungen:
der Gewinn wird nach § 5 EStG ermittelt,
die Lifo-Methode wird auch beim Wertansatz in der Handelsbilanz angewendet (vgl. § 256 HGB),
die angewandte Methode entspricht den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung.
Als Methoden sind das permanente und das Perioden-Lifo zugelassen. Ein Wechsel der Lifo-Methode bedarf nicht, ein Wechsel der Bewertungsmethode im folgenden Wirtschaftsjahr durch Abweichen von den Lifo-Methoden dagegen bedarf der Zustimmung des Finanzamts. Als Ausgangswert bei der erstmaligen Anwendung der Lifo-Methode ist der vorhandene Warenbestand des Vorjahrs mit dem steuerlich zulässigen Wertansatz fortzuführen. Bewertungsstetigkeit und Niederstwertprinzip (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) sind zu beachten; daraus folgt umgekehrt, dass auch das Wertaufholungsgebot zu beachten ist.
d) Festbewertung
Nach § 256 Satz 2 i. V. mit § 240 Abs. 3 HGB ist die Bewertung von Vermögensgegenständen des Sachanlagevermögens sowie von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen mit einem Festwert (Standardwert) zulässig. Die Festbewertung setzt voraus, dass
die Gegenstände regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist,
ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt und
i. d. R. alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchgeführt wird.
Die Vermögensgegenstände können dann mit einer gleich bleibenden Menge und einem gleich bleibenden Wert (sog. Anhaltewert) angesetzt werden. Diese Regelung gilt grds. nach dem Maßgeblichkeitsprinzip auch für die Steuerbilanz.
Hinsichtlich der Inventur gewährt R 5.4 Abs. 3 EStR Erleichterungen: Ist der Ansatz eines Festwerts zulässig, ist für Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens regelmäßig an jedem dritten, spätestens aber an jedem fünften Bilanzstichtag eine körperliche Bestandsaufnahme vorzunehmen. Der hierbei ermittelte Wert ist als neuer Festwert maßgebend, wenn er den bisherigen Festwert um mehr als 10 % übersteigt oder wenn er niedriger als der bisherige Wert ist und der Steuerpflichtige ihn ansetzen will. Bei Wertsteigerungen bis zu 10 % hat der Steuerpflichtige ebenfalls ein Wahlrecht; er kann den bisherigen Festwert beibehalten. Eine Aufstockung des Festwerts erfolgt, indem man die Zugänge so lange auf dem Bestandskonto bucht, bis der neue Festwert erreicht ist. Bei Wertminderungen stellt die Differenz einen sofort abzugsfähigen Aufwand dar.
Im Übrigen darf der Festwert nur zur Erleichterung der Inventur und der Bewertung, nicht aber zum Ausgleich von Preisschwankungen angesetzt werden. Eine Festbewertung wird z. B. anerkannt bei Werkzeugen und Gerätschaften aller Art; Stanzen und Modellen; Schriftsätzen in Druckereien; Geschirr, Besteck und Bettwäsche in Hotelbetrieben; Ladeneinrichtungen, Büromöbeln und sonstigen Geschäftsausstattungen; Transport- und Förderanlagen; Beleuchtungsanlagen; Gerüst- und Schalungsteilen, die technisch aufeinander abgestimmt und genormt sind. In der Regel wird als Festwert der Aufwand für die erste Anschaffung, bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gemindert um einen durchschnittlichen Abschreibungssatz, aktiviert. Spätere Ersatzbeschaffungen bleiben unberücksichtigt, d. h. die Aufwendungen hierfür werden nicht mehr zu dem Festwert hinzuaktiviert, sondern sind sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Dafür dürfen aber die Anschaffungskosten der Erstausstattung nicht auf die voraussichtliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Der Festwert bleibt so lange unverändert, wie sich die betrieblichen Verhältnisse nicht ändern und der Umfang der in der Festbewertung einbezogenen Wirtschaftsgüter nicht wesentlich schwankt.
e) Retrograde Ermittlung
Der Einzelhandelsbranche, insbesondere dem Textileinzelhandel wird es gestattet, Waren, deren Anschaffungskosten nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ermittelt werden können, nach dem Verkaufswertverfahren (retrograde Methode) zu ermitteln, soweit die Rohgewinnaufschläge ohne große Schätzungsfehler feststellbar sind (, BStBl 1995 II S. 336; H 6.2 EStH „Waren”). Dabei werden die Anschaffungskosten durch Rückrechnung ermittelt, indem von den ausgezeichneten Verkaufspreisen die kalkulierte Handelsspanne, der sog. Rohgewinnaufschlag, abgezogen wird.
IV. Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter
Die Bewertung der einzelnen Bilanzansätze folgt grds. den handelsrechtlichen Vorschriften (Maßgeblichkeitsgrundsatz, vgl. hierzu Tz. 58). Es sind jedoch nach § 5 Abs. 6 EStG die steuerrechtlichen Vorschriften über die Bewertung zu befolgen, die insbesondere durch § 6 EStG ausgefüllt werden. Die Reihenfolge der im Folgenden untersuchten Wirtschaftsgüter orientiert sich an der Gliederung der Bilanz.
Tz. 74 Immaterielle Wirtschaftsgüter
a) Begriff und Bedeutung
Zu den immateriellen Wirtschaftsgütern i. S. des § 5 Abs. 2 EStG zählen mit Ausnahme der Finanzanlagen alle unkörperlichen Wirtschaftsgüter, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind. Sie müssen aber nicht selbständig verkehrsfähig bzw. veräußerbar sein (z. B. kann der Geschäftswert nicht losgelöst vom Betrieb veräußert werden).
Immaterielle Wirtschaftsgüter sind z. B. Rechte (Patente, Gebrauchsmuster, Warenzeichen, Urheberrechte, Nießbrauchsrechte), rechtsähnliche Werte und sonstige Vorteile (Nutzungsberechtigungen aufgrund schuldrechtlicher Verträge, Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Lizenzen, Geschäfts-/Firmen-/Praxiswert). Sie können sowohl zum Anlagevermögen (z. B. Geschäftswert) als auch zum Umlaufvermögen (z. B. zum Verkauf bestimmte EDV-Programme, in Auftragsproduktion hergestellte Filme) gehören. Sie können wie der Geschäftswert abnutzbar oder wie Wertpapiere nicht abnutzbar sein.
Ob ein immaterielles Wirtschaftsgut abnutzbar ist, entscheidet sich danach, ob seine Nutzung unter rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zeitlich begrenzt ist (vgl. § 253 Abs. 2 HGB). So sind z. B. Belieferungsmöglichkeiten eines Zeitschriften-Großhandelsunternehmens grds. als nicht abnutzbare geschäftswertähnliche immaterielle Wirtschaftsgüter zu beurteilen, aber für den Fall, dass diese Belieferungsmöglichkeit von den Konkurrenzunternehmen zumindest faktisch garantiert wird, als abnutzbare und abschreibbare immaterielle Wirtschaftsgüter (, BStBl 1998 II S. 775). Auch sind Wettbewerbsverbote als abnutzbare immaterielle Einzelwirtschaftsgüter zu beurteilen, wenn sie als Hauptleistung, also unabhängig vom Erwerb eines Unternehmens, vereinbart worden sind (, BStBl 1979 II S. 369). Aufwendungen für einen Kundenstamm oder ein Wettbewerbsverbot können als Anschaffungskosten für ein nichtabnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren sein, wenn sich der Wert dieses Wirtschaftsguts tatsächlich nicht innerhalb einer bestimmbaren Zeit erschöpft. Aufwendungen für die Übertragung eines Domain-Namens sind Anschaffungskosten für ein in der Regel nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut. Dies gilt nach , BStBl 2007 II S. 301, nur für generische Domain-Namen, also Domain-Namen allgemeiner Natur. Die Abnutzbarkeit kann bei sog. qualifizierten Domain-Namen, die sich aus einer Marke oder einem Schutzrecht ableiten, anders zu beurteilen sein.
Wegen einzelner immaterieller Wirtschaftsgüter s. auch H 5.5 EStH.
b) Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter
Immaterielle Wirtschaftsgüter werden entweder selbst geschaffen (originär) oder erworben (derivativ). Gem. § 5 Abs. 2 EStG ist für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Daraus ergibt sich einerseits eine Aktivierungspflicht für entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter und andererseits ein Aktivierungsverbot für originäre und unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (z. B. Forschungs- und Entwicklungskosten, im Betrieb anfallende Aufwendungen für Erfindungen). Dieses Aktivierungsverbot entspricht den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 248 Abs. 2 HGB). Es umfasst aber nicht die immateriellen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens. § 5 Abs. 2 EStG gilt auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder 3 EStG ermitteln. Keine Anwendung findet das Aktivierungsverbot im Rahmen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, ebenso bei Einlagevorgängen; s. R 5.5 Abs. 3 EStR.
Entscheidendes Kriterium im Rahmen des § 5 Abs. 2 EStG ist die Frage des entgeltlichen Erwerbs. Das Wirtschaftsgut muss entweder entgeltlich oder gegen einen geldwerten Vorteil erworben oder durch einen Hoheitsakt (z. B. durch Zuschlag bei einer Versteigerung) übertragen worden sein. Hierfür kommt es darauf an, die entgeltliche Anschaffung gegenüber anderen Vorgängen abzugrenzen, durch die die Inhaberschaft eines immateriellen Anlageguts erlangt werden kann, insbesondere gegenüber der Herstellung und gegenüber nicht gegenseitigen Rechtsgeschäften. Grundsätzlich gilt: Bei der Anschaffung wechselt die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts aus dem Vermögen eines Rechtssubjekts in das Vermögen eines anderen Rechtssubjekts über, während z. B. bei der Herstellung der auf die Erzeugung des Wirtschaftsguts gerichtete Prozess im eigenen Bereich stattfindet.
Nicht notwendig ist, dass das entgeltlich erworbene (angeschaffte) immaterielle Wirtschaftsgüter bereits bestand. Es genügt, dass es erst durch den Abschluss des gegenseitigen Rechtsgeschäfts entsteht oder konkretisiert wird (z. B. entgeltliche Einräumung eines Belieferungsrechts). Wenn z. B. jemand einem Eigentümer eines Grundstücks etwas dafür zahlt, dass dieser ihm das Recht einräumt, einen Weg auf dessen Grundstück zu benutzen, geht ein Teil des uneingeschränkten Eigentumsrechts des Eigentümers, das auch die alleinige Nutzungsbefugnis umfasst, auf den anderen über. Das Wegebenutzungsrecht ist mit dem gezahlten Betrag zu aktivieren. Auch der durch eine Abstandszahlung an den Pächter eines Grundstücks erlangte Vorteil, wogegen sich der Pächter verpflichtet, das Grundstück vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Pachtzeit zu räumen, ist das Objekt eines entgeltlichen Anschaffungsgeschäfts und deshalb zu aktivieren. Dasselbe gilt, wenn der Geber eines sog. verlorenen Zuschusses vom Zuschussnehmer eine bestimmte Gegenleistung erhält oder eine solche nach den Umständen zu erwarten ist oder wenn der Zuschussgeber durch die Zuschusshingabe einen besonderen Vorteil erlangt, der nur für ihn wirksam ist, z. B. für die durch Zahlung eines sog. verlorenen Zuschusses erlangte Sicherstellung des Strombedarfs eines Unternehmens (, BStBl 1970 II S. 35) oder für das durch Zahlung eines Zuschusses erlangte Bierlieferungsrecht einer Brauerei (, BStBl 1976 II S. 13).
Demgegenüber führt die Kostenbeteiligung am Ausbau einer öffentlichen Straße, die zum Betriebsgrundstück des Steuerpflichtigen führt und die durch dessen Fahrzeuge stark beansprucht wird, nicht zu einem aktivierungsfähigen Wirtschaftsgut; die Kosten sind sofort abzugsfähige Betriebsausgaben (, BStBl 1980 II S. 687).
c) Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter
Ist ein immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren, richtet sich seine Bewertung, soweit es einer Abnutzung unterliegt, nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Da nur entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter aktiviert werden dürfen, kommen als Bewertungsgrundlage nur Anschaffungskosten und niemals Herstellungskosten in Betracht. Ist das immaterielle Wirtschaftsgut nicht abnutzbar oder handelt es sich um immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, finden die Bewertungsvorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG Anwendung. Die Anschaffungskosten sind durch Absetzungen auf die (ggf. zu schätzende) Nutzungsdauer des immateriellen Anlageguts zu verteilen.
Patente und Lizenzen sind immaterielle Wirtschaftsgüter. Das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG kommt nicht zum Zuge, wenn ein Patent, das bereits einmal entgeltlich erworben worden ist, z. B. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, auf einen anderen unentgeltlich übergeht. Der Patenterwerber muss hier das Patent mit dem Wert ansetzen, mit dem es bei seinem Rechtsvorgänger aktiviert war. Das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG kommt ferner nicht zum Zuge, wenn ein im Privatvermögen unentgeltlich erworbenes Patent oder eine im Privatvermögen erworbene Lizenz in ein Betriebsvermögen eingelegt wird.
Tz. 75 Geschäfts- oder Firmenwert
a) Allgemeines
Geschäftswert (Firmenwert) – auch Good-will genannt – ist der Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Wert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens hinaus innewohnt. Er ist Ausdruck für die Gewinnchancen des Unternehmens, soweit sie nicht in den einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind (z. B. , BStBl 1996 II S. 576; s. auch § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB). Der Geschäftswert setzt sich aus einer Reihe nicht zu differenzierender Bestandteile und Eigenschaften eines Unternehmens zusammen. Als Umstände, die den Geschäftswert begründen, kommen z. B. in Betracht: guter Ruf der Firma, Reklamewert, Vertreterstamm, innerbetriebliche Organisation, Absatzorganisation, Größe und Güte des Kundenkreises, besonders günstige Lage des Unternehmens. Als ein einheitliches Wirtschaftsgut ist er von den persönlichen Eigenschaften des Unternehmers losgelöst und nur mit dem Unternehmen insgesamt veräußerbar und übertragbar (, BStBl 1994 II S. 224). Auch ein Teilbetrieb kann einen eigenen Geschäftswert haben; beide können gemeinsam veräußert werden. Bei der Zusammenfassung bisher selbständiger Unternehmen zu einem einheitlichen Betrieb in der Hand des Erwerbers gehen ihre Geschäftswerte im Geschäftswert des Gesamtunternehmens auf (vgl. , BStBl 1980 II S. 690). Beim Erwerber kann ein (derivativer) Geschäftswert nur aktiviert werden, wenn das Unternehmen im Ganzen oder ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teilbetrieb Gegenstand des Erwerbs ist (z. B. , BStBl 2003 II S. 10).
Vom Geschäftswert abzugrenzen sind bloße geschäftswertbildende Faktoren, die nur Teil eines immateriellen Wirtschaftsguts sind und erst zu dessen Entstehung beitragen.
b) Firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter
Vom Geschäfts- oder Firmenwert zu unterscheiden sind geschäfts- oder firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter. Als solche werden z. B. ein Kundenstamm, ein Verlagswert und eine Güterfernverkehrsgenehmigung angesehen. Allgemein versteht man darunter Rechtspositionen oder faktische Verhältnisse, die, ähnlich wie der Geschäftswert, mit dem Unternehmen als solchem und seinen Gewinnchancen unmittelbar verknüpft sind, die aber losgelöst von einem Unternehmen oder Unternehmensteil als selbständige Wirtschaftsgüter übertragbar sind. Diese immateriellen Einzelwirtschaftsgüter können, wie die Güterfernverkehrsgenehmigung, zu den nichtabnutzbaren, immerwährenden Rechten ( NWB QAAAA-97269 m. w. N.) oder, wie etwa der Verlagswert, zu den abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgütern gehören (, BStBl 1986 I S. 532).
c) Verlagswert, Verlagsrecht
Unter Verlagswert oder Verlagsobjekt ist die einzelne Verlagserscheinung, d. h. das durch einen bestimmten Titel gekennzeichnete „Unternehmen” in verlagsrechtlichem Sinn zu verstehen, das einen selbständigen Gegenstand des Rechtsverkehrs bildet und als solches rechtlich geschützt ist. Der Verlagswert umfasst den zugehörigen Kundschaftswert, den Organisationswert, den Wert der durch eine Idee geweckten Nachfrage nach der betreffenden Verlagserscheinung und die Ertragschancen für das „Verlagsunternehmen”. Verlagswerte sind firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter (, BStBl 1983 II S. 113, m. w. N.).
Vom Verlagswert ist das Verlagsrecht zu unterscheiden. Dies ist das Recht eines Verlegers, Werke, die ihm aufgrund von Verlagsverträgen (Autorenverträgen) von Autoren übertragen sind, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Verlagsrechte sind einzelne abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgüter und als solche abschreibungsfähig (vgl. z. B. , BStBl 1984 II S. 187).
d) Bewertung
Der Geschäfts- oder Firmenwert eines Betriebs gehört zu den abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Seine Bewertung richtet sich allgemein nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG: Ansatz der Anschaffungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG, des Teilwerts bei Einlage oder des niedrigeren Teilwerts. Der anlässlich der Gründung einer Sozietät aufgedeckte Praxiswert sowie der Wert einer erworbenen Einzelpraxis ist als abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bewerten.
Soweit ein Geschäftswert im Rahmen der Übernahme eines ganzen Unternehmens entgeltlich erworben wurde, ist der Gesamtkaufpreis entsprechend aufzuteilen. Maßgeblich ist hierfür in erster Linie die Vorstellung der Beteiligten, hilfsweise der „Überpreis” über die Summe der Teilwerte für die übrigen Wirtschaftsgüter (, BStBl 1988 II S. 441). Die AfA kann auf den so ermittelten Anteil vorgenommen werden, wobei für den Geschäfts- oder Firmenwert gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG von einer 15jährigen Nutzungsdauer auszugehen ist. Diese fingierte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist zwingend. Eine Ausnahme hiervon kommt allenfalls in Betracht, wenn die Abschreibung des Geschäftswerts über die 15jährige Nutzungsdauer zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (, BStBl 1994 II S. 449). Anders als der Firmenwert ist der entgeltlich erworbene Praxiswert eines Freiberuflers jedoch nicht gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG nach einer fiktiven Nutzungsdauer von 15 Jahren, sondern immer nach der tatsächlichen Nutzungsdauer abzuschreiben (, BStBl 1994 II S. 590; , BStBl 1995 I S. 14).
Zur Berechnung des Geschäftswerts zu nennen sind insbes. die direkte Methode (Ermittlung des Geschäftswerts durch Kapitalisierung des sog. Übergewinns; , BStBl 1980 II S. 690), die indirekte Methode (Geschäftswert = Gesamtwert des Unternehmens abzüglich des Substanzwerts abzüglich Risikoabschlag 50 %; , BStBl 1960 III S. 509) und die modifizierte Methode (Ertragswert abzüglich Substanzwert : 2; NWB PAAAB-33793). Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Abfindungen beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft ausnahmsweise nicht als Anschaffungskosten für einen Anteil am Geschäftswert der Personengesellschaft zu werten sind, s. (BStBl 1984 II S. 584). Auch für einzelne Faktoren des Geschäftswerts kommt eine Aktivierung in Betracht, wenn sie entgeltlich erworben werden (s. wegen Kundenstamm , BStBl 1994 II S. 903). Werden z. B. von einem in Liquidation befindlichen Unternehmen der Firmenname, das Warenzeichen und der Vertreterstamm entgeltlich erworben, sind diese Faktoren als selbständige immaterielle Wirtschaftsgüter mit ihren Anschaffungskosten zu aktivieren. Grundsätzlich ist neben der normalen AfA auch eine Teilwertabschreibung zulässig.
Da der Geschäftswert steuerrechtlich als abnutzbares Wirtschaftsgut gilt, ist konsequenterweise auch das firmenwertähnliche Wirtschaftsgut analog § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln. Etwas anderes gilt aber dann, wenn das firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter tatsächlich nicht abnutzbar ist (sog. immerwährende Rechte), wie z. B. Verkehrsgenehmigungen.
Tz. 76 Praxiswert
Der Praxiswert eines freien Berufs ist vom Geschäftswert eines gewerblichen Unternehmens zu unterscheiden. Während der Geschäftswert als objektivierter, dem Unternehmen selbst innewohnender und von der persönlichen Tätigkeit des Unternehmers unabhängiger Wert anzusehen ist, wird der Praxiswert von der persönlichen Leistungsfähigkeit des Praxisinhabers geprägt. Der Praxiswert verkörpert den Wert, den eine Praxis aufgrund des Vertrauensverhältnisses zwischen Auftraggebern und Praxisinhaber erhält. Wegen dieser Personenbezogenheit ist der Praxiswert als abnutzbares Wirtschaftsgut anerkannt. Denn das dem Praxiswert zugrunde liegende persönliche Vertrauensverhältnis verflüchtigt sich zwangsläufig mit Ausscheiden des ehemaligen Praxisinhabers (, BStBl 1991 II S. 595). Aus diesem Grunde kann der Erwerber von den Anschaffungskosten des Praxiswerts eine AfA gem. § 7 EStG vornehmen, wobei ein Abschreibungszeitraum von 3–5 Jahren anerkannt ist (, BStBl 1994 II S. 590). Der Sozietätspraxiswert stellt ein abnutzbares Wirtschaftsgut mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 6–10 Jahren dar.
Tz. 77 Grundstücke – Grund und Boden
a) Umfang des „Grund und Bodens”
Der steuerrechtliche Begriff „Grund und Boden” ist nicht identisch mit dem bürgerlich-rechtlichen Begriff Grundstück i. S. des § 94 BGB (z. B. , BStBl 1992 II S. 517). Bürgerlich-rechtlich gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks auch die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude. Demgegenüber umfasst der nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung bestimmte steuerrechtliche Begriff „Grund und Boden” nur den „nackten” Grund und Boden (, BStBl 1979 II S. 281). Darunter ist die Humusschicht zu begreifen. Zum Grund und Boden gehören auch die dinglichen Rechte am Grund und Boden, die nicht mit grundstücksgleichen Rechten (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht) zu verwechseln sind.
Die bürgerlich-rechtlich zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehörenden, fest mit dem Grund und Boden verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, Bodenschätze, grundstücksgleiche Rechte, Be- und Entwässerungsanlagen, werden also von dem steuerrechtlichen Begriff „Grund und Boden” nicht mit umfasst. Diese Sachen oder grundstücksgleichen Rechte führen steuerrechtlich ein Sonderdasein, d. h. sie werden als besondere Wirtschaftsgüter gewertet.
b) Anschaffungskosten bei erstmaliger Erschließungsmaßnahme
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist der Grund und Boden mit seinen Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder mit seinem niedrigeren Teilwert zu bewerten. AfA kommen nicht in Betracht. Zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens gehören neben dem reinen Kaufpreis auch alle Nebenkosten, z. B. Vertrags- und Gerichtskosten, Grunderwerbsteuer, Maklergebühren. Auch Anliegerbeiträge können Anschaffungskosten des Grund und Bodens sein. Ferner sind Erdarbeiten, Erschließungs-, Straßenanlieger- und andere auf das Grundstückseigentum bezogene, kommunale Beiträge und Beiträge für sonstige Anlagen außerhalb des Grundstücks sowie Hausanschlusskosten Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Dies gilt dann, wenn es sich um Beiträge zur Finanzierung erstmals durchgeführter Erschließungsmaßnahmen handelt. Vgl. auch H 6.4 EStH.
c) Modernisierungsmaßnahmen/nachträgliche Anschaffungskosten
Werden bereits vorhandene Erschließungseinrichtungen ersetzt oder modernisiert, sind nur dann Anschaffungskosten des Grund und Bodens gegeben, wenn das Grundstück durch die Maßnahme in seiner Substanz oder in seinem Wesen geändert wird (s. , BStBl 2003 I S. 386; , BStBl 2004 II S. 282). Ob bestimmte Aufwendungen sich als Anschaffungskosten des Grund und Bodens oder als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben/Werbungskosten darstellen, hat der BFH nach folgenden Rechtsgrundsätzen entschieden: Aufwendungen, die sich auf eine besondere Nutzung des Grundstücks beziehen, sind sofort abzugsfähige Betriebsausgaben/Werbungskosten. Hingegen liegen Anschaffungskosten vor, wenn der Grundstückseigentümer als solcher zu Beiträgen herangezogen wird, unabhängig von der jeweiligen Grundstücksnutzung (, BStBl 1983 II S. 38; , BStBl 1983 II S. 111). Darüber hinaus sind auch nachträgliche Anschaffungskosten möglich, wie z. B. der Flächenbeitrag im Umlegungsverfahren gem. §§ 45 ff., 58 BBauG oder Zahlungen zur Befreiung eines Grundstücks von einer dinglichen Belastung.
d) Aufteilung bei bebauten Grundstücken
Beim Erwerb eines bebauten Grundstücks ist der Gesamtkaufpreis grds. anhand objektiver Umstände und nur im Zweifel anteilig im betrieblichen Bereich nach dem Verhältnis der Teilwerte und im privaten Bereich im Verhältnis der Verkehrswerte auf Grund und Boden sowie auf das Gebäude aufzuteilen, weil Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits zwei verschiedene Wirtschaftsgüter sind und weil nur auf den Gebäudewert AfA vorgenommen werden dürfen. Die Aufteilung gilt sowohl für den Veräußerer als auch für den Erwerber. Bezahlt der Erwerber einen ungewöhnlich hohen Kaufpreis (Überpreis) und bestehen keine gewichtigen Anhaltspunkte dafür, dass der Überpreis nur für einzelne Wirtschaftsgüter aufgewendet worden ist, so ist auch der Überpreis nach dem Verhältnis der Teilwerte aufzuteilen.
e) Teilweise Veräußerung
Wird ein unbebautes, für sich einheitlich bewertetes Grundstück teilweise veräußert, ist für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns von dem Teil des Buchwerts auszugehen, der von dem Gesamtbuchwert auf die veräußerte Teilfläche entfällt. Maßgebend für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind also die tatsächlichen Wertverhältnisse (Verhältnis des anteiligen Buchwerts der veräußerten Teilfläche zu dem Veräußerungspreis) und nicht der Durchschnittswert des gesamten Grundstücks.
f) Teilwert
Der Grund und Boden kann bei dauerhafter Wertminderung auch mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt werden. Er kann durch Erosion, Versalzung, Umweltbelastungen usw. in seinem Wert absinken, ebenso durch behördliche Nutzungsverbote (z. B. Bebauungsverbot). S. zu Teilwertabschreibungen auf den Grund und Boden auch NWB KAAAC-53641.
g) Aufwendungen auf den Grund und Boden
Zur Zuordnung von Aufwendungen zu sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben oder zu aktivierenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten s. auch Tz. 34, i, aa „Grund und Boden und Gebäude”.
Tz. 78 Gebäude
a) Begriff
Gebäude sind Bauwerke auf eigenem oder fremdem Grund und Boden, die Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewähren, den Aufenthalt von Menschen gestatten, mit dem Grund und Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit und standhaft sind. Diese Definition geht auf das Bewertungsrecht zurück. Nach dieser Begriffsbestimmung kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Bürocontainer ein Gebäude sein. Gebäude sind steuerrechtlich – obwohl sie bürgerlich-rechtlich zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören (§ 94 BGB) – selbständige Wirtschaftsgüter und müssen deshalb von dem Grund und Boden, mit dem sie fest verbunden sind, für die ertragsteuerrechtliche Bewertung unterschieden werden. Nach der Rechtsprechung des , BStBl 1974 II S. 132) ist das Gebäude grds. als Einheit anzusehen. Unselbständige Gebäudeteile, also Teile, die der Nutzung des Gebäudes dienen, wie z. B. Fahrstühle, Rolltreppen, Heizungsanlagen – s. H 4.2 (5) EStH –, sind keine selbständigen Wirtschaftsgüter und daher zusammen mit dem Gebäude einheitlich zu aktivieren und zu bewerten.
b) Selbständige Gebäudeteile
Die selbständigen Gebäudeteile sind als selbständige Wirtschaftsgüter zu qualifizieren (s. R 4.2 Abs. 3 EStR) und daher gesondert vom Gebäude abzuschreiben. Ein selbständiger Gebäudeteil ist immer dann gegeben, wenn er nicht mit dem Gebäude in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht (, BStBl 1994 II S. 164). Als selbständige Gebäudeteile in diesem Sinne gelten nach R 4.2 Abs. 3 EStR:
Betriebsvorrichtungen (R 7.1 Abs. 3 EStR);
Scheinbestandteile (R 7.1 Abs. 4 EStR);
Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinbauten, Schalterhallen von Kreditinstituten sowie ähnliche Einbauten, die einem schnellen Wandel des modischen Geschmacks unterliegen (R 4.2 Abs. 3 Nr. 3 EStR), und zwar auch dann, wenn sie in Neubauten eingefügt werden;
sonstige selbständige Gebäudeteile (R 4.2 Abs. 4 EStR);
Mietereinbauten.
aa) Betriebsvorrichtungen
Bei den Betriebsvorrichtungen handelt es sich um abnutzbare bewegliche Anlagegüter, auch wenn sie bürgerlich-rechtlich wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Dabei ist die Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen vom Gebäudebegriff her vorzunehmen. Es gelten für die Abgrenzungsfrage die Grundsätze des Bewertungsrechts, insbesondere § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG, § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG. Betriebsvorrichtungen sind Teile einer Betriebsanlage, die in so enger Beziehung zu einem Gewerbebetrieb stehen, dass dieser unmittelbar mit ihnen betrieben wird, z. B. Kegelbahnanlagen, Brennöfen, Fördertürme, Hochöfen, Kühltürme, von außen gesteuerte Kühlzellen, Silos, Transportbänder, Verladeanlagen, vollautomatische Hochregallager. Nicht zu den Betriebsvorrichtungen zählen in einem Hotel eingebaute Bäder und Duschen, der Personenbeförderung dienende Rolltreppen in einem Kaufhaus. Ein Bauwerk ist als Betriebsvorrichtung und nicht als Gebäude zu werten, wenn es eine betriebliche Vorrichtung umschließt, die ohne diese Umschließung nach den heutigen technischen Erfordernissen ihren Zweck nicht erfüllen könnte (, BStBl 1974 II S. 132). Zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen im Einzelnen vgl. gleich lautende Ländererlasse, hier , BStBl 1992 II S. 342. Die Unterscheidung hat vor allem für die Bemessung der AfA, für die Anwendung des § 6b EStG und das Investitionszulagenrecht Bedeutung.
bb) Scheinbestandteile
Scheinbestandteile entstehen, wenn bewegliche Wirtschaftsgüter zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt werden (§ 95 Abs. 2 BGB). Wegen Einzelheiten s. R 7.1 Abs. 4 EStR und H 7.1 EStH „Scheinbestandteile”.
cc) Sonstige selbständige Gebäudeteile
Wird ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen Wohnzwecken und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt, ist jeder der vier unterschiedlich genutzten Gebäudeteile ein besonderes Wirtschaftsgut, weil das Gebäude in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen steht. Jeder nach diesen Grundsätzen selbständige Gebäudeteil ist wiederum in so viele Wirtschaftsgüter aufzuteilen, wie Gebäudemiteigentümer vorhanden sind (, BStBl 1992 II S. 948). Wegen weiterer Einzelheiten s. R 4.2 Abs. 4 EStR.
Ob ein Anbau ein gegenüber dem bestehenden Gebäude selbständiges Wirtschaftsgut darstellt, ist – vom Nutzungs- und Funktionszusammenhang abgesehen – nach bautechnischen Kriterien zu beurteilen. Entscheidend hierfür sind die statische Standfestigkeit der Gebäudeteile und die dazu getroffenen Baumaßnahmen, wie z. B. eigene tragende Mauern und eigene Fundamente. Ein Anbau, der keine eigene Standfestigkeit besitzt, ist kein selbständiges Wirtschaftsgut (, BStBl 2007 II S. 586).
dd) Mieterein- und -umbauten
Aufwendungen, die der Mieter eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils macht, um die gemieteten Räume für seine betrieblichen Zwecke herzurichten, sind als Herstellungskosten eines selbständigen Wirtschaftsguts des Mieters zu aktivieren, wenn die durch den Um- oder Einbau geschaffenen Gebäudebestandteile unmittelbar besonderen betrieblichen Zwecken des Mieters dienen und in diesem Sinne in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Funktionszusammenhang stehen. Die Nutzung durch den Mieter zur Einkünfteerzielung muss sich erfahrungsgemäß über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstrecken (vgl. , BStBl 1976 I S. 66). Eine Aktivierung von Mieterein- und -umbauten kommt nur in Betracht, wenn sie als selbständige Gebäudeteile anzusehen sind. Das ist der Fall, wenn sie zu Scheinbestandteilen oder Betriebsvorrichtungen oder Gebäudebestandteilen mit einem besonderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang geführt haben (, BStBl 1978 II S. 345). Mieterein- und -umbauten als solche sind also nicht aus sich selbst heraus selbständige Gebäudeteile und damit eigenständige Wirtschaftsgüter; sie müssen sich noch besonders qualifizieren. Verbindet ein Mieter, Pächter oder in ähnlicher Weise schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, spricht eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht.
ee) Halbfertige Bauten auf fremden Grund und Boden
Halbfertige Bauten auf fremden Grund und Boden sind als Forderungen von Bauunternehmen gegen den Bauherrn als Umlaufvermögen zu behandeln (, BStBl 2002 II S. 784; , BStBl 2000 I S. 1514).
c) Bewertung mit Anschaffungskosten/Herstellungskosten
Als abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind Gebäude und selbständige Gebäudeteile nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG grds. mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Dazu gehören neben dem Kaufpreis die Materialkosten und die Fertigungslöhne. Ist der Teilwert voraussichtlich dauerhaft niedriger, kann dieser angesetzt werden. Zu Einzelheiten der Anschaffungskosten/Herstellungskosten eines Gebäudes vgl. R 6.4 EStR und H 6.4 EStH.
d) Anschaffungsnaher Aufwand
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, zu den Herstellungskosten des Gebäudes, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Aufwendungen für Erweiterungen i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB bleiben bei der Ermittlung der 15-%-Grenze außer Betracht, sie sind grds. als Herstellungskosten anzusehen. Ebenfalls ohne Bedeutung für die Betragsgrenze sind Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten, diese laufenden Kosten können sofort als Betriebsausgaben/Werbungskosten abgezogen werden. Die Regelung gilt sowohl für Gewinneinkünfte wie auch für Überschusseinkünfte; besondere Bedeutung hat sie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Werden innerhalb des Dreijahreszeitraums Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen getätigt, welche in ihrer Summe die 15-%-Grenze übersteigen, ist für diese Aufwendungen nicht mehr der sofortige volle Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug, sondern nur die AfA gem. § 7 Abs. 4 EStG zulässig.
Die Finanzverwaltung führt regelmäßig die Veranlagungen vorläufig gem. § 165 Abs. 1 AO durch, solange die in diesem Dreijahreszeitraum geltend gemachten Instandsetzungsaufwendungen 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes nicht übersteigen. Überschreiten die Aufwendungen im zweiten oder dritten Jahr nach Anschaffung die Grenze, können bereits bestandskräftige Bescheide für das erste und oder zweite Jahr gem. § 165 Abs. 2 AO entsprechend geändert werden.
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist erstmals auf Baumaßnahmen anzuwenden, mit denen nach dem begonnen wurde. Übersteigen die nach dem begonnenen Baumaßnahmen innerhalb des Dreijahreszeitraums die 15-%-Grenze nicht, können jedoch Herstellungskosten i. S. der BFH-Rechtsprechung v. - IX R 39/97 (BStBl 2003 II S. 569) und v. - IX R 52/00 (BStBl 2003 II S. 574) vorliegen; vgl. , BStBl 2003 I S. 386.
Nach dieser Rechtsprechung sind anschaffungsnahe Aufwendungen nicht allein wegen ihrer Höhe oder zeitlichen Nähe zur Anschaffung eines Gebäudes als Herstellungskosten zu beurteilen. Soweit die Aufwendungen nicht der Herstellung oder Erweiterung eines Gebäudes dienen, sind sie Herstellungskosten, wenn sie zu einer wesentlichen Verbesserung gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen. Durch die Gesamtheit von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen muss der Gebrauchswert eines Gebäudes gegenüber dem Zustand im Zeitpunkt des Erwerbs deutlich erhöht werden. Für ein Wohngebäude nimmt der BFH eine solche deutliche Erhöhung des Gebrauchswerts an, wenn das Gebäude durch eine Modernisierung von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird. Gem. (BStBl 2003 I S. 386), sind im Wege der Einzelfallprüfung Kriterien wie Funktionstüchtigkeit, Standardhebung, Erweiterung, Substanzvermehrung, Vergrößerung der nutzbaren Fläche und über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entscheidungserheblich; s. Tz. 227, c.
e) Abbruchkosten
Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein Gebäude und wird dieses danach abgebrochen, ist für die steuerliche Beurteilung von folgenden Fällen auszugehen (vgl. H 6.4 EStH):
Der Steuerpflichtige hatte das Gebäude auf einem ihm bereits gehörenden Grundstück errichtet. – Im Jahr des Abbruchs sind der Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes und die Abbruchkosten als Betriebsausgaben abzusetzen.
Der Steuerpflichtige hat das Gebäude in der Absicht erworben, es als Gebäude zu nutzen, und entschließt sich erst nach dem Erwerb, das Gebäude abzureißen (Erwerb ohne Abbruchabsicht). – Im Jahr des Abbruchs sind der Restbuchwert im Wege einer AfA und die Abbruchkosten als Betriebsausgaben abzusetzen.
Der Steuerpflichtige hat das Gebäude in der Absicht erworben, es abzureißen, um ein neues Gebäude zu errichten oder ein anderes neues Wirtschaftsgut (z. B. eine Zufahrtsstraße) zu schaffen oder um das Grundstück unbebaut zu lassen (Erwerb mit Abbruchabsicht). – Für die steuerliche Behandlung des Restbuchwerts des abgebrochenen Gebäudes und der Abbruchkosten kommt es darauf an, ob das abgebrochene Gebäude technisch verbraucht bzw. wirtschaftlich veraltet war. Wird ein objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude abgerissen, sind der Restbuchwert und die Abbruchkosten als Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes bzw. des anderen neu geschaffenen Wirtschaftsguts oder für den Fall, dass das Grundstück unbebaut belassen wird, als nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens zu qualifizieren. Voraussetzung für die Annahme von Herstellungskosten ist, dass die Herstellung des neuen Wirtschaftsguts in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Gebäudeabbruch steht; ansonsten sind Anschaffungskosten des Grund und Bodens gegeben. War hingegen das abgebrochene Gebäude technisch verbraucht bzw. wirtschaftlich veraltet, entfällt der volle Anschaffungspreis auf den Grund und Boden. Für die Abbruchkosten gilt hier: Besteht ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Abbruch und Herstellung, liegen Gebäude-Herstellungskosten vor, andernfalls Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
Der Steuerpflichtige plant den Abbruch eines zum Privatvermögen gehörenden Gebäudes und die Errichtung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Gebäudes (Einlage mit Abbruchabsicht). – Restbuchwert und Abbruchkosten gehören zu den Herstellungskosten des neu zu errichtenden Gebäudes. Der Einlagewert des Gebäudes ist nicht schon deshalb mit 0 € anzusetzen, weil sein Abbruch beabsichtigt ist.
Wird mit dem Abbruch eines Gebäudes innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb begonnen, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Erwerber das Gebäude in der Absicht erworben hat, es abzureißen. Der Erwerb eines Gebäudes mit der Absicht einer völligen Umgestaltung des Gebäudes unter Aufgabe der wesentlichen Bausubstanz wird einem Erwerb mit Abbruchabsicht gleichgestellt (, BStBl 1985 II S. 208).
f) Abstandszahlungen
Abstandszahlungen, die der Erwerber eines bebauten Grundstücks aufwendet, um einen Mieter zur vorzeitigen Räumung des Grundstücks zu veranlassen und um dann das bebaute Grundstück selbst zu nutzen, sind als selbständig bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter zu aktivieren. Dieser Nutzungsvorteil ist im Zeitraum zwischen dem vereinbarten Räumungstermin und dem im ursprünglichen Mietvertrag vereinbarten Ablauf des Mietverhältnisses in gleichmäßigen Beträgen abzuschreiben (, BStBl 1970 II S. 382). Wird eine Abstandszahlung hingegen im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Gebäudes zur Ablösung von Nutzungsrechten Dritter an dem abzubrechenden Gebäude oder dem zu bebauenden Grund und Boden gezahlt, sind Herstellungskosten des zu errichtenden Gebäudes gegeben (, BStBl 1983 II S. 451). Gutachterkosten eines Erbbaurechtsverpflichteten zur Ermittlung der Entschädigungszahlung für ein Bauwerk des Erbbauberechtigten auf dem durch Erbbaurecht überlassenen Grund und Boden sind Anschaffungskosten für das in das Privatvermögen des Erbbauverpflichteten übergehende Bauwerk ( NWB LAAAC-49135).
g) Aufwendungen für Gebäude
Zur Zuordnung von Aufwendungen zu sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben oder zu aktivierenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten s. auch Tz. 34, i, aa „Grund und Boden und Gebäude”.
Tz. 79 Maschinen, Werkzeuge, Betriebs- und Geschäftsausstattung
Maschinen sind abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Sie sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 EStG, anzusetzen. Zu den Anschaffungskosten einer Maschine gehören auch die Kosten ihrer Aufstellung einschließlich der Fundamentierung sowie der Prüfung und Abnahme. Zu den Herstellungskosten einer Maschine gehören die direkt zurechenbaren Material- und Lohnkosten sowie die Fertigungsgemeinkosten (vgl. im Einzelnen R 6.3 EStR). Ist der Teilwert niedriger, kann dieser angesetzt werden. Eine Teilwertabschreibung ist vorzunehmen, wenn die Anschaffung der Maschine eine Fehlmaßnahme war. Die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung wegen technischer Überalterung besteht grds. nicht. Die technische Überalterung wird bereits bei der AfA nach § 7 EStG berücksichtigt. Lediglich ein außerordentlicher technischer oder wirtschaftlicher Wertverzehr kann zur Teilwertabschreibung führen. Ein starkes Absinken des Wiederverkaufspreises schon im ersten Jahr des Gebrauchs ist bei vielen beweglichen Wirtschaftsgütern üblich und rechtfertigt keine Teilwertabschreibung. Im Rahmen einer grundlegenden Betriebsumstellung kann eine Teilwertabschreibung in Betracht kommen.
Jede Maschine ist als selbständiges Wirtschaftsgut zu bewerten, auch wenn in der Bilanz mehrere Maschinen oder sogar der gesamte Maschinenpark rechnerisch zusammengefasst sind. Durch eine solche Zusammenfassung wird keine steuerlich als ein Wirtschaftsgut zu behandelnde Einheit geschaffen.
Für die Bewertung von maschinellen Anlagen gelten die Grundsätze über die Bewertung von Maschinen entsprechend.
Nachträgliche Aufwendungen für Maschinen, die nicht nur deren Instandhaltung dienen, sondern darüber hinaus einen wertsteigernden Umbau der Maschine darstellen, sind, wenn die Aufwendungen nicht unerheblich sind, als nachträgliche Herstellungskosten der Maschine zu aktivieren. Dasselbe gilt für Generalüberholungskosten. Eine Generalüberholung liegt vor, wenn der generalüberholte Gegenstand durch die Aufwendungen eine ungewöhnliche Werterhöhung erfahren hat und seine Nutzungsdauer wesentlich verlängert worden ist oder wenn durch die Aufwendungen praktisch ein neues, anderes Wirtschaftsgut entstanden ist, also eine Neuherstellung durch Instandsetzung gegeben ist (z. B. , BStBl 1996 II S. 632). Der Einbau eines Austauschmotors ist Erhaltungsaufwand (, BStBl 1974 II S. 520).
Für die Bewertung von Werkzeugen sowie von Betriebs- und Geschäftsausstattungsgegenständen gelten die gleichen Grundsätze wie für Maschinen und maschinelle Anlagen. Werkzeuge sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 EStG, anzusetzen. Dies gilt grds. auch dann, wenn der Unternehmer die Werkzeuge nur für die Ausführung eines bestimmten Auftrags beschafft hat. Die AfA bemessen sich in diesem Fall nach dem Umfang der zur Erfüllung des Auftrags erforderlichen Nutzung; sie sind Teile der Herstellungskosten der mit dem Werkzeug hergestellten Erzeugnisse. Eine Aktivierungspflicht für den Unternehmer als Hersteller der Werkzeuge besteht jedoch dann nicht, wenn er die Werkzeuge dem Auftraggeber zu Eigentum (auch wirtschaftlichem Eigentum) übertragen hat. Werkzeuge usw. können aber auch zum Umlaufvermögen gehören und somit nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu bewerten sein. Werkzeuge sowie Betriebs- und Geschäftsausstattungsgegenstände können, wenn die Voraussetzungen des § 240 Abs. 3 HGB gegeben sind, mit einem Festwert angesetzt werden.
Tz. 80 Geringwertige Wirtschaftsgüter
a) Allgemeines
Nach § 6 Abs. 2 EStG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der nach § 6 Abs. 1 Nr. 5–6 EStG an deren Stelle tretende Wert von selbständig nutzungsfähigen abnutzbaren beweglichen Anlagegütern, deren Anschaffungskosten, Herstellungskosten oder an deren Stelle tretende Wert 150 € nicht übersteigen, im Jahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 und 5a EStG) des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG) in voller Höhe als Betriebsausgaben abzuziehen. Dieser zwingend vorzunehmende Sofortabzug gilt für alle betroffenen Wirtschaftsgüter, die nach dem angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Vor diesem Zeitpunkt, also vor dem angeschaffte, hergestellt oder eingelegte Wirtschaftsgüter können (Wahlrecht) bis zu einem Wert von 410 € sofort abgezogen werden.
Für die gleichen Wirtschaftsgüter, deren Wert im vorgenannten Sinne 150 € übersteigt, aber nicht mehr als 1.000 € beträgt, ist im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage oder der Eröffnung des Betriebs zwingend ein Sammelposten (s. Tz. 80, f) zu bilden, der über fünf Jahre aufgelöst wird.
Die fünfjährige Auflösung des Sammelpostens führt bei Wirtschaftsgütern mit einer unter fünfjährigen Nutzungsdauer zur zeitlichen Streckung der Absetzung und ist damit ungünstiger als die Abschreibung nach § 7 EStG. Bei Wirtschaftsgütern mit einer längeren als fünfjährigen Nutzungsdauer führt die Neuregelung allerdings zu einer schnelleren Abschreibung des Wirtschaftsguts.
Die Sofortabschreibung des § 6 Abs. 2 EStG und die Sammelpostenmethode des § 6 Abs. 2a EStG gelten auch bei Einlagen von geringwertigen Wirtschaftsgütern. Dabei ist es unerheblich, ob das geringwertige Wirtschaftsgut in einen bereits bestehenden oder einen neu eröffneten Betrieb eingelegt wird.
Aufgrund des Wegfalls des Wahlrechts ab 2008 (der Sofortabzug ist zwingend), ergibt sich die Konsequenz, dass der Maßgeblichkeitsgrundsatz durch § 6 Abs. 2 und 2a EStG durchbrochen wird. Grds. können daher in der Handelsbilanz die geringwertigen Wirtschaftsgüter anders als in der Steuerbilanz behandelt werden. Näheres dazu, s. Gaillinger, BBK F. 13 S. 5021 ff. NWB IAAAC-48835.
Die Regelungen in § 6 Abs. 2 und 2a EStG sind auch bei Einnahmenüberschussrechnungen anzuwenden (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG).
Die Regelung über die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter ist gem. § 9 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG bei den Überschusseinkunftsarten mit der Maßgabe anwendbar, dass die Wertgrenze wie bisher 410 € beträgt.
b) Selbständige Nutzungsfähigkeit
Wesentliche Voraussetzung für die Sofortabschreibung und den Sammelposten ist die selbständige Nutzungsfähigkeit. Die Frage, ob ein Wirtschaftsgut selbständig nutzungsfähig ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut liegt vor, wenn es in seiner Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist. Deshalb ist gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG ein Wirtschaftsgut einer selbständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind (vgl. auch R 6.13 Abs. 1 EStR).
Zu Beispielen selbständig nutzungsfähiger und damit geringwertiger Wirtschaftsgüter vgl. H 6.13 EStH.
c) Wertgrenze
Bei der Bemessung der maßgebenden Wertgrenzen 150 €, 410 € und 1.000 € sind die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten um die darin enthaltenen Vorsteuerbeträge (§ 9b Abs. 1 EStG) zu vermindern. Das gilt auch dann, wenn die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen werden darf (R 9b Abs. 2 Satz 1 und 2 EStR). Sofern es sich um eingelegte geringwertige Wirtschaftsgüter handelt, darf der nach § 6 Abs. 1 Nr. 5–6 EStG ermittelte Wert die Höchstgrenzen von 410 € bzw. 150 € und 1.000 € nicht übersteigen. Wird ein Wirtschaftsgut aus mehreren Teilen erstellt, kommt es für die steuerliche Behandlung darauf an, ob die Summe der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Einzelteile zuzüglich eventueller Montagekosten die maßgebende Wertgrenze nicht übersteigt. Zu weiteren Einzelheiten, vgl. auch R 6.13 Abs. 2 EStR.
d) Keine Aufzeichnungspflichten
Bei Wirtschaftsgütern, die nach dem angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden, bestehen keinerlei Aufzeichnungspflichten mehr. Das gilt auch für Wirtschaftsgüter, die in einem Sammelposten gem. § 6 Abs. 2a EStG zusammengefasst werden. Nach Einbuchung in den Sammelposten besteht kein weiterer Buchungs- und Erfassungsaufwand (die fünfjährige Auflösung erfolgt dann wohl regelmäßig maschinell). Im Ergebnis werden Investitionen bis 1.000 € – von der einmaligen Einbuchung abgesehen – überhaupt nicht mehr in der Buchführung berücksichtigt. Für die Steuerpflichtigen vereinfacht sich dadurch die Anwendung der erweiterten Regelung für geringwertige Wirtschaftsgüter erheblich.
e) Rechtsfolgen der Sofortabschreibung
Liegen die Voraussetzungen für eine Sofortabschreibung vor, sind die gesamten Aufwendungen für das geringwertige Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage in voller Höhe als Betriebsausgabe abzusetzen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG). Es ist nicht zulässig, im Jahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage nur einen Teil der Aufwendungen abzusetzen und den Restbetrag auf die betriebliche Nutzungsdauer zu verteilen. Werden Wirtschaftsgüter, die nach § 6 Abs. 2 EStG sofort abgeschrieben wurden, innerhalb von drei Jahren nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in ein Betriebsvermögen eingelegt, können sie nur mit einem Wert von 0 € bilanziert werden (, BStBl 1994 II S. 638).
In späteren Wirtschaftsjahren anfallende nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind im Jahr ihrer Entstehung ebenfalls sofort abzuziehende Betriebsausgaben. Das gilt auch dann, wenn sie zusammen mit den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Betrag von 150 € übersteigen (vgl. R 6.13 Abs. 4 EStR).
f) Rechtsfolgen beim Sammelposten
Liegen die genannten Voraussetzungen für die Aufnahme des Wirtschaftsguts in einem Sammelposten vor, ist es nicht zulässig, das Wirtschaftsgut nach § 7 EStG abzuschreiben oder Sonderabschreibungen bzw. erhöhte Abschreibungen in Anspruch zu nehmen.
Der Sammelposten ist kein Wirtschaftsgut, sondern eine Rechengröße. Denzufolge kommt beispielsweise keine Teilwertabschreibung in Betracht (vgl. R 6.13 Abs. 6 Satz 1 EStR).
Für alle Wirtschaftsgüter i. S. des § 6 Abs. 2a EStG eines Wirtschaftsjahrs ist ein gesonderter Sammelposten zu bilden (R 6.13 Abs. 5 Satz 1 EStR) und jährlich mit 20 % aufzulösen. Scheiden Wirtschaftsgüter, die in dem Sammelposten erfasst sind, innerhalb des Auflösungszeitraums des Sammelpostens aus dem Betriebsvermögen aus (z. B. durch Verkauf, Zerstörung oder Entnahme), bleibt der Sammelposten davon unberührt. Das gilt auch für Wirtschaftsgüter, die nach § 6 Abs. 3 EStG (Tz. 96) zusammen mit einem Teilbetrieb übertragen, nach § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes Betriebsvermögen überführt oder übertragen oder nach den §§ 20, 24 UmwStG zusammen mit einem Teilbetrieb in eine Kapital- oder Personengesellschaft eingebracht werden (vgl. R 6.13 Abs. 6 EStR). Das bedeutet, dass sich zwar ggf. eine Gewinnerhöhung (z. B. Veräußerungspreis, Entnahmewert) ergibt, die Gewinnminderung durch den Restbuchwert des Wirtschaftsguts aber teilweise ausbleibt. Denn der im Sammelposten noch vorhandene Buchwert mindert den Gewinn im Veräußerungs- oder Entnahmejahr durch die Sammelpostenauflösung nur zu einem Fünftel. Der Restbetrag wirkt sich erst in den Folgejahren aus. Ein anderes Ergebnis lassen die fehlenden Aufzeichnungspflichten (s. oben Tz. 80, d) aber auch nicht zu.
In späteren Wirtschaftsjahren anfallende nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöhen den Sammelposten des Wirtschaftsjahres, in dem die Aufwendungen entstanden sind. Das gilt auch dann, wenn sie zusammen mit den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Betrag von 1.000 € übersteigen (vgl. R 6.13 Abs. 5 Satz 2 und 3 EStR).
Bei entgeltlichem Übergang des gesamten Betriebs oder Teilbetriebs auf einen Rechtsnachfolger erwirbt dieser die einzelnen Wirtschaftsgüter, die in dem Sammelposten enthalten sind. Diese Wirtschaftsgüter sind – soweit die Anschaffungskosten innerhalb der genannten Werte liegen – entsprechend der Neuregelung in einem Sammelposten auszuweisen. Bei unentgeltlichem Übergang eines gesamten Betriebs werden die jeweiligen Sammelposten mit ihren Bilanzwerten beim Übernehmenden fortgeführt (sog. Fußstapfentheorie). Wird dagegen nur ein Teilbetrieb unentgeltlich übertragen (vgl. oben), bleibt der Sammelposten beim Übertragenden unverändert, während der Übernehmende die erhaltenen Wirtschaftsgüter mit 0 € anzusetzen hat.
Die Finanzverwaltung plant die Veröffentlichung eines BMF-Schreibens zum Sammelposten gem. § 6 Abs. 2a EStG. Allerdings hat die neue Bundesregierung Korrekturen bei der Regelung angekündigt. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Tz. 81 Beteiligungen
a) Beteiligungen an Kapitalgesellschaften
Beteiligungen sind gem. § 271 Abs. 1 HGB Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenem Unternehmen zu dienen. Eine Beteiligung setzt Beteiligungswillen und Eignung der Anteilsrechte, auf das Beteiligungsunternehmen Einfluss zu nehmen, voraus (, BStBl 1989 II S. 737). Als Beteiligung gelten im Zweifel Anteile an einer Kapitalgesellschaft, deren Nennbeträge insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft überschreiten (§ 271 Abs. 1 Satz 3 HGB). Der BFH hat bislang keine entsprechende prozentuale Mindestgrenze festgeschrieben. Im (BStBl 1973 II S. 397) wird vielmehr die Ansicht vertreten, die Frage, von wann ab eine Beteiligung vorläge, lasse sich nicht nach einem Bruchteil des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft bestimmen. Danach wäre dann eine Beteiligung auch denkbar, wenn der Anteilsgesamtbetrag unterhalb der 20-%-Grenze liegt.
Beteiligungen sind, soweit sie zum Betriebsvermögen gehören, zu aktivieren. Sie gehören gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu den nicht abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgütern und können sowohl dem Anlage- als auch dem Umlaufvermögen zuzurechnen sein.
b) Beteiligungen an Personengesellschaften
Handelsrechtlich ist die zu einem Betriebsvermögen gehörende Beteiligung an einer Personengesellschaft als einheitlicher Vermögensgegenstand dem Grunde nach zu bilanzieren und mit seinen Anschaffungskosten zu bewerten. Dies gilt nicht für die Steuerbilanz (, BStBl 1981 II S. 427). Für die ertragsteuerliche Gewinnermittlung hat der Posten „Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft” keine selbständige Bedeutung. Denn steuerrechtlich erwirbt der Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht einen Anteil am Gesamthandsvermögen, sondern vielmehr die Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern, die zum Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft gehören. Ein weiterer Grund ist darin zu sehen, dass für die Personenhandelsgesellschaft nach der steuerlichen Grundordnung (§§ 179, 180 AO) eine eigenständige Gewinnermittlung durchzuführen ist und der Anteil am Gewinn der Personengesellschaft dem Teilhaber außerhalb der eigenen Steuerbilanz zugerechnet wird (einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung), vgl. auch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Damit ist die Beteiligung an Personengesellschaften steuerrechtlich gesehen kein selbständiges Wirtschaftsgut (, BStBl 1981 II S. 730).
c) Bewertungsgrundsätze
Beteiligungen sind grds. mit den Anschaffungskosten anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG), d. h. Kaufpreis zuzüglich Nebenkosten. Gesellschaftlich veranlasste Zahlungen – Einlagen – stellen Anschaffungskosten der Beteiligung dar. Zu (nachträglichen) Anschaffungskosten führen regelmäßig auch verdeckte Einlagen. Hierzu gehören z. B. die Veräußerung eines Wirtschaftsguts zu einem unangemessen niedrigen Preis und verlorene Baukostenzuschüsse, die ein Genosse aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung zu zahlen hat. Auch können Anschaffungskosten für eine Beteiligung vorliegen, wenn der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine Bürgschaft für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft übernommen hat und eine Zahlung für die Freistellung von dieser Bürgschaftsverpflichtung tätigt (, BStBl 1987 II S. 257), ferner bei Forderungsverzicht und Aufwendungen zur Abwehr eines Konkurses.
d) Teilwertabschreibung von Beteiligungen
Statt der Anschaffungskosten kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der niedrigere Teilwert angesetzt werden, sofern eine dauernde Wertminderung gegeben ist. Grundsätzlich besteht auch bei Beteiligungen die widerlegbare Vermutung, dass sich der Teilwert mit den Anschaffungskosten deckt. Der Teilwert ist ein objektiver Wert, der sich bei einer Beteiligung in den Wiederbeschaffungskosten darstellt (, BStBl 1991 II S. 342). Dabei entsprechen die Wiederbeschaffungskosten dem Börsenkurswert am Bilanzstichtag. Die Wiederbeschaffungskosten sind dann unter die ursprünglichen Anschaffungskosten gesunken, wenn eine tatsächliche Verschlechterung (objektives Moment) der wertbildenden Faktoren der Beteiligung eingetreten ist. Ein Indiz hierfür kann der Verlust eines großen Teils des Nennkapitals sein. Dagegen rechtfertigen Anfangsverluste keine Teilwertabschreibung.
Ausgangspunkt für die Frage der Dauerhaftigkeit der Wertminderung ist die Schätzung der voraussichtlichen Verweildauer im Unternehmen. So rechtfertigen bei von Unternehmen als langfristige Kapitalanlage gehaltenen börsennotierten Aktien des Anlagevermögens im Hinblick auf den langen Prognosezeitraum Kursschwankungen allein keine Teilwertabschreibung. Es müssen weitere Umstände hinzukommen, die ein voraussichtlich dauerndes Absinken des Teilwerts nach sich ziehen. Das ist der Fall, wenn sich die Anschaffung als eine Fehlmaßnahme darstellt. Da die Bewertung einer Beteiligung mit den Anschaffungskosten die Regel und die mit dem niedrigeren Teilwert die Ausnahme ist, muss derjenige, der sich auf den niedrigeren Teilwert beruft, die notwendigen Voraussetzungen darlegen. Bei der Ermittlung des Teilwerts einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind als wertbestimmende Faktoren zu beachten der Substanz- und Ertragswert der Beteiligung sowie die Bedeutung der Beteiligung für den Betrieb des Steuerpflichtigen. Gehört z. B. eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers, kann die Möglichkeit des Einzelunternehmers, über die Beteiligung auf die Geschäftsbeziehung der Kapitalgesellschaft einzuwirken, Einfluss auf die Teilwertermittlung haben. Keinen Einfluss hat in einem solchen Fall die Möglichkeit der Einwirkung auf die Höhe der Geschäftsführerbezüge (, BStBl 1979 II S. 108). Auf das Stuttgarter Verfahren kann spätestens ab dem nicht mehr zurückgegriffen werden. Durch das SEStEG wurde § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG eingefügt, wonach das Stuttgarter Verfahren für ertragsteuerliche Zwecke nicht anwendbar ist.
e) Einlage von Beteiligungen
Werden Beteiligungen in ein Betriebsvermögen eingelegt, sind sie grds. gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG mit dem Teilwert für den Zeitpunkt der Zuführung anzusetzen, sie sind jedoch nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b EStG höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn es sich um einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 17 Abs. 1 oder 6 EStG handelt. In diesen Fällen gilt § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG (Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers bei unentgeltlich erworbenen Anteilen) entsprechend. Nur so wird sichergestellt, dass die stillen Reserven, die nach § 17 EStG im Privatvermögen entstanden sind, nicht der Besteuerung entzogen werden. Die Bewertung der verdeckten Einlage einer Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft erfolgt davon abweichend mit dem Teilwert, weil die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft einer Veräußerung gleichsteht (§ 17 Abs. 1 Satz 2 EStG und , BStBl 1998 I S. 1227).
Tz. 82 Wertpapiere und zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente
Wertpapiere sind Urkunden, die Rechte verbriefen. Es kann sich bei diesen Rechten um Forderungs-, Mitgliedschafts- oder Sachenrechte handeln. Soweit Wertpapiere Mitgliedschaftsrechte verbriefen, wie z. B. im Fall der Aktie, können Wertpapiere auch eine Beteiligung bilden. Wegen ihrer Betriebsvermögens-Eigenschaft vgl. H 4.2 Abs. 1 EStH „Wertpapiere”.
Für Wertpapiere gilt grds. das für Beteiligungen (s. Tz. 81) Gesagte. Wertpapiere sind – im Unterschied zu einer Beteiligung – grds. jeweils einzeln mit ihren entsprechenden Anschaffungskosten anzusetzen, wenn sie individualisierbar sind, d. h. die Anschaffungskosten eines jeden einzelnen Wertpapiers feststellbar sind. Dies dürfte dann möglich sein, wenn der Steuerpflichtige die Papiere selbst verwahrt oder bei einem Kreditinstitut in Einzelverwahrung gegeben hat. In einem solchen Fall ist eine Teilwertabschreibung bei unterschiedlichen Anschaffungskosten der Wertpapiere in Bezug auf jedes einzelne Wertpapier möglich (, BStBl 1973 II S. 397). Eine Durchschnittsbewertung ist insoweit steuerrechtlich unzulässig. Nur dann müssen Wertpapiere mit dem durchschnittlichen Anschaffungspreis sämtlicher Papiere derselben Art bewertet werden, wenn sie im Girosammeldepot liegen.
Bezugsrechte sind mit einem Teil der Anschaffungskosten (Buchwerte) der Aktien zu bewerten, zu denen sie gehören. Der Buchwertansatz der Altaktie vermindert sich entsprechend. Es handelt sich hierbei nicht um eine Teilwertabschreibung, sondern um den Ansatz eines neuen Wirtschaftsguts „Altaktie”. Es ist durch den Abspaltungsvorgang des Bezugsrechts von der ehemaligen Aktie entstanden. Bezugsrecht in diesem Sinne ist nur das konkrete Bezugsrecht, das dem einzelnen Aktionär aufgrund eines wirksam gefassten Kapitalerhöhungsbeschlusses im Einzelfall zusteht. Bezieht der Steuerpflichtige in Ausübung eines originär erworbenen Bezugsrechts junge Aktien, ist darin ein Anschaffungsvorgang zu sehen mit der Folge, dass die jungen Aktien in der Steuerbilanz mit den Anschaffungskosten anzusetzen sind. Anschaffungskosten sind dabei nicht nur die etwaigen Zuzahlungen und sonstigen Kosten für die jungen Aktien, sondern auch der Buchwert der Bezugsrechte.
Wertpapiere des Umlaufvermögens sind mit dem Teilwert zu bewerten, wenn ihr Börsenkurs sinkt. Teilwert ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Anschaffungskosten (Kaufpreis und Nebenkosten) in dem gleichen Verhältnis gemindert werden, in dem der Kaufpreis (ohne Nebenkosten) zum gesunkenen Börsenkurs steht.
Steuerpflichtige im Anwendungsbereich des § 340 HGB (Kreditinstitute) haben die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente, die nicht in einer Bewertungseinheit i. S. von § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG n. F. abgebildet werden, mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG n. F.). Insoweit weicht das Steuerrecht von dem steuerlichen Grundsatz ab, wonach Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind.
Tz. 83 Vorratsvermögen
a) Grundsatz der Einzelbewertung
Zu den Wirtschaftsgütern des Vorratsvermögens gehören insbesondere Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, halbfertige und fertige Erzeugnisse sowie Waren (z. B. auch Brennelemente in Reaktoren von Kernkraftwerken, Baumschulkulturen, Bestände eines pharmazeutischen Unternehmens an Ärztemustern, Bausparvorratsverträge). Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens sind solche des Umlaufvermögens (§ 266 Abs. 2 HGB) und nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu bewerten. Für sie gilt der Grundsatz der Einzelbewertung. Gruppen- und Durchschnittsbewertung sowie Bildung von Festwerten sind zur Vereinfachung der Bewertung zulässig, ebenso die Lifo-Methode in § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG für gleichartige Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens; s. Tz. 73. Bei der Aktivierung von Vorräten gilt im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft eine Ausnahme; selbst gewonnene, nicht zum Verkauf bestimmte Vorräte können, müssen aber nicht aktiviert und damit bewertet werden (z. B. , BStBl 1988 II S. 672).
Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens sind regelmäßig mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann auch der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).
b) Teilwert bei Wirtschaftsgütern des Vorratsvermögens
aa) Allgemeines
Der Teilwert (s. auch oben Tz. 70) ist ein objektiver Wert, der auf der allgemeinen Auffassung über die künftige wirtschaftliche Entwicklung beruht, wie sie in der Marktlage am Bilanzstichtag zum Ausdruck kommt. Es wird vermutet, dass er sich im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, später dagegen mit den Wiederbeschaffungskosten deckt. Dies gilt selbst dann, wenn mit einem entsprechenden Rückgang der Verkaufspreise nicht gerechnet zu werden braucht (R 6.8 Abs. 2 Satz 1 EStR). Diese Vermutung kann der Steuerpflichtige widerlegen, indem er darlegt, dass die Einkaufspreise (Wiederbeschaffungskosten) gefallen sind oder die nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag voraussichtlich erzielbaren Verkaufspreise die Selbstkosten zuzüglich eines durchschnittlichen Unternehmergewinns nicht decken (, BStBl 1980 II S. 327).
bb) Börsennotiertes Vorratsvermögen
Der Börsen- oder Marktpreis ist ein Unterbegriff der Wiederbeschaffungskosten. Deshalb stellen bei Waren mit Börsen- oder Marktpreisen diese grds. den Teilwert dar. Nur ganz ausnahmsweise können Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens mit einem höheren Wert als dem Börsen- oder Marktpreis angesetzt werden, nämlich dann, wenn nur vorübergehende, völlig außergewöhnliche Umstände den Börsen- oder Marktpreis beeinflusst haben (R 6.8 Abs. 2 Satz 10 EStR). Bei Waren mit stark schwankenden Börsen- oder Marktpreisen kann die Entwicklung vier bis sechs Wochen vor und nach dem Bilanzstichtag berücksichtigt werden, wenn sich eindeutig feststellen lässt, dass die das Absinken der Preise verursachenden Tatsachen am Bilanzstichtag bereits vorlagen, oder wenn die Preisentwicklung zeigt, dass der Stichtagspreis ein Zufallspreis ist (, BStBl 1956 III S. 379). Waren, deren Marktpreis am Bilanzstichtag gegenüber den Anschaffungskosten nachhaltig allgemein rückläufig ist, dürfen auch dann mit dem Marktpreis angesetzt werden, wenn Waren dieser Art am Bilanzstichtag bereits fest verkauft sind, der Kaufvertrag aber noch von keiner Seite erfüllt ist (, BStBl 1965 III S. 648).
cc) Modeartikel
Ist der Verkaufspreis bei Wirtschaftsgütern des Vorratsvermögens, die zum Absatz bestimmt sind, deshalb gesunken, weil sich ihr Wert durch lange Lagerung, Änderung des modischen Geschmacks, Beschädigung oder ähnliche Gründe gemindert hat, ist eine Teilwertabschreibung nur insoweit gerechtfertigt, als die voraussichtlich erzielbaren Verkaufserlöse die Selbstkosten (Anschaffungskosten und Verwaltungs- und Vertriebskosten) zuzüglich des durchschnittlichen Unternehmergewinns nicht erreichen (R 6.8 Abs. 2 Satz 3 EStR). Dabei kann der zu berücksichtigende Aufschlagsatz dadurch ermittelt werden, dass der betriebliche Aufwand und der durchschnittliche Unternehmergewinn dem Jahresabschluss entnommen und zum Wareneinsatz in Beziehung gesetzt werden. Vgl. Beispiele in H 6.8 EStH zur Subtraktionsmethode/Formelmethode. Lange Lagerdauer und damit sinkende Verkaufsmöglichkeit von Waren rechtfertigt den Ansatz des niedrigeren Teilwerts nicht, solange die Waren zu den ursprünglichen Preisen oder doch ohne ins Gewicht fallende Preisabschläge angeboten und verkauft werden. Der Zinsverlust und der Zinsaufwand, der für länger lagernde Waren entsteht, rechtfertigt für sich allein keine Teilwertabschreibung.
dd) Verlustprodukte
Produkte, die der Steuerpflichtige in Kenntnis dessen, dass sie mit Verlust verkauft werden, z. B. nur deshalb herstellt, weil er dadurch eine bessere Kapazitätsausnutzung seiner Produktionsanlagen erreicht, dadurch andere Produkte billiger herstellen kann und so insgesamt einen höheren Gewinn erzielen wird, als dies ohne die Herstellung der Verlustprodukte der Fall sein würde, dürfen nicht mit dem niedrigeren Teilwert bewertet werden, wenn mit ihrem Verkauf insgesamt Vorteile für das Unternehmen verbunden sind (, BStBl 1999 II S. 681). Wird nämlich ein Betrieb insgesamt rentabel geführt, zeigt dies, dass die Aufnahme einzelner Verlustprodukte in das Sortiment zumindest nicht schädlich ist, d. h. keine Fehlmaßnahme darstellt.
ee) Ärztemuster
Bei Vorräten, die nicht zum Absatz bestimmt sind (z. B. Ärztemuster, auch Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe), kann der Teilwert nicht nach den sich am Bilanzstichtag abzeichnenden Absatzverhältnissen bestimmt werden. Es kommt auch nicht darauf an, welcher Einzelveräußerungspreis für das jeweilige Wirtschaftsgut erzielt werden könnte. Deshalb ist ein als unverkäuflich gekennzeichnetes Ärztemuster grds. mit den Herstellungskosten zu aktivieren (, BStBl 1980 II S. 327).
c) Durchschnittsbewertung
Regelmäßig besteht das Vorratsvermögen aus vertretbaren Wirtschaftsgütern. Dies sind solche, die im Verkehr nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt werden. Enthält das Vorratsvermögen am Bilanzstichtag derartige Wirtschaftsgüter, werden diese häufig aus verschiedenen Ankäufen bzw. verschiedenen Produktionen stammen, ohne dass festgestellt werden kann, aus welchen. Diese Tatsache führt in Fällen, in denen die Einstandspreise im Laufe des Wirtschaftsjahrs schwanken, dazu, dass die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht mehr feststellbar sind. Sie müssen deshalb im Schätzungswege ermittelt werden. Diese Schätzung kann nach R 6.8 Abs. 3 Satz 3 EStR durch eine Durchschnittsbewertung erfolgen. Die Bewertung ist nach dem gewogenen Mittel der im Laufe des Wirtschaftsjahrs erworbenen und ggf. zu Beginn des Wirtschaftsjahrs vorhandenen Wirtschaftsgüter vorzunehmen. Die Durchschnittsbewertung ist im Hinblick auf den Wertansatz eine Vereinfachung der Bestandsermittlung.
d) Gruppenbewertung
Zur Erleichterung der Inventur und der Bewertung können gleichartige Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden. Die gleichartigen Wirtschaftsgüter (z. B. Herrensocken), die zu einer Gruppe zusammengefasst werden sollen, brauchen nicht gleichwertig zu sein (d. h. unterschiedliche Preisklassen sind unschädlich). Es muss für sie aber ein gewogener Durchschnittswert bekannt sein. Das ist der Fall, wenn bei der Bewertung gleichartiger Wirtschaftsgüter ein ohne weiteres feststellbarer, nach den Erfahrungen der Branche sachgemäßer Durchschnittswert verwendet wird (R 6.8 Abs. 4 EStR). Die Gruppenbewertung stimmt im Grunde mit der Durchschnittsbewertung überein. Bei der Durchschnittsbewertung werden jedoch nur vertretbare Sachen erfasst, und sie dient allein dem Wertansatz und nicht der Bestandsermittlung.
e) Festwerte
Ein Festwert darf nur gebildet werden, wenn der Gesamtwert der zusammengefassten Wirtschaftsgüter für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist. Wegen weiterer Einzelheiten zur Bewertung mittels der Festwert-Methode, s. oben Tz. 73, d.
f) Lifo-Methode
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG ist auch das Lifo-Verfahren für gleichartige Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens als Bewertungsmethode zulässig. Es wird unterstellt, dass das zuletzt angeschaffte Wirtschaftsgut zuerst verkauft bzw. verbraucht wird. Die Lifo-Methode dient sowohl der Vereinfachung als auch der Vermeidung der Besteuerung von Scheingewinnen. Wegen der Anwendungsvoraussetzungen s. oben Tz. 73, c.
Gleichartigkeit ist grds. bei gleichartiger Warengattung oder gleicher Funktion anzunehmen, wobei aber auch eine annähernde Preisgleichheit verlangt wird (s. hierzu R 6.9 Abs. 3 EStR; Schmidt/Glanegger, EStG, 24. Aufl. 2005, § 6, Rz. 348 f.).
Wer sich für die Lifo-Methode entschieden hat, ist an sie grds. gebunden. Ein Abweichen ist in den folgenden Wirtschaftsjahren nur noch mit Zustimmung des Finanzamts möglich (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a Satz 3 EStG).
Tz. 84 Forderungen
a) Aktivierung
Eine Forderung ist das Recht auf eine Leistung, wobei Gegenstand dieses Rechts jede mögliche Leistung (Tun oder Unterlassen, § 241 BGB) sein kann. Forderungen können durch Abtretung (§ 398 BGB) erworben oder durch Vertrag (z. B. Kaufvertrag) oder durch Gesetz (z. B. unerlaubte Handlung, § 823 BGB) begründet werden. Forderungen unterliegen keiner Abnutzung.
Der Zeitpunkt der Aktivierung von Forderungen bestimmt sich gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Nach dem Realisationsprinzip (s. oben Tz. 8, b und 60, c) als Ausprägung des Vorsichtsprinzips dürfen Vermögensmehrungen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind (vgl. Woerner, BB 1988 S. 769, 773). So wird z. B. bei Lieferungen und anderen Leistungen der Gewinn realisiert, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen „wirtschaftlich erfüllt” hat und ihm die Forderung auf die Gegenleistung (die Zahlung) – von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen – so gut wie sicher ist. Das Zahlungsrisiko des Leistenden reduziert sich darauf, dass der Empfänger Gewährleistungsansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist. Ohne Bedeutung ist hingegen, ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erteilt ist, die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird (, BStBl 1993 II S. 786). Umstrittene Forderungen können erst am Schluss des Wirtschaftsjahrs angesetzt werden, in dem über den Anspruch rechtskräftig entschieden wird oder in dem eine Einigung mit dem Schuldner zustande kommt (, BStBl 2006 II S. 650).
b) Bewertung mit Anschaffungskosten
Forderungen sind grds. mit den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert zu bewerten, gleichgültig, ob sie zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehören.
Wird eine bereits bestehende Forderung von einem Dritten gegen Entgelt erworben, bestehen die Anschaffungskosten aus der Gegenleistung einschließlich etwaiger Nebenleistungen. Bei einem Erwerb gegen Sachleistung bestimmen sich die Anschaffungskosten nach dem gemeinen Wert der Sachleistung. In den anderen Fällen, in denen die Forderung erst in der Person des Steuerpflichtigen begründet wird, ist grds. der Nennbetrag der Forderung als „Anschaffungskosten” anzusetzen (, BStBl 1980 II S. 491). Liegt der Auszahlungsbetrag unter dem Nennbetrag, sind zwar die Anschaffungskosten im üblichen Sinn nur in Höhe des Auszahlungsbetrags entstanden. Trotzdem ist auch hier der Nennbetrag der Forderung (Rückzahlungsbetrag) als Anschaffungskosten auszuweisen und in Höhe des Unterschieds zwischen Nennbetrag und Auszahlungsbetrag (Disagio, Damnum) ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden (, BStBl 1975 II S. 875). Dieser Unterschiedsbetrag ist als vorausbezahlter Zinsbetrag zu qualifizieren. Der hieraus gebildete Passivposten ist über die Laufzeit der Kreditgewährung bzw. Zinsfestschreibung pro rata temporis aufzulösen. Der Nennbetrag einer Forderung gilt auch dann als Anschaffungskosten der Forderung, wenn die Forderung unverzinslich ist; denn die Unverzinslichkeit oder die niedrige Verzinslichkeit einer Forderung betrifft nicht die Anschaffungskosten, sondern den Teilwert der Forderung (, BStBl 1981 II S. 734). Anschaffungsnebenkosten und nachträgliche Anschaffungskosten gehören auch hier zu den Anschaffungskosten.
c) Bewertung mit Teilwert
Der niedrigere Teilwert einer Forderung darf unabhängig davon, ob die Forderung Anlage- oder Umlaufvermögen ist, steuerlich nur dann angesetzt werden, wenn es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt; vgl. Tz. 71, a.
Der Teilwert einer Forderung wird durch subjektive, in der Person des Schuldners liegende Umstände, z. B. Zahlungsunfähigkeit, und durch objektive, der Forderung unmittelbar anhaftende Umstände, z. B. Unverzinslichkeit, Ausfallrisiko, Skonti, Kosten für Einziehung und Beitreibung, Provisionen, beeinflusst. Diese wertmindernden Umstände sind jedoch dann nicht zu berücksichtigen, wenn ihnen andere Umstände gegenüberstehen, die die Wertminderung ganz oder teilweise kompensieren, z. B. Möglichkeit einer vollständigen anderweitigen Befriedigung des Gläubigers, etwa durch Verwertung von Sicherheiten (Hypotheken, Bürgschaften usw.). Gleiches gilt, solange der Steuerpflichtige eine Aufrechnungsmöglichkeit hat. Ist jedoch auch die Realisierbarkeit der Sicherungsrechte zweifelhaft, schließen sie eine Teilwertabschreibung nicht aus. Daher ist eine Forderung aus einem gekündigten Bankdarlehen, bei dem wegen fehlender Solvenz des Schuldners nur noch mit dem Eingang des den nominalen Forderungsbetrag unterschreitenden Erlöses aus der Sicherheitenverwertung und nicht mehr mit Zinszahlungen gerechnet werden kann, auf den Teilwert abzuschreiben. Teilwert dieser Forderung ist der Betrag des zu erwartenden Erlöses aus der Sicherheitenverwertung, der auf den Zeitpunkt abzuzinsen ist, zu dem mit dem Eingang des Erlöses zu rechnen ist (, BStBl 2007 II S. 469).
Die Unverzinslichkeit einer Forderung bzw. die niedrige Verzinsung einer Forderung senkt ihren Teilwert. Dabei entspricht der Teilwert unverzinslicher Forderungen ihrem Barwert. Streit besteht über den für die Abzinsung anzuwendenden Zinssatz (vgl. , BStBl 1981 II S. 160, grds. Zinssatz 5,5 %; , BStBl 1980 II S. 491, Zinssatz 10 %). Nicht jede Unverzinslichkeit führt zu einer Teilwertabschreibung; dann nämlich nicht, wenn nach der Vorstellung der Vertragsparteien eine den Zinsanspruch ersetzende anderweitige Gegenleistung für die Kapitalüberlassung besteht. Bei unverzinslichen Darlehen an Betriebsangehörige oder an für den Betrieb tätige Handelsvertreter ist die entsprechende Forderung mit dem Nennbetrag und nicht mit dem niedrigeren Teilwert zu bewerten. Dabei ist es unerheblich, ob der Zinslosigkeit eine konkrete Gegenleistung gegenübersteht. Ausreichend ist es, dass das zinslose Darlehen eine Art Sozialleistung darstellt, die der Unternehmer in der Erwartung, das Betriebsklima günstig zu beeinflussen, erbringt (, I R 145/86, BStBl 1990 II S. 639). In Höhe des Abzinsungsbetrags (d. h. der Differenz zwischen Nennbetrag und niedrigerem Teilwert) ist hier kein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der auf die Laufzeit des Darlehens abzuschreiben wäre (, BStBl 1975 II S. 875). Zur Behandlung des unverzinslichen Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 KStG s. Kiontke, NWB F. 4 S. 5217 ff. NWB DAAAC-54222.
d) Pauschalwertberichtigung
Neben der klassischen Einzelwertberichtigung können Abschreibungen auf Forderungen auch im Wege von sog. Pauschalwertberichtigungen vorgenommen werden. Hierbei handelt es sich um pauschal ermittelte Einzelwertberichtigungen, denen Forderungen mit gleichartigen Risiken zugrunde liegen, die zu Gruppen zusammengefasst werden, von denen pauschale Abschläge vorgenommen werden. Rechtsgrundlage der pauschalen Wertberichtigung von Forderungen sind im Handelsrecht § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 252 Abs. 2 HGB. Steuerrechtlich lässt die Rechtsprechung die Pauschalwertberichtigungen der kaufmännischen Übung folgend zu, wenn eine individuelle Bewertung nur mit Schwierigkeiten verbunden bzw. unzumutbar ist.
Wählt der Steuerpflichtige eine Pauschalwertberichtigung, ist der pauschale Wertabschlag regelmäßig aufgrund der in der Vergangenheit gewonnenen Erfahrungen im jeweiligen Betrieb durch einen Prozentsatz zu bemessen (zu schätzen), der den Ausfall im Allgemeinen deckt, mit dem bei sachlicher Beurteilung zu rechnen ist (s. , BStBl 1967 III S. 336). Die Schätzung des Steuerpflichtigen ist grds. anzuerkennen. Die Grenze des Schätzungsrahmens wird von dem Wert bestimmt, den ein vorsichtig abwägender ordentlicher Kaufmann unter vollständiger Würdigung aller Umstände und Verhältnisse am Bilanzstichtag als den angemessenen Wert ansieht. Ausgangspunkt der Ermittlung des steuerlich anerkannten Prozentsatzes der Pauschalwertberichtigung bilden danach die durchschnittlichen tatsächlichen Forderungsausfälle der dem Bilanzstichtag vorausgehenden fünf Wirtschaftsjahre. Der sich nach einer Kürzung des so ermittelten Betrags um 40 % ergebende maßgebliche Forderungsausfall ist zum Durchschnittsbetrag des risikobehafteten Kreditvolumens der dem Bilanzstichtag vorangehenden fünf Wirtschaftsjahre ins Verhältnis zu setzen. Der so errechnete Prozentsatz ergibt die Höhe der Pauschalwertberichtigung.
Auch ein gemischtes Verfahren, bei dem ein Teil der Forderungen pauschal, ein anderer Teil einzeln bewertet wird, ist zulässig. Ein und dieselbe Forderung darf jedoch stets nur in ein Wertberichtigungsverfahren einbezogen werden. Die Höhe des Delkredere ergibt sich aus dem Differenzbetrag zwischen Anschaffungskosten und Teilwert der Forderung. Dabei ist von den Nettoforderungsbeträgen, also ausschließlich Umsatzsteuer, auszugehen (, BStBl 1981 II S. 766). Ein Pauschaldelkredere darf hinsichtlich des reinen Ausfallrisikos ebenfalls nicht gebildet werden, wenn alle am Bilanzstichtag vorhandenen Forderungen, für die das Pauschalverfahren angewendet werden soll, bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung eingegangen sind. Sind die Forderungen bis zum Tage der Bilanzaufstellung nur zum Teil eingegangen, darf ein Pauschaldelkredere die Gesamtsumme der bei Bilanzaufstellung noch nicht eingegangenen Forderungen, für die das Pauschalverfahren angewendet werden soll, nicht übersteigen.
Forderungen von Kreditinstituten rechnen – analog den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen beim Handelsunternehmen – zum Umlaufvermögen. Das gilt grds. auch für Wertpapiere und zwar auch für die zur Veräußerung bzw. Liquiditätsbeschaffung bestimmten Wertpapiere des Handelsbestands und der Liquiditätsreserve. Dem Anlagevermögen sind nur solche Wertpapiere zuzurechnen, die nach dem Willen des Kreditinstituts dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauernd zu dienen. Somit können auch langfristig gehaltene Wertpapiere der Liquiditätsreserve nach den günstigeren Bestimmungen des Umlaufvermögens bewertet werden.
e) Teilwert von Forderungen bei Länderrisiken
Für Forderungen gegenüber ausländischen Schuldnern können zusätzlich sog. Länderrisiken eine Teilwertabschreibung rechtfertigen, soweit diese die Durchsetzbarkeit der Forderungen zweifelhaft erscheinen lassen. Unter Länderrisiko ist das Risiko zu verstehen, das den Forderungen gegenüber ausländischen Schuldnern anhaftet, weil diese nicht über die erforderliche harte Währung verfügen. Hiervon strikt zu unterscheiden ist das individuelle Bonitätsrisiko eines Schuldners, das unabhängig vom Länderrisiko ebenfalls zu einer Wertberichtigung der Forderung führen kann. Voraussetzung für die steuerliche Wertberichtigung wegen eines Länderrisikos ist grds. eine Zahlungsstörung, insbesondere aufgrund Devisenmangels oder gesperrter Bankguthaben. Zumindest muss mit einer solchen Zahlungsstörung auf Dauer zu rechnen sein. Die Ermittlung des zutreffenden Teilwerts für die infolge eines Länderrisikos wertgeminderte Forderung erfolgt nach dem sog. erweiterten Ratingmodell. Das Bundeszentralamt für Steuern ermittelt jedes Jahr für jedes betroffene Risikoland einen maßgebenden Prozentsatz, um den die betroffenen Kreditinstitute ihre einschlägigen Auslandsforderungen wertberichtigen können. Diese Zahlen können bei den OFD oder den Kreditinstituten abgerufen werden.
f) Forderungen in ausländischer Währung
Forderungen in ausländischer Währung sind regelmäßig mit dem am Bilanzstichtag notierten Kurs in € zu bewerten. Sinkt der Kurs der ausländischen Währung oder steigt der Wert des €, kann die Forderung nach Maßgabe des am Bilanzstichtag geltenden Wechselkurses mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt werden, wenn die Kursänderung als dauernd zu beurteilen ist. Eine Teilwertabschreibung ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn der aufgrund von Wechselkursschwankungen eintretende Wertverlust durch ein Deckungsgeschäft oder durch Versicherungen aufgefangen wird.
g) Forderungen besonderer Art: Halbfertige Bauten
Halbfertige Bauten auf fremden Grund und Boden in Verbindung mit schwebenden Geschäften bei Bauunternehmen werden handels- und einkommensteuerrechtlich als Forderungen von Bauunternehmen gegen den Bauherrn und damit als Umlaufvermögen behandelt (, BStBl 1975 II S. 398). Sie sind mit den Herstellungskosten der halbfertigen Arbeiten anzusetzen. Steht allerdings fest, dass der auf die halbfertigen Arbeiten entfallende Anteil der vereinbarten Vergütung am Bilanzstichtag unter den bisher angefallenen Herstellungskosten liegt und diese Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist, sind die halbfertigen Arbeiten mit dem niedrigeren Wert zu bewerten. Nach neuester Rechtsprechung (, BStBl 2006 II S. 298) ist die Teilwertabschreibung auf teilfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden nicht nur hinsichtlich des dem jeweiligen Stand der Fertigstellung entsprechenden, auf die Bauten entfallenden Anteils der vereinbarten Vergütung (so gefordert noch im , BStBl 2000 I S. 1514), sondern hinsichtlich des gesamten Verlusts aus dem noch nicht abgewickelten Bauauftrag zulässig. Nach Ansicht des BFH gilt die sog. retrograde Methode im Bereich des Umlaufvermögens (vgl. dazu R 6.8 Abs. 2 EStR) nicht nur für die Warenbewertung, sondern auch für teilfertige Bauten. Danach ist von dem kalkulierten bzw. vereinbarten Preis für die Ware auszugehen sowie davon, dass diesem Preis der Gesamtaufwand einschließlich eines durchschnittlichen Unternehmerlohns gegenüberzustellen ist. Ist danach ein Fehlbetrag zu erwarten, ist dieser über die Teilwertabschreibung von den Herstellungskosten der teilfertigen Bauten abzuziehen.
Tz. 85 Rechnungsabgrenzungsposten
Rechnungsabgrenzungsposten dienen der periodengerechten Verteilung von Einnahmen und Ausgaben. Mit ihnen werden Einnahmen und Ausgaben als Ertrag oder Aufwand dem Wirtschaftsjahr zugeordnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Transitorische Rechnungsabgrenzungsposten beziehen sich auf vor dem Bilanzstichtag verausgabte oder vereinnahmte Beträge, die Aufwand bzw. Ertrag für einen bestimmten Zeitraum nach dem Bilanzstichtag sind, z. B. die im Dezember für den Monat Januar gezahlte Miete. Die Einnahme ist Ertrag für die Zeit nach dem Bilanzstichtag und daher nicht als Ertrag zu verbuchen, sondern durch Ansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens zu neutralisieren. Antizipative Rechnungsabgrenzungsposten beziehen sich auf nach dem Bilanzstichtag verausgabte oder vereinnahmte Beträge, die Aufwand bzw. Ertrag für einen bestimmten Zeitraum vor dem Bilanzstichtag sind. Nach § 5 Abs. 5 EStG ist lediglich die Bildung eines transitorischen Rechnungsabgrenzungspostens zulässig. Soweit Aufwand zeitraumrichtig zu verteilen ist, ist auf der Aktivseite ein Rechnungsabgrenzungsposten, soweit Ertrag zeitraumrichtig zu verteilen ist, ist auf der Passivseite ein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.
Erforderlich ist grds. ein gegenseitiges Vertragsverhältnis, im Rahmen dessen eine Leistung erbracht bzw. angenommen wird, obgleich die zeitbezogene Gegenleistung noch nicht erfüllt ist und auch noch nicht fällig ist. Die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens ist auch in den Fällen zulässig, in denen die gegenseitigen Verpflichtungen ihre Grundlage im öffentlichen Recht haben.
Voraussetzung für den Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens ist, dass sich die Ausgaben oder Einnahmen, die vor dem Bilanzstichtag angefallen sind, als Aufwand oder Ertrag für einen bestimmten Zeitraum nach dem Bilanzstichtag darstellen. Ein bestimmter Zeitraum in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die Zeit, der die abzugrenzenden Ausgaben bzw. Einnahmen zuzurechnen sind, festliegt oder berechenbar ist und nicht nur geschätzt wird (, BStBl 1992 II S. 488). Es muss sich um Ausgaben oder Einnahmen handeln, die schon ihrer Art nach unmittelbar zeitbezogen sind, also nur für einen bestimmten nach dem Kalenderjahr gemessenen Zeitraum bezahlt oder vereinnahmt werden. Die Höhe des Rechnungsabgrenzungspostens ergibt sich aus den Beträgen, die vor dem Bilanzstichtag verausgabt oder vereinnahmt wurden, die aber Aufwand bzw. Ertrag für einen bestimmten Zeitraum nach dem Bilanzstichtag sind.
Wegen einzelner Rechnungsabgrenzungsposten vgl. H 5.6 EStH.
Tz. 86 Bewertung von Verbindlichkeiten
a) Allgemeines
Eine Verbindlichkeit liegt vor, wenn eine rechtliche oder wirtschaftliche, erzwingbare, nach Grund und Höhe feststehende Verpflichtung zu einer Leistung besteht. Sie ist unter sinngemäßer Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG (Anschaffungskosten oder höherer Teilwert) anzusetzen. Verbindlichkeiten, mit deren Inanspruchnahme nicht mehr gerechnet werden kann, sind auszubuchen (z. B. , BStBl 1993 II S. 543).
b) Bewertung mit den Anschaffungskosten
Die Anschaffungskosten einer Verbindlichkeit entsprechen dem Nennbetrag (Rückzahlungsbetrag gem. § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB), d. h. dem Betrag, den der Schuldner aufgrund des Darlehensverhältnisses zurückzahlen muss. Ist die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung von einem bestimmten Kurswert abhängig (z. B. Fremdwährungsverbindlichkeiten), ist grds. der Wert zum Zeitpunkt des Entstehens der Verbindlichkeit maßgebend. Liegt der tatsächliche Auszahlungsbetrag wegen entstandener Nebenkosten (z. B. Damnum, Agio, Zuteilungsgebühr, Provision) unter dem Rückzahlungsbetrag, ist der Unterschiedsbetrag über einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (s. Tz. 85) auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen.
c) Bewertung mit dem höheren Teilwert
Teilwert einer Verbindlichkeit ist der Betrag, den ein Erwerber des Betriebs mehr bezahlen würde, wenn die Verbindlichkeit nicht bestünde. Ein im Vergleich zu den Anschaffungskosten höherer Teilwert kann nur unter der Voraussetzung einer voraussichtlich dauernden Erhöhung angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG i. V. mit Nr. 2 Satz 2 EStG). Zur Bewertung von Verbindlichkeiten, die Kursschwankungen unterliegen (z. B. Fremdwährungsverbindlichkeiten), vgl. , BStBl 2002 I S. 793.
d) Abzinsung
Unverzinsliche Verbindlichkeiten sind abzuzinsen. Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass derartige Verpflichtungen bei längerer Laufzeit wirtschaftlich weniger belastend sind als verzinste Schulden. Die Abzinsung einer Verbindlichkeit entfällt, wenn die Restlaufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, eine verzinsliche Verpflichtung oder eine Anzahlung bzw. Vorausleistung vorliegt. Zu den Einzelheiten vgl. , BStBl 2005 I S. 699, und Pitzke, NWB F. 17 S. 1949 ff. NWB VAAAB-54284.
Tz. 87 Bewertung von Rückstellungen
Rückstellungen (s. Tz. 62a) sind in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Betrags anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB; vgl. auch , BStBl 1991 II S. 479). In der Steuerbilanz gilt nach § 5 Abs. 1 EStG Entsprechendes, soweit das Steuerrecht keine vom Handelsrecht abweichenden Bewertungsvorschriften enthält. Grundlage für die Rückstellungsberechnung ist der zur Erfüllung der künftigen Verpflichtung erforderliche Geldbetrag (Rückzahlungsbetrag). Soweit ein derartiger Rückzahlungsbetrag nicht nach objektiven, feststehenden Kriterien ermittelt werden kann, ist die Höhe der Rückstellung zu schätzen. Bei der Rückstellungsbildung können die Einzelbewertung, die Pauschalbewertung oder ein gemischtes Verfahren gewählt werden. Eine Pauschalrückstellung ist ein Schätzungsverfahren und als solches im Rahmen der Rückstellungsbewertung zulässig (, BStBl 1983 II S. 104). Eine Rückstellung ist an jedem Bilanzstichtag neu zu bewerten. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst a–e EStG gelten dabei folgende Grundsätze:
a) Berücksichtigung der Erfahrungen aus der Vergangenheit
Sind Rückstellungen für gleichartige Verpflichtungen zu bilden, sind die Erfahrungen aus der Vergangenheit und die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme zu berücksichtigen.
b) Sachleistungsverpflichtungen
Bei der Bewertung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen können nur die Einzelkosten und der angemessene Teil der erforderlichen Gemeinkosten angesetzt werden.
c) Gegenrechnung künftiger Vorteile
Künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden und die nicht als Forderung zu aktivieren sind, sind bei der Bewertung der Rückstellung gegenzurechnen. Vorteile in diesem Sinne sind künftige Einnahmen und sonstige Gegenleistungen (z. B. unentgeltliche Überlassung von Wirtschaftsgütern). Voraussetzung für eine Gegenrechnung ist, dass am Bilanzstichtag nach den Umständen des Einzelfalls mehr Gründe für als gegen den Eintritt des Vorteils (d. h. mehr als 50 %) sprechen. Eine vertragliche Zusage ist allerdings nicht erforderlich. Die bloße Möglichkeit, dass künftig Vorteile erwartet werden können, reicht für eine Gegenrechnung nicht aus (s. auch R 6.11 Abs. 1 EStR).
d) Verpflichtungen, für deren Entstehen der laufende Betrieb ursächlich ist, und Rücknahmeverpflichtungen
Ist für das Entstehen einer künftigen Verpflichtung aus wirtschaftlicher Sicht der laufende Betrieb ursächlich (z. B. Abbruchverpflichtung von betrieblich genutzten Gebäuden), sind die entsprechenden Rückstellungen zeitanteilig in gleichen Raten bis zum Beginn der Erfüllung anzusammeln und zusätzlich noch abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d und e EStG). Zu den Einzelheiten s. , BStBl 2005 I S. 699. Dagegen sind Rückstellungen für gesetzliche Verpflichtungen zur Rücknahme und Verwertung von Erzeugnissen (z. B. Altautos, Elektroschrott), die vor Inkrafttreten entsprechender gesetzlicher Verpflichtungen in Verkehr gebracht wurden, nur anzusammeln und nicht abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 2 EStG). Bei Kernkraftwerken sind die Stilllegungsrückstellungen über 25 Jahre anzusammeln, wenn der Stilllegungszeitpunkt nicht feststeht (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d Satz 3 EStG).
e) Abzinsung
Unverzinsliche Rückstellungen sind abzuzinsen. Eine Abzinsung unterbleibt aber, wenn die Restlaufzeit der ungewissen Verbindlichkeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, eine verzinsliche Verpflichtung oder eine Anzahlung bzw. Vorausleistung vorliegt. Bei Sachleistungsverpflichtungen ist der Zeitraum bis zum Beginn der jeweiligen Erfüllung maßgebend. Zu den Einzelheiten vgl. , BStBl 2005 I S. 699, und Pitzke, NWB F. 17 S. 1949 ff. NWB VAAAB-54284.
Tz. 88 Rücklagen
a) Allgemeines
Bei Rücklagen ist zwischen offenen und stillen Rücklagen zu unterscheiden. Offene Rücklagen werden in der Bilanz offen als Passivposten ausgewiesen und dürfen grds. den Gewinn nicht mindern. Sie sind dem steuerlichen Eigenkapital (Grundkapital, Stammkapital) hinzuzurechnen. Sie dienen nur dem buchmäßigen Abzweigen eines Teils des Eigenkapitals, um es für bestimmte Zwecke (z. B. Gewinnausschüttungen) zu binden. Als stille Rücklagen (auch stille Reserven) wird der Unterschiedsbetrag zwischen dem höheren Teilwert und dem niedrigeren Buchwert eines Wirtschaftsguts bezeichnet. Sie müssen bei ihrer Aufdeckung versteuert werden. Stille Reserven werden durch Veräußerung oder Entnahme des Wirtschaftsguts oder durch Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe aufgedeckt. Es entsteht dann ein steuerpflichtiger Gewinn in Höhe des Betrags, um den das Veräußerungsentgelt oder der Teilwert den Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme übersteigt.
Ausnahmsweise können auch offene Rücklagen gewinnmindernd gebildet werden, wenn dies durch steuerrechtliche Regelungen zugelassen wird. Hierzu gehören insbesondere die Reinvestitionsrücklagen nach § 6b EStG (s. Tz. 94; bei der Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 3 EStG oder nach Durchschnittssätzen ist gemäß § 6c EStG eine entsprechende „Rücklagenbildung” möglich, s. Tz. 95) und die Rücklagen für Ersatzbeschaffung (s. unten). Dabei sind für die Bildung und Auflösung dieser Rücklagen die jeweils geltenden besonderen Vorschriften zu beachten.
Wird eine Rücklage im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe aufgelöst, wird dadurch der Veräußerungsgewinn und nicht der laufende Gewinn erhöht. Steht die Auflösung der Rücklage und die Betriebsveräußerung in keinem rechtlichen oder ursächlichen, sondern lediglich in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang, ist der Gewinn aus der Auflösung der Rücklage nicht dem Veräußerungsgewinn zuzurechnen (vgl. , BStBl 1980 II S. 150).
b) Rücklagen für Ersatzbeschaffung
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (vgl. R 6.6 EStR) kann die Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven bei buchführenden Land- und Forstwirten, Gewerbetreibenden und selbständig Tätigen, deren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird, in bestimmten Fällen der Ersatzbeschaffung vermieden werden. Nachstehende Grundsätze gelten bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung jedoch sinngemäß.
Sinn und Zweck der Rücklagen für Ersatzbeschaffung ist es, dass die durch zwangsläufiges Ausscheiden eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen aufgedeckten stillen Reserven ungeschmälert für die Ersatzbeschaffung verwendet werden können, was nicht möglich wäre, wenn sie zum Teil wegbesteuert würden (s. z. B. , BStBl 1982 II S. 568).
Voraussetzung ist für eine Rücklage für Ersatzbeschaffung, dass
ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens infolge höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet,
innerhalb einer bestimmten Frist ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut (Ersatzwirtschaftsgut) angeschafft oder hergestellt wird, auf dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten die aufgedeckten stillen Reserven übertragen werden und
in dem handelsrechtlichen Jahresabschluss entsprechend verfahren wird.
Höhere Gewalt liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut infolge von Elementarereignissen, z. B. Brand, Sturm oder Überschwemmung, sowie durch andere unabwendbare Ereignisse, z. B. Diebstahl oder unverschuldeter Unfall, ausscheidet. Eine Mithaftung aufgrund Betriebsgefahr ist unschädlich.
Fälle eines behördlichen Eingriffs sind z. B. Maßnahmen zur Enteignung oder Inanspruchnahme für Verteidigungszwecke oder bei behördlichen Bauverboten. Der behördliche Eingriff ist zu verneinen bei Ausübung eines Wiederkaufsrechts durch die Gemeinde, bei Veräußerung infolge einer wirtschaftlichen Zwangslage, selbst wenn die Unterlassung der Veräußerung unter Berücksichtigung aller Umstände eine wirtschaftliche Fehlmaßnahme gewesen wäre.
Es muss für das aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene Wirtschaftsgut als solches (und nicht für Folgeschäden) eine Entschädigung gezahlt worden sein. Die Entschädigung kann in Geld- oder Sachwerten bestehen. Erhält der Steuerpflichtige bereits (neben der Barentschädigung) eine Entschädigung in Form eines Ersatzwirtschaftsguts, ist die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung unzulässig (, BStBl 1957 III S. 386). Unerheblich ist, ob die Entschädigung in das Betriebsvermögen oder Privatvermögen des Empfängers übergeht (, BStBl 1973 II S. 297).
Der Steuerpflichtige muss im Zeitpunkt der Rücklagenbildung die Anschaffung oder Herstellung eines Ersatzwirtschaftsguts ernstlich geplant haben. Die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen ist keine Ersatzbeschaffung (, BStBl 1985 II S. 250). Erfolgt die Ersatzbeschaffung im Jahr des Ausscheidens aus dem Betriebsvermögen, werden die aufgedeckten stillen Reserven direkt auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen, indem die Anschaffungs- oder Herstellungskosten insoweit gemindert werden. Soweit am Schluss des Wirtschaftsjahrs, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, noch keine Ersatzbeschaffung vorgenommen wurde, kann in Höhe der aufgedeckten stillen Reserven eine steuerfreie Rücklage gebildet werden. Die Nachholung der Rücklagenbildung in einem späteren Jahr ist nicht zulässig.
Im Zeitpunkt der Ersatzbeschaffung ist die Rücklage durch Übertragung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts aufzulösen. Das Ersatzwirtschaftsgut ist zu diesem Zweck in der Bilanz mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich des Betrags der aufgelösten Rücklage für Ersatzbeschaffung anzusetzen.
Bei einem beweglichen Wirtschaftsgut ist die Rücklage spätestens am Schluss des ersten, bei einem Grundstück oder Gebäude spätestens am Schluss des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs gewinnerhöhend aufzulösen, wenn bis dahin ein Ersatzwirtschaftsgut weder angeschafft oder hergestellt oder bestellt ist. Eine Verlängerung der Frist ist im Einzelfall möglich, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Ersatzbeschaffung noch ernstlich geplant und zu erwarten ist, aber aus besonderen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte.
Die Höhe der Rücklage für Ersatzbeschaffung bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Buchwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts und der Entschädigung, auch wenn die Entschädigung höher ist als der Teilwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts.
Tz. 89 Entnahmen
a) Grundsatz
Entnahmen (s. Tz. 30, b) des Steuerpflichtigen, die er für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke tätigt, sind mit dem Teilwert (s. Tz. 70), bei Steuerentstrickungstatbeständen mit dem gemeinen Wert (s. Tz. 72 und 89, e), im Zeitpunkt der Entnahme anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme und dem Buchwert des Wirtschaftsguts wirkt sich auf den Gewinn aus. Die stillen Reserven, die in dem Wirtschaftsgut während seiner Betriebszugehörigkeit gebildet wurden, werden gewinnwirksam erfasst. Sollte das Wirtschaftsgut während dieser Zeit an Wert verloren haben, mindert dieser Verlust den Gewinn. Damit wirkt die Entnahme steuerlich wie eine Veräußerung des entnommenen Wirtschaftsguts an einen fremden Dritten. Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn nach der Einnahmenüberschussrechnung (s. Tz. 32), erhöht bzw. vermindert der Unterschiedsbetrag zwischen dem Entnahmewert und dem Buchwert des entnommenen Wirtschaftsguts seinen Überschuss bzw. seinen Verlust.
b) Bewertungsgegenstand
Bewertungsgegenstand ist das einzelne Wirtschaftsgut, das entnommen wird. Das können Wirtschaftsgüter aller Art sein, unabhängig davon, ob sie zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehören, ob sie materieller oder immaterieller Art sind oder ob sie entgeltlich oder unentgeltlich erworben oder selbst geschaffen wurden (Barentnahmen, Sachentnahmen, Entnahme von Nutzungsrechten, Leistungsentnahmen und Nutzungsentnahmen). Es können allerdings nur solche Wirtschaftsgüter entnommen werden, die bilanziert oder zumindest bilanzierbar sind. Daher kann z. B. die Arbeitsleistung des Unternehmers nicht entnommen werden (, BStBl 1988 II S. 342). Auch ein reiner Nutzungsvorteil kann nicht entnommen werden, weil es sich dabei nicht um ein bilanzierbares Wirtschaftsgut handelt (, BStBl 1988 II S. 348). Leistungsentnahmen sind nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt Dienstleistungen des Unternehmens an den Unternehmer als Privatperson (, BStBl 1994 II S. 907).
c) Bewertungsmaßstäbe
Entnahmen sind grds. mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 erster Halbsatz EStG). Eine Abweichung hiervon ist nur zulässig, wenn das Gesetz dies vorsieht. Bei Steuerentstrickungstatbeständen i. S. von § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ist der gemeine Wert maßgeblich (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG; s. Tz. 89, e). Ein Wirtschaftsgut, das unmittelbar nach seiner Entnahme einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Sachspende überlassen wird, ist zum Buchwert zu entnehmen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 und 5 EStG). Die Entnahme von Nutzungen und Leistungen als „Sachspenden” zum Buchwert ist nicht möglich. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 erster Halbsatz EStG regelt lediglich die Bewertung der Sachentnahmen zum Teilwert, trifft hingegen für die Bewertung der Nutzungsentnahmen keine Aussage. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine Nutzungsentnahme mit den (anteiligen) Kosten der außerbetrieblichen Nutzung zu bewerten, höchstens aber mit dem Marktwert (Teilwert) der Nutzung (zum Ansatz der Marktmiete: z. B. , BStBl 1988 II S. 348; NWB XAAAA-71856).
Barentnahmen sind mit dem Nennbetrag anzusetzen. Handelt es sich um Geld in fremder Währung, ist der Entnahmewert der Briefkurs in Euro im Zeitpunkt der Entnahme. Zur „Überentnahme” i. S. des § 4 Abs. 4a EStG s. Tz. 35. Die Bewertung der Entnahme von zur Veräußerung bestimmten Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens erfolgt mit den Wiederbeschaffungskosten. Der Teilwert von zum Absatz bestimmten Waren hängt aber nicht nur von ihren Wiederbeschaffungskosten, sondern auch von ihrem voraussichtlichen Veräußerungserlös (Börsen- oder Marktpreis) ab (, BStBl 1984 II S. 35).
Der Entnahmewert bildet den Ausgangswert für evtl. künftige AfA, z. B. bei Entnahme eines Mietwohngrundstücks und zukünftiger Vermietung im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (, BStBl 1992 II S. 969). Zur AfA nach Einlage, Entnahme oder Nutzungsänderung oder nach Übergang zur Buchführung s. R 7.4 Abs. 10 EStR.
Wird Grund und Boden eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs dadurch entnommen, dass auf diesem Grund und Boden die Wohnung des Steuerpflichtigen oder eine Altenteilerwohnung errichtet wird, bleibt der Entnahmegewinn außer Ansatz. Der Steuerpflichtige kann die Regelung nur für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung und für eine Altenteilerwohnung in Anspruch nehmen (§ 13 Abs. 5 EStG). Das Entnahmeprivileg setzt voraus, dass die Altenteilerwohnung nach ihrer Fertigstellung auch tatsächlich von einem Altenteiler genutzt wird (, BStBl 2006 II S. 68).
d) Umsatzsteuer
Nach § 3 Abs. 1b UStG steht die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, einer Lieferung gegen Entgelt gleich, sofern dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Um zu verhindern, dass die dadurch anfallende Umsatzsteuer den betrieblichen Gewinn mindert, ist in § 12 Nr. 3 EStG ausdrücklich bestimmt, dass diese Umsatzsteuer zu den nicht abzugsfähigen Ausgaben gehört.
e) Entnahme bei Steuerentstrickung
In den Fällen des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG („Steuerentstrickung” stiller Reserven, Tz. 30, b) ist die Entnahme mit dem gemeinen Wert (Tz. 72) anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG). Der gemeine Wert entspricht regelmäßig dem Fremdvergleichswert (R 6.12 Abs. 2 Satz 2 EStR). Im Gegensatz zur sonstigen Bewertung von Entnahmen mit dem Teilwert bedeutet der Ansatz des gemeinen Werts, dass ein etwaiger Gewinnaufschlag mit zu berücksichtigen ist. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (z. B. Verfügungsbeschränkungen) bei der Bewertung sind nicht zu berücksichtigen. Bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften kann das Stuttgarter Verfahren nicht mehr für ertragsteuerliche Zwecke angewendet werden (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG).
f) Fälle aus der Rechtsprechung: Entnahme-ABC
(1) Angehörige. Wird ein Vertragsverhältnis zwischen Angehörigen steuerlich nicht anerkannt, weil es z. B. die Voraussetzungen des Fremdvergleichs nicht erfüllt oder weil die Zahlung des „Entgelts” oder des „Arbeitslohns” nicht die Vermögenssphäre des Zahlungspflichtigen verlassen hat (z. B. gemeinsames Bankkonto von Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Ehegatten), ist die erfolgte Zahlung eine (Bar-)Entnahme (, BStBl 1990 II S. 160).
(2) Arbeitsleistung von Arbeitnehmern, Arbeitsleistung des Unternehmers. Bei Leistungen eines Betriebs für private Zwecke seines Inhabers, z. B. bei Errichtung eines Eigenheims für den Bauunternehmer auf seinem Privatgrundstück, bestimmt sich die Höhe der Entnahme durch die Wertabgabe des Betriebs, wobei die eigene Arbeitsleistung des Gewerbetreibenden nicht anzusetzen ist (, BStBl 1959 III S. 421; , BStBl 1988 II S. 342). Die entnommene Arbeitsleistung von Arbeitnehmern des Betriebs ist mit den Selbstkosten (Lohn- und Lohnnebenkosten) anzusetzen.
(3) Forderungsverzicht. Der Forderungsverzicht einer Personengesellschaft zugunsten ihrer Gesellschafter führt zu einer verdeckten Entnahme der Forderung, die grds. mit dem Teilwert anzusetzen ist (, BStBl 1998 II S. 652).
(4) Grundstücke, Gebäude und Gebäudeteile. Bei Entnahme eines Wohngebäudes, für das erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen wurden, werden durch den Ansatz des Teilwerts auch diejenigen stillen Reserven aufgedeckt, die durch die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen entstanden sind (, BStBl 1969 II S. 578, zu Abschreibungen nach § 7b EStG a. F.; , BStBl 1983 II S. 759, zu Abschreibungen nach § 14 BerlinFG).
Wird auf einem bisher unbebauten Betriebsgrundstück ein zum Privatvermögen gehörendes Gebäude (z. B. ein auf Dauer zu eigenen Wohnzwecken bestimmtes Gebäude) errichtet, wird der Grund und Boden durch die Bebauung entnommen (, BStBl 1980 II S. 740). Eine anteilige Entnahme des Grund und Bodens liegt vor, wenn auf einem Betriebsgrundstück ein Gebäude errichtet wird, das teilweise Privatvermögen ist (, BStBl 1983 II S. 365).
Überlässt eine Personengesellschaft einem Gesellschafter ein ihr rechtlich und wirtschaftlich gehörendes Einfamilienhaus für private Wohnzwecke, liegt darin nicht ohne weiteres eine Entnahme des Einfamilienhauses des Gesellschafters, der das Haus bewohnt, oder aller Gesellschafter. Es ist möglich, dass einem Gesellschafter nur die Nutzung überlassen wird; in diesem Fall wird nur die Nutzung entnommen. Die Nutzungsentnahme ist mit der ortsüblichen Miete zu bewerten (, BStBl 1961 III S. 183). In der Benutzung eines bisher zu Betriebszwecken verwendeten, dem Gesellschafter einer Personengesellschaft allein gehörenden Einfamilienhauses durch diesen Gesellschafter zu Wohnzwecken liegt zwangsläufig eine zur Gewinnrealisierung führende Entnahme (, HFR 1964 S. 373). Eine Entnahme liegt vor, wenn ein zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehörendes Betriebsgrundstück durch einen oder mehrere Gesellschafter mit Zustimmung der Gesellschaft für private Wohnzwecke des oder der Gesellschafter bebaut wird (, BStBl 1988 II S. 418). Eine Entnahme des Grundstücks liegt dagegen nicht vor, wenn der Gesellschafter ein der Personengesellschaft gehörendes Grundstück für private Zwecke bebaut und nachfolgend zu fremdüblichen Bedingungen erwirbt (, BStBl 1999 II S. 53)
Übertragen Eltern ein Grundstück auf ihren Sohn, wobei er gleichzeitig den Eltern ein obligatorisches Nutzungsrecht an dem Grundstück einräumt, und überlassen die Eltern dem Sohn das Grundstück mietweise zur Nutzung in seinem Gewerbebetrieb, wird das Grundstück im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung notwendiges Betriebsvermögen. Die Überlassung des Grundstücks an die Eltern und die Ausübung des Nutzungsrechts durch Vermietung an den Sohn stellt sich als betriebsfremde (private) Nutzung des Betriebsgrundstücks dar, die als Entnahme mit dem Teilwert zu erfassen ist. Der Teilwert ist nach der mit der privaten Nutzung verbundenen Wertabgabe, also den tatsächlichen Selbstkosten einschließlich AfA, zu bewerten (, BStBl 1989 II S. 872).
Die Schenkung von (landwirtschaftlichen) Betriebsgrundstücken unter Nießbrauchsvorbehalt ist ein privater Vorgang, der nur im außerbetrieblichen Bereich vollzogen werden kann. Der Vorbehalt des Nießbrauchs hat nicht zur Folge, dass nur ein (wertmäßiger) Teil des Grundbesitzes aus dem Betriebsvermögen entnommen wird. Der Eigentümer, der sein Grundstück unter Nießbrauchsvorbehalt unentgeltlich überträgt, bleibt nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks. Mit der Übertragung wird das Grundstück aus dem Betriebsvermögen entnommen. Das Nießbrauchsrecht entsteht erst nach diesem Zeitpunkt im privaten Vermögensbereich (, BStBl 1989 II S. 763).
(5) Geldwerter Vorteil. Wird einem Gewerbetreibenden von einem Geschäftspartner ein geldwerter Vorteil, beispielsweise eine Reise zugewendet, ist der Wert dieser Reise als Betriebseinnahme zu erfassen. Der Umstand, dass der Zugang eines geldwerten Vorteils als betrieblich veranlasste Einnahme anzusehen ist, bedeutet allerdings nicht, dass deswegen auch seine Verwendung betrieblich veranlasst ist. Wenn ein aus betrieblichem Anlass zugewendeter Sachwert zu betriebsfremden, insbesondere privaten Zwecken verwendet wird, liegt darin eine Entnahme. Besteht der zugewendete Sachwert in einer Reise, ist die Teilnahme an dieser Reise nicht betrieblich veranlasst, wenn mit ihr auch ein allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird, das nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Für die Feststellung des Entnahmewerts können die für die Bewertung von Sachbezügen (§ 8 Abs. 1 EStG) entwickelten Grundsätze herangezogen werden (, BStBl 1988 II S. 995). Entsprechendes gilt bei einer Personengesellschaft. Ist danach ein geldwerter Vorteil als betrieblich veranlasste Einnahme zu beurteilen, bedeutet das nicht, dass auch die Weitergabe des Vorteils an einen Gesellschafter betrieblich veranlasst sein muss; in der Weitergabe kann eine Entnahme zu sehen sein. Das ist dann anzunehmen, wenn der zugewendete Vorteil zwar durch den Betrieb der Personengesellschaft, aber nicht unwesentlich auch durch private Interessen der Gesellschafter mit veranlasst ist (, BStBl 1996 II S. 273). Vgl. auch , BStBl 1996 I S. 1192, zur ertragsteuerlichen Behandlung von Incentive-Reisen.
(6) Investmentanteile. Der Teilwert von Investmentanteilen, die für den Betrieb entbehrlich sind, wird durch den Rücknahmepreis der Anteile bestimmt (, BStBl 1973 II S. 207).
(7) Irrtümliche Buchung. Wirtschaftsgüter, die irrtümlich als Betriebsvermögen behandelt wurden, sind im Wege der Bilanzberichtigung zum Buchwert auszubuchen (, BStBl 1976 II S. 378). Da die Wirtschaftsgüter nicht zum Betriebsvermögen gehören, liegt in der Ausbuchung keine Entnahme (, BStBl 1978 II S. 191).
(8) Know-how, ungeschützte Erfindung. Die außerbetriebliche Nutzung eines Know-hows führt nicht zur Entnahme, wenn das Know-how unverändert auch dem Betrieb zur Verfügung steht (, BStBl 1995 II S. 637).
(9) Nutzungsentnahme. Reine Nutzungen stellen keine Wirtschaftsgüter dar und können nicht entnommen werden (, BStBl 1988 II S. 348). Zu einer Entnahme von Nutzungen kommt es, wenn ein Wirtschaftsgut des Betriebs, z. B. Anlagevermögen, zu außerbetrieblichen Zwecken genutzt wird. Nutzungsentnahmen sind nicht mit dem Teilwert, sondern mit den tatsächlichen Selbstkosten des Steuerpflichtigen zu bewerten. Tatsächliche Selbstkosten des Steuerpflichtigen sind die mit der außerbetrieblichen Nutzung verbundenen Aufwendungen, zu denen auch die anteiligen AfA gehören (, BStBl 1990 II S. 8). Wird ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens während seiner Nutzung durch den Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken zerstört, tritt bezüglich der stillen Reserven, die sich in dem Wirtschaftsgut bis zu seiner Zerstörung gebildet hatten, keine Gewinnrealisierung ein. In Höhe des Restbuchwerts liegt eine Nutzungsentnahme vor. Besteht für das während der privaten Nutzung zerstörte Wirtschaftsgut eine Schadensersatzforderung, ist sie als Betriebseinnahme zu erfassen, wenn und soweit sie über den Restbuchwert hinausgeht (, BStBl 2004 II S. 725, und R 4.7 (1) S. 3–5 EStR).
(10) Nutzungsrechte. Dingliche und obligatorische Nutzungsrechte sind bilanzierbare Wirtschaftsgüter (, BStBl 1988 II S. 348). Ihre Bewertung erfolgt mit dem Teilwert (, BStBl 1990 II S. 6). Errichtet ein Ehegatte auf dem im Miteigentum der Ehegatten stehenden Grundstück auf seine Kosten ein betrieblich genutztes Gebäude, ist die ihm zustehende unentgeltliche Nutzungsbefugnis am Gebäudeanteil des anderen Ehegatten „wie ein materielles Wirtschaftsgut” zu behandeln (s. , BStBl 1995 II S. 281). Endet die Nutzungsbefugnis durch Entnahme oder Einbringung, wird in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert der Ausgleichsforderung gegenüber dem Eigentümer und dem Restbuchwert des Nutzungsrechts Gewinn realisiert (, BStBl 1999 II S. 523).
(11) Personengesellschaft. Eine verdeckte Entnahme liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Privatvermögen eines Gesellschafters übertragen, für die Übertragung kein angemessenes Entgelt bezahlt wird und für eine Übertragung ohne angemessenes Entgelt keine betriebliche Veranlassung besteht, so dass sich die Übertragung nur aus dem Gesellschaftsverhältnis erklärt (, BStBl 1982 II S. 751). Dies gilt in gleicher Weise, wenn das Wirtschaftsgut nicht in das Privatvermögen des Gesellschafters, sondern in das Vermögen einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person überführt wird (, BStBl 1986 II S. 17). Wird eine Personengesellschaft unentgeltlich für einen oder mehrere Gesellschafter tätig, liegt darin grds. eine Entnahme, die – anders als bei einer Entnahme von Wirtschaftsgütern – mit den der Personengesellschaft erwachsenen Aufwendungen (Selbstkosten) anzusetzen ist, nicht hingegen mit dem möglichen Gewinn, der für eine vergleichbare Leistung von einem Fremden zu erhalten gewesen wäre (, BStBl 1983 II S. 598).
(12) Preisbindung. Bei der Entnahme eines der Preisbindung unterliegenden Grundstücks kann als Teilwert auch ein höherer als der preisrechtlich genehmigungsfähige Wert angesetzt werden (, BStBl 1970 II S. 721). Das gilt umso mehr, wenn der limitierte Preis den Wertvorstellungen der Allgemeinheit nicht entspricht und wenn noch dazu die Aufhebung der Preisbindung im Zeitpunkt der Entnahme bereits erkennbar war (, BStBl 1973 II S. 582).
(13) Selbst hergestelltes Wirtschaftsgut. Bei der Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betrieb wird der Teilwert durch den Marktpreis bestimmt, und zwar auch dann, wenn der Unternehmer das Wirtschaftsgut unter Verwertung seiner eigenen Arbeitskraft hergestellt hat (, BStBl 1959 III S. 421).
(14) Telefon. In der privaten Nutzung eines betrieblichen Telefons oder Telefaxes liegt eine Nutzungsentnahme, die mit den durch die private Nutzung verursachten Kosten anzusetzen ist (, BStBl 1981 II S. 131).
(15) Verlustdeckung. Ist in den Gesellschaftsverträgen zweier Personengesellschaften, an denen dieselben Personen zu gleichen Teilen beteiligt sind, vereinbart, dass bei Entstehung eines Verlusts in der einen Gesellschaft diese Gesellschaft (Verlustgesellschaft) Anspruch auf Deckung des Verlusts aus dem Gewinn der anderen Gesellschaft (Gewinngesellschaft) hat, liegt in Höhe der Verlustdeckung eine Gewinnverwendung (Entnahme) durch die Gesellschafter der Gewinngesellschaft vor (, BStBl 1994 II S. 398).
(16) Vieh. Aus einem landwirtschaftlichen Betrieb entnommenes Vieh ist nicht mit dem Durchschnittswert, sondern mit dem Teilwert anzusetzen. (, BStBl 1953 III S. 12).
Tz. 90 Private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG
a) Allgemeines
Die private Nutzung eines als notwendiges Betriebsvermögen zu aktivierenden betrieblichen Kraftahrzeugs (d. h. betriebliche Nutzung zu mehr als 50 %), ist entweder nach der sog. 1-%-Regelung oder Listenpreismethode gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG oder nach der sog. Fahrtenbuchmethode (Escape-Klausel) nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG zu berechnen. Das gilt auch für gemietete oder geleaste Kraftfahrzeuge, die zu mehr als 50 % für betrieblich veranlasste Fahrten genutzt werden. Die Nutzungsentnahme für Fahrzeuge des gewillkürten Betriebsvermögens (betriebliche Nutzung bis zu 50 %) ist mit dem auf die nicht betrieblich veranlassten Fahrten entfallenden Anteil an den Gesamtkosten für das Kraftfahrzeug zu bewerten. Das geschieht entweder durch die Fahrtenbuchmethode oder durch ein prozentuales Herausrechnen des Privatanteils anhand der (exakt ermittelten oder geschätzten) privaten Kilometerleistungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG i. V. mit , BStBl 2006 I S. 446).
Das Wahlrecht ist je genutztem Kraftfahrzeug gesondert und einheitlich auszuüben. Die Ausübung des Wahlrechts erfolgt grds. erst mit Abgabe der Steuererklärung beim Finanzamt und kann bis zur Bestandskraft der Veranlagung wieder geändert werden. Übt der Steuerpflichtige das Wahlrecht nicht aus, wird die Nutzungsentnahme nach der gesetzlichen Regelmethode, der Listenpreismethode, berechnet. Ein Wechsel zwischen Listenpreis- und Fahrtenbuchmethode ist nur zu Beginn eines Veranlagungszeitraums bzw. eines Wirtschaftsjahrs oder im Fall eines Fahrzeugwechsels möglich.
b) Listenpreismethode (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG)
aa) Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage für die Listenpreismethode ist der inländische Listenpreis des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich Umsatzsteuer. Mit dem Monatswert von 1 % der Bemessungsgrundlage ist der Ansatz der Nutzungsentnahme abgegolten. Darüber hinaus sind keine weiteren Werte für Privatfahrten anzusetzen.
Die Umsatzsteuer ist auch dann Bestandteil der Bemessungsgrundlage, wenn ein gebrauchtes Kraftfahrzeug von einer Privatperson ohne Berechtigung zum Ausweis der Umsatzsteuer erworben wurde.
bb) Private Nutzung
Ein Kraftfahrzeug wird privat genutzt, wenn es für Zwecke eingesetzt wird, die nicht betrieblich veranlasst sind oder die nicht als betrieblich veranlasst anerkannt werden. Das sind z. B. Urlaubs-, und andere Freizeitfahrten oder Fahrten zum Arzt. Fahrten, die der Steuerpflichtige tätigt, um andere Einkünfte, z. B. Vermietungseinkünfte, zu erzielen, sind nach dem , BStBl 2007 II S. 445, nicht durch die Bewertung der privaten Nutzung mit der 1-%-Regelung abgegolten, sondern – mangels gesetzlicher pauschalierender Regelung – mit den tatsächlichen Selbstkosten als Entnahme zu erfassen.
Behauptet der Steuerpflichtige, dass er ein Kraftfahrzeug nicht oder nur in sehr geringem Umfang privat nutzt, trifft ihn die Beweislast. Allein die Tatsache, dass noch Kraftfahrzeuge im Privatvermögen sind, reicht nicht zu der Annahme aus, dass das im Betriebsvermögen gehaltene Kraftfahrzeug ausschließlich betrieblich/beruflich genutzt wird (vgl. auch , BStBl 2002 I S. 148, Rz. 2). Will der Steuerpflichtige nachweisen, dass er das Kraftfahrzeug in geringerem Umfang privat genutzt hat, als sich nach der Listenpreismethode ergibt, muss er die Fahrtenbuchmethode wählen.
cc) Kraftfahrzeug
Unter die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und 3 EStG fallen grds. alle Kraftfahrzeuge, die zum notwendigen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehören oder deren Nutzung dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, und die auch für Privatfahrten genutzt werden. Nutzfahrzeuge sind nicht ausdrücklich ausgenommen, werden allerdings üblicherweise nicht für Privatfahrten, wie z. B. Urlaubs- und Wochenendfahrten, eingesetzt. Die Finanzverwaltung hat deshalb die Regelung für Kraftfahrzeuge, die kraftfahrzeugsteuerrechtlich Zugmaschinen oder Lastkraftwagen sind, für nicht anwendbar erklärt.
dd) Pauschalierungszeitraum/Maximalwert
Pauschalierungszeitraum für die Listenpreisregelung ist der Kalendermonat. Für das Kalenderjahr sind für die Nutzungsentnahme je Kraftfahrzeug also maximal 12 mal 1 % = 12 % der Bemessungsgrundlage anzusetzen.
Für nur gelegentliche Nutzung des Kraftfahrzeugs zu Privatfahrten sieht das Gesetz keine Ausnahmeregelung vor. Für solche Steuerpflichtigen lohnt sich regelmäßig die Fahrtenbuchmethode. Für volle Kalendermonate, in denen die private Nutzung ausgeschlossen ist, braucht ausnahmsweise nichts angesetzt zu werden.
In Fällen des Fahrzeugwechsels ist für den Kalendermonat des Wechsels der inländische Listenpreis des Kraftfahrzeugs zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige nach der Anzahl der Tage überwiegend genutzt hat. Das gilt z. B. bei Veräußerung oder Untergang des bisherigen und Erwerb eines anderen Fahrzeugs.
ee) Listenpreis
Listenpreis ist die auf volle 100 € abgerundete unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers für das genutzte Kraftfahrzeug im Zeitpunkt der Erstzulassung. Das gilt auch bei der Nutzungseinlage (geleaste oder gemietete Kraftfahrzeuge). Nicht maßgeblich sind die individuellen Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Kraftfahrzeug.
ff) Sonderausstattung
Zur Sonderausstattung gehören alle Ausstattungen des Kraftfahrzeugs, die sich noch nicht im Listenpreis niedergeschlagen haben, wie z. B. Autoradio, Schiebedach, Klimaanlage, besondere technische Ausstattungen, besondere Bereifung und – seit , BStBl 2005 II S. 563 – fest eingebautes Navigationsgerät. Auch die Sonderausstattungen sind mit den Preisempfehlungen der Hersteller als Listenpreise anzusetzen.
Nicht zur Sonderausstattung gehören betriebsspezifische Ausstattungen, wie z. B. die Sonderlackierung wegen besonderer Firmenbeschriftung oder die besondere Ausstattung eines Werkstattwagens. Bei Minderausstattungen ist der vergleichbare inländische Listenpreis entsprechend zu kürzen.
gg) Erstzulassung
Zeitpunkt der Erstzulassung ist der Tag, an dem das individuelle Kraftfahrzeug das erste Mal zum Straßenverkehr zugelassen worden ist. Das gilt unabhängig davon, ob das Kraftfahrzeug neu oder gebraucht erworben wird. Bei inländischen Kraftfahrzeugen ergibt sich das Datum der Erstzulassung aus den Zulassungspapieren (Kraftfahrzeugschein). Entsprechendes gilt für importierte und reimportierte Kraftfahrzeuge.
hh) Mehrheit von Personen oder Kraftfahrzeugen
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG stellt auf das Kraftfahrzeug ab, nicht darauf, von wie vielen Personen es genutzt wird. Die Nutzungsentnahme ist daher fahrzeugbezogen und nicht personenbezogen zu ermitteln. Gehört nur ein Kraftfahrzeug zum Betriebsvermögen und wird dieses vom Steuerpflichtigen und/oder mehreren seiner Privatsphäre zuzuordnenden Personen zu Privatfahrten genutzt, ist die Privatnutzung nur einmal mit 1 % der Bemessungsgrundlage anzusetzen. Gehören mehrere Kraftfahrzeuge (ggf. einschließlich Nutzungsrechten aufgrund von Miet- oder Leasingverträgen) zum Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen, die auch für Privatfahrten genutzt werden, ist grds. für jedes dieser Kraftfahrzeuge die Nutzungsentnahme mit 1 % der Bemessungsgrundlage zu erfassen. Da jeder Steuerpflichtige zur selben Zeit nur mit einem Kraftfahrzeug fahren kann, gibt es Ausnahmeregelungen:
Kann der Steuerpflichtige bei einem Einzelunternehmen glaubhaft machen, dass die zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeuge (ggf. einschließlich Nutzungsrechte aufgrund von Miet- oder Leasingverträgen) durch Personen, die zu seiner Privatsphäre gehören, nicht genutzt werden, ist der pauschalen Nutzungswertermittlung aus allen vom Steuerpflichtigen privat mitgenutzten Kraftfahrzeugen dasjenige mit dem höchsten Listenpreis zugrunde zu legen. Bei Nutzung des betrieblichen Fuhrparks durch mehrere der Privatsphäre des Unternehmers zuzurechnenden Personen ist für so viele Kraftfahrzeuge eine Nutzungsentnahme zu ermitteln, wie Personen die Fahrzeuge nutzen, höchstens wie Kraftfahrzeuge vorhanden sind. Dabei sind ohne weiteren Nutzungsnachweis die Kraftfahrzeuge mit den höchsten Listenpreisen zugrunde zu legen.
Bei Gesellschaftern einer Personengesellschaft entspricht es den allgemeinen Gepflogenheiten, dass jeder Gesellschafter „sein” Kraftfahrzeug auch zu Privatfahrten nutzt. Der pauschale Nutzungswert ist für den Gesellschafter anzusetzen, dem die Nutzung des Kraftfahrzeugs auch zuzurechnen ist. Können alle Gesellschafter das einzige Betriebsfahrzeug auch für Privatfahrten nutzen, ist der aufgrund der Listenpreisregelung ermittelte Wert auf die Gesellschafter aufzuteilen.
ii) Höchstbetrag des Entnahmewerts
Übersteigt die Summe der pauschal berechneten Werte die tatsächlichen Kosten für das jeweilige Kraftfahrzeug, sind diese tatsächlichen Kosten die Obergrenze für den Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, ggf. einschließlich der Werte nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG für dieses Kraftfahrzeug (Kostendeckelung).
c) Fahrtenbuchmethode
Die Fahrtenbuchmethode (Escape-Klausel) ist die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Listenpreismethode (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG). Danach kann die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Nur durch die Fahrtenbuchmethode kann der Steuerpflichtige die teilweise ungerechte Listenpreismethode vermeiden. Die Fahrtenbuchmethode ist vor allem in den Fällen vorteilhaft, in denen das Kraftfahrzeug nur in sehr geringem Umfang auch zu Privatfahrten genutzt wird, sowie in Fällen, in denen die Werte nach der Listenpreismethode die tatsächlich für das Kraftfahrzeug entstandenen Aufwendungen übersteigen.
aa) Mehrere Kraftfahrzeuge
Für jedes Kraftfahrzeug ist gesondert zu entscheiden, ob die Ermittlung des Privatanteils und ggf. der Höhe der auf Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder auf Familienheimfahrten nicht abziehbaren Teile der Betriebsausgaben einheitlich mittels Listenpreismethode oder mittels Fahrtenbuchmethode erfolgen soll. Nur für das Kraftfahrzeug, für das ein Fahrtenbuch geführt wird, ist die private Nutzungsentnahme damit auch genau ermittelt. Die auf die anderen Kraftfahrzeuge entfallende private Nutzung ist pauschal nach der Listenpreismethode zu ermitteln. Um diesem Effekt zu entgehen, müssen für alle auch privat genutzten Kraftfahrzeuge Fahrtenbücher geführt und die Belege gesammelt werden.
bb) Fahrtenbuch
Ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch enthält folgende Angaben: Amtliches Kennzeichen des Kraftfahrzeugs, Datum der Fahrt, Kilometerstand am Anfang und am Ende einer jeden Fahrt, Startort, Reisezweck (z. B. die Angabe der aufgesuchten Firma oder der aufgesuchten Person oder die Angabe „Fahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte” oder „Privatfahrt”), Reiseziel, Reiseroute (wenn Umwegfahrten erforderlich waren), Anzahl der gefahrenen Kilometer sowie Gesamtbetrag der gefahrenen Kilometer. Für Fahrten (Wege) zwischen Wohnung und Betriebsstätte reicht ein kurzer Vermerk im Fahrtenbuch. Für Privatfahrten genügt jeweils die Angabe der gefahrenen Kilometer.
Das Fahrtenbuch ist im Original vorzulegen. Eine bloße Abschrift genügt nicht. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden und die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergeben. Ziel ordnungsgemäßer Aufzeichnungen muss es sein, die unzutreffende Zuordnung einzelner Privatfahrten zum beruflichen Nutzungsanteil wie auch deren gänzliche Nichtberücksichtigung im Fahrtenbuch möglichst auszuschließen. Dieser Anforderung wird nur die fortlaufende und zeitnahe Erfassung der Fahrten in einem geschlossenen Verzeichnis gerecht, das aufgrund seiner äußeren Gestaltung geeignet ist, jedenfalls im Regelfall nachträgliche Abänderungen, Streichungen und Ergänzungen als solche kenntlich werden zu lassen (, BStBl 2006 II S. 408). Die Führung eines elektronischen Fahrtenbuchs ist daher zulässig, sofern sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch ergeben. Elektronisch mittels einer Tabellenkalkulation erstellte Aufzeichnungen genügen den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden (, BStBl 2006 II S. 410).
Sind bei besonderen Umständen im Einzelfall die betriebliche oder berufliche Veranlassung der Fahrten und der Umfang der Privatfahrten ausreichend dargelegt, und werden die Überprüfungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt, sind für bestimmte Berufsgruppen Erleichterungen bei der Fahrtenbuchführung möglich. Dies ist z. B. der Fall bei Handelsvertretern, Kurierdienstfahrern, Automatenlieferanten und anderen Steuerpflichtigen, die regelmäßig aus betrieblichen oder beruflichen Gründen große Strecken mit mehreren unterschiedlichen Reisezielen zurücklegen, bei Taxifahrern oder Fahrlehrern. Ausführlich hierzu s. , BStBl 2002 I S. 148. Die erforderlichen Angaben müssen sich dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen. Ein Verweis auf ergänzende Unterlagen ist nur zulässig, wenn der geschlossene Charakter der Fahrtenbuchaufzeichnungen dadurch nicht beeinträchtigt wird (, BStBl 2006 II S. 625).
cc) Nicht ordnungsgemäße Fahrtenbuchführung
Sind die Voraussetzungen für die Anerkennung der Fahrtenbuchmethode nicht erfüllt, ist die private Nutzungsentnahme mit der Listenpreismethode zu schätzen. Die Führung des Fahrtenbuchs ist jedoch nicht bei jeder Unrichtigkeit oder bei jedem Versehen als nicht ordnungsgemäß zu verwerfen. Die Fahrtenbuchmethode kann daher auch als ordnungsgemäß anerkannt werden, wenn die Versehen nachgeholt oder die fehlenden Angaben oder Nachweise durch Glaubhaftmachung erbracht werden können.
dd) Belegmäßiger Nachweis
Für die Anwendung der Fahrtenbuchmethode sind die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege nachzuweisen. Anhand der Belege kann bei Fahrtenbuchaufzeichnungen, die möglicherweise nicht uneingeschränkt korrekt sind, eine gewisse Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen werden. Eidesstattliche Versicherungen sind kein geeigneter Nachweis ( NWB QAAAB-32076).
Tz. 91 Einlagen
§ 6 Abs. 1 Nr. 5–6 EStG
a) Grundsatz
Einlagen sind grds. mit dem Teilwert für den Zeitpunkt der Zuführung zum Betriebsvermögen anzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob der Teilwert höher oder niedriger als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist. Das gilt auch für die Einlage eines selbst geschaffenen oder eines unentgeltlich erworbenen (materiellen oder immateriellen) Wirtschaftsguts (, BStBl 1988 II S. 348). Mit dem Ansatz des Teilwerts wird verhindert, dass das vom Steuerpflichtigen steuerfrei gebildete oder bei ihm bereits besteuerte Vermögen nach der Einbringung in den Betrieb durch eine Erhöhung der Gewinneinkünfte der (nochmaligen) Besteuerung unterworfen wird.
b) Begrenzung des Einlagewerts
Davon abweichend sind Einlagen höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut
innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft oder hergestellt worden ist (bei abnutzbaren Anlagegütern abzüglich der AfA, erhöhten Absetzungen sowie etwaigen Sonderabschreibungen für die Zeit vor Betriebseinbringung; § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a und Satz 2 EStG und R 6.12 Abs. 1 EStR) oder
ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist und der Steuerpflichtige an der Gesellschaft i. S. des § 17 Abs. 1 oder 6 EStG beteiligt ist (bei unentgeltlichem Erwerb sind die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgebend, der den Anteil zuletzt entgeltlich erworben hat; § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b EStG i. V. mit § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG) oder
(ab 2009) ein Wirtschaftsgut i. S. des § 20 Abs. 2 EStG ist.
Das gilt auch dann, wenn der Teilwert im Zeitpunkt der Einlage niedriger ist als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Die Dreijahresfrist ist eine Zeitrechnung. Sie bezieht sich auf Kalenderjahre, nicht auf Veranlagungs- oder Wirtschaftsjahre. Auch Rumpfwirtschaftsjahre spielen keine Rolle.
c) Einlage nach vorheriger Entnahme
Wurde das eingelegte Wirtschaftsgut zuvor aus dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen entnommen, ist Höchstwert des Einlagewerts der Wert, mit dem die Entnahme angesetzt worden war, i. d. R. also der Teilwert. An die Stelle des Zeitpunkts der Anschaffung oder Herstellung tritt in diesen Fällen der Zeitpunkt der vorherigen Entnahme (s. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG). Das gilt auch dann, wenn die vorangegangene Entnahme aus dem Betriebsvermögen steuerfrei gewesen ist oder wenn der Ansatzwert für die Entnahme nicht korrekt ermittelt worden war. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG stellt die Entnahme aus dem Betriebsvermögen dem Vorgang der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts durch den Steuerpflichtigen gleich (, BStBl 2005 II S. 698). Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts in der Zeit zwischen der Entnahme und der Wiedereinlage in das Betriebsvermögen innerhalb von drei Jahren bleiben danach bei der Bemessung des Einlagewerts ebenso unberücksichtigt wie solche in der Zeit zwischen der Anschaffung oder Herstellung und der späteren Einlage. Es soll verhindert werden, dass ein Steuerpflichtiger bei steigenden Preisen Wirtschaftsgüter entnimmt und sie nach dem Preisanstieg zum höher gewordenen Zeitwert wieder einlegt.
Für Rücküberführungen von Wirtschaftsgütern, die nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG als entnommen gelten, aus ausländischen Betriebsstätten in der EU nach Deutschland regelt § 4g Abs. 3 EStG eine eigene Wertermittlung; siehe Tz. 56, c.
d) Einlage bei „Steuerverstrickung”
Nach der Ergänzung des § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG durch das SEStEG (Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung der weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. , BGBl 2006 I S. 2782) ist in den Fällen des § 4 Abs. 1 Satz 7 zweiter Halbsatz EStG („Steuerverstrickung” stiller Reserven, Tz. 30, c) das eingelegte Wirtschaftsgut mit dem gemeinen Wert (Tz. 72) anzusetzen. Die steuerliche Behandlung im abgebenden Staat ist unbeachtlich. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, Wirtschaftsgüter nach Deutschland zu verlagern und hier produktiv einzusetzen. Im Gegensatz zur sonstigen Bewertung von Einlagen mit dem Teilwert bedeutet der Ansatz des gemeinen Werts, dass ein etwaiger Gewinnaufschlag mit zu berücksichtigen ist, was im Falle abnutzbarer Wirtschaftsgüter zu einem höheren Abschreibungsvolumen führt. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (z. B. Verfügungsbeschränkungen) bei der Bewertung sind nicht zu berücksichtigen. Da auch § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG durch das SEStEG ergänzt wurde, kann bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften das Stuttgarter Verfahren nicht mehr für ertragsteuerliche Zwecke angewendet werden.
Für Rücküberführungen von Wirtschaftsgütern, die nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG als entnommen gelten, aus ausländischen Betriebsstätten in der EU nach Deutschland regelt § 4g Abs. 3 EStG eine eigene Wertermittlung; siehe Tz. 56, c.
e) Betriebseröffnung
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG gelten die unter a) bis c) genannten Grundsätze bei Betriebseröffnung entsprechend. Wirtschaftsgüter, die mehr als drei Jahre vor Einlage in das Betriebsvermögen angeschafft wurden, sind mit dem Teilwert zu bewerten. Doch ist der Teilwertbegriff zu modifizieren. Teilwert ist der Preis, den ein fremder Dritter für die Beschaffung des Wirtschaftsguts aufgewendet hätte, wenn er den Betrieb eröffnet und fortgeführt haben würde, also die Wirtschaftsgüter in einen bestehenden Betrieb eingelegt hätte. Diese (Wieder-)Beschaffungskosten stimmen i. d. R. mit dem Marktpreis oder gemeinen Wert überein. Dazu gehören auch die Anschaffungsnebenkosten. Die Bezugnahme auf den Gesamtkaufpreis in der Teilwertdefinition schließt nicht solche Nebenkosten der Anschaffung aus, die nicht dem Steuerpflichtigen, sondern Dritten gegenüber zu leisten sind. Bei einem Grundstück lassen sich die Wiederbeschaffungskosten aus dem Verkehrswert oder gemeinen Wert ableiten (, BStBl 2004 II S. 639). Bei eingelegten Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens entspricht der Teilwert dem gemeinen Wert (, BStBl 1991 II S. 840).
f) AfA-Bemessungsgrundlage
Die AfA-Bemessungsgrundlage für ein eingelegtes Wirtschaftsgut, für das zuvor im Rahmen einer Überschusseinkunftsart (z. B. aus Vermietung und Verpachtung) AfA oder Absetzungen für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen geltend gemacht wurden, bemisst sich nach den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 4 Satz 1 EStG; R 7.3 Abs. 6 EStR); vgl. auch Tz. 101, e.
Das gilt sinngemäß auch für die Einlage von geringwertigen Wirtschaftsgütern, die zuvor im Rahmen einer Überschusseinkunftsart nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG i. V. mit § 6 Abs. 2 EStG voll abgeschrieben worden sind. Werden solche Wirtschaftsgüter innerhalb der Dreijahresfrist eingelegt, ist die Einlage mit 0 € zu bewerten. Werden sie nach Ablauf der Dreijahresfrist eingelegt, sind sie mit ihrem jeweiligen Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage zu bewerten (, BStBl 1994 II S. 638) bzw. im Falle der Steuerverstrickung mit ihrem gemeinen Wert.
Zur AfA nach Einlage, Entnahme oder Nutzungsänderung oder nach Übergang zur Buchführung s. auch R 7.4 Abs. 10 EStR und Tz. 101, e.
g) Aufwandseinlage
Entstehen einem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Nutzung von eigenem betriebsfremdem Vermögen Aufwendungen, handelt es sich um betrieblich veranlasste Betriebsausgaben. Derartige Aufwendungen können auch an Vermögen entstehen, das nicht in den Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG einbezogen ist. Ihre den Gewinn mindernde Berücksichtigung erfolgt im Wege einer sog. Aufwandseinlage (, BStBl 1988 II S. 348). Eine Aufwandseinlage gibt es z. B. bei der betrieblich veranlassten Nutzung eines Kraftfahrzeugs des Privatvermögens oder eines Gebäudeteils von untergeordnetem Wert i. S. des § 8 EStDV. Bei der Aufwandseinlage handelt es sich nicht um ein einlagefähiges Wirtschaftsgut. Denn nicht die Möglichkeit der Nutzung z. B. des privaten Pkw wird eingelegt oder die Nutzungsmöglichkeit der Immobilie. Vielmehr handelt es sich um eine Form des Betriebsausgabenabzugs.
h) Fälle aus der Rechtsprechung: Einlagen-ABC
(1) Bausparvertrag. Wird ein Bausparvertrag vor Auszahlung von Bausparguthaben und Bauspardarlehen aus einem Privatvermögen in ein Betriebsvermögen eingelegt, darf in den Einlagewert nicht der kapitalisierte Differenzbetrag zwischen marktüblichem Zins und verbilligtem Zins für Bauspardarlehen eingerechnet werden. Die Bewertung erfolgt höchstens mit den gezahlten Bauspareinlagen einschließlich der aufgelaufenen Guthabenzinsen und den Abschlussgebühren (, BStBl 1994 II S. 454).
(2) Bodenschatz. Bei einem oberirdischen Kiesvorkommen handelt es sich um ein materielles Wirtschaftsgut, da die Substanz des Bodenschatzes und nicht die Nutzung im Vordergrund steht. Steuerlich sind der Grund und Boden und das Kiesvorkommen nach Aufschließung zwei selbständige und gleichwertig nebeneinander stehende Wirtschaftsgüter, die häufig sogar verschiedenen Vermögenssphären (z. B. landwirtschaftliches Betriebsvermögen; Privatvermögen) angehören können Ein im Privatvermögen entdecktes Kiesvorkommen ist daher – anders als bei einer Nutzungs(rechts)einlage (vgl. hierzu grundlegend , BStBl 1988 II S. 348) – bei Zuführung zum Betriebsvermögen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 erster Halbsatz EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Bei dem Abbau dieses Kiesvorkommens dürfen Absetzungen für Substanzverringerung aber nicht vorgenommen werden (, BStBl 2007 II S. 508).
(3) Irrtümlich unterlassene Buchung. Die rechtliche Beurteilung der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum notwendigen Betriebsvermögen wird nicht dadurch berührt, dass es bisher nicht in der Bilanz aktiviert worden ist. Die nachträgliche Aktivierung eines solchen Wirtschaftsguts ist weder eine Einlage noch eine bilanzberichtigende Ausbuchung einer Entnahme, es handelt sich vielmehr um eine fehlerberichtigende Einbuchung (, BStBl 2002 II S. 75).
(4) Nießbrauch. Die Schenkung eines Betriebsgrundstücks aus privaten Gründen setzt dessen Entnahme voraus. Behält sich der Eigentümer den Nießbrauch an dem Grundstück vor, wird der Nießbrauch als Einlage dem Betrieb zugeführt, in dem der Eigentümer das Grundstück weiter betrieblich nutzt (, BStBl 1974 II S. 481). Das eingelegte Nießbrauchsrecht ist auf die voraussichtliche Dauer des Nießbrauchs abzuschreiben (, BStBl 1983 II S. 735).
(5) Nutzungsrecht. Behält sich der Eigentümer eines Betriebsgrundstücks anlässlich der Schenkung ein schuldrechtliches Nutzungsrecht vor und nutzt er das Grundstück wie bisher betrieblich, kann er seine Aufwendungen – einschließlich der abziehbaren Anschaffungs- und Herstellungskosten, die er selbst getragen hat – durch Ansatz einer entsprechenden Einlage gewinnmindernd berücksichtigen (, BStBl 1989 II S. 763). Hierbei ist Bemessungsgrundlage für die AfA eines Gebäudes dessen Entnahmewert, also der Teilwert (, BStBl 1990 II S. 368).
(6) Nutzungsvorteil. Nur bilanzierungsfähige Wirtschaftsgüter können Gegenstand einer Einlage sein. Der von einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gewährte Vorteil, ein Darlehen zinslos nutzen zu können, ist steuerrechtlich kein einlagefähiges Wirtschaftsgut (, BStBl 1988 II S. 348).
(7) Schenkung. Ein dem Steuerpflichtigen geschenktes Wirtschaftsgut ist auch dann mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen einzulegen, wenn der Schenker das zugeführte Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft, hergestellt oder entnommen hat (, BStBl 1994 II S. 15).
Tz. 92 Gewinnermittlung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr
§ 5a EStG regelt die sog. Tonnagesteuer. Dabei handelt es sich nicht um eine eigenständige Steuer, sondern um eine besondere Gewinnermittlungsvorschrift, bei der der Gewinn aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach der Schiffstonnage pauschal ermittelt und mit dem regulären Steuertarif versteuert wird.
Von der Möglichkeit der Gewinnermittlung nach der Schiffstonnage können auf Antrag Gewerbebetriebe mit Geschäftsleitung im Inland Gebrauch machen, die Handelsschiffe im internationalen Verkehr betreiben, wenn deren Bereederung im Inland durchgeführt wird.
a) Betrieb eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr
Ein Handelsschiff wird im internationalen Verkehr betrieben, wenn es überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der hohen See eingesetzt wird. Es muss im jeweiligen Wirtschaftsjahr überwiegend in ein inländisches Seeschiffsregister eingetragen sein.
Die Vercharterung gehört ebenfalls zum Betrieb eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr, wenn der Vercharterer das Schiff ausgerüstet hat. Das gilt auch für die unmittelbar mit dessen Einsatz oder Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung des Handelsschiffs und der unmittelbar seinem Betrieb dienenden Wirtschaftsgütern. Auch bei Einsatz oder (Weiter-)Vercharterung gecharterte Handelsschiffe kann unter bestimmten Bedingungen die Besteuerung nach der Schiffstonnage beantragt werden (§ 5a Abs. 2 Satz 3 und 4 EStG).
Dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gleichgestellt werden Seeschiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschifffahrtsregister eingetragen sind und in diesem Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen eingesetzt werden (§ 5a Abs. 2 Satz 5 EStG). Nicht mehr gleichgestellt ist der Einsatz von Schiffen zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden. Die Tonnagebesteuerung kann hierfür ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nicht mehr in Anspruch genommen werden.
b) Bereederung im Inland
Die Bereederung umfasst die Geschäftsbesorgung des (Schiffs-)Betriebs in kommerzieller, technischer und personeller Hinsicht (vgl. hierzu , BStBl 2002 I S. 614, Rz. 1). Sie muss weitestgehend (d. h. fast ausschließlich) tatsächlich im Inland erfolgen, aber nicht unbedingt durch den Steuerpflichtigen selbst. Der Steuerpflichtige kann die Bereederung auch auf einen Korrespondent- oder einen Vertragsreeder übertragen.
c) Antrag und Bindung
Der Antrag auf Anwendung der Tonnagebesteuerung ist im Wirtschaftsjahr der Indienststellung (Anschaffung oder Herstellung) des Handelsschiffs mit Wirkung ab Beginn dieses Wirtschaftsjahrs zu stellen. – Der Antrag ist unwiderruflich. – Vor diesem Zeitpunkt erzielte Gewinne sind dann nicht zu versteuern, Verluste sind weder ausgleichsfähig noch verrechenbar. Der Steuerpflichtige ist für zehn Wirtschaftsjahre an den Antrag gebunden (vorausgesetzt, die übrigen Voraussetzungen der Tonnagesteuer sind gegeben). Der Antrag bezieht sich dabei nicht auf ein einzelnes Schiff, sondern auf den gesamten Betrieb, soweit er den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand hat. Wird ein Antrag im Wirtschaftsjahr der Indienststellung nicht gestellt, besteht erst nach Ablauf von zehn Jahren erneut die Möglichkeit, die Gewinnermittlung nach der Schiffstonnage zu beantragen.
Für Wirtschaftsjahre, die vor dem enden, gilt noch das alte Recht weiter, das eine dreijährige Antragsfrist vorsah. Bei Anschaffung des Handelsschiffs oder bei Beginn der Herstellung vor dem muss in diesen Fällen der Antrag aber spätestens bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs gestellt werden, das vor dem endet (§ 52 Abs. 15 Satz 4 EStG).
d) Pauschale Gewinnermittlung
Der Gewinn wird pro Betriebstag für jedes im internationalen Verkehr betriebene Handelsschiff für jeweils volle 100 Nettotonnen (Nettoraumzahl) nach einer Staffel ermittelt (vgl. § 5a Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Nettoraumzahl wird amtlich festgestellt. Mit dem so berechneten Gewinn sind auch etwaige Veräußerungs- oder Aufgabegewinne i. S. des § 16 EStG abgegolten, ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG kommt nicht in Betracht. Bei Personengesellschaften gilt dies auch bezüglich der Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen (zu weiteren Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften vgl. , BStBl 2002 I S. 614, Rz. 29–34 und v. 31. 10. 2008 - S 2133 a NWB ZAAAC-95799, Neufassung von Rz. 34).
Liegt ein Mischbetrieb vor, z. B. weil der Steuerpflichtige auch noch in anderen Branchen tätig ist, kommt die Tonnagesteuer nur für den Anteil in Betracht, der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt.
e) Besteuerung des Unterschiedsbetrags (§ 5a Abs. 4 EStG)
Um die Besteuerung stiller Reserven, die vor dem Übergang zur Tonnagesteuer gebildet worden sind, sicherzustellen, ist zum Schluss des Wirtschaftsjahrs, das der erstmaligen Anwendung der Tonnagesteuer vorangeht (Übergangsjahr), für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen und gesondert und ggf. einheitlich festzustellen. Der Unterschiedsbetrag ist bei Beendigung der Tonnagebesteuerung (verteilt auf fünf Jahre), bei Ausscheiden eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen bzw. bei Änderung des Verwendungszwecks sowie bei Ausscheiden eines Gesellschafters (hinsichtlich des auf ihn entfallenden Anteils) der Besteuerung zu unterwerfen. Einzelheiten s. , BStBl 2002 I S. 614, Rz. 21–28 und v. 31. 10. 2008 - S 2133 a NWB ZAAAC-95799, Ergänzungen zu Rz. 21 und 28).
Tz. 92a Elektronische Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinn und Verlustrechnungen
Die Regelungen des § 5b EStG wurden im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz) vom (BGBl I S. 2850, BStBl 2009 I S. 124) eingeführt. Danach besteht eine Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der steuerlichen Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG für nach dem endende Wirtschaftsjahre. Auf Antrag kann die Finanzverwaltung zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten (§ 5b Abs. 2 Satz 1 EStG). In diesem Fall ist nach § 60 EStDV die Bilanz wie bisher der Steuererklärung beizufügen. Im Fall der Eröffnung des Betriebs ist grds. ebenfalls eine elektronische Übermittlung erforderlich (§ 5b Abs. 1 Satz 5 EStG).
Die für die elektronische Übermittlung erforderlichen Programme werden derzeit von der Finanzverwaltung entwickelt. Derzeit ist die tatsächliche Umsetzung dieser neuen gesetzlichen Vorgabe also noch offen. Es bleibt abzuwarten, ob die erforderliche Software rechtzeitig zur Verfügung steht und ordnungsgemäß funktioniert.
Tz. 93 Pensionsrückstellungen
a) Begriff
Zusagen des Arbeitgebers auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind ungewisse Verbindlichkeiten. Der Arbeitgeber weiß bei Erteilung der Zusagen noch nicht, ob und in welchem Umfang er tatsächlich künftig Versorgungsleistungen zu erbringen hat. Für diese ungewissen Verpflichtungen bildet er Pensionsrückstellungen in Handels- und Steuerbilanz, die den Gewinn und somit die Steuerlast vermindern. In der steuerlichen Gewinnermittlung werden die Pensionsrückstellungen nach den Bestimmungen des § 6a EStG sowohl für Pensionsanwartschaften als auch für laufende Pensionen passiviert. Obwohl in § 6a Abs. 1 Satz 1 EStG die Formulierung „… darf eine Rückstellung … gebildet …” verwendet wird, besteht insoweit kein Passivierungswahlrecht, sondern eine Passivierungspflicht (vgl. R 6a Abs. 1 Satz 1 EStR). Dies hat sich auch nach dem Wegfall der sog. umgekehrten Maßgeblichkeit durch das BilMoG (s. Tz. 58, d) nicht geändert. Pensionsrückstellungen führen zu einer die Unternehmensliquidität stärkenden, Fremdkapitalkosten sparenden, langfristigen Steuerstundung.
b) Versorgungszusagen, für die Pensionsrückstellungen zu bilden sind
Pensionsrückstellungen werden regelmäßig für Pensionsverpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern gebildet. Das gilt sowohl für ausländische als auch inländische Beschäftigte. Unter den Voraussetzungen einer betrieblichen Veranlassung sind Pensionsrückstellungen auch bei Zusagen an Arbeitnehmer-Ehegatten und arbeitnehmerähnliche Personen, wie z. B. für den Betrieb tätige Handelsvertreter, Steuer- und Rechtsberater, anzusetzen (§ 6a Abs. 5 EStG). Auch für Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sind unter den Voraussetzungen des § 6a EStG Rückstellungen zu bilden. Das gilt auch in den Fällen, in denen neben der Versorgungszusage kein Arbeitslohn gewährt wird (sog. Nur-Pensionszusagen), vgl. , BStBl 2008 I S. 681, und Pitzke, NWB F. 17 S. 2247 ff. NWB WAAAC-83442. Bei Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer ist allerdings zusätzlich zu prüfen, ob und inwieweit die Pensionszusagen gesellschaftsrechtlich veranlasst sind und somit zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen.
c) Voraussetzungen für die Bildung von Pensionsrückstellungen
Nach § 6a Abs. 1 EStG ist die Bildung von Pensionsrückstellungen nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
Es besteht ein Rechtsanspruch des Pensionsberechtigten auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen (vgl. auch R 6a Abs. 1 und 2 EStR).
Die Zusage darf keine Leistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen und keine schädlichen Vorbehalte (vgl. hierzu R 6a Abs. 3–6 EStR) enthalten.
Die Pensionszusage muss schriftlich erteilt werden (vgl. hierzu R 6a Abs. 7 EStR und , BStBl 2001 I S. 594).
Pensionsrückstellungen sind nach § 6a Abs. 2 EStG erstmals zu bilden:
vor Eintritt des Versorgungsfalls frühestens für das Wirtschaftsjahr, bis zu dessen Mitte der Versorgungsberechtigte das 27. Lebensjahr vollendet hat (bei Zusagen, die vor dem erteilt wurden, ist ein Mindestalter von 28 Jahren, bei Zusagen vor dem ein Mindestalter von 30 Jahren erforderlich) oder für das Wirtschaftsjahr, in dessen Verlauf der Anspruch nach den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) unverfallbar wird. Mit dem Mindestalter werden die ohne unverfallbare Versorgungsansprüche ausgeschiedenen Arbeitnehmer, für die Versorgungsverpflichtungen nicht bestehen und somit keine Pensionsrückstellungen zu passivieren sind, pauschal berücksichtigt. Nach § 1b Abs. 5 Betriebsrentengesetz sind Gehaltsumwandlungen (Entgeltumwandlungen) sofort unverfallbar;
nach Eintritt des Versorgungsfalls ab dem Wirtschaftsjahr, in dem der Versorgungsfall eintritt.
d) Höhe der Pensionsrückstellungen (§ 6a Abs. 3 EStG)
Da im Zeitpunkt des Pensionsversprechens und während der aktiven Zeit des Arbeitnehmers nicht abzusehen ist, ob er den Versorgungsfall erlebt und wie lange Versorgungsleistungen zu erbringen sind, kann der künftig anfallende Pensionsaufwand nur geschätzt werden. Diese Schätzung erfolgt nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung eines Rechnungszinsfußes von 6 %, wobei der mögliche Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Lebenserwartung mit Hilfe von Sterbetafeln errechnet werden. Dabei ist jede einzelne Pensionsverpflichtung als ein gesondertes Wirtschaftsgut zu behandeln und zu bewerten. Eine im Laufe des Wirtschaftsjahrs gegebene Pensionszusage wird für die Rückstellungsberechnung auf den Beginn des Wirtschaftsjahrs vorverlegt.
Nach § 6a Abs. 3 EStG gilt das sog. Teilwertprinzip. Wie der Teilwert einer Pensionsverpflichtung zu ermitteln ist, ergibt sich im Einzelnen aus § 6a Abs. 3 Satz 2 EStG. Vereinfacht ausgedrückt ist als Teilwert einer Pensionsverpflichtung der Rückstellungsbetrag anzusehen, der sich ergibt, wenn die Pensionsrückstellung nicht erst vom Zeitpunkt der Pensionszusage, sondern bereits vom Beginn des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten an (frühestens jedoch ab dessen 27., 28. bzw. 30. Lebensjahr) gebildet worden wäre. Die gesetzliche Teilwertfiktion lehnt sich an die versicherungsmathematischen Begriffe „Barwert” und „Jahresbeträge” an. Dabei ist zwischen zwei Fällen zu unterscheiden:
Vor Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG). In diesen Fällen gilt als Teilwert die Differenz der Barwerte der künftigen Pensionsleistungen und der künftigen betragsmäßig gleich bleibenden Jahresbeträge. Der abzuziehende Barwert der Jahresbeträge bringt den Dienstleistungsgegenwert des Begünstigten bis zu seiner voraussichtlichen Pensionierung zum Ausdruck. Der Teilwert erhöht sich von Jahr zu Jahr, bis er im Pensionierungszeitpunkt dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen entspricht. Auszugehen ist grds. von dem vertraglich vereinbarten Pensionierungsalter (zu den Einzelheiten vgl. R 6a Abs. 11 EStR). Für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführen von Kapitalgesellschaften gelten bestimmte, in R 6a Abs. 8 EStR geregelte Mindestpensionsalter (vgl. g). Bei Entgeltumwandlungen i. S. von § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz ist mindestens der Barwert der unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahrs anzusetzen (vgl. auch R 6a Abs. 12 EStR).
Nach Beendigung des Dienstverhältnisses oder nach Eintritt des Versorgungsfalls (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG). Wird das Dienstverhältnis unter Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaft beendet oder tritt der Versorgungsfall ein, gilt als Teilwert der Barwert der künftigen Pensionsleistungen.
Ungewisse Erhöhungen oder Verminderungen der Versorgungsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahrs sind bei der Berechnung der Pensionsrückstellungen erst zu berücksichtigen, wenn sie eingetreten sind (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG). Dieser dem Stichtagsprinzip (vgl. auch R 6a Abs. 17 EStR) entsprechende Grundsatz führt dazu, dass überdurchschnittlich hohe Versorgungszusagen, die deshalb so hoch sind, um künftige Lohnentwicklungen vorwegzunehmen, nur berücksichtigt werden können, soweit sie angemessen sind (sog. Überversorgung). Zu den Einzelheiten vgl. , BStBl 2004 I S. 1045, und Pitzke, NWB F. 17 S. 1913 ff. NWB GAAAB-40376.
e) Zuführungen zu Pensionsrückstellungen (§ 6a Abs. 4 EStG)
Eine Pensionsrückstellung kann nach § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG in einem Wirtschaftsjahr grds. höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahrs und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs erhöht werden. Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung, die in einem Jahr unterblieben sind, können in einem späteren Jahr nicht nachgeholt werden (sog. Nachholverbot); vgl. hierzu auch H 6a Abs. 20 EStR. Das Nachholverbot entfällt jedoch beim Eintritt des Versorgungsfalls und bei vorzeitigem Ausscheiden des Pensionsberechtigten mit unverfallbarem Pensionsanspruch. Außerdem gilt das Nachholverbot nicht am Schluss des Erstjahrs, d. h. des Wirtschaftsjahrs, in dem erstmals eine Pensionsrückstellung zu bilden ist (§ 6a Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG). In den genannten Fällen ist die Pensionsrückstellung also stets bis zur Höhe des Teilwerts (Barwert der künftigen Pensionsleistungen) zu bilden bzw. aufzustocken. Soweit die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung auf der erstmaligen Anwendung neuer oder geänderter Rechnungsgrundlagen bzw. auf einem Wechsel der Bewertungsmethode beruht, kann diese Erhöhung nur auf mindestens drei Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt gewinnmindernd berücksichtigt werden (§ 6a Abs. 4 Satz 2 EStG). Während das Gesetz diese Verteilung zwingend vorschreibt, hat der Steuerpflichtige ein dahingehendes Wahlrecht, planmäßige Erhöhungen einer Pensionsrückstellung um mehr als 25 % über drei Wirtschaftsjahre zu verteilen (§ 6a Abs. 4 Satz 4 EStG).
f) Pensionszusagen einer Personengesellschaft an einen Gesellschafter und dessen Hinterbliebene
Sagt eine Personengesellschaft einem Gesellschafter (Mitunternehmer) Versorgungsleistungen zu, hat die Gesellschaft eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG zu passivieren. Der aus der Zusage begünstigte Gesellschafter hat gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in seiner Sonderbilanz eine Forderung auf künftige Pensionsleistungen zu aktivieren, die der Höhe der bei der Gesellschaft passivierten Pensionsverpflichtung entspricht (sog. korrespondierende Bilanzierung). Bei den nicht begünstigten Gesellschaftern sind keine Ansprüche auszuweisen. Zu den weiteren Einzelheiten und Übergangsregelungen s. , BStBl 2008 I S. 317.
g) Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften
Bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen für Versorgungszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sind bestimmte Mindestpensionsalter zu beachten, die ab 2008 geburtsjahrabhängig ausgestaltet sind, vgl. R 6a Abs. 8 EStR. Die im Rahmen der EStÄR 2008 geänderten Altersgrenzen sind spätestens in der Bilanz des Wirtschaftsjahrs zu berücksichtigen, das nach dem endet, vgl. , BStBl 2009 I S. 712.
h) Pensionszusagen an Arbeitnehmer-Ehegatten
Auch Pensionszusagen zwischen Ehegatten, die im Rahmen von steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnissen erteilt werden, berechtigen grds. zur Bildung von Pensionsrückstellungen. An den Nachweis der Ernsthaftigkeit solcher Pensionszusagen werden jedoch mit Rücksicht auf die besonderen persönlichen Beziehungen der Vertragspartner strenge Anforderungen gestellt. Es wird insbesondere geprüft, ob die Pensionszusage nach den Umständen des Einzelfalls dem Grunde und der Höhe nach angemessen ist. Nach den (BStBl 1984 I S. 495) und v. - S 2176 (BStBl 1986 I S. 7) können für derartige Versorgungszusagen Pensionsrückstellungen nach Maßgabe des § 6a EStG gebildet werden, wenn
eine ernstlich gewollte, klar und eindeutig vereinbarte Verpflichtung vorliegt,
die Zusage dem Grunde nach angemessen ist und
der Arbeitgeber tatsächlich mit der Inanspruchnahme aus der gegebenen Pensionszusage rechnen muss.
i) Rückdeckungsversicherungen zur Erfüllung von Versorgungsverpflichtungen
Es bleibt dem Arbeitgeber überlassen, wie er Versorgungszusagen finanziert. Um die künftige Erfüllung von Pensionsverpflichtungen sicherzustellen, hat er die Möglichkeit, Rückdeckungsversicherungen abzuschließen. Die Beiträge hierzu sind in vollem Umfang als Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Arbeitgeber hat aber in seiner Bilanz einen Aktivposten anzusetzen, soweit ihm selber die Rechte aus den Rückdeckungsversicherungen zustehen. Die Versicherungsansprüche sind in der Steuerbilanz anhand versicherungsmathematischer Grundsätze zu bewerten und getrennt von den Pensionsrückstellungen zu bilanzieren, d. h. eine Saldierung ist nicht zulässig (sog. Saldierungsverbot).
j) Beiträge an den Pensionssicherungsverein (PSV)
Pensionszusagen nach § 6a EStG sind gegen Insolvenz abzusichern (§§ 7–14 Betriebsrentengesetz). Träger der Insolvenzsicherung ist der Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSV). Die vom Arbeitgeber zu leistenden laufenden Beiträge an den PSV sind als Betriebsausgaben abzugsfähig. Demgegenüber können für künftige Beiträge keine Rückstellungen gebildet werden (, BStBl 1992 II S. 336).
Zu den weiteren Einzelheiten der Bildung und Auflösung von Pensionsrückstellungen vgl. auch R 6a EStR.
Tz. 94 Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter
a) Allgemeines
Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens sind nach den allgemeinen Grundsätzen als laufende Gewinne in dem jeweiligen Betrieb zu erfassen. Dies gilt sowohl für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens als auch solche des Anlagevermögens.
Nach § 6b EStG können jedoch Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden, Gebäuden oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften innerhalb bestimmter Fristen wieder in die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter reinvestiert werden, ohne zuvor als Ertrag besteuert zu werden. Die Gewinnverwirklichung bei Aufdeckung stiller Reserven wird durch die Übertragung der stillen Reserven auf bestimmte andere Wirtschaftsgüter vermieden, indem sie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzwirtschaftsgüter mindern. Bei beweglichen, abnutzbaren Wirtschaftsgütern wird dadurch die Bemessungsgrundlage für die AfA ebenfalls reduziert. Die stillen Reserven bleiben in einem Ersatzwirtschaftsgut verhaftet und werden erst bei Veräußerung oder über ein geringeres AfA-Volumen realisiert.
Der steuerliche Vorteil des § 6b EStG besteht damit in einem Liquiditäts- bzw. Zinsvorteil. Eine endgültige Steuerersparnis ist damit i. d. R. nicht verbunden, sondern lediglich eine Steuerstundung.
Die Rechtsinstitute der Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG und der Rücklage für Ersatzbeschaffung (Tz. 88, b) stehen selbständig nebeneinander. Ihre Anwendbarkeit unterscheidet sich jedoch sowohl hinsichtlich der jeweiligen Voraussetzungen für ihre Bildung als auch der sich aus ihnen ergebenden Auflösungsmodalitäten. Lediglich die Wirkungsweise ist identisch.
Liegen die Voraussetzungen für beide Rechtsinstitute vor, kann der Steuerpflichtige frei wählen, welche Rücklage für ihn günstiger ist, da es keinen gesetzlichen Vorrang gibt.
b) Voraussetzungen im Einzelnen
Für die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG müssen alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
Der Steuerpflichtige ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG.
Die Übertragung der stillen Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut im Jahr der Veräußerung bzw. Bildung und Auflösung der Rücklage muss in der Buchführung verfolgt werden können (§ 6b Abs. 4 Nr. 5 EStG).
Die stillen Reserven wurden durch die Veräußerung von Grund und Boden, Aufwuchs auf Grund und Boden einschließlich des Grund und Bodens, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört, von Gebäuden oder Binnenschiffen aufgedeckt. – Zu den Besonderheiten bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften s. unten Tz. 94, e, dd und f, dd.
Diese Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gehörten im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte.
Der bei der Veräußerung entstandene Gewinn bleibt bei der Ermittlung des im Inland steuerpflichtigen Gewinns nicht außer Ansatz.
c) Veräußerung
Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut. Hierzu gehört auch der Tausch (s. nachfolgend zu Entnahme). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Unternehmer das Wirtschaftsgut freiwillig veräußert oder ob die Veräußerung unter Zwang erfolgt.
Die Veräußerung setzt einen Rechtsträgerwechsel voraus. Damit sind insbesondere von § 6 Abs. 5 EStG ausgeschlossene unentgeltliche Übertragungsvorgänge zwischen Schwesterpersonengesellschaften bei Entgeltlichkeit über § 6b EStG gestaltbar. Bei einem rückwirkenden Teilwertansatz nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG ist eine Gewinnübertragung nach § 6b EStG ebenfalls zulässig, wenn die Übertragung des Wirtschaftsguts entgeltlich, z. B. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, erfolgt (R 6b.1 Satz 5 EStR).
Die Überführung von Wirtschaftsgütern aus einem Betrieb des Steuerpflichtigen in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen sowie das Ausscheiden infolge höherer Gewalt sind dagegen keine Veräußerungen. Auch die bei Entnahmen aufgedeckten stillen Reserven können nicht nach § 6b EStG übertragen werden. Eine Entnahme liegt auch dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger beim Tausch für die Hingabe eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens ein Investitionsgut des Privatvermögens erwirbt oder von einer privaten Schuld befreit wird. Auf die „Entstrickung” stiller Reserven durch die Beschränkung oder den Ausschluss des deutschen Besteuerungsrecht, die einer Entnahme bzw. einer fingierten Veräußerung gleichgestellt ist kann § 6b EStG mangels Entgeltlichkeit nicht angewendet werden.
d) Besitzzeit/Sechsjahresfrist
Die Sechsjahresfrist ist auch dann gewahrt, wenn das Wirtschaftsgut innerhalb der letzten sechs Jahre zum Anlagevermögen verschiedener Betriebe oder Betriebsstätten des Steuerpflichtigen gehört hat. § 6b EStG ist eine personenbezogene Steuervergünstigung. Demzufolge gilt insbesondere bei der Besitzzeitermittlung die personenbezogene Betrachtungsweise, so dass bei entgeltlichen Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft die Besitzzeiten (anteilig) unterbrochen werden. Werden beim Übergang eines Betriebs oder Teilbetriebs z. B. durch Einbringungen i. S. des § 24 UmwStG i. V. mit § 23 Abs. 1, § 4 Abs. 2 Satz 3 und § 12 Abs. 3 UmwStG allerdings die Buchwerte fortgeführt, ist für die Berechnung der Sechsjahresfrist die Besitzzeit des Rechtsvorgängers der Besitzzeit des Rechtsnachfolgers hinzuzurechnen. Dies gilt nicht für Einbringungen zu Teil- oder Zwischenwerten. Zu den weiteren Einzelheiten der Sechsjahresfrist vgl. auch R 6b.3 EStR,
Wegen der Besitzzeitanrechnung im Falle der Erbauseinandersetzung und der vorweggenommenen Erbfolge s. , BStBl 1993 I S. 62; , BStBl 2002 I S. 1392; und , BStBl 1993 I S. 80.
Nachträgliche Herstellungskosten, die während der Besitzzeit für ein Wirtschaftsgut aufgewendet werden, beeinträchtigen die Fristberechnung nicht. Lediglich dann, wenn durch den Herstellungsaufwand ein neues Wirtschaftsgut entstanden ist, wie z. B. bei Instandsetzung eines unbrauchbar gewordenen Gebäudes, beginnt die Sechsjahresfrist von vorn.
e) Begünstigte Veräußerungsobjekte
Die Möglichkeit, stille Reserven steuerfrei auf Reinvestitionen zu übertragen, ist auf bestimmte Anlagegüter beschränkt. Die begünstigten Veräußerungsobjekte sind in § 6b EStG abschließend aufgezählt.
aa) Grund und Boden
Der Begriff Grund und Boden umfasst nur den nackten Grund und Boden. Bodenschätze, soweit sie als Wirtschaftsgut bereits entstanden sind, grundstücksgleiche Rechte, stehendes Holz, Be- und Entwässerungsanlagen, Betriebsvorrichtungen gehören nicht dazu. Zur Ermittlung des nach § 6b EStG begünstigten Gewinns ist der Veräußerungsgewinn für den Grund und Boden einerseits und für die übrigen nicht begünstigten Bestandteile andererseits aufzuteilen.
bb) Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden
Der Gewinn aus der Veräußerung von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden ist nur begünstigt, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört.
Aufwuchs auf dem Grund und Boden sind die Pflanzen, die auf dem Grund und Boden gewachsen sind und noch darin verwurzelt sind. § 6b EStG kann auch dann angewendet werden, wenn Aufwuchs und der dazugehörige Grund und Boden in engem sachlichen (wirtschaftlichen) und zeitlichen Zusammenhang an zwei verschiedene Erwerber veräußert werden und die Veräußerungen auf einem einheitlichen Veräußerungsentschluss beruhen (s. , BStBl 1987 II S. 670).
cc) Gebäude
Hierzu zählen sowohl Betriebs- als auch Wohngebäude, wenn und soweit sie zum betrieblichen Anlagevermögen des Steuerpflichtigen gehören. Nicht begünstigt und daher abzugrenzen sind z. B. Betriebsvorrichtungen, Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen.
dd) Binnenschiffe
Begünstigt sind Gewinne aus der Veräußerung von Binnenschiffen.
ee) Anteile an Kapitalgesellschaften
Begünstigt sind Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Anteile an Kapitalgesellschaften, die nach § 266 Abs. 2 HGB als Umlaufvermögen auszuweisen sind, fallen nicht unter die Begünstigung des § 6b EStG. Es besteht eine betragsmäßige Begrenzung auf 500.000 € je Wirtschaftsjahr/Steuerpflichtiger.
ff) Mitunternehmeranteile
Mitunternehmeranteile sind selbst keine Wirtschaftsgüter im steuerrechtlichen Sinn. Sie können daher auch nicht unmittelbar begünstigte Veräußerungsobjekte sein. Die bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen entstandenen Veräußerungsgewinne sind jedoch insoweit nach § 6b EStG übertragungsfähig, als sie anteilig auf begünstigte Veräußerungsobjekte entfallen.
f) Begünstigte Erwerbsvorgänge
Die Übertragung stiller Reserven ist nur für bestimmte Anschaffungsvorgänge vorgesehen, die im Gesetz abschließend aufgezählt sind.
aa) Grund und Boden
Auf erworbenen Grund und Boden können stille Reserven nur übertragen werden, wenn sie aus der Veräußerung von Grund und Boden stammen. Bei der Veräußerung eines bebauten Grundstücks ist nur der auf den veräußerten Grund und Boden entfallende Veräußerungsgewinn auf den neuen Grund und Boden übertragbar.
bb) Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden
Auf Aufwuchs kommt eine Übertragung nur solcher stiller Reserven in Betracht, die bei der Veräußerung von nacktem Grund und Boden oder Aufwuchs mit dem dazugehörigen Grund und Boden aufgedeckt worden sind. Auch hier ist die Zugehörigkeit zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen Voraussetzung.
cc) Gebäude
Die Übertragung stiller Reserven ist möglich, wenn sie bei der Veräußerung von nacktem Grund und Boden oder Aufwuchs mit dem dazugehörigen Grund und Boden, Gebäuden oder Anteilen an Kapitalgesellschaften aufgedeckt worden sind. Dabei steht der Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden ihre Erweiterung, ihr Ausbau oder ihr Umbau gleich. Allerdings ist der Abzug nur von dem Aufwand für die Erweiterung, den Ausbau oder den Umbau der Gebäude zulässig.
dd) Binnenschiffe
Es können nur stille Reserven aus der Veräußerung von anderen Binnenschiffen übertragen werden.
ee) Anteile an Kapitalgesellschaften
Die Übertragung stiller Reserven auf Anteile an Kapitalgesellschaften ist nur möglich, wenn der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften stammt.
ff) Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter
Die Übertragung stiller Reserven auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter ist nur möglich, wenn diese stillen Reserven bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften aufgedeckt worden sind.
g) Übersicht über die Übertragbarkeit stiller Reserven nach § 6b EStG
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gewinne, die entstanden sind bei der
Veräußerung von: | können abgezogen werden bei den
Anschaffungskosten von: | % des bei der Veräußerung
aufgedeckten Gewinns, der übertragen werden kann | % des
Gewinns, der in eine Rücklage eingestellt werden
kann | |||||
abnutzbaren beweglichen
Wirtschaftsgütern | Grund und
Boden | Aufwuchs | Gebäude | Binnenschiffe | Anteile an
Kapitalgesellschaften | |||
Grund und
Boden | nein | ja | ja | ja | nein | nein | 100 | 100 |
Aufwuchs mit dem dazugehörigen Grund und
Boden | nein | nein | ja | ja | nein | nein | 100 | 100 |
Gebäude | nein | nein | nein | ja | nein | nein | 100 | 100 |
Binnenschiffe | nein | nein | nein | nein | ja | nein | 100 | 100 |
Anteile an
Kapitalgesellschaften | ja | nein | nein | ja | nein | ja | nur
der steuerpflichtige Teil (§ 3 Nr. 40
EStG) max. 500 000 € je Steuerpflichtigen | 100 (Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG erfolgt erst bei Rücklagenauflösung/-übertragung) |
h) Steuerfreie Übertragung des Veräußerungsgewinns
Die stillen Reserven können im Wirtschaftsjahr der Veräußerung von den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten der im gleichen Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter nach § 6b Abs. 1 und 10 EStG abgezogen werden. Bei Veräußerungen nach § 6b Abs. 1 EStG ist auch eine Gewinnübertragung auf im Wirtschaftsjahr vor der Veräußerung angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter zulässig. Wenn der Abzug im Wirtschaftsjahr der Veräußerung (oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr) nicht vorgenommen wurde, weil z. B. in diesen Wirtschaftsjahren keine begünstigten Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt wurden, können die stillen Reserven vorübergehend in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage eingestellt und erst später übertragen werden (§ 6b Abs. 3 und 10 Satz 5 EStG).
aa) Unmittelbare Übertragung des Veräußerungsgewinns
Die stillen Reserven der nach § 6b Abs. 1 EStG veräußerten Wirtschaftsgüter können unmittelbar auf ein Anlagegut übertragen werden, wenn dieses im Wirtschaftsjahr der Veräußerung angeschafft oder hergestellt wird. Die Übertragung geschieht in der Weise, dass von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der neu angeschafften Wirtschaftsgüter der Veräußerungsgewinn abgezogen wird. Das Reinvestitionsgut ist also mit den um den begünstigten Gewinn geminderten Anschaffungs-/Herstellungskosten anzusetzen. Dabei ist der Abzug von den gesamten in diesem Wirtschaftsjahr angefallenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut vor oder nach der Veräußerung angeschafft oder hergestellt worden ist. Dabei ist als Jahr der Anschaffung das Jahr der Lieferung und als Jahr der Herstellung das Jahr der Fertigstellung anzusehen. Auf die tatsächliche Inbetriebnahme kommt es nicht an. Nach § 6b Abs. 6 EStG gilt dieser verminderte Wert für die weitere Bilanzierung und Abschreibung der Reinvestition künftig als Anschaffungs-/Herstellungskosten (fiktive).
bb) Mittelbare Übertragung der stillen Reserven durch Rücklagenbildung
In den Fällen, in denen der Steuerpflichtige die anlässlich einer begünstigten Veräußerung nach § 6b Abs. 1 EStG aufgedeckten stillen Reserven nicht schon im Veräußerungsjahr auf in diesem oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter übertragen hat, kann er eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden. Dies gilt unabhängig davon, ob tatsächlich eine Absicht besteht, ein Reinvestitionswirtschaftsgut anzuschaffen oder herzustellen und darauf die stillen Reserven zu übertragen (, BStBl 1996 II S. 568).
i) Reinvestitionsfristen
Bei Veräußerungen nach § 6b Abs. 1 EStG können die in die Rücklage eingestellten stillen Reserven von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Binnenschiffen, Grund und Boden sowie von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem zugehörigen Grund und Boden abgezogen werden, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt worden sind. Die Frist von vier Jahren verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs begonnen wurde. Bei Veräußerungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften beträgt die Reinvestitionsfrist bei Anschaffung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und Anschaffung/Herstellung abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter nur zwei Jahre, bei Reinvestitionen in Gebäude vier Jahre. Für die Wahrung der Reinvestitionsfrist ist in den Fällen des Erwerbs eines Grundstücks der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten) maßgebend.
Bei Erweiterungen sowie An- und Umbaumaßnahmen an Gebäuden gilt die Sechsjahresfrist nicht. Die Übertragung der stillen Reserven muss innerhalb der allgemeinen vierjährigen Reinvestitionsfrist erfolgen. Der Anbau, Ausbau, Umbau muss also spätestens am Ende des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs fertig gestellt sein. Es genügt nicht, wenn innerhalb der Vierjahresfrist lediglich begonnen wurde.
Der Abzug kann nur in dem Wirtschaftsjahr vorgenommen werden, in dem das begünstigte Reinvestitionswirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt worden ist. Wenn und soweit eine Rücklage nach § 6b EStG nicht innerhalb der Zwei-, Vier-, Sechsjahresfrist durch Übertragung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in diesen Jahren angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter aufgelöst worden ist, muss sie am Schluss des Wirtschaftsjahrs des Ende der jeweiligen Reinvestitionsfrist gewinnerhöhend aufgelöst werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige schuldhaft oder schuldlos die genannte Frist überschritten hat. Die Rücklage kann jedoch früher ganz oder teilweise auch ohne Reinvestition aufgelöst werden, selbst wenn dies lediglich in der Absicht geschieht, die Progression zu mildern.
j) Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 oder 10 Satz 9 EStG
Soweit eine Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne dass ein entsprechender Betrag auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut übertragen wird, ist der Gewinn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen (zu verzinsen). Soweit eine nach § 6b Abs. 10 EStG gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, bezieht sich der Zuschlag auf den steuerpflichtigen aufgelösten Rücklagenbetrag; der nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a und b i. V. mit § 3c Abs. 2 EStG steuerbefreite aufgelöste Rücklagenbetrag ist nicht zu verzinsen.
Der Gewinnzuschlag ist somit auch vorzunehmen, wenn die Auflösung der Rücklage vor Ablauf der Reinvestitionsfrist (vorzeitig und freiwillig) erfolgt (R 6b.2 Abs. 5 EStR).
k) Umfang der Reinvestitionsmöglichkeiten
Die Möglichkeit der Übertragung stiller Reserven aus der Veräußerung der nach § 6b Abs. 1 EStG begünstigten Wirtschaftsgüter bezieht sich auf die gesamten durch die Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven, d. h. sie können zu 100 % übertragen werden.
Bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist das Halbeinkünfteverfahren zu beachten. Deshalb ist zwischen Reinvestitionen in Anteile an Kapitalgesellschaften (für die weiterhin das Halbeinkünfteverfahren gilt) einerseits und Reinvestitionen in abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter oder Gebäude anderseits zu unterscheiden. Die Rücklage ist zunächst in Höhe des gesamten (steuerpflichtigen und steuerfreien) bei der Veräußerung der Anteile an Kapitalgesellschaften entstandenen Gewinns zu bilden. Erst bei ihrer Auflösung und/oder Übertragung ist von Bedeutung, in welches Wirtschaftsgut reinvestiert wird. Wird der Gewinn in die Anschaffung von Anteilen in Kapitalgesellschaften reinvestiert, auf die wiederum das Halbeinkünfteverfahren Anwendung findet, ist sowohl der steuerpflichtige als auch der nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreite Gewinn von den Anschaffungskosten der neuen Anteile abzuziehen. Wird der Gewinn in die Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern oder Gebäuden reinvestiert, ist sowohl der steuerpflichtige als auch der steuerbefreite Teil der Rücklage aufzulösen. Anschaffungskosten mindernd kann auf diese Wirtschaftsgüter jedoch nur der steuerpflichtige Teil der Rücklage übertragen werden. Für die Möglichkeit der Übertragung der stillen Reserven aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gibt es außerdem eine betragsmäßige Begrenzung auf 500.000 € je Wirtschaftsjahr und Steuerpflichtigen.
l) Übertragungsmöglichkeiten
Für die Bildung und Auflösung der Rücklage nach § 6b EStG gilt die personenbezogene Betrachtungsweise. Daher kann der Steuerpflichtige die nach § 6b EStG begünstigten stillen Reserven nicht nur auf Reinvestitionen in demselben Betrieb übertragen, sondern z. B. auch auf Reinvestitionen in einem anderen als Einzelunternehmen geführten Betrieb desselben Steuerpflichtigen. Es ist auch möglich, die stillen Reserven auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern zu übertragen, die zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören, an der der Steuerpflichtige als Mitunternehmer beteiligt ist, soweit die Wirtschaftsgüter dem Steuerpflichtigen als Mitunternehmer zuzurechnen sind. Die Übertragung kann jedoch erst im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Reinvestitionswirtschaftsguts erfolgen. Im Einzelnen vgl. R 6b.2 Abs. 6–8 EStR und auch , BStBl 2008 I S. 495 zur Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG von einer Kapitalgesellschaft auf ein Wirtschaftsgut einer Personengesellschaft, an der die Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
Tz. 95 Übertragung stiller Reserven bei nicht buchführenden Steuerpflichtigen
Durch § 6c EStG wird auch denjenigen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung oder ihre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13a EStG nach Durchschnittssätzen ermitteln, die Möglichkeit eröffnet, die bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter aufgedeckten stillen Reserven entsprechend den Regelungen des § 6b EStG zu behandeln.
Dabei stimmen die nach § 6c EStG begünstigten Veräußerungsvorgänge und die begünstigten Erwerbsvorgänge mit denen des § 6b EStG überein. Dies gilt auch für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 6b Abs. 10 EStG.
In entsprechender Anwendung des § 6b Abs. 2 EStG ist bei der Veräußerung eines nach § 6c EStG begünstigten Wirtschaftsguts ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Zufließens des Veräußerungspreises als Gewinn der Betrag begünstigt, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Aufwendungen für das veräußerte Wirtschaftsgut übersteigt, die bis zu seiner Veräußerung noch nicht als Betriebsausgaben abgesetzt worden sind. Das bedeutet, dass der Veräußerungspreis im Veräußerungszeitpunkt in voller Höhe als Betriebseinnahme zu behandeln ist, auch wenn er nicht gleichzeitig zufließt. Der früher tatsächlich zugeflossen oder später tatsächlich zufließende Veräußerungserlös bleibt außer Betracht, wird also nicht als Betriebseinnahme angesetzt. Ein vorgenommener Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Investitionen ist als Betriebsausgabe zu behandeln. Als Ersatz für die fehlende Möglichkeit der Rücklagenbildung kann im Jahr der Veräußerung eine fiktive Betriebsausgabe abgezogen werden. Im Einzelnen s. R 6c EStR.
Da die Anwendung des § 6c EStG nicht anhand der Buchführung überwacht werden kann, müssen Steuerpflichtige, die die Begünstigung des § 6c EStG in Anspruch nehmen, die Wirtschaftsgüter, bei denen sie einen Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen haben, in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufnehmen (§ 6c Abs. 2 Satz 1 EStG).
Tz. 96 Unentgeltliche Übertragung von Sachgesamtheiten
§ 6 Abs. 3 EStG regelt die Möglichkeit der unentgeltlichen Übertragung von Sachgesamtheiten zum Buchwert. Zu den Sachgesamtheiten gehören der Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil und der Teil eines Mitunternehmeranteils, wobei eine Buchwertübertragung nur zulässig ist, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen werden. Insbesondere bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils ist die Mitübertragung des Sonderbetriebsvermögens erforderlich, da sich nach dem (BStBl 2001 II S. 26) der Mitunternehmeranteil aus dem Gesellschaftsanteil und dem Sonderbetriebsvermögen zusammensetzt. Wird nur ein Teil des Mitunternehmeranteils übertragen, ist entsprechend der Quote des übertragenen Gesamthandsanteils auch das dazugehörende Sonderbetriebsvermögen quotal mit zu übertragen, um nach § 6 Abs. 3 EStG eine Buchwertübertragung vornehmen zu können. Als Ausnahme zur quotalen Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils sieht § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG bei der Zurückbehaltung von Betriebsvermögen (unterquotale Übertragung von Sonderbetriebsvermögen) eine Buchwertübertragung vor, wenn bestimmte Fristen eingehalten werden. Dagegen ist die überquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens (d. h. der Anteil des übertragenen Sonderbetriebsvermögens ist höher als der Anteil des übertragenen Gesamthandsvermögens) gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist in diesen Fällen eine Aufteilung in eine Übertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG für den Anteil am Gesamthandsvermögen mit dem quotalen Teil des Sonderbetriebsvermögens und eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG für den überquotalen Teil des Sonderbetriebsvermögens mit den entsprechenden Behaltefristen vorzunehmen. Vgl. wegen Einzelheiten , BStBl 2005 I S. 458, und Boeddinghaus, NWB F. 3 S. 13621 ff. NWB ZAAAB-57871.
V. Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung
Tz. 97 Zweck und Systematik der Absetzung
§ 7 EStG stellt eine Gewinnermittlungsvorschrift dar, die auch auf Überschusseinkünfte anzuwenden ist. Die Vorschrift trägt dem Verzehr (der Abnutzung) des Werts oder der Substanz eines Wirtschaftsguts durch seine Verwendung zur Einkünfteerzielung Rechnung. Ebenfalls wird hiermit dem periodischen Charakter der Einkommensteuer als Abschnittsteuer Rechnung getragen. Gemeinsame Voraussetzung ist, dass die Wirtschaftsgüter überhaupt einer technischen und/oder wirtschaftlichen Abnutzung unterliegen und erfahrungsgemäß länger als ein Jahr genutzt werden.
§ 7 Abs. 1 EStG statuiert als Regelabschreibung die AfA in gleichen Jahresbeträgen (lineare AfA). Der Steuerpflichtige hat unter weiteren Voraussetzungen zusätzlich ein Wahlrecht zur Leistungs-AfA und zur Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung. § 7 Abs. 2 EStG (Tz. 105) ermöglicht bei beweglichen Anlagegütern die degressive AfA als Option, wobei ein Wechsel nur von der degressiven zur linearen AfA möglich ist (§ 7 Abs. 3 EStG). Abweichend zum Vorgenannten gelten bei Gebäuden spezielle Vorschriften für die lineare (§ 7 Abs. 4 EStG) und die degressive (§ 7 Abs. 5 EStG) AfA, welche entsprechend für selbständige Gebäudeteile, Eigentumswohnungen und Räume in Teileigentum (§ 7 Abs. 5a EStG) anzuwenden sind. Letztlich sieht § 7 Abs. 6 EStG für bestimmte „Abbau”-Betriebe eine Absetzung nach dem Verzehr der Substanz vor.
Tz. 98 Persönlicher Anwendungsbereich – Abschreibungsberechtigung
§ 7 EStG setzt voraus, dass dem Steuerpflichtigen Wirtschaftsgüter überhaupt zuzurechnen sind, da er nur dann durch einen Verzehr an Substanz oder Wert des jeweiligen Wirtschaftsguts wirtschaftlich belastet ist.
Das Wirtschaftsgut ist regelmäßig dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen, doch ist abweichend hiervon auch eine Zurechnung beim wirtschaftlichen Eigentümer möglich. Setzt der zivilrechtliche oder der wirtschaftliche Eigentümer das Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einkünften ein, steht ihm auch die AfA-Befugnis zu, da er insoweit auch die Aufwendungen trägt. Der persönliche Anwendungsbereich der AfA folgt damit der Zuordnung des Wirtschaftsguts. Die AfA-Berechtigung einer Person schließt die AfA-Befugnis aller anderen aus, da sonst unzulässigerweise eine doppelte Aufwandsberücksichtigung vorläge.
Beim Leasing bestimmt sich die AfA-Berechtigung danach, wem das Wirtschaftsgut zuzurechnen ist. Sie steht daher grds. dem Leasinggeber (zivilrechtlicher Eigentümer) und nur bei wirtschaftlichem Eigentum des Leasingnehmers diesem zu (vgl. zum Leasing an beweglichen Wirtschaftsgütern , BStBl 1971 I S. 264, und ; an unbeweglichen Wirtschaftsgütern , BStBl 1972 I S. 188, und , BStBl 1992 I S. 13).
In Fällen des Mietkaufs (Mietvertrag mit Kaufoption) bemisst sich die Zurechnung und damit AfA-Berechtigung des Mieters nach der Höhe der Wahrscheinlichkeit des späteren Eigentumserwerbs (, BStBl 1992 II S. 182). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist ggf. anzunehmen, wenn das Objekt speziell auf den Mieter zugeschnitten ist, nach Ablauf der Mietzeit verbraucht ist oder die Behaltensoption für den Mieter günstig ist. Entsprechendes gilt für Pachtverträge. Zur Zurechnung bei Mietereinbauten vgl. , BStBl 1976 I S. 66.
In Nießbrauchsfällen ist der AfA-Berechtigte nach allgemeinen Regeln zu bestimmen; regelmäßig ist dies weiterhin der Nießbrauchsverpflichtete (zivilrechtlicher Eigentümer). Am entgeltlich erworbenen Nießbrauchsrecht selbst als immaterielles Wirtschaftsgut steht dem Nießbrauchsberechtigten die AfA zu. Ausführlich s. , BStBl 1998 I S. 914.
Bei Erbbaurechten kann der Erbbauberechtigte in Bezug auf die Anschaffungskosten des Erbbraurechts AfA geltend machen. Zur Bemessungsgrundlage s. z. B. , BStBl 1994 II S. 934. Der Erbbauverpflichtete (zivilrechtlicher Eigentümer des Grundstücks) kann keine AfA für vom Erbbauberechtigten hergestellte Gebäude geltend machen. Diese steht allein dem Erbbauberechtigten zu. Die Laufzeit der AfA ist entweder § 7 Abs. 4 oder 5 EStG zu entnehmen oder ergibt sich bei entschädigungsloser Überlassung des Gebäudes an den Grundstückseigentümer nach Ende der Laufzeit aus der Restlaufzeit des Erbbaurechts.
Bei einer Personengesellschaft steht die AfA allen Beteiligten gemeinschaftlich zu und wird einheitlich berechnet. Erst die Einkünfte werden im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung (§§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 AO) auf die einzelnen Beteiligten (AfA-Berechtigten) verteilt.
Das Problem des Drittaufwands stellt sich, wenn ein fremdes Wirtschaftsgut zur Einkunftserzielung genutzt wird. Die Aufwendungen (Anschaffungskosten/Herstellungskosten) auf ein Wirtschaftsgut des Steuerpflichtigen werden von diesem wirtschaftlich nicht getragen oder der Steuerpflichtige tätigt Aufwendungen (Anschaffungskosten/Herstellungskosten) auf ein Wirtschaftsgut, das ihm nicht zuzurechnen ist. Im ersten Fall ist der Steuerpflichtige zur AfA berechtigt, sofern ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen ist. Im zweiten Fall (Eigenaufwand) ist der Steuerpflichtige zur AfA befugt, wenn er das Wirtschaftsgut danach zur Einkünfteerzielung nutzen kann. Häufig ist der Drittaufwand bei von beiden Ehegatten genutzten Arbeitszimmern anzutreffen.
Der Erbe führt als Rechtsnachfolger die AfA seines Rechtsvorgängers bis zur vollen Absetzung fort. Diese Regelung ist sowohl für das Betriebsvermögen als auch das Privatvermögen maßgebend.
Die Befugnis zur AfA setzt voraus, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einkünften einsetzt. Diese Befugnis ist – bezogen auf die Regel-AfA – gleichzeitig eine Pflicht zur AfA. Dem Steuerpflichtigen steht kein Wahlrecht zu. Ist entgegen dieser Verpflichtung keine AfA vorgenommen worden, kann der Steuerpflichtige diese unterlassene AfA nachholen, indem er den Buchwert entsprechend der bisherigen AfA-Methode verteilt. Diese Handhabung darf jedoch nicht missbräuchlich zur (späteren) Steuerersparnis erfolgen (, BStBl 1981 II S. 255). Ist eine Nachholung nicht zulässig, ist der Buchwert erfolgsneutral um die unterlassene AfA zu korrigieren.
Tz. 99 Zeitlicher Geltungsbereich
Für den Beginn der AfA ist das Jahr der Anschaffung oder Herstellung maßgeblich. Der Jahresbetrag („für ein Jahr”) ist für Anschaffungen oder Herstellungen nach dem um jeden vollen Monat zu kürzen, in dem das Wirtschaftsgut nicht zum Betriebsvermögen gehört oder zur Erzielung von Einkünften verwendet wird – anteilige Jahres-AfA. Für Anschaffungen oder Herstellungen vor dem gilt die Vereinfachungsregelung in R 44 Abs. 2 Satz 3 EStR 2003.
Die AfA endet spätestens mit dem Verbrauch des AfA-Volumens, ansonsten wenn das Wirtschaftsgut entnommen oder veräußert oder die Nutzung geändert wird, da keine Verwendung des Wirtschaftsguts zur Einkünfteerzielung mehr gegeben ist bzw. das Wirtschaftsgut nicht mehr durch den Steuerpflichtigen genutzt wird (R 7.4 Abs. 8 EStR).
Tz. 100 Sachlicher Anwendungsbereich – abnutzbare Wirtschaftsgüter
Der AfA unterliegen nur solche Wirtschaftsgüter, die im Rahmen der Gewinneinkünfte zum Anlagevermögen gehören oder die bei den Überschusseinkünften zur Einkünfteerzielung verwandt werden. Bei einer gemischten Nutzung (Einkünfteerzielung einerseits/privat andererseits) ist die AfA aufzuteilen. Darüber hinaus muss es sich um Wirtschaftsgüter handeln, die der Abnutzung unterliegen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Hierzu zählen nicht Grund und Boden, Beteiligungen oder Umlaufvermögen. Bei diesen Wirtschaftsgütern können Wertänderungen nur durch Teilwertabschreibungen (s. Tz. 71) berücksichtigt werden.
Abnutzbare Wirtschaftsgüter unterliegen einer zeitlichen Beschränkung der Nutzungs- oder Verwendungsmöglichkeit infolge technischen oder wirtschaftlichen Verbrauchs unterliegen (s. z. B. , BStBl 2001 II S. 194). Ein technischer Verbrauch (Verschleiß) entfällt bei Kunstgegenständen von großem Wert (Ausnahme: Beschädigung) und bei Gegenständen, die nicht ihrer bestimmungsgemäßen Funktion entsprechend gebraucht werden. Die Abnutzbarkeit eines Firmenwerts wird von § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG fingiert.
Die sich aus der zeitlichen Beschränkung der Nutzbarkeit ergebende Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts muss voraussichtlich ein Jahr überschreiten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Tz. 101 Bemessungsgrundlage
a) Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Bemessungsgrundlage für die AfA sind grds. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Dieser Wert wird auf die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt, um so den Jahres-AfA-Betrag zu ermitteln. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden nach allgemeinen Grundsätzen ermittelt; s. hierzu Tz. 65, 66. Auf einen etwaigen höheren Wiederbeschaffungs- oder Zeitwert kommt es nicht an.
Entfallen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf mehrere Wirtschaftsgüter, sind sie auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Dies ist insbesondere beim Erwerb bebauter Grundstücke zur Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage für das Gebäude notwendig. Die Aufteilung des Kaufpreises auf den Grund und Boden und auf das Gebäude erfolgt im Verhältnis der Verkehrswerte (, BStBl 2001 II S. 183).
Bei überhöhten (unangemessenen) Anschaffungs-/Herstellungskosten erfolgt eine Aufteilung in einen angemessenen Teil und einen eben überhöhten Teil. Eine AfA ist nur vom angemessenen Teil der Anschaffungs-/Herstellungskosten vorzunehmen.
Nachträgliche Änderungen der Anschaffungs-/Herstellungskosten (Minderungen oder nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten) haben keine Rückwirkung (, BStBl 1989 II S. 41). Sie wirken sich insoweit auf die Bemessungsgrundlage aus, als diese veränderte Bemessungsgrundlage auf die Restnutzungsdauer zu verteilen ist. Genauso wird bei vorangegangener Teilwertabschreibung mit dem Restwert verfahren. Bei Gebäuden ist nach § 11c Abs. 2 Satz 2 EStDV nach einer Teilwertabschreibung lediglich die Bemessungsgrundlage zu kürzen.
b) Unentgeltlicher/teilentgeltlicher Erwerb
Im Fall des unentgeltlichen Erwerbs sind § 6 Abs. 3 und 4 EStG sowie § 11d EStDV ergänzend hinzuzuziehen. Das gilt sowohl für den Fall einer Gesamtrechtsnachfolge wie für den Fall der Einzelrechtsnachfolge. Der Rechtsnachfolger hat die Buchwerte sowie die AfA-Methode des Rechtsvorgängers fortzuführen. Entsprechendes gilt auch für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG.
Bei einem teilentgeltlichen Erwerb ist die Bemessungsgrundlage der AfA für das betreffende Wirtschaftsgut in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Bezüglich des entgeltlich erworbenen Teils liegen Anschaffungskosten vor. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Teils ist der Buchwert des Rechtsvorgängers fortzuführen. Vgl. auch , BStBl 1993 I S. 80, Rz. 14.
c) Schrottwert
Ist der Schrottwert bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens im Verhältnis zu den Anschaffungs-/Herstellungskosten und auch absolut von Erheblichkeit, ist die AfA-Bemessungsgrundlage um diesen Wert zu mindern, denn durch die Nutzung im Betrieb des Steuerpflichtigen kann der Wert des Wirtschaftsguts nicht unter den Schrottwert fallen. Eine Erheblichkeit im vorgenannten Sinne ist nur bei solchen Gegenständen gegeben, die ein hohes Eigengewicht aufweisen und aus werthaltigem Material bestehen (Flugzeuge, Schiffe). Ein relativer Schrottwert von 14 % (Pkw) ist noch nicht von Bedeutung (, BStBl 1992 II S. 1000). Bei Gebäuden kommt ein Schrottwert in keinem Fall in Betracht.
Zum Schlachtwert bei Vieh s. , BStBl 2001 I S. 864, Rz. 24.
d) Zuschüsse
Erhält der Steuerpflichtige Zuschüsse zu den Anschaffungs-/Herstellungskosten aus öffentlichen oder privaten Mitteln, steht ihm ein Wahlrecht zu. Er kann den Zuschuss von der AfA-Bemessungsgrundlage abziehen. Alternativ kann er die sofortige Versteuerung des Zuschusses (als Einnahme) wählen, dann bleibt die AfA von den vollen Anschaffungs-/Herstellungskosten bestehen (R 6.5 Abs. 2 EStR). Einer Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage entspricht die Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil bei zeitanteiliger Auflösung (, DB 1999 S. 308). Das Wahlrecht besteht bei Überschusseinkünften nicht. Der Zuschuss ist im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf den Zuschuss zu berücksichtigen (, BStBl 1995 II S. 380).
e) Einlage, Entnahme, Nutzungsänderung
Einlagen in ein Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen erfolgen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wenn sie innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft oder hergestellt worden sind, ansonsten mit dem Teilwert. Der Teilwert tritt dann an die Stelle der Anschaffungs-/Herstellungskosten und bildet die Bemessungsgrundlage der AfA. Somit wird sichergestellt, dass – außerhalb der Dreijahresfrist – nur die stillen Reserven steuerverstrickt sind, die während der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen entstehen. Dies führt aber zu Doppelabschreibungen in Fällen, in denen Wirtschaftsgüter bereits im Privatvermögen abgeschrieben wurden.
§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG berücksichtigt, in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut mit dem Teilwert eingelegt wird, dass Wirtschaftsgüter des Steuerpflichtigen schon vor der Nutzung, die zur jeweiligen AfA berechtigt, bei einer anderen Einkunftsquelle genutzt wurden, aber sich im Privatvermögen befanden. Danach mindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um bereits vorgenommene Abschreibungen (AfA, Absetzung für Substanzverringerung, erhöhte Abschreibungen sowie Sonderabschreibungen). Damit wird die doppelte Abschreibung verhindert. In den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut innerhalb der Dreijahresfrist mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingelegt wird, läuft § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG ins Leere.
Soweit ein Wirtschaftsgut steuerverstrickt i. S. von § 4 Abs. 1 Satz 7 zweiter Halbsatz EStG wird und mit dem gemeinen Wert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG anzusetzen ist, ist der gemeine Wert Bemessungsgrundlage für die AfA.
Für den Fall der vorherigen Entnahme aus einem Betriebsvermögen ist eine Regelung bezüglich der Bemessungsgrundlage für die AfA entbehrlich, da keine Steuerverstrickung etwaiger stiller Reserven mehr besteht, denn Entnahmen haben nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert zu erfolgen. In diesem Fall ist vom Entnahmewert als AfA-Bemessungsgrundlage auszugehen (, BStBl 1983 II S. 759). Zu Ausnahmen von dieser Regel und zur AfA bei Nutzungsänderungen vgl. R 7.3 Abs. 6 EStR.
Tz. 102 Abschreibungszeitraum
Der Zeitraum, auf den die Bemessungsgrundlage zu verteilen ist (Abschreibungszeitraum), bemisst sich bei den betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer und bei den nicht betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern nach der Nutzungsdauer, die das Wirtschaftsgut voraussichtlich zur Erzielung von (Überschuss)Einkünften verwendet wird. Als Grundfall der AfA ist in § 7 Abs. 1 EStG die Verteilung der Bemessungsgrundlage in gleichen Jahresraten über die Dauer der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer festgelegt. Hierin kommt die gesetzgeberische Fiktion der gleichmäßig verlaufenden Wertminderung zum Ausdruck.
Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist der Zeitraum, innerhalb dessen voraussichtlich das Wirtschaftsgut zweckentsprechend genutzt werden kann, d. h. die voraussichtliche Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung. Naturgemäß ist dieser Abschreibungszeitraum nur ein Schätzwert. Die Besonderheiten des jeweiligen Betriebs bzw. des individuellen Einsatzes sind bei der schätzweisen Ermittlung des Zeitraums zu beachten (, BStBl 1998 II S. 59).
Werden Wirtschaftsgüter des bisher nicht der Einkünfteerzielung dienenden Vermögens umgewidmet und nunmehr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Gesamtnutzungsdauer einschließlich der Zeit vor der Umwidmung zu verteilen. Als Werbungskosten (AfA) ist nur der Teil der Anschaffungs-/Herstellungskosten abziehbar, der auf die Zeit nach der Umwidmung entfällt.
Die Nutzungsdauer wird von technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Faktoren bestimmt. Als technischer Faktor stellt sich der mechanische Verschleiß dar, der sich trotz üblicher Instandhaltung einstellt. Auch äußere Einflüsse (z. B. Witterung) können eine Rolle spielen. Wirtschaftliche Faktoren ergeben sich aus dem Wertverfall des Wirtschaftsguts aufgrund gestiegener Qualität vergleichbarer Wirtschaftsgüter bzw. durch Preisverfall am Wiederbeschaffungsmarkt. Rechtliche Begrenzungen der Nutzungsdauer können sich aus Vertrag oder Gesetz ergeben (z. B. Urheberrechte).
Die jeweils kürzere Nutzungsdauer, bezogen auf die vorgenannten Faktoren, ist maßgeblich. Da die technische Abnutzung als Indiz für die maßgebliche Nutzungsdauer steht, ist der Steuerpflichtige für eine kürzere Nutzungsdauer, die sich aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Faktoren ergibt, nachweispflichtig (, BStBl 1972 II S. 176).
Keinen Einfluss auf den Abschreibungszeitraum haben Sonderfaktoren wie Veräußerungsabsicht (, BStBl 1975 II S. 478), Abbruchabsicht (, BStBl 1982 II S. 385) oder drohende Enteignung (, EFG 1994 S. 1040) vor Ablauf der Nutzungsdauer.
Zur Vereinfachung der Schätzung hat die Finanzverwaltung eine Typisierung der Nutzungsdauern in AfA-Tabellen vorgenommen. Solche existieren für die allgemein verwendbaren Anlagegüter (BStBl 2000 I S. 1533) – ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist im Allgemeinen von der Verwendung in einem bestimmten Wirtschaftszweig unabhängig – und speziell für rund 100 Wirtschaftszweige – die durchschnittliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wurde aufgrund der Erfahrungen der steuerlichen Betriebsprüfung ermittelt. S. hierzu Amtliche Abschreibungstabellen, NWB Verlag, Herne/Berlin.
Die AfA-Tabellen sind für die Gerichte nicht bindend. Sie stellen eine Leitlinie dar, ob die Schätzung der Nutzungsdauer plausibel bzw. zutreffend ist. Eine Abweichung von dieser Typisierung bedarf einer besonderen Begründung seitens des Steuerpflichtigen (vgl. , BStBl 1981 II S. 255). In Frage kommen z. B. Mehrschichtbetrieb, besondere ungewöhnliche äußere Einflüsse.
Die mehrschichtige Nutzung der Anlagegüter wird durch eine Verkürzung der Nutzungsdauer berücksichtigt, sofern diese mehrschichtige Nutzung nicht branchenüblich ist und festgelegte Nutzungsdauer bzw. AfA-Satz dies bereits berücksichtigen. Bei doppelschichtiger Nutzung wird die Nutzungsdauer um 20 %, bei drei- oder vierschichtiger Nutzung um 33 1/3 % gekürzt. Die Verkürzung der Nutzungsdauer um 20 % entspricht einer Erhöhung des AfA-Satzes um 25 %, die Verkürzung um 33 1/3 % einer Erhöhung um 50 % Dies wirkt sich bei der linearen AfA wie folgt aus:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
einschichtige Nutzung | zweischichtige Nutzung
| dreischichtige Nutzung | |||
Nutzungsdauer | AfA-Satz in % | Nutzungsdauer | AfA-Satz
in % | Nutzungsdauer | AfA-Satz in % |
8 | 12,5 | 6 | 16,66 | 5 1/3 | 19 |
10 | 10 | 8 | 12,5 | 6 2/3 | 15 |
12 | 8,33 | 9 | 11,1 | 8 | 12,5 |
15 | 6,66 | 12 | 8,33 | 10 | 10 |
20
| 5
| 16 | 6,25 | 13 1/3 | 7,5 |
Für die Nutzungsdauer des Geschäfts- und Firmenwerts eines Gewerbebetriebs oder Betriebs der Land- und Forstwirtschaft trifft das Gesetz in § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG eine Typisierung; die betriebsgewöhliche Nutzungsdauer wird mit 15 Jahren angenommen. Zur Firmenwertabschreibung vermögensverwaltender gewerblich geprägter Kommanditgesellschaften s. , BStBl 1994 II S. 449. Beim freiberuflichen Praxiswert ist von einer geringeren Nutzungsdauer als 15 Jahre auszugehen, da eine erhöhte Bindung des Kunden zur Person des Praxisinhabers anzunehmen ist. Die Nutzungsdauer ist auf 3–10 Jahre anzunehmen (, BStBl 1994 II S. 590); s. auch Tz. 75, d und 76.
Die Abschreibungszeiträume für andere immaterielle Wirtschaftsgüter richten sich nach der voraussichtlichen Verwendungsdauer im Betrieb des Steuerpflichtigen.
Übernimmt ein Handelsvertreter mehrere Vertreterbezirke seiner Vorgänger und verpflichtet sich gegenüber dem vertretenen Handelsunternehmen zu Ausgleichszahlungen, werden diese Vertreterrechte in der Bilanz des Handelsvertreters bilanziert. Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG, Geschäfts- und Firmenwerte über 15 Jahre abzuschreiben, ist auf dieses Vertreterrecht nicht anwendbar. Es ist vielmehr die konkrete betriebsgewöhliche Nutzungsdauer der Vertreterrechte zu ermitteln (, BStBl 2007 II S. 959).
Die Anschaffungs-/Herstellungskosten sind gleichmäßig auf die Nutzungsdauer zu verteilen. Die gesetzliche Grundkonzeption sieht die Bemessung der AfA in gleichen Jahresbeträgen vor (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Bei unterjähriger Anschaffung/Herstellung sieht § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG eine monatsgenaue AfA vor, wobei der Monat der Anschaffung/Herstellung voll zur AfA berechtigt.
Tz. 103 Leistungs-AfA
Der Steuerpflichtige kann nach § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG statt der linearen AfA die AfA nach dem technischen Verbrauch (Leistung) anwenden. Dieses Wahlrecht gilt nur bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, dagegen nicht bei Gebäuden und immateriellen Wirtschaftsgütern.
Das Gesetz schreibt vor, dass eine AfA nach Maßgabe der Leistung „wirtschaftlich begründet” sein muss. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die Leistung/Inanspruchnahme des Wirtschaftsguts erheblich schwankt und somit der technische Verschleiß wesentliche Unterschiede aufweist (R 7.4 Abs. 5 Satz 1 EStR). In Frage kommen z. B. Spezialmaschinen oder Lastkraftwagen.
Der Steuerpflichtige muss den auf das einzelne Wirtschaftsjahr entfallenden Umfang der Inanspruchnahme nachweisen. Dieser Leistungsnachweis kann durch Zählwerke (Einheitenzähler, Kilometerzähler, Betriebszeitmessgerät) erfolgen. Für die Berechnung der konkreten AfA ist die auf das einzelne Jahr entfallende Summe der Leistungseinheiten mit dem Quotienten aus Anschaffungs-/Herstellungskosten und Gesamtleistungseinheiten zu multiplizieren.
Ein Wechsel zur linearen AfA nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG oder von dieser zur Leistungs-AfA ist jederzeit möglich, sofern sie nicht völlig willkürlich ist.
Tz. 104 Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung
Eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) ist für alle Arten von Wirtschaftsgütern unabhängig von der Einkunftsart möglich (Wahlrecht), sofern sie abnutzbar sind.
Die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung tritt neben die normale AfA, so dass in dem betreffenden Jahr zunächst die normale AfA, sodann die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung vorzunehmen ist. Die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung ist auch neben der degressiven Gebäude-AfA (§ 7 Abs. 5 EStG) möglich (s. R 7.4 Abs. 11 EStR).
Grundsätzlich ist die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung von der Teilwertabschreibung (s. Tz. 71) zu unterscheiden. Eine Teilwertabschreibung kann auch bei einer Wertminderung vorgenommen werden, die nicht zu einer Verkürzung der Nutzungsdauer führt. Die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung setzt stets eine Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Diese kann nur auf einen unvorhersehbaren Umstand zurückzuführen sein, der von außen kommt und unmittelbar auf das Wirtschaftsgut einwirkt und insbesondere nicht durch die regelmäßigen AfA-Beträge (üblicher Gebrauch) abgegolten wird. Die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung setzt ein bestehendes abnutzbares Wirtschaftsgut voraus, d. h. sie scheidet bei unfertigen Wirtschaftsgütern aus (s. z. B. , BStBl 1995 II S. 306).
Eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung ist nur zulässig bei Substanzeinbuße am Wirtschaftsgut oder Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit. Es wird somit unterschieden zwischen außergewöhnlicher technischer und wirtschaftlicher Abnutzung.
Bei der außergewöhnlichen technischen Abnutzung ist ein erhöhter Verschleiß bzw. erhöhter Substanzverzehr gemeint. Es muss eine materielle Beschädigung oder Zerstörung vorliegen. Als solche Ereignisse oder Entwicklungen kommen insbesondere in Betracht Hochwasser, Sturm, Brand, Explosion, Bergschaden, Insektenfraß, Sachbeschädigung oder auch mangelhafte Pflege. Die Umstände können auch in der Sache selbst liegen, wie z. B. Materialmängel, Verformung, Gebäudeschwamm oder Fäulnis.
Außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung meint, dass die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts gesunken ist. So kommen ein technisches oder wirtschaftliches Überholtsein des Wirtschaftsguts als auch die vorzeitige Beendigung eines Nutzungsverhältnisses in Frage. Die wirtschaftliche Nutzbarkeit wird insbesondere nicht durch einen merkantilen Minderwert eines Unfallfahrzeugs abgebildet (, BStBl 1992 II S. 401).
Die Höhe der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung entspricht dem Verhältnis der Wertminderung zum gesamten Buchwert, welcher schon um die regelmäßige AfA gekürzt wurde. Bei teilweiser Minderung/Zerstörung ist die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung auf den auf diesen Teil entfallenden Buchwert vorzunehmen.
Eine mögliche Entschädigung, die der Steuerpflichtige von dritter Seite für den Wertverlust erhält (Versicherung, Schadensersatz) hat auf die getrennt vorzunehmende Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung keinen Einfluss. Der Grund für die Vornahme der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung ist hierdurch noch nicht beseitigt. Die Entschädigung stellt ggf. einen Ertrag dar. Die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung ist grds. in dem Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung vorliegt, spätestens in dem Veranlagungszeitraum, in dem der Steuerpflichtige die außergewöhnliche Abnutzung entdeckt hat. Ein Wahlrecht, mit der Geltendmachung der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung zu warten, bis feststeht, ob und in welcher Höhe der Schaden ersetzt wird, besteht nicht (z. B. , BStBl 1998 II S. 443).
Behebt der Steuerpflichtige den Schaden, hat eine Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten zu erfolgen. Herstellungskosten sind grds. der AfA-Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Erhaltungsaufwendungen können als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.
Dem Steuerpflichtigen steht ein Wahlrecht zur Vornahme der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung zu. Eine Ausnahme und damit eine Pflicht zur Vornahme der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung besteht nur bei Untergang des Wirtschaftsguts.
Soweit der Grund für die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung in späteren Wirtschaftsjahren entfällt, ist eine Zuschreibung vorzunehmen. Diese Pflicht zur Wertaufholung besteht bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG (§ 7 Abs. 1 Satz 7 zweiter Halbsatz EStG). Diese Regelung soll das Wertaufholungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG ergänzen. Der Nachweis des späteren Wegfalls des Grunds der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung obliegt der Finanzbehörde.
Zur Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung bei Gebäuden s. auch Tz. 107, c.
Tz. 105 Degressive Absetzung für Abnutzung
Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens besteht die Möglichkeit, anstelle der AfA nach § 7 Abs. 1 EStG die Abschreibung in fallenden Jahresbeträgen zu bemessen (sog. degressive AfA). Immaterielle Wirtschaftsgüter fallen nicht in den Anwendungsbereich von § 7 Abs. 2 EStG.
Die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 EStG sind in den letzten Jahren mehrfach geändert worden.
Der bei dieser Buchwertabsetzung anzuwendende Prozentsatz bestimmt sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Er darf für nach dem und vor dem angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter höchstens das Dreifache des bei der AfA in gleichen Jahresbeträgen in Betracht kommenden Hundertsatzes betragen und 30 % nicht übersteigen. Bei Anschaffung/Herstellung vor dem durfte der Vomhundertsatz höchstens das Zweifache des bei der AfA in gleichen Jahresbeträgen in Betracht kommenden Hundertsatzes betragen und 20 % nicht übersteigen.
Im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung” v. (BGBl I S. 2896) wurde die eigentlich durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. (BGBl I S. 1912) abgeschaffte degressive AfA nach § 7 Abs. 2 EStG wieder eingeführt, allerdings nur für nach dem und vor dem angeschafft oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und nur in Höhe des Zweieinhalbfachen des bei der Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen in Betracht kommenden Prozentsatzes, maximal 25 %.
Für Wirtschaftsgüter, die in 2008 angeschafft oder hergestellt wurden, ist § 7 Abs. 2 EStG nicht anwendbar. Nach der derzeitigen Rechtslage gilt dies auch für Wirtschaftsgüter, die nach dem angeschafft oder hergestellt werden.
Gemäß § 7a Abs. 4 EStG ist bei Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen eine degressive AfA nicht möglich. Eine Ausnahme macht § 7g Abs. 1 EStG (vgl. Tz. 116). Auch eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung ist neben der degressiven AfA nicht zulässig (§ 7 Abs. 2 Satz 4 EStG).
Diesem Verbot kann nur durch eine Teilwertabschreibung – sofern möglich – oder durch einen Wechsel der AfA-Methoden begegnet werden. Nach dem Übergang zur linearen AfA kann dann eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung geltend gemacht werden. Allerdings ist dann ein erneuter Wechsel zurück zur degressiven AfA nicht möglich; s. Tz. 106.
Die besonderen Aufzeichnungspflichten nach § 7 Abs. 2 Satz 3 i. V. mit § 7a Abs. 8 EStG stellen Tatbestandsvoraussetzungen dar. Diesen wird i. d. R. schon durch die üblichen Angaben in der Buchhaltung Genüge getan.
Auch die degressive Jahres-AfA ist entsprechend zu „zwölfteln”, sofern das Wirtschaftsgut nicht das ganze Jahr dem Unternehmen diente. Nach Ablauf der Nutzungsdauer ist der dann noch bestehende Restwert abzuschreiben.
Tz. 106 Wechsel der Absetzungsmethode
Die Vorschrift zum Wechsel zwischen der linearen und degressiven AfA wurde im Zusammenhang mit dem Wegfall der degressiven AfA (vgl. Tz. 105) im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. (BGBl I S. 1912) gestrichen, jedoch durch das Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung” v. (BGBl I S. 2896) und der damit verbundenen vorübergehenden Zulassung von degressiven Abschreibungen wieder eingeführt.
§ 7 Abs. 3 EStG lässt nur einen Wechsel von der degressiven AfA zur linearen AfA zu. Umgekehrt ist der Übergang von der linearen AfA zur degressiven AfA ausgeschlossen.
Ein Wechsel zur linearen AfA kann sich anbieten, um Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung geltend zu machen, aber vor allem, weil die linearen AfA-Beträge die Beträge der degressiven AfA ab einem bestimmten Zeitpunkt übersteigen. Die lineare AfA bemisst sich nach einem Wechsel nach dem Restwert und der verbleibenden Nutzungsdauer, welche ggf. zu schätzen ist.
Ein Wechsel von der degressiven zur linearen AfA ist zulässig, um Sonderabschreibungen vorzunehmen, neben denen nach § 7a Abs. 4 EStG nur die lineare AfA zulässig ist (, BStBl 2006 II S. 799).
Tz. 107 Lineare Gebäude-AfA
§ 7 Abs. 4 EStG bezieht sich als spezielle Regelung zu § 7 Abs. 1 EStG auf Gebäude. – Die Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs auf Gebäudeteile, die wegen eines abweichenden Nutzungs- und Funktionszusammenhangs zum (Haupt-)Gebäude selbständige Wirtschaftsgüter sind, auf Eigentumswohnungen und Räume in Teileigentum erfolgt durch § 7 Abs. 5a EStG. – § 7 Abs. 4 EStG geht von typisierten linearen Abschreibungssätzen aus, wobei eine Abweichung zugunsten des Steuerpflichtigen – bei Darlegung und Nachweis durch ihn – möglich ist. Die Vorschrift bezieht sich auf Gebäude sowohl des Betriebsvermögens als auch des Privatvermögens.
a) Typisierte AfA
Als lineare AfA sind bei Gebäuden im Inland und im Ausland ohne Rücksicht auf die tatsächliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG für den Normalfall folgende Beträge abzuziehen:
bei Wirtschaftsgebäuden jährlich 3 %,
bei Gebäuden, die nicht Wirtschaftsgebäude sind, soweit sie
vor dem fertiggestellt worden sind, jährlich 2,5 %,
nach dem fertiggestellt worden sind, jährlich 2 %
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Das Gesetz legt also typisierte feste Prozentsätze fest, nicht aber eine Gesamtnutzungsdauer von Gebäuden. Bei jedem Eigentumswechsel beginnt eine neue Nutzungsdauer. Da regelmäßig erneut der AfA-Satz von 3, 2,5 und 2 % anzuwenden ist, liegt der gesamte Absetzungszeitraum für ein Gebäude dann über der typisierten Nutzungsdauer.
Bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge führt der Erwerber die AfA jedoch fort (§ 11d EStDV). Bei einem teilentgeltlichen Erwerb erfolgt eine Aufteilung in den entgeltlich erworbenen und den unentgeltlich erworbenen Anteil am Gebäude. Bei dem unentgeltlich erworbenen Teil erfolgt eine Fortführung der AfA nach § 11d EStDV und hinsichtlich des entgeltlich erworbenen Teils wird nach § 7 Abs. 4 EStG verfahren (, BStBl 1993 I S. 80; Tz. 17 f.). Insoweit können unterschiedliche Abschreibungszeiträume entstehen.
Wirtschaftsgebäude gehören zu einem Betriebsvermögen und dienen nicht Wohnzwecken. Der Bauantrag zur Errichtung des Gebäudes muss nach dem gestellt worden sein. Es kommen insbesondere Produktions-, Verwaltungs-, Bürogebäude in Frage.
Wohnzwecken dienen z. B. auch Werkswohnungen und die Hausmeisterwohnung in einem betrieblich genutzten Gebäude.
Eine Nutzung zu Wohnzwecken liegt nicht vor bei Alters- und Pflegeheimen, sofern der Bewohner nicht die tatsächliche bzw. rechtliche Sachherrschaft über seine Unterkunft ausübt oder er sich dort nicht (wegen fehlender Kochmöglichkeit) selbst verpflegen kann (, BStBl 2004 II S. 221; , BStBl 2004 II S. 223). Im Umkehrschluss kann bei „betreutem Wohnen” von einer Nutzung zu Wohnzwecken ausgegangen werden (, BStBl 2004 II S. 225).
Zur Bemessung der linearen Gebäude-AfA bei nachträglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten s. R 7.3 Abs. 5 EStR. Zur Behandlung unterlassener/überhöhter AfA s. H 7.4 EStH.
b) AfA nach tatsächlicher Nutzungsdauer
Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG besteht für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit (Wahlrecht), eine kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nachzuweisen. Dies ist nach § 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV der Zeitraum, in dem das Gebäude voraussichtlich entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Diese kürzere Nutzungsdauer ist zu schätzen. Dabei ist die Schätzung des Steuerpflichtigen anzuerkennen, wenn sie innerhalb eines angemessenen Schätzungsrahmens liegt ( NWB PAAAB-09214). Ein entsprechendes bautechnisches Gutachten dürfte am ehesten den Nachweispflichten genügen.
Ein Wechsel von der normalen linearen AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer ist zulässig, wenn sich die Nutzungsdauer verkürzt. Ebenso kann von der AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG zur Normal-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG gewechselt werden, sofern dies nicht willkürlich erfolgt.
c) Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung
Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung sind nach § 7 Abs. 4 Satz 3 EStG bei Gebäuden zulässig, deren AfA linear bemessen wird. In § 7 Abs. 5 EStG fehlt ein entsprechender Hinweis. Für eine unterschiedliche Behandlung besteht jedoch kein Grund. Eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung kann daher auch bei Gebäuden berücksichtigt werden, bei denen die AfA degressiv berechnet wird (s. R 7.4 Abs. 11 EStR).
Häufiger Anwendungsfall ist der Erwerb eines Gebäudes mit anschließendem Abbruch des Gebäudes. Dabei ist zunächst zu unterscheiden, ob das Gebäude zum Zeitpunkt des Erwerbs schon wirtschaftlich verbraucht war oder nicht. Ist das Gebäude noch nicht wirtschaftlich verbraucht, kommt dem (subjektiven) Merkmal der Abbruchabsicht entscheidende Bedeutung zu; s. auch Tz. 78, e. Nur für den Fall, dass der Erwerber das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben hat, kann er für den Abriss des objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 4 i. V. mit Abs. 4 Satz 3 EStG vornehmen und die Abbruchkosten als Betriebsausgaben (Werbungskosten) abziehen. (S. auch , BStBl 1978 II S. 620). Wegen weiterer Einzelheiten zur Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung bei Gebäuden s. H 7.4 EStH „AfaA”.
Tz. 108 Degressive Gebäude-AfA
Statt der linearen Gebäude-AfA kann in bestimmten Fällen eine degressive AfA gewählt werden. Dieses Wahlrecht besteht nur bei im Inland belegenen Mietwohngebäuden, die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Fertigstellungsjahrs angeschafft worden sind. Es muss sich also um einen Neubau handeln; für Umbauten oder Erweiterungen ist die Regelung nicht anwendbar. Bei Herstellung durch den Steuerpflichtigen ist unerheblich, wer den Bauantrag gestellt hat. Wurde das Gebäude vom Steuerpflichtigen angeschafft, ist weitere Voraussetzung, dass der Hersteller für das veräußerte Gebäude weder degressive Gebäude-AfA noch erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen in Anspruch genommen hat.
Bei Gebäuden, die aufgrund eines nach dem und vor dem gestellten Bauantrags hergestellt oder aufgrund eines nach dem und vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft worden sind, können folgende Beträge abgezogen werden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
- im Jahr der Fertigstellung und in
den folgenden 9 Jahren | jeweils 4 %, | |
- in den
darauf folgenden 8 Jahren | jeweils
2,5 %, | |
- in den darauf folgenden 32 Jahren | jeweils 1,25 % |
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese Staffelsätze können nicht verändert werden. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung kann der Steuerpflichtige den gesamten Jahresbetrag geltend machen, selbst wenn das Gebäude erst am 31. Dezember fertiggestellt worden ist. Im Jahr der Veräußerung kann die degressive AfA dagegen nur zeitanteilig abgezogen werden.
Nach § 7 Abs. 5a EStG sind die Regelungen über die degressive Gebäude-AfA auch auf (selbständige) Gebäudeteile, Eigentumswohnungen sowie in Teileigentum stehende Räume anzuwenden.
Bei Anschaffung/Fertigstellung der Mietgebäude nach dem ist diese degressive Gebäude-AfA nicht mehr möglich.
Tz. 109 Absetzung für Substanzverringerung
Durch die Absetzung für Substanzverringerung (AfS) soll nicht ein Wertverlust, der beim Abbau entsteht, ausgeglichen werden, sondern es soll der Aufwand für den Erwerb des Wirtschaftsguts auf den Zeitraum seiner Nutzung verteilt werden (, BStBl 1989 II S. 37). Auch ein Nutzungsrecht zum Abbau fällt unter § 7 Abs. 6 EStG. Die Abschreibung kann wahlweise als lineare AfA (§ 7 Abs. 1 EStG; s. Tz. 102) oder nach dem Grad des Substanzverzehrs vorgenommen werden. Bei Überschusseinkünften ist allerdings nur die Absetzung für Substanzverringerung möglich (, BStBl 1979 II S. 38).
Meist wird die Absetzung nach dem Verhältnis von geförderter Substanz zu vorhandener Substanz ermittelt und zwar nach folgender Formel:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jährlicher Absetzungsbetrag
= | Anschaffungswert x Jahresförderungsmenge |
Gesamtsubstanzmenge beim
Erwerb |
Bei Bergwerken wird die Substanzverringerung i. d. R. aus der geförderten Menge und einem feststehenden Tonnensatz errechnet. Zur Absetzung für Substanzverringerung bei einem Bodenschatz vgl. auch R 7.5 EStR und , BStBl 2007 II S. 508.
Eine Nachholung unterbliebener Absetzung für Substanzverringerung ist möglich, indem sie in gleichen Beträgen auf die restliche Nutzungsdauer verteilt wird (, BStBl 1967 III S. 460). Absetzungen für Substanzverringerung, die unterblieben sind, um dadurch unberechtigte Steuervorteile zu erlangen, dürfen nicht nachgeholt werden (R 7.5 Satz 4 EStR).
VI. Erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen
Tz. 110 Gemeinsame Vorschriften für erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen
a) Allgemeines
Die ergänzenden Regelungen des § 7a EStG, die für sich keine neuen Begünstigungstatbestände darstellen, finden auf alle (neben der AfA möglichen) Sonderabschreibungen und (anstelle der AfA möglichen) erhöhten Absetzungen Anwendung. § 7a EStG bezieht sich dagegen nicht z. B. auf Bewertungsfreiheiten oder Rücklagen. Die Regelungen gelten bei allen Einkunftsarten, also auch bei den Überschusseinkünften. Sollen die Regelungen insgesamt oder teilweise nicht angewendet werden, ist dies in den jeweiligen Einzelvorschriften ausdrücklich erwähnt. S. auch R 7a EStR.
b) Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Fallen während des Begünstigungszeitraums nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten an, sind vom Zeitpunkt der Entstehung solcher Kosten an bis zum Ende dieses Zeitraums die normalen AfA, die erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen nach den um die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöhten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bemessen. Begünstigungszeitraum ist der Zeitraum, in dem für ein Wirtschaftsgut erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden dürfen (§ 7a Abs. 1 EStG). Aus Vereinfachungsgründen sind die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten so zu berücksichtigen, als wären sie zu Beginn des Entstehungsjahrs aufgewendet worden.
Diese Regelung gilt nicht, wenn die nachträglichen Herstellungsarbeiten selbständig abgeschrieben werden oder so umfassend sind, dass ein anderes Wirtschaftsgut entsteht.
Bei nachträglicher Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (z. B. durch Zuschüsse) bemessen sich vom Jahr der Minderung an bis zum Ende des Begünstigungszeitraums Normal-AfA, erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen nach den geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Vgl. auch R 7a Abs. 4 EStR.
S. auch die Beispiele in H 7a EStH.
c) Anzahlungen auf Anschaffungskosten und Teilherstellungskosten
Lässt es eine Vorschrift zu, dass der Steuerpflichtige schon vor Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen vornehmen darf, wird durch § 7a Abs. 2 EStG die Ersatzbemessungsgrundlage bestimmt, nämlich die Anzahlungen auf Anschaffungskosten oder die Teilherstellungskosten. Die Regelung des § 7a Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach in Anspruch genommene Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen nach Erwerb oder Fertigstellung des Wirtschaftsguts das Begünstigungsvolumen vermindern, ergibt sich schon aus dem Verbot, Aufwendungen steuerlich doppelt zu berücksichtigen.
Anzahlungen auf Anschaffungskosten setzen voraus, dass vor Lieferung und nach Vertragsabschluss tatsächlich (Voraus-)Zahlungen auf den Kaufpreis geleistet werden (, BStBl 1983 II S. 509). Die Zahlungen bedürfen zur Anerkennung einer wirtschaftlichen Veranlassung, d. h. sie dürfen nicht willkürlich sein. Eine Zahlung ist nicht als willkürlich anzusehen, wenn das Wirtschaftsgut spätestens im folgenden Jahr geliefert wird. S. auch R 7a Abs. 5 EStR.
Durch die Zahlung muss eine Tilgungswirkung hinsichtlich der Kaufpreisschuld erfolgen. Der Empfänger muss frei über die Zahlung verfügen können. Zahlungen auf ein Notaranderkonto, Treuhandkonto oder ein zugunsten des Zahlenden gesperrtes oder gepfändetes Bankkonto genügen nicht.
Zahlungszeitpunkt ist bei Banküberweisungen der Tag der Erteilung des Überweisungsauftrags. Zur Vermeidung von gezielten (ungerechtfertigten) Vorverlagerungen bestimmt § 7a Abs. 2 Satz 4 EStG, dass bei Hingabe von Wechseln erst der Zeitpunkt der Diskontierung bzw. Einlösung maßgeblich ist. Entsprechendes gilt bei Hingabe eines Schecks.
Teilherstellungskosten sind die Herstellungskosten, die für ein bis zum Bilanzstichtag noch nicht fertiges oder in der Fertigung befindliches Wirtschaftsgut bis zum Bilanzstichtag angefallen sind. Sie setzen den tatsächlichen Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen voraus. Dabei muss es sich um nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (s. Tz. 59, f) zu aktivierende Kosten handeln, die in das betreffende Wirtschaftsgut eingegangen sind.
d) Mindestabsetzung bei erhöhten Absetzungen
Bei Wirtschaftsgütern, bei denen erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen werden, müssen in jedem Jahr des Begünstigungszeitraums mindestens Absetzungen in Höhe der linearen AfA (§ 7 Abs. 1 oder 4 EStG) vorgenommen werden.
e) Sonderabschreibung und normale AfA
Können für ein Wirtschaftsgut Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden, sind zwingend daneben die lineare AfA nach § 7 Abs. 1 oder 4 EStG vorzunehmen. Degressive AfA sind neben Sonderabschreibungen grds. nicht zulässig. Dagegen kann statt der linearen AfA auch die Leistungs-AfA in Anspruch genommen werden. Ebenfalls zulässig sind Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung.
Ein Wechsel von der degressiven zur linearen AfA ist zulässig, um Sonderabschreibungen vorzunehmen (vgl. dazu aber Tz. 107). Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für das betreffende Wirtschaftsgut in früheren Jahren eine degressive AfA vorgenommen wurde (, BStBl 2006 II S. 799).
f) Kumulationsverbot
§ 7a Abs. 5 EStG versagt dem Steuerpflichtigen eine Mehrfachbegünstigung. Liegen bei einem Wirtschaftsgut die Voraussetzungen für erhöhte AfA bzw. Sonderabschreibungen aufgrund mehrerer Vorschriften vor, bleibt es zwar dem Steuerpflichtigen überlassen, welche dieser Möglichkeiten er in Anspruch nehmen will. Er darf jedoch nur eine dieser Vergünstigungen in Anspruch nehmen. Eine Besonderheit ist bei nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu beachten; s. hierzu R 7a Abs. 7 EStR.
g) Buchführungsgrenzen
§ 7a Abs. 6 EStG soll verhindern, dass an sich buchführungspflichtige Steuerpflichtige durch die Verringerung des Gewinns durch erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen ihrer Buchführungspflicht enthoben werden. Die Begünstigungsnormen sollen ihre Wirkung auf der Liquiditätsebene des Steuerpflichtigen entfalten. Weitere Erleichterungen sind grds. nicht bezweckt. Soweit der Steuerpflichtige erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen vom Gewinn in Abzug gebracht hat, müssen sie für die Beurteilung, ob Buchführungspflicht besteht, wieder dem Gewinn zugerechnet werden; die erhöhten Absetzungen allerdings nur insoweit, als sie die AfA nach § 7 EStG übersteigen.
h) Mehrere Beteiligte
Die Regelungen in § 7a Abs. 7 EStG finden Anwendung, wenn ein Wirtschaftsgut mehreren Beteiligten als Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741, 1008 BGB) oder als Gesamthandsgemeinschaft (§§ 505 ff., 719 BGB) zuzurechnen ist. Liegen die Voraussetzungen für erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen nur bei einzelnen Beteiligten vor, dürfen diese Vergünstigungen nur anteilig (nach der Beteiligungsquote) von diesen Beteiligten in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus können diese Beteiligten die erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen auch nur einheitlich, d. h. mit einem einheitlichen Hundertsatz, vornehmen (, BStBl 1986 II S. 910). Liegen die Voraussetzungen bei allen Beteiligten vor, dürfen die erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen von allen Beteiligten nur mit einem einheitlichen Hundertsatz vorgenommen werden.
i) Aufzeichnungspflichten
Bei Wirtschaftsgütern, die zu einem Betriebsvermögen gehören (also z. B. nicht bei Vermietung und Verpachtung), werden erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen nur gewährt, wenn die begünstigten Wirtschaftsgüter in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen werden. – Sind die Angaben aus der Buchführung ersichtlich, ist das Verzeichnis entbehrlich. – § 7a Abs. 8 EStG zählt auf, welche Angaben das Verzeichnis enthalten muss. Die Voraussetzungen des Verzeichnisses sind auch dann erfüllt, wenn es erst im Zeitpunkt der Geltendmachung der erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen erstellt wird (, BStBl 1985 II S. 47).
j) AfA im Anschluss an Sonderabschreibungen
Wurden Sonderabschreibungen vorgenommen, bemessen sich nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums die AfA bei Gebäuden, Gebäudeteilen usw. (s. § 7 Abs. 5a EStG) nach dem Restwert und dem nach § 7 Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden Prozentsatz, bei anderen Wirtschaftsgütern nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer (§ 7a Abs. 9 EStG). S. auch R 7a Abs. 9 und 10 EStR.
Tz. 111 Erhöhte Absetzungen für Einfamilienhäuser
§ 7b EStG sieht erhöhte Absetzungen für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen vor. Da das begünstigte Objekt vor dem hergestellt oder angeschafft sein musste und die Begünstigung acht Jahre gewährt werden konnte, hatte die Vorschrift nur bis einschließlich 1993 aktuelle Bedeutung. Nach § 7b Abs. 1 Satz 2 EStG ist nunmehr nur noch eine Restwert-AfA in Höhe von jährlich 2,5 % möglich.
Tz. 112 Erhöhte Absetzungen für Baumaßnahmen zur Schaffung neuer Mietwohnungen
Erhöhte Absetzungen waren über fünf Jahre möglich, wenn die Wohnung vor dem fertig gestellt worden war. Der Begünstigungszeitraum endete also spätestens Ende 1999. § 7c EStG hat daher keine aktuelle Bedeutung mehr.
Tz. 113 Erhöhte Absetzungen beim Umweltschutz
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die dem Umweltschutz dienten und die vor dem angeschafft oder hergestellt wurden, konnten über fünf Jahre erhöht abgeschrieben werden. § 7d EStG hat also keine aktuelle Bedeutung mehr.
Tz. 114 Bewertungsfreiheit für Anlagegüter privater Krankenhäuser
Nach § 7f EStG konnten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die dem Betrieb privater Krankenhäuser dienten, in den ersten fünf Jahren Sonderabschreibungen vorgenommen werden. Die Bestellung der Wirtschaftsgüter oder der Herstellungsbeginn musste vor dem liegen. Die Vorschrift hat somit keine aktuelle Bedeutung mehr.
Tz. 115 Investitionsabzugsbeträge zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe
a) Überblick
§ 7g EStG soll die Liquidität und Eigenkapitalausstattung kleiner und mittlerer Betriebe verbessern und die Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts ermöglichen (§ 7g EStG wird auch als „Mittelstands-AfA” bezeichnet). Dadurch soll die Wettbewerbssituation verbessert, deren Liquidität und Eigenkapitalbildung unterstützt und die Investitions- und Innovationskraft gestärkt werden. Die Inanspruchnahme von § 7g Abs. 1 EStG führt zu einer Steuerstundung, wodurch Mittel angespart werden können, um dem Unternehmen die Finanzierung von Investitionen zu erleichtern.
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. (BGBl 2007 I S. 1912) wurde § 7g EStG grundlegend überarbeitet. Die früheren Ansparabschreibungen wurden in sog. Investitionsabzugsbeträge umgewandelt. § 7g EStG a. F. gilt allerdings solange fort, wie entsprechende Rücklagen bilanziert und noch nicht aufgelöst worden sind und Sonderabschreibungen für vor dem angeschaffte Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden (§ 52 Abs. 23 Satz 3 EStG). Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG n. F. können bereits für Wirtschaftsjahre, die nach dem enden, beansprucht werden. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, gilt die Neuregelung folglich bereits ab 2007 (§ 52 Abs. 23 Satz 1 EStG). Die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG n. F in Höhe von 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten können erstmals für nach dem angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden (§ 52 Abs. 23 Satz 2 EStG).
Es können Investitionsabzugsbeträge von insgesamt bis zu 200.000 € außerbilanziell abgezogen werden. Die anzuschaffenden oder herzustellenden Wirtschaftsgüter müssen – abweichend von der früheren Regelung – nicht neu sein und auch nicht genau, sondern nur ihrer Funktion nach benannt werden. Zusätzlich zum Investitionsabzugsbetrag gibt es eine Sonderabschreibung in Höhe von 20 %, die auch ohne vorherige Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrags gewährt wird (s. Tz. 116). Die bisherigen höheren Gewinnminderungsmöglichkeiten für Existenzgründer (sog. Existenzgründerrücklagen) sind entfallen. Näheres s. Pitzke, NWB F. 3 S. 14671 ff. NWB VAAAC-52220, und Schmidt, BBK F. 13 S. 5139 ff. NWB YAAAC-59445 Sarie BBK F. 13 S. 5083 ff. NWB DAAAC-53934.
Die Finanzverwaltung nimmt im (BStBl 2009 I S. 633) ausführlich zum neuen Investitionsabzugsbetrag Stellung (Erläuterungen hierzu s. auch Pitzke, NWB 27/2009 S. 2063, NWB MAAAD-23520).
b) Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1 EStG)
Investitionsabzugsbeträge können für die Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Anspruch genommen werden. Zusätzlich müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
Betriebsgrößenmerkmal: Bei Gewerbetreibenden und Selbständigen mit Gewinnermittlung nach Betriebsvermögensvergleich darf das Betriebsvermögen höchstens 235.000 € betragen. Bei Land- und Forstwirten darf der Wirtschaftswert oder Ersatzwirtschaftswert 125.000 € nicht überschreiten. Bei Einnahmenüberschussrechnung darf der Gewinn vor Abzug des Investitionsabzugsbetrags 100.000 € nicht übersteigen.
Im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung” v. (BGBl I S. 2896) wurde für Wirtschaftsjahre, die nach dem und vor dem 1. 1. 2011 enden, die Betriebsvermögensgrenze auf 335.000 €, der Wirtschaftswert/ Ersatzwirtschaftswert auf 175.000 € und die Gewinngrenze auf 200.000 € erhöht (§ 52 Abs. 23 Satz 5 EStG).Anschaffungs-/Herstellungszeitraum: Der Steuerpflichtige beabsichtigt die Anschaffung oder Herstellung in den folgenden drei Wirtschaftsjahren nach dem Wirtschaftsjahr des Abzugs des Investitionsbetrags.
Betriebliche Nutzung: Das Wirtschaftsgut wird mindestens bis zum Ende des auf das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich, d. h. zu mind. 90 %, betrieblich genutzt.
Angaben gegenüber dem Finanzamt: Das begünstigte Wirtschaftsgut muss in den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benannt sein und die künftigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten müssen der Höhe nach angegeben werden.
Der Investitionsabzugsbetrag kann nur für Anschaffungen oder Herstellungen in einem dem Abzugsjahr folgenden Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen werden.
c) Investitionsabzugsbetrag
Der Investitionsabzugsbetrag kann in Höhe von bis zu 40 % der künftigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden.
Er mindert den Gewinn außerbilanziell. Daher werden die Handelsbilanz und der handelsrechtliche Gewinn davon nicht berührt. Ebenso sind die Bilanzberichtigungsvorschriften (§ 4 Abs. 2 EStG) nicht auf den Abzug anzuwenden. Die Summe aller noch „vorhandenen” Investitionsabzugsbeträge darf 200.000 € je Betrieb nicht übersteigen. Durch den Investitionsabzugsbetrag darf sich auch ein steuerlicher Verlust erstmals ergeben oder erhöhen.
d) Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags bei planmäßiger Durchführung der Investition (§ 7g Abs. 2 EStG)
Im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts ist der Investitionsabzugsbetrag zwingend in Höhe von 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten außerbilanziell gewinnerhöhend hinzuzurechnen. Dabei darf der für das Wirtschaftsgut gebildete Investitionsabzugsbetrag aber nicht überschritten werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Investitionsabzugsbetrag nicht in voller Höhe der 40 % der geplanten Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt wurde oder wenn die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten geringer sind als die geplanten Aufwendungen.
Gleichzeitig mit der Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts gewinnwirksam herabgesetzt werden (Wahlrecht). Die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen nach den § 6 Abs. 2 und 2a EStG und § 7 EStG verringert sich entsprechend. Dies wirkt sich im Ergebnis wie eine Sonderabschreibung aus.
e) Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags bei fehlender oder nicht funktionsgleicher Investition (§ 7g Abs. 3 EStG)
Erfolgt die geplante Investition nicht oder ist das angeschaffte bzw. hergestellte Wirtschaftsgut nicht funktionsgleich, ist der Investitionsabzugsbetrag rückwirkend in dem Jahr des Abzugs rückgängig zu machen. § 7g Abs. 3 EStG enthält hierfür eine (mit § 10d EStG vergleichbare) eigene Änderungsvorschrift.
f) Nichteinhaltung der Verbleibens- und Nutzungsfristen (§ 7g Abs. 4 EStG)
Werden die Verbleibens- und Nutzungsfristen des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllt (sog. schädliche Verwendung), sind der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG, die Hinzurechnung sowie die im Rahmen des Wachrechts gegebenenfalls erfolgte Herabsetzung der Bemessungsgrundlage nach § 7g Abs. 2 EStG und die sich daraus ergebenden Folgeänderungen bei der Abschreibung rückgängig zu machen. § 7g Abs. 4 EStG enthält hierfür ebenfalls eine eigene Änderungsvorschrift.
Tz. 116 Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe
Ohne vorherige Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 EStG oder gar der Bildung einer Ansparabschreibung nach altem Recht können für nach dem 1. 1. 2008 angeschaffte oder hergestellte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter Sonderabschreibungen in Höhe von bis zu 20 % insgesamt verteilt über die ersten fünf Nutzungsjahre in Anspruch genommen werden. Lediglich die oben unter Tz. 115, b beschriebenen Betriebsgrößenmerkmale im Vorjahr und die Voraussetzung der betrieblichen Nutzung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im Folgejahr müssen erfüllt sein. Bei Wirtschaftsgütern, die nach dem und vor dem 1. 1. 2011 angeschafft oder hergestellt werden, gelten für das Betriebsvermögen des Vorjahrs die vorübergehend erhöhten Betriebsgrößengrenzen (vgl. Tz. 115 b).
Die Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG können neben der AfA nach § 7 Abs. 1 EStG oder § 7 Abs. 2 EStG (degressive AfA, s. Tz. 105) beansprucht werden (vgl. § 7g Abs. 5 EStG aktuelle Fassung).
Tz. 117 Erhöhte Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen
a) Begünstigte Wirtschaftsgüter
Erhöhte AfA nach § 7h EStG sind nur möglich bei Gebäuden, die im Inland in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich belegen sind. Begünstigt sind ferner Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume. Nicht begünstigt sind Abriss und Neubau eines Gebäudes (vgl. , BStBl 2003 II S. 238), es sei denn, es liegt eine entsprechende Sanierungsbescheinigung der Gemeinde vor, die vor dem erteilt wurde (s. , BStBl 2007 II S. 373, und , BStBl 2007 I S. 475). Unerheblich ist, ob das Gebäude zum Betriebsvermögen oder Privatvermögen gehört. Für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Häuser ist § 7h EStG nicht anwendbar; hier gilt § 10f EStG; s. Tz. 159).
b) Begünstigte Maßnahmen
§ 7h EStG enthält drei Begünstigungstatbestände. Begünstigt sind
Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, zu denen der Eigentümer gem. § 177 BauGB verpflichtet worden ist;
Herstellungskosten für Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes dienen, das wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll und zu deren Durchführung sich der Eigentümer neben bestimmten Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat;
Anschaffungskosten für Maßnahmen, die zeitlich nach dem rechtswirksamen Abschluss eines obligatorischen Erwerbsvertrags oder eines gleichstehenden Rechtsakts durchgeführt worden sind. Der eigentliche Kaufpreis ist nicht begünstigt. Dem Wesen nach handelt es sich bei den begünstigten Aufwendungen um anschaffungsnahen Aufwand (Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Auflage 2008, § 7h Rz. 3).
Für die Begünstigung von Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen ist es unschädlich, wenn die zugrunde liegende Sanierungssatzung während oder nach Durchführung der Maßnahmen aufgehoben wird (R 7h Abs. 7 EStR). Nicht begünstigt sind Stadtumbaumaßnahmen an Gebäuden im Stadtumbaugebiet i. S. der §§ 171a–171d BauGB.
c) Bescheinigung
Materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme erhöhter AfA ist eine Bescheinigung der zuständigen Gemeinde, mit der die Begünstigungsvoraussetzungen nachgewiesen werden. Die Bescheinigung hat auch die Höhe etwaig gewährter Zuschüsse zu enthalten. Werden Zuschüsse nach Ausstellung der Bescheinigung gewährt, ist diese entsprechend zu ändern. Die Finanzverwaltung ist an die Bescheinigung gebunden (s. auch R 7h Abs. 4 EStR und , BStBl 2007 I S. 475).
d) Erhöhte Absetzungen
Der Steuerpflichtige kann im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 % der begünstigten Herstellungskosten abschreiben. Bei Anschaffungen sind im Jahr der Abschlusses der Maßnahmen und in den folgenden elf Jahren erhöhte AfA für begünstigte Anschaffungskosten möglich. Bemessungsgrundlage sind die Herstellungskosten/Anschaffungskosten abzüglich erhaltener Zuschüsse. Teilherstellungskosten sind nicht begünstigt. Nutzt der Steuerpflichtige nicht die volle Abschreibung aus, besteht keine Nachholungsmöglichkeit. Nach Ablauf des Begünstigungszeitraums ist ein Restwert den Herstellungskosten/Anschaffungskosten des Gebäudes oder dem an deren Stelle tretenden Wert hinzuzurechnen. Die weiteren AfA sind einheitlich für das gesamte Gebäude nach dem sich hiernach ergebenden Betrag und dem für das Gebäude maßgebenden Hundertsatz zu bemessen. Im Veräußerungsjahr kann der volle Jahresbetrag der erhöhten AfA geltend gemacht werden (, BStBl 1996 II S. 645).
Tz. 118 Erhöhte Absetzungen bei Baudenkmalen
a) Begünstigte Wirtschaftsgüter und Maßnahmen
Erhöhte AfA nach § 7i EStG sind nur möglich bei Gebäuden, Gebäudeteilen, Eigentumswohnungen oder im Teileigentum stehenden Räumen, die nach den landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal sind. Die Gebäude usw. müssen im Inland belegen sein. Die Zuordnung zum Betriebsvermögen oder Privatvermögen ist unerheblich.
Die Baumaßnahmen müssen nach Art und Umfang zur Erhaltung des begünstigten Objekts als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sein. Eine sinnvolle Nutzung bedeutet, dass die Erhaltung der schützenswerten Substanz des Objekts auf Dauer gewährleistet ist. Die Baumaßnahmen sind in Abstimmung mit der Denkmalbehörde durchzuführen (§ 7i Abs. 1 Satz 6 EStG).
Bei einem Gebäude, das Teil einer geschützten Gebäudegruppe oder Gesamtanlage ist, müssen die Baumaßnahmen zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbilds der Gebäudegruppe oder der Gesamtanlage erforderlich sein.
b) Bescheinigung
Die nach Landesrecht für den Denkmalschutz zuständige Behörde hat die Denkmaleigenschaft des begünstigten Objekts und die Erforderlichkeit der Aufwendungen zu bescheinigen. Die Bescheinigung hat auch die Höhe etwaig gewährter Zuschüsse zu enthalten. Werden Zuschüsse nach Ausstellung der Bescheinigung gewährt, ist diese entsprechend zu ändern. Zur Prüfungskompetenz der Denkmalbehörden und der Finanzbehörden vgl. R 7i EStR und , BStBl 2007 I S. 475.
c) Erhöhte Absetzungen
Erhöhte AfA können im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 % der begünstigten Herstellungskosten vorgenommen werden. Bei Anschaffungen sind im Jahr des Abschlusses der Maßnahmen und in den folgenden elf Jahren erhöhte AfA für begünstigte Anschaffungskosten möglich. Nimmt der Steuerpflichtige in einem Jahr die erhöhten AfA nicht in Anspruch, besteht in den Folgejahren keine Nachholungsmöglichkeit, auch nicht bei versehentlich unterlassener erhöhter AfA (, BStBl 1984 II S. 709). Zur Restwert-AfA und zum Abzug des vollen Jahresbetrags im Veräußerungsjahr vgl. Tz. 117, d.
d) Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage sind die Herstellungskosten sowie Anschaffungskosten, soweit die begünstigten Baumaßnahmen nach dem rechtswirksamen Abschluss des obligatorischen Erwerbsvertrags durchgeführt werden. Der eigentliche Kaufpreis wird nicht begünstigt. Auch Teilherstellungskosten sind nicht begünstigt (, BStBl 1996 II S. 215). Zuschüsse mindern zwingend die Bemessungsgrundlage für die erhöhten AfA.
Tz. 119 Erhöhte Absetzungen für Wohnungen mit Sozialbindung
§ 7k EStG begünstigt Wohnungen, die nachweislich an Sozialmieter vermietet werden. Da die Wohnungen vor dem fertiggestellt sein mussten und der Begünstigungszeitraum 2004 endete, hat die Vorschrift keine aktuelle Bedeutung mehr.
Tz. 120 Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen
Führen Baumaßnahmen an Objekten des § 7h EStG (vgl. Tz. 117) nicht zu Herstellungskosten oder Anschaffungskosten, sondern zu Erhaltungsaufwand, ist nach Wahl des Steuerpflichtigen statt des Sofortabzugs eine gleichmäßige Verteilung des Erhaltungsaufwands auf 2–5 Jahre möglich. Steht das Gebäude im Eigentum mehrerer Personen, ist der Erhaltungsaufwand von allen Eigentümern auf den gleichen Zeitraum zu verteilen. Es ist nur der Erhaltungsaufwand berücksichtigungsfähig, der nicht durch Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gedeckt ist. Das Gebäude kann sich im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen befinden. Bei den Gewinneinkünften gilt § 4 Abs. 8 EStG, d. h. auch hier ist eine Verteilung auf 2–5 Jahre möglich.
Wird das Objekt während des Verteilungszeitraums veräußert, ist der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Veräußerung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzusetzen. Das Gleiche gilt, wenn ein nicht zu einem Betriebsvermögen gehörendes Objekt in ein Betriebsvermögen eingebracht oder wenn ein Objekt aus dem Betriebsvermögen entnommen oder nicht mehr zur Einkunftserzielung genutzt wird.
Wegen des Bescheinigungsverfahrens und der im Einzelnen begünstigten Objekte vgl. § 7h EStG; Tz. 117.
Tz. 121 Erhaltungsaufwand bei Baudenkmalen
Führen Baumaßnahmen an Objekten des § 7i EStG (vgl. Tz. 118) nicht zu Herstellungskosten oder Anschaffungskosten, sondern zu Erhaltungsaufwand, kann der Steuerpflichtige den durch Zuschüsse aus öffentlichen Kassen nicht gedeckten Erhaltungsaufwand für ein im Inland belegenes Gebäude oder ein Gebäudeteil, das ein Baudenkmal ist, auf 2–5 Jahre gleichmäßig verteilen. Die Aufwendungen müssen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes oder Gebäudeteils als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich und die Maßnahmen in Abstimmung mit der zuständigen Denkmalbehörde vorgenommen worden sein. Für Gebäude oder Gebäudeteile, die nicht selbst ein Baudenkmal sind, aber zu einer Gesamtanlage gehören, die unter Denkmalschutz steht, gelten die gleichen Grundsätze.
Wegen des Bescheinigungsverfahrens und der im Einzelnen begünstigten Objekte vgl. § 7i EStG; Tz. 118. Für den Fall der Veräußerung des Gebäudes während des Verteilungszeitraums gelten die gleichen Grundsätze wie bei § 11a EStG; vgl. Tz. 120).
VII. Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten
Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4–7 EStG genannten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und die sonstigen Einkünfte i. S. des § 22 EStG werden nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG als Überschuss der Einnahmen (§ 8 EStG) über die Werbungskosten (§§ 9, 9a EStG) ermittelt (Überschusseinkünfte).
Es gilt das Nettoprinzip (, BStBl 1995 II S. 281): Die bei der Einkunftserzielung angefallenen Aufwendungen werden abgezogen, nur das Nettoergebnis wird besteuert. Dieses Nettoergebnis kann positiv (Überschuss) oder negativ (Verlust) sein. Dabei handelt es sich grds. um eine Barrechnung, bei der nur die tatsächlich zugeflossenen Einnahmen und die tatsächlich abgeflossenen Ausgaben gegenüberzustellen sind. Ein Vermögensvergleich findet nicht statt. Forderungen und Schulden sind daher nicht zu berücksichtigen. Für eine Anwendung der Bewertungsvorschriften des § 6 EStG und damit beispielsweise für eine Teilwertabschreibung ist regelmäßig kein Raum, zumal auch die Vermögensobjekte selbst, aus denen Einnahmen erzielt werden, bei der Ermittlung der Überschusseinkünfte grds. außer Betracht bleiben. Allerdings finden nach der ausdrücklichen Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG die Vorschriften der Absetzung für Abnutzung und für Substanzverringerung und erhöhte Absetzungen auch bei den Überschusseinkünften Anwendung; § 6 Abs. 2 Satz 1–3 EStG ist entsprechend anzuwenden; s. Tz. 124, f.
Tz. 122 Einnahmen
Einnahmen sind nach § 8 Abs. 1 EStG alle in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4–7 EStG (s. Tz. 8) zufließen. Es muss also von außen (von dritter Seite) ein wirtschaftlicher Vorteil zugewendet werden. Fiktive Einnahmen werden nicht besteuert. Verzichtet der Vermieter wegen Zahlungsunfähigkeit seines Mieters beispielsweise endgültig auf eine Monatsmiete, liegt in Höhe dieser Monatsmiete mangels Vermögensmehrung von außen keine Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vor. Ersparte Ausgaben sind nur Einnahmen, wenn beim Steuerpflichtigen objektiv eine Bereicherung eintritt und die Bereicherung dem Steuerpflichtigen von außen zufließt. Demnach ist z. B. die Reparatur an einem Gebäude durch den Eigentümer keine Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Auch Wertsteigerungen von Vermögen sind keine Einnahmen. Einnahmen sind keine Einkünfte, sondern ungekürzte Bruttobezüge. Unter Einnahmen i. S. des § 8 Abs. 1 EStG sind die im Rahmen der Überschusseinkünfte zufließenden Erlöse zu verstehen.
Die Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens führt grds. nicht zu steuerbaren Vermögensmehrungen (s. aber §§ 17, 23 EStG). Unter den Begriff der Einnahmen i. S. des § 8 Abs. 1 EStG fallen daher regelmäßig nicht die Erlöse, die aus der Veräußerung der als Einkommensquelle benutzten Wirtschaftsgüter erzielt werden, ferner nicht die Erlöse aus der Veräußerung von Gegenständen, die der Einkunftserzielung gedient haben, z. B. Verkaufserlös eines für berufliche Zwecke angeschafften und benutzten Kraftfahrzeugs, Veräußerungserlös von Wertpapieren oder Veräußerungserlös eines Vermietungsobjekts. Diese Erlöse werden steuerlich aber erfasst, wenn die Voraussetzungen der §§ 17, 23 EStG vorliegen oder es sich um Betriebseinnahmen handelt.
Zu den Einnahmen rechnen Geld in inländischer oder ausländischer Währung (Umrechnung in Euro) sowie andere Sachen und Rechte, die in Geldeswert bestehen und durch deren Zufluss eine Vermögensmehrung eintritt, z. B. Sachbezüge wie unentgeltliche oder verbilligte Wohnung, Kleidung, Kost, Heizung, Waren, Deputate. Ferner können Nutzungen Einnahmen i. S. des § 8 EStG sein (z. B. Vorteile eines Arbeitnehmers aus der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs des Arbeitgebers zu privaten Fahrten).
Unerheblich für die Erfassung von Einnahmen ist, ob einmalig oder laufend, ob mit Rechtsanspruch oder freiwillig und unter welcher Bezeichnung gezahlt wird, desgleichen, ob es sich um Einnahmen aus einer unsittlichen oder gesetzwidrigen Tätigkeit handelt. Die Rückzahlung von Werbungskosten der Vorjahre ist als Einnahme i. S. des § 8 EStG anzusehen. Auch Vorteilszuwendungen durch Dritte können Einnahmen sein, z. B. Trinkgelder eines Gasts (vgl. hierzu auch § 3 Nr. 51 EStG).
Sachleistungen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise aus Anlass eines besonderen Ereignisses ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen, sind als bloße Aufmerksamkeit kein Arbeitslohn (R 19.6 LStR). Dazu gehören Sachzuwendungen – also nicht Geldzuwendungen – bis zu einem Wert von 40 € (z. B. Blumen, Genussmittel zum Verzehr im Betrieb, Bücher). Auch Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern bei Betriebsveranstaltungen gewährt, gehören als Leistungen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht zum Arbeitslohn, wenn es sich um übliche Betriebsveranstaltungen und um bei diesen übliche Zuwendungen handelt. Beträgt der Wert der Zuwendungen insgesamt mehr als 110 € je Arbeitnehmer und Veranstaltung, sind sie dem steuerpflichtigen Arbeitslohn insgesamt hinzuzurechnen. Zu Einzelheiten s. R 19.5 LStR.
Die nicht in Geld bestehenden Einnahmen sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.
Nach dieser Vorschrift zu bewertende Sachbezüge bleiben außer Ansatz, wenn die Vorteile insgesamt 44 € im Kalendermonat nicht übersteigen (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG). Diese Freigrenze gilt für den einzelnen Kalendermonat, sie ist kein Jahresdurchschnittsbetrag und darf auch nicht auf einen Jahresbetrag hochgerechnet werden. Sie findet u. a. keine Anwendung auf zweckgebundene Geldleistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer (, BStBl 2005 II S. 137), auf Lohnzahlungen in einer gängigen ausländischen Währung (, BStBl 2005 II S. 135), auf die Vorteile aus der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs und bei Ansatz der amtlichen Sachbezugswerte nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV. Vgl. hierzu im Einzelnen § 8 Abs. 2 Satz 6–8 EStG und R 8.1 Abs. 4 LStR.
§ 8 Abs. 2 Satz 2–5 EStG regelt die Bewertung der Vorteile, die einem Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber durch Überlassung eines Kraftfahrzeugs gewährt werden. Zu Einzelheiten s. R 8.1 Abs. 9 LStR, , BStBl 2008 I S. 961, und - S 2334, BStBl 2009 I S. 500, sowie Tz. 90.
Erhält ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, sind nach § 8 Abs. 3 EStG die maßgeblichen Endpreise um 4 % zu mindern (s. hierzu R 8.2 LStR). Bei solchen Sachbezügen ist ein Rabattfreibetrag von jährlich 1.080 € anzusetzen.
§ 8 Abs. 3 EStG ist eine Spezialvorschrift zu § 8 Abs. 2 EStG. Liegen die Voraussetzungen von § 8 Abs. 3 EStG vor, schließt dies die Anwendung von § 8 Abs. 2 EStG aus (, BStBl 2007 I S. 464, aber vgl. zur Möglichkeit, entsprechende Verfahren ruhen zu lassen, NWB GAAAC-49705 und NWB LAAAC-53175).
Bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils ist in allen Fällen ein vom Steuerpflichtigen gezahltes Entgelt anzurechnen. Bei einer verbilligten Abgabe wird also nur die Differenz zwischen dem vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelt und dem nach § 8 Abs. 2 oder 3 EStG ermittelten Wert des Sachbezugs als geldwerter Vorteil der Besteuerung unterworfen.
Tz. 123 Werbungskosten
a) Begriff
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 EStG diejenigen Aufwendungen, die der Steuerpflichtige zum Zwecke der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und der Einnahmen i. S. des § 22 EStG tätigt. Der Begriff „Aufwendungen” erschließt sich aus der sinngemäßen Anwendung des § 8 Abs. 1 EStG: Abfluss von Gütern in Geld oder Geldeswert. Unter den Begriff „Aufwendungen” fällt daher nicht der Wert der eigenen Arbeitskraft. Auch Wertminderungen von Vermögen sind keine Aufwendungen.
Der Begriff der Werbungskosten setzt nach dem Gesetzeswortlaut einen zweckbestimmten (finalen) Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben voraus. Nach heute gefestigter Rechtsprechung ist der Werbungskostenbegriff jedoch über die finale gesetzliche Definition hinaus in Anlehnung an den Betriebsausgabenbegriff des § 4 Abs. 4 EStG zu beurteilen, d. h. die Aufwendungen müssen durch die Einnahmen veranlasst sein. Keine Werbungskosten sind jedoch die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung des Objekts, das der Einkunftserzielung dient. Diese bleiben – vorbehaltlich § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG – bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4–7 EStG außer Betracht. Das Gleiche gilt für die Aufwendungen, die der reinen Verbesserung und Werterhöhung des Objekts dienen, sowie für die zum Zwecke seiner Veräußerung aufgewendeten Kosten. Ebenso wie der Veräußerungserlös keine Einnahme i. S. des § 8 EStG ist, gehört auch ein Veräußerungsverlust nicht zu den Werbungskosten.
b) Umfang
Die Abgrenzung der Werbungskosten von den nicht abziehbaren Aufwendungen kann im Einzelnen schwierig sein, wenn Ausgaben sowohl die Einnahmen aus dem Vermögen als auch das Vermögen selbst berühren, wie das besonders bei Einkünften aus Kapitalvermögen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung möglich ist; s. Tz. 220 und 227. Der Umfang des Werbungskostenabzugs wird zwar in seiner Tragweite durch die Eigenart der einzelnen Einkunftsarten wesentlich beeinflusst, dennoch ist der Werbungskostenbegriff im Grundsatz einheitlich für alle Überschusseinkunftsarten. Danach sind Werbungskosten – ebenso wie Betriebsausgaben – alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Die Gleichsetzung der Werbungskosten mit den Betriebsausgaben gilt insbesondere auch für die Abgrenzung gegenüber den Lebenshaltungskosten.
Ebenso wie bei den Betriebsausgaben ist es auch bei den Werbungskosten dem Steuerpflichtigen überlassen, welche Aufwendungen er zur Erzielung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen für geboten hält. Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Üblichkeit sind für die Annahme von Werbungskosten nicht erforderlich. Allerdings muss der Charakter als Werbungskosten gewahrt sein und die Aufwendungen dürfen nicht gleichzeitig die private Lebensführung betreffen. Unerheblich ist beispielsweise, wenn ein Arbeitnehmer mit der Bahn 1. Klasse statt 2. Klasse zur Arbeitsstätte fährt. Die Grenzen der Angemessenheit sind dagegen bei Aufwendungen für die Nutzung eines Privatflugzeugs zu einer Auswärtstätigkeit überschritten (vgl. R 9.1 Abs. 1 Satz 3 LStR).
Woher die Mittel für die Aufwendungen stammen, ob aus eigenen Einnahmen oder eigenem Vermögen, ist unerheblich. Werbungskosten können auch vorliegen, wenn zu ihrer Bezahlung Beträge verwendet werden, die dem Steuerpflichtigen im Darlehenswege zur Verfügung gestellt worden sind. Keine eigenen Aufwendungen liegen jedoch vor, wenn der Steuerpflichtige für bestimmte Zwecke (z. B. Gebäudeinstandsetzung) erhaltene öffentliche Zuschüsse verwendet.
Ausgaben können nach § 3c EStG insoweit nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wie sie mit steuerfreien Einnahmen unmittelbar wirtschaftlich zusammenhängen. Zurückgezahlte frühere Einnahmen sind regelmäßig keine Werbungskosten, sondern negative Einnahmen und mindern nicht die Werbungskosten-Pauschbeträge.
c) Vorweggenommene Werbungskosten
Als Aufwendungen zur Erwerbung von Einnahmen kommen auch Ausgaben in Betracht, die vor Beginn einer Tätigkeit und vor Erzielung von Einnahmen gemacht werden (vorweggenommene = vorab entstandene Werbungskosten). Steuerlich berücksichtigungsfähig sind derartige Werbungskosten in dem Jahr, in dem sie geleistet werden. Bei ihnen muss jedoch ein ausreichend klarer Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsart bestehen (z. B. , BStBl 1991 II S. 761). Demnach sind Aufwendungen für den erstmaligen Erwerb von Kenntnissen, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, für ein erstes Studium oder für ein berufsbegleitendes Erststudium Kosten der Lebensführung und nur in beschränktem Umfang als Sonderausgaben im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar. Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit liegen dagegen vor, wenn die erstmalige Berufsausbildung oder das Erststudium Gegenstand eines (Ausbildungs-)Dienstverhältnisses ist, sowie bei Aufwendungen für die Fortbildung in dem bereits erlernten Beruf, für die einen Berufswechsel vorbereitenden Umschulungsmaßnahmen und bei Aufwendungen für ein weiteres Studium, wenn dieses in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit steht. Zu Einzelheiten vgl. R 9.2 LStR, s. auch Tz. 136.
Für den Werbungskostenabzug ist die tatsächliche Einnahmeerzielung nicht erforderlich. Bewerbungskosten eines Arbeitnehmers (z. B. Aufwendungen für Inserate, Telefongespräche, Porto und Reisekosten anlässlich eines Vorstellungsgesprächs) sind auch dann Werbungskosten, wenn er die erstrebte Anstellung nicht erhält (ggf. Verlust bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit).
Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind vergebliche Aufwendungen zur Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes als Werbungskosten abziehbar. Dies gilt jedoch nicht, soweit die Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines anderen als des ursprünglich geplanten Gebäudes gehören. Ebenso sind die Kosten einer Vertragsaufhebung als vorab entstandene vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, auch wenn sie nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht entstehen (, BStBl 2006 II S. 803).
d) Aufwendungen zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen
Der Sicherung der Einnahmen dienen Aufwendungen, die einem Verlust oder einer Schmälerung der Einkommensquelle im Interesse der weiteren Einnahmeerzielung vorbeugen sollen (z. B. Beiträge zu Sachversicherungen). Der Erhaltung der Einnahmen dienen Aufwendungen, die zum Zwecke des weiteren Bezugs der Einnahmen auf die Erhaltung der Quelle, nicht aber auf ihre Verbesserung, Erweiterung oder Änderung gemacht werden; s. Tz. 123, a. Zur Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwendungen und Herstellungsaufwendungen, die nur im Rahmen der AfA berücksichtigt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG), bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vgl. R 21.1 EStR.
e) Sonstiges
Auch wenn vorübergehend keine Einnahmen erzielt werden, können in dieser Zeit angefallene Werbungskosten abgezogen werden, etwa wenn ein Vermietungsobjekt vorübergehend leer steht (vgl. R 21.2 Abs. 3 EStR). Anders ist es bei Aufwendungen, die auf eine Zeit entfallen, in der der Steuerpflichtige beabsichtigte, das Vermietungsobjekt selbst zu nutzen, auch wenn er sich anschließend zu dessen Vermietung entschlossen hat (, BStBl 2001 II S. 342). Unfreiwillige Aufwendungen sind ebenfalls Werbungskosten, wenn sie durch die Überschusseinkunftsart veranlasst sind, z. B. Schadensersatzleistungen. Werbungskosten können auch noch nachträglich anfallen, wenn nach Aufgabe der Tätigkeit oder nach Erlöschen des Rechtsverhältnisses dem Steuerpflichtigen Einnahmen nicht mehr zufließen.
So kann beispielsweise eine in einem Ausbildungsverhältnis begründete Vertragsstrafe, die wegen der vertragswidrigen Nichtfortführung der Tätigkeit eines Arzts im öffentlichen Gesundheitsdienst gezahlt werden muss, als nachträgliche Werbungskosten zu berücksichtigen sein, es sei denn, es handelt sich wirtschaftlich vorrangig um Aufwendungen für eine angestrebte Tätigkeit als selbständiger Chirurg (, BStBl 2007 II S. 4).
Räumt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Aktienoptionen als Ertrag der Arbeit ein, sind die damit zusammenhängenden Aufwendungen des Arbeitnehmers erst im Jahr der Verschaffung der verbilligten Aktien zu berücksichtigen. Verfällt das Optionsrecht, sind die Optionskosten im Jahr des Verfalls als vergebliche Werbungskosten abziehbar ( 48533, BStBl 2007 II S. 647).
Gutachterkosten eines Erbbaurechtsverpflichteten zur Ermittlung der Entschädigungszahlung für ein Bauwerk des Erbbauberechtigten auf dem durch Erbbaurecht überlassenen Grund und Boden sind für den Erbbaurechtsverpflichteten weder nachträgliche Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung noch vorweggenommene Werbungskosten einer beabsichtigten Weitervermietung, sondern Anschaffungskosten für das in das Privatvermögen des Erbbauverpflichteten übergehende Bauwerk ( NWB LAAAC-49135).
Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG können Steuerberatungskosten sein, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4–7 EStG anfallen. Zur Abzugsfähigkeit von Telekommunikationsaufwendungen s. R 9.1 Abs. 5 LStR. Umzugskosten sind dann Werbungskosten, wenn der Wohnungswechsel aus beruflichen Gründen stattfindet, z. B. bei einer beabsichtigten erheblichen Verkürzung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Eine solche Verkürzung ist regelmäßig anzunehmen, wenn sich die Dauer der täglichen Hin- und Rückfahrt insgesamt wenigstens zeitweise um mindestens eine Stunde ermäßigt. Zu weiteren Einzelheiten s. R 9.9 LStR. Auch Kontoführungsgebühren sind Werbungskosten, soweit sie durch Gutschriften von Arbeitslohn und durch beruflich veranlasste Überweisungen entstehen. Ohne Einzelnachweis erkennt die Finanzverwaltung i. d. R. pauschal 16 € jährlich an ( NWB KAAAC-47725).
Tz. 124 Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1–3 EStG
In § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1–7 EStG sind eine Reihe von Werbungskosten aufgeführt. Die Bedeutung dieser Aufzählung liegt im Wesentlichen darin, dass damit bei einzelnen Aufwendungen, deren Charakter als Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht eindeutig ist, der Abzug ausdrücklich zugelassen oder die Höhe der abziehbaren Beträge festgelegt wird.
a) Schuldzinsen, Renten und dauernde Lasten
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten Werbungskosten, wenn sie mit einer Einkunftsart i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4–7 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Eine nur rechtliche Verknüpfung, wie z. B. die hypothekarische Sicherung eines nicht durch Vermietung und Verpachtung veranlassten Darlehens, genügt nicht. Der wirtschaftliche Zusammenhang ist jedoch zu bejahen, wenn die im Rahmen einer Überschusseinkunftsart zugeflossenen Barmittel für private Zwecke verwendet und Werbungskosten dieser Einkunftsart durch Darlehen finanziert werden (, BStBl 1998 II S. 193).
Unter die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG aufgeführten Schuldzinsen fallen alle Entgelte, die der Steuerpflichtige für die Kapitalüberlassung zu entrichten hat – nicht also der Tilgungsanteil. Zu den Schuldzinsen gehören auch die Nebenkosten der Darlehensaufnahme und sonstige Kreditkosten einschließlich der Geldbeschaffungskosten (z. B. Verzugszinsen, Provisionen). Auf die Bezeichnung kommt es nicht an. Ob der Steuerpflichtige bei der Darlehensrückzahlung Zins- oder Tilgungsleistungen erbracht hat, ist nach § 366 BGB zu beurteilen.
Schuldzinsen für mit Kredit erworbene Wertpapiere außerhalb des Betriebsvermögens sind dann keine Werbungskosten, wenn bei der Anschaffung oder dem Halten der Kapitalanlage nicht die Absicht der Erzielung von Überschüssen, sondern die Absicht der Realisierung von Wertsteigerungen der Kapitalanlage im Vordergrund steht oder auf Dauer gesehen ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben nicht erwartet werden kann. Zu Einzelheiten bei Einkünften aus Kapitalvermögen s. H 20.1 EStH „Schuldzinsen”. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung rechnen zu den als Werbungskosten abziehbaren Finanzierungskosten u. a. Notargebühren zur Besicherung des Darlehens, Kreditprovisionen, Bereitstellungsprovisionen, Zuteilungsgebühren bei Bausparverträgen, Schätzungsgebühren, an Dritte gezahlte Vermittlungsgebühren und schließlich auch das Damnum (Darlehensabgeld). Zu Einzelheiten s. H 21.2 EStH „Finanzierungskosten”.
Renten und dauernde Lasten können als Werbungskosten nur abgezogen werden, wenn sie, den wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 4–7 EStG vorausgesetzt, auf einem besonderen Verpflichtungsgrund beruhen. Das kann ein Gesetz (z. B. bei einer Schadensrente § 843 BGB), ein in rechtsverbindlicher Form abgeschlossener Vertrag oder eine rechtsgültige letztwillige Verfügung sein. Der wirtschaftliche Zusammenhang wird meist darin liegen, dass die Renten/dauernde Lasten die Gegenleistung für die Überlassung des der Einkunftserzielung dienenden Vermögensobjekts darstellen. Bei mangelndem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart kann ein Abzug als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) in Betracht kommen, s. Tz. 130.
Leibrenten können nicht voll, sondern nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG nur mit dem Anteil i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG abgezogen werden. Zum Begriff der Leibrenten und zur Ermittlung des Anteils s. Tz. 230, b.
Hiervon abzugrenzen sind dauernde Lasten. Dauernde Lasten sind nach Zahl oder Wert abänderbare Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger für eine längere Zeit einem anderen gegenüber in Geld- oder Sachleistungen aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung zu erbringen hat. Dauernde Lasten unterscheiden sich von Renten insbesondere darin, dass sie nicht zwingend in Geld oder vertretbaren Sachen geleistet werden müssen, sondern auch in Naturalleistungen (z. B. Dienstleistungen, Kost und Logis) bestehen können. Auf Regelmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der wiederkehrenden Leistungen kommt es bei dauernden Lasten im Unterschied zu Renten nicht an. Eine Bezugnahme auf § 323 ZPO oder eine gleichwertige Änderungsklausel nach den Bedürfnissen der Beteiligten führt regelmäßig zur Annahme von dauernden Lasten. Dauernde Lasten können, falls sie Werbungskosten sind, grds. in voller Höhe nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abgezogen werden. Als dauernde Last zu beurteilende wiederkehrende Leistungen zum Erwerb eines zur Vermietung bestimmten Grundstücks führen jedoch nur in Höhe des in ihnen enthaltenen Zinsanteils zu sofort abziehbaren Werbungskosten (, BStBl 1995 II S. 47).
Wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung enthalten bis zur Grenze der Angemessenheit eine nicht steuerbare oder steuerbare Vermögensumschichtung in Höhe ihres Barwerts (Tilgungsanteil) und einen Zinsanteil. Wird z. B. ein Vermietungsobjekt gegen wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit des Berechtigten erworben, bemessen sich die Anschaffungskosten des Verpflichteten nach dem Barwert der wiederkehrenden Leistungen. Der Barwert ist Bemessungsgrundlage für die AfA, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen. Der in den einzelnen Zahlungen enthaltene Zinsanteil ist als Werbungskosten abziehbar. Zur Berechnung des Zinsanteils und zu im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung vereinbarten wiederkehrenden Leistungen auf bestimmte Zeit oder die Lebenszeit des Berechtigten, die auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind (sog. abgekürzte Leibrenten oder dauernde Lasten) s. , BStBl 2004 I S. 922.
Hiervon abzugrenzen sind bei entgeltlichen Vorgängen die Kaufpreisraten. Entscheidend ist hierbei die Interessenlage der Beteiligten. Steht das Stundungsinteresse des Verpflichteten und nicht das Interesse des Empfängers an seiner zukünftigen Versorgung im Vordergrund, handelt es sich i. d. R. um Kaufpreisraten.
b) Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben, Versicherungsbeiträge
Zu den nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG als Werbungskosten abziehbaren Steuern vom Grundbesitz, sonstigen öffentlichen Abgaben und Versicherungsbeiträgen gehören u. a. Grundsteuer, Straßenreinigungs-, Müllabfuhr-, Kanalbenutzungs- und Kaminkehrergebühren sowie Beiträge für Versicherungen (u. a. Feuer-, Wasser-, Sturm-, Gebäudehaftpflicht-, Mietausfallversicherung). Die Ausgaben müssen sich aber immer auf Gebäude oder Gegenstände beziehen, die der Einkunftserzielung dienen. Demnach sind Beiträge für eine private Haftpflichtversicherung, für ein privates Kraftfahrzeug und ferner Beiträge für eine Feuer-, Einbruchs-, Diebstahlsversicherung für Hausrat, Schmuck usw. nicht als Werbungskosten abziehbar. Ebenso nicht die Grundsteuer für brachliegendes Bauland, das nicht der Einkunftserzielung, sondern lediglich als Vermögensanlage dient. Auch die Grunderwerbsteuer und die Ablösezahlung für eine Stellplatzverpflichtung rechnen nicht zu den Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG.
c) Beiträge zu Berufsständen und Berufsverbänden
Als Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kommen z. B. in Betracht: Beiträge an Hausbesitzervereine, Gewerkschaften, Rentnervereinigungen und Beamtenverbände. Freiwillige Beiträge, die über die Pflichtbeiträge hinausgehen, sind Werbungskosten, sofern die Beiträge zur Förderung der beruflichen Interessen verwendet werden. Zur Abziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen an einen Verband, der neben beruflichen Interessen seiner Mitglieder auch politische Zwecke verfolgt s. , BStBl 1994 II S. 33. Zur steuerlichen Behandlung von Gewerkschaftsbeiträgen bei Rentnern s. .
d) Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung bestehen bleibt. Die steuerliche Anerkennung dieser Mehraufwendungen ist grds. zeitlich unbefristet möglich. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Zum Begriff „eigener Hausstand” s. R 9.11 Abs. 3 LStR. Arbeitnehmer ohne eigenen Hausstand außerhalb des Beschäftigungsorts erfüllen die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung daher nicht. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor bei einem Arbeitnehmer, der typischerweise an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten beruflich tätig ist und dabei am Ort einer solchen auswärtigen Tätigkeitsstätte vorübergehend eine Unterkunft bezieht (s. , BStBl 2005 II S. 782; , BStBl 2005 II S. 793. Die doppelte Haushaltsführung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer auch am Ort seines Hauptwohnsitzes beschäftigt ist. Voraussetzung für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung ist vielmehr eine Aufspaltung der normalerweise einheitlichen Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte. Eine solche Aufspaltung ist daher auch gegeben, wenn der Arbeitnehmer am Ort seiner zweiten Arbeitsstätte für die dortigen Arbeitseinsätze eine zweite Wohnung unterhält (, BStBl 2007 II S. 609). Zu Einzelheiten zum Werbungskostenabzug und Arbeitgeberersatz bei Arbeitnehmern mit Einsatzwechseltätigkeit vgl. , BStBl 2005 I S. 960.
Als Werbungskosten kommen insbesondere in Betracht
Notwendige tatsächliche Fahrtkosten aus Anlass des Wohnungswechsels zu Beginn und am Ende der doppelten Haushaltsführung sowie für wöchentliche Heimfahrt an den Ort des eigenen Hausstands (R 9.11 Abs. 6 LStR) oder Aufwendungen für wöchentliche Familien-Telefonate,
Notwendige Verpflegungsmehraufwendungen (s. R 9.11 Abs. 7 LStR),
Notwendige Aufwendungen für die Zweitwohnung (s. R 9.11 Abs. 8 LStR),
Umzugskosten (s. R 9.11 Abs. 9 LStR).
wöchentliche Familienheimfahrten (0,30 € je Entfernungskilometer, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 und 4 EStG).
Führt der Arbeitnehmer mehr als eine Familienheimfahrt wöchentlich durch, kann er wählen, ob er die Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung oder die Entfernungspauschale für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten geltend macht (R 9.11 Abs. 5 Satz 2 LStR). Nach § 3 Nr. 13 oder 16 EStG steuerfreie Leistungen des Arbeitgebers für Familienheimfahrten werden nach § 3c EStG auf die Entfernungspauschale angerechnet. Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug können nicht berücksichtigt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG).
e) Aufwendungen für Arbeitsmittel
Zu den als Werbungskosten abziehbaren Arbeitsmitteln i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG gehören z. B. Werkzeuge aller Art, Fachbücher, Fachzeitschriften, Handausgaben von Gesetzen, Erläuterungsbücher, sofern die Anschaffung durch eine Überschusseinkunftsart veranlasst ist. Aufwendungen dieser Art sind jedoch nicht abziehbar, wenn sie sowohl den Bereich der Einkunftserzielung als auch den privaten Bereich des Steuerpflichtigen betreffen und eine klare Trennung der Aufwendungen nach der beruflichen und privaten Nutzung auch schätzungsweise nicht möglich ist; s. Tz. 164. Zur Aufteilung der Anschaffungskosten eines gemischt genutzten Personalcomputers s. , BStBl 2004 II S. 958. Die Anschaffungs- und Reinigungskosten der typischen Berufskleidung (z. B. Labor- oder Ärztekittel, Arbeitsanzüge, Sicherheitsschuhe, Uniformen bei Polizei und Post) sind Werbungskosten. Die Aufwendungen für übliche Straßenbekleidung (bürgerliche Kleidung) gehören dagegen auch bei außergewöhnlich hohen Aufwendungen nicht zu den Werbungskosten. Zur Abgrenzung zwischen typischer Berufskleidung und bürgerlicher Kleidung s. z. B. , BStBl 1991 II S. 751. Zu erhöhten Anforderungen an den Nachweis der beruflichen Nutzung bei Gegenständen, die überwiegend für private Zwecke angeschafft werden, s. , BStBl 1992 II S. 195. Soweit sich die Verwendung oder Nutzung von Arbeitsmitteln erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, kommt ein Abzug nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG, sondern nur in Höhe der jährlichen Abnutzung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG in Betracht.
f) Absetzung für Abnutzung
Bezieht ein Steuerpflichtiger Einnahmen durch Verwendung abnutzbarer Wirtschaftsgüter, kann er nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG auch die Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung als Werbungskosten geltend machen. Unter die AfA fallen auch die Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung. Eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG kommt hingegen nicht in Betracht. Bei ständig als Arbeitsmittel in Gebrauch befindlichen Möbelstücken (z. B. Schreibtischen) kann eine AfA wegen technischer Abnutzung auch dann in Betracht kommen, wenn die Gegenstände schon 100 Jahre alt sind und im Wert steigen. Die Regelungen des § 6 Abs. 2 Satz 1–3 EStG für sog. geringwertige Wirtschaftsgüter (Sofortabzug, s. Tz. 80) können mit der Maßgabe angewendet werden, dass Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zu 410 € sofort als Werbungskosten abgesetzt werden. Übersteigen z. B. die Anschaffungskosten eines Arbeitsmittels (vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag) nicht 410 €, können sie unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1–3 EStG im Kalenderjahr der Verausgabung in voller Höhe abgezogen werden. Im Gegensatz zu § 6 Abs. 2 EStG sieht die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 Satz 2 EStG ein Wahlrecht zwischen Sofortabschreibung und linearer Abschreibung vor.
g) Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG Werbungskosten. Die zwischenzeitlich geltenden drastischen Einschränkungen bei der Berücksichtigung dieser Aufwendungen waren nach dem , 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08 NWB SAAAD-00290 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Der Gesetzgeber hat daher mit dem Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale vom (BGBl I S. 774) die bereits bis 2006 geltende Rechtslage rückwirkend ab wieder eingeführt. Im , BStBl 2009 I S. 891, nimmt die Finanzverwaltung ausführlich zur aktuellen Rechtslage Stellung.
Regelmäßige Arbeitsstätte ist jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht (s. , BStBl 2005 II S. 791).
Zur Abgeltung der Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte ist die Entfernungspauschale anzusetzen. Sie ist regelmäßig unabhängig von dem gewählten Verkehrsmittel zu gewähren, also auch bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Für Strecken mit nach § 3 Nr. 32 EStG steuerfreier Sammelbeförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für Flugstrecken gilt die Entfernungspauschale dagegen nicht. Bei Flugstrecken sind weiterhin die tatsächlichen Aufwendungen wie Werbungskosten abzugsfähig (§ 9 Abs. 2 Satz 3 EStG).
Auf die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen kommt es regelmäßig nicht an. Übersteigen die Kosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel die anzusetzende Entfernungspauschale , können die übersteigenden Aufwendungen zusätzlich angesetzt werden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt einheitlich für jeden vollen Entfernungskilometer 0,30 € (Berechnung: Zahl der Arbeitstage x volle Entfernungskilometer x Entfernungspauschale). Der jährliche Höchstbetrag der Entfernungspauschale beträgt 4.500 €. Der Höchstbetrag gilt jedoch nicht, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt. Dem Arbeitnehmer ist ein Kraftwagen zur Nutzung überlassen, wenn er ihm vom Arbeitgeber unentgeltlich oder teilentgeltlich überlassen worden ist oder wenn er den Kraftwagen von dritter Seite geliehen, gemietet oder geleast hat. Die Beschränkung auf 4.500 € gilt somit, wenn der Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem Motorrad, Motorroller, Moped, Fahrrad oder – wohl eher nur theoretisch – zu Fuß zurückgelegt wird, bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs für die Teilnehmer an einer Fahrgemeinschaft und zwar für die Tage, an denen der Arbeitnehmer seinen eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagen nicht einsetzt; zu Fahrgemeinschaften vgl. , BStBl 2009 I S. 891, Rz. 1.5.
Die Entfernungspauschale kann für die Wege zu derselben Arbeitsstätte für jeden Arbeitstag nur einmal angesetzt werden. Zusätzliche Wege werden auch dann nicht berücksichtigt, wenn sie wegen größerer Arbeitszeitunterbrechungen oder wegen eines zusätzlichen Arbeitseinsatzes erforderlich werden. Für die Bestimmung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist grds. die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend, es sei denn eine andere Straßenverbindung ist offensichtlich verkehrsgünstiger und wird vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt. Dabei sind nur volle Kilometer der Entfernung anzusetzen, ein angefangener Kilometer bleibt unberücksichtigt. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, sind die Wege von der weiter entfernt liegenden Wohnung nur dann zu berücksichtigen, wenn diese Wohnung den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers (z. B. Familienwohnsitz) darstellt und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird. Zu Einzelheiten vgl. R 9.10 LStR; s. auch , BStBl 2004 II S. 233.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind mit der Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und Familienheimfahrten entstehen. Dies gilt z. B. auch für Parkgebühren, für das Abstellen des Kraftfahrzeugs während der Arbeitszeit, für Finanzierungskosten sowie für die Kosten eines Austauschmotors anlässlich eines Motorschadens auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder einer Familienheimfahrt. Durch die Entfernungspauschale abgegolten sind auch Beiträge zur Rechtsschutzversicherung und zur Haftpflichtversicherung, soweit sie begrifflich Werbungskosten sind. Der Abzug der Haftpflichtversicherungsbeiträge als Sonderausgaben wird dadurch jedoch nicht berührt. Unfallkosten sind dagegen als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG neben der Entfernungspauschale abzugsfähig (vgl. , BStBl 2009 I S. 891, Rz. 4).
Die Entfernungspauschale vermindert sich um nach § 8 Abs. 3 EStG steuerfreie oder nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG pauschal besteuerte Arbeitgeberzuschüsse zu den Fahrtaufwendungen.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG können anstelle der Entfernungspauschale
bei Behinderten, deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt,
bei Behinderten, deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die tatsächlichen Aufwendungen abgezogen werden. Näheres vgl. , BStBl 2009 I S. 891, Tz. 3.
h) Andere Werbungskosten
Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 sowie Abs. 2 EStG gelten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und den sonstigen Einkünften i. S. des § 22 EStG entsprechend (§ 9 Abs. 3 EStG). Die Vorschriften des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–5, 6b–8a, 10, 12 und Abs. 6 sowie § 9c Abs. 1 und 3 EStG gelten auch für Werbungskosten (§ 9 Abs. 5 EStG). Als Werbungskosten kommen u. a. in Betracht:
Verpflegungsmehraufwendungen, jedoch nur in den Grenzen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG (vgl. R 9.6 LStR).
Bewirtungskosten können unter den Bedingungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG (s. Tz. 38) zu 70 % abzugsfähig sein. Tritt der Arbeitnehmer nicht als Bewirtender auf, da der Arbeitgeber die Bewirtung ausrichtet und der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen Teile der Kosten übernimmt, unterliegt der Abzug weder der Kürzung noch den besonderen Nachweisanforderungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i. V. mit § 9 Abs. 5 EStG (, BStBl 2008 II S. 870. Auch bei einem leitenden Angestellten mit variablen Bezügen, der ihm unterstellte Mitarbeiter bewirtet, sind die Abzugsbeschränkungen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i. V. mit § 9 Abs. 5 EStG nicht zu beachten ( NWB ZAAAC-92244).
Aufwendungen von Heimarbeitern, vgl. R 9.13 LStR.
Kinderbetreuungskosten (§ 9c EStG), s. Tz. 126a.
Die Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu anschaffungsnahen Herstellungskosten sind nach § 9 Abs. 5 EStG entsprechend anzuwenden.
Tz. 125 Werbungskosten-Pauschbeträge
Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen (letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2007) und aus Bezügen i. S. des § 22 Nr. 1, 1a und 5 EStG ist der nach § 9a EStG in Betracht kommende Werbungskosten-Pauschbetrag abzuziehen, wenn nicht höhere tatsächliche Werbungskosten nachgewiesen werden. Dies gilt auch dann, wenn tatsächlich keine oder geringere Aufwendungen angefallen sind. Höhere Werbungskosten werden anstelle des Werbungskosten-Pauschbetrags abgezogen, nicht daneben. Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten nach § 9c Abs. 1 EStG sind jedoch neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag (s. unten), nicht aber neben den anderen Werbungskosten-Pauschbeträgen, gesondert abzuziehen. Die Pauschbeträge werden ohne Rücksicht darauf gewährt, ob die unbeschränkte Steuerpflicht während des ganzen oder nur eines Teils des Kalenderjahrs bestanden hat. Eine zeitanteilige Kürzung findet nicht statt.
Von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ist ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 920 € abzuziehen (Arbeitnehmer-Pauschbetrag); soweit es sich jedoch um Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt, ist ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 € zu berücksichtigen. Von den Einnahmen aus Kapitalvermögen ist bis zum Veranlagungszeitraum 2007 ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 51 € abzuziehen. Dieser erhöht sich für Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b EStG zusammenveranlagt werden, auf insgesamt 102 €. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 entfällt dieser Pauschbetrag. Dafür erhöht sich aber der Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs. 9 EStG (vgl. Tz. 221). Bei Bezügen i. S. des § 22 Nr. 1, 1a und 5 EStG ist ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 € abzusetzen.
Der Werbungskosten-Pauschbetrag kann bei Einnahmen des Steuerpflichtigen aus derselben Einkunftsart (z. B. bei zwei oder mehr Dienstverhältnissen) nur einmal abgezogen werden. Hat der Steuerpflichtige Einkünfte aus mehreren Einkunftsarten, steht ihm der bei der jeweiligen Einkunftsart in Betracht kommende Pauschbetrag zu. Die Werbungskosten-Pauschbeträge dürfen nach § 9a Satz 2 EStG nicht zu negativen Einkünften führen, d. h. nur bis zur Höhe der Einnahmen des Steuerpflichtigen aus der jeweiligen Einkunftsart abgezogen werden. Handelt es sich bei Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit um Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG, darf der Werbungskosten-Pauschbetrag nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag einschließlich des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG geminderten Einnahmen abgezogen werden.
Werden Ehegatten zusammenveranlagt und haben beide Ehegatten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit oder Bezüge i. S. des § 22 Nr. 1, 1a und 5 EStG, kann jeder Ehegatte den Pauschbetrag nach § 9a Nr. 1 Buchst. a oder Nr. 3 EStG bis zur Höhe seiner jeweiligen Einnahmen, im Falle des § 9a Nr. 1 Buchst. b EStG bis zur Höhe seiner um den Versorgungsfreibetrag einschließlich des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG geminderten Einnahmen, absetzen.
Für Veranlagungszeiträume bis 2007 steht der Werbungskosten-Pauschbetrag für Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 102 € zusammenveranlagten Ehegatten gemeinsam zu, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob beide oder nur einer der Ehegatten Einnahmen aus Kapitalvermögen bezogen hat. Die Ehegatten können daher in diesem Fall entweder nur den Pauschbetrag von 102 € oder nachgewiesene höhere Werbungskosten geltend machen. Es ist nicht zulässig, dass einer der Ehegatten den halben Pauschbetrag und der andere Ehegatte Werbungskosten in nachgewiesener Höhe abzieht. Nachgewiesene höhere Werbungskosten können deshalb nur berücksichtigt werden, wenn die Werbungskosten beider Ehegatten mehr als 102 € betragen. Haben beide Ehegatten Einnahmen aus Kapitalvermögen, können sie den ihnen gemeinsam zustehenden Werbungskosten-Pauschbetrag in Fällen, in denen die gesonderte Ermittlung der Einkünfte jedes Ehegatten von Bedeutung ist (z. B. in den Fällen des § 24a EStG), beliebig aufteilen; für jeden Ehegatten darf jedoch höchstens ein Teilbetrag in Höhe seiner Einnahmen berücksichtigt werden (vgl. R 9a EStR).
Tz. 126 Umsatzsteuerrechtlicher Vorsteuerabzug
§ 9b EStG regelt die Auswirkungen des umsatzsteuerrechtlichen Vorsteuerabzugs auf die Einkommensteuer. Dabei verhindert er, dass die Umsatzsteuer doppelt abgezogen wird. Wirtschaftlich gesehen handelt es sich bei der Umsatzsteuer, die der Steuerpflichtige als Vorsteuer abziehen kann, um einen durchlaufenden Posten, also um Aufwand, der ihn wirtschaftlich nicht belastet. Daher regelt § 9b Abs. 1 EStG, dass diese Vorsteuerbeträge insoweit nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gehören, auf dessen Anschaffung oder Herstellung sie entfallen, und damit u. a. nicht Teil der Bemessungsgrundlage für die AfA sind. Das heißt im Umkehrschluss, dass diese Beträge, soweit sie nicht nach § 15 UStG als Vorsteuer abgezogen werden können, sehr wohl zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des entsprechenden Wirtschaftsguts gehören. Es ist unerheblich, ob das Wirtschaftsgut zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehört (R 9b Abs. 1 Satz 2 EStR). Unerheblich ist auch die Art der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen.
Für die Anwendung des § 9b Abs. 1 EStG kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige die entsprechenden Beträge tatsächlich als Vorsteuer abgezogen hat, sondern nur darauf, dass er sie nach § 15 UStG als Vorsteuer abziehen kann. Im umgekehrten Fall sind daher nicht abziehbare Vorsteuerbeträge auch dann Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wenn sie irrtümlich erstattet worden sind (, BStBl 1991 II S. 759).
Für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut zu den Wirtschaftsgütern i. S. des § 6 Abs. 2 oder 2a oder § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 Satz 2 EStG gehört, ist die Umsatzsteuer in keinem Fall in die Bemessungsgrundlagen von 150, 410 € oder 1.000 € mit einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie als Vorsteuer abgezogen werden kann oder nicht. Es ist vielmehr stets vom reinen Warenpreis ohne Vorsteuer, also vom Nettowert auszugehen (R 9b Abs. 2 EStR).
Für die Bemessung der Freigrenze von 35 € für Geschenke i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einschließlich eines umsatzsteuerlich nicht abziehbaren Vorsteuerbetrags zugrunde zu legen. Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1a UStG für Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4, Abs. 7 oder des § 12 Nr. 1 EStG gilt, ist dabei nicht zu berücksichtigen (s. R 9b Abs. 2 Satz 3 EStR sowie Berechnungsbeispiele in H 9b EStH).
Im Rahmen der Privatnutzung betrieblicher Pkw ist die Umsatzsteuer bei Anwendung der Listenpreismethode in jedem Fall in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Nutzungsentnahme, der nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigenden Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- oder Arbeitsstätte oder für Familienheimfahrten oder für die Berechnung des geldwerten Vorteils eines Arbeitnehmers einzubeziehen; vgl. Tz. 51, d und 90. Die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung des Steuerpflichtigen hat darauf keinen Einfluss.
§ 9b Abs. 2 EStG regelt die Auswirkungen der Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG auf die Einkommensteuer. Danach ist ein höherer Abzugsbetrag als (Betriebs-)Einnahme zu erfassen, ein Minderbetrag ist als Betriebsausgabe oder Werbungskosten abzuziehen. Beide Anwendungsfälle haben nach § 9b Abs. 2 Satz 2 EStG jedenfalls keine Auswirkungen auf die Höhe der ertragsteuerlich anzusetzenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten der betreffenden Wirtschaftsgüter.
An das Finanzamt zurückgezahlte Vorsteuerbeträge sind auch dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der Vorsteuerabzug aufgrund der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens berichtigt worden ist. Die zurückgezahlten Vorsteuerbeträge sind zwar – ebenso wie bei der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens – Veräußerungskosten. Gleichwohl schließt der Wortlaut des § 9b Abs. 2 EStG ihren Abzug als Werbungskosten nicht aus (, BStBl 1993 II S. 656; , BStBl 1993 I S. 698).
Tz. 126a Kinderbetreuungskosten
Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Kinderbetreuung wurde im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz - FamLeistG) vom (BGBl I S. 2955 sowie BStBl 2009 I S. 140) ohne materiell rechtliche Änderungen im neuen § 9c EStG zusammengefasst. Die Neuregelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2009. Der bisherige § 4f EStG (s. Tz. 55) ist entfallen.
§ 9c EStG unterscheidet zwischen erwerbsbedingten (§ 9c Abs. 1 EStG) und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreungskosten (§ 9c Abs. 2 EStG). Stehen die Aufwendungen im Zusammenhang mit der beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit, sind sie gemäß § 9c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 bzw. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzuziehen. In den übrigen Fällen kommt ein Abzug als Sonderausgaben unter den Voraussetzungen von § 9c Abs. 2 und 3 EStG in Betracht (vgl. Tz. 134).
a) Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten (§ 9c Abs. 1 EStG)
aa) Begriff
Kinderbetreuungskosten definiert der Gesetzgeber als Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt gehörenden Kinds i. S. des § 32 Abs. 1 EStG. Hierzu zählen z. B. Aufwendungen für die Unterbringung von Kindern in Kindergärten, Kindertagesstätten und Kinderkrippen, bei Tagesmüttern, Wochenmüttern und in Ganztagspflegestellen. Berücksichtigt werden können ferner Aufwendungen für die Beschäftigung von Kinderpflegerinnen, Erzieherinnen oder Kinderschwestern, die Beschäftigung von Hilfen im Haushalt, soweit sie Kinder betreuen, sowie die Beaufsichtigung von Kindern bei der Erledigung der häuslichen Schulaufgaben. Wegen weiterer Einzelheiten s. , BStBl 2007 I S. 184. Nicht begünstigt sind nach § 9c Abs. 3 Satz 1 EStG Aufwendungen für Unterricht (z. B. Fremdsprachenunterricht), für die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z. B. Musikuntericht, Computerkurse), für sportliche und andere Freizeitbeschäftigungen (z. B. Mitgliedschaft in Sportvereinen) sowie für die Verpflegung des Kinds.
Für die Aufwendungen muss der Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten haben (i. d. R. einen Gebührenbescheid) und die Zahlungen müssen auf das Konto des Leistungserbringers erfolgen (§ 9c Abs. 3 Satz 3 EStG). Barzahlungen und Barschecks werden nicht anerkannt.
bb) Voraussetzungen in der Person des Steuerpflichtigen
§ 9c EStG voraus, dass die Kinderbetreuungskosten dem Steuerpflichtigen wegen seiner Erwerbstätigkeit erwachsen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit den Kinderbetreuungskosten ist nicht erforderlich. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei erwerbstätigen Steuerpflichtigen Kinderbetreuungskosten durch die Erwerbstätigkeit, aber auch privat veranlasst sind, weshalb er auch die Aufwendungen pauschal in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Betrag aufteilt. Erwerbstätigkeit liegt vor, wenn eine auf Erzielung von Einkünften gerichtete land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche oder selbständige Arbeit ausgeübt wird. Auf den Umfang der Erwerbstätigkeit kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht an. Bei zusammenlebenden Elternteilen müssen beide erwerbstätig sein.
cc) Berücksichtigungsfähige Kinder
Betreuungskosten können für Kinder berücksichtigt werden, die im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandt sind (leibliche, eheliche, nichteheliche Kinder, Adoptivkinder) oder als Pflegekind anerkannt sind (§ 32 Abs. 1 EStG; s. Tz. 250). Das Kind darf entweder das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder es muss aufgrund einer vor dem 25. Lebensjahr eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sein, sich selbst zu unterhalten. Im letzteren Fall können Kinderbetreuungskosten ohne eine Altersgrenze anzuerkennen sein.
Das Kind muss zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören. Dabei kommt es auf die tatsächliche Zugehörigkeit des Kinds zum Haushalt an. Bei nicht zusammenlebenden Elternteilen wird grds. die Meldung des Kinds einen Anhaltspunkt geben. Vorübergehende Auslandsaufenthalte, Heim- oder Internatsunterbringungen sind grds. unschädlich. Unerheblich ist, ob das Kind unbeschränkt steuerpflichtig ist. Die anzuerkennenden Kinderbetreuungskosten können jedoch entsprechend den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kinds zu kürzen sein (§ 9c Abs. 3 Satz 2 EStG, zur Ländergruppeneinteilung s. , BStBl 2008 I S. 936).
dd) Höhe des abziehbaren Betrags
Die Aufwendungen für die Kinderbetreuung mindern wie Betriebsausgaben den Gewinn, sofern der Steuerpflichtige, der die Kosten trägt, Einkünfte aus einer Gewinneinkunftsart erzielt. Sie sind bis zu zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind abziehbar. Bei z. B. drei Kindern können also höchstens 12.000 € abgezogen werden wenn 18.000 € aufgewendet wurden. Der Höchstbetrag gilt auch dann, wenn bei zusammenlebenden Elternteilen beide die Kosten getragen haben. Sofern die Steuerpflichtigen nicht eine andere Aufteilung wählen, ist der Betrag je zur Hälfte bei der Einkünfteermittlung der Eltern zu berücksichtigen.
Das nicht abziehbare Drittel der Aufwendungen im Rahmen der Höchstbeträge und Aufwendungen, die den Höchstbetrag übersteigen, sind nicht nach § 35a EStG abziehbar (§ 35a Abs. 5 Satz 1 EStG).
ee) Kinderbetreuungskosten bei Überschusseinkünften
§ 9 Abs. 5 Satz 1 EStG verweist für die Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten auf § 9c Abs. 1 und 3 EStG. Die Erwerbstätigkeit muss eine auf die Erzielung von Überschusseinkünften gerichtete Beschäftigung sein. Da es auf den Umfang der Erwerbstätigkeit nicht ankommt, erfüllt auch die Ausübung einer Teilzeittätigkeit oder eines sog. Minijobs die Voraussetzung.
Die Kinderbetreuungskosten sind bei Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit – ausgenommen bei den Versorgungsbezügen i. S. des § 19 Abs. 2 EStG – neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag abzuziehen (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a zweiter Halbsatz EStG).
b) Nicht erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten (§ 9c Abs. 2 EStG)
Zu den als Sonderausgaben abzugsfähigen nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten nach § 9c Abs. 2 EStG vgl. Tz. 134.
Tz. 127 Zufließen von Einnahmen/Abfließen von Ausgaben
§ 11 EStG regelt die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben. Die Regelung gilt für die Ermittlung der Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4–7 EStG), im Rahmen der Gewinneinkünfte für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sowie für die Ermittlung von Gewinnen i. S. des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG. Auch bei der Ermittlung der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen kommt § 11 EStG grds. zur Anwendung, allerdings mit Einschränkungen (s. z. B. , BStBl 2004 II S. 1058). Keine Anwendung findet die Vorschrift bei der Bestimmung des für die Lohnzahlung maßgebenden Zeitpunkts (§ 11 Abs. 1 Satz 4 i. V. mit § 38a Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG). Zum Zufluss von Kapitalerträgen sind die Regelungen in § 44 Abs. 2–4 EStG zu beachten.
Der Zufluss von Einnahmen erfolgt mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut (, BStBl 1992 II S. 174). Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt, zu dem der Leistungserfolg eintritt. Entsprechendes gilt für den Abfluss von Ausgaben.
Eine Ausnahme gilt für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen (z. B. Zinsen, Arbeitslohn, Miete, Zahlungen der kassenärztlichen Vereinigung zum Jahresende) und Ausgaben. Wenn diese beim Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahrs, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zu- bzw. abgeflossen sind, gelten sie als in diesem Kalenderjahr bezogen bzw. verausgabt. Kurze Zeit ist i. d. R. ein Zeitraum bis zu zehn Tagen.
Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet werden, sind abweichend vom Abflussprinzip insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG).
Hintergrund dieser Regelung ist das (BStBl 2005 II S. 159), in dem entschieden worden ist, dass Erbbauzinsen auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Kalenderjahr ihrer Leistung abziehbar sind, wenn sie in einem Einmalbetrag vorausgezahlt werden. Die Pflicht zur Verteilung der Aufwendungen gilt nicht für ein Damnum oder Disagio, soweit dieses marktüblich ist (§ 11 Abs. 2 Satz 4 EStG); die Abziehbarkeit nach Maßgabe der bisherigen Verwaltungspraxis (Rz. 15 des , BStBl 2003 I S. 546, sog. Bauherrenerlass) bleibt damit im Ergebnis erhalten.
Auf der Einnahmenseite ist die Verteilung von im Voraus vereinnahmten Entgelten für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren als Wahlrecht ausgestaltet (§ 11 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Zur zeitlichen Anwendung des neu geregelten Verteilungswahlrechts bzw. der neugeregelten Verteilungspflicht bestimmen § 52 Abs. 30 EStG und das (BStBl 2005 I S. 617) zusammengefasst Folgendes:
Die Neuregelungen in § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG (Verteilungswahlrecht für Einnahmen, Verteilungspflicht für Ausgaben) sind im Hinblick auf Erbbauzinsen und andere Entgelte für die Nutzung eines Grundstücks erstmals für Vorauszahlungen anzuwenden, die nach dem geleistet werden. Für ein marktübliches Damnum oder Disagio im Zusammenhang mit einem Kredit für ein Grundstück kommt die Verteilungspflicht von Beginn an nicht zur Anwendung. Für ein marktübliches Damnum oder Disagio, das nicht im Zusammenhang mit einem Kredit für ein Grundstück geleistet wird, gilt die Verteilungspflicht nur, wenn es nach dem und vor dem , also in 2004, geleistet wird. Für Vorauszahlungen, die nicht im Zusammenhang mit Grundstücken geleistet werden, z. B. Mobilienleasing, und bei denen es sich auch nicht um ein marktübliches Damnum oder Disagio handelt, sind die Neuregelungen erstmals für den Veranlagungszeitraum 2005 anzuwenden, es sei denn, der Steuerpflichtige beantragt die Anwendung bereits für den Veranlagungszeitraum 2004.
3. Teil: Sonderausgaben
I. Allgemeines
Tz. 128 Wesen der Sonderausgaben
Der Begriff der Sonderausgaben wird im Gesetz nicht näher definiert. § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG enthält lediglich eine Negativabgrenzung. Demnach können Sonderausgaben keine Aufwendungen sein, die Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind oder wie solche behandelt werden. Damit können als Sonderausgabe nur Aufwendungen berücksichtigt werden, die in keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zu einer der sieben Einkunftsarten stehen. Begrifflich handelt es sich um Lebenshaltungskosten, die ihrem Wesen nach zu den nicht abziehbaren Ausgaben der privaten Lebensführung zu rechnen sind. Sie können nach § 12 EStG daher nur steuermindernd berücksichtigt werden, wenn der Gesetzgeber einen entsprechenden Abzug ausdrücklich zulässt.
Der Gesetzgeber definiert den Sonderausgabenbegriff nicht abstrakt, sondern belässt es bei einer abschließenden Aufzählung, welche Privatausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden können.
Die gesetzlich geregelten Sonderausgabenabzugstatbestände lassen sich grds. in der Höhe nach beschränkte und unbeschränkte Abzugstatbestände unterteilen. In beiden Fällen handelt es sich um Ausgaben, die der Steuerpflichtige in dem betreffenden Veranlagungszeitraum geleistet hat. Ein unbeschränkter Sonderausgabenabzug ermöglicht, dass die vom Steuerpflichtigen getätigten Aufwendungen im tatsächlich angefallenen Umfang bei der Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden können. Im Gegensatz dazu können bei den anderen Abzugstatbeständen die geleisteten Aufwendungen nur in beschränktem Umfang steuermindernd geltend gemacht werden. Der beschränkte Abzug ergibt sich zum Teil aus einer betragsmäßigen Obergrenze (z. B. Unterhaltsleistungen) und/oder einer nur anteiligen Berücksichtigung der getätigten Aufwendungen (z. B. Altersversorgungsaufwendungen/Beiträge zugunsten bestimmter Kapitallebensversicherungen).
Neben den unbeschränkt und beschränkt abziehbaren Sonderausgaben gibt es auch noch Aufwendungen, die „wie” Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die der Gesetzgeber zwar nicht zu den Sonderausgaben im engeren Sinne rechnet, deren Abzug er jedoch trotzdem zulässt.
Zu den unbeschränkt abziehbaren Sonderausgaben gehören
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG,
aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gezahlte Leistungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG),
ab dem Veranlagungszeitraum 2010: Beiträge zugunsten einer Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG),
gezahlte Kirchensteuern (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG),
bis zum Veranlagungszeitraum 2005 auch Steuerberatungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F.).
Zu den beschränkt abziehbaren Sonderausgaben sind zu rechnen
Unterhaltsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG,
sonstige Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG),
Aufwendungen für die Berufsausbildung in einem nicht ausgeübten Beruf (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG),
private Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG),
Schulgeld (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG),
Altersvorsorgeaufwendungen (Basisversorgung im Alter § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG / „Riester-Rente” § 10a EStG),
bestimmte Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge, § 10b EStG).
Zu den Sonderfällen gehören
Verlustvortrag/-rücktrag (§ 10d EStG),
Zuwendungsvortrag (sog. Spendenvortrag – § 10b Abs. 1 EStG),
Rücktrag von Großspenden (auf Antrag nur für Zuwendungen, die bis zum geleistet wurden – § 52 Abs. 24b i. V. mit § 10b Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG a. F.,
Spenden in den Vermögensstock einer gemeinnützigen Stiftung (§ 10b Abs. 1a EStG),
wohnungswirtschaftliche Steuerbegünstigungen (§§ 10e, 10f, 10g, 10h, 10i EStG, § 7 FörderG).
Zum Abzug von Sonderausgaben ist grds. derjenige berechtigt, der die Aufwendungen selbst schuldet und auch geleistet hat. D. h. der Steuerpflichtige muss mit der Zahlung wirtschaftlich belastet sein. Bei zusammenveranlagten Ehegatten – die im Bereich des Sonderausgabenabzugs grds. wie ein Steuerpflichtiger behandelt werden – ist es unerheblich, welcher der Ehegatten die Aufwendungen getätigt hat.
Sonderausgaben sind immer in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem sie geleistet worden sind (§ 11 EStG). Für regelmäßig wiederkehrende Leistungen gilt – bei Zahlungen über den Jahreswechsel – die Zurechnungsregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG, nach der eine Zahlung dem Kalenderjahr zuzurechnen ist, zu dem sie wirtschaftlich gehört, wenn die Zahlung kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet wurde.
II. Sonderausgaben im Sinne des § 10 EStG
Tz. 129 Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten
a) Allgemeines
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten können bis zu 13.805 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgezogen werden (zur Eintragung in der Einkommensteuererklärung 2008 vgl. Sowinski, NWB 16/2009 S. 1148 [1154 f.] NWB BAAAD-18649; zu den ab 2010 geltenden Änderungen durch das Bürgerentlastungsgesetz-Krankenversicherung v. 16. 7. 2009, BGBl I 2009, S. 1959, vgl. unten unter d). Dies gilt auch in den Fällen der Nichtigkeit oder Aufhebung der Ehe. Voraussetzung für die Anwendung des sog. Realsplittings ist, dass
der Unterhaltsverpflichtete den Sonderausgabenabzug beantragt,
der Unterhaltsempfänger dem Antrag des Unterhaltsverpflichteten zustimmt und
der Unterhaltsempfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, können die notwendigen Unterhaltsleistungen bis zu einem Höchstbetrag von 7.680 € als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG abgezogen werden; s. hierzu Tz. 258 und Fischer, NWB F. 3 S. 15277 (15301 f.) NWB IAAAC-94130. Eine Berücksichtigung - z. B. einer Abfindung von Unterhaltsansprüchen - im Rahmen des § 33 EStG ist hingegen nicht möglich ( vgl. hierzu NWB FAAAC-92242).
Ist der Unterhaltsempfänger nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, kommt ein Abzug der Unterhaltsleistungen nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG oder aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens in Betracht. Für die übrigen Fälle hat die Große Kammer des EuGH klargestellt, dass die entsprechende gesetzliche Abzugsbeschränkung nicht gegen das Diskriminierungsverbot in der EU verstößt (, Schempp NWB CAAAB-72790), die Ungleichbehandlung sei die Folge unterschiedlicher nationaler Regeln zur Besteuerung von Unterhaltszahlungen. Dies verstoße jedoch nicht gegen EU-Recht, da direkte Steuern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen. Der daraus resultierende Steuernachteil müsse hingenommen werden.
Eine Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG an den eingetragenen Lebenspartner oder den früherer Lebenspartner ist nicht möglich.
b) Unterhaltsleistungen
Unterhaltsleistungen sind einmalige oder laufende Geld- und Sachleistungen, die ohne Gegenleistung gewährt werden. Der Begriff der Unterhaltsleistungen ist gesetzlich nicht definiert. Es ist aber höchstrichterlich geklärt, dass er mit dem in § 33a EStG verwendeten Begriff „Aufwendungen für den Unterhalt” inhaltlich übereinstimmt ( NWB VAAAA-67954). Maßgeblich ist demnach, dass die Aufwendungen für Zwecke des Unterhalts gemacht worden sind. Hierunter sind zunächst typische Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung, z. B. für Ernährung, Kleidung, Wohnung, zu verstehen. Aber auch Naturalunterhaltsleistungen, wie etwa die Überlassung einer Wohnung, können in Höhe des Sachwerts den Tatbestand von Unterhaltsaufwendungen erfüllen. Nicht zu den Unterhaltsleistungen gehört Schuldzinsen für gemeinsam aufgenommene Darlehensverbindlichkeiten oder deren Tilgung ( NWB NAAAC-09310).
Ob die Unterhaltsleistungen aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtung oder sogar freiwillig erbracht werden, ist für den Sonderausgabenabzug nicht entscheidend. Im Fall des nachehelichen Unterhalts muss die Scheidung der Ehegatten aber den Rechtsgrund für die Leistung des den Sonderausgabenabzug begehrenden Steuerpflichtigen sein.
Unterhaltsleistungen können nur dann gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden, wenn die jeweilige Leistung im Kalenderjahr abfließt (vgl. § 11 Abs. 2 EStG).
c) Antrag und Zustimmung
Der Sonderausgabenabzug der Unterhaltsleistungen ist abhängig von einem Antrag des Unterhaltsverpflichteten und der Zustimmung des Unterhaltsempfängers zu diesem Antrag. Fehlt es an dieser Voraussetzung, können die Unterhaltsleistungen allenfalls als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Antrag und Zustimmung können auf einen Teil der Unterhaltsleistungen beschränkt werden. In diesem Fall sind die Unterhaltsleistungen auch nur in dem entsprechenden Umfang vom Unterhaltsempfänger zu versteuern. Eine derartige Beschränkung muss der Antragserklärung des Gebers selbst und der Zustimmung des Empfängers zu entnehmen sein. Der übersteigende Teil der Unterhaltsleistungen kann in diesen Fällen dann allerdings nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Zur Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an eine im Ausland lebenden Unterhaltsberechtigten, bei dem der erhaltene Unterhalt nach ausländischem Recht bereits nicht steuerbar ist, vgl. NWB BAAAB-81712.
Die für den Sonderausgabenabzug zwingend geforderte Zustimmungserklärung kann nicht durch behördliche oder gerichtliche Wertungen und Willensbekundungen ersetzt, sondern allenfalls (zivil-)gerichtlich erzwungen werden (, BStBl 1990 II S. 1022). Das Gleiche gilt, wenn Antrag und Zustimmung auf einen bestimmten Betrag begrenzt werden, der unterhalb des in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrags liegt.
Antrag und Zustimmung können wegen ihrer rechtsgestaltenden Wirkung im Veranlagungszeitraum nicht nachträglich eingeschränkt oder zurückgenommen werden (, BStBl 2000 II S. 218). Dies gilt auch, wenn die Rücknahme von beiden gemeinsam vorgenommen wird. Allerdings kann ein bereits vorliegender begrenzter Antrag zum Realsplitting auch nachträglich noch erweitert werden (OFD Koblenz, Kurzinformation der Steuergruppe St 3/Einkommensteuer v. - S 2221 a). Dieser Antrag auf Erweiterung kann sogar noch nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids gestellt werden und bildet zusammen mit der erweiterten Zustimmungserklärung des Unterhaltsempfängers ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (, BStBl 2007 II S. 5). Wird die Zustimmung des Unterhaltsempfängers gegenüber dem für die Besteuerung zuständigen Veranlagungsplatz beim Finanzamt widerrufen und wurde die Einkommensteuerveranlagung des Unterhaltsleistenden unter Berücksichtigung des entsprechenden Sonderausgabenabzugs bereits durchgeführt, ist im Hinblick auf das nachträgliche Bekanntwerden einer Tatsache (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) nicht auf den Veranlagungsplatz des Unterhaltsempfängers, sondern auf denjenigen des Unterhaltsverpflichteten abzustellen ( NWB EAAAC-67504).
Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt werden. Die Antragstellung ist bereits im Laufe des Jahrs möglich, so dass ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden kann.
Die Zustimmung des Unterhaltsberechtigten ist nicht formgebunden. Sie ist bis auf Widerruf wirksam. Eine für das Jahr 01 erteilte Zustimmung gilt demnach auch für das Jahr 02 und Folgejahre, es sei denn, sie ist widerrufen worden. Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahrs, für das die Zustimmung nicht mehr gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären. D. h. die Zustimmung kann somit weder mit Wirkung für ein abgelaufenes noch mit Wirkung für ein laufendes Kalenderjahr, sondern nur mit Wirkung für ein zukünftiges Kalenderjahr widerrufen werden ( NWB PAAAC-40960). Dies gilt auch für eine Zustimmung die im Rahmen eines Vergleichs erteilt wird. Sie bindet den Leistungsempfänger dem Grunde nach. Die Zustimmung ist begrenzt auf die ursprünglich vereinbarte Höhe der Unterhaltszahlungen. D. h. erhöht sich der Unterhalt und ist der Höchstbetrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG noch nicht ausgeschöpft, gilt die Zustimmung insoweit nicht als erteilt (, BStBl 2005 II S. 825).
Der Unterhaltsverpflichtete hat gegenüber dem Unterhaltsberechtigten grds. einen zivilrechtlichen Anspruch auf Zustimmung. Dieser ergibt sich aus dem Wesen der Ehe bzw. aus der sich aus der nachehelichen Solidarität ergebenden familienrechtlichen Verpflichtung, finanzielle Lasten des Unterhaltsverpflichteten zu vermindern. Diese Verpflichtung besteht allerdings nur, wenn der Unterhaltsverpflichtete im Gegenzug den Unterhaltsberechtigten von der Einkommensteuerschuld freistellt, die ihm als Folge der Besteuerung der erhaltenen Unterhaltsleistungen (§ 22 Nr. 1a EStG, vgl. Tz. 231) erwächst. Die Freistellungsverpflichtung ist nach ihrer rechtlichen Grundlage regelmäßig so eng mit dem Anspruch auf Zustimmung zum Realsplitting verbunden, dass der zivilrechtliche Zustimmungsanspruch im Grundsatz von vornherein nur auf Zustimmung gegen die Verpflichtung zur Freistellung des Unterhaltsberechtigten von den entstehenden steuerlichen Nachteilen gerichtet ist.
Ob die Voraussetzungen für das Bestehen eines Zustimmungsanspruchs vorliegen, ist vom Finanzamt nicht zu prüfen. Es kommt insoweit steuerlich nur auf das Vorliegen einer entsprechenden Zustimmung an. Aus welchen Gründen diese verweigert wird und ob die Verweigerung missbräuchlich ist, kann und darf die Finanzverwaltung nicht berücksichtigen.
d) Höchstbetrag
Der Höchstbetrag für die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen beträgt 13.805 €. Er gilt für die Unterhaltsleistungen an einen Empfänger, d. h. bei mehreren Unterhaltsempfängern kann der Unterhaltsverpflichtete für jeden Unterhaltsleistungen bis maximal 13.805 € als Sonderausgaben geltend machen.
Ab dem Veranlagugnszeitraum 2010 wird der Höchstbetrag insoweit angehoben, wie der vom Umterhaltsverpflichteten gezahlte Unterhalt der Finanzierung der Basiskranken- und Pflegepflichtversorgung des Unterhaltsempfängers dient (zum Begriff der Basiskranken- und Pflegepflichtversorgung vgl. Myßen/Wolter, NWB 30/2009, S. 2313 NWB XAAAD-24562).
Tz. 130 Versorgungsleistungen
a) Allgemeines
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG können – unter bestimmten Voraussetzungen – die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden lebenslangen und wiederkehrenden Versorgungsleistungen, bei denen es sich weder um Betriebsausgaben noch um Werbungskosten handelt, als Sonderausgaben berücksichtigt werden (zur Eintragung in der Einkommensteuererklärung 2008 vgl. Sowinski, NWB 16/2009 S. 1148 [1153 f.] NWB BAAAD-18649). Hauptanwendungsfall für das Vorliegen entsprechender Versorgungsleistungen sind Vermögensübergaben im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Hierbei übertragen z. B. die Eltern zu Lebzeiten einen Betrieb auf ihre Kinder. Diese wiederum verpflichten sich im Gegenzug, eine monatliche Geldrente zu leisten, die sich am Versorgungsbedürfnis der Eltern orientiert. Die beiderseitigen Leistungen sind vor diesem Hintergrund i. d. R. nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgewogen.
Die steuerliche Einordnung der im Zuge einer vorweggenommenen Erbfolge vereinbarten Zahlungen ist jedoch nicht immer eindeutig möglich. Es kann sich hierbei um
nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbare Versorgungsleistungen,
wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung („Gegenleistungsrente”) oder
nach § 12 EStG nicht abziehbare Unterhaltsleistungen
handeln. Die Definition, was unter den einzelnen Begriffen zu verstehen war und wie diese voneinander abzugrenzen waren, erfolgte durch viele BFH-Urteile und diesen nachfolgend verschiedene BMF-Schreiben (vgl. hierzu auch Lux, Steuer und Studium 2008, S. 220 ff.).
Versorgungsleistungen (Renten oder dauernde Lasten) sind demnach wiederkehrende Leistungen, die im Rahmen einer Vermögensübertragung zur vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden (Vermögensübergabe). Allerdings dürfen die wiederkehrenden Leistungen weder den Charakter eines Veräußerungsentgelts noch von Anschaffungskosten haben (, BStBl 1990 II S. 847). Nach dem bis zum geltenden Recht musste Gegenstand einer unentgeltlichen Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen eine existenzsichernde und ertragbringende Wirtschaftseinheit des Privat- und/oder Betriebsvermögens sein, deren Erträge ausreichten, um daraus die dem Vermögensübergeber geschuldeten wiederkehrenden Leistungen zu erbringen. In Betracht kamen z. B. Betriebe, Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile, Anteile an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere und vergleichbare Kapitalforderungen, typische stille Beteiligungen, Geschäfts- oder Mietwohngrundstücke, Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und verpachtete unbebaute Grundstücke. Keine existenzsichernde Wirtschaftseinheit war dagegen ertragloses Vermögen, wie z. B. Bargeld, Hausrat, Wertgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungen, unbebaute Grundstücke (Brachland) und Grundstücke mit aufstehendem Rohbau. Nach Auffassung des , BStBl 2007 II S. 103) kann jedoch auch die anlässlich der Übergabe von Geld- oder Wertpapiervermögen vereinbarte Zahlung eine als Sonderausgabe abziehbare Last begründen, wenn diese Werte vereinbarungsgemäß zur Tilgung von Schulden eingesetzt werden, mit denen die Herstellung von ertragbringendem Vermögen finanziert wurde (vgl. auch Schmidt/Schwind, NWB F. 3 S. 14887). Allerdings ist dieses Urteil nach Auffassung der Finanzverwaltung (, BStBl 2007 I S. 188) nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwendbar. Dem Abzug von Versorgungsleistungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs steht auch nicht entgegen, dass der Begünstigte durch Erbeinsetzung oder Vermächnis existenzsicherendes Vermögen aus der Erbmasse erhält (, BStBl 2008 II S. 123, unter Aufgabe der Rechtsprechung in , BStBl 1994 II S. 633).
Ausführlich zu dem bis zum geltenden Recht der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen s. Brandenberg, NWB F. 3 S. 13561 ff. NWB VAAAB-56964, Schmidt/Schwind, NWB F. 3 S. 14887 NWB AAAAC-65463, sowie Lux, Steuer und Studium 2008, S. 220.
Mit dem Jahressteuergesetz 2008 wurden die bisherigen Regelungen zur Berücksichtigung von Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen grundlegend neu gestaltet und damit auf den ursprünglichen Kernbereich der Vorschrift zurückgeführt (zur Übergangsregelung vgl. Tz. 130, g). So kann zukünftig nur noch die Übertragung von
land- und forstwirtschaftlichen Betrieben,
Gewerbebetrieben,
Betriebsvermögen und
einem mindestens 50 % betragenden Anteils des Gesellschafter-Geschäftsführers an seiner GmbH
eine als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG anzusetzende Versorgungsleistung begründen. Die Übertragung von Grundvermögen, Wertpapiervermögen und Kapitalforderungen und anderem Privatvermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge kann daher zukünftig keine steuerlich relevante Versorgungsleistung mehr auslösen (vgl. auch Schmidt/Schwind, NWB F. 3 S. 148887 ff. NWB AAAAC-65463).
Handelt es sich um Versorgungsleistungen, dann können diese wiederkehrenden Leistungen in vollem Umfang vom Vermögensübernehmer als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG angesetzt werden. Korrespondierend dazu sind sie vom Vermögensübergeber in vollem Umfang als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1b EStG zu versteuern. Die bisher erforderliche Differenzierung zwischen Rente und dauernder Last ist zukünftig nicht mehr erforderlich.
b) Versorgungsleistungen
Versorgungsleistungen sind alle im Zusammenhang mit einem Vermögensübergabevertrag vereinbarten wiederkehrenden Leistungen. Hierzu können insbesondere Geldleistungen, aber auch andere Leistungen in Geldeswert gehören, wie z. B. die Übernahme von Aufwendungen oder Sachleistungen, die die Grundbedürfnisse des Bezugsberechtigten abdecken. Auch die Kosten eines ortsüblichen Grabmals oder des Begräbnisses können berücksichtigt werden (vgl. , BStBl 2007 II S. 160). Dies gilt ungeachtet dessen, dass Aufwendungen für ein Grabmal naturgemäß nicht „wiederkehrend” sind, da insoweit keine isolierte Betrachtung einzelner Bestandteile einer insgesamt geschuldeten Versorgungsleistung vorzunehmen ist.
Versorgungsleistungen können allerdings nur dann als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen, also dem Steuerpflichtigen erzwingbar abverlangt werden können. Freiwillige Leistungen oder auf einer freiwillig begründeten Rechtspflicht beruhende Leistungen sowie Leistungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten sind im Hinblick auf das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG nicht abziehbar.
c) Unterscheidung zwischen Rente und dauernder Last
Handelt es sich um eine steuerlich anzuerkennende Versorgungsleistung, kam es bisher im Hinblick auf den Umfang der als Sonderausgaben anzusetzenden Beträge darauf an, ob die Versorgungsleistung als Rente oder als dauernde Last zu qualifizieren war. Diese Unterscheidung ist jedoch nur noch für Vermögensübergaben relevant die vor dem vereinbart wurden. Ab dem ist die wiederkehrende Leistung in vollem Umfang – wie bisher eine dauernde Last – als Sonderausgabe beim Leistungsverpflichteten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) und als sonstige Einkünfte beim Leistungsempfänger (§ 22 Nr. 1b EStG) anzusetzen (Schmidt/Schwind, NWB F. 3 S. 14887 ff. NWB AAAAC-65463; Sowinski, NWB 16/2009 S. 1148 [1153] NWB BAAAD-18649)).
Eine dauernde Last war in dem bis zum geltenden Recht anzunehmen, wenn die Versorgungsleistung nach der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags als abänderbar einzustufen war. In diesem Fall wurde die wiederkehrende Leistung beim Verpflichteten in vollem Umfang als Sonderausgaben und beim Berechtigten in vollem Umfang als sonstige Einkünfte berücksichtigt (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG i. V. mit § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Wurde hingegen die Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen von den Beteiligten ausdrücklich ausgeschlossen, dann handelte es sich um eine nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtige und als Sonderausgaben abziehbare Leibrente (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG i. V. mit § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG a. F).
d) Kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit Einkünften
Versorgungsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG dürfen nicht mit eigenen Einkünften des Leistungsverpflichteten in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, da es sich dann um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handeln würde, die nicht als Sonderausgaben angesetzt werden können. Renten und dauernde Lasten dürfen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch nicht mit Einkünften wirtschaftlich zusammenhängen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Bei diesen handelt es sich um Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 EStG, die kraft besonderer Vorschrift für die Einkommensteuer unberücksichtigt bleiben, wie z. B. Einkünfte, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ausscheiden (vgl. R 10.3 Abs. 1 EStR).
e) Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Empfängers
Nach bislang geltendem Recht sind Versorgungsleistungen unabhängig davon nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben abziehbar, ob der Empfänger der Leistungen unbeschränkt steuerpflichtig ist oder nicht. D. h. der Abzug der Versorgungsleistungen ging nicht zwingend mit einer Besteuerung der Versorgungsleistungen einher. Dies war mit dem Korrespondenzprinzip zwischen § 10 EStG und § 22 EStG jedoch nur eingeschränkt nicht vereinbar.
Der Gesetzgeber hat daher geregelt, dass ab dem der Sonderausgabenabzug für Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nur zulässig ist, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Damit geht der Sonderausgabenabzug grds. immer mit der steuerlichen Erfassung der Versorgungsleistungen einher. Eine unbeschränkte Steuerpflicht des Leistungsempfängers ist nur dann nicht erforderlich, wenn dieser Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der EU/EWR ist, er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats der EU/EWR hat und er durch eine Bescheinigung der für ihn zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachweist, dass die Versorgungsleistungen bei ihm besteuert werden (§ 1a Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG i. V. mit Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Die Verknüpfung des Sonderausgabenabzugs mit der beim Leistungsempfänger im Ausland durchgeführten Besteuerung ist europarechtlich zulässig. Der , Schempp NWB CAAAB-72790) hat eine entsprechende Verknüpfung bereits im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG für zulässig erachtet. Auch dort ist der Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben davon abhängig, dass diese beim Unterhaltsempfänger besteuert werden. Lebt dieser im Ausland, ist der Abzug beim Unterhaltsverpflichteten nur möglich, wenn dieser gegenüber dem deutschen Fiskus nachweist, dass die Unterhaltsleistungen im Ausland tatsächlich besteuert werden. Dies ist nach Auffassung des EuGH selbst dann europarechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Abzug der Unterhaltsleistungen abgelehnt wird, weil die Unterhaltsleistungen im Ausland steuerfrei sind. Eine vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber auch für die Berücksichtigung von Versorgungsleistungen als erforderlich angesehen. Ist der Empfänger der Versorgungsleistungen somit nicht unbeschränkt steuerpflichtig, erfüllt er jedoch die in § 1 Abs. 1 Nr. 1a EStG genannten Voraussetzungen, ist ein Abzug der Versorgungsleistungen als Sonderausgaben beim Versorgungsverpflichteten nur möglich, wenn durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird, dass die Versorgungsleistungen beim Leistungsempfänger besteuert werden (§ 1a Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG i. V. mit Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
f) Begünstigte Übertragungen
Versorgungsleistungen, die auf nach dem vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen, können nur dann nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG berücksichtigt werden, wenn bestimmte Vermögenswerte Gegenstand der Übertragung sind. Hierzu gehört die Übertragung eines
Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit i. S. der §§ 13, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder des § 18 Abs. 1 EStG ausübt,
Betriebs oder Teilbetriebs oder
mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung wahrnimmt.
Mit der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2008 erfolgten Einbeziehung von Anteilen an einer GmbH soll insbesondere die Übertragung von kleinen und mittelständischen Familienunternehmen in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG einbezogen werden. Allerdings gilt dies nur, wenn der Vermögensübergeber vorher in der GmbH als Gesellschafter-Geschäftsführer eine beherrschende Stellung innehatte. Eine solche Beherrschung ist typischerweise dann anzunehmen, wenn der Gesellschafter einer GmbH über eine Mehrheitsbeteiligung und damit eine Beschlussmehrheit i. S. von § 47 Abs. 1 GmbHG besitzt. Weitere Voraussetzung ist in diesen Fällen allerdings, dass der Vermögensübernehmer auch als Geschäftsführer in der GmbH tätig wird (zu den insoweit bestehenden praktischen Problemen vgl. Schmidt/Schwind, NWB F. 3 S. 14887 ff. NWB AAAAC-65463).
Ausdrücklich klargestellt hat der Gesetzgeber, dass auch die auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Fortwirtschaft entfallenden Versorgungsleistungen abgezogen werden können, wenn sie auf die vom Altenteiler genutzte Wohnung entfallen.
g) Übergangsregelung
Die Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist nach § 52 Abs. 23e Satz 1 EStG auf alle Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf nach dem vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen. Für Versorgungsleistungen, die auf Vermögensübertragungen beruhen, die vor dem vereinbart wurden, bleibt damit grds. alles beim Alten (zur Übergangsregelung insgesamt Schmidt/Schwind, NWB F. 3 S. 14887; Sowinski, NWB 16/2009 S. 1148 [1153] NWB BAAAD-18649)). Eine Ausnahme hiervon gilt nur, soweit das übertragene Vermögen nur deshalb einen ausreichenden Ertrag erbringt, weil ersparte Aufwendungen mit Ausnahme des Nutzungsvorteils eines zu eigenen Zwecken vom Vermögensübernehmer genutzten Grundstücks zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden. Für diese Fälle bleibt es bei der Anwendung der Neuregelung auch auf Altverträge. Da die Finanzverwaltung auch nach dem bis zum geltenden Recht für diese Fälle einen Sonderausgabenabzug der Versorgungsleistungen nicht zugelassen hat, wurde vom Gesetzgeber insoweit eine Übergangsregelung für entbehrlich erachtet (Lux, Steuer und Studium 2008, S. 220).
A wohnt in einem selbstgenutzten Einfamilienhaus, welches er u. a. mit einem Kredit von der B-Bank finanziert hat, zu deren Gunsten auch eine Grundschuld eingetragen ist. Der Vater des A erwirbt Forderung und Grundschuld von der B-Bank und überträgt diese im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an seinen Sohn A gegen die Gewährung wiederkehrender Bezüge.
Die wiederkehrenden Bezüge können nicht als Versorgungsleistungen im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG angesetzt werden, weil sich A durch die Übertragung von seinem Vater nur die Aufwendungen für das Darlehen erspart. Für diese Fallgestaltung gilt die Übergangsregelung des § 52 Abs. 23e EStG nicht. Dies gilt unabhängig vom Zeitpunkt des Abschlusses des Übertragungsvertrages.
Abwandlung: Das von A bewohnte Haus gehört seinem Vater und dieser überträgt es ihm gegen Gewährung wiederkehrender Bezüge. In diesem Fall können Versorgungsleistungen vorliegen, da der Nutzungsvorteil des zu eigenen Wohnzwecken von A genutzten Grundstücks nicht zu berücksichtigen ist. Dies gilt allerdings nur, wenn der Übertragungsvertrag vor dem abgeschlossen wurde. Bei einem Vertragsabschluss nach dem scheidet eine Berücksichtigung von Versorgungsleistungen im Rahmen des Sonderausgabenabzug aus, da der Vater eine von A selbstgenutzte Wohnimmobilie übertragen hat, es sich somit nicht um ein nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigten Vermögenswert handelt.
Tz. 131 Leistungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs
Bisher konnten Leistungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben abgezogen werden (zur Eintragung in der Einkommensteuererklärung 2008 vgl. Sowinski, NWB 16/2009 S. 1148 [1154] NWB BAAAD-18649). Aufgrund der im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 vorgenommenen Umgestaltung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG wurde die Berücksichtigung der entsprechenden Leistungen in einer gesonderten Vorschrift, § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG, neu geregelt. Eine wesentliche inhaltliche Änderung wurde vom Gesetzgeber nicht vorgenommen.
Bei einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hat der ausgleichsverpflichtete Ehegatte dem ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Geldrente (Ausgleichsrente) zu zahlen. Der ausgleichberechtigte Ehegatte erhält insoweit keinen eigenständigen Versicherungsschutz, sondern lediglich eine Zahlungsanspruch gegenüber dem Ausgleichsverpflichteten. Dies setzt voraus, dass wiederum der Ausgleichsverpflichtete gegenüber dem Versorgungsträger einen Rentenanspruch hat. Außerdem erlischt der Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichsrente grds. mit dem Tod des ausgleichsverpflichteten Ehegatten. Der Ausgleichsberechtigte kann unter bestimmten Voraussetzungen auch die Abtretung der in den Versorgungsausgleich einbezogenen Versorgungsansprüche verlangen. Außerdem kann er – bei wirtschaftlicher Zumutbarkeit für den ausgleichsverpflichteten Ehegatten – eine Abfindung künftiger Ausgleichsansprüche in Form der Zahlung von Beiträgen zu einer gesetzlichen Rentenversicherung oder zu einer privaten Lebens- oder Rentenversicherung verlangt.
Bezieht der Ausgleichsverpflichtete die für den Ausgleich maßgebenden Bezüge und ist er damit verpflichtet, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Geldrente zu zahlen, hat er zunächst die maßgebenden Bezüge zu versteuern. Der Besteuerungsumfang richtet sich nach der Art der ausgezahlten Bezüge. Handelt es sich um Versorgungsbezüge, sind diese unter Berücksichtigung der entsprechenden Freibeträge nach § 19 EStG zu besteuern. Rentenleistungen aus einer Basisversorgung im Alter (u. a. gesetzliche Rentenversicherung, berufsständische Versorgungseinrichtungen) werden demgegenüber nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, Leistungen aus zertifizierten Altersvorsorgeverträgen und der betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds) nach § 22 Nr. 5 EStG und sonstige Renten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG erfasst. Ein Abzug im Hinblick auf die an den ausgleichsberechtigten Ehegatten weitergeleitete Ausgleichsrente erfolgt zu diesem Zeitpunkt nicht. Dies ergibt sich daraus, dass bei einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich die Versorgungsanwartschaft rechtlich in vollem Umfang dem Ausgleichsverpflichteten zusteht. Die Weitergabe von Teilen der Versorgungsleistungen an den Ausgleichsberechtigten stellt eine Einkommensverwendung dar. Wirtschaftlich betrachtet werden steuerpflichtige Einkünfte vom Ausgleichsverpflichteten auf den Ausgleichsberechtigten transferiert. Durch Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG wird diese Verschiebung, durch die die steuerliche Leistungsfähigkeit des ausgleichsverpflichteten Ehegatten gemindert und die des ausgleichsberechtigten Ehegatten erhöht wird, nachvollzogen. Der ausgleichsverpflichtete Ehegatte kann somit die im Rahmen des Sonderausgabenabzugs gezahlte Ausgleichsrente insoweit als Sonderausgaben abziehen, wie sie beim Ausgleichsberechtigten der Besteuerung unterlag. Das bedeutet: Liegt der Leistung z. B. eine nur mit dem Ertragsanteil steuerbare Leibrente des Ausgleichsverpflichteten zugrunde, ist nur in Höhe des Ertragsanteils ein Sonderausgabenabzug möglich. Handelt es sich um Versorgungsbezüge, die von ihm in vollem Umfang zu versteuern sind, ist auch in diesem Umfang ein Sonderausgabenabzug möglich. Spiegelbildlich dazu hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte die entsprechenden Leistungen nach § 22 Nr. 1c EStG der Besteuerung zu unterwerfen. Zur steuerlichen Behandlung des eherechtlichen Versorgungsausgleichs insgesamt vgl. auch Risthaus, NWB F. 3 S. 14831 ff. NWB XAAAC-62042.
Tz. 132 Vorsorgeaufwendungen
a) Allgemeines
Das die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Pensionen als mit dem Grundgesetz unvereinbar angesehen und den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens mit Wirkung zum eine Neuregelung zu treffen (, BStBl 2002 II S. 618). Diese ist mit dem Alterseinkünftegesetz erfolgt, mit dem der Gesetzgeber eine „systematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen” geregelt hat.
Bis zum erfolgte eine einheitliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen, bei der alle vom Steuerpflichtigen geleisteten Vorsorgeaufwendungen zusammengerechnet und dann bis zu einer bestimmten Obergrenze als Sonderausgaben berücksichtigt wurden. Die Höhe des dem Steuerpflichtigen zustehenden Abzugsvolumens wurde auf verschiedenen Stufen ermittelt. Zunächst wurde der so genannte Vorwegabzug in Höhe von 3.068 € gewährt, der jedoch bei Arbeitnehmern und Beamten in der Regel um 16% der jeweiligen Einnahmen gekürzt wurde. Die verbleibenden Aufwendungen wurden dann bis zum Grundhöchstbetrag (1.334 €) und dem so genannte hälftigen Höchstbetrag (667 €) angesetzt (§ 10 Abs. 3 EStG a. F.). Für Beiträge zugunsten einer privaten Pflegeversicherung existierte für bestimmte Steuerpflichtige noch ein zusätzlicher Abzugsbetrag in Höhe von 184 €. Das bis zum geltende Recht führte bei Arbeitnehmern und Beamten dazu, dass in der Regel Vorsorgeaufwendungen bis maximal 2.001 €, bei Selbständigen bis maximal 5.069 € als Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt wurden.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2005 ändert sich durch das Alterseinkünftegesetz die steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen. Es ist nun zwischen den Aufwendungen für eine Basisversorgung im Alter und den sonstigen Vorsorgeaufwendungen (u. a. Beiträge zu Kranken-, Pflege-, Unfall-, Haftpflicht-, Arbeitslosen- und Kapitallebensversicherungen) zu unterscheiden. Die Beiträge zum Aufbau einer Basisversorgung im Alter – hierzu gehören u.a. die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder einer berufsständischen Versorgung – werden bis zu 20.000 € als Sonderausgaben angesetzt. Der Vollabzug der geleisteten Beiträge erfolgt jedoch schrittweise. Bis zum Jahr 2025 werden die innerhalb des Höchstbetrags geleisteten Beiträge nur anteilig angesetzt (im Jahr 2009: 68 %). Für die sonstigen Vorsorgeaufwendungen beträgt der abziehbare Höchstbetrag für Steuerpflichtige, die einen steuerfreien Zuschuss zu ihrer Krankenversicherung erhalten 1.500 €, dieser erhöht sich auf 2.400 € für Steuerpflichtige, die ihre Krankenversicherung alleine tragen müssen (§ 10 Abs. 4 EStG). Eine Differenzierung des Abzugsvolumens nach der Anzahl der Kinder des Steuerpflichtigen ist – wie im alten Recht – nicht vorgesehen. Das ab dem Veranlagungszeitraum 2005 geltenden Recht sieht allerdings auch eine so genannte Günstigerprüfung vor, mit der Schlechterstellungen aufgrund der Neuordnung vermieden werden sollen. Hierbei wird das Abzugsvolumen nach dem bis zum geltenden Recht mit dem Abzugsvolumen nach „neuem” Recht verglichen. Angesetzt wird dann der für den Steuerpflichtigen höhere Betrag. Sind Beiträge zugunsten einer Rürup-Rente (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG) geleistet worden gelten Sonderregelungen. Die Günstigerprüfung läuft ab dem Veranlagungszeitraum 2011 schrittweise bis 2020 aus. In dieser Übergangsphase wird das nach altem Recht bestehende Abzugsvolumen sukzessive abgebaut, indem der Vorwegabzug schrittweise gekürzt wird.
Zur steuerlichen Berücksichtigung u. a. von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung hat der , BStBl 2006 II S. 312; vgl. hierzu auch Fischer, NWB F. 3 S. 13853 ff. NWB AAAAB-77182) dem BVerfG verschiedene Fragen zur Entscheidung vorgelegt. Auf diese Vorlage hin hat das NWB AAAAC-75760) entschieden, dass
die Begrenzung des steuerlichen Abzugs von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf den gesetzliche Höchstbetrag des § 10 Abs. 3 EStG a. F. und des § 10 Abs. 4 EStG n. F. verfassungswidrig ist;
die Regelungen jedoch ausnahmsweise weiter anwendbar sind, aus Rücksichtnahme auf die enormen Haushaltswirkungen und weil die Verfassungsrechtslage zu den streitgegenständlichen Fragen bisher noch nicht hinreichend geklärt war;
die Aufwendungen für eine private Versicherung für den Krankheits- und Pflegefall Teil des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums sein können;
für die Bemessung des existenznotwendigen Aufwands auf das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau abzustellen ist;
der Gesetzgeber verpflichtet ist, bis spätestens mit Wirkung zum eine Neuregelung zu treffen;
ab dem Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung (Vollversicherung) und zur privaten Pflegeversicherung in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn der Gesetzgeber keine Neuregelung trifft.
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das BVerfG in den Leitsätzen aus: Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums schützt nicht nur das so genannte sächliche Existenzminimum. Auch Beiträge zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall können Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein. Für die Bemessung des existenznotwendigen Aufwands ist auf das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau als eine das Existenzminimum quantifizierende Vergleichsebene abzustellen.
Ausgangspunkt der Entscheidung des BVerfG ist das aus dem Grundgesetz (Art. 1 und 20 GG i. V. mit Art. 3 und 6 GG) abgeleitete Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums ( NWB AAAAC-75760, Rz. 104). Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Dabei entspricht es dem Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat, dass sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, das darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen.
Die Rechtsprechung des BVerfG zur Steuerfreiheit des Existenzminimums hat sich bisher nur mit dem so genannten sächlichen Existenzminimum – also im Wesentlichen mit den Aufwendungen für Nahrung, Kleidung, Hygiene, Hausrat, Wohnung und Heizung sowie den korrespondierenden Leistungstatbeständen des Sozialhilferechts – und mit dem zum Existenzminimum gehörenden Betreuungs- und Erziehungsbedarf von Kindern befasst. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Kranken- und Pflegeversorgung für sich und seine Kinder, insbesondere die entsprechenden Versicherungsbeiträge, können aber – so der Beschluss des BVerfG – auch Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein.
Ebenso wie beim sächlichen Existenzminimum ist auch bei Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversorgung auf das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau als eine das Existenzminimum quantifizierende Vergleichsebene abzustellen. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums gewährleistet dem Steuerpflichtigen somit einen Schutz des Lebensstandards nicht auf Sozialversicherungs-, sondern nur auf Sozialhilfeniveau ( NWB AAAAC-75760, Rz. 112). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist daher die steuerliche Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen nur insoweit erforderlich, wie diese tatsächlich einer entsprechenden Absicherung dienen. Beiträge für eine Luxusversorgung – z. B. Chefarztbehandlung – müssen aus verfassungsrechtlichen Gründen hingegen nicht steuermindernd berücksichtigt werden.
Nach Auffassung des BVerfG ist auf die Beitragsseite (Was kostet eine entsprechender Versicherungsschutz im konkreten Einzelfall?) und nicht auf die Kostenseite (Welche durchschnittlichen Kosten entstehen den Krankenkassen bzw. Krankenversicherungen durch die Übernahme des Krankenversicherungsschutzes?) abzustellen. Entscheidend ist somit, wie hoch die tatsächlich vom Steuerpflichtigen aufgewendeten Kosten sind, die dieser für einen entsprechenden Versicherungsschutz (Basisabsicherung) zahlen muss. Der Ansatz eines pauschalierten Höchstbetrages, der unterhalb der tatsächlichen Aufwendungen liegt, ist daher verfassungsrechtlich problematisch. So verwirft das BVerfG in seiner Entscheidung ausdrücklich die Möglichkeit, zur Quantifizierung eines Pauschalbetrages auf „die im Mittel getätigten Aufwendungen der Leistungsträger” oder auf einen „durchschnittlichen, über alle Risiken, Altersstufen und Anbieter gemittelten Versicherungsaufwand” abzustellen. Das BVerfG stellt konsequent auf das sozialhilferechtliche Leistungsniveau (nach Art und Umfang) ab.
Die Kranken- und Pflegeversorgung ist insoweit ein integraler Bestandteil des Leistungskatalogs der Sozialhilfe. Dabei ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht unerheblich, ob der Sozialhilfeträger die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Sozialhilfeberechtigten übernimmt oder eine Kranken- und Pflegeversorgung unmittelbar gewährleistet. Das sozialhilferechtliche Leistungsniveau wird vom Gesetzgeber mit Ausnahme spezieller Leistungselemente – beispielsweise des Krankengelds (vgl. § 44 Abs. 1 SGB V) – im Wesentlichen an das der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gekoppelt ( NWB AAAAC-75760, Rz. 128).
Der Steuergesetzgeber ist folglich verpflichtet, den konkreten individuellen Aufwand jedes Steuerpflichtigen zur Erlangung einer Kranken- und Pflegeversicherung mit diesem (typisierten) Leistungsumfang steuermindernd zu berücksichtigen. Bezogen auf die von einem privat Krankenversicherten geleisteten Beiträge bedeutet dies, dass der Steuergesetzgeber nicht gehalten ist, die Beiträge zu „normalen” privaten Krankheitskostenversicherungen von Verfassungs wegen stets zu 100 % anzusetzen. Es müssen nur diejenigen Beitragsleistungen berücksichtigt werden, die zur Erlangung einer Absicherung auf dem oben beschriebenen Leistungsniveau erforderlich sind, und zwar selbst dann, wenn der Steuerpflichtige faktisch oder rechtlich zu höheren Aufwendungen verpflichtet ist. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums hat nicht den Sinn, die Kosten eines über dem Sozialhilfeniveau liegenden Lebensstandards über die Einkommensteuer auf die Allgemeinheit zu verteilen. Der Gesetzgeber kann die Privatversicherten daher darauf verweisen, dass ein Teil ihrer Beiträge bei der Einkommensteuer unberücksichtigt bleibt, soweit nach seiner Einschätzung das Versorgungsniveau von privaten Krankenversicherungen üblicherweise über das wiederum an das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung gekoppelte Sozialhilfeniveau hinausgeht.
Die Entscheidung des BVerfG gilt gleichermaßen für die in der gesetzlichen Krankenversicherung Pflichtversicherten wie für privat Krankenversicherte. Von der Entscheidung „profitieren” insbesondere diejenige Steuerpflichtigen mit hohen tatsächlichen Kosten für eine Kranken- und Pflegeversicherung, da diese Personengruppe durch die geltenden Regelungen bisher am stärksten benachteiligt wurden.
Aufgrund der enormen Haushaltswirkungen, die die Umsetzung der Entscheidung voraussichtlich nach sich ziehen wird, hat das BVerfG jedoch entschieden, dass die bisherigen Regelungen weiter bis zum anzuwenden sind (vgl. zur Fortgeltung der bestehenden Abzugsbeschränkung NWB UAAAD-05544; die gegen das Urteil erhobene Verfassungsbeschwere wurde vom nicht zur Entscheidung angenommen).
Mit dem Bürgerentlastungsgesetz-Krankenversicherung (v. , BGBl I 2009, S. 1959) setzt der Gesetzgeber den Beschluss des BVerfG zum um (zur Neuordnung ausführlich Myßen/Wolter, NWB 30/2009, S. 2313 NWB XAAAD-24562; zu den Vorsorgeaufwendungen im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2010: Harder-Buschner/Jungblut NWB 34/2009 S. 2636 NWB KAAAD-25988).
Mit der Neuregelung werden die bisher bestehenden Abzuvolumina für sonstige Vorsorgeaufwendungen jeweils um 400 € erhöht, d. h. von 2.400 € auf 2.800 € bzw. von 1.500 € auf 1.900 €. Diese Höchstbeträge gelten – wie bisher – für alle sonstigen Vorsorgeaufwendungen, d. h. auch für Beiträge zugunsten einer Krankenversicherung. Hierbei werden auch diejenigen Beitragsanteile einbezogen die auf die Finanzierung des Krankengeldes und von Komfortleistungen entfallen. Damit sichergestellt ist, dass die für eine Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung gezahlten Beiträge voll abziehbar sind, wird allerdings auch geregelt, dass mindestens diese Beiträge ungedeckelt berücksichtigt werden. Liegt der Steuerpflichtige mit seinen sonstigen Vorsorgeaufwendungen innerhalb der jeweils geltenden Höchstbeträge, dann kann er diese steuerlich vollumfänglich als Sonderausgaben abziehen. Wendet er für seine Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung allerdings mehr auf als 2.800 € bzw. 1.900 € auf, dann kann er mindestens jedoch seine tatsächlichen Ausgaben abziehen.
Das bedeutet: Liegt der Steuerpflichtige mit seinen sonstigen Vorsorgeaufwendungen (inkl. der ungekürzten Krankenversicherungsbeiträge) innerhalb der jeweils geltenden Höchstbeträge, dann kann er diese steuerlich vollumfänglich als Sonderausgaben abziehen. Wendet er für seine Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung allerdings mehr auf als 2.800 € bzw. 1.900 € auf, dann kann er mindestens jedoch seine tatsächlichen Ausgaben abziehen.
Frau Müller ist privat krankenversichert. Sie finanziert ihre Krankenversicherung alleine und zahlt im Jahr 2010 einen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 2.400 €, von dem 10 % der Finanzierung von Komfortleistungen dienen. Auf die Basiskrankenversicherung entfällt somit ein Beitragsanteil von 2.160 €. Für eine Pflegepflichtversicherung hat sie 200 € gezahlt und andere sonstige Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 200 € getätigt.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Beiträge zur Krankenversicherung | 2.400 € | |
Beiträge zur Pflegepflichtversicherung | 200 € | |
Weitere sonstige
Vorsorgeaufwendungen | 200 € | |
Summe | 2.800 € | |
Höchstens | 2.800
€ | |
Mindestens jedoch: Basiskrankenversicherung | 2.160 € | |
Pflegeversicherung | 200 € | |
2.360 € | ||
Anzusetzen ist der höhere Betrag,
somit | 2.800
€ |
Frau Müller zahlt 4.000 € für ihre Krankenversicherung.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Beiträge
zur Krankenversicherung | 4.000 € | |
Beiträge zur Pflegepflichtversicherung | 200 € | |
Weitere sonstige
Vorsorgeaufwendungen | 200 € | |
Summe | 4.400 € | |
Höchstens | 2.800
€ | |
Mindestens jedoch: Basiskrankenversicherung | 3.600 € | |
Pflegepflichtversicherung | 200 € | |
3.800 € | ||
Anzusetzen ist der höhere Betrag, somit | 3.800 € |
Außerdem ist in den Veranlagungszeiträumen 2010 bis 2019 – wie bisher – eine Günstigerprüfung vorgesehen. Konnte der Steuerpflichtige nach der noch geltenden Rechtslage (Rechtslage im Veranlagungszeitraum 2009) höhere Beiträge als Vorsorgeaufwendungen geltend machen, dann kann er diese bis zum Jahr 2019 auch weiterhin absetzen. Mit der Günstigerprüfung wird – vereinfacht ausgedrückt – das bisherige Recht „konserviert” und in jedem Einzelfall geprüft, ob das bisherige Recht oder das neue Recht für den Steuerpflichtigen günstiger ist. Diese Prüfung nimmt das Finanzamt automatisch vor.
Durch die steuerliche Differenzierung zwischen den Beiträgen für eine Kranken- bzw. Basiskrankenversicherung bedarf es zukünftig allerdings der Ermittlung derjenigen Beitragsanteile, die der Finanzierung von Basis- und Komfortleistungen dienen, wenn der Steuerpflichtige sonstige Vorsorgeaufwendungen oberhalb der Höchstbeträge (1.900 € / 2.800 euro;) geltend machen will. Während es bei der gesetzlichen Krankenversicherung im Hinblick auf die Krankengeldabsicherung einen gesetzlich normierten pauschalen Kürzungssatz gibt, ist die Aufteilung privater Krankenversicherungsbeiträge durch eine Rechtsverordnung (KVBEVO) geregelt. Die Ermittlung des dabei nicht abziehbaren Teils der Beiträge erfolgt durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die vom Steuerpflichtigen zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie. Auf diese Weise wird auch im Bereich der privaten Krankenversicherung in pauschalierender Weise der für die Basisabsicherung geleistete Beitragsanteil ermittelt.
Verfahrentechnisch ist geregelt, dass die Höhe der vom Steuerpflichtigen geleisteten Basiskranken- und Pflegepflichtbeiträge dem Finanzamt elektronisch mitgeteilt wird. Dies soll im Rahmen der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung, der Rentenbezugsmitteilung oder durch das Versicherungsunternehmen bzw. den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung oder die Künstlersozialkasse erfolgen. Die Datenübermittlung erfolgt unter Angabe der Identifikationsnummer, damit eine Zuordnung der Daten auf Seiten der Finanzverwaltung möglich ist.
b) Aufwendungen für eine Basisversorgung im Alter
aa) Überblick
Aufwendungen für eine Basisversorgung im Alter können bis zu 20.000 € im Rahmen der Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt werden. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt es sich um Aufwendungen für eine Basisversorgung im Alter, wenn mit den Beiträgen Versorgungsanwartschaften aufgebaut werden, bei denen sichergestellt ist, dass die sich daraus ergebenden Leistungen tatsächlich für eine Altersversorgung verwendet werden. Dies ist nach Auffassung des Gesetzgebers dann der Fall, wenn die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen im Jahr der Zahlung gemindert wird und es sich nicht lediglich um eine Vermögensumschichtung handelt. Der Steuerpflichtige kann damit erst im Alter wieder über den von ihm im aktuellen Veranlagungszeitraum gezahlten Betrag wirtschaftlich verfügen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung einer Basisversorgung im Alter hat der Gesetzgeber an die gesetzliche Rentenversicherung angeknüpft. D. h. steuerlich begünstigt werden nur solche Beiträge und Einkommensverwendungen, die zu Ansprüchen führen, welche mit den Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind.
In Literatur und Rechtsprechung wird in diesem Zusammenhang schon seit längerem diskutiert, ob es sich bei den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung um vorweggenommene Werbungskosten handeln könnte. Stimmte man dem zu, würde die Begrenzung des Abzugsvolumens nach § 10 EStG für die Altersvorsorgeaufwendungen nicht greifen. Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei den entsprechenden Beiträgen jedoch nicht um vorweggenommene Werbungskosten, die bei den Einkünften i. S. des § 22 Nr. 1 EStG abziehbar sind, sondern um Sonderausgaben. Begründet wurde dies aus der „Rechtsnatur der Beiträge als private Aufwendungen” und der ausdrücklichen Zuweisung zu den Vorsorgeaufwendungen des § 10 Abs. 2 und 3 EStG a. F. Das BVerfG hat dies aus verfassungsrechtlicher Sicht bisher nicht beanstandet. Auch für die Veranlagungszeiträume ab 2005 hat der BFH an der Zuordnung der Beiträge zu den Sonderausgaben festgehalten (, BStBl 2007 II S. 574, vgl. zu dem Urteil des BFH: Fischer, NWB F. 3 S. 14405 ff. NWB PAAAC-39898). Auch dies wurde vom BVerfG nicht beanstandet ().
Diese Auffassung hat der BFH auch mit Urteil v. - X B 60/07 NWB CAAAD-01305 ausdrücklich bestätigt. Es sind hierzu zwar noch verschiedene Verfahren bei BFH anhängig (, Az des BFH: X R 30/08; , Az. des BFH: X R 34/07; , Az. des BFH: X R 9/07; , Az. des BFH: X R 28/07), die jedoch bezogen auf die Berücksichtigung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten wenig Aussicht auf Erfolg haben dürften.
Zur Frage der Behandlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben für Veranlagungszeiträume vor 2005 ist zwischenzeitlich auch die gegen die und X R 73/01 (BFH/NV 2005, 513) erhobene Verfassungsbeschwerde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden ().
Das BVerfG hat sich in verschiedenen Beschlüssen auch mit der Berücksichtigung von Beiträgen zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen auseinandergesetzt. Die Verfassungsbeschwerden richteten sich u. a. gegen die nur eingeschränkte Berücksichtigung der Beiträge durch § 10 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 10 Abs. 3 EStG in den bis zum geltenden Fassungen. Teilweise wurde von den Klägern die Verfassungswidrigkeit auch darauf gestützt, dass durch die Neuregelung der Besteuerung der Altersbezüge durch das Alterseinkünftegesetz in Zukunft eine zu hohe Besteuerung erfolge und dass daher der unbegrenzte Sonderausgabenabzug bzw. Betriebsausgabenabzug der geleisteten Beiträge möglich sein müsste.
Diesen Verfassungsbeschwerden fehlt nach Auffassung des BVerfG (, 2 BvR 410/05 NWB UAAAC-75762; NWB AAAAC-75786; NWB CAAAC-75781; NWB OAAAC-75764) vor dem Hintergrund des Urteils des BVerfG zur Rentenbesteuerung und der Neuregelung der Besteuerung der Altersbezüge durch das Alterseinkünftegesetz hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das BVerfG verweist darauf, dass der Gesetzgeber – entsprechend dem Auftrag des BVerfG – den Gesamtkomplex der steuerlichen Berücksichtigung von Beiträgen zur Altersvorsorge und die daraus resultierende Besteuerung von Alterseinkünften mit dem Alterseinkünftegesetz zum neu geregelt hat. Insoweit kommt eine erneute verfassungsgerichtliche Überprüfung der angegriffenen Normen nicht mehr in Betracht. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verbots einer Doppelbesteuerung scheidet eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des Umfangs der Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG i. V. mit § 10 Abs. 3 EStG für Veranlagungszeiträume vor 2005 aus. Zwar ist die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird. Damit ist jedoch keine Aussage darüber getroffen, ob die Besteuerung von Altersbezügen vor- oder nachgelagert zu erfolgen hat. Das Verbot doppelter Besteuerung kann vielmehr sowohl durch entsprechende Regelungen in der Aufbau- als auch in der Versorgungsphase gewahrt werden. Ob das Zusammenwirken der einkommensteuerrechtlichen Regelungen der Aufbauphase vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes und der Regelungen der Versorgungsphase seit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes in bestimmten Fällen einen Verstoß gegen das Verbot doppelter Besteuerung bewirken kann, ist erst in den Veranlagungszeiträumen zu prüfen, in denen die betreffenden Altersbezüge tatsächlich der Besteuerung unterworfen werden (, 2 BvR 410/05 NWB UAAAC-75762, Rz. 29; , BStBl 2006 II S. 420). Aus dem Hinweis auf eine theoretisch zu einem späteren Zeitpunkt eintretende Doppelbesteuerung kann nach Auffassung des BVerfGs kein Anspruch auf eine bestimmte Abzugsfähigkeit der Beiträge in der Ansparphase abgeleitet werden (, 2 BvR 410/05 NWB UAAAC-75762, Rz. 29). D. h. Klageverfahren gegen die mit dem Alterseinkünftegesetz eingeführten Sonderausgabenabzugsregelungen für Beiträge zugunsten einer Basisversorgung im Alter werden kaum Aussicht auf Erfolg haben. Das BVerfG hat sich allerdings nicht damit auseinandergesetzt, ob die mit dem Alterseinkünftegesetz eingeführten Besteuerungsregelungen verfassungsgemäß sind. Es hat insoweit lediglich darauf verwiesen, dass dies nur dann geprüft werden könne, wenn ein Kläger im betreffenden Veranlagungszeitraum geltend macht, doppelt besteuert zu werden.
Für die Veranlagungszeiträume ab 2005 sind vor dem Hintergrund der oben genannten Beschlüsse des BVerfG verschiedene Klageverfahren anhängig, in denen die Kläger eine konkrete Doppelbesteuerung rügen (z. B. FG Niedersachsen Az. 3 K 254/05 und 255/05 – vgl. hierzu OFD Koblenz, Kurzinformation v. - S 0622 A NWB VAAAB-90582). Das NWB MAAAC-97487 – vgl. auch zum Verfahren OFD Münster, Kurzinformation v. NWB TAAAB-90480; gegen das Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt, Az: 53/08) hat allerdings die Klage eines Steuerpflichtigen abgewiesen, der als selbständiger Wirtschaftsprüfer in der berufständischen Versorgung und zusätzlich freiwillig bei der bei der Deutschen Rentenversicherung Bund versichert war. Er machte geltend, dass die von ihm geleisteten Beiträge im Wesentlichen aus versteuertem Einkommen entrichtet, worden seien. Dem ist das FG Münster jedoch nicht gefolgt. Nach zutreffender Auffassung des Gerichts wird eine Doppelbesteuerung von gezahlten Versicherungsbeiträgen und bezogenen Rentenleistungen dann vermieden, wenn die Summe der nicht steuerbaren Teile der Bruttorente die Summe der aus dem versteuerten Einkommen geleisteten Beiträge erreicht oder übersteigt. Bei der Ermittlung der geleisteten Beiträge ist ein Inflationsausgleich nicht vorzunehmen. Im vorliegenden Fall bezog der Steuerpflichtige die betreffende Rente bereits vor 2005. Das Gericht stellte insoweit fest, dass der dem Steuerpflichtigen steuerfrei zugeflossene Rentenbetrag - aufgrund der Besteuerung der Rente nur mit dem Ertragsanteil war dies der überwiegende Teil der Rente - die Summe der geleisteten Rentenbeiträge bei weitem überstiegen habe, so dass eine Doppelbesteuerung nicht vorliege (zur Frage des Vorliegens einer Doppelbesteuerung so auch: , BStBl 2009 II S. 710; gegen das Urteil war unter dem Az. 2 BvR 201/09 eine Verfassungsbeschwerde anhängig, die jedoch vom BVerfG nicht zur Einscheidung angenommen wurde, da sich der Kläger nicht ausführlich und substantiiert mit dem Urteil des BFH sowie der Literatur auseinandergesetzt hat. Nach Auffassung des BVerfG lag daher kein Annahmegrund (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) für die Verfassungsbeschwerde vor).
Zur Frage der Doppelbesteuerung ist außerdem noch auf folgende weitere finanzgerichtliche Entscheidungen zu verweisen:
NWB OAAAC-96672 (eine Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt auch dann der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst aa EStG, wenn sie auf freiwillig gezahlten Beiträgen beruht);
NWB WAAAC-97488 (eine Leibrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt auch dann der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, wenn sie hauptsächlich auf Beitragsnachzahlungen beruht);
NWB VAAAC-85113 Revision anhängig beim BFH, Az. beim BFH: VIII R 23/08 (eine Leibrente aus der gesetzllichen Rentenversicherung, die auf freiwillig geleisteten sowie nachentrichteten Beiträgen beruht, unterliegt der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG);
NWB ZAAAC-80580, Revision anhängig beim BFH, Az. BFH: X R 37/08 (auch Renteneinkünfte aus ausländischen Rentenversicherungssystemen, die der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind unterliegen der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG);
(eine Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung die insb. auf der Berücksichtigung von Erziehungszeiten beruht, unterliegt der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG; eine gegen die Entschiedung gerichtete Beschwerde wurde vom NWB CAAAC-86019 als unzulässig abgewiesen, da sich die Klägerin nicht ausführlich mit Rechtsprechung und Literatur auseinandergesetzt hat).
, Revision anhängig beim BFH: Az. BFH: X R 1/09 (die Besteuerung von Leibrenten mit dem Besteuerungsanteil von 50% im Falle eines Rentenbeginns bis zum Jahre 2005 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden).
, Revision anhängig beim BFH: Az. BFH: X R 33/09 (Besteuerung einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).
Der , BStBl 2009 I S. 710 (gegen das Urteil war unter dem Az. 2 BvR 201/09 eine Verfassungsbeschwerde anhängig, die jedoch durch erledigt wurde) allerdings entschieden, dass die Besteuerung eines vormals Selbständigen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (ausführlich zum Urteil Levedag, NWB 18/2009, S. 1330 NWB AAAAD-19121). Dies gilt jedoch nur, sofern nicht gegen das Verbot der Doppelbsteuerung verstoßen wird. Es ist zwar noch nicht genau geklärt, wann eine doppelte Besteuerung vorliegt, in der o. g. Entscheidung hat der BFH jedoch einige Grundsätze aufgestellt (s. hierzu Levedag, NWB 18/2009, S. 1330 [1336 f.] NWB AAAAD-19121). So ist entsprechend der steuerlichen Grundsystematik auf das Nominalwertprinzip abzustellen, d. h. bei der Bewertung der in der Vergangenheit geleisteten Beiträge ist weder ein Inflationsausgleich noch eine Barwertbetrachtung vorzunehmen. Außerdem ist für die Ermittlung der auf unversteuertem Einkommen beruhenden Beitragszahlungen auch der mögliche Sonderausgabenabzug einzubeziehen. In der Vergangenheit wurde dieser bis zu einem einheitlichen Höchstbetrag gewährt. Dieser ist auf die verschiedenen Beitragsarten aufzuteilen. Das Gericht geht hierbei nicht von der vorrangigen Berücksichtigung bestimmter Beitragsarten aus. Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungbeiträge sind somit gleichrangig zu behandeln. Der Aufteilungsschlüssel bestimmt sich nach dem Verhältnis der gesetzlichen Pflichtbeiträge zueinander (Levedag, NWB 18/2009, S. 1330 [1336] NWB AAAAD-19121). Dieser Maßstab gilt für gesetzlich Pflichtversicherte genauso wie für Selbständige. In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte der Kläger demnach 115.210,80 € seiner Rentenversicherungsbeiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt. Dem hat der BFH dann die bisher steuerfreien Rentenzuflüsse gegenübergestellt. Von 2001 bis 2004 wurde die Rente des Klägers nur mit dem Ertragsanteilen steuerlich erfasst. In diesem Zeitraum wurden somit 104.834 € nicht der Besteuerung unterworfen. Ab dem Jahr 2005 unterlag die Rente aus der berufsständischen Versorgung dann zu 50 % der Besteuerung. Auf dieser Basis wurde ein steuerfreier Teil der Rente i. H. von 16.199 € ermittelt, so dass bereits im Jahr 2006 dem Kläger die aus dem versteuerten Einkommen geleisteten Beiträge steuerfrei zurückgeflossen sind. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung des BFH sind die Erfolgsaussichten der anderen gegen § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anhängigen Verfahren als eher gering anzusehen. Die klagenden Rentenbezieher beziehen in der Regel schon länger eine Rente, so dass über die Ertragsanteilsbesteuerung ein großer Teil des erforderlichen steuerfreien Rentenzuflusses realisiert worden ist.
Gegen das , BStBl 2009 I S. 710 wurde unter dem Az. 2 BvR 201/09 eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, die das BVerfG jedoch nicht zur Entscheidung angenommen hat. Nach Auffassung des war die Verfassungsbeschwere unzulässig, da sich der Kläger nicht ausführlich und substantiiert mit dem Urteil des BFH sowie der Literatur auseinandergesetzt hat, so dass das Vorliegen eines Annahmegrundes nach § 93a Abs. 2 BVerfGG vom BVerfG verneint wurde.
Aufgrund der trotzdem noch zahlreichen anhängigen Verfahren hat die Finanzverwaltung Einkommensteuerbescheide im Hinblick auf die beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen und die Besteuerung von Einkünften aus Leibrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ab Veranlagungszeitraum 2005 nur vorläufig erlassen (vgl. bis zum : , BStBl 2008 I S. 536). Vor dem Hintergrund der verschiedenen Beschlüsse des , 2 BvR 410/05 NWB UAAAC-75762; Beschluss v. - 2 BvL 1/06 NWB AAAAC-75760; NWB AAAAC-75786; NWB CAAAC-75781; NWB OAAAC-75764) hat die Finanzverwaltung ihre bisherige Praxis geändert. Nach dem (NWB HAAAC-83353; NWB EN-Nr. 655/2008 NWB AAAAC-82794; das Schreiben wurde zwischenzeitlich aktualisiert) werden die bisherige
Nr. 3a (Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG) für Veranlagungszeiträume vor 2005) und
Nr. 4 (Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG)
mit sofortiger Wirkung gestrichen. Dies bedeutet, dass wegen der Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für Veranlagungszeiträume vor 2005 die Einkommensteuerbescheide nicht mehr vorläufig erlassen werden und insoweit ein Ruhenlassen im außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr in Betracht kommt. Allerdings sind Einkommensteuerbescheide im Hinblick auf die beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) für Veranlagungszeiträume ab 2005 (so auch die aktuelle Fassung des Vorläufigkeitskatalogs vgl. NWB NAAAD-18525) weiterhin vorläufig.
Steuerpflichtige sollten sich jedoch aufgrund der entsprechenden Vorläufigkeitserklärung keine großen Hoffnungen auf eine Bescheidänderung zu ihren Gunsten machen. U. E. läuft die entsprechende Vorläufigkeit ins Leere. Das , 2 BvR 410/05 (NWB UAAAC-75762) deutlich gemacht, dass sich ein Steuerpflichtiger nicht gegen den Umfang der Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen unter Hinweis auf eine mögliche Zweifachbesteuerung wenden kann. Hierüber ist erst dann zu entscheiden, wenn es zu einer tatsächlichen Zweifachbesteuerung gekommen ist. Dieser Grundsatz gilt auch für Veranlagungszeiträume ab 2005. Außerdem hat sich das BVerfG mit den o. g. Beschlüssen v. und intensiv mit der Berücksichtigung von sonstigen Vorsorgeaufwendungen auseinander gesetzt. Es hat u. a. erklärt, dass § 10 Abs. 4 EStG in seiner bisherigen Fassung verfassungswidrig ist, jedoch bis zum weiter anzuwenden ist. Damit ist u. E. die beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen – unabhängig vom konkreten Veranlagungszeitraum – als geklärt anzusehen (so auch ; die gegen das Urteil erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, BverfG, Beschluss v. - 2 BvR 92/09). In allen Entscheidungen hat das Gericht das Bestehen eines Anspruchs auf einen erhöhten Abzug abgelehnt, so dass die neue Nr. 3 (bisherige Nr. 3b) aus dem Vorläufigkeitskatalog keinen Anwendungsbereich hat.
bb) Beiträge zugunsten der gesetzlichen Rentenversicherung
Beiträge zugunsten der gesetzlichen Rentenversicherung werden ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen als Beiträge zugunsten einer Basisversorgung im Alter anerkannt. Dies gilt für den gesamten entrichteten Beitrag. Steuerlich berücksichtigt wird somit auch der Beitragsanteil durch den der Steuerpflichtige Ansprüche auf Rehabilitationsleistungen erwirbt.
Als Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind Beiträge an folgende Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen:
Deutsche Rentenversicherung Bund,
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See,
Deutsche Rentenversicherung Regionalträger.
Unerheblich ist, auf welcher rechtlichen Grundlage die Beiträge entrichtete wurden. Berücksichtigt werden im Jahr der Zahlung u. a.
Pflichtbeiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung,
Pflichtbeiträge aufgrund einer selbständigen Tätigkeit,
freiwillige Beiträge,
Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen,
freiwillige Zahlung von Beiträgen zum Ausgleich einer Rentenminderung (bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente),
freiwillige Zahlung von Beiträgen zum Ausgleich einer Minderung durch einen Versorgungsausgleich.
Zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung können auch die Beiträge an ausländische gesetzliche Rentenversicherungsträger gehören (so auch NWB KAAAD-27381 vgl. auch , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 4; dementsprechend werden Leistungen aus der ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung genauso behandelt wie Leistungen aus der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung, so auch , Revision beim BFH anhängig, Az. des BFH: X R 37/08). Eine Übersicht über die ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wurde vom BMF als interne Arbeitshilfe für die Finanzämter erstellt und von der OFD Münster im Rahmen einer Verfügung veröffentlicht ( NWB JAAAC-92206).
Nicht angesetzt werden können jedoch die im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung vom Arbeitgeber entrichteten Pauschalbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, da es sich insoweit nicht um einen Beitrag des Steuerpflichtigen handelt. Für den Veranlagungszeitraum 2007 sind die entsprechenden Pauschalbeiträge jedoch als steuerfreier Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG anzusetzen (vgl. OFD Koblenz, Kurzinformation der Steuergruppe St 3 Einkommensteuer Nr. ST 3-2007 K 032 v. NWB QAAAC-40938). Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 erfolgt die Hinzurechnung jedoch nur noch auf Antrag des Steuerpflichtigen (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 48 und insgesamt Tz. 132, b, ff.; vgl. auch Sowinski, NWB 16/2009 S. 1148 [1152] NWB BAAAD-18649). Ein solcher Antrag dürfte sich in den seltensten Fallgestaltungen für den Steuerpflichtigen lohnen (zur Antragstellung im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2008 vgl. Sowinski, NWB 16/2009 S. 1148 [1152] NWB BAAAD-18649). Anders sieht es aus bei Beschäftigten, deren regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt innerhalb der Gleitzone von 400,01 € bis 800,00 € liegt. Hier zahlt der Arbeitgeber seinen Beitragsanteil aus dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt. Der Arbeitnehmer hat vom an einen reduzierten, aber mit der Höhe des Arbeitsentgelts progressiv steigenden Beitragsanteil zu entrichten. Dieser Anteil ist beim Sonderausgabenabzug als eigener Beitrag des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen.
Darüber hinaus sind Beiträge des Arbeitnehmers, die im Rahmen der Pflichtmitgliedschaft in der Hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung im Saarland an die dortige Landesversicherungsanstalt entrichtet werden, als Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen einzuordnen. Dies gilt jedoch nur, wenn es sich um Beiträge handelt, die zum Aufbau einer umlagefinanzierten Rentenanwartschaft eingesetzt werden, was grds. nur bei älteren Versicherte der Fall sein wird.
Zu den „Aufwendungen” i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG gehört auch der nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung oder ein vergleichbarer steuerfreier Arbeitgeberzuschuss (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Der steuerfrei gewährte Arbeitgeberanteil erhöht damit auf der einen Seite die anzusetzenden Aufwendungen, allerdings vermindert er auf der anderen Seite die nach Anwendung der Übergangsregelung und des Höchstbetrags anzusetzenden Sonderausgaben; s. unten Tz. 132, c.
Als ein dem steuerfreien Arbeitgeberzuschuss nach § 3 Nr. 62 EStG vergleichbarer steuerfreier Arbeitgeberzuschuss ist auch der steuerfreie Altersteilzeitaufstockungsbetrag anzusehen.
Bei selbständigen Künstlern und Publizisten, die nach Maßgabe des Künstlersozialversicherungsgesetzes versicherungspflichtig sind, ist als Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung der von diesen entrichtete Beitrag an die Künstlersozialkasse anzusetzen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen Teil des für den Künstler geleisteten Beitrags. Der andere Teil stammt aus der Künstlersozialkasse. Er ist steuerfrei (§ 3 Nr. 57 EStG). Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts wird der nach § 3 Nr. 57 EStG steuerfreie Anteil allerdings nicht den geleisteten Beiträgen hinzugerechnet und dementsprechend auch nicht bei der späteren Ermittlung der anzusetzenden Sonderausgaben in Abzug gebracht (vgl. , Rz. 3).
Die an die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotsenwesen der Seelotsenreviere geleisteten Beiträge sind – wie andere Beiträge an ein Versorgungswerk – als Sonderausgaben und nicht als Betriebsausgaben abziehbar ( NWB NAAAC-53679).
cc) Beiträge an landwirtschaftliche Alterskassen
Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte (§§ 49 ALG ff.) können vom Landwirt, seinem Ehegatten oder in bestimmten Fällen von mitarbeitenden Familienangehörigen geleistet werden. Sie werden an die landwirtschaftliche Alterskasse entrichtet und können im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Wie bei Beiträgen an die gesetzliche Rentenversicherung ist es auch hier unschädlich, dass die Alterssicherung der Landwirte – in bestimmten Fällen – auch Leistungen für Betriebs- und Haushaltshilfen oder sonstige Leistungen zur Aufrechterhaltung des Unternehmens der Landwirtschaft erbringt. Werden Beitragszuschüsse gewährt, mindern diese die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzusetzenden Beiträge.
dd) Beiträge zugunsten berufsständischer Versorgungseinrichtungen
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehören zu den begünstigten Beiträgen für eine Basisversorgung im Alter auch Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk. Berufsständische Versorgungswerke sind öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen, die die Pflichtversorgung der Angehörigen kammerfähiger freier Berufe für den Fall des Alters, der Invalidität und des Tods gewährleisten. Erfasst werden derzeit Ärzte (einschließlich Zahnärzte und Tierärzte), Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte, Notare, sowie vereinzelt Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer, (Bau-)Ingenieure und Steuerberater. Die Rahmenbedingungen der entsprechenden Versorgungseinrichtungen sind gesetzlich normiert, die konkret gewährten Leistungen werden durch die von den Mitgliedern bestimmte Satzung geregelt. Die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung tritt aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung bei Aufnahme der betreffenden Berufstätigkeit ein und führt in den in § 6 Abs. 1 SGB VI genannten Fallgestaltungen auf Antrag zu einer Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht.
Als Sonderausgaben werden allerdings nur Beiträge an solche berufsständischen Versorgungseinrichtungen begünstigt, „die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen” (zur Berücksichtigung von vor dem geleisteten Beiträgen vgl. NWB TAAAC-17233; zum Begriff der berufsständischen Versorgungseinrichtung vgl. /S2345, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 6, sowie Hermann, NWB direkt 14/2008 S. 1 NWB NAAAC-74843). Im Gegensatz zu den Beiträgen an die gesetzliche Rentenversicherung ist somit allein die Beitragszahlung nicht ausreichend für eine steuerliche Begünstigung. Die betreffende Versorgungseinrichtung muss über ein der gesetzlichen Rentenversicherung auch im Umfang vergleichbares Leistungsspektrum verfügen. Ausreichend ist eine „Vergleichbarkeit” des Leistungsspektrums. Im Rahmen des Leistungskatalogs der gesetzlichen Rentenversicherung wird die Basisversorgung von Versicherten und deren Hinterbliebenen im Wesentlichen durch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie Renten wegen Todes bestimmt.
Berufsständische Versorgungseinrichtungen, deren Mitglieder von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit sind, gewähren grds. diese Basisversorgung, da es sich hierbei um eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach dem SGB VI handelt. Allerdings besteht für die Versorgungseinrichtungen ein gewisser Gestaltungsspielraum, auf welche darüber hinausgehenden Leistungsarten das Mitglied einen Anspruch hat. Es können daher im Einzelfall nach Maßgabe der jeweiligen Satzung Leistungen gewährt werden, die nicht mehr mit dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind.
Für die Vergleichbarkeit kommt es allerdings nicht nur auf die „Art” der gewährten Leistung, sondern auch auf den Leistungsumfang an. Wird zum Beispiel die Hinterbliebenenrente an einen fremden Dritten ausgezahlt, handelt es sich zwar um eine der Art nach vergleichbare Leistung – Hinterbliebenenrente –, die auch von der gesetzlichen Rentenversicherung angeboten wird, jedoch geht der Umfang weit über eine Hinterbliebenenrente an die Witwe bzw. den Witwer hinaus. Durch eine solche Leistung nähert sich die berufständische Versorgungsanwartschaft damit eher einer vererbbaren Kapitalanlage an. Entsprechende Produkte sollen nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht begünstigt sein.
Damit das Finanzamt nicht in jedem Einzelfall die Satzung der betreffenden Versorgungseinrichtung prüfen muss, hat das BMF eine Liste derjenigen berufsständischen Versorgungseinrichtungen veröffentlich, deren Leistungsspektrum dem der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist (, BStBl 2007 I S. 262). D. h. bei Zahlungen an eine der in der Liste aufgeführten Versorgungseinrichtung hat das Finanzamt davon auszugehen, dass es sich um Beiträge i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG handelt.
Nicht zu den Beiträgen zugunsten einer berufständischen Versorgungseinrichtung gehören die aufgrund tarifvertraglicher Verpflichtung geleisteten Beiträge zugunsten einer Zusatzversorgungseinrichtung oder eines (Zusatz)Versorgungswerks. Diese Beiträge werden zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet, eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung ist hierdurch nicht möglich. Bei dieser tarifvertraglichen Regelung ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen bestimmten Vomhundertsatz vom Bruttoeinkommen in die Zusatzversorgungseinrichtung oder das (Zusatz)Versorgungswerk einzuzahlen. Davon erbringt einen Anteil der Arbeitnehmer (Eigenanteil) und einen Anteil der Arbeitgeber. Der Arbeitgeberanteil wird nur bis zu einem bestimmten Betrag nach § 40b EStG pauschal besteuert. Den darüber hinausgehenden Betrag sowie den Eigenanteil muss der Arbeitnehmer individuell versteuern. Die Beiträge können – sofern die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind – nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG angesetzt werden. Eine Berücksichtigung der folgenden Zusatzversorgungseinrichtungen oder (Zusatz)Versorgungswerke im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG ist somit nicht möglich:
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)
Verschiedene Zusatzversorgungskassen (ZVK), z. B.
Zusatzversorgungskasse der Stadt Frankfurt am Main
Kirchliche Zusatzversorgungskasse Darmstadt
Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes
Versorgungswerk der Presse
Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfegermeister (VdBS).
ee) Beiträge zugunsten einer Leibrentenversicherung (Basisrente)
(1) Allgemeines
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG werden als Beiträge zugunsten einer Basisversorgung im Alter auch Aufwendungen anerkannt, die vom Steuerpflichtigen zugunsten eines privatrechtlich geregelten Rechtsverhältnisses geleistet werden, wenn es sich um Beiträge zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung handelt (ausführlich zu den entsprechenden Voraussetzungen BStBl 2008 I S. 390, Rz. 8 ff.; NWB FAAAC-70884). Sie sind dann begünstigt, wenn der Vertrag ausschließlich die Zahlung einer monatlichen lebenslangen Leibrente vorsieht, die nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahrs des Steuerpflichtigen beginnt (bei nach dem abgeschlossenen Verträgen ist die Vollendung des 62. Lebensjahrs maßgebend – vgl. hierzu RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz v. , BGBl 2007 I S. 554). Hierbei kann es sich um einen „privaten” wie auch um einen „betrieblichen” Leibrentenvertrag handeln. Ergänzend können auch der Eintritt der Berufsunfähigkeit, der verminderten Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebene abgesichert werden. Sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein. Es darf darüber hinaus kein Anspruch auf (vorzeitige) Auszahlungen bestehen. Es können allerdings nur Beiträge zugunsten von Versicherungen berücksichtigt werden, bei denen die Versicherungslaufzeit erst nach dem begonnen hat.
Ein Mindesttodesfallschutz – früher bei kapitalbildenden Lebensversicherungen erforderlich – wird für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht mehr vorausgesetzt. Nicht erforderlich ist zudem eine laufende Beitragszahlung; steuerlich begünstigt sind auch die Einmalbeträge, z. B. zu einer sofort beginnenden Leibrente.
Wird ein Rentenversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn nach dem , der die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllt, in einen Vertrag umgewandelt, der die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllt, führt dies nach Auffassung der Finanzverwaltung zur Beendigung des bestehenden Vertrags (, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 103). Dadurch fließen die entsprechenden Leistungen aus dem Versicherungsvertrag dem Steuerpflichtigen zu und sind von diesem nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern. Die Umwandlung führt zum Abschluss eines neuen Basisrentenvertrages im Zeitpunkt der Umstellung. Die Beiträge einschließlich des aus dem Altvertrag übertragenen Kapitals können im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG berücksichtigt werden (vgl. hierzu mit einem praktischen Anwendungsfall: NWB SAAAC-82736 und Verfügung v. - S 2221 NWB AAAAC-92676).
Im Unterschied zur Riester-Rente gab es bisher für Basisrentenverträge kein einheitliches Zertifizierungsverfahren, in dem die entsprechenden Vertragsmuster im Vorfeld auf die steuerliche Förderfähigkeit geprüft wurden. Dies hatte zur Folge, dass der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt das Vorliegen der an das Anlageprodukt zu stellenden Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG im Einzelfall nachweisen oder glaubhaft machen musste. Hierzu war in der Regel die Übersendung der Vertragsunterlagen erforderlich. Das Finanzamt musste in jedem Einzelfall prüfen, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG im Einzelfall vorlagen. Dieses Verfahren war jedoch sehr zeitaufwendig und fehleranfällig. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber im JStG 2009 (BGBl 2008 I S. 2794) zur Einführung eines Zertifizierungsverfahren entschlossen. Die Durchführung einer einheitlichen Zertifizierung von Verträgen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG entlastet neben den Finanzämtern auch die Steuerpflichtigen und die Anbieter. Durch die Zertifizierung wird bindend festgestellt, dass die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG vorliegen, so dass Rückfragen des Finanzamts beim Steuerpflichtigen und dadurch bedingte ggf. ergänzende Unterlagen der Anbieter bezogen auf den Einzelfall nicht mehr erforderlich sind.
Ab dem können Basisrentenverträge (Muster- und Einzelverträge) von der Zertifizierungsstelle zertifiziert werden. Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 werden nur noch Beiträge zugunsten zertifizierter Basisrentenverträge als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG berücksichtigt. Wird der Vertrag erst im Laufe des Jahres 2010 zertifiziert, leistet der Steuerpflichtige jedoch bereits vor dem konkreten Zertifizierungszeitpunkt – aber noch im Jahr 2010 – Beiträge zugunsten dieses Vertrages, dann werden auch diese Beiträge von Seiten der Finanzverwaltung als Beiträge zugunsten eines zertifizierten Basisrentenvertrages anerkannt.
Die Zertifizierungspflicht gilt für neu abgeschlossene Verträge genauso wie für bereits bestehende Verträge. Die Anbieter haben folglich ca. ein Jahr Zeit, ihre Verträge entsprechend zertifizieren zu lassen. Eine Befreiung von der Zertifizierungspflicht für bereits abgeschlossene Verträge hat der Gesetzgeber zutreffenderweise nicht vorgesehen, da die Zertifizierung immer dann erteilt wird, wenn der Vertrag die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG genannten Voraussetzungen erfüllt. Beiträge zugunsten bereits abgeschlossener Verträge werden nach geltender Rechtlage allerdings auch nur dann berücksichtigt, wenn der zugrundeliegende Vertrag diese Voraussetzungen erfüllt. Ein „Vertrauensschutz” für bestehende Verträge ist somit nicht erforderlich. Ergibt sich im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens jedoch, dass einzelne Bestimmungen von bereits abgeschlossenen Vertragsmuster den in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG aufgestellten Kriterien nicht entsprechen und dies für die Anbieter nicht offensichtlich erkennbar war, dann sollte u. E. eine nachträgliche Anpassung des Vertrags steuerunschädlich zugelassen werden.
Beiträge zugunsten eines Basisrentenvertrages werden ab dem Veranlagungszeitraum 2010 außerdem nur noch dann berücksichtigt, wenn der Steuerpflichtige spätestens bis zum Ablauf des zweiten Kalenderjahrs, das auf das Beitragsjahr folgt, gegenüber seinem Anbieter schriftlich darin eingewilligt hat, dass dieser die im jeweiligen Beitragsjahr zu berücksichtigenden Beiträge unter Angabe der Identifikationsnummer (§ 139b AO) und der Vertragsdaten an die zentrale Stelle übermitteln kann (§ 10 Abs. 2a Satz 1 EStG). D. h. ohne eine elektronische Datenübermittlung durch den Anbieter werden zukünftig keine Beiträge mehr angesetzt. Für vor dem abgeschlossene Basisrentenverträge kann der Anbieter – wenn er den Steuerpflichtigen vorher informiert hat – allerdings vom Vorliegen einer Einwilligung zur Datenübermittlung ausgehen. Widerspricht der Steuerpflichtige, hat die Datenübermittlung jedoch zu unterbleiben. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Steuerpflichtige, die einen Basisrentenvertrag abgeschlossen haben, die geleisteten Beiträge nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG steuerlich geltend machen wollen. Für alle ab dem 1. 1. 2010 abgeschlossenen Verträge ist eine ausdrückliche Einwilligungserklärung des Steuerpflichtigen erforderlich, die von diesem bereits unmittelbar bei Vertragsabschluss abgegeben werden kann.
Für Altverträge besteht für den Anbieter auch die Möglichkeit – in engen Grenzen und unter Nutzung eines bestimmten Verfahrens – die Identifikationsnummer beim Bundeszentralamt für Steuer zu erfragen. Die Regelung entspricht dem beim der Rentenbezugsmitteilung eingesetzten Verfahren.
Gibt der Steuerpflichtige seine Einwilligung innerhalb der gesetzlichen Frist ab, werden die Daten allerdings erst nach der Bestandskraft des entsprechenden Einkommensteuerbescheides übermittelt, dann kann der Einkommensteuerbescheid noch entsprechend geändert werden. § 10 Abs. 2a EStG enthält insoweit eine eigenständige Änderungsnorm.
Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Basisrentenvertrags nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG im Einzelnen:
(2) Eigene Altersversorgung
Es sind nur Beiträge des Steuerpflichtigen für den Aufbau einer eigenen Altersversorgung begünstigt. D. h. der Steuerpflichtige muss wirtschaftlich mit der Beitragsleistung belastet sein, und er muss zugleich auch derjenige sein, der Anspruch auf die von der Versicherung gewährte Leibrente hat.
(3) Kapitaldeckung
Es können nur Beiträge begünstigt werden, mit denen der Steuerpflichtige eine kapitalgedeckte Altersversorgung aufbaut.
(4) Auszahlungsform
Die Beiträge zugunsten eines Basisrentenvertrags sind nur dann begünstigt, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen Leibrente vorsieht. Eine andere Art der Auszahlung ist nicht zulässig. Damit scheiden auch die im Rahmen der „Riester-Rente” zulässigen Auszahlungspläne (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG) oder eine in diesem Zusammenhang mögliche Teilkapitalauszahlung als Auszahlungsform aus.
Eine lebenslange Leibrente liegt vor, wenn der Vertrag eine monatliche, gleich bleibende oder steigende, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogene Rentenzahlung vorsieht, die sich mindestens aus der ab Rentenbeginn garantierten Leistung berechnet (, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 11). Hierzu muss der Anbieter die Leibrente auf Grundlage einer anerkannten Sterbetafel berechnen und dabei den während der Laufzeit der Rente geltenden Zinsfaktor festzulegen. Geringfügige Schwankungen in der Rentenhöhe werden insoweit von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, auch wenn sie zu einem Sinken einzelner Rentenzahlungen führen, sofern diese Schwankungen auf in einzelnen Jahren unterschiedlich hohen Überschussanteilen beruhen, die für die ab Beginn der Auszahlungsphase garantierte Rentenleistung gewährt werden. Ein planmäßiges Sinken der Rentenhöhe ist allerdings mit den Grundsätzen einer lebenslangen Leibrente nicht zu vereinbaren ( NWB NAAAC-17316; NWB FAAAC-70884).
Eine Auszahlung durch die regelmäßige Gutschrift einer gleich bleibenden oder steigenden Anzahl von Investmentanteilen – unabhängig vom konkreten Wert – ist keine lebenslange Leibrente i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 12; NWB FAAAC-70884)
(5) Auszahlungszeitpunkt
Der Vertrag darf eine Auszahlung nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahrs vorsehen (bei nach dem abgeschlossenen Verträgen ist die Vollendung des 62. Lebensjahrs maßgebend – vgl. hierzu RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz v. , BGBl 2007 I S. 554). Der Gesetzgeber knüpft insoweit nicht an den Zeitpunkt des Beginns der Altersrenten aus einem gesetzlichen Alterssicherungssystem an. Dieser Zeitpunkt kann auch dann nicht vorverlegt werden, wenn der Steuerpflichtige – unabhängig von den Gründen – bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahrs aus dem Erwerbsleben ausscheidet und eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer vergleichbaren Altersversorgung erhält. Auf der anderen Seite kann die Basisrente auch dann bezogen werden, wenn der Steuerpflichtige das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat, aber noch nicht aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist. Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass in der betrieblichen Altersversorgung Auszahlungen bereits mit dem 60. Lebensjahr, d. h. nach Vollendung des 59. Lebensjahrs, geleistet werden können. Entsprechende Beiträge können nicht im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG berücksichtigt werden.
(6) Keine Vererblichkeit
Die Leistungen bzw. das angesparte Kapital dürfen nicht vererblich sein. D. h. im Todesfall des Steuerpflichtigen muss die Auszahlung von Leistungen an die Erben ausgeschlossen sein. Eine gesonderte erbrechtliche Verfügung ist im Versicherungsvertrag nicht erforderlich. Der Gesetzgeber unterstellt, dass das Altersvorsorgeprodukt so konzipiert ist, dass im Todesfall kein zu vererbendes Kapital anfällt (zum Kriterium der Nichtvererblichkeit bei Fondsprodukten vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 22; NWB FAAAC-70884). Die Vereinbarung einer sog. Rentengarantie, d. h. die Zusicherung des Produktanbieters, im Todesfall des Anlegers für eine bestimmte Zeit eine Rente an die Erben des Anlegers (weiter) zu zahlen, steht somit im Widerspruch zu den Begünstigungsvoraussetzungen.
Der Vertrag kann allerdings eine zusätzliche Hinterbliebenenabsicherung vorsehen, womit eine Art „Vererblichkeit” ermöglicht wird. Zur Kombination eines Basisrentenvertrages mit einer Beitragsrückgewährpolice im Todesfall vgl. NWB HAAAD-13897.
(7) Keine Übertragbarkeit
Der Vertrag darf nicht die Möglichkeit der Übertragung der Ansprüche an Dritte vorsehen. Der Gesetzgeber stellt im Hinblick auf die Anforderungen an ein entsprechendes Versicherungsprodukt lediglich auf die vertragliche Gestaltung der Produktkriterien ab. Aus diesem Grund steht dem Kriterium „keine Übertragbarkeit” eine theoretisch mögliche Pfändung nach den Vorschriften der ZPO nicht entgegen. Praktisch ist eine Pfändung bzw. Anrechnung im Rahmen von Hartz IV jedoch nich möglich, da sich bei einer Zwangsvol lstreckung letztendlich keine verwertbaren Vermögenswerte ergeben.
(8) Keine Beleihbarkeit
Der Versicherungsvertrag muss ausschließen, dass die Ansprüche sicherungshalber abgetreten oder verpfändet werden können. Es handelt sich insoweit um eine vertragliches und nicht ein gesetzliches Übertragungsverbot.
(9) Keine Veräußerbarkeit
Der Vertrag darf nicht das Recht des Anlegers vorsehen, Ansprüche an einen Dritten zu veräußern.
(10) Keine Kapitalisierbarkeit
Die Vertragsbedingungen müssen so gestaltet sein, dass dem Anleger nicht die Möglichkeit zusteht, die Ansprüche zu kapitalisieren. Es muss mithin ausgeschlossen sein, die im Vertrag gebundenen Ansprüche – außerhalb der zulässigen Auszahlungsformen – vorzeitig wirtschaftlich zu nutzen. Gegen diesen Grundsatz wäre z. B. verstoßen, wenn dem Anleger eine Beitragsrückerstattung im Falle der Vertragskündigung gewährt werden wird, ebenso bei vertraglich eingeräumten Abfindungsmöglichkeiten.
Anders die sich aus § 3 BetrAVG in bestimmten Fällen ergebenden Abfindungsmöglichkeiten: Sie stehen dem Grundsatz des Kapitalisierungsausschlusses nicht entgegen, da es sich insoweit um gesetzliche Abfindungsregelungen handelt, denen sich weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer entziehen kann.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist auch die Möglichkeit der Abfindung einer Kleinbetragsrente – in Anlehnung an § 93 EStG – für das Vorliegen einer Basis-/„Rürup”-Rente unschädlich (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 22). Diese Abfindungsmöglichkeit besteht jedoch frühestens mit Beginn der Auszahlungsphase, d. h. mit Vollendung des 60. bzw. 62. Lebensjahrs für nach dem abgeschlossene Verträge. Eine vorherige Abfindung unter Hinweis auf das Vorliegen einer Kleinbetragsrente ist hingegen nicht zulässig.
(11) Zusatzversicherungen
Neben der Altersabsicherung kann der Steuerpflichtige mit einem Basisrentenprodukt auch den Eintritt der Berufsunfähigkeit, der verminderten Erwerbsfähigkeit sowie seine Hinterbliebenen absichern, wenn die Versicherungsleistung in Form einer Rente (Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente) gezahlt wird.
Es handelt sich bei diesen Absicherungsmöglichkeiten um „ergänzende” Versicherungskomponenten. Damit unterstellt der Gesetzgeber, dass die Beiträge primär für die Altersversorgung des Steuerpflichtigen eingesetzt werden und nur daneben noch bestimmte Zusatzrisiken abgesichert sind. Die Altersabsicherung muss demnach überwiegen, was voraussetzt, dass hierfür jedenfalls mehr als 50 % der Beiträge verwendet werden ( NWB YAAAD-23769; NWB FAAAC-70884; NWB DAAAC-68161). Dabei dürfen die Überschussanteile aus den entsprechenden Risiken die darauf entfallenden Beiträge mindern. Aus dem Begriff „ergänzend” kann weiterhin abgeleitet werden, dass die Absicherung der Zusatzrisiken und die der Altersversorgung in einem einheitlichen Vertrag vorzunehmen sind ( NWB FAAAC-70884). Der Gesetzgeber wollte ein der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbares Basisprodukt begünstigen, in der die betreffenden Risiken auch einheitlich abgesichert werden.
Für die Absicherung der Berufsunfähigkeit oder verminderten Erwerbsfähigkeit hat der Gesetzgeber nicht unmittelbar die Regelungen des Sozialgesetzbuchs in Bezug genommen. Die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist mithin keine unmittelbare Voraussetzung für die Gewährung der Leistungen aus einer entsprechenden Zusatzversicherung. Außerdem muss es sich bei einer Erwerbsminderungs- oder Berufsunfähigkeitsrente nicht zwingend um eine lebenslange Leibrente handeln. Sieht der Basisrentenvertrag vor, dass der Steuerpflichtige bei Eintritt der Berufsunfähigkeit oder einer verminderten Erwerbsfähigkeit von der Verpflichtung zur Beitragszahlung für diesen Vertrag – vollständig oder teilweise – freigestellt wird, sind die insoweit auf die Absicherung dieses Risikos entfallenden Beitragsanteile der Altersvorsorge zuzuordnen, sofern sie der Finanzierung der vertraglich vereinbarten lebenslangen Leibrente i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG dienen und aus diesen Beitragsanteilen keine Leistungen wegen Berufsunfähigkeit oder verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt werden, d. h. es wird lediglich der Anspruch auf eine Altersversorgung weiter aufgebaut (vgl. BMF, Schreiben v. 30. 1. 20088 - S 2222/S 2345 NWB KAAAC-70758, Rz. 16; mit Beispiel auch OFD Rheinland, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 66/2007 v. NWB KAAAC-57701).
Im Rahmen einer Hinterbliebenenabsicherung kann der Steuerpflichtige seinen Ehegatten und seine Kinder, für die er einen Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG hat, absichern. Die Vereinbarung eines Anspruchs auf Waisenrente darf längstens für einen Zeitraum erfolgen, in dem das rentenberechtigte Kind die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind erfüllt. Damit müsste nach dem Wortlaut des Gesetzes die vereinbarte Waisenrente spätestens in dem Zeitpunkt entfallen, in dem auch das Steuerrecht keine kindbedingten Belastungen bei den Eltern mehr anerkennt. Das Versicherungsunternehmen muss jedes Jahr prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des Kinds noch vorliegen.
Für die vor dem abgeschlossenen Verträge gilt für das Vorliegen einer begünstigten Hinterbliebenenversorgung die Altersgrenze des § 32 EStG in der bis zum geltenden Fassung (§ 52 Abs. 40 Satz 7 EStG). In diesen Fällen können z. B. Kinder in Berufsausbildung i. d. R. bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs berücksichtigt werden (vgl. , BStBl 2008 I 390, Rz. 21).
Nicht zum Kreis der begünstigten Hinterbliebenen gehört der eingetragene Lebenspartner, ein früherer Ehegatte des Steuerpflichtigen oder sein nicht ehelicher Lebensgefährte.
Die sich aus der Hinterbliebenenabsicherung ergebende Leistung muss als Rente ausgezahlt werden. Bezogen auf die Waisenrente handelt es sich um eine abgekürzte Rente, die nur für den o. g. Zeitraum gewährt wird. Wird die Hinterbliebenenrente hingegen an den überlebenden Ehegatten ausgezahlt, handelt es sich grds. um eine auf das Leben des hinterbliebenen Ehegatten bezogene lebenslange Leibrente.
Unerheblich für die Anerkennung der Beiträge ist, wie der Anbieter einer entsprechenden Hinterbliebenenversicherung seine Versicherungsleistungen berechnet und wovon die Höhe entsprechender Leistungen abhängig ist. So können die Beiträge für eine reine Risikohinterbliebenenabsicherung investiert werden. D. h. hat der Steuerpflichtige eine entsprechende Hinterbliebenenversicherung für seinen Ehegatten abgeschlossen und ist bei Eintritt des Versicherungsfalls die Auszahlung einer Hinterbliebenenrente von 500 € monatlich vereinbart worden, ist der Anbieter bei Eintritt des Versicherungsfalls zur Leistung verpflichtet, unabhängig davon, in welchem Umfang der Steuerpflichtige bereits Beiträge entrichtet hat. Alternativ kann die Hinterbliebenenversicherung vorsehen, dass entsprechend dem bereits angesparten Kapital eine Hinterbliebenenrente gewährt wird. D. h. hat der Steuerpflichtige nur wenige Beiträge eingezahlt, ergibt sich daraus auch nur eine geringe Hinterbliebenenrente. Hat er hingegen viel eingezahlt, fällt auch die entsprechende Hinterbliebenenrente höher aus. Wird die Hinterbliebenenversorgung ausschließlich aus dem bei Tod des Primärversicherten vorhandenen Altersvorsorgekapital bzw. Altersvorsorge-Restkapital finanziert, handelt es sich bei der Hinterbliebenenabsicherung nicht um eine Risikoabsicherung, und der Beitrag ist insoweit der Altersvorsorge zuzurechnen.
Sieht der Basisrentenvertrag vor, dass der Steuerpflichtige (Primärversicherte) eine Altersrente und nach seinem Tod der überlebende Ehepartner seinerseits eine lebenslange Leibrente erhält, ist der vom Steuerpflichtigen in der Ansparphase aufgebrachte Beitrag in vollem Umfang der Altersvorsorge zuzurechnen. Ebenso handelt es sich insgesamt um Beiträge für die Altersvorsorge des Ehegatten, wenn der Primärversicherte eine entsprechend gestaltete Absicherung des Ehegatten als besondere Komponente im Rahmen seines (einheitlichen) Basisrentenvertrags hinzu- oder später wieder abwählen kann.
ff) Steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse
Zu den Beiträgen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b EStG gehört auch der nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers. Um einen solchen Zuschuss handelt es sich z. B. beim zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung für Altersteilzeitbeschäftigte. Ebenso berücksichtigt wird ein steuerfreier Arbeitgeberzuschuss zu den vom Arbeitnehmer geleisteten Pflichtbeiträgen an ein berufsständisches Versorgungswerk.
Eine Hinzurechnung erfolgt bis einschließlich zum Veranlagungszeitraum 2007 ebenso bei dem vom Arbeitgeber für einen geringfügig Beschäftigten gezahlten Pauschalbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. hierzu auch Marburger, NWB F. 27 S. 6445 [6449 f.]), da es sich auch insoweit um einen steuerfreien Arbeitgeberanteil nach § 3 Nr. 62 EStG handelt (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 49). Dies galt unabhängig davon, ob der Beitrag in einer Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen wird oder ob eine Pauschalbesteuerung nach § 40a EStG erfolgt. Korrespondierend mit der Hinzurechnung des Pauschalbeitrags zu den anzusetzenden Aufwendungen erfolgt – nach Anwendung der für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Berücksichtigungsquote – eine entsprechende Kürzung des anzusetzenden Abzugsbetrags (§ 10 Abs. 3 Satz 5 EStG). Damit wirkte sich der Ansatz des Pauschalbeitrags für den Steuerpflichtigen i. d. R. nachteilig aus, da sich insoweit ein negativer Betrag ergab.
Damit die Finanzverwaltung den Pauschalbeitrag entsprechend berücksichtigen konnte, wurde in der Einkommensteuererklärung 2007 (im Mantelbogen) ein entsprechendes Abfragefeld aufgenommen (Sowinski, NWB F. 3 S. 15003 (15008) NWB DAAAC-76021). Für den Steuerpflichtigen war das Ausfüllen des Abfragefelds allerdings schwierig, da er den von seinem Arbeitgeber entrichteten Pauschalbetrag i. d. R. nicht kannte.
Vor diesem Hintergrund wurde § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ergänzt. Demnach sind Beiträge nach § 168 Abs. 1 Nr. 1b und 1c SBG VI (geringfügig versicherungspflichtig Beschäftigte) oder nach § 172 Abs. 3 oder 3a SBG VI (versicherungsfrei geringfügig Beschäftigte) nur auf Antrag des Steuerpflichtigen den begünstigten Altersvorsorgeaufwendungen hinzuzurechnen. Ergänzend dazu wird in § 10 Abs. 3 EStG geregelt, dass in den genannten Fällen eine Kürzung des Abzugsbetrags um die steuerfreien Pauschalbeiträge nur in Betracht kommt, wenn der Steuerpflichtige die Hinzurechnung dieser Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen beantragt hat (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 48).
Kein steuerfreier Arbeitgeberzuschuss i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist hingegen der Zuschuss der Künstlersozialkasse zum Künstlersozialversicherungsbeitrag oder der Beitragszuschuss, der einem in der Alterssicherung der Landwirte pflichtversicherten Landwirt von der Landwirtschaftlichen Alterskasse gewährt wird.
Die im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG berücksichtigten steuerfreien Zuschüsse werden spiegelbildlich auch bei der Ermittlung der nach § 10 Abs. 3 EStG anzusetzenden Sonderausgaben angesetzt.
gg) Sonstige Berücksichtigungsvoraussetzungen
Voraussetzung für die Berücksichtigung von Beiträgen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist, dass diese nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Aufwendungen stehen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG). Nicht anzuwenden ist die Regelung auf den steuerfreien Arbeitgeberanteil nach § 3 Nr. 62 EStG und diesen gleichgestellte steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers.
Nach dem bis zum geltenden Recht waren Beiträge zugunsten einer Basis-/„Rürup”-Rente jedoch nur steuerlich begünstigt, wenn sie an ein Versicherungsunternehmen geleistet wurden. D. h. selbst wenn ein Anlageprodukt die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG aufgezählten Kriterien erfüllt hätte, wären die vom Steuerpflichtigen geleisteten Beiträge nicht als Sonderausgaben angesetzt worden (§ 10 Abs. 2 Buchst. b EStG a. F.). Diese Beschränkung hat der Gesetzgeber mit dem JStG 2007 aufgegeben und den Kreis der möglichen Produktanbieter erweitert (Myßen/Bering, NWB F. 3 S. 14239 ff. NWB TAAAC-31891). Hierzu nimmt der Gesetzgeber Bezug auf den „Anbieter” i. S. des § 80 EStG. Die Vorschrift definiert den Anbieterbegriff unter Verweis auf § 1 Abs. 2 AltZertG (Anbieter zertifizierter privater Altersvorsorgeprodukte: Versicherungen, Banken, Fondsgesellschaften) und auf § 82 Abs. 2 EStG (bestimmte betriebliche Versorgungseinrichtungen: Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds). Hierbei handelt es sich um diejenigen Einrichtungen, die bereits die nach § 10a/Abschnitt XI EStG begünstigten Altersvorsorgeprodukte anbieten können. Der Verweis auf § 80 EStG führt somit zu einer Vereinheitlichung des Kreises derjenigen Anbieter, die steuerlich geförderte Altersvorsorgeprodukte anbieten können.
Durch die Erweiterung des Anbieterkreises ändern sich jedoch nicht die vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Basis-/„Rürup”-Rente. Wenn die Ausweitung des Anbieterkreises zu einer aus Sicht des Steuerpflichtigen größeren Produktauswahl führen soll, müssen auch entsprechende Produkte von den Anbietern entwickelt und tatsächlich angeboten werden. In welchem Umfang von diesen neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird, bleibt abzuwarten. Ende 2007 wurden von Kapitalanlagegesellschaften die ersten Basisrentenprodukte angeboten. Anlageprodukte unterschiedlicher Anbieter kann es allerdings lediglich in der Ansparphase geben, da Voraussetzung für das Vorliegen einer Basis-/„Rürup”-Rente die Auszahlung der Altersvorsorgeleistung in Form einer lebenslangen Rente ist. Eine solche Leibrente kann aufsichtrechtlich nur von einem Versicherungsunternehmen gewährt werden.
hh) Einbeziehung von Beiträgen zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung
Zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begünstigten Beiträgen können auch Beiträge gehören, die zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung gezahlt werden. Auf einige Besonderheiten ist hinzuweisen:
Begünstigt sind Beiträge die dem Steuerpflichtigen als Arbeitslohn zugeflossen sind und die zum Aufbau einer Altersversorgung für den Steuerpflichtigen eingesetzt werden. Beiträge, die steuerfrei oder pauschalversteuert wurden, können nicht angesetzt werden. Unerheblich ist insoweit, ob es sich um Eigenbeiträge des Steuerpflichtigen, rein arbeitgeberfinanzierte Beiträge oder im Rahmen einer Entgeltumwandlung finanzierte Beiträge handelt.
Es werden nur Beiträge zum Aufbau einer kapitalgedeckten Altersversorgung begünstigt. Damit scheidet die Berücksichtigung von umlagefinanzierten Beiträgen aus.
Beiträge, die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei waren oder nach § 40b EStG a. F. pauschalversteuert wurden, können nicht im Rahmen des § 10 EStG als Sonderausgaben geltend gemacht werden.
Es können nur Beiträge an Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds als Aufwendungen zugunsten einer Basisversorgung als Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 ist auch für betriebliche Vorsorgeprodukte eine Zertifizierung erforderlich, damit die geleisteten Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG angesetzt werden können. Für die Berücksichtigung von Beiträgen zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung im Rahmen des § 10a EStG / Abschnitt XI EStG ist jedoch weiterhin keine gesonderte Zertifizierung erforderlich (vgl. § 82 Abs. 2 EStG).
c) Abzugsumfang
aa) Grundsätze
Die Beiträge zugunsten einer Basisversorgung können grds. innerhalb eines bestimmten Rahmens (20.000 €) berücksichtigt werden. Die innerhalb des Höchstbetrags getätigten Aufwendungen (bei den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung: Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) werden ab dem Jahr 2005 zu 60 % von einer Einkommensteuerbelastung freigestellt. Dieser Prozentsatz steigt im Laufe der Jahre jeweils um 2 Prozentpunkte an. Im Jahr 2009 können somit 68 %, im Jahr 2010 schon 70 % steuermindernd geltend gemacht werden. Ab dem Jahre 2025 sind die Beiträge zu einer Basisversorgung dann zu 100 % abzusetzen.
Bei der Ermittlung des dem Steuerpflichtigen zur Verfügung stehenden Abzugsvolumens wird allerdings berücksichtigt, ob der Steuerpflichtige seine Altersvorsorge ausschließlich durch Beiträge aufgebaut hat, die aus versteuertem Einkommen stammen, oder ob er bereits einen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss zu seiner Altersversorgung (Basisversorgung) in Anspruch genommen hat. Erhält der Steuerpflichtige einen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss, schöpft er auch in diesem Umfang das ihm insgesamt zur Verfügung stehende Abzugsvolumen mit aus. D. h. der im Rahmen der anzusetzenden Aufwendungen hinzuaddierte steuerfreie Arbeitgeberzuschuss wird von dem – sich nach Anwendung des Prozentsatzes ergebenden – Betrag wieder abgezogen (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnung des steuerfreien Arbeitgeberanteils ist ein Verfahren beim BFH unter dem Az. X R 6/08 anhängig NWB YAAAC-79047 - Vorinstanz ). In der Endstufe im Jahr 2025 – Abzugsumfang 100 % – könnte man auch auf die Hinzurechnung verzichten und nur den Höchstbetrag entsprechend kürzen. In der Übergangsphase wirkt sich diese Rechenoperation jedoch wesentlich stärker aus, da die Aufwendungen unter Berücksichtigung des steuerfreien Arbeitgeberzuschusses im Jahr 2009 mit 68 % angesetzt werden, der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss aber anschließend in vollem Umfang hiervon abgesetzt wird.
Ein Arbeitnehmer zahlt im Jahr 2009 einen Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 3.500 €. Der für den Arbeitnehmer geleistete steuerfreie Arbeitgeberanteil beläuft sich dementsprechend auch auf 3.500 €. Weitere Beiträge zu einer zusätzlichen Basisversorgung hat der Steuerpflichtige nicht entrichtet. Wie hoch ist der Sonderausgabenabzug?
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Arbeitnehmerbeitrag | 3.500 € | |||
Steuerfreier Arbeitgeberbeitrag | 3.500 € | |||
Insgesamt | 7.000 € | |||
Höchstbetrag | 20.000
€ | |||
Zu berücksichtigen somit
| 7.000 € | |||
Davon 68 % | 4.760 € | |||
Abzüglich steuerfreier Arbeitgeberanteil | 3.500 € | |||
Sonderausgabenabzug | 1.260 € |
Rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer erhalten somit über den steuerfreien Arbeitgeberanteil hinaus einen zusätzlichen Sonderausgabenabzug in Höhe von 36 % ihres eigenen Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung bzw. 18 % des Gesamtbeitrags zur Rentenversicherung. Dieser Prozentsatz steigt mit wachsender Berücksichtigung des Gesamtvolumens aber bis zum Jahr 2025 auf den vollen Arbeitnehmerbeitrag an.
Leistet der Arbeitnehmer über die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hinaus noch weitere Beiträge zugunsten einer zusätzlichen Basisrente, werden auch diese Beiträge – innerhalb des jeweiligen Höchstbetrags – beginnend ab dem Jahr 2005 mit anfangs 60 % steuermindernd angesetzt.
Bei Beamten und anderen Steuerpflichtigen, denen eine Altersversorgung ohne oder jedenfalls weitgehend ohne eigene Beitragsleistungen zusteht, wird dies dahingehend berücksichtigt, dass in diesen Fällen das den Steuerpflichtigen zur Verfügung stehende maximale Abzugsvolumen nach § 10 Abs. 3 Satz 1 EStG um einen fiktiven Gesamtrentenversicherungsbeitrag gekürzt wird. Auch dies dient der Angleichung des Abzugsumfangs für alle Steuerpflichtigen.
Eine Kürzung des Höchstbetrags ist bei folgenden Personengruppen vorzunehmen:
Beamte, Richter, Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Amtsträger,
Arbeitnehmer, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI oder § 230 SGB VI versicherungsfrei sind (z. B. Beschäftigte bei Trägern der Sozialversicherung, Geistliche),
Arbeitnehmer, die auf Antrag des Arbeitgebers von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit worden sind (z. B. Lehrkräfte an nicht öffentlichen Schulen mit kirchenrechtlichen Grundsätzen).
Steuerpflichtige, die Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 4 EStG erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
Steuerpflichtige, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören.
Für Steuerpflichtige, die zur Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören, war bis zum neben der Zugehörigkeit zu der genannten Personengruppe außerdem Voraussetzung für eine Kürzung des Höchstbetrags, dass der Steuerpflichtige ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwirbt. Der Gesetzgeber knüpft daher für die Kürzung des Höchstbetrags ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nur noch an die Zugehörigkeit zu der Personengruppe des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG an. D.h. erhält der nicht rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seinem Beschäftigungsverhältnis Anwartschaftsrechte auf eine betriebliche Altersversorgung, erfolgt immer eine Kürzung des Abzugsvolumens nach § 10 Abs. 3 EStG. Dies gilt unabhängig von der Höhe der Versorgungszusage und der Art der Finanzierung (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 34). Die gesetzliche Neuregelung hat jedoch keine Auswirkungen auf den im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG zu berücksichtigenden Vorwegabzug. D.h. auch wenn eine Kürzung des maximalen Abzugsvolumens für eine Basisversorgung vorzunehmen ist, wird für die Ermittlung des bis zum zu gewährenden Abzugsvolumens die vorgenommene Neuregelung nicht berücksichtigt.
Der Höchstbetrag ist mithin bei den betroffenen Personengruppen um einen fiktiven Gesamtrentenversicherungsbeitrag zu kürzen. Für dessen Berechnung ist auf den Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung zu Beginn des jeweiligen Veranlagungszeitraums abzustellen (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 30). Bemessungsgrundlage für die Anwendung des Beitragssatzes ist
bei Beamten, Richtern, Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit und Amtsträgern die bezogene Besoldung oder die Amtsbezüge und
in den übrigen Fällen bis zur Beitragsbemessungsgrenze die erzielten Einnahmen aus der Tätigkeit, welche die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG begründet.
Einnahmen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur allgemeinen Rentenversicherung werden für die Ermittlung des fiktiven Gesamtrentenversicherungsbeitrags nicht angesetzt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist einheitlich auf die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) abzustellen. Diese beläuft sich für das Jahr 2009 auf 54.600 € (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2009), so dass sich ein maximaler Kürzungsbetrag in Höhe von 10.865 € (54.600 x 19,9 %) ergibt.
Bei der Ermittlung des Kürzungsbetrags kommt es außerdem nicht darauf an, ob die betreffenden Einnahmen insgesamt beitragspflichtig gewesen wären, wenn Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hätte. D. h. für die Berechnung des Kürzungsbetrags werden auch solche Einnahmen in die Bemessungsgrundlage mit einbezogen (z. B. Altersteilzeitzuschläge), die bei rentenversicherungspflichtigen Steuerpflichtigen nicht beitragspflichtig gewesen wären, da der Gesetzgeber insoweit auf einen steuerlichen Begriff abstellt.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 wird auf die Gewährung einer Vorsorgepauschale im Veranlagungsverfahren verzichet. Dementsprechend bleibt bei der Neustrukturierung des § 10c EStG lediglich der bisherige § 10c Abs. 1 EStG erhalten. Dies führt auch zu Anpassungen im § 10 Abs. 3 EStG, da insoweit teilweise auf den § 10c EStG verwiesen wird.
bb) Abzugsumfang im Falle der Zusammenveranlagung
Im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten wird das maximale Abzugsvolumen von 20.000 € auf 40.000 € verdoppelt. Die von den Steuerpflichtigen innerhalb dieses Höchstbetrags geltend gemachten Aufwendungen werden bei der Berechnung des Sonderausgabenabzugs unabhängig davon berücksichtigt, welcher der Ehegatten die Aufwendungen getragen hat.
Im Hinblick auf die für die Ermittlung zu berücksichtigenden Beiträge sind die von den Ehegatten insgesamt bezogenen steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse mit einzubeziehen. Dies gilt entsprechend bei der Berechnung der anzusetzenden Sonderausgaben.
Für die Frage, in welchem Umfang eine Kürzung des Höchstbetrags vorzunehmen ist, ist auf jeden Ehegatten gesondert abzustellen (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 41). Es kann jedoch nicht dazu kommen, dass im Rahmen der Kürzung das dem anderen Ehegatten (bei dem die Voraussetzungen für die Kürzung nicht vorliegen) zustehende Abzugsvolumen tangiert wird. Der Kürzungsbetrag kann sich maximal auf den Höchstbeitrag zur allgemeinen Rentenversicherung belaufen. Wird z. B. auf den Höchstbeitrag in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) für das Jahr 2009 abgestellt, kann sich maximal eine Kürzung um 10.865 €. Den Ehegatten verbliebt mithin ein maximales Abzugsvolumen von 29.135 €.
Die Eheleute A und B werden zusammenveranlagt. A ist als selbständiger Arzt tätig und zahlt im Jahr 2009 insgesamt 25.000 € an eine berufsständische Versorgungseinrichtung. B ist Beamtin. Sie erhält eine Besoldung in Höhe von 50.000 €. Sie hat im Jahr 2009 außerdem 2.000 € an eine private Basisrentenversicherung gezahlt. Der Sonderausgabenabzug ist wie folgt zu ermitteln:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Beiträge zum Versorgungswerk | 25.000 € | |||
Beiträge zur Basisrentenversicherung | + 2.000
€ | |||
Gesamtbeiträge | 27.000
€ | |||
Höchstbetrag | 40.000 € | |||
Kürzung um 19,9 % von 50.000 € | - 9.950
€ | |||
anzusetzender Höchstbetrag | 30.050 € | |||
Zu berücksichtigende zusätzliche Beiträge | 27.000 € | |||
Davon 68 % | 18.360
€ | |||
Sonderausgabenabzug | 18.360 € |
d) Sonstige Vorsorgeaufwendungen
Wie bereits ausgeführt differenziert der Gesetzgeber zukünftig zwischen Altersvorsorgeaufwendungen zugunsten einer Basisversorgung und den sonstigen Vorsorgeaufwendungen. Für beide Arten von Vorsorgeaufwendungen stehen dem Steuerpflichtigen gesonderte Abzugsmöglichkeiten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs zur Verfügung.
Mit dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung v. (BGBl I 2009, 1959) wird die steuerliche Berücksichtigung von sonstigen Vorsorgeaufwendungen ab dem Veranlagungszeitraum 2010 neu geregelt, vgl. hierzu ausführlich Myßen/Wolter, NWB 30/2009, S. 2313 NWB XAAAD-24562 und zu den Vorsorgeaufwendungen im Lohnsteuerabzugsverfahren: Harder-Buschner/Jungblut, NWB 34/2009 S. 2636 NWB KAAAD-25988.
aa) Begünstigte Beiträge
Zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG begünstigten Beiträgen gehören
Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit (gesetzliche Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit und Beiträge zu entsprechenden privaten Versicherungen; zur Frage, ob Beiträge zur Arbeitslosenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten oder unbegrenzt als Sonderausgaben angesetzt werden können ist beim BFH unter dem Az. X R 15/09 ein Verfahren anhängig, Vorinstanz ),
Beiträge zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, sofern die entsprechenden Versicherungen nicht Bestandteil einer Basisversorgung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b EStG sind,
Beiträge zu gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, (zur Einordnung einer Praxisausfallversicherung vgl. Pfirrmann, NWB 36/2009 S. 2798 NWB JAAAD-27137),
Beiträge zu Unfallversicherungen; hierzu gehören nicht die Beiträge zu einer Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr, da diese steuerlich wie eine Kapitallebensversicherung behandelt wird (bei Versicherungsbeginn und Beitragsleistung vor dem sind die Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG anzusetzen),
Beiträge zu Haftpflichtversicherungen,
Beiträge zu Lebensversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen (Risikolebensversicherungen).
Darüber hinaus gehören zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen auch Beiträge zu
Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht, die die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllen,
Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistung, wenn das Kapitalwahlrecht nicht vor Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsabschluss ausgeübt werden kann,
Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil, wenn der Vertrag für die Dauer von mindestens zwölf Jahren abgeschlossen wird.
Voraussetzung für eine Berücksichtigung der Beiträge zugunsten einer Renten- oder Kapitallebensversicherung als sonstige Vorsorgeaufwendungen ist hier allerdings, dass die Laufzeit der betreffenden Versicherungen vor dem begonnen hat und mindestens ein Versicherungsbeitrag bis zum entrichtet wurde. Für die Frage, ob der Versicherungsbeitrag bis zum entrichtet wurde, gilt das Abflussprinzip (§ 11 EStG; s. hierzu Tz. 127).
Für die Berücksichtigung von Beiträgen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG gelten außerdem die bisherigen Regelungen zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb, cc und dd EStG in der bis zum geltenden Fassung (u. a. laufende Beitragszahlung, zwölf Jahre Vertragslaufzeit, Mindesttodesfallschutz).
Zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen gehören auch die individuell versteuerten Beiträge des Arbeitnehmers an eine Zusatzversorgungseinrichtung, wenn der Arbeitnehmer bereits vor dem bei der Zusatzversorgungseinrichtung versichert war, die Beiträge nicht nach § 3 Nr. 56 EStG steuerfrei waren und für die Beiträge keine Förderung nach § 10a EStG/Abschnitt XI in Anspruch genommen wurde. Beginnt die Versicherung erst nach dem , scheidet eine Berücksichtigung der Beiträge im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG aus (vgl. hierzu ausführlich NWB IAAAC-68155).
bb) Abzugsumfang
Vorsorgeaufwendungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG können grds. bis zur Höhe von 2.400 € abgezogen werden. Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen i. S. des § 3 Nr. 62 oder Nr. 14 EStG erbracht werden, steht nur ein Höchstbetrag von 1.500 € zu. Der vom Arbeitgeber für einen geringfügig Beschäftigten abgeführte Pauschalbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. hierzu auch Marburger, NWB F. 27 S. 6445 [6449] NWB NAAAC-52227) führt allerdings für sich genommen beim Arbeitnehmer nicht zu Ansatz des Abzugsvolumens von 1.500 €, da der Steuerpflichtige durch den Pauschalbeitrag keinen Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung erwirbt. Auch wenn dieser Pauschalbeitrag nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei ist, wird der Beitrag nicht „für” die Krankenversicherung des Steuerpflichtigen erbracht.
Der niedrigere Abzugsbetrag greift bereits, wenn ohne eigene Aufwendungen „ganz oder teilweise” ein Anspruch auf Erstattung von Krankheitskosten besteht. Eine zeitanteilige Aufteilung sieht das Gesetz nicht vor. Erfüllt der Steuerpflichtige im Laufe des Veranlagungszeitraums zu irgendeinem Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Ansatz des niedrigeren Höchstbetrags, ist dieser für den gesamten Veranlagungszeitraum anzusetzen.
Der Höchstbetrag wird je Kalenderjahr gewährt. Er ist somit bereits zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige z. B. nur für einen Teil des Jahrs die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs erfüllt (z. B. beim Übergang von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht im Laufe des Veranlagungszeitraums).
Der Höchstbetrag von 1.500 € gilt z. B. für
sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, für die der Arbeitgeber nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Beiträge zur Krankenversicherung leistet; dies gilt auch dann, wenn der Arbeitslohn aus einer Auslandstätigkeit aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei gestellt wird,
Rentner, die aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfreie Zuschüsse zu den Krankenversicherungsbeiträgen erhalten,
Rentner, bei denen der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Beiträge an eine gesetzliche Krankenversicherung zahlt,
Besoldungsempfänger, die von ihrem Arbeitgeber nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Beihilfen zu Krankheitskosten erhalten,
in der gesetzlichen Krankenversicherung ohne eigene Beiträge familienversicherte Angehörige
Personen, die von der Künstlersozialkasse steuerfreie Zuschüsse nach § 3 Nr. 57 EStG zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen erhalten.
Bei dem Grunde nach Beihilfeberechtigten ist im Hinblick auf den Ansatz des Höchstbetrags von 1.500 € ohne Bedeutung, ob aufgrund eines Anspruchs vom Beihilfeträger tatsächlich Leistungen erbracht werden sowie die konkrete Höhe des Beihilfeanspruchs. Somit erhalten auch Beamte, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind und deshalb keine Beihilfe zu ihren Krankheitskosten in Anspruch nehmen, nur den gekürzten Höchstbetrag (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 56).
Der Höchstbetrag von 2.400 € gilt für alle Steuerpflichtige, für die nicht das gekürzte Abzugsvolumen zum Ansatz kommt. Hierbei handelt es sich z. B. um
Selbständige, die keinen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss erhalten,
Angehörige von Beihilfeberechtigten (Ehegatten, Kinder), die über den Beihilfeanspruch des Beihilfeberechtigten abgesichert sind.
geringfügig Beschäftigte, für die vom Arbeitgeber nur ein Pauschalbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung geleistet wird.
Im Gegensatz zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Basisversorgung werden die sonstigen Vorsorgeaufwendungen grds. – bis zu den genannten Höchstbeträgen – in vollem Umfang berücksichtigt. Eine Ausnahme besteht nur im Hinblick auf die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG anzusetzenden Aufwendungen. Diese werden – wie im Rahmen der Veranlagung 2004 – nur mit 88 % der jeweiligen Beitragszahlung angesetzt.
Zusammenveranlagten Ehegatten steht ein gemeinsames Abzugsvolumen zu. Dieses bestimmt sich aus der Summe der jedem Ehegatten zustehenden Höchstbeträge, d. h. für jeden Ehegatten ist zunächst nach dessen persönlichen Verhältnissen ein ihm zustehender Höchstbetrag zu bestimmen (zu verschiedenen bei Ehegatten möglichen Fallkonstellationen vgl. NWB RAAAC-86805). Bis zur Summe des den Ehegatten insgesamt zustehenden Abzugsvolumens sind die von den Ehegatten geleisteten Aufwendungen als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
e) Günstigerprüfung
Beim schrittweisen Übergang zur vollständigen steuerlichen Freistellung von Altersvorsorgeaufwendungen kann es bei bestimmten Personengruppen zu Schlechterstellungen im Vergleich zum bisherigen – bis zum geltenden – Recht kommen. Dies betrifft zum einen diejenigen Steuerpflichtigen, die ihre Vorsorgeaufwendungen innerhalb der bisherigen Abzugshöchstbeträge in vollem Umfang steuermindernd ansetzen konnten, und zum anderen Steuerpflichtige, die weder in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in einem berufsständischen Versorgungswerk pflichtversichert sind und ihre Altersversorgung ausschließlich über Kapitallebensversicherungen abgesichert haben. Um Schlechterstellungen zumindest für einen Übergangszeitraum zu vermeiden, sieht das Gesetz eine Günstigerprüfung vor. Dabei wird geprüft, ob der Umfang der als Sonderausgaben anzusetzenden Vorsorgeaufwendungen (Basisversorgung/sonstige Vorsorgeaufwendungen) nach den bis zum geltenden Höchstbeträge oder nach neuem Recht für den Steuerpflichtigen höher ist. In diese Vergleichsberechnung werden allerdings nur Vorsorgeaufwendungen einbezogen, die auch nach neuem Recht zu berücksichtigen wären.
Die Günstigerprüfung wird in den Jahren 2005 bis 2019 durchgeführt. Ab 2011 wird jedoch das Abzugsvolumen des im alten Recht insbesondere für Selbständige gewährten „Vorwegabzugs” schrittweise abgebaut. Ab 2020 entfällt die Günstigerprüfung, dann werden allerdings bereits 90 % der Beiträge zu einer Basisversorgung steuermindernd angesetzt. Zu den Besonderheiten bei Gesellschafter-Geschäftsführern vgl. Myßen/Hildebrandt, NWB F. 3 S. 14559 ff. NWB OAAAC-46850.
Die Günstigerprüfung hat allerdings in bestimmten Fallkonstellationen dazu geführt, dass der zusätzliche Abschluss einer Basis-/„Rürup”-Rente nicht zu einer Erhöhung des als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Betrags geführt hat. Ausführlich hierzu – mit zahlreichen Rechenbeispielen – Myßen/Bering, NWB F. 3 S. 14239 ff. NWB XAAAC-17116. Vgl. auch NWB AAAAC-37641).
f) Finanzierungen unter Einsatz von Lebensversicherungen im Erlebensfall § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F.
Erträge aus nach dem abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen sind nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern; s. im Einzelnen Tz. 219, f. Für vor dem abgeschlossene Versicherungsverträge ist § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der am geltenden Fassung weiter anzuwenden (s. § 52 Abs. 36 EStG). Damit besteht für diese Verträge insbesondere die Steuerbefreiung in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F. weiter fort. Darüber hinaus sind die Erträge aus solchen Versicherungsverträgen nicht steuerbefreit, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F. nicht erfüllt sind (vgl. hierzu auch NWB DAAAC-34406, zur steuerschädlichen Verwendung eines Darlehens zur Anschaffung von Anteilen an offenen Aktienfonds).
Eine steuerschädliche Verwendung einer Kapitallebensversicherung setzt allerdings voraus, dass damit ein Darlehen besichert wird. Ein Avalkredit ist nach Auffassung des NWB IAAAC-45802) hingegen ein bürgschaftsähnliches Geschäft, das als Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. des § 675 BGB einzuordnen ist. Daher handelt es sich insoweit nicht um ein Darlehen i. S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F. Dies gilt unabhängig davon, dass den Avalprovisionen als Entgelt für die Gewährung des Bürgschaftskredits Zinscharakter zukommt. D. h. wird ein Avalkredit durch Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung besichert, führt diese Besicherung – unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F. – nicht zur Steuerpflicht der Zinsen aus der Lebensversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F.
Wird vom Steuerpflichtigen ein Darlehen aufgenommen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, und fließen die Darlehensmittel i. S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG a. F. zunächst auf ein Konto (z. B. Kontokorrentkonto, Sparkonto) des Darlehensnehmers, von dem sodann die Anschaffungs-/Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts bezahlt werden, handelt es sich nach Auffassung der Finanzverwaltung – wenn es sich nicht um einen Umschuldungsfall handelt – nur dann um einen steuerunschädlichen Vorgang, wenn zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungs-/Herstellungskosten ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tagen liegt (, BStBl 2000 I S. 1118, Rz. 53; zu dieser Frage ist beim BFH unter dem Az. VIII R 7/09 ein Verfahren anhängig NWB UAAAD-19363, Vorinstanz ). Eine Entscheidung des BFH zur Zulässigkeit dieser 30-Tage-Frist liegt aber noch nicht vor, allerdings ist bei einem Zeitraum von 60 Tagen zwischen der Überweisung der Darlehensvaluta auf das Girokonto des Steuerpflichtigen und der nachfolgenden Anschaffung des betreffenden Wirtschaftsguts eine „Unmittelbarkeit” i. S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F. nicht mehr gegeben ( NWB ZAAAC-45896; vgl. auch NWB FAAAC-61332; Revision eingelegt, Az. des BFH: VIII R 29/07, nach der eine kurze Überschreitung – 3 Tage – der 30-Tage-Frist unschädlich sei). Wird das Wirtschaftsgut über ein Kontokorrent erworben und erst nach der Abbuchung des Kaufpreises die Darlehensmittel auf das Konto überwiesen, kann es sich um eine zulässige Umschuldung handeln. Diese ist allerdings – bis maximal zum Kaufpreis für das Wirtschaftsgut – nur insoweit möglich, wie das Kontokorrent zwischen dem Erwerb des Wirtschaftsguts und der Einzahlung der Darlehensmittel einen Negativsaldo aufgewiesen hat.
Wegen der Regelungen für die vor dem abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge vgl. im Übrigen ausführlich Nolte, NWB F. 3 S. 11383 ff. NWB QAAAC-73367
Tz. 133 Kirchensteuer
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG können die vom Steuerpflichtigen im betreffenden Veranlagungszeitraum tatsächlich gezahlten Kirchensteuern als Sonderausgaben berücksichtigt werden ( NWB VAAAC-63836 – zum Kirchensteuerrecht insgesamt Rausch, NWB-Gesamtdarstellung Kirchensteuer NWB EAAAC-71865). Angesetzt werden können u. a. auch die Beiträge an die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas Deutschland e. V., da diesen mit Wirkung vom die Rechtstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen wurde (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuer, Verfügung v. - S 2221 NWB XAAAC-40389).
Eine betragsmäßige Begrenzung sieht das Gesetz nicht vor. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um eine endgültige Zahlung oder nur um eine Kirchensteuervorauszahlung handelt. Unerheblich ist insoweit auch, für welches Jahr die Zahlungen geleistet wurden. Lediglich willkürliche Zahlungen sind nicht zu berücksichtigen.
Voraussetzung für den Abzug der Kirchensteuern als Sonderausgabe ist allerdings, dass der Steuerpflichtige durch die Aufwendungen endgültig wirtschaftlich belastet ist ( NWB QAAAC-9328). Werden als Sonderausgaben abgezogene Ausgaben in einem späteren Jahr erstattet (z. B. aufgrund einer tatsächlichen Überzahlung oder einer rechtsgrundlosen Zahlung), liegt insoweit keine endgültige wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen vor. Durch die Erstattung stellt sich rückwirkend heraus, dass die Aufwendungen im Zahlungsjahr nicht als Sonderausgaben hätten berücksichtigt werden können (vgl. hierzu Demuth, NWB F. 2 S. 9271 ff. NWB LAAAC-38404). Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird der Erstattungsbetrag im Jahr der Rückzahlung mit den in diesem Jahr geleisteten Kirchensteuerzahlungen verrechnet ( NWB NAAAB-92627; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zu Entscheidung angenommen, ). Dieser Verrechnung steht auch nicht § 11 EStG entgegen, da die Vorschrift nur die zeitliche Zuordnung von Aufwendungen regelt ( NWB MAAAB-92957). In bestimmten Fallgestaltungen – z. B. Kirchenaustritt im Erstattungsjahr (vgl. NWB QAAAC-93284) – ergibt sich jedoch auch nach der Verrechnung mit geleisteten Kirchensteuerzahlungen ein Erstattungsüberhang. In diesen Fällen ist eine Änderung des Einkommensteuerbescheids im Jahr der ursprünglichen Kirchensteuerzahlung möglich. Der Erstattungsüberhang stellt insoweit ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar ( NWB QAAAC-93284; vgl. auch NWB EAAAB-91081; zur Frage, ob das rückwirkende Ereignis mit Ablauf des jeweiligen Erstattungszeitraums oder erst mit Durchführung der Veranlagung des Erstattungsjahrs eintritt, ist ein Verfahren beim BFH anhängig, Vorinstanz NWB YAAAD-10598, Az beim BFH: X R 4/09 NWB GAAAD-10231). Zu verschiedenen Fallgestaltungen und Beispielsfällen vgl. NWB LAAAD-00262.
Tz. 134 Nicht erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten
Zunächst ist prüfen, ob die Kinderbetreuungskosten wie Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden können (§ 9 Abs. 5 EStG i. V. mit § 4f EStG; , BStBl 2007 I S. 184, Rz. 35; s. hierzu Tz. 55; zur Berücksichtigung von erstatteten Kindergartenbeiträgen für vorzeitig eingeschulte Kinder vgl. NWB SAAAC-53647). Ist dies nicht der Fall, ist die Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG zu prüfen. Scheidet eine Berücksichtigung der Kosten auch insoweit aus, kommt unter Umständen ein Ansatz der Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG für sog. Kindergartenkinder in Betracht. Voraussetzung für den Abzug ist allerdings, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist. Die Vorlage der Rechnung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ist aufgrund einer durch das Jahressteuergesetz 2008 vorgenommenen Änderung nicht mehr erforderlich.
Zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten insgesamt vgl. Nolte, NWB F. 3 S. 14479 NWB VAAAC-42847.
a) Auffangtatbestand zu § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG
§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG regelt den Abzug von Kinderbetreuungskosten für den Fall, dass sie weder wie Betriebsausgaben noch wie Werbungskosten noch als Sonderausgaben i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG berücksichtigt werden können. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG enthält unmittelbar keine gesondert genannten Anspruchsvoraussetzungen, die die Eltern erfüllen müssen, um die Abzugsmöglichkeit in Anspruch nehmen zu können. Bei der Vorschrift handelt es sich vielmehr um einen Auffangtatbestand, der nur zur Anwendung kommt, wenn es sich nicht um einen Fall des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG handelt. Aufgrund dieses Rangverhältnisses ergeben sich die Anspruchsvoraussetzungen, die in der Person der Eltern erfüllt sein müssen, damit § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zur Anwendung kommt, im Umkehrschluss aus § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG. D. h. ein Anspruch nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG kann sich ergeben, wenn
bei zusammenlebenden Eltern kein Elternteil oder nur ein Elternteil erwerbstätig ist und der andere Elternteil sich nicht in Ausbildung befindet, nicht behindert oder krank ist oder
ein alleinerziehender Elternteil weder erwerbstätig ist noch sich in Ausbildung befindet oder behindert oder krank ist.
Die übrigen Voraussetzungen für den Abzug entsprechen mit einer Ausnahme der Vorschrift des § 4f EStG: Das zu betreuende Kind muss das dritte Lebensjahr, darf aber noch nicht das sechste Lebensjahr vollendet haben (sog. Kindergartenkinder). Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in dieser Phase allen Eltern unabhängig von Erwerbssituation, Behinderung und Krankheit Betreuungskosten entstehen. Wegen der übrigen Voraussetzungen und der Höhe der abziehbaren Aufwendungen vgl. § 4f EStG; s. Tz. 55.
b) In Ausbildung befindliche, behinderte oder kranke Eltern
§ 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG erlaubt den Abzug von Kinderbetreuungskosten bei
zusammenlebenden Elternteilen, von denen einer erwerbstätig ist und der andere (oder beide) sich in Ausbildung befindet, behindert oder krank ist, oder
einem alleinerziehenden Elternteil, der sich in Ausbildung befindet, behindert oder krank ist.
Ausbildung ist i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu verstehen und meint im Ergebnis jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf ein künftiges Berufsziel, z. B. durch Besuch allgemein bildender Schulen, Teilnahme an Praktika, Absolvierung einer Lehre, Aufnahme eines Studiums. Bei einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit oder der Ausbildung z. B. durch Arbeitslosigkeit oder Urlaub von höchsten vier Monaten sind die während dieser Zeit entstandenen Kinderbetreuungskosten berücksichtigungsfähig (, BStBl 2007 I S. 184, Rz. 31). Ob eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung vorliegt, ist nach den in § 33b EStG geltenden Grundsätzen zu entscheiden. Der entsprechende Nachweis ist nach § 65 EStDV zu führen. Entstehen Kinderbetreuungskosten wegen der Krankheit des Steuerpflichtigen, können sie nur anerkannt werden, wenn die Krankheit innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens drei Monaten bestanden hat oder unmittelbar im Anschluss an eine Erwerbstätigkeit oder Ausbildung eintritt. Eine Krankheit ist durch ein ärztliches Attest nachzuweisen (, BStBl 2007 I S. 184, Rz. 32).
Wegen der übrigen Voraussetzungen (insbesondere der Altersgrenze der berücksichtigungsfähigen Kinder) und der Höhe der abziehbaren Aufwendungen vgl. § 4f EStG; s. Tz. 55.
Tz. 135 Steuerberatungskosten
§ 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F.
Steuerberatungskosten, bei denen es sich nicht um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt, konnten bis zum Veranlagungszeitraum 2005 nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F. als Sonderausgaben angesetzt werden. Diese Abzugsmöglichkeit ist ab 2006 aufgehoben worden (vgl. hierzu auch Schroen, NWB Beratung aktuell 33/2006 NWB EAAAB-91901 und NWB Beratung aktuell 22/2007 NWB PAAAC-45911; Steuerberatungskosten sind auch keine dauernde Lasten die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben abgezogen werden können – NWB BAAAC-91173). Für die Abziehbarkeit von Steuerberatungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F. ist entscheidend, dass die Zahlung vor dem erfolgt ist ( NWB BAAAC-91173). Das NWB XAAAC-70625 die Abschaffung der Abziehbarkeit der privaten Steuerberatungskosten als nicht verfassungswidrig erachtet und die steuerliche Geltendmachung entsprechend abgelehnt. Gegen das Urteil ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (Az. X R 10/08). Außerdem ist vor dem FG Baden Württemberg (Az. des BFH 5 K 186/07) eine diesbezügliche Klage anhängig. Aufgrund der verschiedenen Verfahren erlässt die Finanzverwaltung (, BStBl 2009 I S. 510). Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben für Veranlagungszeiträume ab 2006 nur noch vorläufig.
Eine Legaldefinition des Begriffs Steuerberatungskosten enthält das Gesetz nicht. Hierzu gehören alle Aufwendungen, die im sachlichen Zusammenhang mit der Besteuerung stehen. Dies sind beispielweise Kosten, die durch eine entsprechende Inanspruchnahme eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe (Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) entstehen, Beiträge zu Lohnsteuerhilfevereinen, Fachliteratur, Steuersoftware oder die durch die Steuerberatung veranlassten Nebenkosten (z. B. Fahrkosten oder Unfallkosten auf dem Weg zum Steuerberater).
Unabhängig vom Ausgang der o. g. Verfahren können Steuerberatungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte jedoch weiterhin als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten angesetzt werden (vgl. hierzu ausführlich Grützner, BBK F. 13 S. 5175 ff. NWB CAAAC-73584). Da sich die Beratung jedoch häufig auf mehrere Bereiche bezieht, sind die in Rechnung gestellten Kosten grds. aufzuteilen. Soweit sich die Beratungskosten auf das Ausfüllen des Einkommensteuermantelbogens oder der Anlage Kinder oder die Ermittlung von außergewöhnlichen Belastungen bezieht, scheidet somit dem Grunde nach eine steuermindernde Berücksichtigung aus. Bei Beiträgen an Lohnsteuerhilfevereine, Aufwendungen für steuerliche Fachliteratur und Software wird es von der Finanzverwaltung allerdings nicht beanstandet, wenn diese Aufwendungen zu 50 % den Betriebsausgaben oder Werbungskosten zugeordnet werden. Außerdem folgt die Finanzverwaltung bis zu einem Betrag von 100 € der vom Steuerpflichtigen vorgenommenen Zuordnung (, BStBl 2008 I S. 256; vgl. hierzu Heinrich, Steuer und Studium 2008, S. 284 ff.; Schmitt, NWB F. 3 S. 14969 ff. NWB JAAAC-71538).
Nicht zu den Steuerberatungskosten gehören die Gerichtskosten eines finanzgerichtlichen Verfahrens, da diese Kosten für die Inanspruchnahme des Gerichts und seine rechtsprechende Tätigkeit, nicht aber für eine isolierte steuerberatende Tätigkeit erhoben werden. Dies gilt auch für Rechtsanwalts- und Gerichtskosten im Rahmen der Geltendmachung des Zustimmungsanspruchs des Unterhaltsverpflichteten beim Realsplitting (, BStBl 2008 I S. 256 ).
Die Möglichkeit eines Abzugs von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben galt für Veranlagungszeiträume vor dem nicht für beschränkt Steuerpflichtige (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG a. F.). Diese gesetzliche Regelung wurde vom , BStBl 2004 II S. 994) als europarechtswidrig angesehen. Er ist der Auffassung, dass diese Abzugsmöglichkeit auch beschränkt Steuerpflichtigen zugute kommen müsste, jedenfalls soweit sich die entstehenden Kosten nicht auf die Steuererklärung im Wohnsitz- (oder einem Dritt-)Staat, sondern – nur – im Inland beziehen. Diese Auffassung wird auch vom EuGH geteilt (, Conijn NWB UAAAB-89720).
Tz. 136 Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung
a) Höhe des Sonderausgabenabzug
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG darf der Steuerpflichtige Aufwendungen für seine eigene Berufsausbildung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehen. Dieser Betrag ist ein Höchstbetrag, bis zu dem die Aufwendungen als Sonderausgaben abgezogen werden können. Darüber hinausgehende Beträge sind nicht abziehbar. Bei zusammenveranlagten Ehegatten gilt dieser Betrag für jeden Ehegatten. Aufwendungen für die Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf dürfen ab Veranlagungszeitraum 2004 nicht mehr als Sonderausgaben abgezogen werden. (Zur Frage, ob die Gesetzesänderung gegen das Rückwirkungsverbot sowie gegen das steuerliche Nettoprinzip und den Gleichheitssatz verstößt, weil die Kosten für ein Zweitstudium oder für eine weitere nicht akademische Berufsausbildung weiterhin vollumfänglich absetzbar sind, während Aufwendungen für ein Erststudium als Weiterbildungsmaßnahme nur begrenzt steuerlich berücksichtigt werden können, ist ein entsprechendes Verfahren beim BFH unter dem Az. VI R 31/07 NWB NAAAC-62443 anhängig.)
Der Sonderausgabenabzug setzt voraus, dass vom Steuerpflichtigen eine nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften angestrebt wird (vgl. auch NWB OAAAD-01340). Das Erlernen der deutschen Sprache eines in Deutschland lebenden Ausländers ist keine „Berufsausbildung” i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, auch wenn ausreichende Deutschkenntnisse für den vom Steuerpflichtigen angestrebten Ausbildungsplatz erforderlich sind. Der , BStBl 2007 II S. 814) vertritt insoweit zutreffenderweise die Auffassung, dass der Besuch der Deutschkurse in erster Linie der Allgemeinbildung dient.
§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG regelt außerdem nur den Abzug der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten. Nicht hierunter fallen Aufwendungen für die Ausbildung z. B. der Kinder des Steuerpflichtigen (so ausdrücklich NWB AAAAC-78271).
b) Art der Aufwendungen
Zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbaren Aufwendungen gehören
Schul-, Studien- und Lehrgangsgebühren;
Fachliteratur, Leihgebühren der Bibliothek;
Arbeitsmittel;
Fahrtkosten, Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte (analoge Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG);
Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung anlässlich der Berufsausbildung, wie z. B. Zimmermiete am Ausbildungsort. Die Regelungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG zur doppelten Haushaltsführung sind bei der Ermittlung der Aufwendungen analog anzuwenden, allerdings ist nicht erforderlich, dass die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen (, BStBl 2005 I S. 955, Rz. 29);
Mehraufwendungen für Verpflegung; hier ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG analog anzuwenden;
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer; analoge Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG (vgl. , BStBl 2007 I S. 442, Rz. 16);
Zinsen für ein Ausbildungsdarlehen sowie der Zuschlag bei Rückzahlung des Darlehens (, BStBl 1992 II S. 834).
Zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbaren Aufwendungen gehören nicht:
Aufwendungen für die Weiterbildung;
Aufwendungen, die als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten abgezogen werden können;
Aufwendungen zur Tilgung von Ausbildungs- oder Studiendarlehen (, BStBl 1974 II S. 513).
Bei steuerfreien Bezügen, die der Steuerpflichtige zur unmittelbaren Förderung seiner Ausbildung erhält, mit denen die Aufwendungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abgegolten werden, können die abgegoltenen Aufwendungen nicht zusätzlich als Sonderausgaben abgezogen werden. Das gilt unabhängig vom Zahlungszeitpunkt der Förderungsbeträge, also auch rückwirkend. Eine Kürzung entfällt, wenn die steuerfreien Bezüge ausschließlich oder teilweise Aufwendungen für den Lebensunterhalt – mit Ausnahme der Kosten für auswärtige Unterbringung – abgelten. S. R 10.9 EStR.
c) Abgrenzung zu Betriebsausgaben und Werbungskosten
Bis zum Jahre 2002 unterschied der BFH in seiner Rechtsprechung zwischen den Berufsfortbildungskosten, die als Werbungskosten abziehbar waren, und den Berufsausbildungskosten, die noch keinen konkreten Bezug zu einer erwerbsbedingten Tätigkeit aufwiesen und lediglich als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar waren (vgl. hierzu , BStBl 2003 II S. 403, m. w. N). Diese Rechtsprechung hat der BFH Ende 2002 aufgegeben. Demnach war eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen bereits dann gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestand und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt wurden. Dies hatte zur Folge, dass damit erstmals auch die Aufwendungen für ein Erststudium als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen waren. Auf diese Urteile reagierte der Gesetzgeber durch die Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der AO und weiterer Gesetze v. (BGBl 2004 I S. 753).
Nach § 12 Nr. 5 EStG gehören nun zu den Kosten der privaten Lebensführung die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium. Dies hatte zur Folge, dass die entsprechenden Aufwendungen somit nur im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als beränkt abziehbare Sonderausgaben angesetzt werden konnten. Der Gesetzgeber nahm hiervon jedoch Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme aus, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder Ausbildungsdienstverhältnisses erfolgte. Diese Aufwendungen gehören zu den Werbungskosten.
Der BFH hat sich nun in verschiedenen Urteilen intensiv mit der Neuregelung und der Abgrenzung zwischen Sonderausgaben und Werbungskosten auseinandergesetzt (ausführlich hierzu Schneider, NWB 43/2009, S. 3332 NWB OAAAD-29743). Der BFH kommt in den Urteilen zu dem Ergebnis, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung § 12 Nr. 5 EStG typisierend bestimmt, dass in diesen Fällen die entsprechenden Aufwendungen in keinem konkreten Veranlassungszusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit stehen (Folge: Abzug der Berufsausbildungskosten im Rahmen der Sonderausgaben). Allerdings enthält die Vorschrift kein generelles Verbot erwerbsbedingte Berufsausbildungskosten als Werbungskosten abzuziehen. Nach Auffassung des BFH schließt § 12 Nr. 5 EStG – entgegen seinem Wortlaut – auch nicht aus, dass die Kosten für ein Erststudium den Werbungskosten zugerechnet werden können, wenn diesem Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist. Der BFH unterschiedet demnach vier Fallgruppen:
Erstausbildung ohne Ausbildungsdienstverhältnis
Erstausbildung mit Ausbildungsdienstverhältnis
Zweitausbildung
Erststudium als Zweitausbildung
Erstausbildung ohne Ausbildungsdienstverhältnis
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung stehen nicht in einem konkreten Veranlassungszusammenhang mit einer späteren Erwerbstätigkeit. Die anfallenden Kosten können somit nur im Rahmen der Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerlich berücksichtigt werden.
Erstausbildung in einem Ausbildungsdienstverhältnis
Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen für seine Berufsausbildung getätigt, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt, dann wird ein erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang unterstellt. Die entstehenden Kosten können somit als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Zweitausbildung
Aufwendungen für eine Zweitausbildung sind weiterhin dann als Werbungskosten anzusehen, wenn ein Veranlassungszusammenhang zu einer beruflichen Tätigkeit konkret festgestellt werden kann. D. h. es muss im Einzelfall geprüft werden, ob ein solcher hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen besteht.
Erststudium als Zweitausbildung
Von besonderer Bedeutung ist die vierte vom BFH gebildete Fallgruppe. Diese ergibt sich u.a. aus der Tatsache, dass zwar ein Erstudium der privaten Lebensführung zuzurechnen ist, jedoch eine Zweitausbildung grds. dazu führen kann, dass die entsprechenden Aufwendungen als Werbungskosten anzusetzen sind. Dementsprechend lässt der BFH den Werbungskostenabzug zu, wenn ein Erststudium auf eine schon abgeschlossene Berufsausbildung nachfolgt und ein konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen besteht. Die Finanzverwaltung hatte die Kosten für jegliches Erststudium dem Bereich der Sonderausgaben zugerechnet. Vgl. zur bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung (BStBl 2005 I S. 955, Rz. 4 ff.) i. V. mit (BStBl 2007 I S. 492).
Dieser Fallgruppe – Erststudium als Zweitausbildung – hat der BFH z.B. eine Steuerpflichtige zugerechnet, die nach einer abgeschlossene Ausbildung als Buchhändlerin, zunächst Sonderschulpädagogik studierte, dieses Studium aber schwangerschaftsbedingt abbrach und später erneut ein Studium als Grund-, Haupt- und Realschullehrerin aufnahm. Das FG Niedersachsen ließ den Abzug der Aufwendungen nur als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu. Der NWB QAAAD-28296) hob die Entscheidung des FG auf und ließ die entstandenen Kosten als vorweggenommene Werbungskosten zum Abzug zu, weil sich das Erststudium an ein bereits abgeschlossene Ausbildung angeschlossen hat. Zu weiteren Beispielen aus der Rechstprechung vgl. Schneider, NWB 43/2009 S. 3332 NWB OAAAD-29743.
Tz. 137 Schulgeldzahlungen
a) Allgemeines
Der Sonderausgabenabzug für Schulgeldzahlungen war in den letzten Jahren häufig Gegenstand finanzgerichtlicher und europarechtlicher Entscheidungen. Nach der bisherigen Regelung konnten 30 % des Schulgelds – mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung – als Sonderausgabe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Einen Höchstbetrag sah das Gesetz nicht vor. Voraussetzung war allerdings, dass das Kind des Steuerpflichtigen eine gem. Artikel 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule oder eine nach Landesrecht anerkannte allgemein bildende Ergänzungsschule besuchte. Diese faktische Beschränkung auf inländische Schulen hat das NWB TAAAB-44488) für europarechtswidrig angesehen und diese Frage unmittelbar dem EuGH vorgelegt. Dieser hat sich der Auffassung des FG Köln in zwei zeitgleich ergangenen Urteilen v. angeschlossen. Einem Urteil (, Schwarz und Gootjes-Schwarz NWB FAAAC-57814) lag der vor dem FG Köln geführte Rechtsstreit zugrunde, dem anderen (, Kommission./. NWB VAAAC-57813) die in gleicher Sache erhobene Klage der EU-Kommission vor dem EuGH gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil diese sich weigerte, die von der Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 226 EG beanstandete Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a. F. zu ändern (zu beiden Urteilen ausführlich Thömmes, IWB F. 11a, S. 1155 ff. NWB BAAAC-59859; Demme NWB direkt 43/2007 S. 6 NWB SAAAC-60830). Nach Auffassung des EuGH führe die Vorschrift dazu, dass jede in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässige Privatschule aufgrund der bloßen Tatsache, dass sie nicht in Deutschland ansässig ist, automatisch von der steuerlichen Vergünstigung ausgeschlossen ist, ohne dass es darauf ankäme, ob sie objektive Kriterien erfüllt, wie etwa die Erhebung von Schulgeld in einer Höhe, die keine Sondierung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zulässt (vgl. Rz. 73 der Entscheidungsgründe des Verfahrens C-76/05). Der EuGH sieht in der Beschränkung daher eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit, der beruflichen Freizügigkeit sowie der allgemeinen Freizügigkeit.
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG im Rahmen des JStG 2009 (BGBl 2008 I S. 2794) neu gefasst. Hierbei wurde der Kreis der begünstigten Schulen insbesondere um Auslandsschulen erweitert. Um unterschiedlich strenge Anforderungen an inländische bzw. EU/EWR-ausländische Privatschulen zu vermeiden, stellt der Gesetzgeber nunmehr einheitlich darauf ab, dass die Schule zu einem vom zuständigen inländischen Ministerium eines Bundeslandes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten allgemein bildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt (so auch NWB EAAAD-24110). Allerdings wurde im Gegenzug der Umfang des zu berücksichtigenden Schulgelds auf 30 % von maximal 5.000 € begrenzt. Die Neuregelung gilt bereits für den Veranlagungszeitraum 2008 (§ 52 Abs. 24a Satz 1). Auf die im Referentenentwurf noch vorgesehene Abschmelzung des Sonderausgabenabzugs für Schulgeldzahlungen bis auf 0 € im Veranlagungszeitraum 2011 wurde verzichtet.
Erfüllt eine Schule die von § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG aufgestellten Kriterien, können Schulgeldzahlungen auch für Veranlagungszeiträume vor 2008 als Sonderausgaben angesetzt werden, wenn die zugrundeliegende Veranlagung noch nicht bestandskräftig sind (§ 52 Abs. 24a Satz 2 EStG). Die Begrenzung des maximal anzusetzenden Schulgeldes auf 5.000 € gilt in diesen Fällen allerdings nicht, da § 52 Abs. 24a Satz 2 EStG insoweit lediglich der bisher nicht begünstigten Schule den Status einer begünstigten Schule verleiht. Es können somit 30% des tatsächlich geleisteten Schulgeldes als Sonderausgaben angesetzt werden (, BStBl 2009 I S. 487).
b) Begünstigte Schule
Schulgeldzahlungen können u. a. nur dann als Sonderausgaben geltend gemacht werden, wenn sie für den Besuch einer begünstigten Schule gezahlt werden. Hierbei unterscheidet der Gesetzgeber drei Fallgruppen:
Eine Schule, die sich in freier Trägerschaft befindet oder überwiegend privat finanziert wird, in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet und die zu einem von den zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsschulabschluss führt (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 und 2 EStG).
Eine andere Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsschulabschluss i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG ordnungsgemäß vorbereitet.
Eine deutsche Schule im Ausland, die unabhängig von der Belegenheit begünstigt ist.
Gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf des JStG 2009 sind somit auch Privatschulen begünstigt, die zu einem berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führen. Damit gehören erstmalig auch inländische berufsbildende Ergänzungsschulen einschließlich der Schulen des Gesundheitswesens zum Kreis der begünstigten Schulen (, BStBl 2009 I S. 487; vgl. hierzu auch NWB GAAAD-10753; NWB EAAAD-24110).
Zu den Einrichtungen, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss ordnungsgemäß vorbereiten, gehören nur solche, die nach einem staatlich vorgegebenen, genehmigten oder beaufsichtigten Lehrplan ausbilden. Hierzu gehören auch Volkshochschulen und Einrichtungen der Weiterbildung in Bezug auf die Kurse zur Vorbereitung auf die Prüfungen für Nichtschülerinnen und Nichtschüler zum Erwerb des Haupt- oder Realschulabschlusses, der Fachhochschulreife oder des Abiturs, wenn die Kurse hinsichtlich der angebotenen Fächer sowie in Bezug auf Umfang und Niveau des Unterrichts den Anforderungen und Zielsetzungen der für die angestrebte Prüfung maßgeblichen Prüfungsordnung entsprechen. Dagegen sind Besuche von Nachhilfeeinrichtungen, Musikschulen, Sportvereinen, Ferienkursen (z. B. Feriensprachkursen) und Ähnlichem nicht einbezogen.
Nicht begünstigt sind Hochschulen/Fachhochschulen und die ihnen im EU/EWR-Ausland gleichstehenden Einrichtungen, da diese Schulen zu einem Studienabschluss und nicht zu einem Schul-, Jahrgangs-, oder Berufsabschluss führen (, BStBl 2009 I S. 487). Der Studienabschluss kann auch nicht unter den Begriff des Berufsabschlusses subsumiert werden, da der Gesetzgeber auch in § 12 Nr. 5 EStG sprachlich zwischen Berufsausbildung und Studium unterscheidet. Studiengebühren und ihnen entsprechende Entgelte sind somit nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als Sonderausgaben abziehbar.
Im Ausland belegene Schulen sind allerdings nur dann begünstigt, wenn die an der betreffenden Schule erworbenen Abschlüsse – soweit sie nicht von der zuständigen schulrechtlichen Stelle formal anerkannt sind – einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule gleichwertig sind. Ist dies nicht der Fall, können die entsprechenden Schulgeldzahlungen nicht im Rahmen des Sonderausgabenabzug berücksichtigt werden. Dies gilt aber nicht für Zahlungen zum Besuch von Schulen die außerhalb des EU/EWR-Raums belegen sind, sofern es sich hierbei nicht um eine Deutsche Schule i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 4 EStG handelt. Damit scheidet der steuermindernde Ansatz von Schulgeldzahlungen z. B. an amerikanische Schulen auch dann aus, wenn der damit erworbene Abschluss im Inland anerkannt werden würde.
Verfahrenstechnisch obliegt die Prüfung und Feststellung der schulrechtlichen Kriterien allein dem zuständigen inländischen Landesministerium (z. B. dem Schul- oder Kultusministerium), der Kultusministerkonferenz der Länder oder der zuständigen inländischen Zeugnisanerkennungsstelle. Die Finanzverwaltung ist – wie bisher – an deren Entscheidung gebunden.
c) Kindbegriff
Eine Berücksichtigung der Schulgeldzahlungen ist nur dann möglich, wenn der Steuerpflichtige diese für den Schulbesuch eines Kinds aufwendet, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld hat. Eine tatsächliche Kindergeldauszahlung an den Steuerpflichtigen – wie bei der Kinderzulage im Rahmen der Riester-Rente – ist hingegen nicht erforderlich.
d) Zu berücksichtigende Aufwendungen
Als Schulgeld wird das vom Steuerpflichtigen gezahlte Entgelt ohne Berücksichtigung des Anteils für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung angesetzt (zum Begriff des Schulgelds s. , BStBl 2006 II S. 377; zur Art des Nachweises vgl. OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 30/2005 v. NWB JAAAC-81459; NWB XAAAC-33274). Nicht zu berücksichtigen sind sog. „Elternhilfe-Beiträge”, die auf freiwilliger Basis neben dem vertraglichen Schulgeld entrichtet werden (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 30/2005 v. NWB JAAAC-81459). Kein Sonderausgabenabzug besteht außerdem für schulbedingte Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Besuch einer öffentlichen Schule.
e) Höchstbetrag
Die Schulgeldzahlungen sind bis zur Höhe von 5.000 € dem Grunde nach zu berücksichtigen. Es handelt sich hierbei um einen Jahresbetrag der auch dann ungekürzt zu gewähren ist, wenn die Schulgeldzahlungen nur für einen Teilzeitraum z. B. das zweite Halbjahr geleistet wurden.
Der Höchstbetrag wird allerdings für jedes Kind insgesamt nur einmal pro Jahr angesetzt. Wie diese Beschränkung sicherzustellen ist bzw. welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn beide Eltern die Abzugsvoraussetzungen erfüllen und Schulgeldzahlungen leisten, dazu enthält das Gesetz keine konkrete Aussage. In Betracht käme insoweit der Ansatz bei demjenigen Elternteil der den Sonderausgabenabzug zuerst beantragt hat. Dies würde jedoch zu willkürlichen Ergebnissen führen und kann daher u. E. nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Der Höchstbetrag könnte auch zwischen den anspruchsberechtigten Eltern hälftig aufgeteilt werden. Allerdings würde auch dies in vielen Fällen nicht zu einem zutreffenden Ergebnis führen. Hat beispielsweise nur ein Elternteil Schulgeldzahlungen geleistet, ließe sich aus dem Gesetzestext nicht ableiten, warum Schulgeldzahlungen nur bis zur Höhe von 2.500 € steuerlich berücksichtigt werden. Am sinnvollsten erscheint daher die Aufteilung des Höchstbetrags im Verhältnis der von den Eltern geleisteten Schulgeldzahlungen.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist eine zweistufige Prüfung erforderlich. Hat nur ein Elternteil Aufwendungen getragen, dann kann dieser den gesamten Höchstbetrag nutzen. Sind hingegen Aufwendungen von beiden Elternteilen getragen worden, sollen sie bei jedem Elternteil nur bis zu einem Höchstbetrag von 2.500 Euro zu berücksichtigt werden, es sei denn, die Eltern beantragen einvernehmlich eine andere Aufteilung (, BStBl 2009 I S. 487).
III. Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG/Zulage nach Abschnitt XI
Tz. 138 Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge
Für bestimmte Altersvorsorgeaufwendungen besteht – neben dem Sonderausgabenabzug nach § 10 EStG – in § 10a EStG ein zusätzlicher Sonderausgabenabzugsbetrag. Damit hiervon nicht nur diejenigen profitieren können, die Einkommensteuern zahlen, wurde der Sonderausgabenabzug ergänzt um eine progressionsunabhängige Zulage. Hierdurch wird es auch Beziehern kleiner Einkommen und kinderreichen Familien ermöglicht, eine steuerlich geförderte Altersvorsorge aufzubauen.
Im Hinblick auf den Kreis der begünstigten Anlageprodukte hat der Gesetzgeber nur solche Anlageformen zugelassen, deren vertragliche Gestaltung eine Absicherung im Alter gewährleistet und in einem gewissen Umfang verbraucherschützende Regelungen enthält. Hierbei handelt es sich um Beiträge zugunsten von zertifizierten Altersvorsorgeverträgen und bestimmte Aufwendungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung.
Das Förderverfahren sieht zunächst vor, dass jedem Förderberechtigten die ihm zustehende Zulage unmittelbar auf seinen Altersvorsorgevertrag überwiesen wird. Die Zulage erhöht damit das Altersvorsorgevermögen des Förderberechtigten. Neben der Zulagegewährung wird dem Förderberechtigten ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug (§ 10a EStG) eingeräumt. Dieser Abzugstatbestand ist die Kernvorschrift der steuerlichen Förderung. Beantragt der Förderberechtigte im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung einen zusätzlichen Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG, prüft das Finanzamt, ob für den Begünstigten der Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG für die Altersvorsorgeaufwendungen (geleistete Eigenbeiträge und staatliche Zulagen) oder die bereits gewährte Zulage günstiger ist. Ergibt sich insoweit, dass der Sonderausgabenabzug der Beiträge für den Steuerpflichtigen günstiger ist, erhält er im Rahmen der Veranlagung die über die Zulage hinausgehende gesondert festgestellte Steuerermäßigung. Im Gegensatz zur Zulage wird die zusätzliche Steuerermäßigung nicht auf den Altersvorsorgevertrag überwiesen.
Am hat der Bundestag und am der Bundesrat dem Eigenheimrentengesetz (EgRentG) zugestimmt (zum Gesetz ausführlich Myßen/Fischer, NWB F. 3 S. 15117 ff. NWB PAAAC-84224; vgl. auch NWB NAAAC-93353). Das EigRentG enthält folgende Regelungen zur verbesserten Einbeziehung der Wohnimmobilie in die Riester-Förderung:
Erweiterung des Kreises der begünstigten Anlageprodukte
Einführung der Förderung von Tilgungsleistungen
Verbesserung der Entnahmemöglichkeiten von gefördertem Altersvorsorgevermögen
nachgelagerte Besteuerung des in der Immobilie gebundenen steuerlich geförderten Kapitals
Sonderregelungen zur den Fällen der Aufgabe der Selbstnutzung
Daneben enthält das Gesetz allerdings auch Änderungen, mit denen die steuerlich geförderte Altersvorsorge insgesamt gestärkt werden soll (Berufseinsteigerbonus/Erweiterung der Förderberechtigung). Außerdem wird die Gewährung der Wohnungsbauprämie an eine wohnungswirtschaftliche Verwendung gekoppelt.
Tz. 139 Förderberechtigung
Die steuerliche Förderung soll einen Ausgleich für die Absenkung des Rentenniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Rentenreform 2001 bzw. des Versorgungsniveaus durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 sein. Zum begünstigten Personenkreis gehören daher diejenigen, die von den entsprechenden leistungsmindernden Maßnahmen betroffen sind und dem betreffenden Alterssicherungssystem weiterhin „aktiv” angehören. Sie sind somit auch nach den Einschnitten in das Leistungsrecht der jeweiligen Alterssicherungssysteme gesetzlich verpflichtet, auch zukünftig Anwartschaften aufzubauen.
Zum Kreis der begünstigten Personengruppen gehören insbesondere Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Besoldungsempfänger und diesen gleichgestellte Personengruppen. Die steuerliche Förderung kann allerdings nur derjenige in Anspruch nehmen, der der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 1–3 EStG) unterliegt. Dies gilt für den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG ebenso wie für die Zulageförderung nach Abschnitt XI EStG. Wegen der Beschränkung der Zulageberechtigung auf unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige hat die EU-Kommission jedoch am gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage vor dem EuGH erhoben (Az. C-269/07; die mündliche Verhandlung fand am 17. 12. 2008 statt, das Urteil des EuGH wird voraussichtlich Mitte 2009 ergehen). Sie fordert u. a., dass die Zulageberechtigung auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Grenzarbeitnehmer und deren Ehegatten ausgeweitet werde.
Für die Zugehörigkeit zu einer begünstigten Personengruppe ist es ausreichend, wenn der Steuerpflichtige nur für einen Teil des betreffenden Kalenderjahrs die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt ( , BStBl 2009 I S. 273, Rz. 2).
a) Unmittelbar begünstigte Personengruppen
aa) Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung
Zu den unmittelbar begünstigten Personengruppen gehören die Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Deutsche Rentenversicherung Bund, Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und Deutsche Rentenversicherung Regionalträger). Eine Auflistung der Pflichtversicherten enthält Anlage 1 Teil A des NWB EAAAD-03789. Zu den in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbständigen vgl. Eilts, NWB F. 27 S. 6481 ff. NWB IAAAC-60158.
Besonderheiten sind jedoch zu beachten, wenn sich der Steuerpflichtige seine Rentenversicherungsbeiträge zu einem späteren Zeitpunkt erstatten lässt. Dies führt nur dann zu einem rückwirkenden Wegfall der Förderberechtigung, wenn zu Unrecht entrichtete Beiträgen nach § 26 SGB IV erstattet werden. In diesem Fall bestand im Erstattungszeitraum keine Rentenversicherungspflicht und damit insoweit auch keine Zugehörigkeit zur Personengruppe der in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten (§ 10a Abs. 1 EStG). Hat in dem Veranlagungszeitraum keine anderweitige Zugehörigkeit zum nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten Personenkreis vorgelegen, entfällt die Förderberechtigung und die gewährte Förderung ist zurückzuzahlen. Hiervon zu trennen ist allerdings die – wesentlich häufigere – Erstattung von zu Recht entrichteten Beiträgen nach § 210 SGB VI. Werden Rentenversicherungsbeiträge nach § 210 SGB VI erstattet, bestand die Rentenversicherungspflicht im Erstattungszeitraum. Die Beitragserstattung führt damit nicht zu einem nachträglichen Wegfall der Zugehörigkeit zu dem nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten Personenkreis.
Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass der Begriff der gesetzlichen Rentenversicherung sieht nach Auffassung der Finanzverwaltung keine ausdrückliche Begrenzung auf inländische Rentenversicherungssysteme vorsieht, so dass auch Angehörige ausländischer gesetzlicher Pflichtversicherungssysteme zum Kreis der begünstigten Personengruppen gehören können (vgl. hierzu auch NWB JAAAC-92206. In diesem Zusammenhang ist auch auf ein beim BFH anhängiges Verfahren (Az. X R 37/08) hinzuweisen, bei dem es um die Frage geht, ob Leistungen aus einem ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungssystem „wie” Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu versteuern sind. In § 22 EStG wird – wie auch im § 10a EStG – auf die „gesetzliche Rentenversicherung” abgestellt. Eine Begrenzung auf die „inländische” gesetzliche Rentenversicherung enthalten beide Vorschriften nicht. Insoweit hat die Entscheidung des BFH gleichermaßen Auswirkung auf die nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu versteuernden Leistungen, wie auch auf den Kreis der nach § 10a Abs. 1 EStG Förderberechtigten.
bb) Pflichtversicherte in der Alterssicherung der Landwirte
Zum Kreis der Zulageberechtigten gehören auch diejenigen, die im Alterssicherungssystem der Landwirte pflichtversichert sind.
cc) Besoldungsempfänger
Auch Besoldungsempfänger sind in den Kreis der Zulageberechtigten einbezogen. Das Steuerrecht knüpft insoweit an das Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) an. Der Bezug einer beamtenrechtlichen Versorgung ist nicht ausreichend.
Nach dem gesetzlichen Wortlaut gehören zur begünstigten Personengruppe bisher nur die Empfänger einer Besoldung nach dem „Bundesbesoldungsgesetz”. Im Zuge der Föderalismusreform ist allerdings zum das GG dahingehend geändert worden, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht grds. den Ländern zusteht. Macht ein Land von diesem Recht Gebrauch, erhalten die betreffenden Beamten damit ihre Besoldung nicht mehr nach dem Bundesbesoldungsgesetz, sondern nach dem entsprechenden Landesbesoldungsgesetz. Damit die Bezieher einer Besoldung nach einem Landesbesoldungsgesetz auch weiterhin zum Kreis der begünstigten Personengruppen gehören, ist § 10a Abs. 1 Nr. 1 EStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 entsprechend ergänzt worden. Die Änderung erfolgt gem. Art. 28 Abs. 2 des Jahressteuergesetzes 2008 rückwirkend zum .
Neben dem Bezug einer Besoldung ist für das Bestehen der Förderberechtigung auch die Abgabe einer sog. Einwilligungserklärung erforderlich. D. h. der Besoldungsempfänger muss seine zuständige Stelle ermächtigen, der zentralen Stelle die für die Zulageberechnung erforderlichen Daten mitzuteilen. Diese Einwilligung ist eine materielle Anspruchsvoraussetzung, sie ist bis zum Ende des zweiten auf das jeweilige Beitragsjahr folgenden Jahrs abzugeben. Die Zweijahresfrist gilt – trotz der fehlenden gesetzlichen Regelung – ebenso Beitragsjahre vor 2005. Der Gesamtrechtsnachfolger des Zulageberechtigten (z. B. Witwe, Witwer) kann die Einwilligung innerhalb der Frist auch für den Verstorbenen/die Verstorbene nachholen.
dd) Empfänger von Amtsbezügen
Empfänger von Amtsbezügen aus einem Amtsverhältnis sind Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen. Wie bei den Besoldungsempfängern ist auch bei den Empfängern von Amtsbezügen die Abgabe einer Einwilligungserklärung zur Weitergabe der „Besoldungsdaten” an die zentrale Stelle erforderlich.
Abgeordnete des Deutschen Bundestages und auch Landtagsabgeordnete sind weder Empfänger von Amtsbezügen noch erhalten sie aufgrund ihrer Abgeordnetentätigkeit eine Besoldung. D.h. lediglich die Abgeordnetentätigkeit begründet keine unmittelbare Förderberechtigung (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 29/2007 v. NWB VAAAC-64364).
ee) Besoldungsempfängern gleichgestellte Personengruppen
Zu dem begünstigten Personenkreis zählen versicherungsfrei Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung gesichert ist. Versicherungsfrei und damit begünstigt sind auch satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften; ferner von der Versicherungspflicht befreite Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen oder Anstalten beschäftigt sind. Auch hier müssen die Versorgungsanwartschaften und ihre Erfüllung gesichert sein. Schließlich zählen zum begünstigten Kreis nach § 230 Abs. 2 Satz 2 SGB VI von der Versicherungspflicht befreite Beschäftigte.
In allen diesen Fällen hat der Gesetzgeber die Einbeziehung in den Kreis der Begünstigten davon abhängig gemacht, dass die Versorgung der betreffenden Personengruppen – entsprechend den Regelungen im Versorgungsrecht der Beamten – abgesenkt worden ist und eine Einwilligung zur Weitergabe der Besoldungsdaten abgegeben worden ist.
Beurlaubte Beamte gehören grds. nicht zum Kreis der begünstigten Personengruppen, da sie während ihrer Beurlaubungszeit keine Besoldung erhalten. Die gesetzliche Sonderregelung und damit die Möglichkeit der steuerlichen Förderung betrifft Ausnahmefälle, die im Zusammenhang mit der Privatisierung öffentlicher Aufgaben auftreten können.
Zu den Besoldungsempfängern gleichgestellten Personengruppen s. auch § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3–5 EStG und Anlage 2 des NWB EAAAD-03789.
ff) Sonstige Personengruppen
(1) Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente/Versorgung wegen Dienstunfähigkeit
Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung begründet für sich genommen keine Zugehörigkeit zum begünstigten Personenkreis nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG, da insoweit keine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Aus diesem Grund bestand für die Bezieher einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nur aufgrund des Bezugs einer entsprechenden Rente keine unmittelbare Förderberechtigung. Mit dem EigRentG wird – rückwirkend zum – der Kreis der unmittelbar Förderberechtigten um die Personengruppen erweitert, die eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Versorgung wegen Dienstunfähigkeit beziehen.
Voraussetzung ist allerdings, dass die Betroffenen die Rente/Versorgung aus einem der von der Niveauabsenkung durch die Renten- oder Versorgungsreform 2001 betroffenen Alterssicherungssysteme erhalten. Diese Personen gehören nunmehr aufgrund des Bezugs einer entsprechenden Rente/Versorgung zu einer der nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten Personengruppen. Ein tatsächlicher Bezug der Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit oder einer entsprechenden Versorgung ist allerdings dann für die Begründung der Förderberechtigung nicht erforderlich, wenn der Zahlungsanspruch dem Grunde nach besteht, die Rente/Versorgung jedoch aufgrund von Anrechnungsvorschriften nicht geleistet wird ( NWB EAAAD-03789, Rz. 12b).
Diese Erweiterung des Kreises der unmittelbar Förderberechtigten wird vom Gesetzgeber damit begründet, dass die Betroffenen in diesen Fällen gehindert sind, weiter Anwartschaften auf Altersversorgung in dem betreffenden Alterssicherungssystem aufzubauen. Die Renten- oder Versorgungsbezieher müssen allerdings unmittelbar vor dem Beginn der Rente/Versorgung in dem jeweiligen Alterssicherungssystem pflichtversichert gewesen sein oder eine Besoldung bzw. Amtsbezüge erhalten haben, d. h. zu einer der in § 10a Abs. 1 EStG genannten Personengruppen gehört haben ( NWB EAAAD-03789, Rz. 12a). Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist allerdings auch dann anzunehmen, wenn eine Förderberechtigung bei dem Bezieher einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit nur wegen des Fehlens der Einwilligung nicht bestand ( NWB EAAAD-03789, Rz.12a). Der Zeitpunkt des erstmaligen Renten-/Versorgungsbezugs ist für das Bestehen der Förderberechtigung ohne Bedeutung, so dass eine Zugehörigkeit zum begünstigten Personenkreis auch dann besteht, wenn die Rente/Versorgung bereits vor der Einführung der Riester-Rente, d. h. vor dem , begonnen hat..
Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente aus einer privaten Versicherung ist somit isoliert betrachtet nicht ausreichend zur Begründung einer unmittelbaren Förderberechtigung. Auch der Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung reicht hierzu nicht aus, da noch die Möglichkeit der Begründung einer Förderberechtigung über eine Erwerbstätigkeit besteht.
Für die Empfänger einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit wurde die Förderberechtigung gesetzlich auf das 67. Lebensjahr begrenzt ( NWB EAAAD-03789, Rz. 12f). Diese Begrenzung dient nach der gesetzlichen Begründung der Gleichstellung von Rentnern und Versorgungsempfängern. Denn in der gesetzlichen Rentenversicherung werden Renten wegen vollständiger Erwerbsminderung oder wegen Erwerbsunfähigkeit bei Erreichen der Altersgrenze automatisch auf Altersrenten umgestellt. Der Bezug einer Altersrente begründet jedoch keine Zugehörigkeit zu einer der in § 10a Abs. 1 EStG genannten Personengruppen. Dies ist konsequent, da die Vorsorgephase abgeschlossen ist. Dagegen werden Versorgungen wegen Dienstunfähigkeit auch noch nach Erreichen der Altersgrenze weitergezahlt; es erfolgt zwar eine Anrechnung auf die Altersbezüge, jedoch keine Umstellung. Ohne die vorgenommene gesetzliche Begrenzung der Förderberechtigung auf das 67. Lebensjahr hätten die Bezieher einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit somit bis an ihr Lebensende die Möglichkeit, die steuerliche Förderung in Anspruch zu nehmen. Dies wäre eine nicht gerechtfertige Besserstellung gewesen, so dass die altersmäßige Begrenzung konsequent ist.
Der Bezug einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit löst jedoch nur dann eine unmittelbare Zulageberechtigung aus, wenn der Versorgungsempfänger gegenüber seiner die Versorgung auszahlenden Stelle eine Einwilligung zur Übermittlung der Höhe der Versorgungsbezüge an die zentrale Stelle abgibt. Hierbei handelt es sich um das gleiche Verfahren wie bei Besoldungsempfängern. Zu beachten ist jedoch, dass im Falle eines Wechsels der zuständigen Stelle – z. B. durch den erstmaligen Bezug der Versorgung – eine erneute Einwilligung gegenüber der die Versorgung anordnenden Stelle erforderlich ist ( NWB EAAAD-03789, Rz. 12d).
Die Erweiterung der Förderberechtigung gilt auch für die Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 13 ALG (Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte), wenn sie unmittelbar vor dem Bezug der Leistung einer in § 10a Abs. 1 Satz 1 oder Satz 3 EStG genannten Personengruppe angehörten.
Zum anspruchsbegründenden Leistungsbezug zählt auch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit, die aus der Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird, soweit diese mit der Pflichtversicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist ( NWB EAAAD-03789, Rz. 12c vgl. hierzu auch die Liste der NWB JAAAC-92206). Von Vergleichbarkeit kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn der Steuerpflichtige vor dem Bezug dieser Leistung aufgrund der Pflichtversicherung in dieser ausländischen Rentenversicherung dem begünstigten Personenkreis nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG angehörte.
Im Zusammenhang mit der Erweiterung des Kreises der unmittelbar begünstigten Personengruppen ergeben sich jedoch Besonderheiten im Hinblick auf die Zahlung des Mindesteigenbeitrags. Ist der Bezieher der Erwerbsminderungsrente bzw. Dienstunfähigkeitsversorgung bisher über seinen Ehegatten mittelbar zulageberechtigt, war die Erbringung eines eigenen Mindesteigenbeitrags nicht erforderlich. Durch die Einräumung einer unmittelbaren Zulageberechtigung ist nun jedoch ein gesondeter Mindesteigenbeitrag – wenn auch in der Regel nur ein sehr geringer – für die Gewährung der ungekürzten Altersvorsorgezulage erforderlich. Auf der anderen Seite wird dem Renten bzw. Versorgungsbezieher auch ein eigenständiges Abzugsvolumen nach § 10a EStG eingeräumt.
(2) Kindererziehende
Eltern, die sich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern, können für eine bestimmte Zeitspanne zum Kreis der Abzugsberechtigten gehören, wenn die Kindererziehungszeiten in den jeweiligen Alterssicherungssystemen berücksichtigt werden.
So besteht z.B. für die ersten 36 Kalendermonate nach dem Geburtsmonat des Kindes eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 56 Abs. 5 SGB VI). Werden innerhalb des 36-Kalendermonatszeitraumes mehrere Kinder erzogen (z. B. bei Mehrlingsgeburten), verlängert sich die Zeit der Versicherung um die Anzahl an Kalendermonaten, in denen gleichzeitig mehrere Kinder erzogen werden. In dieser Zeit besteht somit eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit eine unmittelbare Zulageberechtigung. Dies gilt seit auch für Elternteile, die zwar in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung pflichtversichert sind, bei denen jedoch die Versorgungseinrichtung keine Kindererziehungszeiten in dem Umfang anerkennt, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall wäre. D. h. auch die in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung Pflichtversicherten können als Kindererziehende unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar förderberechtigt sein.
(3) Arbeitslosengeldbezieher
Für die Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II sieht das Gesetz auch eine Sonderregelung vor. Diese findet jedoch nur in einer bestimmten Fallkonstellation Anwendung, da die Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II i. d. R. in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, so dass es keiner Sonderregelung bedarf. Erhalten die Arbeitslosen jedoch z. B. wegen des vom Lebenspartner bezogenen Einkommens oder weil sie über erhebliches eigenes Vermögen verfügen, keine Leistungen nach dem SGB II, hat dies auch zur Konsequenz, dass keine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Dies wiederum führt zum Wegfall der Förderberechtigung. Um die betreffenden Personen nicht dafür zu „bestrafen”, dass sie Rücklagen gebildet haben und daher keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen können, sieht das EStG für diese Personengruppe eine Sonderregelung im Hinblick auf die Förderberechtigung vor.
(4) Sonderfälle
Ausnahmen gelten insoweit in den Fällen, in denen Beamte im dienstlichen oder öffentlichen Interesse vorübergehend eine Tätigkeit bei einer öffentlichen Einrichtung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland wahrnehmen und nach § 123a BRRG zugewiesen wurden, da sie in ihrem bisherigen Alterssicherungssystem verbleiben. Sie gehören mithin zu der nach § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG begünstigten Personengruppe, sofern eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht vorliegt ( NWB EAAAD-03789, Rz. 12).
Zu den begünstigten Personengruppen gehören auch unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften (Beamte und sonstige Bedienstete). Diese sind i. d. R. wie Pflichtversicherte in einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung zu behandeln ( NWB EAAAD-03789, Rz. 10). Sie gehören daher zu dem nach § 10a Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz EStG begünstigten Personenkreis. Dies gilt entsprechend für die Beschäftigten der Europäischen Patentorganisation (EPO) sowie Koordinierten Organisationen (Europäische Weltraumorganisation [ESA]/Europarat/Nordatlantikvertragsorganisation [NATO]/Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [OECD]/Westeuropäische Union [WEU]/Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage [EZMW, engl. ECWMF]).
gg) Keine unmittelbar begünstigten Personengruppen
Personengruppen, die von der Absenkung des Renten- oder des Versorgungsniveaus wirtschaftlich nicht betroffen sind, können die steuerliche Förderung grds. nicht in Anspruch nehmen. Nicht begünstigt sind u. a. (ausführlich s. Anlage 1 Teil C des NWB EAAAD-03789)
Selbständige (sofern nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert),
Angestellte und Selbständige, die in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind,
freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherte,
Bezieher einer Vollrente wegen Alters,
Sozialhilfebezieher,
geringfügig Beschäftigte oder geringfügig selbständig Tätige (§ 8 Abs. 1 SGB IV; „Mini-Jobs”), die nicht auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichtet haben (vgl. hierzu auch Marburger, NWB F. 27 S. 6445).
Bundes- und Landtagsabgeordnete – keine Empfänger von Amtsbezügen – ( NWB EAAAD-03789, Anlage 1 C Nr. 4 Buchst. d; OFD Münster Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 29/2007 v. - NWB VAAAC-64364.
b) Mittelbare Begünstigung
Bei Ehegatten, bei denen die Voraussetzung für eine Ehegattenveranlagung vgl. Tz. 245) vorliegen und von denen nur ein Ehegatte zu einem der in § 10a Abs. 1 EStG genannten Personengruppen gehört, kann auch dem anderen Ehegatten eine mittelbare Förderberechtigung zustehen. Die mittelbar begünstigten Ehegatten sind zwar nicht direkt von der Niveauabsenkung in der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen, aber es besteht ein indirekter Bezug durch die Minderung einer eventuell anfallenden Hinterbliebenenrente. Dem wird durch die Einräumung einer eigenständigen Zulageberechtigung Rechnung getragen.
Eine mittelbare Zulageberechtigung kann allerdings nur dann bestehen, wenn entweder
beide Ehegatten einen auf ihren Namen lautenden zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen haben oder
der unmittelbar zulageberechtigte Ehegatte über eine nach § 82 Abs. 2 EStG geförderte betriebliche Altersversorgung verfügt und der andere Ehegatte einen auf seinen Namen lautenden zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hat.
Der Abschluss einer „betrieblichen Altersversorgung” durch den mittelbar Zulageberechtigten ist für die Begründung der mittelbaren Zulageberechtigung nicht ausreichend ( NWB IAAAD-28290 so auch die Vorinstanz: NWB JAAAC-58183). Entfallen die Voraussetzungen für das Bestehen einer mittelbaren Begünstigung (z. B. durch Scheidung der Ehegatten) kann von dem folgenden Beitragsjahr an eine entsprechende steuerliche Förderung nicht mehr in Anspruch genommen werden. Bei eingetragenen Lebenspartnerschaften kommt eine mittelbare Zulageberechtigung nicht in Betracht, da Voraussetzung insoweit das Bestehen einer zivilrechtlichen Ehe ist. Zur Differenzierung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern vgl. , BStBl 2006 II S. 515.
Tz. 140 Altersvorsorgebeiträge
a) Überblick
§ 82 EStG bestimmt die im Rahmen der Riester-Rente förderbaren Altersvorsorgebeiträge. Hierbei handelt es sich nach § 82 Abs. 1 EStG zum einen um Beiträge, die der Zulageberechtigte zugunsten eines auf seinen Namen lautenden nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) zertifizierten Vertrag zahlt, zum anderen werden auch bestimmte Beiträge im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung wie Altersvorsorgebeiträge behandelt (§ 82 Abs. 2 EStG).
b) Beiträge zugunsten zertifizierter Altersvorsorgeverträge
aa) Allgemeines
Welche Voraussetzungen ein zertifizierter Altersvorsorgevertrag erfüllen muss, ergibt sich aus dem AltZertG. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Zertifizierungsstelle) prüft auf Antrag des jeweiligen Anbieters eines Altersvorsorgeprodukts vorab, ob die vorgelegte Vertragsgestaltung die vorgeschriebenen Förderkriterien erfüllt. Ist dies der Fall, wird der Vertrag bzw. die vorgelegte Vertragsgestaltung von der Zertifizierungsstelle zertifiziert. Diese Zertifizierung ist bindend für die Finanzverwaltung (Grundlagenbescheid). Zahlt der Zulageberechtigte Beiträge zugunsten eines zertifizierten Vertrags, kann er also sicher sein, dass die erforderlichen Voraussetzungen für eine steuerliche Begünstigung der Beiträge erfüllt sind. Mit der Zertifizierung wird jedoch weder bestätigt noch geprüft, ob der Altersvorsorgevertrag wirtschaftlich tragfähig, die Zusagen des Anbieters erfüllbar oder die Vertragsbedingungen zivilrechtlich wirksam sind. Es handelt sich somit nicht um ein staatliches Gütesiegel, das die Qualität des Produkts hinsichtlich Rentabilität und Sicherheit bestätigt. Die Zertifizierung bezieht sich lediglich auf die jeweilige Übereinstimmung der konkreten Vertragsgestaltung mit den Vorgaben des AltZertG.
Nach dem bisher geltenden Recht konnte es sich bei den zertifizierten Altersvorsorgeverträgen nur um solche Vorsorgeprodukte handeln, bei denen ab Beginn des Renten- bzw. Pensionsalters eine lebenslange Auszahlung erfolgt. Hierzu gehören u. a. Rentenversicherungen oder Fonds- und Banksparpläne, die mit Auszahlungsplänen und Absicherungen für das hohe Alter ab 85 Jahren (sog. Restverrentungspflicht) verbunden sind.
Mit dem EigRentG wurde der Kreis der begünstigten Anlageprodukte erheblich erweitert. So kann zukünftig der Erwerb von weiteren Genossenschaftsanteilen im Rahmen eines zertifizierten Altersvorsorgevertrages erfolgen. Dies gilt auch für Darlehensverträge, die der Bildung selbstgenutzten Wohneigentums dienen und entsprechende Kombiprodukte.
bb) Altersvorsorgeverträge in Form von Sparverträgen
Wird in einem Altersvorsorgevertrag Kapital angespart, dann muss u. a. vorgesehen sein, dass dieses nur unter bestimmten Bedingungen an den Anleger ausgezahlt wird. Hierdurch will der Gesetzgeber sicherstellen, dass eine tatsächliche Verwendung der angesparten Mittel für eine Altersvorsorge erfolgt (z. B. keine förderunschädliche Auszahlung vor dem 60. Lebensjahr bzw. 62. Lebensjahr, Auszahlung der Altersleistungen grds. in Form einer lebenslangen Rente oder im Rahmen eines Auszahlungsplans mit anschließender Restkapitalverrentung). Lediglich zu Beginn der Auszahlungsphase besteht die förderunschädliche Möglichkeit, eine Teilkapitalauszahlung von bis zu 30% des angesparten Kapitals in Anspruch zu nehmen. Die Kriterien, mit denen eine Verwendung für die Altersvorsorge sichergestellt werden soll, werden durch verschiedene verbraucherschützende Normen ergänzt (z. B. jederzeitige Möglichkeit, mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende den Vertrag ruhend zu stellen oder einen Wechsel in ein anderes zertifiziertes Anlageprodukt vornehmen zu können). Zu nennen ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass der Anbieter dem Anleger zusagen muss, die eingezahlten Beiträge (einschließlich der auf den Vertrag eingezahlten Zulagen) zu Beginn der Auszahlungsphase für eine Altersvorsorge zur Verfügung zu stellen.
Mit dem EigRentG wurde der Kreis der begünstigten Vertragsgestaltungen erweitert (vgl. NWB NAAAC-93353) So können zukünftig auch Verträge zertifiziert werden, die die Anschaffung weiterer Geschäftsanteile an einer in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft für eine vom Förderberechtigten selbstgenutzten Genossenschaftswohnung vorsehen. Außerdem muss der Zulageberechtigte während der Ansparphase die betreffende Wohnung selbst nutzen. Die „Auszahlung” der weiteren Genossenschaftsanteile darf – wie bei anderen zertifizierten Sparverträgen – frühestens mit Beginn des 60. Lebensjahrs vorgesehen sein (für Verträge, die nach dem abgeschlossen werden gilt das 62. Lebensjahr). Sie erfolgt entweder in Form einer lebenslangen Verminderung des monatlichen Nutzungsentgelts für die selbstgenutzte Genossenschaftswohnung oder in Form einer zeitlich befristeten Verminderung des monatlichen Nutzungsentgelts mit einer anschließenden Teilkapitalverrentung spätestens ab Vollendung des 85. Lebensjahrs (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AltZertG). Zu den weiteren Voraussetzungen für die entsprechenden Vertragsgestaltungen vgl. Myßen/Fischer, NWB F. 3 S. 15117 ff. NWB PAAAC-84224.
cc) Altersvorsorgeverträge in Form von Darlehensverträgen
Mit dem EigRentG werden auch Darlehensverträge in den Kreis derjenigen Vertragsgestaltungen aufgenommen, die zertifiziert werden können (§ 1 Abs. 1a AltZertG). Das AltZertG stellt dem Grunde nach nur drei Bedingungen für die Zertifizierbarkeit von Darlehenskomponenten auf. So kann die Darlehensgewährung nur bei einer wohnungswirtschaftlichen Verwendung i. S. des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgen, die Abschluss- und Vertriebskosten sind auf fünf Jahre zu verteilen und eine Darlehenstilgung ist bis spätestens zur Vollendung des 68. Lebensjahrs vorzusehen. Der Gesetzgeber hat somit sehr wenige Voraussetzungen aufgestellt, die ein Darlehensvertrag erfüllen muss, damit das dem Vertrag zugrunde liegende Vertragsmuster zertifiziert werden kann (vgl. auch Myßen/Fischer, NWB F. 3 S. 15117 ff. NWB PAAAC-84224).
Die strukturelle Erweiterung des Kreises der begünstigten Altersvorsorgevorsorgeverträge geht einher mit der Einführung der so genannten Tilgungsförderung (zu verschiedenen Beispielen vgl. Myßen/Fischer, NWB F. 3 S. 15117 ff. NWB PAAAC-84224; NWB NAAAC-93353). Demnach werden Tilgungen nunmehr als Altersvorsorgebeiträge, wie die bisherigen Sparbeiträge, steuerlich gefördert, wenn das Darlehen für eine nach dem 31. 12. 2007 vorgenommene wohnungswirtschaftliche Verwendung i. S. des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG genutzt wird ( NWB EAAAD-03789, Rz. 18a). Die Tilgungsförderung gilt zwar rückwirkend zum 1. 1. 2008, da jedoch vor dem (vgl. Myßen/Fischer, NWB F. 3 S. 15117 ff. NWB PAAAC-84224) keine zertifizierten Altersvorsorgeverträge angeboten werden konnten, kann eine entsprechende Förderung für zwischen dem und dem abgeschlossene Darlehensverträge bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (z. B Zulageberechtigung/wohnungswirtschaftliche Verwendung) nur dann erfolgen, wenn der Darlehensanbieter seinen Vertrag auf ein zertifiziertes Vertragsmuster umstellt. Eine Verpflichtung zu einer solchen Umstellung besteht für den Anbieter jedoch nicht.
Tilgungsleistungen werden nur dann den Altersvorsorgebeiträgen gleichgestellt, wenn das Darlehen unmittelbar für eine nach dem erfolgte wohnungswirtschaftliche Verwendung i. S. des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG eingesetzt wird ( NWB EAAAD-03789, Rz 18a). Dies gilt ebenso, wenn das für eine entsprechende Verwendung aufgenommene Darlehen später umgeschuldet wird. Auch mehrfache Umschuldungen sind in diesen Fällen möglich. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob das abgelöste Darlehen im Rahmen eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags gewährt worden ist und ob der Zulageberechtigte alleiniger oder gemeinschaftlicher Darlehensnehmer des abgelösten Darlehens war. Nicht den Altersvorsorgebeiträgen gleichgestellt sind Tilgungsleistungen für ein Darlehen, welches beispielsweise zur Finanzierung einer vor dem angeschafften oder hergestellten Wohnimmobilie eingesetzt wurde.
Die Tilgungsleistungen müssen vom Zulageberechtigten zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Vertrags geleistet werden, der nach § 5 AltZertG zertifiziert ist. Für den nicht unmittelbar förderberechtigten Ehegatten besteht ein mittelbare Zulageberechtigung nur, wenn dieser einen eigenen auf seinen Namen lautenden zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hat (§ 79 Satz 2 EStG). Wollen Ehegatten die volle Tilgungsförderung in Anspruch nehmen, müssen sie daher, unabhängig davon, ob sie unmittelbar oder mittelbar förderberechtigt sind, jeweils einen eigenen Altersvorsorgevertrag (Darlehensvertrag) abschließen ( NWB EAAAD-03789, Rz 18). Unproblematisch ist insoweit jedoch, wenn eine dritte Person oder der Ehegatte für das im Rahmen eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags aufgenommene Darlehen mithaftet.
Der in der zu zahlenden Kreditrate enthaltene Zinsanteil ist kein Altersvorsorgebeitrag und damit nicht im Rahmen des § 10a (Abschnitt XI) EStG begünstigt. Dies gilt auch für sonstige Kreditgebühren. Die Förderung bezieht sich nur auf den in der gezahlten Kreditrate enthaltenen Tilgungsanteil ( NWB EAAAD-03789, Rz 18d).
Werden somit Tilgungsleistungen in Höhe von mindestens 4 % der maßgebenden Einnahmen (maximal 2.100 € abzüglich Zulage) in den Altersvorsorgevertrag mit Darlehenskomponente eingezahlt, wird dem Zulageberechtigten die ungekürzte Altersvorsorgezulage gewährt. Die Altersvorsorgezulage wird von der Zulagenstelle an den Anbieter überwiesen, der diese dem betreffenden Darlehensvertrag gutzuschreiben hat. Die Zulagenzahlung fungiert damit als Sondertilgung, d. h. in diesem Umfang reduziert sich die Darlehensschuld des Zulageberechtigten. Eine Auszahlung der Zulage an den Anleger ist – wie bei anderen Sparverträgen auch – grds. nicht möglich.
Wie bei Sparbeiträgen wird auf Antrag des Zulageberechtigten auch geprüft, ob der Sonderausgabenabzug für die entsprechenden Tilgungsleistungen einschließlich des Zulageanspruchs (bis maximal 2.100 €) für den Zulageberechtigten günstiger ist als der Zulagenanspruch (§ 10a EStG). Ist dies der Fall, erhält der Zulageberechtigte noch einen über die Zulage hinausgehenden Steuervorteil im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung.
Die geförderten Tilgungszahlungen und die dafür gewährten Altersvorsorgezulagen werden in ein Wohnförderkonto eingestellt. Dieses bildet später die Grundlage für die nachgelagerte Besteuerung.
dd) Altersvorsorgeverträge mit Spar- und Darlehenskomponente
Neben den „reinen” Spar- und Darlehensverträgen können auch Vertragsmuster zertifiziert werden, die beide Komponenten enthalten. So kann ein Sparvertrag mit Darlehensoption vorsehen werden. Nach dem Ansparvorgang ist dann die Entnahme des Angesparten und eine Darlehensaufnahme möglich (§ 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 AltZertG). Klassischer Fall für ein entsprechendes Anlageprodukt ist der Bausparvertrag, der damit zukünftig auch in zertifizierter Form möglich ist (vgl. Myßen/Fischer, NWB F. 3 S. 15117 ff. NWB PAAAC-84224).
Außerdem besteht die Möglichkeit zum Abschluss eines zertifizierten Vorfinanzierungsdarlehens, welches mit einem Sparvertrag kombiniert wird (Vorfinanzierungsvertrag). In diesem Fall wird bei Vertragsabschluss unwiderruflich vereinbart wird, dass das – ggf. noch in der Zukunft anzusparende – Kapital zur Darlehenstilgung eingesetzt wird (§ 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 AltZertG). Beide Vertragsbestandteile müssen allerdings in einem einheitlichen Vertragsmuster geregelt werden, d. h. dem Anleger tritt nur ein Anbieter gegenüber. Es besteht auch die Möglichkeit, dass das Vorfinanzierungsdarlehen durch einen Bausparvertrag abgelöst werden soll. Die Tilgung des Vorfinanzierungsdarlehens erfolgt in diesem Fall durch das im Rahmen des (zertifizierten) Bausparvertrags angesparte Kapital sowie das Bauspardarlehen. Zertfizierbar ist auch ein die o. g. Voraussetzungen erfüllender Bausparvertrag, der jedoch für den Anleger die Option erhält, im Falle einer wohnungswirtschaftlichen Verwendung ein Darlehen zur Zwischenfinanzierung aufzunehmen. Nutzt der Anleger diese Möglichkeit, dann wird aus dem Bausparvertrag ein Vorfinanzierungsvertrag. Die entsprechende Option ermöglicht es dem Anleger, somit das im Rahmen eines Bausparvertrags angesparte Altersvorsorgekapital auch dann förderunschädlich für eine wohnungswirtschaftliche Verwendung zu nutzen, wenn der Bausparvertrag zum Zeitpunkt der Anschaffung der Herstellung der Wohnimmobilie noch nicht zuteilungsreif ist. Damit das bereits in dem zertifizierten Bausparvertrag angesparte steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen für die wohnungswirtschaftliche Verwendung förderunschädlich genutzt werden kann, ist es allerdings erforderlich, dass die Umwandlung des zertifizierten Bausparvertrages in einen zertifizierten Vorfinanzierungsvertrag im zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung der selbstgenutzten Wohnimmobilie erfolgt.
Setzt sich ein Altersvorsorgevertrag aus einer Sparkomponente i. S. des § 1 Abs. 1 AltZertG und einer Darlehenskomponente i. S. des § 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 AltZertG zusammen, handelt es sich bei den zur Sparkomponente geleisteten Beiträgen um Altersvorsorgebeiträge nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und bei den zur Tilgung des Darlehens geleisteten Zahlungen um Altersvorsorgebeiträge nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Werden Zahlungen zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrages nach § 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 AltZertG geleistet, so ist zu differenzieren: Zahlungen, die unmittelbar für die Tilgung des Darlehens eingesetzt werden, sind Tilgungsleistungen nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Wird mit den vom Zulageberechtigten geleisteten Zahlungen jedoch zunächst ein Sparvermögen gebildet, welches zu einem späteren Zeitpunkt zur Tilgung des Darlehens eingesetzt wird und ist dies bereits bei Vertragsabschluss unwiderruflich vereinbart worden, dann gelten die geleisteten Zahlungen bereits im Zahlungszeitpunkt als Tilgungsleistungen nach § 82 Abs. 1 Satz 3 EStG. Eine Einstellung ins Wohnförderkonto erfolgt allerdings erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Darlehenstilgung.
ee) Informationspflichten
Nach den Vorschriften des AltZertG bestehen für die Anbieter auch verschiedene Informationspflichten. So hat er den Anleger vor Vertragsabschluss über die Portfoliostruktur, das Risikopotential und die Anlagepolitik hinsichtlich der Beachtung ethischer, sozialer und ökologischer Belange aufzuklären. Zu den vorvertraglichen Informationspflichten des Anbieters gehört es darüber hinaus, dem Verbraucher mittels angenommener Zinssätze denkbare Marktentwicklungen und die damit verbundene Entwicklung seines Guthabens darzulegen. Bei Darlehensverträgen ist der Effektivzins und bei Kombiprodukten ein Gesamteffektivzins zu nennen. Durch die einzelnen Informationspflichten soll ein gewisses Maß an Kostentransparenz für den Anleger geschaffen werden. Auch während der Vertragslaufzeit hat der Anbieter jährlich z. B. über die Höhe der erwirtschafteten Erträge zu informieren.
c) Beiträge im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung
Die Regelungen im AltZertG betreffen nur Produkte, die der privaten Altersvorsorge zuzurechnen sind. Daneben können jedoch nach § 82 Abs. 2 EStG auch Beiträge zum Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge steuerlich gefördert werden. Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang auf eine zusätzliche Zertifizierung verzichtet, da durch das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) für diese Anlageprodukte bereits ein Qualitätsmindeststandard besteht, durch den die im AltZertG aufgezählten Kriterien weitgehend erfüllt werden.
Entsprechende Beitragsleistungen sind allerdings nur dann begünstigt, wenn sie aus dem individuell versteuerten Arbeitslohn des Arbeitnehmers an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung geleistet werden zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung und die Auszahlung der zugesagten Altersvorsorgeleistungen in Form einer lebenslangen Altersversorgung i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG vorgesehen ist. Darüber hinaus sind auch begünstigt die Beiträge des Arbeitnehmers und des ausgeschiedenen Arbeitnehmers, die dieser zunächst im Rahmen einer Entgeltumwandlung finanziert hat und die nach § 3 Nr. 63 EStG oder § 10a EStG/Abschnitt XI EStG gefördert wurden (§ 82 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Die verschiedenen Möglichkeiten zum steuerlich geförderten Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung können vom Steuerpflichtigen auch kumulativ genutzt werden. Dem Berechtigten steht es frei, mit jeweils gesonderten Zahlungen die Vorteile im Rahmen des § 10a EStG/Abschnitt XI EStG und des § 3 Nr. 63 EStG sowie bei Altfällen zusätzlich die Vorteile des § 40b EStG (Pauschalversteuerung) in Anspruch zu nehmen, soweit die Voraussetzungen der einzelnen Vorschriften gegeben sind.
Tz. 141 Förderwege
Die Förderung setzt sich zusammen aus der Altersvorsorgezulage nach Abschnitt XI EStG und dem Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG. Da der Anspruch auf Zulage im Rahmen des Sonderausgabenabzugs mit berücksichtigt wird, wird im Folgenden zunächst die Altersvorsorgezulage dargestellt, obschon der § 10a EStG die zentrale Fördervorschrift ist.
a) Altersvorsorgezulage
aa) Allgemeines
Die Altersvorsorgezulage setzt sich aus einer Grundzulage und einer Kinderzulage zusammen. Sie wird allerdings nur dann in vollem Umfang gewährt, wenn der Zulageberechtigte einen bestimmten Mindesteigenbeitrag geleistet hat. Wird dieser nicht oder nur teilweise erbracht, wird die Zulage nach dem Verhältnis der Altersvorsorgebeiträge zum Mindesteigenbeitrag gekürzt.
Gehören beide Ehegatten zum begünstigten Personenkreis nach § 10a Abs. 1 EStG, ist Abschnitt XI EStG für jeden Ehegatten gesondert anzuwenden. Jeder erhält somit die Altersvorsorgezulage, wenn er den für ihn maßgebenden Mindesteigenbeitrag erbracht hat. Gehört nur ein Ehegatte zu dem nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten Personenkreis, gewährt das Gesetz dem anderen Ehegatten zumindest eine abgeleitete Zulageberechtigung, wenn ein auf seinen Namen lautender Altersvorsorgevertrag besteht (§ 79 Satz 2 EStG). Nicht ausreichend für die Begründung einer Zulagenberechtigung nach § 79 Satz 2 EStG ist hingegen, wenn der abgeleitet Zulagenberechtigte lediglich über eine betriebliche Altersversorgung verfügt ( NWB JAAAC-58183; zum Urteil vgl. auch Hortense, NWB direkt 50/2007 S. 1 NWB GAAAC-64972).
bb) Grundzulage
Jeder Zulageberechtigte erhält auf Antrag für seine im abgelaufenen Beitragsjahr gezahlten Altersvorsorgebeiträge eine Grundzulage. Diese beträgt
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in den Jahren 2002 und 2003 | 38 €, | ||||
in den Jahren 2004 und 2005 | 76 €, | ||||
in den Jahren 2006 und 2007 | 114 €, | ||||
ab dem Jahr 2008 | 154 €. |
Für unmittelbar Zulageberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhöht sich die Grundzulage einmalig um einen Betrag von 200 € (sog. Berufseinsteiger-Bonus). Für die Erhöhung ist kein gesonderter Antrag erforderlich. Die erhöhte Grundzulage ist einmalig für das erste nach dem beginnende Beitragsjahr zu zahlen, für das der Zulageberechtigte die Altersvorsorgezulage beantragt, wenn er zu Beginn des betreffenden Beitragsjahrs das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ein separater Antrag ist nicht erforderlich, der Bonus wird automatisch gewährt ( NWB EAAAD-03789, Rz. 21a). Das Datum des Vertragsabschlusses ist insoweit unerheblich. Für die Berechnung des Mindesteigenbeitrags ist in dem Beitragsjahr, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung des Erhöhungsbetrags vorliegen, die erhöhte Grundzulage zu berücksichtigen. Erbringt der Zulageberechtigte nicht den erforderlichen Mindesteigenbeitrag (§ 86 Abs. 1 EStG), erfolgt eine entsprechende Kürzung der Altersvorsorgezulage und damit auch des in der erhöhten Grundzulage enthaltenen Berufseinsteiger-Bonuses. Eine Nachholungsmöglichkeit in einem späteren Beitragsjahr besteht nicht ( NWB EAAAD-03789, Rz. 21a).
cc) Kinderzulage
Die Kinderzulage beträgt für jedes Kind, für das dem Zulageberechtigten Kindergeld gewährt wird,
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in den Veranlagungszeiträumen 2002 und 2003 | 46 €, | ||||
in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 | 92 €, | ||||
in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007 | 138 €, | ||||
ab dem Veranlagungszeitraum 2008 jährlich | 185 €. |
Für alle ab dem geborenen Kinder erhöht sich die Kinderzulage auf 300 € (vgl. auch Merten, NWB F. 26 S. 4807 ff. NWB OAAAC-67009). Wie beim Kindergeld wird auch die Kinderzulage nur einmal je Kind gewährt. Eine Aufteilung der Zulage für ein Kind zwischen den Eltern sieht das Gesetz nicht vor.
Die Kinderzulage wird grds. demjenigen Elternteil zugeordnet, dem das Kindergeld ausgezahlt wird. Dies gilt auch, wenn der Elternteil, der das Kindergeld erhält, keine Kinderzulage beantragt bzw. keinen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hat. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Kinderzulage demjenigen gewährt werden soll, der die tatsächliche Erziehungsleistung erbringt. Der Gesetzgeber geht insoweit pauschalierend davon aus, dass dies derjenige ist, dem auch das Kindergeld zusteht. Will somit der kindergeldbeziehende Elternteil die steuerliche Förderung in Form der Kinderzulage nicht nutzen, kann er diese grds. nicht auf den anderen Elternteil übertragen, da dieser Elternteil nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht die hauptsächlichen Erziehungsleistungen erbringt.
Eine Ausnahme von der Zuordnung der Kinderzulage zu demjenigen Elternteil, dem das Kindergeld ausgezahlt wird, sieht das Gesetz nur vor, wenn die Eltern die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung erfüllen. In diesen Fällen wird die Kinderzulage primär der Mutter zugeordnet. Allerdings haben die Eltern die Möglichkeit, im Rahmen eines gemeinsamen Antrags die Kinderzulage dem Vater zuzuordnen. Dieser Antrag ist auch erforderlich, wenn nur der Vater die steuerliche Förderung in Anspruch nehmen will. Nach § 85 Abs. 2 Satz 2 EStG a. F. konnte dieser Antrag jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden. Zukünftig bleibt eine Übertragungsantrag, der nicht nur zeitlich befristet erteilt wurde bis auf Weiteres gültig. Einzige Einschränkung ist, dass ein Widerruf für abgelaufene Beitragsjahre nicht möglich ist.
dd) Mindesteigenbeitrag
Die volle Altersvorsorgezulage wird nur erbracht, wenn der Zulageberechtigte einen eigenen Anteil zur Schließung seiner Versorgungslücke leistet. Die Sparleistung setzt sich aus den Eigenbeiträgen des Zulageberechtigten und der Zulage zusammen. Erbringt der Zulageberechtigte nicht den von ihm erwarteten Eigenbeitrag, wird auch die vom Staat gewährte Zulage in dem entsprechenden Umfang gekürzt.
Der Mindesteigenbeitrag berechnet sich wie folgt:
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in den Jahren 2002 und 2003 | 1 % der maßgebenden
Einnahmen, maximal | 525 €, | abzüglich der Zulage, |
in den Jahren 2004 und 2005 | 2 % der maßgebenden
Einnahmen, maximal | 1.050 €, | abzüglich der Zulage, |
in den Jahren 2006 und 2007 | 3 % der maßgebenden
Einnahmen, maximal | 1.575 €, | abzüglich der Zulage, |
ab dem Jahr 2008 | 4 % der maßgebenden Einnahmen, maximal | 2.100 €, | abzüglich der
Zulage. |
Maßgebende Einnahmen sind die Summe der in dem dem Beitragsjahr vorangegangenen Kalenderjahr erzielten beitragspflichtigen Einnahmen i. S. des SGB VI, der bezogenen Besoldung und Amtsbezüge und in den Fällen des § 10a Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz Nr. 3 und 4 EStG der erzielten Einnahmen, die beitragspflichtig gewesen wären, wenn die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestanden hätte und der bezogenen Bruttorente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit oder bezogenen Versorgungsbezüge wegen Dienstunfähigkeit. Dieser Wert ist für die Berechnung des Mindesteigenbeitrags auf volle Euro abzurunden. Bei bestimmten Pflichtversicherten, bei denen die beitragspflichtigen Einnahmen erheblich vom tatsächlich erzielten Entgelt abweichen, oder bei denen entsprechende Einnahmen berücksichtigt werden, ohne dass ein tatsächliches Entgelt erzielt wurde, wird für die Mindesteigenbeitragsberechnung abweichend vom Grundsatz „beitragspflichtige Einnahmen des Vorjahrs” auf das „tatsächlich erzielte Entgelt oder die Entgeltsatzleistung des Vorjahrs” abgestellt.
Bei Beziehern von Arbeitslosengeld sah das Gesetz bisher den Ansatz der betreffenden Lohnersatzleistung vor. Bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich jedoch um bedarfsabhängige staatliche Fürsorgeleistungen. Korrigiert im Rahmen des JStG 2007 und rückwirkend zum anzuwenden, wird bei den in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Arbeitslosengeld II-Empfängern auf den nach § 19 SGB II ausgezahlten Betrag abgestellt. Hierbei handelt es sich um die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Regelleistung, Mehrbedarfe) und die Kosten der Unterkunft und Heizung. Das Arbeitslosengeld II – und damit die Bemessungsgrundlage für die Mindesteigenbeitragsberechnung – mindert sich um das zu berücksichtigende Vermögen und Einkommen. Der Gesetzgeber stellt mithin lediglich auf den tatsächlich nach § 19 SGB II ausgezahlten Betrag ab, wie sich dieser zusammensetzt, ist steuerlich insoweit ohne Bedeutung. Nicht im Rahmen des Mindesteigenbeitrags zu berücksichtigen ist allerdings das sog. Elterngeld, da es sich hierbei nicht um beitragspflichtige Einnahmen handelt.
Bei den Pflichtversicherten im Alterssicherungssystem der Landwirtschaft wird für die Berechnung des Mindesteigenbeitrags auf die Einkünfte aus § 13 EStG abgestellt (§ 86 Abs. 3 EStG). Damit auch Land- und Forstwirte im laufenden Sparjahr den von ihnen geforderten Mindesteigenbeitrag berechnen können, wird auf die entsprechenden Einkünfte aus dem zweiten, dem Sparjahr vorangegangenen Veranlagungszeitraum abgestellt. Ist dieser Land- und Forstwirt auch als Arbeitnehmer tätig und in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, sind die beitragspflichtigen Einnahmen des Vorjahrs und die positiven Einkünfte i. S. des § 13 EStG des zweiten dem Beitragsjahr vorangegangenen Veranlagungszeitraums zusammenzurechnen. Eine Saldierung mit negativen Einkünften i. S. des § 13 EStG erfolgt nicht.
Bei den Beziehern einer Rente wegen voller Erwerbsminderung/Erwerbsunfähigkeit oder einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit ist im Rahmen der Mindesteigenbeitragsberechnung der Bruttorentenbetrag anzusetzen. Hierbei handelt es sich um den Jahresbetrag der Rente vor Abzug der einbehaltenen eigenen Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung. Nicht einzubeziehen sind hingegen Zuschüsse zur Krankenversicherung. Es sind nur die Rentenzahlungen für die Mindesteigenbeitragsberechnung zu berücksichtigen, die zur unmittelbaren Zulageberechtigung führen. Dies bedeutet, dass private Erwerbsunfähigkeitsrenten oder entsprechende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unberücksichtigt bleiben. Hat der Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung/Erwerbsunfähigkeit oder einer Versorgung wegen Dienstunfähigkeit im maßgeblichen Bemessungszeitraum (auch) andere Einnahmen nach § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–3 EStG bezogen, sind diese Einnahmen bei der Mindesteigenbeitragsberechnung mit zu berücksichtigen.
A erhält im April 2008 den Bescheid, mit dem ihm die Deutsche Rentenversicherung rückwirkend ab dem 1. 10. 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Das Krankengeld, das ihm bis zum Beginn der laufenden Rentenzahlung noch bis zum von seiner gesetzlichen Krankenkasse gezahlt wird, wird aufgrund deren Erstattungsanspruchs mit der Rentennachzahlung verrechnet. In dem Beitragsjahr 2007, in das der Beginn der rückwirkend bewilligten Rente fällt, gehörte A noch aufgrund des Bezugs von Entgeltersatzleistungen zum begünstigten Personenkreisnach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG. Als Bemessungsgrundlage für den für 2007 zu zahlenden Mindesteigenbeitrag wäre hier entweder die in 2006 berücksichtigten beitragspflichtigen Einnahmen oder das ggf. niedrigere tatsächlich bezogene Krankengeld heranzuziehen. Ab Beginn des Beitragsjahrs 2008 liegt der Tatbestand des Leistungsbezugs vor, aus dem sich die Zugehörigkeit zum begünstigten Personenkreis nach § 10a Abs. 1 Satz 4 EStG begründet. Die Bemessungsgrundlage für den im Kalenderjahr 2008 zu leistenden Mindesteigenbeitrag bildet damit die Rente, die am begonnen hat, und das im Zeitraum vom 1. 1. bis zum bezogene Krankengeld.
Gehört nur ein Ehegatte zum begünstigten Personenkreis nach § 10a Abs. 1 EStG und besteht für den anderen Ehegatten eine abgeleitete Zulagenberechtigung nach § 79 Satz 2 EStG, wird nur für den nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten Ehegatten ein Mindesteigenbeitrag berechnet. Dabei sind jedoch die beiden Ehegatten zustehenden Zulagen (ggf. einschließlich des Berufseinsteigerbonus) zu berücksichtigen. Der nach § 79 Satz 2 EStG begünstigte Ehegatte erhält dann eine ungekürzte Zulage, wenn der andere – der unmittelbar begünstigte – Ehegatte den von ihm geforderten Mindesteigenbeitrag erbracht hat. Leistet der nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigte Ehegatte diesen Betrag nicht, werden sowohl seine als auch die Zulage des nach § 79 Satz 2 EStG Begünstigten gekürzt.
Für den Fall, dass bereits der Betrag der staatlichen Zulage der geforderten Sparleistung entspricht oder sie sogar übersteigt, muss zur Erlangung der Zulage zumindest ein Sockelbetrag geleistet werden. Diese Fälle betreffen insbesondere Bezieher geringer Einkommen und kinderreiche Familien. Diese sollen zumindest einen kleinen Eigenbeitrag leisten. Der Sockelbetrag ist ein Jahresbetrag. Er beträgt ab dem Veranlagungszeitraum 2005 jährlich 60 €. Der Sockelbetrag gilt auch bei Beiträgen zugunsten von Verträgen, die vor dem abgeschlossen wurden. Hat der Zulagenberechtigte in dem dem Beitragsjahr vorangegangenen Kalenderjahr keine maßgebenden Einnahmen erzielt, ist als Mindesteigenbeitrag auch der Sockelbetrag anzusetzen. Der Sockelbetrag tritt somit an die Stelle des Mindesteigenbeitrags. Wird der erforderliche Betrag vom Zulageberechtigten geleistet, hat er Anspruch auf die ungekürzte Altersvorsorgezulage.
b) Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG
aa) Allgemeines
Altersvorsorgesparleistungen können unabhängig vom individuellen Einkommen als Sonderausgaben im Rahmen des § 10a EStG berücksichtigt werden. Das nach § 10a EStG bestehende Abzugsvolumen ist unabhängig von der Berücksichtigung von Aufwendungen zugunsten einer Basisversorgung gem. § 10 EStG. Steuerpflichtige können das nach § 10 EStG und nach § 10a EStG bestehende Abzugsvolumen nebeneinander ausschöpfen. Die geleisteten Beiträge können jedoch nicht gleichzeitig nach § 10 und § 10a EStG berücksichtigt werden.
Der Sonderausgabenabzugsbetrag ist wie folgt gestaffelt:
in den Veranlagungszeiträumen 2002 und 2003 bis zu 525 €,
in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 bis zu 1.050 €,
in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007 bis zu 1.575 €,
ab dem Veranlagungszeitraum 2008 jährlich bis zu 2.100 €.
Es handelt sich hierbei nicht um einen Freibetrag, sondern um einen Höchstbetrag, bis zu dem Sparbeiträge berücksichtigt werden können. Zu den abziehbaren Sonderausgaben gehören die vom Steuerpflichtigen in dem betreffenden Veranlagungszeitraum geleisteten Altersvorsorgebeiträge zuzüglich des Anspruchs auf Altersvorsorgezulage nach Abschnitt XI EStG (Grund- und Kinderzulage).
Bei Bestimmung der im Rahmen des Sonderausgabenabzugs anzusetzenden Beträge ist nicht auf die tatsächlich gezahlte Zulage abzustellen, sondern auf den Zulageanspruch. Es kommt nicht darauf an, ob der Zulageberechtigte tatsächlich einen Zulageantrag gestellt hat oder wann die Zulage tatsächlich ausgezahlt wurde. Für die Ermittlung des Zulageanspruches ist grds. auf den Abschnitt XI EStG abzustellen. Eine Ausnahme besteht jedoch für den Erhöhungsbetrag nach § 84 Satz 2 EStG. Demnach erhöht sich die Grundzulage bei unmittelbar Zulageberechtigten die zu Beginn des Beitragsjahrs das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, einmalig um 200 €. Dieser sog. Berufseinsteiger-Bonus ist bei der Ermittlung des Zulageanspruchs nicht zu berücksichtigen (§ 10a Abs. 1 Satz 5 EStG). Der Verzicht auf den Ansatz liegt im Auseinanderfallen der Zulagegewährung und der Ermittlung des Sonderausgabenabzug begründet. Für das Finanzamt wäre es sehr verwaltungsaufwendig zu ermitteln, ob und wann der Steuerpflichtige einen Berufseinsteiger-Bonus erhalten hat bzw. wann erstmals ein entsprechender Anspruch bestand. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber entschieden, dass der Berufseinsteiger-Bonus von Seiten des Finanzamts weder bei der – auch für die Ermittlung des Zulageanspruchs erforderlichen – Mindesteigenbeitragsberechnung noch bei der Hinzurechnung nach § 2 Abs. 6 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist. Für den Steuerpflichtigen ist der Nichtansatz des Berufseinsteiger-Bonus bei der Ermittlung des über die Zulage hinausgehenden Steuervorteils immer vorteilhaft.
bb) Günstigerprüfung
Das Finanzamt prüft von Amts wegen, ob der sich aus dem zusätzlichen Sonderausgabenabzug ergebende Steuervorteil oder der Zulageanspruch für den Zulageberechtigten günstiger ist. Der Berufseinsteiger-Bonus ist insoweit nicht zu berücksichtigen.
Ist der sich aus dem Sonderausgabenabzug ergebende Steuervorteil geringer als der Anspruch auf Zulage, scheidet ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug aus. Der Steuerpflichtige hat die sich aus dem Abzug der Altersvorsorgebeiträge ergebende Steuerermäßigung bereits in Form der Zulage erhalten.
Ergibt sich, dass der Steuervorteil aus dem Sonderausgabenabzug größer ist als der Anspruch auf die Zulage, dann wird der Sonderausgabenabzug zusätzlich gewährt. In diesen Fällen wird die tarifliche Einkommensteuer allerdings um den Anspruch auf Zulage erhöht.
cc) Besonderheiten bei Ehegatten
Gehören beide Ehegatten zum begünstigten Personenkreis, kann jeder Ehegatte Altersvorsorgesparleistungen im Rahmen des § 10a Abs. 1 EStG als Sonderausgaben geltend machen (§ 10a Abs. 3 Satz 1 EStG). Die Übertragung eines nicht ausgeschöpften Abzugsvolumens von einem auf den anderen Ehegatten ist allerdings nicht möglich. Für die Günstigerprüfung werden jeweils die beiden Ehegatten zustehenden Zulagen mit den sich insgesamt ergebenden Steuervorteilen aus dem zusätzlichen Sonderausgabenabzug verglichen (vgl. auch Myßen/Bering, NWB F. 3 S. 14293 NWB TAAAC-31891 ff. unter II, 1).
Erfüllt nur ein Ehegatte die persönlichen Voraussetzungen für eine Begünstigung nach § 10a Abs. 1 EStG, steht dem nicht originär begünstigten Ehegatten zwar ein abgeleiteter Zulagenanspruch zu, ihm wird jedoch kein gesonderter Sonderausgabenabzugsbetrag eingeräumt (so auch NWB TAAAC-62843). Die von ihm geleisteten Altersvorsorgebeiträge können nur im Rahmen des Abzugsvolumens berücksichtigt werden, das dem nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten Ehegatten zusteht (§ 10a Abs. 3 EStG). Auch in dieser Konstellation werden aber bei der Günstigerprüfung die jeweils beiden Ehegatten zustehenden Zulagen mit dem sich aus dem zusätzlichen Sonderausgabenabzug ergebenden Steuervorteil verglichen (so ausdrücklich NWB TAAAC-62843). Das gilt auch in den Fällen, in denen nur ein Ehegatte den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 EStG beantragt.
dd) Gesonderte Feststellung
Der sich aus dem zusätzlichen Sonderausgabenabzug ergebende Steuervorteil wird vom Finanzamt gesondert festgestellt (§ 10a Abs. 4 EStG). Diese Feststellung erfolgt allerdings nur, wenn es überhaupt zum Ansatz des Sonderausgabenabzugsbetrags kommt. D. h., ergibt sich im Rahmen der Günstigerprüfung, dass die Zulage für den Steuerpflichtigen günstiger ist als der Ansatz des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG, erfolgt keine gesonderte Feststellung.
Der festzustellende Steuervorteil bezieht sich nur auf die Einkommensteuer. Zuschlagssteuer (Kirchensteuer/Solidaritätszuschlag) bleiben wie bei der Günstigerprüfung unberücksichtigt.
Hat der Steuerpflichtige Beiträge zugunsten mehrerer Altersvorsorgeverträge im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend gemacht, ist der festzustellende Steuervorteil im Verhältnis der nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG berücksichtigten Altersvorsorgebeiträge auf die betreffenden Vorsorgeverträge zu verteilen (§ 10a Abs. 4 Satz 2 EStG). Gleiches gilt, wenn gleichzeitig Beiträge für einen Altersvorsorgevertrag und zugunsten einer nach § 82 Abs. 2 EStG begünstigten betrieblichen Altersversorgung erbracht werden. Liegen die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung vor und sind beide Ehegatten entweder unmittelbar oder zumindest mittelbar förderberechtigt, ist die Steuerermäßigung den Ehegatten getrennt zuzurechnen und dies entsprechend festzustellen (§ 10a Abs. 4 Satz 3 EStG).
Die gesonderte Feststellung besteht somit aus drei Bestandteilen: Feststellung der Höhe der Steuerermäßigung, Zuordnung dieses Betrags auf einen bestimmten Steuerpflichtigen, Zuordnung auf einen bestimmten Vorsorgevertrag.
Werden Altersvorsorgebeiträge eines mittelbar begünstigten Ehegatten nach § 10a Abs. 2 Satz 3 EStG im Rahmen des den Ehegatten zustehenden Sonderausgabenabzugs berücksichtigt, ist die hierauf entfallende Steuerermäßigung dem Vertrag zuzurechnen, auf den die Beiträge geleistet wurden. Dementsprechend ist die Steuerermäßigung auch dem mittelbar begünstigten Ehegatten zuzurechnen.
ee) Beitragsnachweis
Voraussetzung für die Berücksichtigung von Altersvorsorgebeiträgen nach § 10a Abs. 1 EStG ist, dass die geleisteten Beiträge vom Anleger gegenüber dem Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nachgewiesen werden (§ 10a Abs. 5 EStG – vgl. hierzu auch die Bekanntmachung des aktuellen Vordruckmusters v. , BStBl 2009 I S. 643). Die Vorlage dieser Bescheinigung ist eine materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG. Die Bescheinigung enthält Angaben zur Höhe der im abgelaufenen Beitragsjahr geleisteten Altersvorsorgebeiträge. Außerdem ist die Zulagenummer enthalten, so dass ein automatisierter Datenabgleich durch die zentrale Stelle durchgeführt werden kann.
Anstelle der Vorlage der Papierbescheinigung sind die entsprechenden Daten ab dem Veranlagungszeitraum 2010 vom Anbieter per Datensatz an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Die Datenübermittlung erfolgt allerdings nur, wenn der Steuerpflichtige hierzu gegenüber seinem Anbieter spätestens bis zum Ende des zweiten auf das betreffende Beitragsjahr folgenden Kalenderjahr eingewilligt hat (§ 10a Abs. 2a Satz 2 i. V. mit § 10 Abs. 2a Satz 1 EStG). Gehören beide Ehegatten zum Kreis der unmittelbar Förderberechtigten, dann hat jeder Ehegatte die erforderliche Einwilligung abzugeben. Aufgrund der Berücksichtigung des Zulageanspruchs beider Ehegatten im Rahmen der Günstigerprüfung (§ 10a Abs. 2 EStG) sind die Daten beider Ehegatten erforderlich (§ 10a Abs. 2a Satz 2 EStG). Dies gilt auch, wenn ein Ehegatte unmittelbar und der andere mittelbar förderberechtigt ist (§ 10a Abs. 2a Satz 3 EStG), allerdings wird in diesen Fällen die Einwilligung des mittelbar Förderberechtigten regelmäßig unterstellt.
Um die bürokratischen Belastungen für die Verfahrensbeteiligten möglichst gering zu halten steht der nach § 10a Abs. 2a Satz 1 EStG erforderlichen Einwilligung die Bevollmächtigung des Anbieters durch den Anleger im Rahmen des Dauerzulageantragsverfahrens (§ 89 Abs. 1a EStG) gleich. D. h. nutzt der Anleger bereits das Dauerzulageantragsverfahren, dann ist eine gesonderte Einwilligung in die Datenübermittlung an das Finanzamt nicht erforderlich (§ 10a Abs. 2a Satz 4 EStG). Dies gilt auch im Falle des Zulageantrags eines mittelbar Zulageberechtigten (§ 10a Abs. 2a Satz 5 EStG). Zwar hat der mittelbar Zulageberechtigte in der Regel keine eigenen Altersvorsorgebeiträge geleistet, die beim Sonderausgabenabzug berücksichtigt werden könnten, allerdings sind die Daten des mittelbar zulageberechtigten Ehegatten für die zutreffende Ermittlung der den Ehegatten zustehenden Zulageanspüchen erforderlich. Dementsprechend hat die Datenübermittlung immer dann zu erfolgen, wenn der mittelbar zulageberechtigte Ehegatte die Altersvorsorgezulage beantragt.
Liegt eine Einwilligung nach § 10a Abs. 2a EStG vor, dann hat der Anbieter die Höhe der geleisteten Altersvorsorgebeiträge unter Angabe der Identifikationsnummer per Datensatz an die Finanzverwaltung (zentrale Stelle) zu senden. Die Identifikationsnummer hat der Anbieter grds. beim Anleger zu erfragen (§ 22a Abs. 2 Satz 1 EStG). Für Verträge, auf die bereits vor dem Altersvorsorgebeiträge geleistet wurden, kann der Anbieter, wenn die Einwilligung nach § 10a Abs. 2a EStG vorliegt, die Identifikationsnummer auch direkt beim BZSt erheben (§ 52 Abs. 24d Satz 2 i. V. mit § 22a Abs. 2 EStG).
Die vom Anbieter übermittelten Daten werden dann im Rahmen der Einkommensteuererklärung entsprechend berücksichtigt. Dies ist zukünftig auch dann möglich, wenn der Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig ist (§ 10a Abs. 5 Satz 12 EStG). Voraussetzung ist lediglich, dass der Steuerpflichtige die erforderliche Einwilligung innerhalb der Zweijahresfrist abgegeben hat. Eine vergleichbare Korrekturmöglichkeit bestand im Hinblick auf die Vorlage der Papierbescheinigung bisher nicht. Erhielt der Anleger seine Bescheinigung nach § 10a Abs. 5 EStG somit erst nach Bestandskraft seines Einkommensteuerbescheids vom Anbieter zugesandt, dann konnten die entsprechenden Beiträge – soweit der Einkommensteuerbescheid nicht nach § 164 AO oder einer anderen Vorschrift noch offen war – nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden. Dies ändert sich ab dem Veranlagungszeitraum 2010. Eine Änderungsnorm besteht auch dann, wenn der Anbieter feststellt, dass die an die zentrale Stelle übermittelten Daten unzutreffend sind oder der zentralen Stelle ein Datensatz übermittelt wurde, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. In diesem Fall hat er dies unverzüglich durch Übermittlung eines korrigierten Datensatzes oder durch die Stornierung des bisherigen Datensatzes zu berichtigen. Für die Änderung des Einkommensteuerbescheids ist in beiden Fallgestaltungen kein gesonderter Antrag des Steuerpflichtigen erforderlich. Soweit sich aus dem vom Anbieter übersandten Datensatz eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen ergibt, hat das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid zu ändern (Ermessenreduzierung auf Null). Ergeben sich hingegen durch den Datensatz keine steuerlich relevanten Änderungen, braucht die Finanzverwaltung den Einkommensteuerbescheid nicht zu ändern.
Der Steuerpflichtige wird im Rahmen der jährlich vom Anbieter zu erstellenden Bescheinigung nach § 92 EStG über die von diesem an die zentrale Stelle gesandten Daten informiert.
c) Altersvorsorge-Eigenheimbetrag
aa) Überblick
Neben der Ausweitung der begünstigten Anlageprodukte und der Einführung einer Tilgungsförderung wurde im Rahmen des EigRentG auch der Altersvorsorge-Eigenheimbetrag (§ 92a EStG) rückwirkend zum geändert und erheblich verbessert ( NWB NAAAC-93353). Die Regelung ermöglichte in ihrer bisherigen Fassung, dass der Zulageberechtigte steuerlich gefördertes Kapital – mindestens 10.000 €, höchstens 50.000€ – unmittelbar für eine wohnungswirtschaftliche Verwendung nutzen konnte. Bedingung war allerdings, dass das entnommene Kapital in gleichmäßigen Beträgen bis zu Beginn der Auszahlungsphase in einen Altersvorsorgevertrag zurückgezahlt werden musste. Die sich aus diesem Vertrag ergebenden Altersleistungen unterlagen dann der nachgelagerten Besteuerung. Der Zulageberechtigte konnte somit ein zinsloses Darlehen bei sich aufnehmen.
Das EigRentG konkretisiert den Begriff der wohnungswirtschaftlichen Verwendung. Im Weiteren wird dem Anleger rückwirkend zum 1. 1. 2008 die Möglichkeit eingeräumt, bis zu 75 % oder 100 % des gebildeten und steuerlich geförderten Kapitals für eine begünstigte Wohnung zu entnehmen. Ein Mindestentnahmebetrag ist grds. – eine Ausnahme gilt für vor dem 1. 1. 2008 abgeschlossene Verträge – nicht mehr erforderlich. Der Altersvorsorgevertrag darf jedoch vorsehen, dass nur eine vollständige Auszahlung des gebildeten Kapitals für eine Verwendung i. S. des § 92a EStG verlangt werden kann. Nicht gefördertes Kapital kann unbegrenzt ausgezahlt werden, wenn der Vertrag dies zulässt; insoweit sind die in der Auszahlung enthaltenen Erträge allerdings im Rahmen des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG zu besteuern. Eine Pflicht zur Rückzahlung des entnommenen Betrags besteht künftig auch nicht mehr. Allerdings kann der Anleger auf freiwilliger Basis den Entnahmebetrag auf einen eigenen Altersvorsorgevertrag einzahlen, um damit den Stand seines Wohnförderkontos zu verringern.
Das bisher geltende Recht ließ eine begünstigte Entnahme nur für die unmittelbare Anschaffung oder Herstellung der Wohnung zu. Zukünftig besteht auch die Möglichkeit einer Entnahme zu Beginn der Auszahlungsphase zur Entschuldung der selbstgenutzten Wohnimmobilie.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass entnahmeberechtigt i. S. des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG grds. derjenige ist, der in einem Altersvorsorgevertrag Altersvorsorgevermögen gebildet haben, das nach § 10a oder Abschnitt XI EStG gefördert wurde. Im Zeitpunkt der Entnahme und der wohnungswirtschaftlichen Verwendung muss daher keine eine Zulageberechtigung nach § 79 EStG bestehen.
bb) Verwendungszweck des Entnahmebetrages
Für den Entnahmebetrag (Altersvorsorge-Eigenheimbetrag) sieht der Gesetzgeber drei verschiedene Verwendungsarten vor ( NWB EAAAD-03789, Rz. 157):
bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG),
zu Beginn der Auszahlungsphase zur Entschuldung einer Wohnung (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und
ohne zeitliche Beschränkung jederzeit für den Erwerb von Geschäftsanteilen (Pflichtanteilen) an einer eingetragenen Genossenschaft für die Selbstnutzung einer Genossenschaftswohnung (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
Andere Verwendungsarten sieht das Gesetz nicht vor. Damit scheidet die Möglichkeit der Entnahme zur Entschuldung einer bereits vorhandenen selbstgenutzten Wohnung vor Beginn der Auszahlungsphase aus.
(1) Unmittelbare Anschaffung oder Herstellung
Der Entnahmevorgang und die Anschaffung/Herstellung der Wohnung müssen in einem direkten zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Innerhalb welchen Zeitraums dies zu erfolgen hat, lässt das Gesetz offen. Damit wird allerdings berücksichtigt, dass dieser Zeitraum im Einzelfall erheblich variieren kann. So ist die Anschaffung einer Immobilie in der Regel innerhalb von sechs Monaten abgewickelt. Die Herstellung wird sich hingegen länger hinziehen, so dass insoweit Zeiträume von zwölf Monaten keine Seltenheit sein werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ( NWB EAAAD-03789, Rz. 157a) ist von einer Unmittelbarkeit auszugehen, wenn entsprechende Aufwendungen für die Anschaffung/Herstellung innerhalb von einem Monat vor Antragstellung bei der ZfA und bis zwölf Monate nach Auszahlung entstanden sind. Aufwendungen für die der Zulageberechtigte bereits eine vertragsmäßige Verwendung im Sinne des WoPG erklärt hat, bleiben insoweit unberücksichtigt, weil ansonsten eine Doppelbegünstigung vorliegen würde.
Den Antrag auf Entnahme hat der Zulageberechtigte - unter Vorlage der notwendigen Nachweise - bei der ZfA zu stellen. Für den Antrag kann der Zulageberechtigte allerdings auch seinen Anbieter bevollmächtigen.
Die zeitlich unmittelbare Verwendung der entnommenen Mittel bedeutet faktisch, dass die Neuregelung des Altersvorsorge-Eigenheimbetrages erst für Anschaffungen/Herstellungen gelten kann, die nach dem durchgeführt wurden, da bei früheren Erwerbsvorgängen das Merkmal der Unmittelbarkeit nicht gegeben ist.
Für die Auslegung des Begriffs der Anschaffung bzw. der Herstellung gelten die allgemeinen Regelungen. Eine Wohnung ist angeschafft, wenn der Erwerber das wirtschaftliche Eigentum an dem Objekt erlangt; das ist regelmäßig der Zeitpunkt, zu dem Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr auf ihn übergehen. Der Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrags oder der Eintragung im Grundbuch ist unerheblich. Erwirbt der Wohnungsnutzer das Eigentum als Erbe, stellt der Eigentumserwerb keine Anschaffung dar. Hergestellt ist eine Wohnung, wenn sie bezugsfertig ist, d. h. wenn die wesentlichen Maßnahmen durchgeführt worden sind (Ver- und Entsorgungsanschlüsse, Türen und Fenster, Heizung, Sanitäreinrichtungen und Kochgelegenheit). Der Zeitpunkt der Bauabnahme ist nicht entscheidend. Der Ausbau oder die Erweiterung einer selbstgenutzten Wohnung stellt keine wohnungswirtschaftliche Verwendung i. S. des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG dar.
(2) Entschuldung
Eine weitere begünstigte Verwendung für den Altersvorsorge-Eigenheimbetrag ist die Entschuldung einer Wohnung. Der Zeitpunkt des ursprünglichen Erwerbs bzw. der Herstellung der Wohnimmobilie ist – im Gegensatz zur Tilgungsförderung – ohne Bedeutung. Die Entnahme von gefördertem Altersvorsorgevermögen ist auch zur teilweisen Entschuldung möglich.
Allerdings ist die Entnahme nur zu Beginn der Auszahlungsphase möglich. Zu diesem Zeitpunkt muss auch eine Selbstnutzung vorliegen, eine vorangegangene Vermietung ist insoweit unerheblich ( NWB EAAAD-03789, Rz. 157c). Der Beginn der Auszahlungsphase und damit der Zeitpunkt der Entnahmemöglichkeit bestimmt sich aus dem Altersvorsorgevertrag, aus dem die Entnahme erfolgen soll. Im Zeitpunkt der Entnahme für die Entschuldung beginnt gleichzeitig die Besteuerung des entsprechenden Wohnförderkontos.
Zu Beginn der Auszahlungsphase ist auch die Entnahme eines Teilkapitalbetrags von bis zu 30 % des zur Verfügung stehenden Kapitals möglich. Beide Arten der Entnahme sind kombinierbar. Bemessungsgrundlage für die in den Regelungen enthaltenen Prozentsätze (bis zu 30 %, bis zu 75 % oder 100 %) ist jeweils das zu Beginn der Auszahlungsphase vorhandene Kapital. D. h. der Steuerpflichtige kann z. B. zunächst 30 % des geförderten Kapitals als Einmalbetrag entnehmen, um dann den gesamten Restbetrag für die Entschuldung seiner selbstgenutzten Immobilie einzusetzen.
(3) Erwerb von Genossenschaftsanteilen
Der Altersvorsorge-Eigenheimbetrag kann auch für den Erwerb eines Pflichtanteils für eine selbstgenutzte Genossenschaftswohnung eingesetzt werden. Der Pflichtanteil ist der Anteil, den der Zulageberechtigte erwerben muss, um eine Genossenschaftswohnung selbst beziehen zu können. Hiervon abzugrenzen ist der Erwerb von weiteren Geschäftsanteilen an einer eingetragenen Genossenschaft.
Die Wohnungsgenossenschaft muss in diesen Fällen nicht die im AltZertG genannten Voraussetzungen für das Anbieten von Altersvorsorgeverträgen erfüllen, da eine entsprechende Bezugnahme in § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG fehlt. Erforderlich ist lediglich, dass es sich um eine in das Genossenschaftsregister eingetragene Genossenschaft handelt.
cc) Begünstigte Wohnung
Als begünstigte Wohnung zählt
eine Wohnung in einem eigenen Haus,
eine eigene Eigentumswohnung,
eine Genossenschaftswohnung einer in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft oder
ein eigentumsähnliches oder lebenslanges Dauerwohnrecht.
Die Wohnung muss , mit Beginn der Selbstnutzung den Lebensmittelpunkt des Zulageberechtigten bilden oder von ihm zu eigenen Wohnzwecken als Hauptwohnsitz im Sinne des Melderechts genutzt werden. Damit stellt der Gesetzgeber zum einen auf das Melderecht ab und ermöglicht, dass insoweit die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags im Wege eines automatisierten Datenabgleichs geprüft werden. Zum anderen stellt er auf den Lebensmittelpunkt und damit auf die tatsächlichen Verhältnisse ab. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss die Wohnung außerdem in Deutschland belegen sein. Der EuGH hat allerdings entschieden ( RS. C-269/07), dass eine entsprechende Begrenzung nur auf inländische Immobilie europarechtswidrig ist (zum Urteil vgl. auch Ring, IWB 20/2009 S. 1013 NWB XAAAD-30708).
Zur begünstigten Wohnung gehört u. E. neben den Anschaffungs-/Herstellungskosten für das Gebäude auch der insoweit erworbene Grund- und Bodenanteil. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Ziels – Bildung von selbstgenutztem Wohneigentum für die spätere Altersvorsorge – ließe sich nur schwer begründen, warum der Grund- und Bodenanteil herauszurechnen sei. Allerdings ist ein unbebautes Grundstück, welches nicht in ummittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung bebaut wird, kein begünstigtes Objekt, da es sich bereits begrifflich nicht um eine Wohnung handelt.
Die begünstigte Wohnung muss vom Zulageberechtigten selbst genutzt werden. Dem Erfordernis der Selbstnutzung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Zulageberechtigte im Alter in der eigenen Wohnung billiger wohnt, als in einer Mietwohnung. Dieser „Nutzungsvorteil” steht nach Auffassung des Gesetzgebers einer Altersrente gleich. Vor diesem Hintergrund, muss die Selbstnutzung, anders als bei der Eigenheimzulage, auf die Wohnzwecke des Eigentümers selbst bezogen sein. Im Hinblick auf die Selbstnutzung ist davon auszugehen, das ein Ehegatte die ihm gehörende Wohnung, die er zusammen mit dem anderen Ehegatten bewohnt, auch dann zu eigenen Wohnzwecken nutzt, wenn der andere Ehegatte ein Wohnrecht an der gesamten Wohnung hat. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt regelmäßig auch vor, wenn die Wohnung in der Form des betreuten Wohnens genutzt wird.
Es ist nicht erforderlich, dass der Zulageberechtigte Alleineigentümer der begünstigten Wohnung wird. Die Anschaffung eines Miteigentumsanteils ist grds. ausreichend. Der Gesetzgeber regelt insoweit lediglich, dass der Entnahmebetrag „für” die Begründung des Eigentums an einer selbstgenutzten Wohnimmobilie eingesetzt werden muss. Die Höhe des Eigentumsanteils ist insoweit von nachrangiger Bedeutung ( NWB EAAAD-03789, Rz. 158a). Dies ist allerdings dann anders zu beurteilen, wenn der Wert des Eigentumsanteils geringer ist als der Entnahmebetrag, weil in diesem Fall der Entnahmebetrag nicht insgesamt „für” die Bildung selbstgenutztem Wohneigentums eingesetzt wurde.
Der Erwerb eines eigentumsähnlichen (unbefristeten und vererbbaren) oder lebenslangen (befristeten und nicht vererbbaren) Dauerwohnrechts nach § 33 WEG wird bei der Verwendung des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags dem Wohneigentum gleichgestellt. Voraussetzung hierfür ist, dass Vereinbarungen i. S. des § 39 WEG getroffen werden, die den Fortbestand des Dauerwohnrechts auch im Falle einer Zwangsversteigerung sicherstellen.
dd) Entnahmebetrag
Der Zulageberechtigte kann bis zu 75 % oder 100 % des geförderten Altersvorsorgekapitals für eine wohnungswirtschaftliche Verwendung aus einem Altersvorsorgevertrag entnehmen. Allerdings kann der Altersvorsorgevertrag auch vorsehen, dass nur eine vollständige Auszahlung des gebildeten Kapitals für eine entsprechende Verwendung werden kann. Sieht der Altersvorsorgevertrag keine Einschräkungen hinsichtlich des Entnahmeumfangs vor, dann wird entweder das gesamte Kapital entnommen oder es verbleibt immer mindestens 25 % auf dem Altersvorsorgevertrag.
Hat der Zulageberechtigte das geförderte Altersvorsorgekapital vollständig entnommen und werden nach erfolgter Entnahme noch Zulagen für die entnommenen Beiträge ausgezahlt, gehören diese mit zum entnehmbaren Betrag. Sie können vom Anbieter damit unmittelbar an den Zulageberechtigten ausgezahlt werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Auszahlung dieser Zulagen nicht mehr in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang mit der wohnungswirtschaftlichen Verwendung steht.
Hat der Zulageberechtigte mehrere Altersvorsorgeverträge, kann er die Entnahmemöglichkeit für jeden dieser Verträge nutzen. Dabei muss der Zeitpunkt der Entnahme aus den einzelnen Verträgen nicht identisch sein. Es ist auch eine mehrmalige Entnahme aus demselben Vertrag zulässig. Jede Entnahme muss jedoch unmittelbar mit einer wohnungswirtschaftlichen Verwendung nach § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG zusammenhängen.
Die Kombination einer Kapitalentnahme und einer Tilgungsförderung für dieselbe wohnungswirtschaftliche Verwendung ist zulässig. Hiervon werden insbesondere Bausparverträge Gebrauch machen. Mit der Auszahlung der Bausparsumme für eine wohnungswirtschaftliche Verwendung, erhält der Bausparer sein angespartes Kapital (Entnahme/Altersvorsorge-Eigenheimbetrag) und das Bauspardarlehen, dessen Tilgung im Rahmen der Tilgungsförderung begünstigt sein kann.
Mit Entnahme des Betrags aus dem Vertrag für die Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum reduziert sich allerdings für den jeweiligen Vertrag die Beitragsgarantie i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AltZertG entsprechend dem Verhältnis von Entnahmebetrag zu dem unmittelbar vor der Entnahme vorhandenen gebildeten Kapital. Erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt eine Rückzahlung, lebt die ursprüngliche Beitragsgarantie nicht erneut auf.
ee) Übergangsregelung
Die neuen Entnahmeregelungen sind grds. auch für bestehende Riester-Verträge anzuwenden. Allerdings gilt für Altersvorsorgeverträge, die bereits vor dem abgeschlossen wurden, für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 noch die bisherige Mindestentnahmegrenze von 10.000 € (§ 52 Abs. 24b Satz 2 EStG). Aufgrund der kurzen Laufzeit der bisherigen Altersvorsorgeverträge (maximal sechs Jahre seit Einführung der Riester-Rente) werden die Anleger die erforderlichen 10.000 € aber in der Regel nicht angespart haben, so dass damit die Entnahmemöglichkeit praktisch bis 2010 blockiert ist. Die Übergangsregelung schreibt allerdings nur die bisherige Mindestentnahmegrenze für eine gewisse Zeit fort, so dass es nicht zu einer Benachteiligung der Anleger kommt. Die Regelung ermöglicht den Anbietern und der Zulagenstelle jedoch, sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen.
d) Wohnförderkonto
Die geförderten Tilgungsbeiträge, die hierfür gewährten Zulagen sowie der entnommene Altersvorsorge-Eigenheimbetrag werden in einem sog. Wohnförderkonto erfasst (§ 92a Abs. 2 Satz 1 EStG). Das Wohnförderkonto dient der Erfassung des in der Immobilie gebundenen steuerlich geförderten Kapitals. Dieser Wert ist die Grundlage für die spätere nachgelagerte Besteuerung. Es erfolgt somit keine Nutzungswertbesteuerung der Wohnimmobilie, sondern lediglich eine Erfassung des tatsächlich geförderten Betrags. Als Ausgleich für die vorzeitige Nutzung des Altersvorsorgekapitals und zur Gleichstellung mit anderen Riester-Produkten wird der in das Wohnförderkonto eingestellte Betrag in der Ansparphase um jährlich 2 % erhöht (§ 92a Abs. 2 Satz 3 EStG).
Diese Erhöhung erfolgt – unabhängig vom Zeitpunkt der Einstellung der entsprechenden Beträge ins Wohnförderkonto – nach Ablauf des jeweiligen Beitragsjahrs; letztmals ist sie im Zeitpunkt des Beginns der Auszahlungsphase vorzunehmen ( NWB EAAAD-03789, Rz. 114b). In der Auszahlungsphase erfolgt jedoch keine 2%ige Erhöhung mehr.
Das Wohnförderkonto ist vom Anbieter vertragsbezogen zu führen ( NWB EAAAD-03789, Rz. 114d). Wird die Geschäftsbeziehung zwischen dem Zulageberechtigten und dem Anbieter im Hinblick auf den betreffenden Altersvorsorgevertrag durch eine vollständige Entnahme des angesparten Kapitals oder eine vollständige Tilgung des gewährten Darlehens beendet, wird das betreffende Wohnförderkonto von dem Anbieter geschlossen und auf die ZfA (§ 92a Abs. 2 Satz 10 Halbsatz 1 EStG), einen anderen Anbieter oder beim selben Anbieter auf einen anderen Vertrag (§ 92a Abs. 2 Satz 11 EStG) übertragen.
Vor einer Übertragung des geschlossenen Wohnförderkontos auf die ZfA hat der Anbieter dem Zulageberechtigten die beabsichtigte Übertragung des Wohnförderkontos mitzuteilen. Der Zulageberechtigte kann dann innerhalb von vier Wochen nach Übersendung des Schreibens gegenüber dem Anbieter schriftlich bestimmen, dass das Wohnförderkonto nicht auf die ZfA übertragen werden soll, sondern mit einem Wohnförderkonto desselben oder eines anderen Anbieters zusammenzuführen ist. Erteilt der Zulageberechtigte eine entsprechende Weisung, hat der bisherige Anbieter das Wohnförderkonto auf den vom Zulageberechtigten bestimmten Anbieter unter Angabe des Stands des Wohnförderkontos und des Zeitpunkts der Beendigung der Geschäftsbeziehung zu übertragen (§ 92a Abs. 2 Satz 15 EStG i. V. mit § 11 Abs. 3 Satz 4 AltvDV). Erhält der Anbieter innerhalb von vier Wochen nach Übersendung der Mitteilung keine Weisung des Zulageberechtigten, hat er der ZfA mit der Übertragung des Wohnförderkontos dessen Stand und den Zeitpunkt der Beendigung der Geschäftsbeziehung mitzuteilen (§ 92a Abs. 2 Satz 14 EStG).
Der Zulageberechtigte hat jederzeit die Möglichkeit, den Stand des Wohnförderkontos zu verringern, indem er einen entsprechenden Betrag auf einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag (Sparvertrag) einzahlt (§ 92a Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EStG). Faktisch handelt es sich hierbei um eine Art Anbieterwechsel. Der Zulageberechtigte überführt das bisher in der Immobilie gebundene steuerlich geförderte Altersvorsorgekapital auf einen anderen zertifizierten Altersvorsorgevertrag. Die im Rahmen der Einzahlung auf den neuen Vertrag eingezahlten Beträge werden nicht erneut gefördert, da es sich bereits um gefördertes Altersvorsorgekapital handelt. Die sich aus den eingezahlten Beträgen ergebenden Altersleistungen unterliegen dann allerdings der nachgelagerten Besteuerung. Dies ist steuersystematisch konsequent, da die ursprünglichen Tilgungsbeiträge bereits gefördert wurden und es sich bei den Zahlungen dem Grunde nach lediglich um einen Wechsel des begünstigten Anlageprodukts handelt. Wird gefördertes Altersvorsorgevermögen z. B. von einem zertifizierten Banksparplan in eine zertifizierte Rentenversicherung transferiert, unterliegen die sich aus der Rentenversicherung insoweit ergebenden Leistungen der nachgelagerten Besteuerung. Auch in diesen Fällen wird auf die im Rahmen des zertifizierten Banksparplans gewährte Förderung abgestellt. Ein vergleichbares System liegt der Umschichtung vom Wohnförderkonto in einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag zugrunde.
Zu Beginn der Auszahlungsphase wird der Saldo des Wohnförderkontos entweder als Einmalbetrag mit 30 % Abschlag (§ 22 Nr. 5 Satz 5 i. V. mit § 92a Abs. 2 Satz 6 EStG) oder verteilt bis zum 85. Lebensjahr besteuert (§ 22 Nr. 5 Satz 4 i. V. mit § 92a Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 und Satz 5 EStG). Für die Einmalbesteuerung muss der Zulageberechtigte zu Beginn der Auszahlungsphase bei dem Anbieter, der das Wohnförderkonto führt, die Auflösung des Wohnförderkontos beantragen. Führt die Zulagenstelle das Wohnförderkonto, muss er die Auflösung dort beantragen. Der Antrag ist spätestens zu Beginn der Auszahlungsphase zu stellen. Ein späterer Antrag ist unbeachtlich. Ohne einen solchen Antrag wird der Stand des Wohnförderkontos ab Beginn der Auszahlungsphase auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 85. Lebensjahres gleichmäßig verteilt jährlich aufgelöst. Eine Progressionsmilderung ist in den Fällen der Einmalbesteuerung nicht vorgesehen.
Der Beginn der Auszahlungsphase ergibt sich grds. aus den vertraglichen Vereinbarungen. Er muss zwischen der Vollendung des 60. und des 68. Lebensjahrs des Zulageberechtigten liegen (§ 92a Abs. 2 Satz 5 EStG). Der vereinbarte Zeitpunkt kann zwischen Anbieter und Zulageberechtigten einvernehmlich bis zu Beginn der Auszahlungsphase geändert werden. Wird das Wohnförderkonto von der ZfA geführt, ist eine Änderung des Auszahlungsbeginns allerdings nicht möglich. Soweit der Vertrag keine anders lautende Vereinbarung enthält, gilt als Beginn der Auszahlungsphase die Vollendung des 67. Lebensjahres.
Gibt der Zulageberechtigte die Selbstnutzung der geförderten Wohnung nicht nur vorübergehend auf, ist das Wohnförderkonto aufzulösen (siehe hierzu Tz. 142, c). Dies gilt auch für den Fall der Aufgabe der Reinvestitionsabsicht im Sinne des § 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 1 und 2 i. V. mit Satz 10 EStG. Der Auflösungsbetrag (§ 92a Abs. 3 Satz 5 EStG) gilt im Zeitpunkt der Aufgabe der Selbstnutzung als Leistung i. S. des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG (§ 22 Nr. 5 Satz 4 EStG).
Gibt der Zulageberechtigte die Selbstnutzung der geförderten Wohnung nach der Einmalbesteuerung innerhalb einer Frist von 20 Jahren nicht nur vorübergehend auf, ist der bisher noch nicht besteuerte Betrag gestaffelt nach der Haltedauer im Zeitpunkt der Aufgabe der Selbstnutzung eineinhalbfach (innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ab Beginn der Auszahlungsphase) oder einfach (in den nachfolgenden zehn Jahren) mit dem individuellen Steuersatz der Besteuerung zu unterwerfen (§ 22 Nr. 5 Satz 6 EStG). Der Tod des Zulageberechtigten führt hingegen nicht zu einer nachgelagerten Besteuerung des noch nicht erfassten Betrags.
Tz. 142 Schädliche Verwendung
a) Rahmenbedingungen für eine steuerunschädliche Auszahlung
Nach den Regelungen des AltZertG darf Altersvorsorgevermögen frühestens mit Vollendung des 60. Lebensjahrs oder mit Beginn der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte oder mit Beginn einer Versorgung nach beamten- oder soldatenversorgungsrechtlichen Regelungen wegen Erreichens der Altersgrenze, ausgezahlt werden. Vor Vollendung des 60. Lebensjahrs können lediglich dann Leistungen an den Steuerpflichtigen ausgezahlt werden, wenn er in seinem Vertrag noch den eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit abgesichert hat und dieser Fall eingetreten ist.
Neben dem Zeitpunkt des Auszahlungsbeginns bestimmt das AltZertG auch die Art der möglichen Auszahlungen. In diesem Zusammenhang ist zwischen den monatlichen und den „einmaligen” Leistungen zu differenzieren.
Die monatlichen Leistungen erfolgen in Form
einer lebenslangen, gleich bleibenden oder steigenden monatlichen Leibrente (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 Buchst. a AltZertG) oder
eines Auszahlungsplans mit gleich bleibenden oder steigenden Raten und unmittelbar anschließender lebenslanger Teilkapitalverrentung spätestens ab dem 85. Lebensjahr des Zulageberechtigten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a AltZertG) oder
einer lebenslangen Verminderung des monatlichen Nutzungsentgelts für eine vom Zulageberechtigten selbst genutzten Genossenschaftswohnung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b AltZertG) oder
einer zeitlich befristeten Verminderung des monatlichen Nutzungsentgelts für eine vom Zulageberechtigten selbst genutzten Genossenschaftswohnung mit einer anschließenden Teilkapitalverrentung ab spätestens dem 85. Lebensjahr des Zulageberechtigten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b AltZertG) oder
einer Hinterbliebenenrente (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AltZertG) oder
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Dienstunfähigkeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AltZertG).
Zahlungen außerhalb der monatlichen Leistungen erfolgen
in Form eines zusammengefassten Auszahlungsbetrags in Höhe von bis zu zwölf Monatsleistungen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG; dies gilt auch bei einer Hinterbliebenen- oder Erwerbsminderungsrente) oder
in Form in der Auszahlungsphase angefallener Zinsen und Erträge (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG) oder
in Form einer Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente i. S. des § 93 Abs. 3 EStG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG; dies gilt auch bei einer Hinterbliebenen- oder Erwerbsminderungsrente) oder
in Form einer einmaligen Teilkapitalauszahlung von bis zu 30 % des zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehenden Kapitals (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG) oder
wenn der Vertrag im Verlauf der Ansparphase gekündigt und das gebildete geförderte Kapital auf einen anderen auf den Namen des Zulageberechtigten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Buchst. b AltZertG) oder
wenn im Fall der Aufgabe der Selbstnutzung der Genossenschaftswohnung, des Ausschlusses, des Ausscheidens des Mitglieds aus der Genossenschaft oder der Auflösung der Genossenschaft mindestens die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge und die gutgeschriebenen Erträge auf einen auf den Namen des Zulageberechtigten lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchstabe a AltZertG) oder
wenn im Fall der Verminderung des monatlichen Nutzungsentgelts für eine vom Zulageberechtigten selbst genutzte Genossenschaftswohnung der Vertrag bei Aufgabe der Selbstnutzung der Genossenschaftswohnung in der Auszahlungsphase gekündigt wird und das noch nicht verbrauchte Kapital auf einen anderen auf den Namen des Zulageberechtigten lautenden Altersvorsorgevertrag desselben oder eines anderen Anbieters übertragen wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 AltZertG) oder
wenn im Falle des Versorgungsausgleichs auf Grund einer internen oder externen Teilung nach den §§ 10 oder 14 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) gefördertes Altersvorsorgevermögen auf einen auf den Namen der ausgleichsberechtigten Person lautenden Altersvorsorgevertrag oder eine nach § 82 Abs. 2 EStG begünstigte betriebliche Altersversorgung übertragen wird (§ 93 Abs. 1a Satz 1 EStG) oder
im Verlauf der Ansparphase als Altersvorsorge-Eigenheimbetrag i. S. des § 92a EStG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Buchst. c AltZertG).
b) Rechtsfolgen einer schädlichen Verwendung
Wird das steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen nicht im Rahmen der genannten Bedingungen ausgezahlt, handelt es sich grds. um eine schädliche Verwendung. Der Zulageberechtigte hat dann die auf das ausgezahlte Altersvorsorgevermögen entfallenden Zulagen sowie den entsprechenden Anteil der gesondert festgestellten Steuerermäßigung zurückzuzahlen. Außerdem sind die im ausgezahlten Kapital enthaltenen Erträge und Wertsteigerungen zu versteuern (§ 22 Nr. 5 Satz 3 EStG). Wird nur ein Teil des geförderten Altersvorsorgevermögens schädlich verwendet, wird auch die steuerliche Förderung nur insoweit zurückgefordert.
Besonderheiten ergeben sich, wenn der Altersvorsorgevertrag mit einer Zusatzversicherung – s. oben Tz. 132, b, ee (11) – verbunden ist. Die hierfür eingesetzten Beiträge – die sich aus den Eigenbeiträgen, den Zulagen und den hierauf entfallenden Erträgen und Wertsteigerungen zusammensetzen – bleiben bei der Berechnung des Rückforderungsbetrags sowie des zu versteuernden Betrags außer Betracht (§ 93 Abs. 1 Satz 3 Buchst. b EStG).
Eine schädliche Verwendung ist grds. auch im Falle der Vererbung anzunehmen, denn hier wird das Kapital nicht an den Zulageberechtigten, sondern an Dritte ausgezahlt. Nach dem AltZertG werden als Altersvorsorgeverträge auch solche Verträge anerkannt, bei denen im Zeitpunkt des Tods des Berechtigten noch ein Kapitalstock vorhanden ist, der nicht an die Solidargemeinschaft der Anleger fällt, sondern der Erbmasse zugute kommt. Hierbei kann es sich z. B. um Investment- oder Banksparverträge handeln. Wird in diesen Fällen steuerlich gefördertes Altersvorsorgevermögen an die Erben ausgezahlt, handelt es sich insoweit um eine schädliche Verwendung, da das Kapital nicht an den Zulageberechtigten ausgezahlt wird.
Eine Ausnahme gilt, wenn bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen, das steuerlich geförderte Altersvorsorgekapital im Falle des Tods des Zulageberechtigten auf einen Altersvorsorgevertrag seines Ehegatten eingezahlt wird. Hierbei ist unschädlich, wenn der verstorbene Ehegatte einen Altersvorsorgevertrag mit einer Rentengarantiezeit abgeschlossen hat und die jeweiligen Rentengarantieleistungen fortlaufend mit dem jeweiligen Auszahlungsanspruch und nicht kapitalisiert unmittelbar zugunsten des zertifizierten Altersvorsorgevertrags des überlebenden Ehegatten übertragen werden. Diese Übertragungsmöglichkeit ist unabhängig davon, ob der überlebende Ehegatte zum begünstigten Personenkreis nach § 10a Abs. 1 EStG gehört bzw. ob er bereits einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hat.
c) Schädliche Verwendung beim Altersvorsorge-Eigenheimbetrag und Tilgungsförderung
Die Rechtsfolgen einer schädlichen Verwendung treten ein, wenn der Zulageberechtigte die Selbstnutzung der geförderten Wohnung nicht nur vorübergehend oder das Eigentum an der geförderten Wohnung vollständig aufgibt. Die Aufgabe der Selbstnutzung ist immer dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung nicht mehr selbst bewohnt. Von einer nur vorrübergehenden Aufgabe der Selbstnutzung kann bei einem Zeitraum von bis zu einem Jahr ausgegangen werden ( NWB EAAAD-03789, Rz. 162). Bei anteiliger Aufgabe des Eigentums erfolgt die Auflösung des Wohnförderkontos und Besteuerung des Auflösungsbetrags insoweit, als der Stand des Wohnförderkontos die dem verbleibenden Miteigentumsanteil entsprechenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigt.
Der Zulageberechtigte hat die Aufgabe der Selbstnutzung demjenigen anzuzeigen, der das Wohnförderkonto führt (§ 92a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG). In diesen Fällen erfolgt eine unmittelbare Besteuerung des in das Wohnförderkonto eingestellten Betrags (§ 22 Nr. 5 Satz 4 i. V. mit § 92a Abs. 3 Satz 5 EStG).
Ist der Zulageberechtigte verstorben und wird die Selbstnutzung durch den überlebenden Ehegatten nicht fortgesetzt, geht die Anzeigepflicht auf den Rechtsnachfolger über. Außerdem wird der zu versteuernde Betrag dem Erblasser zugerechnet, der diesen in seiner letzten Einkommensteuererklärung zu versteuern hat (§ 92a Abs. 3 Satz 6 EStG).
Besteht ein Wohnförderkonto, weichen die Rechtsfolgen einer schädlichen Verwendung – Besteuerung des Wohnförderkontos – von denen bei einem „klassischen” Riester-Vertrag ab. Bei den Riester-Sparprodukten erfolgt eine Rückforderung der Zulagen und der gewährten Steuervorteile. Damit berücksichtigt der Gesetzgeber die Besonderheiten des Wohneigentums.
Die Rechtsfolgen der schädlichen Verwendung treten ein, wenn der Zulageberechtigte die Selbstnutzung „nicht nur vorübergehend” aufgibt. Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn die Wohnung mehr als ein Jahr nicht mehr von ihm selbst genutzt wird.
Eine schädliche Verwendung wird allerdings in den wenigsten Fällen tatsächlich vorliegen, da der Gesetzgeber eine Fülle von Ausnahmen geregelt hat, in denen vom Grundsatz – schädliche Verwendung – eine Ausnahme gemacht wird. So unterbleibt eine sofortige Besteuerung, wenn
der Zulageberechtigte einen Betrag in Höhe des Stands des Wohnförderkontos innerhalb eines Jahrs vor und vier Jahren nach Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem die Selbstnutzung aufgegeben wurde, für eine weitere förderfähige Wohnung verwendet (§ 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 1 EStG),
der Zulageberechtigte einen Betrag in Höhe des Stands des Wohnförderkontos innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem die Selbstnutzung aufgegeben wurde, auf einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag zahlt (§ 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 EStG),
bei zusammenveranlagten Ehegatten der Ehegatte des verstorbenen Zulageberechtigten die Wohnung weiter selbst nutzt (§ 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 3 EStG),
die Ehewohnung aufgrund einer richterlichen Entscheidung dem Ehegatten des Zulageberechtigten zugewiesen wird (§ 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 EStG),
der Zulageberechtigte krankheits- oder pflegebedingt die Wohnung nicht mehr bewohnt, sofern er Eigentümer dieser Wohnung bleibt, sie ihm weiterhin zur Selbstnutzung zur Verfügung steht und sie nicht von Dritten, mit Ausnahme seines Ehegatten, genutzt wird
oderdie selbstgenutzte Wohnung aufgrund eines beruflich bedingten Umzugs für die Dauer der beruflich bedingten Abwesenheit nicht selbst genutzt wird, der Steuerpflichtige beabsichtigt, die Selbstnutzung wieder aufzunehmen und die Selbstnutzung spätestens mit der Vollendung des 67. Lebensjahres des Steuerpflichtigen wieder aufgenommen wird; wird während der beruflich bedingten Abwesenheit mit einer anderen Person ein Nutzungsrecht vereinbart, muss die Vereinbarung von vorneherein entsprechend befristet werden (§ 92a Abs. 4 EStG).
Wie bei einem klassischen Riester-Sparprodukt können die Rechtsfolgen einer schädlichen Verwendung auch in der Auszahlungsphase auftreten. Die steuerliche Förderung soll dem Zweck dienen, den Zulageberechtigten beim Aufbau einer lebenslangen Altersversorgung zu unterstützen. Entscheidet er sich dazu, das geförderte Altervorsorgevermögen für einen anderen Zweck einzusetzen, dann ist eine Rückforderung der Förderung nur konsequent. Eine vergleichbare Regelung wurde auch für die selbstgenutzte Wohnimmobilie vorgesehen.
Die steuerlichen Folgen der schädlichen Verwendung in der Auszahlungsphase hängen davon ab, ob sich der Zulageberechtigte für eine jährliche oder eine einmalige nachgelagerte Besteuerung entschieden hat. Im erstgenannten Fall reduziert sich jedes Jahr der Stand des Wohnförderkontos um den nachgelagert besteuerten Betrag. Gibt der Zulageberechtigte die Selbstnutzung auf, dann ist der noch im Wohnförderkonto eingestellte Betrag zu versteuern. Hat er sich für die Einmalbesteuerung entschieden, hat er bis zum zehnten Jahr nach dem Beginn der Auszahlungsphase das Eineinhalbfache der noch nicht besteuerten 30 % des Wohnförderkontos zu versteuern, vom zehnten bis zum zwanzigsten Jahr nach dem Beginn der Auszahlungsphase das Einfache (§ 22 Nr. 5 Satz 6 EStG). Im Falle des Todes des Zulageberechtigten erfolgt nach der Einmalbesteuerung jedoch keine Besteuerung des Restbetrags mehr.
d) Wegzug oder Entsendung ins Ausland
Bei Beendigung der unbeschränkte Einkommensteuerpflicht wird durch § 95 Abs. 1 EStG eine schädliche Verwendung des geförderten Altersvorsorgekapitals fingiert und damit die Verpflichtung zur Rückzahlung der steuerlichen Förderung ausgelöst (vgl. auch NWB GAAAC-71941). Der Rückforderungsbetrag wird jedoch bis zum Beginn der Auszahlungsphase zinslos gestundet. Der Zulageberechtigte wird also solange nicht in Anspruch genommen, wie er keine Leistungen aus dem Altersvorsorgevertrag erhält. Mit Beginn der Auszahlungsphase hat er die gestundete Rückzahlungsverpflichtung mit 15 % der ausgezahlten Altersvorsorgeleistungen zu tilgen. Es handelt sich hier weder um eine „Wegzugsbesteuerung” noch eine den Doppelbesteuerungsabkommen widersprechende nachgelagerte Besteuerung, sondern um die Rückforderung einer staatlichen Subvention.
Der EuGH hat im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission nach Art. 226 EG festgestellt, dass Deutschland durch die Einführung und Beibehaltung der Vorschriften zur ergänzenden Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) in den §§ 79 bis 99 EStG gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 39 EG und Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1612/68 v. über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sowie aus Art. 18 EG verstoßen hat (zum Urteil vgl. Ring, IWB 20/2009 S. 1013 NWB XAAAD-30708; Hilbertz, NWB 39/2009, S. 3016 NWB ZAAAD-28322).
So hat der EuGH hat entschieden, dass Grenzarbeitnehmern und deren Ehegatten auch dann die Altersvorsorgezulage zu gewähren ist, wenn sie nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind. Die Rüge der Europäischen Kommission und damit die Entscheidung des EuGH bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Einbeziehung einer bestimmten Gruppe von Grenzarbeitnehmern in den zulageberechtigten Personenkreis. Hierbei handelt es sich um in Österreich und Frankreich lebenden Arbeitnehmern, die in Deutschland arbeiten und in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind. Erfasst sind auch nur diejenigen Grenzarbeitnehmer, die in unmittelbarer Grenznähe leben (ca. 30-Kilometer-Zone). Für diese Grenzarbeitnehmer ist nach den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und diesen Ländern eine ausschließliche Steuerpflicht im Wohnsitzstaat (d. h. in Österreich / Frankreich) vorgesehen. Der EuGH begründet die eutroparechtliche Notwendigkeit einer Einbeziehung dieser Personengruppe damit, dass die Grenzarbeitnehmer in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind und daher auch die Möglichkeit haben müssen, die als Ausgleich für die Rentenkürzungen 2001 eingeführte Altervorsorgezulage - unabhängig von ihrem steuerlichen Status - in Anspruch zu nehmen (zum Urteil vgl. Ring, IWB 20/2009 S. 1013 NWB XAAAD-30708; Hilbertz, NWB 39/2009 S. 3016 NWB ZAAAD-28322).
Der EuGH rügt weiterhin, dass es Grenzarbeitnehmern nicht gestattet ist, die Zulagenförderung für eine im Ausland belegene Immobilie zu verwenden. Diese Entscheidung ist im Hinblick auf die Ausweitung der Förderberechtigung auf – im Ausland lebende und im Inland arbeitende – Grenzarbeitnehmer konsequent. Wenn den Grenzarbeitnehmern die Förderung eröffnet werden soll, dann bezieht sich dies – so auch die Entscheidung des EuGH – auf das gesamte Förderspektrum.
Außerdem hat der EuGH die strenge Wechselbeziehung zwischen der Steuerfreistellung der Altersvorsorgebeiträge durch die Zulagengewährung und den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG auf der einen Seite und der späteren Besteuerung der Altersleistung aus dem Altersvorsorge-vertrag auf der anderen Seite nicht anerkannt. Er ist der Auffassung, dass die Zulagenförderung eine soziale Leistung darstellt, die die mit der Rentenreform 2001 vorgenommenen Leistungseinschnitte ausgleichen solle. Vor diesem Hintergrund widerspreche es dem Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Zulage im Falle der Wohnsitzverlegung ins Ausland zurückzufordern. Der EuGH hat daher auch eine Rechtfertigung aus Gründen der steuerlichen Kohärenz nicht akzeptiert. Diese Rüge des EuGH bezieht sich somit auf die Wirkungsweise des § 95 EStG.
Die Bundesregierung beabsichtigt das Urteil schnellstmöglich umzusetzen.
Wurde die unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund einer Entsendung ins Ausland i. S. des § 4 SGB IV beendet und ist der Steuerpflichtige auch für den Entsendezeitraum in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, hat er bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen die Möglichkeit, die steuerliche Förderung auch für den Zeitraum der Ansässigkeit im Ausland in Anspruch zu nehmen. Der Betroffene kann bei Rückkehr in das Inland und der erneuten Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht eine rückwirkende Zulage beantragen. Das entsprechende Vordruckmuster für den Zulageantrag für die Kalenderjahre der Entsendung/Zuweisung ist mit Bekanntmachung v. , BStBl 2007 I S. 609 veröffentlicht worden.
IV. Steuerbegünstigung von Spenden
Tz. 143 Allgemeines
Das Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht stand in den letzten Jahren häufig im Mittelpunkt gesetzgeberischer Aktivitäten. So enthielt insbesondere das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. (BGBl 2007 I S. 2332) zahlreiche wichtige Verbesserungen im Bereich des Spenden- und Gemeinnützigkeitsrechts (vgl. auch Fischer, NWB F. 2 S. 9439 ff. NWB UAAAC-59186). So wurde u. a. die bisherige Unterscheidung zwischen gemeinnützigen Zwecken in der AO und den spendenbegünstigten Zwecken aufgegeben, die steuerlichen Höchstgrenzen für den Spendenabzug vereinheitlicht und auf 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte angehoben, der Höchstbetrag für bestimmte Spenden an Stiftungen wurde von 307.000 € auf 1.000.000 € erhöht, außerdem wurde der bei der Ausstellung unrichtiger Zuwendungsbestätigungen und fehlverwendeten Zuwendungen anzusetzende Haftungsprozentsatz von 40 % auf 30 % gesenkt. Die Neuregelungen gelten für alle nach dem geleisteten Zuwendungen. Ausführlich zum Spendenrecht vgl. Nolte, NWB 2009, S. 2236 ff. NWB NAAAD-24201.
Mit dem JStG 2009 v. 19. 12. 2008 (BGBl 2008 I S. 2794) und dem Gesetz zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz) v. (BGBl 2008 I S. 2850) nimmt der Gesetzgeber erneut Änderungen im Spenden- und Gemeinnützigkeitsrechts vor. So können künftig auch Zuwendungen an ausländische steuerbegünstigte Körperschaften als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die Tätigkeit der betreffenden Körperschaft einen Inlandsbezug aufweist. Darüber hinaus wird im Rahmen der Haftungsvorschriften bei nicht zweckentsprechender Verwendung von Zuwendungen geregelt, dass vorrangig der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen ist. Verfahrenstechnisch besteht ab dem außerdem die Möglichkeit, dass Zuwendungsbestätigungen – unter bestimmten Bedingungen – per Datensatz vom Zuwendungsempfänger an die Finanzverwaltung übermittelt werden.
Tz. 144 Abziehbare Ausgaben: Zuwendungen
Ausgaben zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52–54 AO werden gemeinhin als Spenden bezeichnet, obschon zu den begünstigten Ausgaben neben den Spenden auch Mitgliedsbeiträge gehören können (vgl. Nolte, NWB 2009, S. 2236 (2243) NWB NAAAD-24201). Oberbegriff für beide Ausgabearten ist der Begriff der Zuwendung (so ausdrücklich § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG). Zuwendungen sind unentgeltliche freiwillige Ausgaben zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke.
a) Unentgeltlichkeit
Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn der Ausgabe keine konkrete Gegenleistung der gemeinnützigen Körperschaft gegenübersteht (vgl. hierzu auch NWB HAAAD-16022). Steht die Ausgabe mit einer Leistung des Zuwendungsempfängers an den Zuwendenden in Zusammenhang, handelt es sich um einen Leistungsaustausch und nicht um eine unentgeltliche Leistung. Die Teilentgeltlichkeit wird der Vollentgeltlichkeit gleichgestellt (, BStBl 1987 II S. 850). Der Kauf einer Wohlfahrtsbriefmarke ist daher keine Spende. Der Käufer erhält nämlich für den von ihm gezahlten Preis – auch wenn darin ein bestimmter Anteil für einen steuerbegünstigten Zweck enthalten ist – eine Gegenleistung in Form des Frankaturwerts. Dies gilt auch für Eintrittsgelder zu Wohltätigkeitsveranstaltungen. Ein wirtschaftlicher Vorteil und damit eine Gegenleistung liegt z. B. vor bei der Einstellung eines vom Bundeskartellamt eingeleiteten Verfahrens gegen eine Bußgeldzahlung ( EFG 1979, 280). Ebenso können Eltern, deren Kinder die Schule eines gemeinnützigen Schulvereins besuchen, nicht zur Deckung der entstehenden Schulkosten steuerwirksam spenden. Zuwendungen der Eltern, die über den Betrag hinausgehen, der erforderlich ist, um die Kosten des normalen Schulbetriebs zu decken, können allerdings im Rahmen des § 10b Abs. 1 EStG berücksichtigt werden (, BStBl 2000 II S. 65). Wenn der Spender für seine Spende öffentlich geehrt wird, ist darin noch keine Gegenleistung zu sehen. Nicht berücksichtigt werden können jedoch sog. Beitrittsspenden zu einem Golfclub, da die Zahlung als Eintrittsgeld in den Verein und damit als Gegenleistung für den Erwerb der Mitgliedschaft und die Spielberechtigung zu werten ist (, BStBl 2007 II S. 8).
b) Freiwilligkeit
Die Zuwendung muss ohne das Bestehen einer rechtlichen Verpflichtung erbracht werden. Ausreichend für das Vorliegen der Freiwilligkeit ist bereits, dass eine Verpflichtung als solche freiwillig eingegangen worden ist. Begünstigt kann daher grds. auch die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen sein (zur Berücksichtigung von Mitgliedsbeiträgen vgl. unter Tz. 144, d).
Ein Strafverfahren kann unter bestimmten Umständen auch eingestellt werden, wenn der Beschuldigte einen Geldbetrag an eine gemeinnützige Einrichtung zahlt (§ 153a StPO). Diese Ausgaben erfolgen jedoch zum einen nicht freiwillig, zum anderen werden sie nicht in der Absicht getätigt, steuerbegünstigte Zwecke zu fördern, sondern nur um eine endgültige Verfahrenseinstellung zu erreichen. Darum scheidet eine Berücksichtigung im Rahmen des § 10b EStG aus (vgl. NWB HAAAD-16022, Tz. 4.2, m.w.N.).
c) Ausgabe
Ausgaben sind alle Wertabgaben, die aus dem Vermögen des Zuwendenden tatsächlich abfließen. Keine Wertabgabe aus dem Vermögen des Zuwendenden und damit keine Spende i. S. des § 10b EStG liegt z. B. im Falle einer Organspende vor ( NWB LAAAD-15510), oder auch wenn der Steuerpflichtige an einer Quizshow teilnimmt und er sich vorher vertraglich damit einverstanden erklärt, dass der von ihm erspielte Gewinn in seinem Namen an eine von ihm benannte gemeinnützige Einrichtung gestiftet wird ( NWB WAAAC-37061). Bei den steuerlich relevanten Ausgaben kann es sich um Geldzuwendungen oder um Sachzuwendungen handeln.
Keine Ausgaben sind Dienstleistungen oder die Überlassung von Nutzungsmöglichkeiten, die der begünstigten Körperschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden (§ 10b Abs. 3 Satz 1 EStG). Setzt der Steuerpflichtige z. B. seine Arbeitskraft oder seinen privaten Pkw unentgeltlich für seinen Verein ein, kann ihm der Verein hierüber, z. B. in Höhe des üblichen Nutzungsentgelts bzw. der entstandenen Kosten, keine steuerbegünstigte Zuwendung bestätigen. Dies gilt auch für die Nutzung des privaten Arbeitszimmers durch den Vereinsvorsitzenden.
Ist hingegen die Zahlung eines Entgelts bzw. einer Aufwandsentschädigung vereinbart worden, kann es sich beim Verzicht auf diesen Erstattungsanspruch um eine sog. Aufwandsspende handeln. Voraussetzung ist, dass sich der Aufwendungsersatzanspruch aus einem Vertrag oder der Satzung ergibt (§ 10b Abs. 3 Satz 4 EStG). Außerdem ist erforderlich, dass der Anspruch vor der zum Aufwand führenden Tätigkeit ernsthaft eingeräumt wurde ( NV NWB JAAAC-61494; NWB IAAAB-83804; vgl. auch zur „Spende” der Siegprämie aus einem Fernsehquiz NWB FAAAC-73839) und nicht nur unter der Bedingung des späteren Verzichts stand (so ausdrücklich § 10b Abs. 3 Satz 5 EStG). Der Betroffene muss daher nach Entstehung des Anspruchs noch die Wahl haben, ob er den Anspruch geltend macht oder ob er ihn spendet. Der Erstattungsanspruch des Spender muss somit zum Zeitpunkt der Zusage und des Verzichts werthaltig gewesen sein ( NV NWB JAAAC-61494).
Gegenstand einer Spende können auch Wirtschaftsgüter sein (§ 10b Abs. 3 EStG). Es ist hierbei unerheblich, ob es sich um gebrauchte oder neuwertige Gegenstände handelt. Die Zuwendung ist i. d. R. mit dem gemeinen Wert (s. Tz. 72) des „gespendeten” Gegenstands zu bewerten. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Gegenstand vorher aus einem Betriebsvermögen entnommen wurde. In diesem Fall ist als Wert höchstens der Entnahmewert (einschließlich USt) anzusetzen. Um zu verhindern, dass durch die Bewertung der Entnahme mit dem gemeinen Wert die in dem betreffenden Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt und vom Spender versteuert werden müssen, kann der Unternehmer die Entnahme mit dem Buchwert ansetzen (Buchwertprivileg). Es darf dann allerdings nur eine Zuwendung in Höhe dieses Werts bescheinigt werden. Der Ansatz des gemeinen Wertes ist auch dann ausgeschlossen, wenn durch die Veräußerung des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Zuwendung ein Besteuerungstatbestand ausgelöst worden wäre (§ 10b Abs. 3 Satz 3 EStG). Mit dieser Einschränkung will der Gesetzgeber verhindern, dass z. B. eine Beteiligung im Sinne des § 17 EStG, die einer gemeinnützigen Einrichtung zugewendet wird, mit dem gemeinen Wert bewertet werden kann. Da die Zuwendung keinen Realisationstatbestand i. S. des § 17 EStG auslöst und es somit nicht zur Entstehung eines Veräußerungsgewinns kommt, würde der Zuwendende eine Zuwendungsbestätigung über den gemeinen Wert der Beteiligung erhalten, ohne das die Differenz zwischen den fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten und dem gemeinen Wert der Beteiligung bereist einmal steuerlich erfasst worden wäre. Der Gesetzgeber regelt bestimmt daher – vergleichbar der vorherigen Entnahme des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen –, dass die Zuwendungshöhe in diesen Fällen die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur dann überschreiten darf, soweit bereits eine entsprechende Gewinnrealisierung stattgefunden hat (§ 10b Abs. 3 Satz 4 EStG). Dies entspricht den Bewertungsgrundsätzen die anzuwenden sind, wenn das gespendete Wirtschaftsgut vor der Zuwendung aus einem Betriebsvermögen entnommen worden wäre, denn auch in diesen Fällen ist maximal der Entnahmewert des Gegenstands als Zuwendung zu bescheinigen.
d) Abziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen bestimmten gemeinnützigen Zwecken, zu deren Förderung Mitgliedsbeiträge als Zuwendungen nach § 10b EStG abziehbar sind und anderen, bei denen eine entsprechende Abzugsmöglichkeit nicht gegeben ist. So können Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die bestimmte gemeinnützige Zwecke fördern (Sport, kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, Heimatpflege und Heimatkunde oder Zwecke i. S. der § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO) nicht als Zuwendungen abgezogen werden (§ 10b Abs. 1 Satz 3 EStG). Werden hingegen andere gemeinnützige Zwecke verfolgt, ist eine Abziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen gegeben.
Das Abzugsverbot betrifft insbesondere Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die kulturelle Betätigungen fördern, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen (vgl. hierzu auch NWB HAAAD-16022, Tz. 5). Hierbei handelt es sich um Körperschaften, die die von den Mitgliedern aktiv ausgeführten eigenen kulturellen Betätigungen fördern (z. B. Laientheater, Laienchor, Laienorchester). Demgegenüber sind Mitgliedsbeiträge an sog. Kulturfördervereine als Sonderausgaben abziehbar (§ 10b Abs. 1 Satz 2 EStG). Der steuermindernden Berücksichtigung der Mitgliedsbeiträge an Kulturfördervereine steht auch nicht die eventuelle Gewährung von Vergünstigungen durch die geförderte Einrichtung entgegen (z. B. Jahresgaben, verbilligter Eintritt, Veranstaltungen für Mitglieder). Die Finanzverwaltung hatte insoweit ursprünglich eine andere Auffassung vertreten (vgl. , BStBl 2006 I S. 216, bereits ausgesetzt durch , BStBl 2007 I S. 75), die damit obsolet geworden ist.
Tz. 145 Steuerbegünstigte Zwecke
a) Begünstigte Zwecke ohne Parteispenden
Steuerlich abziehbar sind Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52–54 AO (ausführlich hierzu Nolte, NWB 2009, S. 2236 ff. NWB NAAAD-24201). Bis zum waren nur Zuwendungen zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke begünstigt. Die Einzelheiten ergaben sich insbesondere aus § 48 EStDV a. F. und der dazugehörigen Anlage 1. Ab dem ergeben sich die nach § 10b EStG begünstigten Zwecke ausschließlich nach § 52 AO, so dass jede Körperschaft, die nach § 52 AO wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke als gemeinnützig anerkannt wurde, auch steuerlich abziehbare Zuwendungen entgegennehmen kann.
Der § 52 Abs. 2 AO wurde um eine sog. Öffnungsklausel ergänzt. Diese soll den Finanzbehörden die Gelegenheit geben, auf sich ändernde gesellschaftliche Verhältnisses flexibel reagieren zu können. Zuständig für die Anwendung der Öffnungsklausel ist – je Bundesland – eine von den obersten Finanzbehörden der Länder bestimmte Stelle. Demnach kann eine Körperschaft als gemeinnützig – und damit als Zuwendungsempfänger nach § 10b EStG – anerkannt werden, wenn die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird. Praktisch dürfte der Anwendungsbereich für die Öffnungsklausel allerdings begrenzt sein, da die im Katalog des § 52 Abs. 2 AO enthaltenen Zwecke sehr weit gefasst sind und damit erhebliche Auslegungsspielräume eröffnen. Bedeutung hat die Öffnungsklausel jedoch für Körperschaften, die bisher nur gemeinnützig waren und deren bisher begünstigter Zweck nicht in den Katalog des § 52 Abs. 2 AO Eingang gefunden hat. Für diese Einrichtungen besteht nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO nun die Möglichkeit, die Gemeinnützigkeit zu erhalten.
Grundsätzlich kann jeder steuerbegünstigte Zweck auch im Ausland verwirklicht werden, es sei denn, die Fördermaßnahmen sind nur auf das Inland beschränkt (z. B. Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege i. S. des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder).
Hieran ändert sich auch nichts durch den im Jahressteuergesetz 2009 eingeführten Inlandsbezug (§ 51 Abs. 2 AO). Werden steuerbegünstigte Zwecke im Ausland verwirklicht, dann ist für das Vorliegen der Gemeinnützigkeit ein sog. Inlandsbezug erforderlich (kritisch hierzu Lehr, NWB direkt 7/2009 S. 142 NWB VAAAD-05710). Die Tatbestandsmerkmale des § 51 Abs. 2 AO müssen aber nur und insoweit vorliegen, als die sonstigen Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit - im bisherigen Umfang – gegeben sind und die Körperschaft jedoch (auch) im Ausland tätig wird. Falls der Bezug zu Deutschland dabei nicht schon durch die Förderung der hier lebenden natürlichen Personen unabhängig von deren Staatsangehörigkeit – gegeben sein sollte, ist die Alternative des „möglichen Beitrags zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland” bei in Deutschland ansässigen Organisationen ohne besonderen Nachweis bereits dadurch erfüllt, dass sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Ausland beteiligen (Indizwirkung). Der Feststellung der positiven Kenntnis aller im Ausland Begünstigten oder aller Mitwirkenden von der Beteiligung deutscher Organisationen bedarf es insoweit nicht. Es kommt lediglich darauf an, dass das Ansehen Deutschlands gefördert werden „kann”. Eine spürbare oder messbare positive Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands im Ausland ist nicht erforderlich. Die Verwirklichung förderungswürdiger Zwecke von inländischen gemeinnützigen Körperschaften im Ausland wird durch die Aufnahme des Inlandsbezugs somit faktisch nicht tangiert.
Zuwendungen können allerdings nur dann als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine inländische öffentliche Dienststelle oder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden.
b) Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien und unabhängige Wählervereinigungen
Zuwendungen an Parteien können nach § 34g EStG und § 10b Abs. 2 EStG berücksichtigt werden. Mitgliedsbeiträge und Spenden werden nur insoweit als Sonderausgaben (im Rahmen gewisser Höchstgrenzen) berücksichtigt, als für sie keine Steuerermäßigung nach § 34g EStG (bis 825 €, bei Zusammenveranlagung bis 1.650 €) in Betracht kommt. Nur für die nicht berücksichtigten Zuwendungen kann ein Sonderausgabenabzug nach § 10b Abs. 2 EStG (bis 1.650 €, bei Zusammenveranlagung bis 3.300 €) beansprucht werden.
Es besteht für den Steuerpflichtigen grds. kein Wahlrecht zwischen der Steuerermäßigung nach § 34g EStG und dem Sonderausgabenabzug. Nur in den Fällen, in denen sich die Zuwendungen nach § 34g EStG nicht auswirken, ist ausnahmsweise eine vorrangige Geltendmachung im Rahmen des § 10b Abs. 2 EStG möglich.
Zuwendungen können nur dann als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn es sich bei dem Zuwendungsempfänger um eine Partei i. S. des Parteiengesetzes handelt. Welche Vereinigungen diese Kriterien erfüllen, ergibt sich aus einer von der Finanzverwaltung geführten Liste. Ist eine Vereinigung nicht in der Liste aufgeführt, werden Zuwendungsbestätigungen erst anerkannt, wenn die jeweilige oberste Landesfinanzbehörde die Parteieigenschaft festgestellt hat.
Einen Sonderausgabenabzug für Zuwendungen an unabhängige Wählergemeinschaften sieht das Gesetz nicht vor. Für entsprechende Mitgliedsbeiträge und Spenden wird eine Steuerermäßigung nach § 34g EStG gewährt; s. Tz. 272.
Tz. 146 Zuwendungsempfänger
Die Zuwendungen dürfen als Sonderausgaben nur abgezogen werden,
wenn der Empfänger der Zuwendung eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts (z. B. Bund, Länder, Gemeinden, katholische Kirche) oder eine inländische öffentliche Dienststelle (z. B. Universitäten, Forschungsinstitute) oder
eine in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG bezeichnete steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse
ist (§ 10b Abs. 1 Satz 1 EStG).
Da die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für ausländische Organisationen bisher nicht in Betracht kam, waren somit nur Spenden und Zuwendungen an inländische Einrichtungen begünstigt. Aufgrund des , Stauffer NWB AAAAC-16451 wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 eine entsprechende Ergänzung des KStG vorgenommen (so auch , Hein Persche NWB RAAAD-05490). So werden ausländische steuerbegünstigte Körperschaften (EU/EWR-Ausland), die die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllen (Gemeinnützigkeit), den inländischen steuerbegünstigten Körperschaften gleichgestellt (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG). Damit kommen auch ausländische steuerbegünstigte Körperschaften als Zuwendungsempfänger in Betracht. In diesem Zusammenhang muss auch die Ergänzung des § 51 Abs. 2 AO (Einführung eines Inlandsbezugs für die Gewährung der Gemeinnützigkeit) gesehen werden. Für die inländischen gemeinnützigen Körperschaften unterstellt der Gesetzgeber den Inlandsbezug ihrer Tätigkeit. Für ausländischen steuerbegünstigte Körperschaften ist die Gleichbehandlung mit den inländischen steuerbegünstigten Körperschaften nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG hingegen davon abhängig, ob das Wirken der Körperschaft im Ausland einen Inlandsbezug aufweist. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Begünstigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aus.
Bei Zuwendungen an Parteien und unabhängige Wählervereinigungen muss der Zuwendungsempfänger entweder eine politische Partei (§ 10b Abs. 2 EStG, § 34g Satz 1 Nr. 1 EStG) oder ein Verein i. S. des § 34g Satz 1 Nr. 2 EStG sein. Gehören Bewerber für politische Ämter weder einer Partei noch einem Verein an, können Zuwendungen an diese Einzelbewerber weder nach § 10b Abs. 2 EStG noch nach § 34g EStG berücksichtigt werden.
Tz. 147 Zuwendungsbestätigung
Zuwendungen nach § 10b EStG oder § 34g EStG dürfen nur abgezogen werden, wenn sie durch eine förmliche Zuwendungsbestätigung nachgewiesen worden sind (§ 50 EStDV). Diese Bestätigung ist materiell-rechtliche Voraussetzung für den Spendenabzug.
Die Zuwendungsbestätigung muss nach einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck ausgestellt werden (zu den Voraussetzungen maschinell erstellter Zuwendungsbestätigungen vgl. R 10b.1 Abs. 4 EStR). Diese von der Finanzverwaltung veröffentlichten Vordrucke (s. Bekanntmachung v. , BStBl 2008 I S. 4) haben den Charakter von verbindlichen Mustern. Sie differieren nach dem Zuwendungsempfänger und der Zuwendungsart. Jeder potenzielle Zuwendungsempfänger hat selbst einen auf ihn individuell zugeschnittenen Vordruck zu erstellen. Hierzu muss er nicht alle Angaben aus den veröffentlichten Mustern übernehmen, sondern lediglich die in seinem konkreten Fall einschlägigen Formulierungen. Bei Sachspenden sind nicht nur der Wert des Wirtschaftsguts, sondern alle für die Wertermittlung relevanten Tatsachen (z. B. Alter, Zustand, ursprünglicher Kaufpreis) anzugeben. Der Zuwendungsempfänger hat ebenso anzugeben, ob die Zuwendung aus dem Betriebsvermögen des Zuwendenden stammt. Macht der Zuwendende keine Angaben, ist dies ausdrücklich in der Bestätigung zu vermerken.
Aufgrund der mit Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. (BGBl 2007 I S. 2332) vorgenommenen rückwirkenden Änderung des Spendenrechts zum wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn bis zum die bisherigen Muster für Zuwendungsbestätigungen (s. BStBl 1999 I S. 979 und BStBl 2000 I S. 1557) weiter verwendet und die insoweit aufgrund der Gesetzesänderung erforderlichen Anpassungen von den Zuwendungsempfängern selbständig vorgenommen werden (vgl. , BStBl 2008 I S. 565). Für ab dem erteilte Zuwendungsbestätigungen sind allerdings die mit Bekanntmachung v. - S 2223 (BStBl 2008 I S. 4) veröffentlichten Muster zu verwenden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Abzug einer Zuwendung nur wegen einer nicht vollständig ausgefüllten Zuwendungsbestätigung grds. vom Finanzamt nicht abgelehnt werden darf (in dem vom entschiedenen Fall enthielt die Zuwendungsbestätigung nicht das genaue Datum der Zuwendung; allerdings wurde der Abzug der Zuwendung als Sonderausgabe trotzdem abgelehnt, da der Zuwendende nicht nachweisen konnte, z. B. durch Kontoauszüge, dass er die Zuwendung tatsächlich erbracht hat).
In bestimmten Fällen braucht keine gesonderte Zuwendungsbestätigung nach amtlichen Vordruck ausgestellt zu werden; vgl. § 50 EStDV; ergänzend s. auch H 10b.1 EStH „Zuwendungsbestätigung (§ 50 EStDV)”. Hierbei handelt es sich um den sog. vereinfachten Zuwendungsnachweis. Nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 EStDV genügt als Nachweis für den Spendenabzug der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts, wenn die Zuwendung zur Hilfe in Katastrophenfällen innerhalb eines Zeitraums, den die obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit dem BMF bestimmen, auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen eingezahlt worden ist. Eine betragsmäßige Begrenzung besteht in diesen Fällen nicht. Es reicht aus, dass Zuwendungen „zur Hilfe” (anstelle „zur Linderung der Not”) in Katastrophenfällen gewährt werden (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStDV). Daneben wird der vereinfachte Zuwendungsnachweis aus Vereinfachungsgründen auch für Zuwendungen bis zu einem Betrag von 200 € nach § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStDV zugelassen. Es muss dann anstelle einer von der Körperschaft ausgestellten Zuwendungsbestätigung die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts vorgelegt werden. Dieses Verfahren ist jedoch nur anwendbar, wenn der steuerbegünstigte Zweck, für den die Zuwendung verwendet wird, und die Angaben über die Freistellung des Empfängers von der Körperschaftsteuer („Anerkennung” als gemeinnützige Körperschaft) auf einem vom Empfänger hergestellten Beleg aufgedruckt sind. Zusätzlich muss auf dem Beleg angegeben werden, ob es sich bei der Zuwendung um eine Spende oder einen Mitgliedsbeitrag handelt. Werden die Möglichkeiten des vereinfachten Zuwendungsnachweises genutzt, kann für die Berücksichtigung einer Spende im Rahmen des § 10b EStG auch die Vorlage eines Überweisungsträgers ausreichen (vgl. hierzu und zu den Anwendungsfällen ausführlich ; FinMin Baden Württemberg, Verfügung v. - S 2223 NWB EAAAC-68152).
Nach § 50 Abs. 1a Satz 1 EStDV kann der Zuwendende den Zuwendungsempfänger ab dem bevollmächtigen, die Zuwendungsbestätigung abweichend von § 50 Abs. 1 EStDV auf elektronischem Weg an die Finanzbehörde zu übermitteln. Die Änderung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden.
§ 50 Abs. 1a EStDV eröffnet dem Zuwendenden jedoch nur eine weitere Option zum Zuwendungsnachweis. Es steht ihm frei, ob er den Zuwendungsempfänger zur elektronischen Übermittlung bevollmächtigt oder nicht; weder die Finanzbehörde noch der Zuwendungsempfänger können ihn verpflichten, eine Vollmacht zu erteilen. Der Zuwendungsempfänger seinerseits wird durch eine solche Vollmacht lediglich berechtigt für den Zuwendenden zu handeln, aber nicht zugleich dazu verpflichtet. Er kann daher weder vom Zuwendenden noch von der Finanzbehörde zur elektronischen Übermittlung der Zuwendungsbestätigung verpflichtet werden. D. h. von dem Verfahren nach § 50 Abs. 1a EStDV kann somit nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Zuwendende und Zuwendungsempfänger einvernehmlich die elektronische Übermittlung der Zuwendungsbestätigung vereinbaren. Ist dies der Fall, dann hat der Zuwendungsempfänger die Daten bis zum 28. 2 des Jahrs, das auf das Jahr folgt, in dem die Zuwendung geleistet worden ist, an die Finanzbehörde zu übermitteln. Außerdem ist der Zuwendende vom Zuwendungsempfänger – elektronisch oder schriftlich – über die von ihm an die Finanzverwaltung übermittelten Daten zu informieren (§ 50 Abs. 1a Satz 5 EStDV).
Tz. 148 Abzugshöchstbeträge
Nach dem bis zum Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Recht sah § 10b EStG folgende Abzugshöchstbeträge vor:
5 % des Gesamtbetrags der Einkünfte für Zuwendungen zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke.
Alternativ 2 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter.
Für Zuwendungen zur Förderung wissenschaftlicher, mildtätiger und als besonders förderungswürdig anerkannter kultureller Zwecke erhöhte sich der Satz von 5 % des Gesamtbetrags der Einkünfte auf 10 %.
Bei sog. Großspenden (Einzelzuwendungen in Höhe von mindestens 25.565 €) war ein Spendenvor- und -rücktrag möglich.
Bestimmte Zuwendungen an Stiftungen des öffentlichen und des privaten Rechts, die im Rahmen der allgemeinen Abzugsvolumina nicht mehr steuermindernd berücksichtigt wurden, konnten bis zur Höhe von 20.450 € abgezogen werden. Darüber hinaus konnten weitere 307.000 € abgezogen werden, wenn die Zuwendung anlässlich der Neugründung in den Vermögensstock einer Stiftung des öffentlichen oder privaten Rechts geleistet wird.
Durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. (BGBl 2007 I S. 2332) werden ab Veranlagungszeitraum 2007 diese sehr differenzierten Höchstgrenzen vereinheitlicht und angehoben. Zuwendungen sind bis zu 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte alternativ 4 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter nach § 10b EStG abziehbar. Eine Unterscheidung hinsichtlich des mit der Zuwendung geförderten Zwecks erfolgt nicht mehr. Kapitalerträge, die ab dem dem Abgeltungsteuersatz von 25 % unterliegen, bleiben bei der Ermittlung bestimmter Einkommensgrenzen unberücksichtigt. Sie werden allerdings im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte in § 10b Abs. 1 EStG zur Berechnung des Spendenhöchstbetrags auf Antrag wieder hinzugerechnet (§ 10b Abs. 1 EStG, § 2 Abs. 5b Satz 2 Nr. 1 EStG).
Die bisherige Großspendenregelung (Einzelzuwendung in Höhe von mindestens 25.565 €) nach der die Zuwendung über sieben Jahre verteilt werden konnte (Rücktrag in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum und Vortrag in die fünf auf die Zuwendung folgenden Veranlagungszeiträume) wird aufgehoben. Zukünftig können Zuwendungen unabhängig von ihrer Höhe jedoch zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden. Ein Spendenrücktrag ist demgegenüber nicht mehr vorgesehen. Steuerpflichtige, die im Veranlagungszeitraum 2007 eine Großspende geleistet haben und die den Spendenrücktrag nutzen wollen, eröffnet § 52 Abs. 24b EStG die Möglichkeit, dass das bis zum geltende Recht weiter angewendet wird und somit die Rücktragsmöglichkeiten genutzt werden können (vgl. auch BMF, Schreiben v. - S 2223, Nr. 1, BStBl 2009 I S. 16; NWB HAAAD-16022, Tz. 2).
§ 10b Abs. 1 Satz 4 EStG bestimmt, dass ein Spendenvortrag auch dann vorzunehmen ist, wenn die Zuwendungen den um den Abzug von Vorsorgeaufwendungen sowie den Verlustabzug verminderten Gesamtbetrag der Einkünfte übersteigen. Die Vorschrift regelt somit die Abzugsreihenfolge (vgl. hierzu Nolte, NWB 2009, S. 2236 (2245 f.) NWB NAAAD-24201). Vom Gesamtbetrag der Einkünfte sind daher zunächst die Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3, 4, 4a EStG und nach § 10c EStG sowie der Verlustabzug nach § 10d EStG abzuziehen (vgl. auch BMF, Schreiben v. - S 2223, Nr. 4 Buchst. c, BStBl 2009 I S. 16 ). Anschließend mindern die abziehbaren Zuwendungen den verbleibenden Restbetrag bis auf 0 €. Die darüber hinausgehenden abziehbaren Zuwendungen können nach § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG in den nächsten Veranlagungszeitraum vorgetragen werden. Diese für die Berücksichtigung von Zuwendungen positive Regelung gilt – obschon erst im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 eingeführt – bereits für Zuwendungen, die nach dem geleistet wurden.
Der Gesetzgeber hält weiterhin an der von der Rechtsform des Zuwendungsempfängers abhängigen Privilegierung von Spenden an rechtsfähige und nicht rechtsfähige Stiftungen fest (vgl. auch NWB GAAAC-27582, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az des BFH: XI B 11/08 NWB KAAAC-79043, nach dem die Privilegierung von Stiftungen im Spendenrecht verfassungsgemäß ist). Zwar wurde der für alle Spenden an Stiftungen geltende Betrag von 20.450 € gestrichen, stattdessen das Abzugsvolumen für sog. Vermögensstockspenden erheblich erweitert. Außerdem wurde die bisherige Beschränkung auf Spenden in den Vermögensstock nur im Zusammenhang mit der Neugründung einer Stiftung aufgegeben. Begünstigt sind somit Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung des öffentlichen Recht oder einer steuerbefreiten Stiftung des privaten Recht bis zum Gesamtbetrag von 1.000.000 € (§ 10b Abs. 1a EStG) im Veranlagungszeitraum der Spende und den folgenden neun Veranlagungszeiträumen. Der Sonderausgabenabzug nach § 10b Abs. 1a EStG ist allerdings nur auf Antrag des Steuerpflichtigen vorzunehmen. Stellt der Steuerpflichtige keinen Antrag gelten auch für Vermögensstockspenden die allgemeinen Abzugsbeträge des § 10b Abs. 1 EStG (BMF, Schreiben v. - S 2223, Nr. 3, BStBl 2009 I S. 16). Im Antragsfall kann die Vermögensstockspende vom Spender innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren beliebig auf die einzelnen Jahre verteilt werden. Der Abzugsbetrag kann innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden. Er tritt neben die sich aus § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG ergebenden allgemeinen Abzugsbeträge. Allerdings ist ein rückwirkender Wechsel zwischen der Anwendung des § 10b Abs. 1 und Abs. 1a EStG nicht möglich. D.h. hat der Zuwendende den Antrag auf Berücksichtigung nach § 10 Abs. 1a EStG gestellt, so hat er dadurch sein entsprechendes Wahlrecht ausgeübt. Übersteigen die Spenden in den Vermögensstock der Stiftung innerhalb des Zehnjahreszeitraums den Höchstbetrag von 1.000.000 € oder wurden die Vermögensstockspenden innerhalb des Zehnjahreszeitraums nicht nach § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG verbraucht, dann gehen die verbleibenen Beträge in den allgemeinen unbefristeten Spendenvortrag nach § 10b Abs. 1 EStG über (BMF, Schreiben v. - S 2223, Nr. 4a, BStBl 2009 I S. 16; OFD Rheinland, Kurzinformation ESt 12/2009 v. NWB OAAAD-10759 inzwischen überholt somit NWB NAAAC-88020). Zu den verschiedenen Möglichkeiten der Verteilung, der Berechnung des Zehnjahreszeitraums sowie einem informativem Beispiel vgl. BMF, Schreiben v.18. 12. 2008 - S 2223, Nr. 3, BStBl 2009 I S. 16.
Das Gesetz enthält keine klarstellende Regelung, ob sich der Höchstbetrag für Vermögensstockspenden nach § 10b Abs. 1a EStG bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten verdoppelt. Allerdings kann hierzu auf die vom BFH zu § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG a. F. (, BStBl 2006 II S. 121) aufgestellten Grundsätze zurückgegriffen werden. Demnach steht der Abzugsbetrag nach § 10b Abs. 1a EStG in Höhe von 1.000.000 € im Falle der Zusammenveranlagung jedem Ehegatten gesondert zu ( NWB HAAAD-16022, Tz. 8).
Zuwendungen an politische Parteien sind nach § 10b Abs. 2 EStG bis zu 1.650 €, bei Zusammenveranlagung bis zu 3.300 € im Kalenderjahr abziehbar. Sie können nur insoweit als Sonderausgaben geltend gemacht werden, als für sie keine Steuerermäßigung nach § 34g EStG gewährt wurde. Ausnahmsweise ist ein Abzug als Sonderausgabe möglich, wenn sich die Zuwendung nicht nach § 34g EStG auswirkt.
Tz. 149 Vertrauensschutz und Haftung
a) Vertrauensschutz
Der Zuwendende weiß normalerweise nicht, ob die Körperschaft, an die er seine Zuwendung geleistet hat, vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt worden ist. Ebenso hat er keinen Einfluss darauf, ob seine Zuwendung tatsächlich zur Förderung der in der Zuwendungsbestätigung genannten Zwecke verwendet worden ist bzw. wird. § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG normiert daher eine gesetzliche Vertrauensschutzregelung. Der Zuwendende darf auf die Richtigkeit der Zuwendungsbestätigung vertrauen, es sei denn, dass er diese durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat, oder dass ihm die Unrichtigkeit infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war ( NWB KAAAC-33261). Kennt der Steuerpflichtige z. B. den Entgeltcharakter der von ihm geleisteten Zahlung, kann er sich auch nicht auf die Richtigkeit der vom Zahlungsempfänger ausgestellten Zuwendungsbestätigung berufen (vgl. , BStBl 2007 II S. 8). Bei einem gutgläubigen Zuwendenden verbleibt es daher auch dann bei einem einmal gewährten steuermindernden Abzug, wenn sich später herausstellt, dass der Empfänger die Zuwendung nicht für einen steuerbegünstigten Zweck verwendet hat. Zum Vertrauensschutz bei Zuwendungen im Rahmen des sog. Durchlaufspendenverfahrens vgl. , BStBl 2007 II S. 450.
b) Haftung
Der Vertrauensschutz auf Seiten des Zuwendenden korrespondiert mit einer Haftung auf Seiten der Körperschaft für eventuelle Steuerausfälle aufgrund unrichtiger Bestätigungen.
Wer daher vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbestätigung ausstellt (Ausstellerhaftung) oder wer veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung genannten Zwecken verwendet werden (Veranlasserhaftung), haftet für die hieraus dem Fiskus entgehenden Steuern (§ 10b Abs. 4 Satz 2 EStG). Aus Vereinfachungsgründen wird der Steuerausfall mit 30 % des zugewendeten Betrags angenommen und zwar unabhängig von der tatsächlichen eingetretenen Steuerminderung beim Zuwendenden (§ 10b Abs. 4 Satz 3 EStG; vgl. auch OFD Rheinland, Kurzinformation ESt 12/2009 v. NWB OAAAD-10759 zum maßgeblichen Zeitpunkt für die durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom [BGBl 2007 I S. 2332] vorgenommene Reduzierung des Haftungsprozentsatzes von ursprünglich 40% auf 30%).
Die Unrichtigkeit bezieht sich grds. auf diejenigen Angaben, die wesentlich für den Abzug als Sonderausgabe sind, insbesondere die Höhe des zugewendeten Betrags, der beabsichtigte Verwendungszweck und der steuerbegünstigte Status der betreffenden Körperschaft.
Die verschuldensunabhängige Veranlasserhaftung erfasst Fehlverhalten des Empfängers in Zusammenhang mit der Spendenverwendung (, BStBl 2003 II S. 128). Eine Fehlverwendung i. S. des § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG ist somit dann nicht gegeben, wenn der Spendenempfänger die Zuwendung zu dem in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck verwendet hat, auch wenn er im Körperschaftsteuerveranlagungsverfahren nicht als gemeinnützig anerkannt wird. Allein maßgeblich ist, dass sich die tatsächliche Verwendung der Zuwendungen mit dem in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zweck deckt (, BStBl 2004 II S. 352).
Missbräuche im Zusammenhang mit der Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen können – neben der Haftung für die Steuerausfälle – auch zu einem Verlust der Gemeinnützigkeit der betreffenden Körperschaft führen.
Bis zum sind Haftungsschuldner als Gesamtschuldner sowohl der Zuwendungsempfänger als auch die für ihn handelnde natürliche Person. Für den Bereich der Veranlasserhaftung ist durch das Jahressteuergesetz 2009 nunmehr eine Reihenfolge der Inanspruchnahme der Gesamtschuldner gesetzlich festgelegt worden (§ 10b Abs. 4 Satz 4 EStG). Danach haftet vorrangig der Zuwendungsempfänger (z. B. der Verein). Die handelnde Person wird nur in Anspruch genommen, wenn die Inanspruchnahme des Vereins erfolglos ist (Nolte, NWB 2009, S. 2236 (2247) NWB NAAAD-24201).
V. Sonderausgaben-Pauschbetrag, Vorsorgepauschale
Tz. 150 Sonderausgaben-Pauschbetrag
Für Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 4, 5, 7–9 EStG (s. Tz. 129, 130, 133, 135, 136, 137) sowie Zuwendungen gem. § 10b EStG (s. Tz. 143 ff.) wird ein Pauschbetrag von 36 € vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, wenn der Steuerpflichtige keine höheren Aufwendungen nachweist. Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten und bei Alleinstehenden, auf die das Splittingverfahren nach § 32a Abs. 6 EStG anzuwenden ist, beträgt der Pauschbetrag 72 €. Neben dem Pauschbetrag ist die Berücksichtigung einzelner der genannten Sonderausgaben nicht möglich.
Tz. 151 Vorsorgepauschale
Die Vorsorgepauschale dient der Abgeltung von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG), wenn der Steuerpflichtige nicht Vorsorgeaufwendungen nachweist, die zu einem höheren Abzug führen. Voraussetzung für die Anwendung der Vorsorgepauschale ist, dass der Steuerpflichtige Arbeitslohn bezieht (§ 10c Abs. 2 Satz 1 EStG). Es ist zu unterscheiden zwischen der ungekürzten und der gekürzten Vorsorgepauschale (zur Vorsorgepauschale insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern vgl. Myßen/Hildebrandt, NWB F. 3 S. 14559, und 14571 NWB OAAAC-46850).
Aufgrund der im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes-Krankenversicherung v. (BGBl 2009 I S. 1959) vorgenommenen Änderungen wird ab dem Veranlagungszeitraum 2010 auf die Gewährung einer Vorsorgepauschale für Vorsorgeaufwendungen im Veranlagungsverfahren verzichet (zu den Vorsorgeaufwendungen im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2010 vgl. Harder-Buschner/Jungblut, NWB 34/2009 S. 2636 NWB KAAAD-25988). § 10c EStG wird daher neu strukturiert; dabei bleibt lediglich der bisherige § 10c Abs. 1 EStG erhalten. Auf die Unterteilung in verschiedene Absätze wird zukünftig verzichtet.
a) Ungekürzte Vorsorgepauschale
Die ungekürzte Vorsorgepauschale (§ 10c Abs. 2 EStG) ist anzuwenden, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung der gekürzten Vorsorgepauschale (vgl. Tz. 151, b) nicht vorliegen. Das ist insbesondere bei rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern der Fall.
Bemessungsgrundlage ist der Arbeitslohn vermindert um den Versorgungsfreibetrag und den Altersentlastungsbetrag, für die Berücksichtigung von Altersvorsorgeaufwendungen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung. Aus Vereinfachungsgründen wird dabei einheitlich auf die Beitragsbemessungsgrenze (West) abgestellt (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 62). Diese beläuft sich für das Kalenderjahr 2008 auf 63.600 € (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2008). Unbeachtlich ist, dass die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Vorsorgepauschale und für die Berechnung der tatsächlich vom Arbeitnehmer zu zahlenden Sozialabgaben unterschiedlich sein kann. Für die Berechnung der Vorsorgepauschale ist immer auf den Arbeitslohn und nicht auf das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt abzustellen (/S 2345, BStBl 2005 I S. 429, Rz. 53 ff.). Steuerfreie Bezüge, auch die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen freigestellten Bezüge, bleiben außer Ansatz.
Die ungekürzte Vorsorgepauschale setzt sich zusammen aus
dem Betrag, der bezogen auf den Arbeitslohn, 50 % des Beitrags in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, und
11 % des Arbeitslohns, jedoch höchstens 1.500 €.
In den Kalenderjahren 2005 bis 2024 wird bei der Ermittlung der Vorsorgepauschale – wie auch beim Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen – der Betrag für die Altersvorsorgeaufwendungen (d. h. der 50-%-Betrag) begrenzt. Im Kalenderjahr 2005 wird der Betrag auf 20 % begrenzt; dieser Vomhundertsatz wird in jedem folgenden Kalenderjahr um je 4 Prozentpunkte erhöht, d. h. im Jahr 2008 beläuft sich der anzusetzende Prozentsatz auf 32 %.
Die ungekürzte Vorsorgepauschale wird auf den nächsten vollen €-Betrag aufgerundet.
b) Gekürzte Vorsorgepauschale
Die gekürzte Vorsorgepauschale ist für Personen bestimmt, von denen der Gesetzgeber annimmt, dass sie nicht zwangsläufig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten, z. B. Beamte, Beamtenpensionäre, Richter, Zeit- und Berufssoldaten, Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, Rentner.
Eine gekürzte Vorsorgepauschale steht auch dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu. Diese Zuordnung ist seit dem Veranlagungszeitraum 2008 nicht mehr davon abhängig, ob der nicht rentenversicherungspflichtige Gesellschafter-Geschäftsführer Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung oder durch Beiträge, die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei waren, erhielt (vgl. hierzu die durch das Jahressteuergesetz 2008 vorgenommenen Änderungen). Damit reagiert der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BFH zu dem bis zum geltenden Recht, wonach der Gesellschafter-Geschäftsführer auch eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktzusage unter bestimmten Voraussetzungen mit eigenen Beiträgen erwirbt (vgl. hierzu Myßen/Hildebrandt, NWB F. 3 S. 14559 ff. NWB OAAAC-46850). Wird die betriebliche Altersversorgung jedoch zumindest teilweise nicht mit eigenen Beiträgen erworben, wird lediglich die gekürzte Vorsorgepauschale angesetzt. Ausreichend ist insoweit selbst ein sehr geringfügiger Teil (vgl. NWB OAAAC-89489 wonach die ungekürzte Vorsorgepauschale selbst dann nicht zum Ansatz kommt, wenn die betriebliche Altersversorgung zu 99,75 % mit eigenen Beiträgen finanziert wurde; zu den Besonderheiten bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern vgl. auch NWB AAAAD-20676). Erfolgt die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung ausschließlich mit eigenen Beiträgen, dann steht dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine ungekürzte Vorsorgepauschale zu. Vor dem Hintergrund der zum erfolgten Neuordnung der Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen, hätte dies jedoch zu unzutreffenden Ergebnissen geführt, da im Rahmen der Vorsorgepauschale unterstellt worden wäre, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung leisten würde.
Die gekürzte Vorsorgepauschale beträgt 11 % des Arbeitslohns, höchstens jedoch 1.500 €. Auch die gekürzte Vorsorgepauschale wird auf den nächsten vollen €-Betrag aufgerundet.
c) Zusammenveranlagte Ehegatten
Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer verdoppelt sich der Abzugsbetrag in Höhe von 1.500 € auf 3.000 €. Wenn beide Ehegatten Arbeitslohn bezogen haben, wird eine Vorsorgepauschale abgezogen, die sich ergibt aus der Summe
der Beträge für die Altersvorsorge (50 % des Beitrags in der allgemeinen Rentenversicherung, begrenzt z. B. für 2008 auf 32 %), wenn die Beträge zu berücksichtigen sind (z. B. für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, nicht aber für Beamte) und
11 % der Summe der Arbeitslöhne beider Ehegatten, höchstens jedoch 3.000 €.
d) Günstigerprüfung
Um Schlechterstellungen in der Übergangsphase bis zur vollständigen Freistellung der Altersvorsorgeaufwendungen von einer steuerlichen Belastung (s. auch Tz. 132, e) zu vermeiden, wird im Wege einer Günstigerprüfung in den Jahren 2005 bis 2009 mindestens eine Vorsorgepauschale berücksichtigt, wie dies nach dem bisherigen Recht möglich ist – Vorsorgepauschale a. F. Aufgrund der im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes vorgenommenen Änderungen wird ab 2010 keine Vorsorgepauschale nach § 10c EStG mehr angesetzt, wodurch ab diese Zeitpunkt auch keine entsprechende Günstigerprüfung durchzuführen ist.
aa) Ungekürzte Vorsorgepauschale a. F.
Bemessungsgrundlage ist der Arbeitslohn, gekürzt um den Versorgungs-Freibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG a. F.) und den Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG a. F.), soweit er nicht 40 % des Arbeitslohns mit Ausnahme der Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 2 EStG) übersteigt. Steuerfreie Bezüge, auch die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen freigestellten Bezüge, bleiben außer Ansatz. Die Vorsorgepauschale beträgt 20 % der Bemessungsgrundlage, jedoch
höchstens 3.068 € abzüglich 16 % des Arbeitslohn, zuzüglich
höchstens 1.334 €, soweit der Teilbetrag nach (1) überschritten wird, zuzüglich
höchstens die Hälfte bis zu 667 €, soweit die Teilbeträge nach (1) und (2) überschritten werden.
Die Vorsorgepauschale wird mithin durch den Vorwegabzug, den Grundhöchstbetrag und den hälftigen Grundhöchstbetrag begrenzt. Der sich nach (1)–(3) ergebende Betrag ist auf den nächsten vollen €-Betrag abzurunden.
Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppeln sich die zu (1)–(3) genannten Beträge. Haben beide Ehegatten Arbeitslohn bezogen und kommt für keinen der Ehegatten die gekürzte Vorsorgepauschale in Betracht, ist die Bemessungsgrundlage für jeden Ehegatten getrennt zu ermitteln. Die getrennt ermittelten Bemessungsgrundlagen sind sodann für die gemeinsame Bemessungsgrundlage zusammenzurechnen (§ 10c Abs. 4 EStG a. F., R 114 EStR 2004, H 114 EStH 2003).
bb) Gekürzte Vorsorgepauschale a. F.
Die gekürzte Vorsorgepauschale beträgt 20 % des Arbeitslohns, höchstens 1.134 €. Bei zusammenveranlagten Ehegatten beträgt sie höchstens 2.268 € (§ 10c Abs. 3 und 4 EStG a. F.). Haben beide Ehegatten Arbeitslohn bezogen und gehören beide Ehegatten zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 EStG a. F., ist bei der Zusammenveranlagung zunächst die Bemessungsgrundlage für jeden der Ehegatten gesondert zu ermitteln. Die getrennt ermittelten Bemessungsgrundlagen sind sodann für die gemeinsame Bemessungsgrundlage zu addieren. Vgl. R 114 Abs. 2 EStR 2004, H 114 EStH 2003.
cc) Mischfälle a. F.
Beziehen beide Ehegatten Arbeitslohn und kommt nur für einen der Ehegatten die gekürzte Vorsorgepauschale in Betracht (Mischfall), ist bei der Zusammenveranlagung die Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 4 Satz 2 EStG a. F. zu ermitteln. Dabei ist die Bemessungsgrundlage für jeden Ehegatten gesondert zu ermitteln. Aufgrund der einzelnen Bemessungsgrundlagen sind sodann für jeden Ehegatten die Ausgangsbeträge für die Vorsorgepauschale (20 % der jeweiligen Bemessungsgrundlage) zu berechnen. Diese Ausgangsbeträge sind alternativ den Höchstbetragsbegrenzungen des § 10c Abs. 2 EStG a. F. (ungekürzte Vorsorgepauschale) oder § 10c Abs. 3 EStG a. F. (gekürzte Vorsorgepauschale) zu unterwerfen, wobei für die Anwendung des § 10c Abs. 2 EStG a. F. der Ausgangsbetrag für den Ehegatten, der zu dem Personenkreis des § 10c Abs. 3 EStG a. F. gehört, höchstens mit 1.134 € anzusetzen ist und für die Anwendung des § 10c Abs. 3 EStG a. F. der Ausgangsbetrag für den anderen Ehegatten außer Ansatz bleibt. Der sich aus diesen Alternativen ergebende höhere Betrag, abgerundet auf den nächsten vollen €-Betrag, ist die maßgebende Vorsorgepauschale (R 114 Abs. 3 EStR 2004, H 114 EStH 2003).
VI. Verlustabzug
Tz. 152 Überblick
Zum Verlustabzug gehören der veranlagungszeitraumübergreifende Verlustvortrag in folgende Veranlagungszeiträume sowie der Verlustrücktrag in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Nur negative Einkünfte/Verluste, die nicht im selben Veranlagungszeitraum ausgeglichen werden können, dürfen in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum rückgetragen werden oder sind in die folgenden Veranlagungszeiträume vorzutragen (zum Verlustausgleich im selben Veranlagungszeitraum vgl. Tz. 9). Rück- oder vorgetragene Beträge sind vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (§ 10d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG). Das verfassungsrechtliche Gebot, das Existenzminimum steuerfrei zu lassen, spricht nicht gegen die vorrangige Verrechnung und auch nicht gegen die Verrechnung bis auf 0 €, denn das Einkommen eines dem Verlustentstehungsjahr folgenden Veranlagungszeitraums bleibt auch dann in Höhe des Existenzminimums verschont, wenn der zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums gesondert festgestellte verbleibende Verlustabzug im Wege des Verlustvortrags verbraucht wird ( NWB BAAAB-63555). Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (, StE 2007 S. 322).
Der Verlustabzug ist – abgesehen von negativen Einkünften/Verlusten aus den Einkunftsarten, die besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen unterliegen (vgl. nachfolgend Tz. 157) – uneingeschränkt möglich. Jedoch besteht eine betragsmäßige Begrenzung sowohl des Verlustrücktrags als auch des Verlustvortrags. Bei den Einkunftsarten, die einer besonderen gesetzlichen Verlustverrechnungsbeschränkung unterliegen, ist der Verlustabzug – wie auch schon der Verlustausgleich (§ 2 EStG) – auf die positiven Einkünfte aus der nämlichen Einkunftsquelle beschränkt.
Zu den geänderten Verlustverrechnungsmodalitäten im Ertragsteuerrecht s. auch Nolte, NWB F. 3 S. 12907 ff. NWB OAAAB-23226, sowie Brandenberg, NWB F. 3 S. 12757 ff. NWB VAAAB-16622.
Tz. 153 Verlustrücktrag
Negative Einkünfte/Verluste, die im Jahr ihrer Entstehung bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden konnten, werden – abgesehen von denjenigen, die besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen unterliegen (s. Tz. 157) – ab dem Veranlagungszeitraum 2004 ohne Einschränkung bis zu einem Betrag von 511.500 € (bei Zusammenveranlagung bis zu einem Betrag von 1.023.000 €) vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und anderen Abzugsbeträgen im Wege des Verlustrücktrags abgezogen (§ 10d Abs. 1 EStG).
Die Betragsbegrenzung von 511.500/1.023.000 € gilt zusammengefasst für alle negativen Einkünfte/Verluste, die in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum rückgetragen werden können, also auch für diejenigen Beträge, die unter die besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen fallen.
Auf den Verlustrücktrag kann der Steuerpflichtige auf Antrag ganz oder teilweise verzichten (§ 10d Abs. 1 Satz 4 EStG). Das ist vor allem in den Fällen sinnvoll, wenn sich durch den Verlustrücktrag der Grundfreibetrag, die Sonderausgaben, die außergewöhnlichen Belastungen und andere Abzugsbeträge (teilweise) nicht mehr auswirken. Wird der Verlustrücktrag (teilweise) begrenzt, gehen die verbleibenden Beträge in den Verlustvortrag in das nächste Veranlagungsjahr mit ein. Hierdurch hat der Steuerpflichtige eine gewisse Gestaltungsmöglichkeit, weil im Zeitpunkt der Frage der evtl. Begrenzung des Verlustrücktrags regelmäßig der dem Verlustentstehungsjahr folgende Veranlagungszeitraum bereits abgelaufen sein dürfte. Im Antrag auf Verzicht/Begrenzung des Verlustrücktrags muss der Steuerpflichtige die Höhe des Verlustrücktrags angeben (§ 10d Abs. 1 Satz 5 EStG). Die Angabe der Einkunftsart kann erforderlich sein, wenn negative Einkünfte/Verluste rückgetragen werden, die den besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen (§ 2b EStG, § 15 Abs. 4 EStG usw.; s. Tz. 157) unterliegen. Stellt der Steuerpflichtige keinen Antrag, führt das Finanzamt den Verlustrücktrag nach der gesetzlichen Grundregelung von Amts wegen durch (nur auf den gesetzlichen Höchstbetrag von 511.500 €/1.023.000 € begrenzt).
Tz. 154 Verlustvortrag
Negative Einkünfte/Verluste, die im laufenden Veranlagungsjahr nicht nach § 2 EStG ausgeglichen werden können und die auch nicht in den vorherigen Veranlagungszeitraum rückgetragen werden können oder auf Antrag des Steuerpflichtigen (teilweise) nicht rückgetragen werden, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen im Wege des Verlustvortrags abzuziehen (§ 10d Abs. 2 EStG). Ein Verzicht wie beim Verlustrücktrag oder ein Teilverzicht auf den Verlustvortrag und seine Verrechnung ist nicht möglich.
Negative Einkünfte/Verluste dürfen nur bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. € unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden. Bei Ehegatten, die nach §§ 26, 26b EStG zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Mio. € der Betrag von 2 Mio. € (§ 10d Abs. 2 Satz 2 EStG). – Diese Betragsbegrenzung gilt ab Veranlagungszeitraum 2004; zur Anwendung bei älteren Verlustvorträgen s. § 52 Abs. 25 EStG.
Die Abzugsbegrenzung gilt über die jeweiligen Querverweise auf § 10d EStG in den gesetzlichen Regelungen über die besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen (§ 2b EStG, § 15 Abs. 4 EStG usw.; vgl. Tz. 157) auch für diese Einkunftsarten. Darüber hinaus gehen die positiven Einkünfte aus diesen Einkunftsarten in den Gesamtbetrag der Einkünfte mit ein, erhöhen also die Bemessungsgrundlage für den beschränkten Verlustvortrag.
Der am Schluss des Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen (§ 10d Abs. 4 Satz 1 EStG). Diese Feststellung erfolgt für den jeweiligen Veranlagungszeitraum, in dem die Beträge nicht abgezogen werden konnten. Im Einzelnen s. unten Tz. 156, b.
Tz. 155 Zusammentreffen von Verlustrücktrag und Verlustvortrag in einem Veranlagungszeitraum
Beim Zusammentreffen von Verlustvor- und -rücktrag in einem Veranlagungszeitraum sind zunächst die negativen Einkünfte/Verluste aus dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum im Wege des Verlustvortrags und erst danach die negativen Einkünfte/Verluste aus dem nachfolgenden Veranlagungszeitraum im Wege des Verlustrücktrags zu berücksichtigen. Diese Reihenfolge entspricht ständiger Praxis. Außerdem ist sie für den Steuerpflichtigen günstiger; vgl. Berechnungsalternativen in NWB F. 3 S. 12907 ff. NWB OAAAB-23226.
Tz. 156 Verfahren
a) Verlustrücktrag
Über den Verlustrücktrag wird im Jahr der Entstehung der negativen Einkünfte/Verluste entschieden. Über die Höhe des Verlustrücktrags ist im Abzugsjahr zu entscheiden (, BStBl 2004 II S. 551). Er wird nicht gesondert festgestellt. Der Verlustrücktrag erfolgt von Amts wegen. Soll er nicht oder nicht in voller Höhe vorgenommen werden, muss der Steuerpflichtige einen entsprechenden Antrag stellen; vgl. vorstehend unter Tz. 153. Der Verlustrücktrag durchbricht punktuell die Bestandskraft eines Steuerbescheids. Innerhalb dieses punktuellen Korrekturspielraums sind zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen Rechtsfehler i. S. des § 177 AO zu berichtigen (, BStBl 1989 II S. 225). Die Festsetzungsfrist für diesen Steuerbescheid endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte/Verluste nicht ausgeglichen werden können (§ 10d Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG).
Der Steuerpflichtige kann den Antrag, auf den Verlustrücktrag ganz oder teilweise zu verzichten, bis zur Bestandskraft des aufgrund des Verlustrücktrags geänderten Steuerbescheids an das nach § 19 AO zuständige Finanzamt stellen. Ein Widerruf ist bis zur Bestandskraft des den verbleibenden Verlustvortrag feststellenden Bescheids nach § 10d Abs. 4 EStG möglich (, BStBl 2009 II S. 639).
b) Verlustvortrag
Negative Einkünfte/Verluste, die am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleiben, gehen einschließlich des auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums verbliebenen und ebenfalls noch nicht verrechneten Verlustvortrags in den verbleibenden Verlustvortrag ein. Dieser ist nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen. Bei dem Feststellungsbescheid handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, der für alle Beteiligten bindend ist und insbesondere für die künftigen Einkommensteuerveranlagungen Bedeutung hat (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO, § 181 Abs. 5 AO).
Wird der verbleibende Verlustvortrag in einem Veranlagungszeitraum aufgezehrt, hat das Finanzamt einen Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustvortrag in Höhe von 0 € zu erlassen. Das gilt entsprechend, wenn ein in einem Veranlagungszeitraum nicht ausgleichbarer Verlust rückgetragen wurde und in voller Höhe in den Verlustrücktrag eingegangen ist (R 10d Abs. 8 EStR).
Zwischen der Einkommensteuererklärung und dem Verlustfeststellungsverfahren nach § 10d EStG besteht ein enger Sachzusammenhang insofern, als bei der Ermittlung des verbleibenden Verlustabzugs die Angaben in der Einkommensteuererklärung herangezogen werden. Ein auf 0 € lautender Einkommensteuerbescheid kann nicht angefochten werden, da der Steuerpflichtige nicht beschwert ist. Über einen (höheren) Verlustabzug kann nur im Verfahren über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags entschieden werden. Voraussetzung für den erstmaligen Erlass eines Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustvortrag ist, dass der zugrunde liegende, bisher noch keinen Verlust ausweisende Steuerbescheid noch entsprechend geändert werden kann (, BStBl 2000 II S. 3; , BStBl 2002 II S. 817). Ein verbleibender Verlustabzug ist auch dann erstmals festzustellen, wenn der Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr zwar bestandskräftig ist, darin aber keine nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte berücksichtigt worden sind ( NWB XAAAC-97816). Bezugspunkt für eine Änderung der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen Verluste ist nicht der Einkommensteuerbescheid, sondern der Verlustfeststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahrs (, DB 2009 S. 2128). Die Feststellungsfrist für einen Verlustfeststellungsbescheid nach § 10d EStG beträgt grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO). Ihr Beginn bestimmt sich nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO (, BFH/NV 2009 S. 58 NWB HAAAC-97817). § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2007 stellt sicher, dass bei der Feststellung des Verlustvortrags eine Feststellungsverjährung eintritt. Danach endet die Feststellungsfrist nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass sie danach aber endet. Nach § 181 Abs. 5 AO kann eine Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist erfolgen, wenn sie für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Entsprechendes gilt, wenn die Feststellung einen Grundlagenbescheid für einen anderen Feststellungsbescheid darstellt. Die Verlustfeststellung ist von Amts wegen vorzunehmen. § 10d Abs. 4 Satz 6 zweiter Halbsatz EStG schreibt vor, dass auf die Feststellung des Verlustvortrags § 181 Abs. 5 AO nur anzuwenden ist, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung pflichtwidrig unterlassen hat. Damit wird verhindert, dass den Steuerpflichtigen die Folgen einer pflichtwidrigen Unterlassung treffen. Das Finanzamt kann praktischen Schwierigkeiten wegen des zunehmenden Zeitablaufs jederzeit dadurch entgehen, dass es die pflichtgemäße Feststellung nachholt (, BStBl 2002 II S. 681). Zur Anwendung der Regelung s. § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG. Mit (BStBl 2007 I S. 825), hat die Finanzverwaltung entschieden, dass der verbleibende Verlustvortrag auch dann von Amts wegen gesondert festzustellen ist, wenn keine Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung besteht und auch kein Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer gestellt wird. Auch in diesem Fall könne ein verbleibender Verlustvortrag zum Zweck der gesonderten Feststellung nach § 10d Abs. 4 EStG erklärt werden.
Bei Änderung des verbleibenden Verlustabzugs sind ggf. Feststellungsbescheide zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit die Änderung Auswirkungen auf den entsprechenden daraufhin zu erlassenden oder zu ändernden Steuerbescheid hat. Voraussetzung für die Änderung einer bestandskräftigen Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags ist, dass der Steuerbescheid, der die in die Feststellung eingeflossenen geänderten Verlustkomponenten enthält, nach den Änderungsvorschriften der AO zumindest dem Grunde nach noch geändert werden kann. Wurden Verlustvorträge für bestimmte Einkunftsarten, wie z. B. für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder für Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, bereits gesondert festgestellt, können Verlustvorträge aus weiteren Einkunftsarten nicht in einem Ergänzungsbescheid festgestellt werden. Ergänzungsbescheide dürfen nur lückenhafte Feststellungsbescheide vervollständigen, nicht jedoch unrichtige Bescheide korrigieren oder in ihm getroffene Feststellungen ändern ( NWB MAAAD-13544). Nunmehr hat der BFH entschieden, dass die Regelung des § 181 Abs. 5 AO, wonach eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist noch insoweit erfolgen kann, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist, nicht den Ablauf der Feststellungsfrist hemmt (, BFH/NV 2009 S. 58 NWB HAAAC-97817). Daraus folgt, dass eine Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs nach Ablauf der Feststellungsfrist in keinem Fall mehr erfolgen kann. Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung das (BStBl 2007 I S. 825) aufgehoben ( NWB HAAAD-29673).
Wechseln Ehegatten von der Zusammenveranlagung zur getrennten Veranlagung, sind die verbleibenden Verlustvorträge zwischen den Ehegatten aufzuteilen. Dies geschieht nach dem Verhältnis, in dem die auf den einzelnen Ehegatten entfallenden negativen Einkünfte/Verluste im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung zueinander stehen (§ 62d Abs. 2 Satz 2 EStDV).
Werden Arbeitnehmer nicht aus anderen Gründen zur Einkommensteuer veranlagt, muss die Berücksichtigung eines Verlustabzugs besonders beantragt werden (R 10d Abs. 5 EStR). Die bisherige Zweijahresfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG findet auf die Verlustfeststellung keine Anwendung (, BStBl 2007 S. 919). Daher kann ein erstmaliger Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs bis zum Eintritt der Feststellungsverjährung auch dann noch ergehen, wenn eine Veranlagung zur Einkommensteuer vom Finanzamt wegen Ablaufs der zweijährigen Antragsfrist bestandskräftig abgelehnt worden ist. Zum Wegfall der Zweijahresfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG s. Tz. 290, l).
Vorweggenommene Werbungskosten eines Steuerpflichtigen, der im Zeitpunkt der Verausgabung (§ 11 Abs. 2 EStG) weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig ist, können zu einem vortragsfähigen Verlustabzug nach § 10d Abs. 2 EStG führen. Dieser ist zwar nicht nach § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen. Dass im Jahr der Verlustentstehung keine Einkommensteuer-Veranlagung durchzuführen ist und damit auch die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs entfällt, steht dem Abzug an sich aber nicht entgegen. Über die Verlustverrechnung ist in dem Jahr zu entscheiden, in dem der Steuerpflichtige erstmals entsprechende verrechenbare positive inländische Einkünfte hat ( NWB EAAAC-58993, rkr.).
c) Keine Vererblichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG
Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen. Hierbei handelt es sich um eine Änderung der bisherigen langjährigen Rechtsprechung des BFH mit der Begründung, dass es sich im wirtschaftlichen Ergebnis um den unzulässigen Abzug von Drittaufwand handeln würde, wenn der Erbe die aus Aufwandsüberschüssen des Erblassers resultierenden Verlustvorträge bei der Ermittlung seiner eigenen Einkünfte abziehen könnte. Die bisherige (seit 1962) gegenteilige Rechtsprechung des BFH ist aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin in allen Erbfällen anzuwenden, die bis zum Ablauf des Tages der Veröffentlichung des Beschlusses des BFH am (, BStBl 2008 II S. 608) eingetreten sind. Der Beschluss wurde erstmals am auf der Internetseite des BFH veröffentlicht. Die Verwaltung ist nicht gehindert, einen weiteren Vertrauensschutzrahmen zu gewähren. Mit (BStBl 2008 I S. 809) bestätigt sie die grundsätzliche Anwendungsregelung des BFH, führt aber aus, dass die bisherige Rechtsprechung des BFH weiterhin bis zum Ablauf des Tages der Veröffentlichung der Entscheidung im Bundessteuerblatt (= ) anzuwenden ist. Zum Beschluss des Großen Senats des vgl. Fischer, NWB F. 3 S. 15045 ff. NWB FAAAC-76564 und Gragert/Wißborn, NWB F. 3 S. 15111 ff. NWB FAAAC-83439.
Tz. 157 Besondere Verlustverrechnungsbeschränkungen
Bei einigen Einkunftsarten ist die Verrechnung von negativen Einkünften/Verlusten von Gesetzes wegen eingeschränkt. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus der nämlichen Einkunftsquelle verrechnet werden dürfen (besondere Verrechnungskreise; , BStBl 2004 I S. 1097). Eine Verrechnung mit anderen positiven Einkünften ist nicht zulässig. Liegen bei einem Steuerpflichtigen Einkünfte aus mehreren besonderen Verrechnungskreisen vor, ist die Abzugsbeschränkung des Verlustrück- und -vortrags bei jedem der besonderen Verrechnungskreise gesondert anzuwenden. Dies führt allerdings nicht zur Mehrfachgewährung der Höchstbeträge. Eine Verlustverrechnung zwischen den Einkünften zusammenveranlagter Ehegatten ist – beschränkt auf die nämliche Einkunftsart – zulässig.
Positive Einkünfte aus diesen besonderen Einkunftsarten gehen in den Gesamtbetrag der Einkünfte mit ein. Sie werden daher ggf. mit negativen Einkünften/Verlusten aus nicht den Beschränkungen unterliegenden Einkunftsarten verrechnet.
Zu den besonderen Einkunftsarten gehören:
Negative Einkünfte mit Auslandsbezug und Gewinnminderungen nach § 2a EStG; s. Tz. 15;
negative Einkünfte aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften und ähnlichen Modellen i. S. des § 2b EStG; s. Tz. 16;
Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG; s. Tz. 184, a;
Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, es sei denn, diese Geschäfte gehören zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bestimmter Finanzunternehmen oder dienen bestimmten Absicherungen (§ 15 Abs. 4 Satz 3 EStG; s. Tz. 184, b);
Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften i. S. des § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist; s. Tz. 184, c)
Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen, denen der Steuerpflichtige nach dem beigetreten ist oder für die nach dem mit dem Außenvertrieb begonnen würde (§ 15b EStG; s. Tz. 186).
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 22 Nr. 2 i. V. mit § 23 Abs. 3 EStG; s. Tz. 238);
Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG bei der Ermittlung von Einkünften aus Leistungen, soweit diese weder zu anderen Einkunftsarten, noch zu den Einkünften i. S. des § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören; s. Tz. 234.
VII. Steuerbegünstigung des Wohneigentums und für schutzwürdige Kulturgüter
Tz. 158 Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus
§ 10e EStG begünstigt die im Inland belegene Wohnung im eigenen Haus oder eine im Inland belegene eigene Eigentumswohnung, die der Steuerpflichtige zu eigenen Wohnzwecken nutzt, indem der Steuerpflichtige von den Herstellungskosten zuzüglich der Hälfte der Anschaffungskosten für den dazugehörenden Grund und Boden acht Jahre lang bestimmte Beträge wie Sonderausgaben abziehen kann. Der Sonderausgabenabzug gilt für Objekte, mit deren Herstellung der Steuerpflichtige vor dem begonnen hat; im Falle der Anschaffung muss das Objekt aufgrund eines vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags (insbes. eines Kaufvertrags) oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft worden sein. Der achtjährige Begünstigungszeitraum ist somit grds. Ende 2002/2003 abgelaufen. § 10e EStG hat somit keine aktuelle Bedeutung mehr.
Tz. 159 Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen
a) Begünstigte Objekte
§ 10f EStG fördert Baumaßnahmen an einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Baudenkmal oder Gebäude in einem Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich dadurch, dass Herstellungskosten, bestimmte Anschaffungskosten und Erhaltungsaufwand wie Sonderausgaben abgezogen werden können. Hinsichtlich der Objekte und Voraussetzungen knüpft § 10f EStG an die §§ 7h und 7i EStG an; s. hierzu Tz. 117, 118. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die §§ 7h, 7i EStG verlangen, dass das Objekt zur Erzielung von Einkünften, insbes. durch Vermietung, genutzt wird, während § 10f EStG die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken fordert.
Begünstigt sind nur Gebäude, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Dabei liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch vor, wenn der Steuerpflichtige Teile einer selbstgenutzten Wohnung unentgeltlich anderen zur Wohnnutzung überlässt. Wird hingegen eine ganze Wohnung unentgeltlich einem Dritten, z. B. einem nahen Angehörigen, überlassen, entfällt insoweit die Begünstigung nach § 10f EStG; ggf. kommt eine Begünstigung nach § 10h EStG in Betracht; vgl. Tz. 161. Wird das Gebäude außer zu eigenen Wohnzwecken noch für andere Zwecke genutzt, insbesondere für eigene gewerbliche/berufliche Zwecke des Steuerpflichtigen, durch Vermietung oder durch unentgeltliche Überlassung einer ganzen Wohnung, müssen die Aufwendungen aufgeteilt werden, und zwar regelmäßig nach dem Verhältnis der Nutzflächen. Für die nicht nach § 10f EStG begünstigten, jedoch zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudeteile können ggf. die erhöhten AfA nach §§ 7h, 7i EStG in Anspruch genommen werden.
Denkmal i. S. des § 10f EStG kann steuerrechtlich auch ein Neubau im bautechnischen Sinne sein (tatbestandsspezifische Einschränkung des Neubaubegriffs) ( NWB YAAAD-26990).
Eine Übersicht über die zuständigen Bescheinigungsbehörden für die Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 10f EStG enthält das (BStBl 2009 I S. 39).
b) Abzug von Herstellungskosten und bestimmten Anschaffungskosten
Nach § 10f Abs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige die begünstigten Aufwendungen im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 9 % wie Sonderausgaben abziehen. 10 % der Aufwendungen wirken sich so steuerlich nicht aus. Eine andere als die im Gesetz genannte Verteilung kommt ebenso wenig in Betracht wie eine Nachholung unterlassener Abzüge während oder nach Ablauf des Begünstigungszeitraums. Umfang und Charakter der begünstigten Aufwendungen bestimmen sich im Wesentlichen nach §§ 7h, 7i EStG; s. hierzu Tz. 117, 118. Die Abzugsbeträge mindern sich sowohl um Zuschüsse, die aus öffentlichen Kassen geleistet werden, als auch um Zuschüsse, die im öffentlichen Interesse von Privaten geleistet werden (, BStBl 2007 II S. 879.
Bei einer Nutzungsänderung im Laufe des Veranlagungszeitraums ist der Sonderausgabenabzug zeitanteilig möglich (vgl. hierzu § 10f Abs. 1 Satz 3 EStG). Im Übergangsjahr soll aber auch der Verzicht auf den Sonderausgabenabzug und stattdessen der Ansatz des vollen Jahres-AfA-Betrags nach §§ 7h, 7i EStG möglich sein (z. B. Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Auflage 2008, § 10f, Rz. 7).
c) Abzug von Erhaltungsaufwendungen
Handelt es sich bei den begünstigten Aufwendungen nicht um Herstellungskosten oder Anschaffungskosten, sondern um Erhaltungsaufwand, können sie – sofern und soweit es sich nicht um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt – gem. § 10f Abs. 2 EStG ebenfalls im Kalenderjahr des Abschlusses der Maßnahme und den neun folgenden Kalenderjahren wie Sonderausgaben abgezogen werden. Dabei knüpft § 10f EStG an die Voraussetzungen der §§ 11a, 11b EStG an; vgl. hier Tz. 120, 121. Wie bei den Baumaßnahmen beträgt der Abzugszeitraum zehn Jahre – und ist damit länger als der Abzugszeitraum der §§ 11a, 11b EStG – und der Verteilungssatz bis zu 9 % Geht der Steuerpflichtige während des Abzugszeitraums dazu über, das Objekt zur Erzielung von Einkünften zu nutzen, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Aufwendungen insgesamt im Kalenderjahr des Übergangs wie Sonderausgaben abzuziehen.
d) Objektbegrenzung
Die Abzugsbeträge können nur bei einem Objekt, bei Ehegatten, die die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung erfüllen, nur bei zwei Objekten in Anspruch genommen werden. Zulässig sind auch Abzüge für mehrere begünstigte Baumaßnahmen nach § 10f Abs. 1 oder 2 EStG bei demselben Gebäude; denn die Objektbegrenzung stellt auf das Gebäude, nicht auf die begünstigte Baumaßnahme ab. Objektverbrauch tritt bereits dann ein, wenn der Abzug nur in einem einzigen Jahr des Begünstigungszeitraums und/oder mit einem geringeren als dem höchstmöglichen Betrag erfolgt. Zum Objektverbrauch in Miteigentumsfällen vgl. § 10f Abs. 4 EStG.
Tz. 160 Steuerbegünstigung für schutzwürdige Kulturgüter
a) Begünstigte Objekte
Nach der (abschließenden) Aufzählung in § 10g Abs. 1 EStG gehören zu den schutzwürdigen Kulturgütern
Gebäude und Gebäudeteile, die nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften Baudenkmale sind;
Gebäude und Gebäudeteile, die Teil einer nach den landesrechtlichen Vorschriften geschützten Gebäudegruppe oder Gesamtanlage (Ensemble) sind;
gärtnerische, bauliche und sonstige Anlagen, die keine Gebäude oder Gebäudeteile sind, z. B. Denkmäler, Grotten, Familiengräber, die nach Landesrecht unter Schutz gestellt sind;
bewegliche Kulturgüter, z. B. Mobiliar, Kunstgegenstände und -sammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken, Archive, die sich seit mindestens 20 Jahren in Familienbesitz befinden oder in das Verzeichnis national wertvoller Archive oder wertvollen Kulturguts aufgenommen worden sind und deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt.
Das Kulturgut muss im Inland belegen sein bzw. aufbewahrt werden und außerdem in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang der wissenschaftlichen Forschung oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (vgl. §10g Abs. 1 EStG). Die bezeichneten Voraussetzungen müssen durch eine Bescheinigung nachgewiesen werden. Welche Voraussetzungen die Bescheinigungsbehörde und welche das Finanzamt zu prüfen hat, s. R 10g EStR.
Eine Übersicht über die zuständigen Bescheinigungsbehörden für die Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 10g EStG enthält das (BStBl 2009 I S.39).
b) Begünstigte Maßnahmen
Begünstigt sind (gleichermaßen) Herstellungs- und Erhaltungsaufwendungen an dem Kulturgut, z. B. die Sanierung eines Gebäudes, auch wenn der Sanierungsaufwand anschaffungsnah anfällt, und Aufwendungen für die sichere Aufbewahrung und Präsentation des Kulturguts, etwa Vitrinen, Klimatisierungs- und Alarmanlagen. Nicht begünstigt sind die Anschaffung des Kulturguts selbst sowie laufende Kosten, die nicht zum Erhaltungsaufwand gehören, z. B. Versicherungsprämien.
c) Abzug der Aufwendungen
Die begünstigten Aufwendungen können im Jahr des Abschlusses der Maßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 9 % wie Sonderausgaben abgezogen werden. Eine anderweitige Verteilung oder eine Nachholung nicht ausgeschöpfter Abzugsbeträge während oder nach Ablauf des Zehnjahreszeitraums ist nicht möglich. Die Herstellungs-/Erhaltungsaufwendungen sind um öffentliche und private Zuschüsse und um aus dem Kulturgut erzielte Einnahmen (z. B. Eintrittsgelder) zu kürzen.
d) Nutzungsvoraussetzungen
Die Abzugsbeträge können nur in Anspruch genommen werden, soweit das Kulturgut im jeweiligen Kalenderjahr weder zur Erzielung von Einkünften i. S. des § 2 EStG noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Geht der Steuerpflichtige im Laufe des Zehnjahreszeitraums dazu über, das Kulturgut zur Erzielung von Einkünften zu nutzen, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Aufwendungen im Kalenderjahr des Übergangs wie Sonderausgaben abzuziehen (§ 10g Abs. 2 Satz 3 EStG). Wird das Kulturgut teilweise zur Einkunftserzielung genutzt, teilweise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ist der auf § 10g EStG entfallende Teil herauszurechnen.
Tz. 161 Steuerbegünstigung der unentgeltlich überlassenen Wohnung
§ 10h EStG begünstigt die unentgeltliche Überlassung von Wohnungen im eigenen Haus an Angehörige. Die Vorschrift ist letztmals anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor dem mit der Herstellung der Wohnung begonnen hat. Der achtjährige Begünstigungszeitraum ist somit grds. Ende 2002/2003 abgelaufen. § 10h EStG hat somit keine aktuelle Bedeutung mehr.
Tz. 162 Vorkostenabzug bei einer nach dem Eigenheimzulagengesetz begünstigten Wohnung
§ 10i EStG regelt den Vorkostenabzug bei eigengenutzten Wohnungen, für die eine Eigenheimzulage nach dem EigZulG in Anspruch genommen wird. Die Regelung ist letztmals anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor dem mit der Herstellung des Objekts begonnen hat oder das Objekt aufgrund eines vor dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat. Die Vorschrift hat damit – wie § 10e EStG – keine aktuelle Bedeutung mehr.
4. Teil: Nicht abzugsfähige Ausgaben
Tz. 163 Allgemeines
Ausgaben sind nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts entweder Betriebsausgaben oder Werbungskosten oder Kosten der Lebensführung. Während Betriebsausgaben und Werbungskosten im Rahmen der Ermittlung der betreffenden Einkünfte zu berücksichtigen sind, dürfen die Kosten der Lebensführung als Einkommensverwendung nicht abgezogen werden, es sei denn, dass ihr Abzug kraft besonderer Vorschriften ausdrücklich zugelassen ist. In der Einleitung zu § 12 EStG wird klargestellt, dass erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten i. S. des § 4f EStG (ab : § 9c Abs. 1 EStG i. d. F. des FamLeistG; hierzu Tz. 126a) Sonderausgaben i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2–5, 7–9 EStG (anstelle von § 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG a. F. ab : § 9c Abs. 2 EStG i. d. F. des FamLeistG; hierzu Tz. 126a) sowie § 10a EStG und Zuwendungen i. S. des § 10b EStG von dem Abzugsverbot des § 12 EStG nicht betroffen sind, ebenso nicht außergewöhnliche Belastungen i. S. der §§ 33–33b EStG. § 12 EStG enthält eine Aufzählung der einzelnen Gruppen der nicht abzugsfähigen Ausgaben. Zur Abgrenzung der Kosten der Lebensführung von den Betriebsausgaben und Werbungskosten s. auch R 12.1 EStR und Tz. 164.
Tz. 164 Allgemeine Kosten der Lebensführung
a) Abzugs- und Aufteilungsverbot
Nach § 12 Nr. 1 EStG dürfen Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und den Unterhalt seiner Familie nicht abgezogen werden. Dazu gehören auch Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Diese Aufwendungen können in dem Erwerb eines Vermögensgegenstands oder in laufenden Aufwendungen bestehen. Vermögensgegenstände können regelmäßig sowohl betrieblichen oder beruflichen als auch privaten Zwecken dienen. Aus der Art des erworbenen Vermögensgegenstands können regelmäßig keine Schlüsse für die Zurechnung zum betrieblichen (beruflichen) oder privaten Bereich gezogen werden. Maßgebend ist die Zweckbestimmung der Aufwendungen.
Die Bedeutung des § 12 Nr. 1 EStG liegt in der steuerlichen Behandlung der gemischten Aufwendungen, d. h. der Aufwendungen, die der privaten Lebensführung dienen, gleichzeitig aber auch den Beruf fördern. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (, BStBl 1971 II S. 17; , BStBl 1971 II S. 21) enthält § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG eine gesetzliche Typisierung und ein Aufteilungsverbot für gemischte Aufwendungen. Durch das Aufteilungsverbot soll verhindert werden, dass Steuerpflichtigen durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewusst herbeigeführte Verbindung von beruflichen und privaten Erwägungen Aufwendungen für ihre private Lebensführung nur deshalb in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen entsprechenden Beruf haben, während andere Steuerpflichtige gleiche Aufwendungen aus versteuertem Einkommen decken müssen. Das Aufteilungs- und Abzugsverbot gilt nicht, wenn die Aufwendungen teilweise Betriebsausgaben oder Werbungskosten und teilweise Sonderausgaben sind (, BStBl 1990 II S. 901).
Von dem Abzugsverbot für gemischte Aufwendungen gibt es Ausnahmen. So ist ein Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten insoweit möglich, als die Aufwendungen betrieblich oder beruflich veranlasst sind und sich dieser Teil nach objektiven Merkmalen und Unterlagen von den Ausgaben, die der privaten Lebensführung zuzurechnen sind, leicht und einwandfrei trennen lässt und nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Der Teil der Aufwendungen, der als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen ist, kann ggf. geschätzt werden. So sind z. B. die Kosten eines gemischt genutzten Personalcomputers aufzuteilen (, BStBl 2004 II S. 958). Bei einem Telefonanschluss in der Wohnung ist der berufliche Teil von Grund- und Gesprächsgebühren aus dem – ggf. geschätzten – Verhältnis der beruflich und der privat geführten Gespräche zu ermitteln (, BStBl 1981 II S. 131; zur Aufteilung s. auch R 9.1 Abs. 5 LStR). Sind die Aufwendungen zur Durchführung der Jubiläumsfeier eines Steuerberaters gemischte Aufwendungen, ist keine Aufteilung der Kosten nach Köpfen (pro rata capitum) vorzunehmen; vielmehr sind die Aufwendungen insgesamt der privaten Lebensführung zuzuordnen, wenn der Zusammenhang weder mit der Lebensführung noch mit der Einkünfteerzielung von untergeordneter Bedeutung ist (, rkr. NWB HAAAC-94982).
Zur Abgrenzung der Kosten der Lebensführung von den Betriebsausgaben oder Werbungskosten besteht eine umfangreiche, nicht immer von einheitlichen Grundsätzen ausgehende Rechtsprechung. Im Rahmen dieser Darstellung werden nur einige wesentliche Bereiche angesprochen.
Der VI. Senat des , BStBl 2007 II S. 121) hat dem Großen Senat die Frage vorgelegt, ob Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen in abziehbare Werbungskosten (Betriebsausgaben) und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden können, wenn die beruflich (betrieblich) veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. S. hierzu Hollatz, NWB F. 6 S. 4727 ff. NWB EAAAC-17400.
Zur Zuordnung der Steuerberatungskosten zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Kosten der Lebensführung s. , BStBl 2008 I S. 256.
b) Aufwendungen für Wohnung und Haushalt
Aufwendungen für eine Wohnung sind regelmäßig Kosten der Lebensführung, auch wenn betriebliche (berufliche) Gründe für deren Wahl mitentscheidend waren (s. z. B. , BStBl 1981 II S. 800). Dagegen gehört der Wohnwagen eines Schaustellers zu seinem Betriebsvermögen (, BStBl 1975 II S. 769).
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i. V. mit § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Ab 2007 können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet; s. auch Tz. 42. Wegen der Einzelheiten bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2006, vgl. , BStBl 2004 I S. 143; , BStBl 2004 I S. 861; NWB QAAAB-60595. Aufwendungen für den betrieblich oder beruflich genutzten Teil eines Wohnhauses sind im Übrigen nur Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn er ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird.
Aufwendungen für Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Heimbügler und Kühlschränke sind Kosten der Lebensführung. Bei nicht untergeordneter betrieblicher (beruflicher) Nutzung können die anteiligen Aufwendungen Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein. Die Aufwendungen können ggf. geschätzt werden (, BStBl 1993 II S. 837; , BStBl 1993 II S. 838).
Aufwendungen für Hauspersonal sind grds. Kosten der Lebensführung, auch wenn hierdurch die Berufstätigkeit des Ehegatten ermöglicht wird (, BStBl 1973 II S. 631). Ist das Personal sowohl im Betrieb als auch im Haushalt tätig, kann der betriebliche Anteil der Ausgaben Betriebsausgaben sein. Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten können ab 2006 wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, private Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben; vgl. auch Tz. 55 und 134. Zur Steuerermäßigung bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen(§ 35a EStG) s. auch Tz. 274.
Aufwendungen wegen Umzugs in eine neue Wohnung sind grds. Kosten der Lebensführung. Sie sind Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Wegen Einzelheiten s. R 9.9 LStR, H 9.9 LStH. Bei einem durch private Gründe veranlassten Umzug sind die durch den Transport von Arbeitsmitteln entstehenden anteiligen Aufwendungen keine Werbungskosten (, BStBl 1989 II S. 972). Ebenfalls keine Werbungskosten sind die bei einem beruflich veranlassten Umzug entstandenen Aufwendungen für die Ausstattung der neuen Wohnung (, BStBl 2003 II S. 314).
Wegen der Kosten für eine weitere Wohnung bei doppelter Haushaltsführung s. R 9.11 Abs. 8 LStR und Tz. 124, d.
c) Aufwendungen für die Ernährung
Aufwendungen für die Ernährung des Steuerpflichtigen und seiner Angehörigen sind grds. Kosten der Lebensführung. Verpflegungsmehraufwendungen als Reisekosten können Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG und R 9.6 LStR). Wegen Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und Abs. 5 EStG sowie R 9.11 Abs. 7 LStR.
d) Aufwendungen für Repräsentation, Bewirtung und Geschenke
Aufwendungen, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, sind weitgehend Kosten der Lebensführung, auch wenn sie berufsfördernd sind (§ 12 Nr. 1 EStG); so können z. B. Kosten für die Bewirtung von Geschäftsfreunden in der Privatwohnung oder anlässlich eines privaten Ereignisses (etwa Geburtstag), Aufwendungen für die Einladung von Geschäftsfreunden zu Karnevalsveranstaltungen sowie Geschenke an Geschäftsfreunde aus privaten Anlässen nicht abgezogen werden. Das Gleiche gilt für Aufwendungen eines Chefarzts für eine Weihnachtsfeier mit Mitarbeitern und für Arbeitsessen mit Fachkollegen sowie Aufwendungen für Weihnachtsgeschenke an Mitarbeiter. Wegen der Aufwendungen für Repräsentation, Bewirtung und Geschenke im betrieblichen Bereich s. Tz. 37 ff.
e) Aufwendungen für Kleidung
Aufwendungen für Kleidung sind grds. Kosten der Lebensführung. Das gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige sie ausschließlich bei der Berufsausübung trägt.
Dagegen sind Aufwendungen für typische Berufskleidung Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Zur typischen Berufskleidung gehören Kleidungsstücke, die als Arbeitsschutzkleidung auf die jeweils ausgeübte Berufstätigkeit zugeschnitten sind oder nach ihrer z. B. uniformartigen Beschaffenheit oder dauerhaft angebrachten Kennzeichnung durch ein Firmenemblem objektiv eine berufliche Funktion erfüllen (R 3.31 LStR). Die private Nutzung muss so gut wie ausgeschlossen sein. Beispiele: Arbeitsanzug, Arbeitskittel, schwarze Hose eines Kellners in Verbindung mit der weißen Kellnerjacke, Dienstkleidung der Bundeswehr, soweit nicht eine Entschädigung gezahlt wird (zur Abgrenzung zwischen typischer Berufskleidung und bürgerlicher Kleidung , BStBl 1991 II S. 751). S. aber auch , BStBl 2006 II S. 915 und Werner, NWB F. 6 S. 4745 ff. NWB EAAAC-33827.
Ein seinem Charakter nach zur bürgerlichen Kleidung gehörendes Kleidungsstück (z. B. Lodenmantel) wird nicht dadurch zur typischen Berufskleidung, dass es nach der Dienstanweisung des Arbeitgebers zur Dienstbekleidung zählt und mit einem Dienstabzeichen versehen ist (, BStBl 1996 II S. 202); ebenso nicht ein Trachtenanzug, wenn die Benutzung des Anzugs als normale Kleidung regional im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt (, BStBl 1980 II S. 73). Nach , BStBl 1981 II S. 781, kann auch ein besonders hoher beruflich bedingter Verschleiß normaler Kleidung nicht zu Werbungskosten führen, es sei denn, er ist vom normalen Verschleiß objektiv und leicht nachprüfbar abgrenzbar. Aufwendungen einer Instrumentalsolistin für Abendkleider und schwarze Hosen sind keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten (, BStBl 1991 II S. 751).
f) Aufwendungen für die Gesundheit
Aufwendungen für die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit sind grds. Kosten der Lebensführung, für die aber eine Steuerermäßigung wegen einer außergewöhnlichen Belastung in Betracht kommen kann (§ 33 EStG). Aufwendungen für Körperpflege und Kosmetika sind Kosten der Lebensführung (, BStBl 1990 II S. 49).
Aufwendungen für typische Berufskrankheiten sind Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Der Begriff der typischen Berufskrankheit wird eng ausgelegt. Er ist durch eine Auskunft der Gesundheitsbehörde oder der Berufsgenossenschaft zu klären. Typische Berufskrankheiten stehen Krankheiten gleich, die unstreitig oder mit Sicherheit nachweisbar eine Folge der Berufsausübung sind. Der Ursachenzusammenhang muss feststellbar sein. Ein Zusammenhang mit dem Betrieb/Beruf wurde nicht anerkannt bei Zuckerkrankheit (, BStBl 1962 III S. 235) und Herzinfarkt (, BStBl 1969 II S. 179), jedoch anerkannt bei infektiöser Gelbsucht eines Arzts (, BStBl 1965 III S. 358).
Krankheitskosten im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall auf einer betrieblichen (beruflichen) Fahrt können auch dann Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein, wenn der Unfall durch einen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften bewusst oder leichtfertig verursacht worden ist, es sei denn, dass für den Unfall private Gründe maßgebend sind. Wird der Unfall durch Alkoholeinfluss herbeigeführt, ist der betriebliche (berufliche) Zusammenhang unterbrochen und die Aufwendungen sind Kosten der Lebensführung (, BStBl 1984 II S. 434).
Aufwendungen für technische Hilfsmittel zur Behebung körperlicher Mängel können als Kosten der Lebensführung nicht abgezogen werden, auch wenn die Behebung des Mangels im beruflichen Interesse liegt. Eine Berücksichtigung kommt allenfalls wegen einer außergewöhnlichen Belastung (§ 33 EStG) in Betracht.
g) Aufwendungen für die Bildung
Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium rechnen zu den Lebensführungskosten, wenn diese Tätigkeit nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet; vgl. auch Tz. 136, 168.
Insbesondere bei der Teilnahme an Studienreisen und Fachkongressen ist die Abgrenzung zwischen Aufwendungen der privaten Lebensführung und Betriebsausgaben oder Werbungskosten schwierig. Aufwendungen für eine Studienreise oder den Besuch eines Fachkongresses sind nur dann Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn die Reise oder Teilnahme an dem Kongress so gut wie ausschließlich beruflich veranlasst ist. Eine betriebliche/berufliche Veranlassung ist anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Betrieb/Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Betriebs/Berufs gemacht werden (R 12.2 EStR). Ist die Befriedigung privater Interessen nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nicht nahezu ausgeschlossen, greift das Abzugsverbot.
Gegen berufsbedingte Aufwendungen sprechen z. B. der Besuch bevorzugter Ziele des Tourismus, häufiger Ortswechsel, bei kürzeren Veranstaltungen die Einbeziehung vieler Sonn- und Feiertage, die zur freien Verfügung stehen, die Mitnahme des Ehegatten oder anderer naher Angehöriger, die Verbindung mit einem privaten Aufenthalt, die Reise in den heimischen Kulturkreis, entspannende und kostspielige Beförderung (z. B. Schiffsreise). Zur umfangreichen Rechtsprechung des BFH s. H 12.2 EStH.
Bei Sprachkursen im Ausland kann gegen die betriebliche/berufliche Veranlassung sprechen, wenn die Durchführung der Veranstaltung im Inland den gleichen Erfolg hätte haben können (, BStBl 1993 II S. 787). Allerdings kann die steuerliche Berücksichtigung nicht mit der Begründung versagt werden, die Veranstaltung habe in einem Mitgliedstaat der EU, des EWR oder in der Schweiz stattgefunden (, BStBl 2003 I S. 447). Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache gehören regelmäßig auch dann zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung, wenn ausreichende Deutschkenntnisse für einen angestrebten Ausbildungsplatz förderlich sind (, BStBl 2007 II S. 814).
Kosten der Lebensführung sind regelmäßig Aufwendungen für der Allgemeinbildung und Unterhaltung dienende Bücher und Zeitschriften, auch wenn diese beruflich verwertet werden, für eine Tageszeitung oder Wochenzeitschrift, für allgemeine Nachschlagewerke, für Fernseh- und Rundfunkgeräte, für Tonbandgeräte und Videorecorder und für Musikinstrumente. Eine andere Beurteilung kann in Betracht kommen, wenn die genannten Gegenstände ausschließlich oder nahezu ausschließlich betrieblich (beruflich) genutzt werden oder bei Arbeitnehmern Arbeitsmittel sind. So ist z. B. der Konzertflügel einer Musiklehrerin als Arbeitsmittel anerkannt worden (, BStBl 1989 II S. 356).
h) Aufwendungen für Kraftfahrzeuge
Wegen des Werts der privaten Nutzung eines Kraftfahrzeugs s. Tz. 90. Kommt ein betrieblich und privat genutzter Pkw auf einer Privatfahrt zu Schaden, kann dieser Schaden den Gewinn nicht mindern (z. B. , BStBl 1978 II S. 457). Wird ein zum Betriebsvermögen gehörender Pkw während eines privat veranlassten Besuchs z. B. eines Weihnachtsmarkts auf einem Parkplatz abgestellt und dort gestohlen, ist der Vermögensverlust der privaten Nutzung zuzurechnen (, BStBl 2007 II S. 762). Andererseits kann ein Steuerpflichtiger, der auf einer ausschließlich betrieblichen oder beruflichen Fahrt durch Unfall zu Schaden kommt, die zur Beseitigung der Körper- und Sachschäden erforderlichen Aufwendungen, die er nicht von dritter Seite erstattet bekommt, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzen, es sei denn, dass für den Unfall private Gründe maßgebend sind. Zu Unfällen auf Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte s. Tz. 124, g.
Aufwendungen für den Erwerb eines Führerscheins sind grds. Kosten der Lebensführung. Sie sind nur dann Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn der Erwerb des Führerscheins Voraussetzung für die Ausübung des Berufs ist.
Tz. 165 Freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen
§ 12 Nr. 2 EStG schließt den Abzug von freiwilligen Zuwendungen, Zuwendungen aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten aus. Freiwillig ist eine Zuwendung, wenn sie nicht aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtung oder aufgrund letztwilliger Verfügung gewährt wird. Eine freiwillig begründete Rechtspflicht liegt vor, wenn die Leistung auf einer freiwillig eingegangenen vertraglichen Verpflichtung beruht (vgl. zuletzt , BStBl 2008 II S. 99). Gesetzlich unterhaltsberechtigt i. S. des § 12 Nr. 2 EStG sind alle Personen, die nach bürgerlichem Recht gegen den Steuerpflichtigen oder seinen Ehegatten einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch haben können. Es kommt nicht darauf an, ob nach den persönlichen Verhältnissen der Beteiligten ein solcher Anspruch tatsächlich besteht (z. B. , BStBl 1974 II S. 86). Das Abzugsverbot gilt auch, wenn die Zuwendungen über den Rahmen dessen hinausgehen, was der Empfänger nach bürgerlichem Recht zu beanspruchen hat.
Durch § 12 Nr. 2 EStG wird der Abzug von wiederkehrenden Leistungen ausgeschlossen, die eine der vorgenannten Zuwendungen (Unterhaltsleistungen) darstellen. Wie sich auch aus dem Eingangssatz des § 12 EStG ergibt, geht jedoch § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (Sonderausgabenabzug von Versorgungsleistungen) und § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG (Sonderausgabenabzug von Leistungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs) dem § 12 Nr. 2 EStG vor; vgl. Tz. 163. Zur Abgrenzung von nicht abziehbaren Unterhaltsaufwendungen von den als Sonderausgaben abziehbaren Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, eines Betriebs oder Teilbetriebs oder eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH, wenn im letztgenannten Fall der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt, s. im Übrigen Erläuterungen in Tz. 130. Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Nießbrauchs und anderer Nutzungsrechte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung s. Tz. 226, b. Bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist die Höhe der als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG abziehbaren Versorgungsleistungen durch die nach der Prognose im Zeitpunkt der Übergabe erzielbaren Nettoerträge begrenzt. Einigen sich die Vertragsbeteiligten auf ein in Anbetracht des gestiegenen Versorgungsbedürfnisses neues Versorgungskonzept, z. B. wegen Umzugs des Versorgungsberechtigten in ein Pflegeheim, sind Zahlungen, die ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus dem Ertrag des übergebenen Vermögens erbracht werden können, freiwillige Leistungen i. S. des § 12 Nr. 2 EStG (, BStBl 2008 II S. 16). Zur Abgrenzung von Versorgungsleistungen zu Unterhaltsleistungen i. S. von § 12 Nr. 1 EStG und Zuwendungen aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i. S. des § 12 Nr. 2 EStG vgl. , BStBl 2006 II S. 797.
Durch § 12 Nr. 2 EStG nicht ausgeschlossen wird der Abzug von Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG; vgl. in Tz. 129. Unterhaltsleistungen können unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen (§ 33a EStG) abgezogen werden (vgl. in Tz. 258). Hier ist § 12 Nr. 2 EStG nicht einschlägig.
Zum Abzug von Zinsen in Fällen schenkweise begründeter Darlehensforderungen, insbesondere von Kindern gegen Eltern, vgl. , BStBl 1992 I S. 729; , BStBl 1993 I S. 410; , BStBl 2001 I S. 348. Der Formunwirksamkeit eines unter nahen Angehörigen abgeschlossenen (Darlehens-)Vertrags kommt eine Indizwirkung gegen dessen steuerrechtliche Anerkennung zu ( NWB KAAAC-46296). Zinsen aus einem ertragsteuerlich unbeachtlichen Darlehen unter nahen Angehörigen sind keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, beim Empfänger sind sie keine Einkünfte aus Kapitalvermögen (, BStBl 1995 II S. 264).
Tz. 166 Nichtabziehbare Steuern
§ 12 Nr. 3 EStG schließt den Abzug der Steuern vom Einkommen und der sonstigen Personensteuern aus. Betroffen sind Einkommensteuer, Erbschaftsteuer, Kapitalertragsteuer, Kirchensteuer, Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag. Da die Gebühren für verbindliche Auskünfte (§ 89 Abs. 3 AO) steuerliche Nebenleistungen i. S. des § 3 Abs. 4 AO darstellen, unterliegen sie ebenfalls den Abzugsbeschränkungen des § 12 Nr. 3 letzter Halbsatz EStG. Zur Anrechnung der ausländischen Einkommensteuer auf die inländische Einkommensteuer nach § 34c EStG s. Tz. 269. Der Abzug der Kirchensteuer als Sonderausgabe richtet sich nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG abziehbar; s. Tz. 133. Bei der Erbschaftsteuer können die jährlichen Zahlungen nach § 23 ErbStG als dauernde Lasten berücksichtigt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG; s. Tz. 130). Nicht abziehbar ist auch die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind. Es handelt sich hierbei sowohl um Gegenstands- als auch um Nutzungsentnahmen. Ebenfalls nicht abgezogen werden dürfen Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG gilt, also um Aufwendungen, die privat veranlasst sind, sowie Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–5, 7 oder Abs. 7 EStG gilt; s. Tz. 37–41, 43, 53.
Nachforderungszinsen (§ 233a AO), Stundungszinsen (§ 234 AO), Aussetzungszinsen (§ 237 AO), Gebühren für verbindliche Auskünfte (§ 89 Abs. 3 AO), Kosten bei Inanspruchnahme von Finanzbehörden (§ 178a AO), Säumniszuschläge (§ 240 AO), Verspätungszuschläge (§ 152 AO) und Zwangsgelder (§ 329 AO) können abgezogen werden, wenn die zugrunde liegenden Steuern abgezogen werden können. Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) sind vom Abzug ausgeschlossen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8a EStG). Der Abzug von Nachzahlungszinsen i. S. des § 233a AO als Werbungskosten ist unabhängig davon ausgeschlossen, ob der Steuerpflichtige den nachzuzahlenden Betrag wie den Differenzbetrag zwischen festgesetzter Einkommensteuervorauszahlung und festgesetzter Einkommensteuer vor der Nachzahlung zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen eingesetzt hat ( NWB MAAAD-02210).
Tz. 167 Nichtabziehbare Geldstrafen
§ 12 Nr. 4 EStG stellt klar, dass Geldstrafen nicht abziehbar sind, auch wenn ein Bezug zur betrieblichen (beruflichen) Sphäre besteht. Geldstrafen sind Rechtsnachteile, die von einem Gericht nach den Strafvorschriften des Bundes- und Landesrechts verhängt werden. Auch im Ausland verhängte Geldstrafen sind grds. nicht abziehbar. Eine Ausnahme gilt, wenn die im Ausland verhängte Geldstrafe einen Tatbestand betrifft, der nach wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung keine Strafe auslösen würde – ordre public – (R 12.3 EStR). Die Regelung ergänzt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG, wonach Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde in der Bundesrepublik Deutschland oder von Organen der Europäischen Gemeinschaften festgesetzt wurden, auch bei betrieblicher Veranlassung nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Entsprechendes gilt gem. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG für den Bereich der Werbungskosten.
Nicht abziehbar sind auch sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt. Dies gilt insbesondere für die Einziehung von Gegenständen, die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind (z. B. verfälschter Wein) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht werden oder bestimmt gewesen sind (z. B. Tatwerkzeuge, Beförderungsmittel). Stellt die Einziehung lediglich eine Sicherungsmaßnahme dar, kann der Verlust eines zum Betriebsvermögen gehörenden Gegenstands gewinnmindernd berücksichtigt werden. Als Rechtsfolge vermögensrechtlicher Art ohne Strafcharakter wird auch der Verfall von Tatentgelten (z. B. Bestechungsgelder) angesehen, da der Verfall in erster Linie dem Ausgleich von rechtswidrig erlangten Vermögensvorteilen dient.
Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem Strafverfahren erteilt werden und nicht lediglich der Schadenswiedergutmachung dienen, dürfen ebenfalls nicht abgezogen werden. Hierzu gehören Auflagen des Gerichts bei einer Strafaussetzung zur Bewährung oder bei einer Verwarnung mit Strafvorbehalt, einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen oder sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen. Das gilt auch für entsprechende Auflagen und Weisungen bei Einstellung des Verfahrens. Diese Beträge dürfen auch nicht im Rahmen des § 10b EStG als Spenden abgezogen werden; s. auch Tz. 144.
Im Übrigen sind Kosten eines Strafverfahrens/der Strafverteidigung Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn die dem Strafverfahren zugrunde liegende Tat in Ausübung der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit begangen wurde, da sie weder Strafe noch strafähnliche Rechtsfolge sind (, BStBl 1982 II S. 467). Beruht die dem Strafverfahren zugrunde liegende Tat auf privaten Gründen oder ist sie sowohl privat als auch betrieblich (beruflich) veranlasst, sind die Aufwendungen nicht abziehbare Kosten der Lebensführung.
Tz. 168 Erstmalige Berufsausbildung und Erststudium
Aufwendungen für den erstmaligen Erwerb von Kenntnissen, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, und für ein erstes Studium gehören zu den Kosten der Lebensführung. Die Aufwendungen sind nur als Sonderausgaben bis zu 4.000 € abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG; s. auch Tz. 136). Gleiches gilt auch für ein berufsbegleitendes Erststudium. Werbungskosten liegen dagegen vor, wenn die erstmalige Berufsausbildung oder das Erststudium Gegenstand eines Dienstverhältnisses (Ausbildungsdienstverhältnis, z. B. Ausbildung eines Lehrlings) ist. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG erfasst die Fälle des Erststudiums, in denen zugleich eine Erstausbildung vermittelt wird und die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Erwerbsbedingte Aufwendungen werden von dem Abzugsverbot nicht erfasst. Einem Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten für ein Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung steht die Regelung ebenfalls nicht entgegen (, DB 2009 S. 2073).
Der Abbruch eines Erststudiums oder einer ersten Berufsausbildung führt nicht dazu, dass die Aufwendungen für ein anderes Studium oder eine andere Berufsausbildung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen.
Die Aufwendungen für die Fortbildung in einem bereits erlernten Beruf werden von dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG nicht erfasst. Sie können unter den allgemeinen Voraussetzungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Das gilt auch für die Aufwendungen für ein weiteres Studium, wenn dieses in einem hinreichend konkreten objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit steht. Nicht unter § 12 Nr. 5 EStG fallen auch Aufwendungen für die einen Berufswechsel vorbereitenden Umschulungsmaßnahmen; sie können unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.
Zu Fragen der erstmalige Berufsausbildung, Erststudium und Ausbildungsdienstverhältnissen i. S. des § 12 Nr. 5 EStG vgl. ausführlich , BStBl 2005 I S. 955, mit Ergänzung durch , BStBl 2007 I S. 492, zu Studien und Prüfungsleistungen an ausländischen Hochschulen sowie Abschlüssen inländischer Fachhochschulen gleichgestellten Ausbildungsgängen nach Landesrecht.
5. Teil: Die einzelnen Einkunftsarten
I. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Tz. 169 Die einzelnen Arten von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft
a) Einkünfte aus Landwirtschaft
Landwirtschaft ist das planmäßige Nutzen der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von Pflanzen, Pflanzenteilen und Tieren. Dazu zählen u. a. Bewirtschaftung des Ackers zwecks Getreideanbaus, Dauergrünland, Obst- und Gemüseanbau, Baumschulen, Hopfenbau, Tabakanpflanzungen. Tierzucht und Tierhaltung gehört zur Landwirtschaft, wenn die Bodenbewirtschaftung deren Grundlage ist, die erzeugten oder gehaltenen Tiere je Hektar der regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche eine bestimmte Zahl nicht übersteigen (s. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG; R 13.2 EStR; s. unten Tz. 169, d). Andernfalls liegt ein Fall der gewerblichen Tierzucht i. S. von § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG vor. Verluste hieraus sind nur mit (späteren) Gewinnen aus gewerblicher Tierzucht verrechenbar; vgl. Tz. 184, a.
b) Einkünfte aus Forstwirtschaft
Forstwirtschaft ist die selbständige, nachhaltige und planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Waldbodens zur Gewinnung von Walderzeugnissen (z. B. Nutzhölzer) sowie ihrer Verwertung, soweit dies mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. § 15 Abs. 2 EStG ist sinngemäß anzuwenden. Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung des Walds von der Aufforstung der einzelnen Bestände bis zu ihrer Ernte, die auch über einen Eigentümerwechsel hinausgehen kann. Für die Annahme eines forstwirtschaftlichen Betriebs ist nicht ausschließlich entscheidungserheblich, dass in dieser Zeitspanne nur geringfügige oder keine Bewirtschaftungsmaßnahmen stattfinden oder über viele Jahre hinweg keine Ernteerträge anfallen. Die Beteiligung des Unternehmens am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kann daher in Ausnahmefällen – insbesondere bei kurzfristiger Inhaberschaft – für das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebs entbehrlich sein (, BStBl 1976 II S. 482). Der BFH unterscheidet deshalb auch zwischen Nachhaltsbetrieben und aussetzenden Betrieben. Beim Nachhaltsbetrieb ist infolge eines Betriebsplans ein umfangreicher Baumbestand mit zahlreichen Altersklassen vorhanden und eine jährliche Nutzung gegeben. Aussetzende Betriebe sind Waldungen, die nur eine oder wenige Altersklassen aufweisen und mithin anders als bei der typischen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung keine jährliche Bearbeitung und Bepflanzung des Bodens sowie Ernte erfordern.
c) Einkünfte aus sonstiger land- und forstwirtschaftlicher Nutzung
Zu den Einkünften aus sonstiger land- und forstwirtschaftlicher Nutzung i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG gehören gem. § 62 BewG insbesondere die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei und die Saatzucht (keine abschließende Aufzählung). Ausführlich zu diesen Nutzungsteilen s. R 144 ff. ErbStR.
d) Einkünfte aus der Jagd
Die Jagd wird nicht als selbständiger Zweig der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion eingestuft. Einkünfte aus der Jagd gehören zur Land- und Forstwirtschaft, wenn die Jagd mit einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Zusammenhang steht. Das ist der Fall, wenn die Jagd des Land- und Forstwirts dem eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dergestalt dient, dass sie den land- und forstwirtschaftlichen Flächen zugute kommt. Erforderlich ist, dass die Jagd zumindest überwiegend auf den eigenen oder gepachteten Grundstücken des betreffenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeübt wird (, BStBl 1979 II S. 100). Der gesetzlich geforderte Zusammenhang wird regelmäßig zu bejahen sein, wenn der Land- und Forstwirt selbst Eigentümer zusammenhängender Ländereien ist, die einen Eigenjagdbezirk bilden, und der Land- und Forstwirt diese Eigenjagd selbst betreibt. Unmaßgeblich ist in diesen Fällen, ob die Jagd für sich betrachtet ständige Verluste oder auch Gewinne verursacht. Selbst wenn die Eigenjagd auf Dauer nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten könnte, ist Liebhaberei zu verneinen.
Zu den Einnahmen zählen regelmäßig u. a. die Abschussgelder sowie die Verkaufserlöse für das Wildbret bzw. die Pachteinnahmen aus einer verpachteten Jagd. Als Ausgaben sind typischerweise anfallende Kosten, z. B. für Jagdausrüstung, Wildhege und Pflege des Jagdreviers, abziehbar.
e) Einkünfte aus Realgemeinden
Einkünfte von Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften sowie von ähnlichen Realgemeinden i. S. des § 3 Abs. 2 KStG gehören gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu den land- und forstwirtschaftlichen Einkünften.
f) Einkünfte aus Nebenbetrieben
Zu den land- und forstwirtschaftliche Einkünften zählen die Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieben. Als Nebenbetrieb gilt nach der Fiktion des § 13 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG ein Betrieb, der dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist. Die Produkte und Leistungen dürfen nicht bereits der ursprünglichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung durch den Hauptbetrieb zuzurechnen sein.
Einkünfte aus Nebenbetrieben liegen insbesondere vor, wenn ein Land- und Forstwirt Rohstoffe zu Erzeugnissen be- oder verarbeitet, die in der ersten Stufe ihrer Verarbeitung noch als land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse anzusehen sind. Zu den Be- oder Verarbeitungsbetrieben gehören regelmäßig Brennereien, Mühlen, Molkereien Käsereien, Sägewerke und Zuckerfabriken. Die be- oder verarbeiteten Rohstoffe müssen nach R 15.5 Abs. 3 EStR entweder überwiegend im eigenen Hauptbetrieb des Landwirts erzeugt worden und die Erzeugnisse für den Verkauf bestimmt sein oder von einem anderen Land- und Forstwirt übernommen und als neue Erzeugnisse nahezu ausschließlich im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet werden. Unterliegen die Produkte einer zweiten (gewerblichen) Verarbeitungsstufe, kann aus Vereinfachungsgründen weiterhin von land- und forstwirtschaftlichen Einkünften ausgegangen werden, wenn die Erzeugnisse zur Angebotsabrundung im Rahmen der Direktvermarktung eigener land- und forstwirtschaftlicher Produkte abgegeben werden und der Umsatz daraus nicht mehr als 10.300 € im Wirtschaftsjahr beträgt.
Neben typischen Be- oder Verarbeitungsbetrieben können auch Substanzbetriebe Nebenbetriebe sein. Unter einem Substanzbetrieb ist Abbauland i. S. des § 43 BewG zu verstehen; hierzu gehören die Betriebsflächen, die durch Abbau der Bodensubstanz überwiegend für den Betrieb nutzbar gemacht werden. Der Abbau von Sand, Kies, Torf, Lehm oder dergleichen begründet einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb, wenn der Land- und Forstwirt die gewonnene Substanz überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet.
g) Einkünfte aus dem Nutzungswert einer Wohnung
Der Nutzungswert einer Wohnung des Land- und Forstwirts, die als Baudenkmal einzustufen ist und die bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gleicher Art die übliche Größe nicht überschreitet, gehört gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Wohnung bereits im Veranlagungszeitraum 1986 vom Steuerpflichtigen selbst zu eigenen Wohnzwecken oder zu Wohnzwecken des Altenteilers genutzt worden war und zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gerechnet wurde. Für einen nach dem Veranlagungszeitraum 1998 liegenden Veranlagungszeitraum kann der Land- und Forstwirt beantragen, dass die Nutzungswertbesteuerung für seine denkmalgeschützte Wohnung entfällt, sonst wird sie fortgeführt. Bei Wegfall der Nutzungswertbesteuerung gelten der Grund und Boden und die Wohnung des Steuerpflichtigen/Altenteilerwohnung als zu dem Zeitpunkt entnommen, in dem letztmalig die Nutzungswertbesteuerung vorgenommen wird; der Entnahmegewinn bleibt außer Ansatz. Ebenfalls außer Ansatz bleiben Erlöse aus Entnahmen von Wohnungen und dem dazugehörigen Grund und Boden vor Antragstellung auf Beendigung der Nutzungswertbesteuerung sowie die Entnahme einer vor dem einem Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassenen Wohnung und des dazugehörigen Grund und Bodens für eigene Wohnzwecke oder für Wohnzwecke des Altenteilers, wenn nicht bereits Wohnungen vorhanden sind, die Wohnzwecken des Eigentümers des Betriebs oder eines Altenteilers dienen (§ 13 Abs. 4 EStG). Diese Regelung gilt nicht im Beitrittsgebiet.
Nach § 13 Abs. 5 EStG ist die Entnahme des Grund und Bodens ertragsteuerfrei, der erst nach dem Betriebsvermögen geworden ist. Voraussetzung ist, dass der Land- und Forstwirt auf diesem Grund und Boden eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung oder eine Altenteilerwohnung errichtet. Diese Regelung findet auch im Beitrittsgebiet Anwendung.
h) Einkünfte aus der Produktionsaufgaberente
Die nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit dem Land- und Forstwirt bei Vorliegen bestimmter sachlicher und persönlicher Voraussetzungen gezahlte Produktionsaufgaberente gehört zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 EStG).
Tz. 170 Abgrenzung gegenüber Einkünften aus Gewerbebetrieb
a) Allgemeines
Ob eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit i. S. des § 13 Abs. 1 und 2 EStG vorliegt oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG erzielt werden, ist grds. nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Entscheidungserheblich ist, ob die Land- und Forstwirtschaft oder die gewerbliche Tätigkeit dem Betrieb das Gepräge gibt und der jeweils anderen Betätigung nur eine untergeordnete Bedeutung beizumessen ist. Bei teils gewerblicher und teils landwirtschaftlicher Betätigung eines Steuerpflichtigen (gemischte Tätigkeit) sind beide Betriebe selbst dann getrennt zu beurteilen, wenn eine zufällige, vorübergehende wirtschaftliche Verbindung zwischen ihnen besteht, die jedoch ohne Nachteil für diese Betriebe gelöst werden kann. Nur eine über dieses Maß hinausgehende wirtschaftliche Beziehung zwischen beiden Betrieben, eine planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollte Verbindung, kann eine einheitliche Beurteilung verschiedenartiger Betätigungen rechtfertigen (, BStBl 1992 II S. 651).
Einzelheiten und Vereinfachungsregelungen enthält R 15.5 EStR.
b) Zukauf fremder Erzeugnisse
Der Zukauf fremder Erzeugnisse ist unschädlich für die Qualifizierung als land- und forstwirtschaftliche Einkünfte, wenn der Einkaufswert für betriebsuntypische Ware zur Vervollständigung der im Erzeugungsbetrieb üblichen Produktpalette 10 % des Gesamtumsatzes (Betriebseinnahmen ohne Umsatzsteuer) nicht übersteigt. Werden betriebstypische land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse bis zu einem Einkaufswert von 30 % des Gesamtumsatzes zugekauft, die nicht im eigenen Betrieb im Wege der Erzeugungsproduktion bearbeitet werden, erkennt die Finanzverwaltung grds. einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft an. Doch darf der Umsatzanteil, der auf die Veräußerung der Fremderzeugnisse entfällt, nicht erkennbar überwiegen (s. auch R 15.5 Abs. 5 EStR).
Ob der Handel mit selbst erzeugten Produkten und mit zugekauften Waren insgesamt im Rahmen eines einheitlichen Betriebs als Land- und Forstwirtschaft oder als gewerbliche Betätigung zu beurteilen ist, hängt abweichend von der Verwaltungsmeinung von dem Verhältnis der Umsätze der selbst erzeugten und der zugekauften Waren zum Gesamtumsatz ab (ständige Rechtsprechung, vgl. u. a. , BStBl 1981 II S. 518).
c) Handelsgeschäft
Bei Vermarktung der eigenerzeugten land- und forstwirtschaftlichen Produkte durch den Land- und Forstwirt können Erzeugerbetrieb und Handelsgeschäft einen einheitlichen Betrieb oder zwei selbständige Betriebe bilden. Von einem einheitlichen Betrieb ist auszugehen, wenn die eigenen Erzeugnisse des Betriebs zu mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden (vgl. u. a. , BStBl 1981 II S. 518). Die Finanzverwaltung sieht überdies einen einheitlichen Betrieb auch dann als gegeben an, wenn die eigenen Erzeugnisse zwar nicht zu mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden, der Wert des Zukaufs fremder Erzeugnisse aber 30 % des Umsatzes des Handelsgeschäfts nicht übersteigt (R 15.5 Abs. 6 EStR).
Das Handelsgeschäft ist somit selbständiger Gewerbebetrieb, wenn
die eigenen Erzeugnisse nicht zu mehr als 40 % abgesetzt werden, der Wert des Zukaufs aber 30 % des Umsatzes übersteigt oder
die eigenen Erzeugnisse zwar zu mehr als 40 % abgesetzt werden, diese jedoch im Verhältnis zum gesamten Absatz nur untergeordnete Bedeutung haben.
d) Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung
Tierzucht und Tierhaltung zählen zur Landwirtschaft, wenn die erzeugten oder gehaltenen Tiere je Hektar der regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Fläche gesetzlich festgelegte Grenzen nicht übersteigen. Der regelmäßig und nachhaltig im Wirtschaftsjahr erzeugte und im Durchschnitt des Wirtschaftsjahrs vorhandene Tierbestand wird nach dem Futterbedarf in Vieheinheiten umgerechnet. Übersteigt die Anzahl der Vieheinheiten nachhaltig die gesetzliche Grenze, gehören nur die Teile des Tierbestands zur landwirtschaftlichen Nutzung, deren Vieheinheiten diese Grenze nicht übersteigen. Die maßgeblichen Grenzwerte gelten unabhängig davon, ob die Tierzucht oder Tierhaltung im Inland oder im Ausland betrieben wird. Im Übrigen liegen Einkünfte aus gewerblicher Tierzucht vor. Verluste hieraus sind nach § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG nicht mit den übrigen Einkünften, sondern nur mit (ggf. späteren) Gewinnen aus gewerblicher Tierzucht verrechenbar. Die Zucht von Tieren, die sich nicht von pflanzlicher Nahrung, sondern ausschließlich von tierischer Nahrung ernähren, gehört jedoch generell nicht zu den Einkünften aus Landwirtschaft, sondern zu den originären Einkünften aus Gewerbebetrieb. § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG ist in diesen Fällen nicht anzuwenden. Zu Einzelfragen der Umrechnung und Fragen der Rangfolge der Tierbestandszweige bei Überschreiten der Grenzen der Landwirtschaft s. R 13.2 EStR und § 52 Abs. 2–5 BewG.
aa) Strukturwandel
Eine auf einer ausreichenden Futtergrundlage betriebene landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung kann infolge einer nachhaltigen Änderung im Tier- oder Flächenbestand in die Gewerblichkeit hineinwachsen (Strukturwandel). Dabei ist zwischen sofortigem und allmählichem Strukturwandel zu unterscheiden. Strukturiert der Landwirt durch auf Dauer angelegte planmäßige Maßnahmen seinen Betrieb so um, dass die Vieheinheitengrenze nachhaltig überschritten wird, führt dies zur sofortigen Entstehung eines Gewerbebetriebs. Dieser tritt neben den weiter bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb und beginnt grundsätzlich mit der ersten Vorbereitungshandlung, die auf die nachhaltige Kapazitätserweiterung gerichtet ist (Fall des sofortigen Strukturwandels). Lässt sich eine auf Dauer angelegte Maßnahme zur nachhaltigen Kapazitätserweiterung nicht feststellen, ist nach einem Beobachtungszeitraum von drei Jahren, in dem die Vieheinheitengrenze jeweils auch nur geringfügig überschritten wird, ein Gewerbebetrieb anzunehmen (Fall des allmählichen oder schleichenden Strukturwandels).Wird die Vieheinheitengrenze um mehr als 10 % überschritten und wird dadurch zugleich ein zusätzlicher Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen von mehr als 10 % erforderlich, lässt dies den Schluss auf das Vorliegen eines sofortigen Strukturwandels zu ( NWB EAAAD-20491).
bb) Sonderfall Pferdezucht
Die Ausbildung von Pferden zu Renn- und Turnierpferden ist der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, wenn der Betrieb seiner Größe nach eine ausreichende Futtergrundlage bietet, die Pferde nicht nur ganz kurzfristig dort verbleiben und nach erfolgter Ausbildung an Dritte veräußert werden. Das gilt auch dann, wenn die Tiere nicht im Betrieb selbst aufgezogen, sondern als angerittene Pferde erworben werden (, BStBl 2004 II S. 742). Ein landwirtschaftlicher Betrieb wird auch nicht dadurch zu einem Gewerbebetrieb, dass er Pferde zukauft, sie während einer nicht nur kurzen Aufenthaltsdauer zu hochwertigen Reitpferden ausbildet und dann weiterverkauft ( NWB EAAAD-19283).
e) Klärschlamm
Ein Landwirt, der auch einen Gewerbebetrieb für Klärschlammtransporte unterhält, erzielt mit den Einnahmen für den Transport und die Ausbringung von Klärschlamm auch insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht aus Landwirtschaft, als er den Klärschlamm mit Maschinen des Gewerbebetriebs auf selbstbewirtschafteten Feldern ausbringt (, BStBl 2008 II S. 356).
Tz. 171 Abgrenzung zur Liebhaberei
Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht erfordert auch bei Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ein Streben nach einer Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns. Für die Abgrenzung zwischen Gewinnerzielungsabsicht und Liebhaberei bedarf es einer langfristigen Prognose, die auf der Grundlage der bisherigen Betriebsführung und Wirtschaftsführung des Steuerpflichtigen gewonnen werden muss, aber auch die künftige Wirtschaftsplanung mit einzubeziehen hat. Erzielt ein Steuerpflichtiger über mehrere Jahre hinweg nur Verluste, ist dies zwar ein gewichtiger Anhaltspunkt, der aber allein nicht ausreicht, um die Gewinnabsicht zu verneinen. Aus weiteren Beweisanzeichen muss sich feststellen lassen, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt. Wegen Einzelheiten s. auch Tz. 8, d.
Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht anzunehmen, wenn ein Steuerpflichtiger eine ursprünglich als Hobby begonnene „kleine” Pferdezucht nicht endgültig aufgibt, sondern nahezu unverändert als Liebhaberei weiter betreibt (, BStBl 2000 II S. 227).
Bei einem sog. Generationenbetrieb muss der Steuerpflichtige mit Gewinnerzielungsabsicht bewirtschaften, andernfalls liegt Liebhaberei vor. Handelt der Rechtsnachfolger in einem Liebhabereibetrieb wieder mit Gewinnerzielungsabsicht, sind die von ihm erzielten Verluste als Anfangsverluste eines neu eröffneten Betriebs anzuerkennen (, BStBl 2000 II S. 674).
Bei einem landwirtschaftlichen Pachtbetrieb erstreckt sich der Beurteilungszeitraum für die Totalgewinnprognose nur auf die Dauer des Pachtverhältnisses. Dies gilt auch dann, wenn das Pachtverhältnis lediglich eine Vorstufe zu der später geplanten unentgeltlichen Hofübergabe ist (, BStBl 2008 II S. 465).
Wird der Gewinn gem. § 13a EStG nach Durchschnittssätzen ermittelt (s. Tz. 172, c), ist diese Gewinnermittlungsart auch für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebend. Ergeben sich hierbei andauernde Verluste, können diese eine negative Totalgewinnprognose begründen und Liebhaberei annehmen lassen (, BStBl II S. 702).
Tz. 172 Gewinnermittlung in der Land- und Forstwirtschaft
a) Allgemeines
Sind Land- und Forstwirte nach §§ 140, 141 AO verpflichtet, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen (zu den Voraussetzungen s. Tz. 172, b), haben sie ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Werden trotz gesetzlicher Verpflichtung keine ordnungsgemäßen Bücher geführt, schätzt die Finanzverwaltung den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG unter Zugrundelegen aufgestellter Richtsätze.
Besteht keine gesetzliche Buchführungspflicht und liegen die weiteren Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 EStG vor, nämlich
die selbst bewirtschaftete Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung ohne Sonderkulturen überschreitet 20 Hektar nicht,
der Tierbestand übersteigt insgesamt 50 Vieheinheiten nicht,
der Wert der selbst bewirtschafteten Sondernutzungen nach § 13a Abs. 5 EStG beträgt nicht mehr als 2 000 DM je Sondernutzung,
kann der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft entweder
nach § 13a Abs. 3–8 EStG oder
auf Antrag freiwillig durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG für vier aufeinander folgende Wirtschaftsjahre oder
auf Antrag freiwillig durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG für einen Gesamtzeitraum von vier Wirtschaftsjahren
ermittelt werden. Der Antrag muss bis zur Abgabe der Steuererklärung, spätestens zwölf Monate nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs, auf das er sich bezieht, schriftlich gestellt werden und kann innerhalb dieser Frist auch wieder zurückgenommen werden.
Tritt innerhalb der vier Wirtschaftsjahre eine Buchführungspflicht ein, ist der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG verpflichtet.
Besteht keine gesetzliche Buchführungspflicht, werden freiwillig keine Bücher geführt und liegen auch die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht vor, hat der Land- und Forstwirt den Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln.
b) Buchführungspflicht
Ist ein Steuerpflichtiger gem. § 140 AO nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen zur Buchführung verpflichtet, hat er die Verpflichtung auch für die Besteuerung zu erfüllen. Fehlen die Voraussetzungen des § 140 AO, ist der Land- und Forstwirt gem. § 141 AO verpflichtet, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn er
Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die umsatzsteuerfreien Umsätze nach § 4 Nr. 8–10 UStG, von mehr als 350.000 € im Kalenderjahr oder
selbst bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert (§ 46 BewG) von mehr als 25.000 € oder
einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 30.000 € im Kalenderjahr
gehabt hat. Bei der Wirtschaftswertermittlung sind alle vom Land- und Forstwirt selbst bewirtschafteten Flächen zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie in seinem Eigentum stehen oder nicht. Die Bestandsaufnahme erstreckt sich nicht zwingend auf das stehende Holz. Bei Eintritt der Buchführungspflicht durch Überschreiten der Grenzen wird der Landwirt von der Finanzbehörde auf die Verpflichtung hingewiesen.
Die Buchführungspflicht ist vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe des entsprechenden Hinweises durch die Finanzbehörde folgt. Die Verpflichtung besteht bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die vorgenannten Voraussetzungen für die Buchführungspflicht nicht mehr vorliegen.
Neben den jährlichen Bestandsaufnahmen und Abschlüssen haben buchführungspflichtige Land- und Forstwirte gem. § 142 AO ein jährliches Anbauverzeichnis zu führen, dass den Nachweis über die jeweiligen Fruchtarten, mit denen die selbst bewirtschafteten Flächen im jeweils abgelaufenen Wirtschaftsjahr bestellt waren, enthält.
Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für die eigenen betrieblichen Zwecke des Land- und Forstwirts genutzt werden oder dazu bestimmt sind, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, das der Land- und Forstwirt zu bilanzieren hat. Insbesondere Grundstücke und Grundstücksteile werden damit regelmäßig als notwendiges Betriebsvermögen zu erfassen sein. Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann ab Erwerb notwendiges Betriebsvermögen sein, wenn bei Erwerb die alsbaldige Übernahme der Bewirtschaftung dieses Betriebs erkennbar beabsichtigt ist und sich der Bewirtschaftungswille in einem überschaubaren Zeitraum verwirklichen lässt (, BStBl 1992 II S. 134).
Die Erfassung als gewillkürtes Betriebsvermögen setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut in Bezug auf die betreffende land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit von der Sache oder vom Gegenstand her objektiv geeignet ist, den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu fördern. Die Wirtschaftsgüter müssen in der Land- und Forstwirtschaft genutzt werden können. Fehlt ein gewisser objektiver Zusammenhang mit dem Betrieb oder handelt es sich um dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft wesensfremde Wirtschaftsgüter, ist die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht möglich (, BStBl 1983 II S. 106). Verpachtete land- und forstwirtschaftliche Grundstücke können gewillkürtes Betriebsvermögen sein. S. auch R 4.2 Abs. 9 EStR.
Zur Bewertung von bereits mit Ablauf des zum Anlagevermögen gehörendem Grund- und Boden eines buchführungspflichtigen Land- und Forstwirts s. § 55 EStG.
Als eigene Wirtschaftsgüter sind auf oder im Boden befindliche Anlagen zu behandeln und zu bewerten, die zum beweglichen Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen gehören. Grds. sind Feldinventar und stehende Ernte zu aktivieren, wenn hiervon nicht aus Billigkeitsgründen abgesehen wird; s. auch R 14 Abs. 2 EStR. Zur Bewertung von Pflanzenbeständen in Baumschulen s. , BStBl 1997 I S. 369, und , BStBl 2002 I S. 526. Zur Bewertung von Vieh s. , BStBl 2001 I S. 864.
c) Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen
Der Gewinn aus Durchschnittssätzen ist die Summe aus
Grundbetrag, der sich nach dem Hektarwert der selbst bewirtschafteten Fläche bei landwirtschaftlicher Nutzung ohne Sonderkulturen richtet;
Zuschläge für Sondernutzungen für forstwirtschaftliche, weinbauliche, gärtnerische und sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung, für Abbauland, Geringstland, Unland, Nebenbetriebe und Sonderkulturen gem. § 52 BewG, die Werte sind aus dem zuletzt festgestellten Einheitswert (bzw. Ersatzwirtschaftswert) abzuleiten;
Sondergewinne aus forstwirtschaftlicher Nutzung, aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund- und Boden und Gebäuden, aus Dienstleistungen und vergleichbaren Tätigkeiten sowie aus Auflösung von Rücklagen nach § 6c EStG und von Rücklagen für Ersatzbeschaffung;
vereinnahmte Miet- und Pachtzinsen (§ 13a Abs. 3 Nr. 4 EStG);
vereinnahmte Kapitalerträgen, die sich aus Kapitalanlagen aus Veräußerungsgewinnen ergeben;
vermindert um verausgabte Pachtzinsen sowie Schuldzinsen und dauernde Lasten, die Betriebsausgaben sind (§ 13a Abs. 3 EStG).
Für die Ermittlung des Hektarwerts (für den Grundbetrag) ist der Umfang der selbst bewirtschafteten Fläche zu Beginn des Wirtschaftsjahrs maßgeblich. Aus Vereinfachungsgründen kann der im Einheitswert des Betriebs enthaltene oder der aus dem Ersatzwirtschaftswert abgeleitete Hektarwert für landwirtschaftliche Nutzungen ohne Sonderkulturen angesetzt werden. S. auch R 13a.2 Abs. 1 EStR.
Für jede einzelne Sondernutzung, deren Wert 500 DM übersteigt, ist ein Zuschlag von 512 € vorzunehmen. Die Aufzählung der Sondernutzungen ist abschließend.
Sondergewinne aus forstwirtschaftlicher Nutzung sowie aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden und Gebäuden und – bei Betriebsumstellung – von Wirtschaftsgütern des übrigen Anlagevermögens (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) sind in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Sondergewinne aus Dienstleistungen und vergleichbaren Tätigkeiten nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EStG sind mit 35 % der Einnahmen zu berücksichtigen.
Als vereinnahmte Miet- und Pachtzinsen sind unabhängig von der Bezeichnung alle Gegenleistungen für entgeltliche Nutzungsüberlassungen für zum Betriebsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter anzusetzen.
Verausgabte Schuldzinsen und dauernde Lasten sind abzugsfähig, wenn sie Betriebsausgaben sind; § 4 Abs. 4a EStG findet keine Anwendung. Zu den Schuldzinsen gehören auch die Nebenkosten einer Darlehensaufnahme und sonstige Kreditkosten einschließlich der Geldbeschaffungskosten (, BStBl 2003 II S. 399). Gem. § 13a Abs. 3 Satz 3 EStG darf der Abzug der verausgabten Pachtzinsen, Schuldzinsen und dauernden Lasten insgesamt nicht zu einem Verlust führen.
Entgelte für die Pensionspferdehaltung gehören i. d. R. zu den bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG gesondert zu erfassenden Erträgen, die durch den Grundbetrag nicht abgegolten werden. Werden neben der Überlassung eines Stallplatzes weitere Leistungen erbracht und handelt es sich dabei um eine einheitlich zu beurteilende Gesamtleistung, gehört diese zu den Dienstleistungen und vergleichbaren Tätigkeiten i. S. des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EStG (, BStBl 2008 II S. 425).
d) Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG
Land- und Forstwirte haben den Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung zu ermitteln, wenn keine gesetzliche Buchführungspflicht besteht, freiwillig keine Bücher geführt werden und die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 EStG für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht vorliegen. Die Gewinnermittlung ist grds. auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (Anlage EÜR) vorzunehmen und der Steuererklärung beizufügen; s. hierzu Tz. 32, a.
Forstwirtschaftliche Betriebe können gem. § 51 EStDV auf Antrag anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben einen Pauschsatz von 65 % der Einnahmen aus der Holznutzung abziehen. Für Verkäufe von Holz auf dem Stamm beträgt der Pauschsatz 40 % der Einnahmen. Mit dem Ansatz der Pauschalsätze sind alle Betriebsausgaben einschließlich der Wiederaufforstungskosten im betreffenden Wirtschaftsjahr unabhängig vom Wirtschaftsjahr ihrer Entstehung abgegolten. Waldverkäufe fallen nicht unter die Pauschalregelung.
Bei der Einnahmenüberschussrechnung sind die Regelungen zur Vereinnahmung/Verausgabung (§ 11 EStG; s. Tz. 127) zu berücksichtigen. So sind laufende Pachtzahlungen eines Land- und Forstwirts in dem Wirtschaftsjahr zu erfassen, zu dem sie wirtschaftlich gehören, wenn sie kurze Zeit vor Beginn oder nach Ende dieses Wirtschaftsjahrs zufließen (, BStBl 2000 II S. 121). § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist auch bei abweichendem Wirtschaftsjahr in der Land- und Forstwirtschaft anzuwenden.
Bei der Bewertung von Vieh kann die für buchführende Land- und Forstwirte zulässige Gruppenbewertung sinngemäß auch für Einnahmenüberschussrechner angewendet werden (s. R 13.3 EStR).
e) Zurechnung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind demjenigen zuzurechnen, der die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 oder 2 EStG erfüllt. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft kann ein Einzelunternehmen oder eine Mitunternehmerschaft erzielen. Bei Mitunternehmerschaften ist § 15a EStG (Verlustverrechnungsbeschränkung bei beschränkter Haftung; s. Tz. 185) entsprechend anwendbar (§ 13 Abs. 7 EStG).
Ehegatten können grds. nur Mitunternehmer eines Betriebs sein, wenn zwischen ihnen ein Gesellschaftsvertrag rechtswirksam zustande gekommen ist, der einem Fremdvergleich standhält und tatsächlich vollzogen wird (, BStBl 1987 II S. 23). Eine Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten wird auch dann angenommen, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und auch kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt, sondern der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes jedem Ehegatten zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten (, BStBl 1983 II S. 636). In solchen Fällen kann die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses i. d. R. nur durch den Nachweis widerlegt werden, dass einer der Ehegatten das Nutzungsrecht an seinen eigenen Grundstücken dem anderen Ehegatten durch einen Nutzungsüberlassungsvertrag eingeräumt und damit auf seine Gewinnbeteiligung verzichtet hat (, BStBl 2004 II S. 500).
Zu den Fällen, in denen ohne Vorliegen eines Gesellschaftsvertrags bei Ehegatten nicht von einer Mitunternehmerschaft ausgegangen werden kann, s. H 13.4 EStH.
f) Analoge Anwendung von Vorschriften
Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ist § 15a EStG (Verluste aus beschränkter Haftung) analog anzuwenden. Soweit es sich bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft um ein Steuerstundungsmodell (vgl. Tz. 186) handelt, greift die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG. Bislang sind im Bereich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft derartige Gestaltungen noch nicht bekannt geworden, so dass davon auszugehen ist, dass die analoge Anwendung des § 15b EStG hier nur „vorsichtshalber” eingeführt wurde.
Durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (SEStEG) wurde § 15 Abs. 1a EStG (vgl. Tz. 183) eingeführt. Diese Vorschrift ist ebenfalls analog anzuwenden.
Tz. 173 Freibetrag für Land- und Forstwirte
Von den Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wird unabhängig von der Gewinnermittlungsart bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte von Amts wegen ein Freibetrag von 670 € abgezogen, wenn die Summe der Einkünfte 30.700 € nicht übersteigt (§ 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG). Bei Zusammenveranlagung der Ehegatten verdoppelt sich der Freibetrag und die Grenze der Summe der Einkünfte unabhängig davon, ob einer oder beide Ehegatten land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielen (§ 13 Abs. 3 Satz 3 EStG). Der Freibetrag ist personengebunden. Erzielen mehrere Personen gemeinsam aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (z. B. im Rahmen einer Mitunternehmerschaft) Einkünfte, steht der volle Freibetrag jedem der Beteiligten zu.
Tz. 174 Einbringung von Wirtschaftsgütern in gemeinschaftlichen Tierhaltungsbetrieb
Bei Überführung von zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen gehörenden Wirtschaftsgütern auf einen gemeinschaftlichen Tierhaltungsbetrieb i. S. des § 34 Abs. 6a BewG einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder eines Vereins gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist der Gewinn aus der Entnahme der Wirtschaftsgüter aus seinem Betrieb beim Land- und Forstwirt steuerbegünstigt. Die auf diesen Entnahmegewinn entfallende Einkommensteuer kann auf Antrag in maximal fünf jährlichen Teilbeträgen ohne Verzinsung entrichtet werden.
Tz. 175 Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs
a) Allgemeines
Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder Teilbetriebs sowie aus der Veräußerung eines Anteils an einem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören gem. § 14 Satz 1 EStG zu den land- und forstwirtschaftlichen Einkünften.
Der Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bestimmt sich nicht nach dem Zeitpunkt, in dem der Beschluss gefasst wurde. Erforderlich ist darüber hinaus die Umsetzung des Entschlusses zur Betriebsaufgabe durch Veräußerung und/oder Entnahme der wesentlichen Betriebsgrundlagen. Dies führt dazu, dass die Flucht eines Landwirts unter Zurücklassung von Zetteln mit der Anweisung zur Betriebsauflösung keine sofortige Aufgabe eines aktiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebs bewirkt (, BStBl 2008 II S. 113).
Der Besteuerung des Veräußerungs-/Aufgabegewinns unterliegen die Land- und Forstwirte unabhängig von der Gewinnermittlungsart für vorherige laufende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Ein veräußerter Teilbetrieb muss organisatorisch in gewisser Weise selbständig sein und es dem Erwerber im Wesentlichen ermöglichen, den Teilbetrieb künftig als selbständigen Betrieb zu führen. Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich aus dem Veräußerungspreis, vermindert um die Veräußerungskosten und den Wert des Betriebsvermögens. Zum Veräußerungsgewinn zählen grds. auch Entschädigungen. Der Wert des Betriebsvermögens ist für buchführungspflichtige Land- und Forstwirte nach § 4 Abs. 1 EStG auf den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung/-aufgabe durch Aufstellen einer (Schluss-)Bilanz zu ermitteln. Ermittelt der Land- und Forstwirt nach Durchschnittssätzen oder nach § 4 Abs. 3 EStG, ist auf den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung/-aufgabe ebenfalls eine (Schluss-)Bilanz aufzustellen. Zur Behandlung des Feldinventars und der stehenden Ernte s. R 14 Abs. 2 EStR. Zur Veräußerung von forstwirtschaftlichen Betrieben, Teilbetrieben und einzelnen forstwirtschaftlichen Grundstücksflächen s. R 14 Abs. 4 EStR.
b) Realteilung bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
Ein Sonderfall der Betriebsaufgabe ist die Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG) eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Die Regelungen des (BStBl 2006 I S. 228) sind entsprechend anzuwenden.
Bei Generationenwechsel wird häufig der land- und forstwirtschaftliche Betrieb erst gemeinsam von Vater und Sohn (oder Tochter) im Rahmen einer Mitunternehmerschaft betrieben, wobei sich Ackerflächen und Hofstelle (wesentliche Betriebsgrundlagen) im Sonderbetriebsvermögen des Vaters befinden. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Mitunternehmerschaft dann aufgelöst. Der Sohn übernimmt die Betriebsmittel (z. B. Werkzeug, Futtermittel, Vieh, Maschinen). Der Vater behält Hofstelle und Ackerflächen, die er anschließend an den Sohn im Rahmen einer Betriebsverpachtung im Ganzen (wenn die Voraussetzungen dafür im Übrigen vorliegen) überlässt. Die Finanzverwaltung lässt hier eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG aufgrund der Zurückbehaltung des Sonderbetriebsvermögens nicht zu. Es liegt jedoch auch keine steuerneutrale Realteilung vor. Zwar stellen weiterhin alle wesentlichen Betriebsgrundlagen Betriebsvermögen (im Rahmen des verpachteten Betriebs) dar. Nach Auffassung der Finanzverwaltung fehlt es jedoch in diesen Fällen am Merkmal der Betriebsaufgabe des zuvor im Rahmen der Mitunternehmerschaft betriebenen Betriebs, da der Betrieb in nach außen hin unveränderter Form vom Sohn weiter betrieben wird. Noch unklar ist, ob in diesen Fällen ggf. eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG möglich ist. Eine Entscheidung der Finanzverwaltung hierzu steht aus. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG nicht möglich sein wird.
c) Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebs
Der Verpächter eines landwirtschaftlichen Betriebs hat ein Wahlrecht, ob er die Verpachtung des Betriebs als Betriebsaufgabe i. S. des § 14 Abs. 1 EStG behandeln oder ob und wie lange er das Betriebsvermögen während der Dauer der Verpachtung fortführen will. Das Wahlrecht besteht nicht, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen anlässlich der Verpachtung so umgestaltet werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden könnten (, BStBl 1988 II S. 257). Eine parzellenweise Verpachtung der bisher vom Landwirt selbst bewirtschafteten Ländereien steht der Annahme einer Betriebsverpachtung im Ganzen grds. nicht entgegen, wenn der Verpächter die Absicht hat, den Betrieb selbst oder durch seine Erben wieder aufzunehmen und dies nach den gegebenen Verhältnissen als möglich erscheint. Bei fehlender ausdrücklicher Aufgabeerklärung kann es genügen, dass die maßgeblichen Grundlagen des Betriebs in Gestalt des Grund und Bodens und der Wirtschaftsgebäude verpachtet sind, während das lebende und tote Inventar schon im Hinblick auf die normale Dauer von Landpachtverträgen veräußert wird (, BStBl 1992 II S. 521). Zur Gewinnermittlung bei Betrieben mit Substanzerhaltungspflicht des Pächters s. , BStBl 2002 I S. 262).
d) Steuerfreibetrag und tarifliche Vergünstigungen bei Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sowie bei Teilen des Grund und Bodens
Der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, Teilbetriebs oder Anteils wird bei einem Steuerpflichtigen, der das 55. Lebensjahr vollendet hat und der im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd erwerbsunfähig ist, auf Antrag nur zur Einkommensteuer herangezogen, soweit er 45.000 € übersteigt (§ 14 Satz 2 EStG i. V. mit § 16 Abs. 4 EStG). Der Gewinn ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 € übersteigt. Der Freibetrag wird nur dem Steuerpflichtigen nur einmal im Leben gewährt; s. auch Tz. 202. Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wird nicht gewährt, wenn für die Veräußerung der Freibetrag nach § 14a Abs. 1 EStG beansprucht wird.
Für Betriebsveräußerungen und -aufgaben nach dem und vor dem wurde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 14a Abs. 1–3 EStG ein objektbezogener Freibetrag von 150 000 DM gewährt. Der Freibetrag nach § 14a Abs. 1 EStG wurde auch gewährt, wenn zum Betriebsvermögen gehörende Gebäude und der dazugehörige Grund und Boden nicht mit veräußert wurden.
Nach § 14a Abs. 4 EStG ist der Gewinn aus Veräußerungen oder Entnahmen eines Teils des zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörenden Grund und Bodens, die nach dem und vor dem zum Zwecke der Abfindung weichender Erben getätigt werden, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auf Antrag nur insoweit zu versteuern, als er den Freibetrag von 61.800 € übersteigt. Bei Abfindung mehrerer Erben kann der Freibetrag mehrmals geltend gemacht werden. Weichender Erbe ist, wer zwar gesetzlicher Erbe eines land- und fortwirtschaftlichen Betriebsinhabers ist oder wäre, aber nicht zur Betriebsübernahme berufen ist.
§ 14a Abs. 5 EStG sieht bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Freibetragsgewährung für Gewinne aus nach dem und vor dem getätigte Veräußerungen von zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörendem Grund und Boden vor, die zur Tilgung zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörender Altschulden dienen.
II. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Tz. 176 Begriff „Einkünfte aus Gewerbebetrieb”
Ein Gewerbebetrieb ist eine selbständige, nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht, unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommene Tätigkeit, die den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschreitet und nicht zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) oder selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) zählt (§ 15 Abs. 2 EStG). Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn i. S. des Begriffs des Gewerbebetriebs (§ 15 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören:
a) Einkünfte aus
gewerblichen Unternehmen
(§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG),
b)
Gewinnanteile der Gesellschafter von
gewerblich tätigen Personengesellschaften
(z. B. OHG, KG, GbR) (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG),
c) die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter
einer KGaA (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
EStG),
d) Einkünfte einer
gewerblich geprägten Personengesellschaft
(§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG).
Eine Personengesellschaft ist gewerblich geprägt, wenn sie zwar keine Tätigkeit
i. S. des
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG ausübt, bei der aber ausschließlich eine oder mehrere
Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese
oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind.
Eine gewerbliche Prägung ist durch eine inländische Kapitalgesellschaft, aber
auch durch eine vergleichbare ausländische Kapitalgesellschaft möglich
(,
BStBl 2007 II S. 924).
e)
Einkünfte einer gewerblich infizierten
Personengesellschaft (§ 15
Abs. 3 Nr. 1 EStG) Eine Personengesellschaft ist
gewerblich infiziert, wenn die Gesellschaft neben anderen Tätigkeiten (z.B.
vermögensverwaltende oder selbständige Tätigkeit) auch eine Tätigkeit i. S. des
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG
ausübt oder gewerbliche Einkünfte i. S. des
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG bezieht.
f)
Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung von
gewerblichen Betrieben, Teilbetrieben oder ganzen Mitunternehmeranteilen
(§ 16 EStG); vgl. Tz. 202,
g)
Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung von Anteilen an
Kapitalgesellschaften (z. B. AG, GmbH), wenn die Beteiligung
mindestens 1 % des Nennkapitals umfasst (§ 17
EStG); vgl. Tz. 204.
Ein Gewerbebetrieb besteht bereits ab Aufnahme der vorbereitenden Handlungen (z. B. Abschluss des Mietvertrags über ein Ladenlokal, Kauf der Waren), die der eigentlichen Eröffnung des Betriebs (z. B. Eröffnung des Ladenlokals) vorangehen (, BStBl 1986 II S. 527). Gleiches gilt bei Personengesellschaften: Hier ist ebenfalls die Aufnahme der vorbereitenden Handlungen und nicht etwa der Abschluss des Gesellschaftsvertrags maßgebend. Bei gescheiteter Eröffnung des Gewerbebetriebs sind die im Zusammenhang mit der geplanten Eröffnung des Betriebs angefallenen Betriebsausgaben daher dennoch abzugsfähig.
Tz. 177 Gewinnerzielungsabsicht
Voraussetzung für das Vorliegen gewerblicher Einkünfte ist, dass die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Gewinnerzielungsabsicht als Merkmal des gewerblichen Unternehmens ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns (laufende Einkünfte und evtl. zu erzielender Veräußerungsgewinn; vgl. , BStBl 1984 II S. 751). Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt nicht vor, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt. Diese innere Tatsache kann nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden.
Bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen, reicht allein das Erzielen langjähriger Verluste noch nicht aus, die Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen. Bei längeren Verlustperioden muss aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt.
Bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise dem Hobbybereichs zuzurechnen sind, können bei längeren Verlustperioden die Reaktionen auf die Verluste wichtige äußere Beweisanzeichen für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht sein. Fehlt es an Bemühungen des Steuerpflichtigen, die Ursache des Verlusts zu ermitteln und abzustellen, spricht dies dafür, dass die Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden.
Anfangsverluste sind jedoch grds. anzuerkennen. Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrektur und Umstrukturierungsmaßnahmen wird ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht kommen.
Tz. 178 Abgrenzung zu anderen Einkunftsarten und zur privaten Vermögensverwaltung
Zur Abgrenzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) s. Tz. 170, von den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) s. Tz. 206, a, und den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) s. Tz. 214.
Die bloße Verwaltung des eigenen Vermögens (z. B. Kapitalvermögen, Grundbesitz) ist grds. keine gewerbliche Tätigkeit (vgl. R 15.7 Abs. 1 EStR). Die Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz gehört auch dann noch zur bloßen Vermögensverwaltung, wenn dieser sehr umfangreich ist. Zur Einstufung der Tätigkeit eines Grundbesitzers als gewerbliche Tätigkeit müssen besondere Umstände hinzutreten. Diese können z. B. darin bestehen, dass die Verwaltung des Grundbesitzes infolge ständigen und schnellen Mieterwechsels eine Tätigkeit erfordert, die über das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß hinausgeht. Ein Gewerbebetrieb ist i. d. R. bei Vermietung von Ausstellungsräumen, Messeständen, Tennisplätzen und bei ständig wechselnder kurzfristiger Vermietung von Sälen, z. B. für Konzerte, gegeben. Zur gewerblichen Ferienhausvermietung vgl. , BStBl 1990 II S. 383. Die Vermietung möblierter Zimmer ist keine gewerbliche Tätigkeit. Hingegen stellt die Beherbergung in Gaststätten stets einen Gewerbebetrieb dar.
Tz. 178a Sonderfall „Gewerblicher Grundstückshandel”
Von der privaten Vermögensverwaltung von Grundbesitz ist der sog. gewerbliche Grundstückshandel zu unterscheiden. Die Abgrenzung ist anhand der von der Rechtsprechung entwickelten und von der Finanzverwaltung übernommenen sog. Drei-Objekt-Grenze vorzunehmen. Diese ist überschritten, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als drei Objekte, die in bedingter Veräußerungsabsicht erworben wurden (An- und Verkauf innerhalb von fünf Jahren), veräußert wurden. Die Bestellung eines Erbbaurechts ist – anders als die Veräußerung eines Erbbaurechts – kein Objekt i. S. der Drei-Objekt-Grenze (vgl. , BStBl 2007 II S. 885). Zu den Einzelheiten vgl. , BStBl 2004 I S. 434. In speziellen Fällen wird ein gewerblicher Grundstückshandel jedoch auch angenommen, wenn die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten ist. Vgl. dazu insbesondere Tz. 28 und 29 des (BStBl 2004 I S. 434). Bei Nichtüberschreiten der Drei-Objekt-Grenze wird in Fällen der Grundstücksbebauung der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nur überschritten, wenn der (unbedingte) Entschluss zur Grundstücksveräußerung spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses der auf die Bebauung gerichteten Verträge gefasst worden ist ( NWB OAAAD-20492).
Zum gewerblichen Grundstückshandel existiert zudem umfangreiche Rechtsprechung.
Nach den BFH-Urteilen v. - IV R 3/05, BStBl 2007 II S. 777, und v. - IV R 69/04 NWB BAAAC-57811 gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft, zu deren Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Veräußerung Grundstücke gehören, die dem Umlaufvermögen des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens zuzurechnen sind, zum laufenden Gewinn und führt nicht zu einem nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn. Gleiches gilt bei Einbringung eines Grundstückshandelsbetriebs in eine GmbH ( NWB PAAAD-28000). In diesen Fällen ist das Entgelt aus der Veräußerung von Anteilen an einer im gewerblichen Grundstückshandel tätigen Personengesellschaft oder der Aufgabe eines solchen Mitunternehmeranteils auf die Wirtschaftsgüter der Gesellschaft aufzuteilen, so dass der auf die Grundstücke im Umlaufvermögen entfallende Gewinn als laufender Gewinn zu berücksichtigen ist. Grundstücksverkäufe einer Personengesellschaft können einem Gesellschafter, dessen Beteiligung nicht mindestens 10 % beträgt und der auch eigene Grundstücke veräußert, abweichend vom o. g. BMF-Schreiben jedenfalls dann als Objekte i. S. der Drei-Objekt-Grenze zugerechnet werden, wenn dieser Gesellschafter über eine Generalvollmacht oder aus anderen Gründen die Geschäfte der Grundstücksgesellschaft maßgeblich bestimmt (vgl. , BStBl 2007 II S. 885). Eine Personengesellschaft ist für sich betrachtet selbst im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels tätig, wenn die Gesellschaft mehr als drei Objekte veräußert. Dabei sind jedoch solche Grundstücksaktivitäten nicht mitzuzählen, die die Gesellschafter allein oder im Rahmen einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft entwickelt haben ( NWB IAAAD-19824).
Die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an mehr als drei am Grundstücksmarkt tätige Personengesellschaften ist auch dann der Veräußerung der zu den jeweiligen Gesamthandsvermögen gehörenden Grundstücke gleichzustellen, wenn es sich bei den Gesellschaften um gewerblich geprägte Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Die Gewinne aus den Anteilsveräußerungen sind daher als laufende Gewinne aus gewerblichem Grundstückshandel zu erfassen, soweit die übrigen Voraussetzungen für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllt sind (vgl. NWB MAAAC-88898).
Zum Umfang des Gewerbebetriebs eines Maklers gehört auch die Errichtung und Verkauf eines Einkaufsmarkts, wenn die Gesamtbetrachtung und die Berücksichtigung aller Umstände ergeben, dass der Makler in verschiedenen Funktionen im Baubereich tätig ist und er die mit dem Einkaufsmarkt begonnene Tätigkeitsart später in Gestalt einer Bauträgergesellschaft fortsetzt. In diesesm Fall ist der Bau des Einkaufsmarkts nicht mehr als private Vermögensverwaltung anzusehen (, BStBl 2008 II S. 711).
Tz. 178b Sonstige Einzelfälle im Bereich der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung
a) Vermietung von Wirtschaftsgütern
Besonderheiten bei der Abgrenzung von gewerblicher Tätigkeit und Vermögensverwaltung ergeben sich auch bei der Vermietung von Wirtschaftsgütern, die keine Grundstücke sind. Hier liegt grds. eine vermögensverwaltende Tätigkeit vor. Allein aus dem Umstand, dass vermietete bewegliche Wirtschaftsgüter vor Ablauf der gewöhnlichen oder tatsächlichen Nutzungsdauer gegen neuere, funktionstüchtigere Wirtschaftsgüter ausgetauscht werden, kann nicht auf eine gewerbliche Tätigkeit des Vermietungsunternehmens geschlossen werden. Der Bereich der privaten Vermögensverwaltung wird nur dann verlassen, wenn weitere Umstände hinzutreten, etwa die Notwendigkeit von Verkäufen zur Erzielung eines Totalgewinns oder eine große Anzahl von verkauften Wirtschaftsgütern (vgl. , BStBl 2007 II S. 768).
b) Sonderfall: Vermietung von Flugzeugen
Erwerb, Vermietung und Veräußerung von in die Luftfahrzeugrolle eingetragenen Flugzeugen sind jedoch gewerbliche Tätigkeiten, wenn die Vermietung mit dem An- und Verkauf aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts verklammert ist (vgl. , BStBl 2009 II S. 289). Stellt die Vermietungstätigkeit eine gewerbliche Tätigkeit dar, ist der Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens dem laufenden Gewinn zuzurechnen, wenn die Veräußerung Bestandteil eines einheitlichen Geschäftskonzepts der unternehmerischen Tätigkeit ist. Vgl. dazu auch die Ausführungen im , BStBl 2009 I S. 515.
c) Wertpapierhandel
Auch der An- und Verkauf von Wertpapieren (z. B. Aktien) kann eine gewerbliche Tätigkeit darstellen, wenn der Umfang dieser Tätigkeiten einen eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderlich macht. Zu den Einzelheiten vgl. H 15.7 (a) EStH. Zahlungen für die wiederholte öffentlich deutlich sichtbare Nutzung von Sportgeräten durch Spitzensportler gehören zu den gewerblichen Einkünften (, BStBl 1986 II S. 424).
d) Wagniskapitalfonds
Zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von der gewerblichen Tätigkeit bei Venture Capital und Private Equity Fonds vgl. , BStBl 2004 I S. 40. Durch das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) sollte für Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften i. S. des Wagniskapitalbeteiligungsgesetzes (WKBG) in § 19 WKBG eine spezielle Norm für die Annahme einer vermögensverwaltenden Tätigkeit ausschließlich für diese spezielle Gesellschaftsform eingeführt werden. Jedoch wurde durch § 19 WKBG an den Abgrenzungskriterien des BMF-Schreibens nichts Wesentliches geändert. Das BMF-Schreiben bleibt weiterhin die Grundlage zur Einordnung der Tätigkeit eines Venture Capital oder Private Equity Fonds.
Nach § 19 WKBG sollte ab Veranlagungszeitraum 2008 eine vermögensverwaltende Tätigkeit einer Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft – soweit es sich um eine Personengesellschaft handelt – vorliegen, wenn diese ausschließlich Tätigkeiten i. S. von § 4 Satz 1 WKBG ausübt und sie ausschließlich Beteiligungen an Kapitalgesellschaften hält. Tätigkeit i. S. von § 4 Satz 1 WKBG sind der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräußerung von Wagniskapitalbeteiligungen.
Die Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft sollte nach § 19 Satz 2 WKBG jedoch insbesondere (Hinweis: durch die Verwendung des Begriffs „insbesondere” wird deutlich, dass es sich hier nicht um eine abschließende Aufzählung handelt und die Finanzverwaltung auch aufgrund anderer Kriterien den vermögensverwaltenden Status aberkennen kann) dann nicht vermögensverwaltend tätig sein, wenn nachfolgende Tätigkeiten ausgeübt werden:
kurzfristige Veräußerung der Beteiligungen,
Geschäfte i. S. des § 8 Abs. 1 Nr. 3, 4 und 6 WKBG ( Halten von Wertpapieren i. S. des § 47 Investmentgesetz, von Geldmarktinstrumenten i. S. des § 48 Investmentgesetz, von Investmentanteilen i. S. des § 50 Investmentgesetz),
Tätigkeiten i. S. des § 8 Abs. 2–4 und 6 WKGB (Beratung von Zielgesellschaften, Aufnahme und Gewährung von Darlehen [nicht betroffen sind nach der Gesetzesbegründung jedoch staatliche Förderungen in Form von Darlehen wie z. B. KfW-Darlehen], sonstige Geschäfte),
Wiederanlage von Erlösen aus der Veräußerung von Beteiligungen,
Ausnutzung eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen.
Anders als bei anderen Venture Capital und Private Equity Fonds sollte der Erwerb und das Unterhalten eigener Geschäftsräume und einer geschäftsmäßigen Organisation für die Annahme einer vermögensverwaltenden Tätigkeit einer Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft unschädlich sein.
Unschädlich für die Annahme einer vermögensverwaltenden Tätigkeit einer Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft sollte es nach § 19 Satz 4 WKBG sein, wenn die schädlichen Tätigkeiten von einer Tochtergesellschaft der Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft ausgeübt werden. Diese Tochtergesellschaft muss dafür jedoch eine Kapitalgesellschaft sein, deren sämtliche Anteile von der Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft gehalten werden. Die Regelungen zur gewerblichen Infektion und Prägung nach § 15 Abs. 3 EStG sollten auch bei Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften unverändert Anwendung (§ 19 Satz 6 WKBG) finden. Hinweis: Das MoRaKG und dort insbesondere § 19 WKBG wurde seitens der KOM beihilferechtlich nicht genehmigt, so dass die vorgenannten Regelungen bislang nicht in Kraft getreten sind und es dies in absehbarer Zeit auch nicht tun werden. Es bleibt abzuwarten, ob seitens der Bundesregierung die Notwendigkeit gesehen wird, das MoRaKG nochmals zu überarbeiten.
e) Business Angels
Bislang gibt es noch keine einheitliche Verwaltungsauffassung, wann sog. Business Angels mit ihrer Tätigkeit gewerblich tätig werden. Business Angel sind vermögende, unternehmerisch denkende und handelnde Personen, die sich mit Kapital, Know-how und ihrem persönlichen Netzwerk in junge, innovative wachstumsstarke Unternehmen (in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft) einbringen. Im Gegenzug erhalten sie Anteile an dem jungen Unternehmen. Business Angels lassen sich ihr Engagement weder durch Beratungshonorare noch durch Dauervergütungen bezahlen. Sie profitieren lediglich von der späteren gewinnträchtigten Veräußerung ihrer Firmenanteile. In aller Regel wird ein Business Angel mit einem einmaligen Engagement noch nicht gewerblich tätig, in diesem Fall sind seine Gewinne im Rahmen des § 17 EStG steuerpflichtig. Wenn ein Business Angel sich jedoch gleichzeitig in mehreren Gesellschaften oder in zeitlichem Zusammenhang nacheinander in mehreren Gesellschaften engagiert, kann auch eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen. Die Abgrenzung kann in diesen Fällen jedoch nur nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls getroffen werden.
f) Betriebsaufspaltung
Die Vermögensverwaltung führt jedoch in den Fällen der Betriebsaufspaltung zu gewerblichen Einkünften. Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Unternehmer (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) überlässt (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen beherrschen personelle Verflechtung). Zu den Einzelheiten zur Annahme einer Betriebsaufspaltung vgl. H 15.7 (4) EStH. Bei der Beurteilung, ob eine personelle Verflechung vorliegt, ist das Handeln eines Testamentsvollstreckers den Erben zuzurechnen (vgl. , BStBl 2008 II S. 858).
g) Betriebsverpachtung im Ganzen
Auch die Verpachtung von Gewerbebetrieben im Ganzen kann zu gewerblichen Einkünften führen (vgl. Tz. 191), wenn der Verpächter nicht ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt.
Tz. 179 Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen (Einzelunternehmen)
Gewerbliche Unternehmer sind natürliche Personen, für deren Rechnung und Gefahr ein gewerbliches Unternehmen betrieben wird. Dies gilt sowohl für den Inhaber als auch für den Pächter eines Gewerbebetriebs während der Pachtzeit. Während der Pachtzeit bleibt auch der Verpächter eines Gewerbebetriebs Gewerbetreibender, wenn er nicht ausdrücklich eine Betriebsaufgabeerklärung abgibt (R 16 Abs. 5 EStR; vgl. Tz. 178g und 191).
Zu den Einkünften aus gewerblichen Unternehmen gehören solche aus allen wirtschaftlichen Betätigungen, die den in Tz. 176 wiedergegebenen Begriff des Gewerbebetriebs erfüllen. Das sind im Wesentlichen die Betätigungen, die man im allgemeinen Sprachgebrauch als Gewerbe bezeichnet. Hierzu gehören aber auch die Tätigkeit als Prostituierte und strafbare Tätigkeiten (z. B. Waffen-, Drogenhandel). In einigen Bundesländern (z. B. Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Berlin) wurden zur Besteuerung des Rotlichtmilieus besondere Verfahren eingeführt, nach der z. B. der Inhaber eines Bordells für die dort tätigen Prostituierten pro Arbeitstag der Prostituierten einen bestimmten Betrag (variiert je nach Bundesland und Standort des Bordells) einbehält und an das Finanzamt abführt (sog. Düsseldorfer Verfahren). Dies entbindet die Prostituierten jedoch nicht von der Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen.
Auch die Einkünfte professioneller Pokerspieler gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (, NFH/NV 1994 S. 622 NWB UAAAB-34370). Ein Berufsspieler wird mit Gewinnerzielungsabsicht tätig und beteiligt sich auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob z. B. Online-Pokerspiele im Einzelfall legal sind oder es sich um illegale Glücksspiele handelt.
Darüber hinaus gehören kraft ausdrücklicher Einbeziehung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) auch die Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, soweit sie nicht land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind; vgl. Tz. 169, f.
Tz. 180 Personengesellschaften und andere Mitunternehmerschaften
a) Grundsatz
Zu den Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören OHG und KG und alle nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen (z. B. GbR). Es ist nicht erforderlich, dass die Personengesellschaft auf Dauer angelegt ist. Auch Gelegenheitsgesellschaften (z. B. Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe) und Koproduktionsgemeinschaften bei Filmproduktionen sind Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Personengesellschaften fallen jedoch nur dann unter diese Vorschrift, wenn sie gewerblich tätig sind. Die Gesellschafter einer Personengesellschaft, die aus Angehörigen der freien Berufe besteht (z. B. Steuerberatersozietät), erzielen nur dann gewerbliche Einkünfte, wenn an der Gesellschaft berufsfremde Personen als Mitunternehmer beteiligt sind; vgl. Tz. 207, i. .
b) Gewerbliche Infektion
Ein Gewerbebetrieb liegt auch dann in vollem Umfang vor, wenn eine Personengesellschaft nur teilweise gewerblich tätig ist (gewerbliche Infektion – § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) und diese gewerbliche Tätigkeit nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Eine solche gewerbliche Infektion ist auch dann gegeben, wenn eine selbst nicht gewerblich tätige Personengesellschaft eine Beteiligung an einem gewerblichen Unternehmen hält. Das anders lautende (BStBl 2005 II S. 383) wird von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewandt (vgl. , BStBl 2005 I S. 698). Durch das JStG 2007 hat der Gesetzgeber § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG entsprechend klargestellt. Hält ein Mitunternehmer Anteile z. B. an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft im Sonderbetriebsvermögen einer an sich nicht gewerblich tätigen Personengesellschaft, kommt es jedoch nicht zu einer gewerblichen Infektion der Einkünfte aus dieser Personengesellschaft (vgl. , BStBl 2007 II S. 378)
Die Finanzverwaltung nimmt unter bestimmten Voraussetzungen auch bei ärztlichen Gemeinschaftspraxen bei Abschluss von Verträgen zur integrierten Versorgung (§ § 140a SGB V) eine gewerbliche Infektion der gesamten Einkünfte der Gemeinschaftspraxis an. Umfasst die zwischen Krankenkasse und ärztlicher Gemeinschaftspraxis im Rahmen der integrierten Versorgung vereinbarte Fallpauschale Vergütungen sowohl für freiberufliche (§ 18 EStG) als auch für gewerbliche (§ 15 EStG) Tätigkeiten, kommt es unter der Voraussetzung, dass die vom BFH aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze (1,25 %) überschritten ist, nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit.
c) Gewerbliche Prägung
Eine Personengesellschaft ist gewerblich geprägt, wenn sie zwar keine Tätigkeit i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt, aber ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Eine gewerbliche Prägung ist durch eine inländische Kapitalgesellschaft, aber auch durch eine vergleichbare ausländische Kapitalgesellschaft möglich (, BStBl 2007 II S. 924). Auch bei der Prüfung der gewerblichen Prägung ist die Absicht der Erzielung eines Totalgewinns (einschließlich etwaiger steuerpflichtiger Veräußerungs- oder Aufgabegewinne) Voraussetzung. Hieran fehlt es, wenn in der Zeit, in der die rechtsformabhängigen Merkmale der gewerblichen Prägung erfüllt sind, lediglich Vorlaufverluste erzielt werden ( NWB HAAAD-03292).
d) Mitunternehmer
Die Gesellschafter der vorgenannten Gesellschaften oder Personenvereinigungen erzielen nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sie auch Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind. Ein Steuerpflichtiger ist Mitunternehmer, wenn er nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse „auf Gedeih und Verderb” mit dem Unternehmen verbunden ist. Er muss Mitunternehmerinitiative entfalten können und ein gewisses Mitunternehmerrisiko tragen. Beide Elemente können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein und sind daher kompensierbar. Demnach kann auch Mitunternehmer sein, wer zwar wenig Risiko trägt, aber viel Unternehmerinitiative entfaltet, oder umgekehrt (vgl. , BStBl 1986 II S. 802). Entscheidend ist das Gesamtbild der Umstände des Einzelfalls. Mitunternehmerinitiative bedeutet die Möglichkeit der Teilnahme an den unternehmerischen Entscheidungen. Hinsichtlich des Mitunternehmerrisikos ist maßgeblich, dass der Steuerpflichtige am laufenden Gewinn und Verlust sowie für den Fall der Auflösung der Gesellschaft am Betriebsvermögen einschließlich der stillen Reserven und des Geschäftswerts beteiligt ist.
Wer zivilrechtlich Gesellschafter einer gewerblich tätigen Gesellschaft ist, ist nur Mitunternehmer, wenn seine Stellung nach Vertrag und tatsächlicher Handhabung nicht wesentlich hinter dem zurückbleibt, was nach dem HGB das Bild eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder KG oder eines Kommanditisten einer KG bestimmt (, BStBl 1984 II S. 751). Bei einem Kommanditisten reicht es für die Annahme der Mitunternehmerinitiative aus, dass er seine Rechte als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung und durch Kontrollrechte zur Geltung bringen kann. Die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft (Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative) müssen durch ein (möglicherweise auch stillschweigend vereinbartes) Gesellschaftsverhältnis oder vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis gewährleistet sein. Dabei kann es sich auch um eine Innengesellschaft handeln, die nicht nach außen hervortritt und kein Gesamthandsvermögen bildet. So kann z. B. ein als Dienstvertrag bezeichnetes Rechtsverhältnis steuerlich als Innengesellschaft beurteilt werden und eine Mitunternehmerschaft darstellen (, BStBl 1981 II S. 310). Zur Mitunternehmerstellung von Beteiligten an Medienfonds s. , BStBl 2001 I S. 175, und , BStBl 2003 I S. 403). Überträgt der Kommanditist einer GmbH & Co. KG schon zu Lebzeiten seine Kommanditbeteiligung vollständig und seinen Geschäftsanteil an der nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligten Komplementär-GmbH bis auf einen Rest von 2 % auf den anderen Kommanditisten sowie GmbH-Gesellschafter und gehen später im Erbwege der restliche Geschäftsanteil sowie eine zurückbehaltene und jedenfalls nicht zu hoch verzinsliche Darlehensforderung gegen die KG auf den verbliebenen Kommanditisten über, hat zwischenzeitlich bereits wegen fehlender Gewinnbeteiligung keine verdeckte Mitunternehmerschaft bestanden, sofern auch die noch fortgesetzte Geschäftsführertätigkeit in der geschäftsführenden Komplementär-GmbH nicht unangemessen hoch vergütet worden ist (, BStBl 2009 II S. 602 NWB UAAAD-24093)
e) Stille Gesellschaft
Typisch stille Gesellschafter i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind keine Mitunternehmer i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Sie sind zwar am Erfolg der Gesellschaft, nicht aber am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Der atypisch stille Gesellschafter ist jedoch Mitunternehmer, da er auch am Betriebsvermögen beteiligt ist und Unternehmerinitiative entfalten kann.
e) Familienpersonengesellschaft
Auch eine Personengesellschaft, die sich nur aus Familienmitgliedern zusammensetzt, ist eine Mitunternehmerschaft und steuerrechtlich anzuerkennen, wenn sie ernsthaft und rechtswirksam vereinbart ist und die Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden und dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist.
Tz. 181 Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb
a) Besonderheiten der Gewinnermittlung bei Personengesellschaften
Der Gewinn aus Gewerbebetrieb wird durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) oder durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt; vgl. Tz. 26.
Der Gewinn einer Personengesellschaft ist einheitlich festzustellen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 AO). Das Betriebsfinanzamt stellt den gesamten Gewinn aller Gesellschafter (einschließlich Sondervergütungen, Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben) und den Gewinnanteil jedes Gesellschafters fest (Grundlagenbescheid) und teilt dies den Wohnsitzfinanzämtern der Beteiligten mit. Die Wohnsitzfinanzämter sind an die Feststellungen des Grundlagenbescheids gebunden (§ 182 AO). Der Gewinnanteil der Mitunternehmer ist aus dem Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft abzuleiten und umfasst
den Anteil am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft, der sich aus der Steuerbilanz ergibt;
das Ergebnis einer etwaigen Ergänzungsbilanz für den Mitunternehmer (Wertkorrekturen zu den Ansätzen in der Steuerbilanz der Gesellschaft aufgrund besonderer Anschaffungskosten des Mitunternehmers);
das Ergebnis einer etwaigen Sonderbilanz der Mitunternehmer (Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern und Tätigkeitsvergütungen, die in der Steuerbilanz als Aufwand berücksichtigt wurden).
Zu den Einkünften i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören auch Vergütungen, die der Mitunternehmer von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern erhalten hat. Die Vergütungen, die für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern von der Gesellschaft an den Mitunternehmer gezahlt werden, z. B. Darlehenszinsen und Pachtzinsen, gehören auch dann zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters, wenn der Wert der überlassenen Wirtschaftsgüter gering ist. Zu den Tätigkeitsvergütungen gehören auch die Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte bezogen werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Sonderbetriebsvermögen hat Vorrang vor dem Rechtsinstitut der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung. Überlässt eine vermögensverwaltende Personengesellschaft Wirtschaftsgüter im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, stellen diese somit für die Dauer der Betriebsaufspaltung Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft dar. Sofern auch die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen bei der Betriebspersonengesellschaft erfüllt sind, lebt diese Eigenschaft jedoch mit Ende der Betriebsaufspaltung durch Wegfall der personellen Verflechtung wieder auf (, BStBl 2008 II S. 129).
Die entgeltliche Veräußerung von Wirtschaftsgütern zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft und der dadurch ausgelöste Übergang von Sonderbetriebsvermögen in Gesamthandsvermögen oder umgekehrt oder von einem Sonderbetriebsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Gesellschafters führt zur vollen Gewinnrealisierung, auch soweit der Gesellschafter schon anteilig an dem veräußerten Wirtschaftsgut beteiligt war (vgl. , BStBl 1981 II S. 84; , BStBl 1981 I S. 76). Werden die Wirtschaftsgüter zwischen Gesellschafter und Gesellschaft jedoch unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen, ist dies unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten möglich.
b) Gewinnverteilung bei Personengesellschaften
Grundsätzlich ist der Gewinn auch steuerlich entsprechend der von den Gesellschaftern getroffenen Vereinbarungen zu verteilen. Etwas anderes kann jedoch bei Familiengesellschaften gelten, wenn die getroffene Gewinnverteilungsabrede nicht eindeutig ist oder steuerlichen Gestaltungsmissbrauch zulässt oder wenn ein offenbares Missverhältnis zwischen der Beteiligung und der Mitarbeit der einzelnen Gesellschafter besteht. Gewinnverteilungsabreden in Familiengesellschaften, die zwischen fremden Dritten in dieser Form nicht abgeschlossen worden wären, sind steuerrechtlich nicht wirksam. In diesen Fällen ist die angemessene Gewinnverteilung – ggf. im Schätzungswege – seitens der Finanzverwaltung vorzunehmen. Zur Gewinnermittlung bei einer Familienpersonengesellschaften im Übrigen vgl. H 15.9 EStH.
Da internationale Koproduktionsgemeinschaften der Filmbranche das gemeinsam erstellte Filmrecht i. d. R. zumindest teilweise gemeinsam verwerten, sind diese als Mitunternehmerschaften zu klassifizieren. Bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze führt dies dazu, dass jeder Koproduzent einen Teil des Gewinns im Inland und einen Teil des Gewinns im Ausland (soweit dort Betriebsstätten begründet werden) zu versteuern hat.
Die Finanzverwaltung ist jedoch bereit, im Rahmen eines APA (Advanced Pricing Agreement) eine abweichende Gewinnverteilung dahingehend anzuerkennen, dass die Koproduzenten ihren Gewinn vollständig in ihrem jeweiligen Heimatland versteuern können.
Tz. 182 Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien
Bei einer KGaA haftet mindestens ein Gesellschafter gegenüber den Gläubigern persönlich (Komplementär), während die übrigen Gesellschafter nur mit Einlagen auf das in Aktien zerlegte Grundkapital beteiligt sind (Kommanditaktionäre). Steuerrechtlich ist der Gewinn der KGaA zunächst körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Die an die Kommanditaktionäre ausgeschütteten Gewinne stellen bei diesen Einkünfte aus Kapitalvermögen oder, wenn es sich um Anteile, die im Betriebsvermögen gehalten werden, handelt, Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Der Gewinnanteil des persönlich haftenden Gesellschafters ist bei der Ermittlung des Gewinns der KGaA als Betriebsausgabe abzugsfähig (§ 9 Nr. 2 KStG) und beim Gesellschafter als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) zu erfassen.
Tz. 183 Treaty Override bei Ausschluss oder Einschränkung des deutschen Besteuerungsrechts
Durch das SEStEG v. (BGBl 2006 I S. 2782) wurde § 15 Abs. 1a EStG eingeführt. Liegt ein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG (Überführung eines Anteils an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in ein ausländisches Betriebsvermögen mit damit verbundener Einschränkung oder Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts) – eine Sofortversteuerung, wie bei anderen ins Ausland überführten Wirtschaftsgütern, ist in diesen Fällen aus EU-rechtlichen Gründen nicht möglich – vor, ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der abgeschlossenen DBA in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte. Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto i. S. des § 27 KStG ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.
Durch Verweise in §§ 13 und 18 EStG ist diese Regelung auch bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und selbständiger Arbeit anzuwenden.
Die Regelung steht im Zusammenhang mit der Überarbeitung des UmwStG. Die Aufnahme dieser Regelung in § 15 EStG ist jedoch systematisch nicht zu begründen, da sie vom Regelungsgehalt her eher zu § 4 EStG gehört.
Tz. 184 Verlustverrechnungsbeschränkungen
a) Verluste aus gewerblicher Tierzucht
Verluste aus einer gewerblichen Tierzucht oder gewerblichen Tierhaltung dürfen nicht mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb und nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; auch ein Verlustabzug nach § 10d EStG ist nicht möglich. Die Verluste sind jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG (Verlustrücktrag oder Verlustvortrag) mit Gewinnen, die der Steuerpflichtige im Vorjahr oder in zukünftigen Jahren aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung erzielt, zu verrechnen. Eine gewerbliche Tierzucht ist gegeben, wenn keine ausreichenden landwirtschaftlichen Nutzflächen als Futtergrundlage zur Verfügung stehen; s. Tz. 170, d. Tierzuchten von Tieren, die reine Fleischfresser sind (z. B. Hunde, Nerze), stellen keine gewerbliche Tierzucht i. S. von § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG, sondern einen „originären” Gewerbebetrieb dar, weil für die Zucht von Fleischfressern keine landwirtschaftlichen Nutzflächen als Futtergrundlage benötigt werden. Die Verlustverrechnungsbeschränkung ist in diesen Fällen daher nicht einschlägig.
b) Verluste aus Termingeschäften
Die Regelungen zur Verlustverrechnungsbeschränkung aus gewerblicher Tierzucht sind analog auch auf Verluste aus Termingeschäften anzuwenden, es sei denn, es handelt sich um Geschäfte des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs oder um Geschäfte zur Absicherung der Geschäfte des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen i. S. des KWG. Steht das Termingeschäft jedoch in Zusammenhang mit (teilweise) steuerfreien Einkünften (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a und b EStG und § 8b KStG), ist die Verlustverrechnungsbeschränkung anzuwenden. Die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 und 4 EStG findet nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden der Länder auch bei Termingeschäften, die auf tatsächliche Erfüllung (physische Lieferung des Gegenstands des Termingeschäfts) gerichtet sind, Anwendung, da diese Geschäfte auf die Erzielung eines sonstigen (nicht in Geld bestehenden) Vorteils gerichtet sind.
c) Verluste aus stillen Gesellschaften mit unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung von Kapitalgesellschaften
Die Verlustverrechnungsbeschränkung für atypisch stille Gesellschaften (und vergleichbare Unterbeteiligungen oder Innengesellschaften) findet nur insoweit Anwendung, als unmittelbar oder mittelbar Kapitalgesellschaften an der Gesellschaft beteiligt sind. Durch einen entsprechenden Verweis in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG wird die Verlustverrechnungsbeschränkung auch auf typisch stille Gesellschaften ausgedehnt; vgl. Tz. 219, d. Anders als die Verlustverrechnungsbeschränkungen für gewerbliche Tierzucht und Termingeschäfte ist hier die Verlustverrechnung noch enger – nämlich auf die jeweilige Einkunftsquelle – beschränkt. Das Verhältnis von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG zu § 15a EStG klärt das (BStBl I 2008 S. 970). Danach hat § 15a EStG Vorrang vor der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. Zu den Einzelheiten vgl. das o.g. BMF-Schreiben.
d) Vererbbarkeit von nach § 15 Abs. 4 EStG verrechenbaren Verlusten
Die Finanzverwaltung geht aufgrund des Beschlusses des Großen Senats des (BStBl 2008 II S. 608) davon aus, dass verrechenbare Verluste
nach § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG nur in den Fällen, in denen der Betrieb, Mitunternehmeranteil oder Teilbetrieb nach § 6 Abs. 3 EStG auf den Erben übergehen. In den Fällen, in denen der Betrieb, Mitunternehmeranteil oder Teilbetrieb bereits durch den Erblasser aufgegeben oder veräußert wurde, ist jedoch ein Übergang der verbleibenden verrechenbaren Verluste auf den Erben aufgrund des o.g. Beschlusses ausgeschlossen,
nach § 15 Abs. 4 Satz 3–5 EStG nicht mehr vererbt werden können,
nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG von dem o. g. Beschluss nicht betroffen sein können, da diese Verlustverrechnungsbeschränkung lediglich bei Kapitalgesellschaften zur Anwendung kommt.
Tz. 185 Verluste bei beschränkter Haftung
a) Grundsatz
§ 15a EStG begrenzt den Ausgleich von Verlusten mit anderen positiven Einkünften bei beschränkt haftenden Unternehmern (Mitunternehmern), vor allem bei Kommanditisten. Die Vorschrift wurde zwar ursprünglich zur Verhinderung von Verlustzuweisungsgesellschaften eingeführt, gilt aber für alle Kommanditgesellschaften und vergleichbare Gesellschaften (, BStBl 1996 II S. 474).
§ 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass die einem Kommanditisten nach dem handelsrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel zugeschriebenen Verlustanteile nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsquellen ausgeglichen werden dürfen, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht, also die Verluste die geleisteten Einlagen überschreiten. Diese Verluste dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
§ 15a EStG stellt auf das Kapitalkonto in der Steuerbilanz der KG ab (, BStB1 1992 II S. 167, und , BStBl 1992 I S. 123). § 15a EStG kann also nur auf die Verluste des Gesamthandsvermögens angewendet werden. Die Verluste des Sonderbetriebsvermögens bleiben uneingeschränkt abzugsfähig. Das Kapitalkonto wird durch Gewinn- und Verlustanteile, Entnahmen und gesellschaftsrechtliche Einlagen in seiner Höhe verändert; entsprechend ändert sich das zur Verfügung stehende Verlustausgleichsvolumen. Ein Kapitalkonto i. S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG kann auch ein als „Darlehenskonto” bezeichnetes gewinnunabhängig zu verzinsendes Konto eines Kommanditisten sein, das im Rahmen des sog. Vier-Konten-Modells dazu bestimmt ist, die nicht auf dem Rücklagenkonto verbuchten Gewinnanteile aufzunehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass entweder auf diesem Konto die Verluste der Gesellschaft verbucht werden oder dass das Konto im Fall der Liquidation der Gesellschaft oder des Ausscheidens des Gesellschafters mit einem etwa bestehenden negativen Kapitalkonto zu verrechnen ist (vgl. , BStBl 2008 II S. 812).
b) Erweiterter Verlustausgleich
Abweichend von diesem Grundsatz können nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG Verlustanteile eines Kommanditisten auch insoweit mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden, als durch sie ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (erweiterter Verlustausgleich), wenn insoweit die Außenhaftung des Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 HGB wieder auflebt. Die Außenhaftung ist die Differenz, um den die im Handelsregister eingetragene Einlage des Kommanditisten seine geleistete Einlage übersteigt (Haftungsbetrag; s. Tz. 185, d).
Der erweiterte Verlustausgleich ist nur zulässig, wenn das Bestehen der über die geleistete Einlage hinausgehenden Haftung nachgewiesen wird und der Kommanditist am Bilanzstichtag mit seinem Namen im Handelsregister eingetragen ist (vgl. auch R 15a Abs. 3 EStR). Auch darf die Haftung des Kommanditisten nicht durch Vertrag ausgeschlossen sein und nicht nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich sein (vgl. , BStBl 1992 II S. 164).
Eine die Haftsumme übersteigende Pflichteinlage – z. B. ein sog. Agio, das vereinbarungsgemäß den Kapitalanteil des Kommanditisten mehren und der Stärkung des Eigenkapitals der Gesellschaft dienen soll – steht als „Polster” für haftungsunschädliche Entnahmen nicht zur Verfügung, wenn sie durch Verluste verbraucht ist. Das hat für die Gewinnzurechnung wegen Einlageminderung nach § 15a Abs. 3 EStG zur Folge, dass bei Bestehen eines negativen Kapitalkontos eine Entnahme auch insoweit, als sie die Differenz zwischen Haftsumme und überschießender Pflichteinlage nicht überschreitet, zum Wiederaufleben der nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Haftung führt und mithin eine Zurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG zu unterbleiben hat (, BStBl 2008 II S. 676). Leistet also ein Kommanditist zusätzlich zu der im Handelsregister eingetragenen, nicht voll eingezahlten Hafteinlage eine weitere Bareinlage, kann er im Wege einer negativen Tilgungsbestimmung die Rechtsfolge herbeiführen, dass die Einlage nicht mit der eingetragenen Haftsumme zu verrechnen ist, sondern im Umfang ihres Werts die Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos verhindert und auf diese Weise nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zur Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit von Verlusten führt ( NWB RAAAD-03293).
Andere Haftungsgründe (z. B. Bürgschaftsübernahme) rechtfertigen keine Ausnahme von der Grundsatzregelung, wonach Verlustanteile nur insoweit ausgleichsfähig sind, wie durch sie kein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht.
Der erweiterte Verlustausgleich des Kommanditisten mindert sich in dem Umfang, in dem ein anderer an seinem Kommanditanteil atypisch still unterbeteiligt ist (vgl. , BStBl 2007 II S. 868).
c) Verrechenbare Verluste
Die Teile der einem Kommanditisten zugewiesenen Verluste, die unter das Verlustausgleichsverbot fallen, sind die verrechenbaren Verluste. Sie mindern die Gewinne (aus Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen), die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind. Im Fall der Veräußerung des Kommanditanteils sind die verrechenbaren Verlust mit einem evtl. Veräußerungsgewinn zu verrechnen. Die Verrechnungsmöglichkeit ist zeitlich nicht begrenzt.
Bei Umwandlung einer KG in eine OHG, eine GbR oder ein Einzelunternehmen können verrechenbare Verluste mit Gewinnen aus dem in neuer Rechtsform fortgeführten Unternehmen verrechnet werden. Wegen verrechenbarer Verluste im Veräußerungs- oder Liquidationsfall vgl. R 15a Abs. 4 EStR. Wegen der Verlustverrechnung nach § 52 Abs. 33 Satz 4 EStG beim Ausscheiden von Kommanditisten vgl. R 15a Abs. 6 EStR.
d) Einlageminderung und Haftungsminderung
Soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten durch eine Entnahme entsteht oder sich erhöht, liegt eine Einlageminderung vor (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG). Die Einlageminderung führt dazu, dass dem betreffenden Kommanditisten im Jahr der Einlageminderung ein fiktiver Gewinn in Höhe der Einlageminderung zuzurechnen ist. In gleicher Höhe ist ein verrechenbarer Verlust festzustellen.
Eine Gewinnhinzurechnung ist jedoch nicht vorzunehmen, wenn durch die Einlageminderung eine Haftung des Kommanditisten (§ 171 HGB) wieder auflebt. Der aufgrund einer Einlageminderung zuzurechnende Betrag darf nicht höher sein als der Betrag der Anteile am Verlust der KG, die im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichsfähig gewesen sind (§ 15a Abs. 3 Satz 2 EStG). Leistet der Kommanditist zusätzlich zu der im Handelsregister eingetragenen Pflichteinlage eine weitere Sacheinlage, kann er im Wege einer negativen Tilgungsbestimmung die Rechtsfolge herbeiführen, dass die Haftungsbefreiung nach § 171 Abs. 1 zweiter Halbsatz HGB nicht eintritt. Das führt dazu, dass die Einlage nicht mit der eingetragenen Pflichteinlage zu verrechnen ist, sondern im Umfang ihres Werts die Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos verhindert und auf diese Weise nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zur Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit von Verlusten führt ( NWB MAAAC-67040, , BStBl 2008 II S. 676 und NWB RAAAD-03293).
Eine Gewinnhinzurechnung ist ebenfalls im Fall der Haftungsminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 3 EStG) vorzunehmen, wenn im Wirtschaftsjahr der Haftungsminderung und den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren Verluste ausgleichsfähig gewesen sind. Eine Haftungsminderung liegt vor, wenn der Haftungsbetrag (die Differenz zwischen der im Handelsregister eingetragenen Einlage des Kommanditisten und seiner geleisteten Einlage) durch Herabsetzung der im Handelsregister eingetragenen Einlage gemindert wird.
e) Behandlung von Einlagen
Ist das Kapitalkonto des Kommanditisten negativ und leistet er Einlagen, führen diese lediglich zu einem Verlustausgleichsvolumen im Jahr der Einlage, da sich insoweit das negative Kapitalkonto des Kommanditisten nicht erhöht. Ist die Einlage höher als der Verlust im Wirtschaftsjahr der Einlage, führt dies nicht dazu, dass die bereits für frühere Wirtschaftsjahre verrechenbar festgestellten Verluste in ausgleichsfähige Verluste umgewandelt werden. Es ergibt sich aus der Einlage jedoch Verlustausgleichsvolumen für spätere Wirtschaftsjahre (, BStBl 2004 II S. 359, und v. - IV R 28/06, BStBl 2007 II S. 934). Die Finanzverwaltung hat ihre dazu ablehnende Haltung zwischenzeitlich aufgegeben (vgl. , BStBl 2007 I S. 823). Dies gilt auch in den Fällen atypisch stiller Gesellschaften (, BStBl 2008 II S. 118). Durch den mit dem JStG 2009 v. (BGBl 2008 I S. 2794) eingeführten neuen § 15a Abs. 1a EStG führen jedoch mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 nachträgliche Einlagen weder zu einer nachträglichen Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit eines vorhandenen verrechenbaren Verlusts noch zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit des dem Kommanditisten zuzurechnenden Anteils am Verlust eines zukünftigen Wirtschaftsjahrs, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Nachträgliche Einlagen i. S. von § 15a Abs. 1a EStG sind Einlagen, die nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres geleistet werden, in dem ein nicht ausgleichs- oder abzugsfähiger Verlust i. S. des Absatzes 1 entstanden oder ein Gewinn i. S. des Absatzes 3 Satz 1 zugerechnet worden ist. Durch diese Gesetzesänderung wurde die bisherige vom BFH mit o. g. Urteilen aufgehobene Verwaltungsauffassung mit Wirkung für die Zukunft wieder hergestellt.
Treffen Einlageminderung und Haftungsminderung in einem Wirtschaftsjahr zusammen, ist die Einlageminderung vor der Haftungsminderung zu berücksichtigen.
f) Halbeinkünfte
Der steuerfreie Teil der Halbeinkünfte (§ 3 Nr. 40 EStG, vgl. Tz. 22) hat das handelsrechtliche Kapitalkonto erhöht. Demnach steht dem Kommanditisten in Höhe des steuerfreien Teils der Halbeinkünfte ein Verlustausgleichspotenzial zur Verfügung.
g) Wechsel der Rechtsstellung eines Gesellschafters
Wechselt der Komplementär während eines Wirtschaftsjahrs in die Rechtsstellung des Kommanditisten, findet § 15a EStG auf den anteiligen Verlust des Gesellschafters des gesamten Wirtschaftsjahrs Anwendung.
Wechselt ein Kommanditist während eines Wirtschaftsjahrs in die Rechtsstellung des Komplementärs, ist § 15a EStG für das gesamte Wirtschaftsjahr nicht anzuwenden. Bislang bereits für den Kommanditisten verrechenbar festgestellte Verluste werden jedoch nicht in ausgleichsfähige Verluste umqualifiziert (vgl. , BStBl 2004 II S. 115).
Der Wechsel der Gesellschafterstellung findet bereits zum Zeitpunkt des entsprechenden Gesellschaftsbeschlusses statt. Auf den Antrag auf Eintrag in das Handelregister kommt es nicht an. Der Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses ist jedoch vom Steuerpflichtigen zweifelsfrei nachzuweisen (vgl. , BStBl 2004 II S. 423).
h) Feststellung des verrechenbaren Verlusts
Der verrechenbare Verlust wird im Jahr seiner Entstehung oder Veränderung durch einen Feststellungsbescheid gem. § 15a Abs. 4 EStG gesondert festgestellt.
Bei der ggf. erforderlichen jährlichen Feststellung ist von dem verrechenbaren Verlust des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs auszugehen. Dabei sind – soweit vorhanden – die folgenden Umstände zu berücksichtigen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Verrechenbare Verluste des laufenden
Wirtschaftsjahrs | |
+ | nicht
ausgleichsfähige Verluste des laufenden Wirtschafsjahrs |
+ | Einlageminderungen des laufenden
Wirtschaftsjahrs |
+ | Haftungsminderungen des laufenden
Wirtschaftsjahrs |
- | Gewinnanteil des Kommanditisten des laufenden
Wirtschaftsjahrs |
- | Gewinn des Kommanditisten aus dem
Sonderbetriebsvermögen des laufenden Wirtschaftsjahrs |
= | neuer verrechenbarer
Verlust |
Als Gewinnanteil des Kommanditisten ist auch sein Anteil an einem Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen (, BStBl 1995 II S. 467). Mit dem JStG 2009 v. 19. 12. 2008 (BGBl 2008 I S. 2794) wird in § 15a Abs. 2 EStG klargestellt, dass der verrechenbare Verlust, der nach Abzug von einem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn verbleibt, im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils oder der Betriebsveräußerung oder -aufgabe bis zur Höhe der nachträglichen Einlagen im Sinne des Absatzes 1a ausgleichs- oder abzugsfähig ist.
Die Feststellung des verrechenbaren Verlusts der Kommanditisten ist von dem Finanzamt vorzunehmen, dass auch die gesonderte Feststellung des Verlusts der Gesellschaft vornimmt (Betriebsfinanzamt).
i) Entsprechende oder sinngemäße Anwendung des § 15a EStG auf andere Fälle
Auch bei anderen Rechtsformen als der KG gibt es Unternehmer oder Mitunternehmer, die ähnlich einem Kommanditisten nur beschränkt haften. Deshalb sind die Grundsätze des § 15a Abs. 1–4 EStG auch auf vergleichbare Fälle entsprechend bzw. sinngemäß anwendbar, wenn für diese Unternehmer (Mitunternehmer), die Haftung der eines Kommanditisten vergleichbar ist. Als Beispiele nennt § 15a Abs. 5 EStG:
atypisch stille Gesellschafter;
GbR-Gesellschafter, die als Mitunternehmer anzusehen sind;
Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft, die als Mitunternehmer anzusehen sind, soweit sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen;
Unternehmer, soweit Verbindlichkeiten nur in Abhängigkeit von Erlösen oder Gewinnen aus der Nutzung, Veräußerung oder sonstigen Verwertung von Wirtschaftsgütern zu tilgen sind (sog. haftungslose Darlehen);
Mitreeder, wenn die persönliche Haftung des Mitreeders für die Verbindlichkeiten der Reederei ganz oder teilweise ausgeschlossen oder soweit die Inanspruchnahme der Mitreeder für Verbindlichkeiten der Reederei nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich ist.
Zudem werden die Regelungen des § 15a EStG durch entsprechende Verweise auch auf andere Einkunftsarten in entsprechender oder sinngemäßer Anwendung ausgedehnt: im Bereich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 5 EStG), aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 4 EStG), bei den Einkünften aus einer typisch stillen Gesellschaft (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Unter den in R 15a Abs. 5 EStR genannten Voraussetzungen ist § 15a EStG auch auf Anteile am Verlust aus einer ausländischen Betriebsstätte anzuwenden.
j) Verlustverrechnungsbeschränkung für bestimmte stille Gesellschaften
§ 15a EStG findet nach § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG auch auf atypisch stille Gesellschaften Anwendung. Verluste aus atypisch stillen Gesellschaften, an denen unmittelbar oder mittelbar Kapitalgesellschaften beteiligt sind, sind jedoch nach. § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG nur mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommen also beide Vorschriften parallel zur Anwendung. Nach dem (BStBl 2008 I S. 970) wird klargestellt, dass § 15a EStG Vorrang vor der Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG hat. Zu den Einzelheiten der Verlustverrechnung bei Vorliegen der Voraussetzungen sowohl des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG als auch der des § 15a EStG wird auf die Ausführungen im o.g. BMF-Schreiben verwiesen.
k) Doppel- oder mehrstöckige Personengesellschaften
Bei doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaften sind die lediglich verrechenbaren Verluste der Untergesellschaften(en) in die Feststellung der verrechenbaren Verluste der Obergesellschaft(en) mit einzubeziehen.
l) Vererbbarkeit von nach § 15a EStG verrechenbaren Verlusten
Die Finanzverwaltung geht trotz des Beschlusses des Großen Senats des (BStBl 2008 II S. 608) weiterhin davon aus, dass Verluste i. S. von § 15a EStG aufgrund der Einkunftsquellenbezogenheit der Vorschrift weiterhin vererbbar sind (vgl. Gragert/Wißborn, NWB F. 3 S. 15111 ff. NWB FAAAC-83439).
Tz. 186 Verlustverrechnungsbeschränkung bei Steuerstundungsmodellen
a) Allgemeines
§ 15b EStG dient in erster Linie der Bekämpfung der in der jüngsten Vergangenheit immer beliebter gewordenen Steuerspargestaltungen durch Zeichnung von Fonds, die ihren Anlegern hohe Verluste zuweisen, mit denen gerade Steuerpflichtige mit hohen und sehr hohen zu versteuernden Einkommen ihre Steuerbelastung deutlich senken konnten. In diese Richtung zielte auch § 2b EStG (s. hierzu Tz. 16), der jedoch leicht umgangen werden konnte und daher in der Praxis so gut wie keine Bedeutung hatte. Die neue Verlustverrechnungsbeschränkung in § 15b EStG ist deutlich restriktiver und daher auch wirkungsvoller. Es wurden jedoch eine Reihe von Begriffen aus dem § 2b EStG übernommen.
Die Regelung zielt vorrangig auf die geschlossenen Fonds in Form von Personengesellschaften (meist: GmbH & Co KG) ab. Die größte Auswirkung hat die Regelung bei:
Medienfonds. Hier beruht die Verlustzuweisung auf dem Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (Filmrecht) – § 5 Abs. 2 EStG;
New Energy Fonds (Windkraft- und Solarenergie). Hier beruht die Verlustzuweisung auf Ansparabschreibungen nach § 7g EStG;
Wertpapierhandelsfonds, deren Verluste aufgrund der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG entstehen, da die Anschaffungskosten für die Wertpapiere (Umlaufvermögen) sofort abzugsfähigen Aufwand darstellen. Diese Steuerspargestaltung ist auch durch Änderung des § 4 Abs. 3 EStG, nach der die Anschaffungskosten für Wertpapiere (und auch Grundstücke) des Umlaufvermögens erst im Zeitpunkt der Veräußerung gewinnmindernd zu berücksichtigen sind, ausgeschlossen worden. Dadurch wird auch den Steuerspargestaltungen mit Wertpapieren außerhalb von modellhaften (Fonds-)Gestaltungen wirksam entgegengewirkt;
Videogamefonds (Verlustzuweisung wie bei Medienfonds).
Es sind jedoch nicht nur Fonds betroffen. Auch sog. Private Placements, d. h. Investitionen einzelner oder nur eines kleinen Kreises von Anlegern, können unter die Neuregelung fallen, wenn sie einen modellhaften Charakter haben. Hierzu zählen z. B. die sog. Disagio-Modelle.
Mit § 15b EStG wird ein weiterer gesonderter Verrechnungskreis (vgl. auch § 15 Abs. 4 EStG) eingeführt. Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen sind künftig nicht mehr mit den übrigen Einkünften, sondern nur noch mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar. Ein Verlustrücktrag innerhalb der Einkunftsquelle ist nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich, da die Verluste regelmäßig in den ersten Jahren erzielt werden und daher ein Rücktrag mangels positiver Einkünfte in den Vorjahren nicht möglich wäre.
Durch die Formulierung „im Zusammenhang mit” in § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG wird deutlich, dass – anders als bei § 15a EStG – auch die Verluste des Sonderbetriebsvermögens von der Verlustabzugsbeschränkung betroffen sind.
Bei doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaften ist § 15b EStG bereits auf der untersten Ebene zu prüfen. Es besteht somit keine Möglichkeit, die Anwendung des § 15b EStG durch eine mehrstöckige Gestaltung zu umgehen oder dessen Wirkung abzumildern.
Die Verlustverrechnungsbeschränkung gilt auch für Verluste aus anderen Einkunftsarten (Land- und Forstwirtschaft, selbständige Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte). Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG für den Zeitraum vom bis nur auf Verluste aus typisch stillen Gesellschaften anzuwenden. Aufgrund bekannt gewordener neuer Gestaltungen im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen (z. B. bei Lebensversicherungen) ist § 15b EStG ab Veranlagungszeitraum 2006 bei allen Einkünften aus Kapitalvermögen analog anzuwenden (§ 20 Abs. 2b EStG); vgl. Tz. 219, o. Die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG ist auch anzuwenden, wenn der steuerliche Vorteil sich lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) auswirkt. Dies ist z. B. bei modellhaften Beteiligungen an einer ausländischen Personengesellschaft der Fall, deren Verluste aufgrund der einschlägigen DBA im Inland nur dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Die Anfangsverluste eines solchen Modells führen über § 32b EStG zu einer Senkung des Steuersatzes. Die Gewinne in den späteren Jahren wirken sich über § 32b EStG nicht mehr aus, weil der Steuerpflichtige, der ein solches Modell wählt, sich bereits aufgrund seiner übrigen Einkünfte im Spitzensteuersatz befindet.
Unerheblich für die spätere Verlustverrechnung ist ein zwischenzeitlich erfolgter Wechsel der Einkunftsart (z. B. durch Entnahme eines § 15b EStG-infizierten Immobilienfondsanteils aus dem Betriebsvermögen). Die ursprünglich bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb „eingesperrten” Verluste sind mit den späteren Überschüssen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verrechenbar.
Die Anwendung des § 15b EStG geht der Anwendung des § 15a EStG (s. Tz. 185), der ursprünglich ebenfalls zur Vermeidung von Verlustzuweisungsgesellschaften (jetzt: Steuerstundungsmodelle) eingeführt wurde, vor. § 15a EStG wird jedoch – anders als § 2b EStG (s. Tz. 16) – nicht aufgehoben. Die Finanzverwaltung sieht außerhalb von Steuerstundungsmodellen auch bei „normalen” Personengesellschaften noch einen Anwendungsbereich für § 15a EStG.
b) Tatbestandsmerkmale
aa) Steuerstundungsmodell
Zentrales Tatbestandsmerkmal des § 15b EStG ist der Begriff des Steuerstundungsmodells. Nach § 15b Abs. 2 EStG liegt ein Steuerstundungsmodell vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Ein Steuerstundungsmodell liegt auch dann vor, wenn der steuerliche Vorteil lediglich in Form eines negativen Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) eintritt.
Auch bei Steuerstundungsmodellen ist natürlich Voraussetzung, dass eine Gewinn- bzw. Überschusserzielungsabsicht gegeben ist. Fehlt es an dieser Voraussetzung, sind die Verluste auch ohne § 15b EStG nicht abzugsfähig bzw. verrechenbar.
Voraussetzung für ein Steuerstundungsmodell ist eine modellhafte Gestaltung. Diese liegt vor, wenn ein Anbieter mit Hilfe eines vorgefertigten Konzepts, das auf die Erzielung steuerlicher Vorteile aufgrund negativer Einkünfte ausgerichtet ist, Anleger wirbt. Das kann – wie bei Fonds üblich – mittels eines Anlegerprospekts oder in vergleichbarer Form geschehen. Charakteristisch, aber nicht zwingend notwendig für eine modellhafte Gestaltung ist zudem eine Bündelung von Verträgen und/oder Leistungen durch den Anbieter. Hierunter fällt z. B. die Vermittlung der Finanzierung der Anlage oder die Einräumung von Mietgarantien. Weiterhin spricht für die Annahme eines Steuerstundungsmodells, dass der Anleger vorrangig eine kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebt.
Nicht jede Fondsgestaltung ist jedoch als Steuerstundungsmodell einzustufen. Fondskonstruktionen, die ausschließlich auf Rendite ausgerichtet sind und deren Ziel es ist, ihren Anlegern möglichst keinen Verlust zuzuweisen, fallen nicht unter § 15b EStG. Hier sind in erster Linie die vermögensverwaltenden Venture Capital und Private Equity Fonds (Gesellschaften, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht) zu nennen. Das Konzept dieser Fonds ist darauf gerichtet, Beteiligungen (i. d. R. an Kapitalgesellschaften) zu erwerben und sie z. B. nach Erreichen der Börsenreife gewinnbringend zu veräußern. Der Vorteil für den Anleger besteht hier darin, dass diese Gewinne (zumindestens bis zum Veranlagungszeitraum 2008 noch) meist steuerfrei sind, da die Veräußerungen außerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr (§ 23 EStG) stattfinden und der einzelne Anleger zu weniger als 1 % am Stammkapital beteiligt ist und damit auch § 17 EStG nicht einschlägig ist. Ab Einführung der Abgeltungsteuer im Veranlagungszeitraum 2009 entfällt jedoch diese Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne.
Auch die „normale” unternehmerische Tätigkeit – z. B. eines Existenzgründers, der in den ersten Jahren Anlaufverluste erzielt, bis sich sein Unternehmen am Markt etabliert hat – kann nicht unter die Verlustverrechnungsbeschränkung fallen, da es an der Modellhaftigkeit fehlt.
bb) Einkunftsquelle
Der Gesetzgeber stellt in § 15b EStG bei der Definition der Einkunftsquelle auf die Beteiligung am jeweiligen Steuerstundungsmodell (einschließlich Sonderbetriebsvermögen) ab.
Soweit es sich bei dem Steuerstundungsmodell um eine Gesellschaft oder Gemeinschaft in der Rechtsform einer gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft handelt, bildet der Mitunternehmeranteil (Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen) die Einkunftsquelle. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften sind neben der Beteiligung an der Personengesellschaft für die Einkunftsquelle die Sondereinnahmen und Sonderwerbungskosten der einzelnen Gesellschafter einzubeziehen.
Erzielt der Anleger aus einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft nebeneinander Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten (z. B. § 20 und § 21 EStG), handelt es sich für Zwecke des § 15b EStG dennoch nur um eine Einkunftsquelle. Eine Aufteilung in mehrere Einkunftsquellen ist nicht vorzunehmen. Welche Auswirkungen dies jedoch ab Veranlagungszeitraum 2009 hat, wenn es sich teilweise um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, die der Abgeltungsteuer unterliegen, ist bislang ungeklärt.
Maßgeblich ist also nicht das einzelne Investitionsprojekt. Soweit also in einem Fonds Überschüsse erzielende und verlustbringende Investments kombiniert werden, sind diese für die Ermittlung der 10-%-Verlustgrenze zu saldieren. Eine Saldierung von Gewinnen und Verlusten aus verschiedenen Fonds ist jedoch auch dann nicht möglich, wenn es sich um gleichartige Fonds (z. B. Medienfonds) handelt, da es sich hierbei um getrennte Einkunftsquellen handelt.
cc) Anfangsphase
Als Anfangsphase i. S. des § 15b EStG gilt der Zeitraum, in dem nach dem zugrunde liegenden Konzept nicht nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden. Die Anfangsphase endet, wenn nach der Prognoserechnung des Konzepts ab einem bestimmten Veranlagungszeitraum dauerhaft und nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden.
dd) 10-%-Verlustgrenze
Die Verlustabzugsbeschränkung greift nur, wenn bei fondsgebundenen Anlagen innerhalb der Verlustphase die prognostizierten Verluste 10 % des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals übersteigen. Das Sonderbetriebsvermögen ist dabei mit einzubeziehen. Bei Einzelinvestoren führt ein konzeptbedingter Verlust von mehr als 10 % des eingesetzten Eigenkapitals zur Anwendung des § 15b EStG. Nicht einzubeziehen sind ungeplante Verluste, die bei der Konzeption nicht abzusehen waren (z. B. unerwarteter Mietausfall, Verlust oder Beschädigung des Anlageobjekts).
c) Feststellungsverfahren
§ 15b Abs. 4 EStG enthält Regelungen zum Verfahren, die sich deutlich an das Feststellungsverfahren zu § 15a EStG anlehnen. Der nach § 15b EStG verrechenbare Verlust ist jährlich gesondert festzustellen, wobei der Feststellungsbescheid nur angreifbar ist, soweit sich Änderungen gegenüber dem Vorjahr ergeben haben. Zuständig für den Erlass des Feststellungsbescheids ist bei Gesellschaften oder Gemeinschaften das für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus dem Steuerstundungsmodell zuständige Finanzamt, ansonsten das Betriebsfinanzamt.
d) Anwendungsregelung
Ist das Verlustzuweisungsmodell mit einem Beitritt zu einem geschlossenen Fonds oder einer anderen Personengesellschaft oder Gemeinschaft verbunden, gilt nach § 52 Abs. 33a EStG Folgendes: Die Neuregelung ist nur auf Verluste von Steuerstundungsmodellen anzuwenden, denen der Steuerpflichtige nach dem beigetreten ist oder für die der Außenvertrieb nach dem begonnen hat.
§ 15b EStG erfasst nach seiner Konzeption auch Anlagen in nicht fondsgebundene Steuerstundungsmodelle (Einzelinvestition). In diesen Fällen gibt es keinen Beginn eines Außenvertriebs. Die Investition muss in diesen Fällen nach dem rechtsverbindlich getätigt worden sein. Maßgeblich dürfte der Termin des obligatorischen Rechtsgeschäfts sein.
§ 20 Abs. 2b EStG ist erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2006 anzuwenden. Es war schon im Gesetzgebungsverfahren hochstrittig, ob diese zeitliche Rückwirkung verfassungsgemäß ist. Soweit es sich um Steuerstundungsmodelle im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, sind nur modellhafte Verluste aus typisch stillen Gesellschaften bereits ab dem von der Verlustverrechnungsbeschränkung erfasst.
Zu den Einzelheiten der Verlustverrechnungsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle und der Auslegung der zuvor genannten Tatbestandsmerkmale wird auf das Einführungsschreiben der Finanzverwaltung ( NWB PAAAC-49955) verwiesen, das eine enge Auslegung des § 15b EStG vorschreibt. Zur Auslegung des § 15b EStG im Einzelnen vgl. auch Gragert, NWB F. 3 S. 14775 ff. NWB VAAAC-58542.
e) Vererbbarkeit von nach § 15b EStG verrechenbaren Verlusten
Die Finanzverwaltung geht trotz des Beschlusses des Großen Senats des (BStBl 2008 II S. 608) weiterhin davon aus, dass Verluste i. S. von § 15b EStG aufgrund der Einkunftsquellenbezogenheit der Vorschrift weiterhin vererbbar sind (vgl. Gragert/Wißborn, NWB F. 3 S. 15111 ff. NWB FAAAC-83439).
Tz. 187 Gewinn aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs
Zu den Einkünften aus gewerblichen Unternehmen gehören solche aus allen wirtschaftlichen Betätigungen, die den Begriff des Gewerbebetriebs erfüllen. Der gewerbliche Gewinn beruht zumeist auf der Veräußerung von Gegenständen des Betriebsvermögens, die zu einem höheren Preis verkauft werden, als sie angeschafft oder hergestellt werden (laufender Gewinn). Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen aber auch die Gewinne, die bei der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs erzielt werden (Veräußerungsgewinn). § 16 EStG enthält verschiedene Tatbestände, die wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte erfassen, und knüpft hieran bestimmte Rechtsfolgen.
Tz. 188 Veräußerung oder Aufgabe von gewerblichen Unternehmen und Mitunternehmeranteilen
Wird ein Gewerbebetrieb als Ganzes, ein abgrenzbarer selbständiger Teil des Gewerbebetriebs (Teilbetrieb) oder ein Mitunternehmeranteil (nicht Teil eines Mitunternehmeranteils) auf einmal veräußert, stellt dieses Geschäft zwar noch einen Teil der gewerblichen Tätigkeit des Unternehmers dar. Es handelt sich jedoch um einen außerordentlichen Geschäftsvorfall, da sämtliche stillen Reserven, die im Laufe der Jahre im Betriebsvermögen gebildet wurden, durch einen einzigen Geschäftsvorfall aufgedeckt werden. Dadurch ergibt sich eine Gewinnzusammenballung, deren Versteuerung nach den allgemeinen Regeln auch wegen der Tarifprogression für den betroffenen Steuerpflichtigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Deshalb wird für diesen „Veräußerungsgewinn” bis zu einer bestimmten Höhe eine sachliche Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 4 EStG durch einen Freibetrag und eine Tarifvergünstigung (§ 34 EStG, vgl. Tz. 264–266) gewährt. Die Vergünstigungen sind jedoch nicht zu gewähren, wenn auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG), die Veräußerungsgewinne stellen insoweit einen laufender Gewinn dar.
§ 16 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen auch auf die Veräußerung oder Aufgabe ausländischer Gewerbebetriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile, wenn die Einkünfte daraus im Inland versteuert werden müssen, sowie auf die Tatbestände des AStG anzuwenden. Die Vorschrift gilt auch bei beschränkt Steuerpflichtigen, sofern im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften gelten §§ 16, 34 EStG sowohl bei der Veräußerung von Anteilen an der Obergesellschaft als auch von Anteilen an der Untergesellschaft. Durch Verweise in §§ 14, 14a EStG wird die Anwendung des § 16 EStG auch auf die Veräußerung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, durch einen Verweis in § 18 Abs. 3 EStG auch auf die Veräußerungen von freiberuflichen Praxen ausgedehnt. Die Regelungen des UmwStG haben Vorrang vor § 16 EStG.
a) Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs
Unter einer Betriebsveräußerung ist jedes Rechtsgeschäft zu verstehen, das auf die Übertragung des Eigentums, bei Nichtübereinstimmung von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum des wirtschaftlichen Eigentums gegen Entgelt gerichtet ist. Die Veräußerung als das Erfüllungsgeschäft (dingliches Rechtsgeschäft) ist von dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft, das die Verpflichtung zur Veräußerung begründet (Verpflichtungsgeschäft), zu unterscheiden. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, in dem das wirtschaftliche Eigentum übertragen wird.
Die Veräußerung kann z. B. aufgrund eines Kaufs, Tauschs, Einbringungs-, Abfindungs- oder Auseinandersetzungsvertrags oder im Wege der Zwangsversteigerung erfolgen. Die Gegenleistung muss jedoch nicht in Geld bestehen. Durch die Übertragung kann auch eine andere Geldschuld (z. B. Darlehen) getilgt werden.
Unschädlich für die Annahme einer begünstigten Betriebsveräußerung im Ganzen ist eine spätere (z. B. beratende) Tätigkeit des Veräußerers für den Erwerber (, BStBl 2009 II S. 43).
Wird ein Betrieb unentgeltlich (z. B. Schenkung, Übertragung im Wege der vorweggenommen Erbfolge) übertragen, liegt keine Betriebsveräußerung vor. Der Erwerber hat nach § 6 Abs. 3 EStG (vgl. Tz. 96) die Buchwerte fortzuführen. Wird ein Gewerbebetrieb teilentgeltlich (z. B. bei gemischter Schenkung) übertragen, ist dies eine teilentgeltliche Veräußerung i. S. von § 16 Abs. 1 EStG. Eine teilentgeltliche Übertragung ist als einheitlicher Vorgang zu betrachten (Einheitsmethode im Gegensatz zur Aufteilungsmethode bei der teilentgeltlichen Übertragung von Privatvermögen nach § 17 EStG). Nur soweit die Gegenleistung den Wert des Betriebsvermögens übersteigt, liegt ein (ggf. begünstigter) Veräußerungsgewinn vor.
Ein Erwerb von Todes wegen (Erbfall) stellt keine Betriebsveräußerung oder -aufgabe dar. Der oder die Rechtsnachfolger haben nach § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte des Erblassers fortzuführen; vgl. Tz. 96. Wegen einer Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vgl. Tz. 197; wegen der Erbauseinandersetzung vgl. Tz. 194 ff.
Der Gewerbebetrieb ist als Ganzes veräußert, wenn er mit allen wesentlichen Grundlagen (s. Tz. 189) gegen Entgelt übertragen wird und wenn die bisher in diesem Betrieb mit diesen wesentlichen Betriebsgrundlagen entfaltete gewerbliche Betätigung des Veräußerers endet. Entsprechendes gilt für eine Teilbetriebsveräußerung (, BStBl 1996 II S. 409). Der Betrieb muss als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens auf den Erwerber übertragen werden und fortgeführt werden können, aber nicht fortgeführt werden müssen (, BStBl 1992 II S. 380). Werden die wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht auf einen, sondern auf verschiedene Erwerber übertragen, liegt keine Betriebsveräußerung, sondern eine Betriebsaufgabe vor, die jedoch der Betriebsveräußerung gleichgestellt ist.
Die Betriebsveräußerung im Ganzen setzt grds. die Realisierung aller stiller Reserven voraus. Behält der Veräußerer einzelne Wirtschaftgüter zurück, um sie später zu veräußern, schließt das die Annahme einer Betriebsveräußerung im Ganzen nicht aus. Ebenso ist eine Betriebsveräußerung im Ganzen noch anzunehmen, wenn einzelne, nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörende Wirtschaftsgüter in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung in das Privatvermögen übernommen werden. Werden jedoch einzelne Wirtschaftsgüter weiterhin betrieblich (z. B. bei einem anderen Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen oder im Rahmen einer Mitunternehmerschaft, an der der Steuerpflichtige beteiligt ist genutzt und hat der Steuerpflichtige für diese Übertragungs- bzw. Überführungsvorgänge die Buchwerte der Wirtschaftsgüter fortzuführen (z. B. nach § 6 Abs. 5 EStG oder § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG), werden nicht alle stillen Reserven des Unternehmens aufgedeckt, so dass der Gewinn nicht begünstigt und daher als laufender Gewinn zu versteuern ist.
b) Veräußerung eines Teilbetriebs
Die Veräußerung eines Teilbetriebs ist der Veräußerung eines ganzes Betriebs gleichgestellt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Ein Teilbetrieb i. S. von § 16 EStG liegt vor, wenn ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter organisch geschlossener Teil eines Gesamtbetriebs (z. B. eine Zweigniederlassung) veräußert wird, der ohne grundlegende Änderung als gesonderter Gewerbebetrieb hätte geführt werden können und für sich lebensfähig ist. Dabei sind die Verhältnisse beim Veräußerer im Zeitpunkt der Veräußerung maßgebend.
Als Teilbetrieb gilt auch eine 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die Betriebsvermögen (Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen) darstellt. Gehörte die Beteiligung teilweise auch zum Privatvermögen des Steuerpflichtigen, ist § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht anwendbar (R 16 Abs. 3 EStR). Ein Teilbetrieb erfordert nicht zwingend eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung. Andererseits führen die Möglichkeiten einer technischen Aufteilung des Betriebs, eine organisatorische Verselbständigung oder ein gesonderter Vermögens- und Ergebnisausweis nicht schon zur Annahme eines Zweigbetriebs. Notwendig ist jedoch die Eigenständigkeit der Teile, wie sie z. B. bei Zweigniederlassungen und Filialen häufig gegeben ist. Eine Teilbetriebsveräußerung erfordert nicht, dass der Veräußerer seine gewerbliche Tätigkeit in vollem Umfang beendet. Es reicht aus, dass die gewerbliche Tätigkeit aufgegeben wird, die sich auf die veräußerten wesentlichen Betriebsgrundlagen bezieht (, BStBl 1989 II S. 973).
Im Fall einer Betriebsaufspaltung, stellen die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen i. S. von § 16 EStG des Besitzeinzelunternehmens dar. Werden diese Anteile bei der Betriebsveräußerung nicht mitveräußert, kann von einer privilegierten Teilbetriebsveräußerung nicht ausgegangen werden (vgl. , BStBl 2007 II S. 772).
c) Aufgabe eines Gewerbebetriebs/Teilbetriebs
Die Aufgabe eines Gewerbebetriebs ist der Veräußerung eines Betriebs gleichgestellt (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Bei einer Betriebsaufgabe im Ganzen wird die gewerbliche Tätigkeit endgültig eingestellt und die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens werden unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven innerhalb eines kurzen Zeitraums an einen oder mehrere Erwerber veräußert und/oder in das Privatvermögen überführt.
Entfallen bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft die Voraussetzungen für die gewerbliche Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) oder entfallen die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung, gilt dies ebenfalls als Betriebsaufgabe, die die Versteuerung der stillen Reserven zur Folge hat.
Der Begriff „kurzer Zeitraum” ist nicht eng auszulegen. Die Aufgabehandlungen müssen aber wirtschaftlich noch als ein einheitlicher Vorgang angesehen werden können (, BStBl 1977 II S. 66). Ein Aufgabezeitraum von sechs Monaten wird seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet. Der Aufgabezeitraum kann nicht dadurch verkürzt werden, dass der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter, die er bei der Aufgabe des Betriebs nicht veräußern konnte, formell in das Privatvermögen überführt, um sie später zu veräußern.
Eine Betriebsaufgabe setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige gar keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausübt. Eine Betriebsaufgabe kann vielmehr auch dann gegeben sein, wenn der bisherige betriebliche Organismus aufhört zu bestehen und der Steuerpflichtigen einen neuen Betrieb (auch gleicher Art) beginnt. Etwas anderes gilt jedoch bei der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit. Sind der alte und der neue Betrieb jedoch bei wirtschaftlicher Betrachtung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch, liegt keine Betriebsaufgabe, sondern ggf. nur eine Betriebsverlegung vor. Diese Identität ist regelmäßig dann gegeben, wenn zwar die bisherige gewerbliche Tätigkeit eingestellt, gleichzeitig aber unter Einsatz des bisherigen gewerblichen Betriebsvermögens eine neue gewerbliche Tätigkeit begonnen, also insgesamt lediglich der Gegenstand des gewerblichen Unternehmens geändert wird. Die Aufgabe eines Betriebs ist von der zeitweisen Stilllegung bzw. Betriebsunterbrechung zu unterscheiden, die nicht nach § 16 EStG begünstigt sind (vgl. , BStBl 1996 II S. 276). Als Betriebsaufgabe gilt jedoch die Verlegung des Betriebs ins Ausland. In diesen Fällen ist § 4g EStG sinngemäß anzuwenden (R 16 Abs. 2 Satz 3 EStG). Wie die sinngemäße Anwendung von § 4g EStG (Bildung eines Ausgleichsposten bei Überführung von Wirtschaftsgütern ins Ausland) in diesen Fällen vorzunehmen ist, in denen ja im Inland mangels Betrieb keine Bilanz mehr aufzustellen ist, ist jedoch unklar.
Die Aufgabe eines Teilbetriebs ist ebenso zu behandeln wie die Aufgabe des ganzen Gewerbebetriebs, auch wenn in § 16 Abs. 3 EStG der Teilbetrieb nicht ausdrücklich genannt ist.
Die allmähliche Veräußerung des Umlaufvermögens bedeutet die Fortsetzung der gewerblichen Betätigung und kann i. d. R., wenn es sich nicht um unbedeutende Restposten handelt, nicht dadurch zu einem Privatvorgang gemacht werden, dass das gesamte Umlaufvermögen bei der Betriebseinstellung in das Privatvermögen überführt wird. Die Einstellung der bisherigen laufenden gewerblichen Betätigung führt i. d. R. nur dann zur endgültigen Aufgabe des Betriebs und zur Realisierung aller stillen Reserven, wenn der Unternehmer dem Finanzamt gegenüber eindeutig erklärt, den Betrieb nicht abwickeln und die Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen überführen zu wollen. Der Unternehmer kann jedoch den Betrieb trotz Einstellung der gewerblichen Tätigkeit steuerrechtlich noch fortführen und das Betriebsvermögen allmählich verwerten. Die spätere Verwertung ist dann ein nicht begünstigter Gewinn aus Gewerbebetrieb.
d) Veräußerung eines Mitunternehmeranteils
Der Mitunternehmeranteil umfasst sowohl das Gesamthandsvermögen als auch etwaig vorhandenes Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers (, BStBl 1995 II S. 890).
Die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist die entgeltliche Übertragung durch einen Gesellschafter an einen Dritten in Form eines Gesellschafterwechsels oder das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung (sog. Anwachsung i. S. des § 738 BGB i. V. mit § 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 BGB). Auch der Tausch von Mitunternehmeranteilen stellt eine Veräußerung dar (, BStBl 1992 II S. 946). Der Gewinn aus Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils ist jedoch nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigt, sondern stellt einen laufenden Gewinn dar (§ 16 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils (z. B. Schenkung oder Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) ist ebenfalls keine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils. In diesem Fall hat der Übernehmer nach § 6 Abs. 3 EStG (vgl. Tz. 96) die Buchwerte des Rechtsvorgängers fortzuführen.
Mitunternehmer i. S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind die Gesellschafter einer OHG, KG, GbR oder atypischen stillen Gesellschaft, wenn die Gesellschaft ein gewerbliches Unternehmen betreibt (Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) oder ihre Tätigkeit wegen einer gewerblichen Prägung als Gewerbebetrieb gilt (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG).
Die Grundsätze über die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gelten für die Aufgabe eines Mitunternehmeranteils entsprechend (, BStBl 1995 II S. 890), auch wenn diese in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht erwähnt ist.
e) Veräußerung eines Komplementäranteils an einer KGaA
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ist auch die Veräußerung des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA begünstig. Die Begünstigung gilt nur für einen nicht in Aktien bestehenden Anteil. Ist der Komplementär zugleich Aktionär, ist eine Veräußerung von Aktien durch ihn nicht begünstigt.
f) Einbringung in eine Gesellschaft
Die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, die bei der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Geschäftsanteilen (offene Sacheinlage), bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, bei der Einbringung eines Betriebs usw. in eine Personengesellschaft und beim Zusammenschluss von Personengesellschaften entstehen, richtet sich nach den Vorschriften des UmwStG, die Vorrang vor der Regelung des § 16 EStG haben.
Wird ein ganzer Gewerbebetrieb, ein Teilbetrieb oder ein in einem Betriebsvermögen gehaltener Mitunternehmeranteil durch deren Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht (verdeckte Einlage), ist dies eine Betriebsaufgabe i. S. von § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG (, BStBl 1991 II S. 512).
Tz. 189 Wesentliche Betriebsgrundlagen
Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören alle materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung haben (qualitative Betrachtungsweise). Ein Wirtschaftsgut ist i. d. R. schon dann als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen, wenn in ihm erhebliche stille Reserven ruhen (quantitative Betrachtungsweise); es ist aber für die Annahme einer wesentlichen Betriebsgrundlage nicht erforderlich, dass in dem Wirtschaftgut stille Reserven ruhen.
Maschinen eines Fabrikationsbetriebs sind regelmäßig wesentliche Betriebsgrundlagen, auch wenn es sich lediglich um Standardmaschinen handelt. Gebäude(-teile) sind regelmäßig wesentliche Betriebsgrundlagen, wenn sie auf die Bedürfnisse des Betriebsunternehmens besonders zugeschnitten sind oder wenn der Betrieb seiner Art nach von der Lage des Gebäudes abhängig ist. Aber auch, wenn das Gebäude nicht auf die Bedürfnisse des Unternehmens speziell zugeschnitten ist, kann eine wesentliche Betriebsgrundlage vorliegen. Vgl. für den Fall eines Büro- oder Verwaltungsgebäudes , BStBl 2000 II S. 621, und , BStBl 2001 I S. 634. Wird bei einer Teilbetriebsveräußerung ein Betriebsgrundstück, das wesentlicher Bestandteil des Teilbetriebs ist, zurückbehalten, kommt § 16 Abs. 1 EStG nicht zur Anwendung (, BStBl 1996 II S. 409). Im Fall einer Betriebsaufspaltung stellen auch die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen i. S. von § 16 EStG des Besitzunternehmens dar (vgl. , BStBl 2007 II S. 772).
Letztendlich ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu bestimmen, welche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens die wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen.
Tz. 190 Berechnung des Veräußerungsgewinns und des Aufgabegewinns
a) Grundsatz
Der Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Kapitalkonto), den Wert des Mitunternehmeranteils (Kapitalkonto des Mitunternehmers) übersteigt (§ 16 Abs. 2 EStG). Das Kapitalkonto ist auf den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG – also durch Aufstellung einer Bilanz auf den Veräußerungszeitpunkt – zu ermitteln. Ermittelte der Unternehmer seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung bislang nach § 4 Abs. 3 EStG, ist für Zwecke der Ermittlung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns zwingend zur Bilanzierung überzugehen. Der Übergangsgewinn stellt einen laufenden Gewinn dar. Durch die Ermittlung des Veräußerungsgewinns werden alle im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven aufgedeckt und der (Schluss-)Besteuerung zugeführt.
Gewinne aus der Veräußerung von Umlaufvermögen zählen nur dann zum Aufgabegewinn, wenn die Veräußerung keine normale gewerbliche Betätigung darstellt, wie z. B. bei Veräußerung an frühere Lieferanten.
Bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns sind vom Erwerber übernommene betriebliche Verbindlichkeiten, die aufgrund von Rückstellungsverboten (z. B. für Jubiläumszuwendungen und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften) in der Steuerbilanz nicht passiviert worden sind, nicht gewinnerhöhend zum Veräußerungspreis hinzuzurechnen (, BStBl 2008 II S. 555).
b) Veräußerungsgewinn bei einem gewerblichen Grundstückshandel
Bei einem gewerblichen Grundstückshandel sind die Gewinne aus den Grundstücksveräußerungen regelmäßig nicht begünstigte laufende Gewinne, auch wenn zugleich der Gewerbebetrieb aufgegeben wird. Dies gilt auch dann, wenn der Mitunternehmeranteil an einer Personengesellschaft, die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt, veräußert wird (vgl. , BStBl 2007 II S. 777, und NWB BAAAC-57811). Das Entgelt aus der Veräußerung von Anteilen an einer im gewerblichen Grundstückshandel tätigen Personengesellschaft oder der Aufgabe eines solchen Mitunternehmeranteils ist dann auf die Wirtschaftsgüter der Gesellschaft aufzuteilen, so dass der auf die Grundstücke im Umlaufvermögen entfallende Gewinn als laufender Gewinn zu berücksichtigen ist.
c) Veräußerungsgewinn bei Flugzeugen
Nach dem (BStBl 2009 II S. 289) stellt der Erwerb, die Vermietung und die Veräußerung von in die Luftfahrzeugrolle eingetragenen Flugzeugen eine gewerbliche Tätigkeit dar, wenn die Vermietung mit dem An- und Verkauf aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts verklammert ist. In diesen Fällen gehört der Gewinn aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (also der Flugzeuge) zum laufenden Gewinn, wenn die Veräußerung Bestandteil eines einheitlichen Geschäftskonzepts der unternehmerischen Tätigkeit ist. Die Finanzverwaltung wendet dieses Urteil allgemein an. Mit (BStBl 2009 I S. 515) wird die Bedeutung des Urteils erläutert. Eine Übergangsregelung ist nicht vorgesehen, so dass das Urteil in allen offenen Fällen anzuwenden ist.
d) Abgrenzung zum laufenden Gewinn
Nicht zum Veräußerungsgewinn gehört der laufende Gewinn des Geschäftsjahrs bis zum Zeitpunkt der Veräußerung einschließlich eines evtl. Gewinns aus einem Räumungsverkauf, der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nach § 89b HGB und Aufwendungen wie AfA, Abfindungen an vom Erwerber nicht übernommene Arbeitskräfte sowie zur Beendigung von Schuldverhältnissen, die dem laufenden Betrieb dienten. Wird ein Betrieb zu Buchwerten in eine Personengesellschaft eingebracht und werden dabei nicht wesentliche Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt, stellt der Entnahmegewinn einen laufenden Gewinn und keinen Veräußerungsgewinn dar.
e) Berechnung des Aufgabegewinns
Bei der Berechnung des Aufgabegewinns werden die Veräußerungserlöse für die einzelnen Wirtschaftsgüter und der gemeine Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Aufgabe nach Abzug der Aufgabekosten dem Kapitalkonto gegenübergestellt.
f) Veräußerungskosten
Zu den Veräußerungskosten gehören nur solche Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zu dem Veräußerungsgeschäft stehen, auch wenn sie in Veranlagungszeiträumen vor oder nach der Veräußerung verausgabt werden (, BStB1 1994 II S. 287). Hierzu rechnet auch die Rückzahlung der Vorsteuern nach § 15a UStG bei Veräußerung eines umsatzsteuerpflichtig vermieteten Gebäudes, wenn hierin zugleich die Veräußerung des gesamten Betriebs liegt (, BStBl 1992 II S. 1038). Die im Zusammenhang mit der Veräußerung ggf. anfallende Gewerbesteuer gehört jedoch nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden der Länder aus dem Jahr 2006 auch nach Einführung des § 7 Satz 2 GewStG nicht zu den Veräußerungskosten, sondern ist zumindest bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007 als „laufende Betriebsausgabe” zu behandeln. Für Veranlagungszeiträume ab 2008 ist die Gewerbesteuer gem. § 4 Abs. 5b EStG nicht mehr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
g) Veräußerung gegen wiederkehrende Leistungen
Bei der Veräußerung eines Betriebs gegen Rentenzahlung hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht zwischen der Sofort- und der Zuflussbesteuerung. Bei Wahl der Sofortbesteuerung sind §§ 16, 34 EStG anzuwenden. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist der nach bewertungsrechtlichen oder versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelte Barwert der Rente zugrunde zu legen. Die späteren Rentenzahlungen sind dann mit ihrem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu versteuern. Wählt der Steuerpflichtige jedoch die Zuflussbesteuerung, kommen §§ 16, 34 EStG nicht zu Anwendung. Die Rentenzahlungen sind ebenfalls jedes Jahr in einen Kapital- und einen Zinsanteil aufzuteilen. Der Zinsanteil ist im Jahr des Zuflusses ab dem ersten Jahr der Rentenzahlung als nachträgliche Einnahmen aus Gewerbebetrieb zu versteuern. Der Kapitalanteil ist erst nach vollständiger Verrechnung mit dem steuerlichen Kapitalkonto zum Zeitpunkt der Betriebsveräußerung als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern (vgl. R 16 Abs. 11 EStR). Zu den Einzelheiten vgl. , BStBl 2004 I S. 1187.
Dieses Wahlrecht hat der Steuerpflichtige auch dann, wenn er den Betrieb gegen einen in Raten zu zahlenden Kaufpreis veräußert, der Ratenzahlungszeitraum mehr als zehn Jahre umfasst und die Vertragsgestaltung eindeutig erkennen lässt, dass der Veräußerer beabsichtigt, sich hierdurch eine Versorgung zu schaffen. Bei Kaufpreisraten über einen Zeitraum unter zehn Jahren besteht kein Wahlrecht. Zu den Einzelheiten vgl. , BStBl 2004 I S. 1187.
Wird ein Gewerbebetrieb gegen wiederkehrende Bezüge und festes Entgelt veräußert, besteht ein Wahlrecht nur hinsichtlich der wiederkehrenden Bezüge.
Wird ein Betrieb zu einem Preis veräußert, der zwar oberhalb des Buchwerts, jedoch unterhalb des gemeinen Werts liegt, liegt eine teilentgeltliche Veräußerung vor. Bei einer teilentgeltlichen Übertragung darf die Veräußerung nicht in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Vorgang aufgeteilt werden, da hier anders als bei § 17 EStG nicht die Aufteilungs-, sondern die Einheitsmethode gilt. Der Veräußerungsgewinn ist daher durch Gegenüberstellung des tatsächlich gezahlten Entgelts und des Kapitalkontos zu ermitteln.
Der Veräußerungsgewinn ist im Zeitpunkt der Veräußerung verwirklicht und in dem entsprechenden Veranlagungszeitraum zu versteuern (Realisationsprinzip). Auf den Zufluss des Veräußerungspreises oder den Abschluss des schuldrechtlichen Kausalgeschäfts kommt es nicht an. Stellt sich heraus, dass der Erwerber nicht in der Lage ist, den Kaufpreis zu zahlen (Ausfall der Forderung) ist der Veräußerungsgewinn rückwirkend zu ändern (, BStBl 1993 II S. 897). Bereits bestandskräftige Veranlagungen für das Jahr der Veräußerung sind dann nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu berichtigen. Wird der Kaufpreis aufgrund Einvernehmens zwischen Veräußerer und Erwerber oder durch Vertragsklauseln erhöht, ergibt sich ein zusätzlicher begünstigter Veräußerungsgewinn erst im Jahr der Erhöhung.
Tz. 191 Betriebsverpachtung im Ganzen
Verpachtet ein Unternehmer seinen gesamten Gewerbebetrieb und stellt damit seine eigene werbende Tätigkeit ein, kann er wählen, ob dies als Betriebsaufgabe gilt oder nicht. Dieses Verpächterwahlrecht kann der Steuerpflichtige sofort bei Beginn oder später während der Zeit der Verpachtung ausüben. Solange der Unternehmer die Betriebsaufgabe nicht konkret gegenüber dem Finanzamt erklärt, ist davon auszugehen, dass er die Absicht hat, den Betrieb künftig wieder aufzunehmen. Die gewerbliche Betriebsverpachtung im Ganzen ist nicht gewerbesteuerpflichtig.
Diese Grundsätze gelten sowohl bei der Verpachtung des Betriebs im Ganzen als auch bei der Verpachtung nur der wesentlichen Betriebsgrundlagen oder eines Teilbetriebs. Denn in allen drei Fällen ist es möglich, den Betrieb später fortzuführen. Werden dagegen bei der Verpachtung die wesentlichen Grundlagen des Betriebs derart umgestaltet, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können, ist eine Aufgabe des Betriebs anzunehmen (z. B. , BStBl 1983 II S. 412). Die sog. branchenfremde Verpachtung führt jedoch dann nicht zur Betriebsaufgabe, wenn der Verpächter den Betrieb nach Beendigung des Pachtverhältnisses ohne wesentliche Änderungen fortführen kann (vgl. , BStBl 2004 II S. 10). Das Wahlrecht des Steuerpflichtigen besteht auch, wenn ein in sich geschlossener Teil des Gewerbebetriebs, der eine gewisse Selbständigkeit besitzt und für sich lebensfähig ist (wie z. B. eine Filiale), verpachtet wird. Sind mehrere Teilbetriebe (z. B. Filialen in mehreren Städten) verpachtet, kann das Wahlrecht getrennt und unterschiedlich ausgeübt werden.
Eine Realisierung der stillen Reserven findet nur statt, wenn die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens durch eindeutige Entnahmehandlungen in das Privatvermögen überführt werden. Dies setzt eine ausdrückliche Erklärung des Steuerpflichtigen voraus, es sei denn, die Entnahme ergibt sich eindeutig aus den Umständen. Für die Betriebsaufgabeerklärung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie muss jedoch eindeutig sein. Es reicht nicht aus, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfte aus der Betriebsverpachtung im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erklärt. In diesem Fall sollte das Finanzamt durch Rückfrage klären, ob tatsächlich eine Aufgabe des Betriebs gewollt ist. Im Zweifel ist von der Fortführung auszugehen. Dies gilt nach dem NWB KAAAD-26613 ist grds. ohne zeitliche Begrenzung so lange von einer Fortführung des Betriebs auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist und die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen. Eine spätere Betriebsaufgabe kann nur dann angenommen werden, wenn sie den äußeren Umständen nach klar zu erkennen und der Zeitpunkt eindeutig zu bestimmen ist.
Die Aufgabe des Betriebs wird von der Finanzverwaltung auf den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anerkannt, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird, auch wenn der Aufgabezeitpunkt dann in einem zurückliegenden Kalenderjahr liegt. Nach Ablauf der Dreimonatsfrist gilt der Betrieb zum Zeitpunkt des Eingangs der Aufgabeerklärung beim Finanzamt als aufgegeben (vgl. R 16 Abs. 5 Satz 6–9 EStR). Verstirbt der Verpächter, kann der Erbe die Betriebsaufgabe frühestens auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs (Todestag des Verpächters) erklären, nicht jedoch auf einen Zeitpunkt, in dem der Erblasser noch lebte.
Tz. 192 Ausscheiden eines Gesellschafters unter Veräußerung seines Mitunternehmeranteils
a) Besonderheiten beim veräußernden Mitunternehmer
Auch bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist der Gewinn nach § 16 Abs. 2 EStG zu ermitteln. Zum Veräußerungspreis gehört alles, was der Ausscheidende für die Aufgabe seiner Gesellschafterrechte und ggf. die Veräußerung von Wirtschaftsgütern seines Sonderbetriebsvermögens erhält.
Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus, ohne dieses ausgleichen zu müssen, und verpflichten sich die verbleibenden Gesellschafter, ihn gegenüber Gläubigern von den bestehenden Gesellschaftsschulden freizustellen, entsteht ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos, das der ausscheidende Mitunternehmer nicht ausgleicht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Freistellung aus außerbetrieblichen (z. B. familiären) Gründen erfolgt. Für Kommanditisten und andere nur beschränkt haftende Mitunternehmer, deren Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft aufgrund von Verlusten negativ geworden ist, gilt der nicht auszugleichende Betrag nach § 52 Abs. 33 Satz 3 EStG als Veräußerungsgewinn. Wird der Ausscheidende später wider Erwarten doch in Anspruch genommen, kann ein nachträglicher Verlust aus Gewerbebetrieb entstehen (, BStBl 1978 II S. 149).
Wird der Ausscheidende in Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens abgefunden und überführt der Ausscheidende diese Wirtschaftsgüter nicht – unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten – in ein anderes Betriebsvermögen, sind sie für die Feststellung der Höhe der Abfindung mit den Teilwerten anzusetzen.
Bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteil an einer Personengesellschaft, die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt, liegt jedoch insoweit ein laufender Gewinn vor, als er auf die Veräußerung der Grundstücke des Umlaufsvermögens entfällt (vgl. , BStBl 2007 II S. 777).
b) Berücksichtigung der Abfindung an den Ausscheidenden bei den verbleibenden Gesellschaftern
Geht der Mitunternehmeranteil des Ausscheidenden zivilrechtlich unter, wächst sein Mitunternehmeranteil den verbleibenden Gesellschaftern anteilig an. Bei den verbleibenden Gesellschaftern liegt insoweit eine Anschaffung vor.
Erhält der ausscheidende Gesellschafter mehr als den Buchwert seines Kapitalkontos, hat die Gesellschaft den Betrag, der über den Stand dieses Kapitalkontos dem Ausscheidenden vergütet wird, ggf. in einer Ergänzungsbilanz anzusetzen. Dabei sind neben den in den ausgewiesenen Bilanzposten des Anlage- und Umlaufvermögens steckenden stillen Reserven auch nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Erst ein dann noch verbleibender Mehrbetrag ist ggf. als Geschäftswert zu aktivieren.
Es ist unerheblich, aus welchen Gründen der Mitunternehmer ausscheidet. Scheidet jedoch ein lästiger Gesellschafter auf Betreiben der übrigen Gesellschafter aus der Gesellschaft aus und er erhält dafür mehr als seinen Anteil an den stillen Reserven, ist dieser Mehrbetrag als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
Tz. 193 Realteilung des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft
a) Allgemeines
Eine Realteilung i. S. von § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG liegt vor, wenn bei Beendigung (Auflösung) einer Personengesellschaft das Betriebsvermögen zwischen den Gesellschaftern aufgeteilt wird und die Wirtschaftsgüter auch nach der Realteilung weiterhin Betriebsvermögen darstellen. Eine Realteilung ist durch Aufteilung in Form von Mitunternehmeranteilen, Teilbetrieben (hierzu gehört auch eine 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft) oder Einzelwirtschaftsgütern möglich. Liegt eine Realteilung vor, haben die Gesellschafter zwingend die bisherigen Buchwerte fortzuführen. Die Realteilung umfasst sowohl das Gesamthands- als auch das Sonderbetriebsvermögen.
Zur ertragsteuerlichen Behandlung der Realteilung im Einzelnen s. , BStBl 2006 I S. 228. Vgl. hierzu auch Gragert, NWB F. 3 S. 13887 ff. NWB KAAAB-78437.
b) Voraussetzungen für eine steuerneutrale Realteilung
Die übernommenen Wirtschaftsgüter müssen weiterhin Betriebsvermögen bleiben. Dabei ist es unerheblich, ob die Wirtschaftsgüter in ein bereits bestehendes anderes Betriebsvermögen der Gesellschafter überführt werden oder ob im Rahmen der Realteilung erstmals anderweitiges Betriebsvermögen gegründet wird. Die Wirtschaftsgüter dürfen in ein Einzelbetriebsvermögen oder in das Sonderbetriebsvermögen, nicht jedoch in das Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft überführt werden. Dies gilt auch dann, wenn an der aufnehmenden Personengesellschaft nur Mitunternehmer der realgeteilten Personengesellschaft beteiligt sind. Eine Übertragung zu Buchwerten in das Betriebsvermögen einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist ebenfalls nicht möglich (§ 16 Abs. 3 Satz 4 EStG). Soweit die Körperschaft bereits vor der Realteilung unmittelbar oder mittelbar an dem übertragenen Wirtschaftsgut beteiligt war, sind die Buchwerte allerdings fortzuführen.
Mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage (nach funktionaler und quantitativer Betrachtungsweise) muss nach der Realteilung weiterhin Betriebsvermögen eines Realteilers darstellen. Es kommt also zum einen nicht darauf an, was im Rahmen der Realteilung mit den unwesentlichen Betriebsgrundlagen geschieht, und zum anderen ist es nicht erforderlich, dass alle (oder auch nur die Mehrzahl der) wesentlichen Betriebsgrundlagen nach der Realteilung weiterhin Betriebsvermögen bei den Realteilern darstellen.
Nicht jeder Realteiler muss im Rahmen der Realteilung wesentliche Betriebsgrundlagen des Gesamthandsvermögens erhalten. Verfügt die real zu teilende Personengesellschaft nur über eine einzige wesentliche Betriebsgrundlage, ist eine steuerneutrale Realteilung auch dann anzunehmen, wenn diese nur von einem der Realteiler übernommen wird. Selbst wenn mehrere wesentliche Betriebsgrundlagen vorhanden sind und diese von einem einzigen Realteiler übernommen werden, ist eine steuerneutrale Realteilung möglich. Voraussetzung ist, dass auf Ebene der real zu teilenden Gesellschaft eine Betriebsaufgabe vorliegt und der Betrieb nicht von dem Gesellschafter, der die wesentlichen Betriebsgrundlagen übernimmt, fortgeführt wird.
Die übernommenen Wirtschaftsgüter müssen nach der Realteilung weiterhin Betriebsvermögen des Realteilers darstellen. Hierzu gehören ein – ggf. auch erst im Zusammenhang mit der Realteilung neu geschaffenes – Einzelbetriebsvermögen oder ein Sonderbetriebsvermögen. Eine Übertragung von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft ist nicht möglich. Lediglich Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens der real geteilten Mitunternehmerschaft dürfen zu Buchwerten in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft überführt werden. Auch die Übertragung von Teilbetrieben in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft ist zu Buchwerten nicht möglich.
Eine Buchwertfortführung ist nur dann möglich, wenn sichergestellt ist, dass die stillen Reserven weiterhin im Inland steuerverhaftet bleiben. Werden also die erhaltenen Wirtschaftsgüter der real geteilten Mitunternehmerschaft z. B. in das Betriebsvermögen einer ausländischen Betriebsstätte überführt, deren Einkünfte durch ein Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind, wäre diese Voraussetzung nicht erfüllt, mit der Folge, dass die in den Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven aufzudecken wären.
c) Spitzen- oder Wertausgleich
Können die vorhandenen Wirtschaftsgüter nicht so aufgeteilt werden, dass jeder Realteiler entsprechend seiner Beteiligung Wirtschaftsgüter erhält, wird ein Spitzen- oder Wertausgleich bezahlt. In Höhe dieses Spitzenausgleichs liegt dann ein entgeltliches Geschäft vor. Der Realteiler, dem der Spitzenausgleich gezahlt wird, erzielt in Höhe des um den anteiligen Buchwert verminderten Spitzenausgleichs einen Gewinn, der nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigt ist.
Soweit bilanzielle Anpassungsmaßnahmen erforderlich werden, weil der Buchwert der erhaltenen Wirtschaftsgüter nicht mit dem Kapitalkonto des Realteilers übereinstimmt, sind diese nach der sog. Kapitalkontenanpassungsmethode durchzuführen.
d) Sperrfrist
Anders als bei der Realteilung in Form von Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen sind bei der Realteilung in Form von Einzelwirtschaftsgütern Sperrfristen zu beachten. Werden bestimmte Wirtschaftsgüter (Grund und Boden und Gebäude des Anlagevermögens, unabhängig davon, ob sie wesentliche Betriebsgrundlagen sind, und andere wesentliche Betriebsgrundlagen), die aufgrund einer Realteilung zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen übertragen worden sind, innerhalb einer Sperrfrist von drei Jahren entnommen oder veräußert, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen. Im Übrigen bleibt die Übertragung zu Buchwerten unberührt.
Als Veräußerung i. S. von § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG gilt auch die spätere Einbringung (zu Buchwerten, Teilwerten oder Zwischenwerten) nach §§ 20, 24 UmwStG und die spätere Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach § 6 Abs. 5 EStG.
Der Gewinn aus der rückwirkenden Aufdeckung der stillen Reserven ist ein laufender Gewinn, der bei Entnahme oder Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens von allen Gesellschaftern der real geteilten Gesellschaft anteilig zu versteuern ist, es sei denn, dass eine schriftlich in sachlichem und zeitlichen Zusammenhang mit der Realteilung getroffene Vereinbarung vorliegt, nach der der Gewinn aus der schädlichen Veräußerung oder Entnahme innerhalb der Sperrfrist ausschließlich von dem sich schädlich verhaltenen Realteiler zu versteuern ist. Im Fall der schädlichen Veräußerung oder Entnahme von ehemaligem Sonderbetriebsvermögen ist der hieraus resultierende Gewinn ausschließlich diesem Realteiler zuzurechnen. Wird jedoch im Rahmen der Realteilung Sonderbetriebsvermögen eines Realteilers von einem anderen Realteiler übernommen, ist auch hier der Gewinn dem veräußernden oder entnehmenden Realteiler zuzurechnen, wenn dies entsprechend schriftlich vereinbart wurde.
e) Sonderfall bei Realteilung mit Übertragung von Teilbetrieben auf Körperschaften
§ 16 Abs. 5 EStG (eingeführt durch das SEStEG) enthält eine Sonderregelung für einen ganz speziellen Fall der im Übrigen in § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG geregelten Realteilung. Handelt es sich um eine Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden (und somit die Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG keine Anwendung findet) und befinden sich im Betriebsvermögen dieser Teilbetriebe Anteile an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen und werden die Teilbetriebe unmittelbar oder mittelbar von einem nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen auf einen nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Mitunternehmer (also eine Kapitalgesellschaft) übertragen, ist abweichend von § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1–5 UmwStG weiter überträgt. § 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ist entsprechend anzuwenden.
Hätte man diese Regelung nicht aufgenommen, wären die stillen Reserven, die in den im Betriebsvermögen gehaltenen Anteile an Kapitalgesellschaften ruhen, im Fall der Übertragung auf eine Kapitalgesellschaft letztendlich unbesteuert geblieben, da die Veräußerung durch die Kapitalgesellschaft nach § 8b KStG steuerfrei bleibt.
Tz. 194 Erbfall und Erbauseinandersetzung
Mit dem Tod einer Person (Erblasser) geht dessen gesamtes Vermögen (Nachlass) unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleinerben oder mehrere Erben (Erbengemeinschaft) über. Der Nachlass ist Gesamthandsvermögen der Erben (§ 1922 BGB).
Die Erbengemeinschaft ist grds. nicht auf Dauer, sondern auf Auseinandersetzung angelegt. Sie wird regelmäßig durch die Erbauseinandersetzung aufgehoben, kann jedoch auch ohne zeitliche Beschränkung fortgesetzt werden. Die Erbengemeinschaft wird bis zu ihrer Auseinandersetzung (§ 2042 BGB) steuerlich bei den Überschusseinkünften wie eine Bruchteilsgemeinschaft (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) und bei den Gewinneinkünften als Mitunternehmerschaft behandelt.
Erbfall und Erbauseinandersetzung stellen zivil- wie steuerrechtlich zwei getrennte Vorgänge dar (, BStBl 1990 II S. 837). Die ertragsteuerliche Behandlung der Erbengemeinschaft und ihrer Auseinandersetzung regelt das (BStBl 2006 I S. 253).
Die steuerlichen Grundsätze zur Erbauseinandersetzung sind auch auf Abfindungszahlungen infolge eines gerichtlichen Vergleichs an angebliche Miterben anzuwenden (, BStBl 1996 II S. 310). Ein Erbprätendent mit möglichem Pflichtteilsanspruch, der zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten Wirtschaftsgüter aus dem Nachlass erhält, ist steuerlich wie ein Erbe zu behandeln (, BStBl 1997 II S. 535).
Tz. 195 Erbfall
Der Erbfall ist als ein unentgeltlicher, auf außerbetrieblichem Gebiet liegender Vorgang anzusehen, durch den der Nachlass auf die Erben übergeht. Der Erbfall ist auch dann ein unentgeltlicher Vorgang, wenn die Erben mit Erbfallschulden (Vermächtnis, Pflichtteil, Erbersatzansprüchen oder Auflagen) belastet sind, da die Erfüllung von Erbfallschulden keine Gegenleistung für den Erwerb der Erbschaft ist.
Grds. hat der Erbe oder die Erbengemeinschaft keine Anschaffungskosten. Er/sie hat die (Buch)Werte des Erblassers fortzuführen (bei Privatvermögen nach § 11d Abs. 1 EStDV, bei Betriebsvermögen nach § 6 Abs. 3 EStG). Besteht der Nachlass sowohl aus Privatvermögen als auch Betriebsvermögen (Mischnachlass), finden diese Grundsätze nebeneinander Anwendung. Dem Erblasser ist der bis zum Todestag entstandene Gewinn noch zuzurechnen. Der Erbe tritt mit dem Erbfall in die Rechtsstellung des Erblassers ein (sog. Fußstapfentheorie).
Gehört zum Nachlass ein Betriebsvermögen i. S. von §§ 13, 15 oder 18 EStG, werden i. d. R. sämtliche Erben durch den Erbfall zu Mitunternehmern (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Dies gilt unabhängig von der Länge des Zeitraums, in dem die Erbengemeinschaft das Unternehmen fortführt. Die Miterben beziehen ihre Einkünfte kraft eigener Verwirklichung des Einkünftetatbestands. Mit Ausnahme der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt die Erbengemeinschaft Einkünfte aus derselben Einkunftsart wie der Erblasser. Ist der Erblasser Freiberufler gewesen, ist die Tätigkeit der Erbengemeinschaft nur dann ebenfalls „freiberuflich”, wenn alle Miterben die Voraussetzungen der freiberuflichen Tätigkeit erfüllen.
Die vorgestellte Einkunftsartqualifizierung gilt auch dann, wenn sich der Nachlass aus verschiedenen Vermögenswerten zusammensetzt. Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG findet auf Erbengemeinschaften keine Anwendung (vgl. , BStBl 2006 I S. 253, Rz. 4). Gehört zum Nachlass z. B. ein Gewerbebetrieb und eine freiberufliche Praxis, erzielt die Erbengemeinschaft nebeneinander Einkünfte nach den §§ 15 und 18 EStG.
Die Zurechnung der laufenden Einkünfte der Erbengemeinschaft auf die einzelnen Miterben erfolgt nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel, also nach den Erbquoten der jeweiligen Miterben (§ 2038 Abs. 2 BGB, § 743 Abs. 1 BGB). Dies gilt grds. bis zur Erbauseinandersetzung. Findet die Erbauseinandersetzung jedoch bereits innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Erbfall statt, kann die Erbauseinandersetzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erbfalls vorgenommen werden. In diesen Fällen werden die laufenden Einkünfte bereits ab dem Erbfall dem die Einkunftsquelle übernehmenden Miterben zugeordnet. Zu den Einzelheiten der rückwirkenden Zurechnung der laufenden Einkünfte vgl. , BStBl 2006 I S. 253, Rz. 8 und 9.
Tz. 196 Erbauseinandersetzung durch Teilung des Nachlasses
a) Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen
aa) Teilung ohne Abfindungszahlungen
Die Erbauseinandersetzung durch Teilung (§ 752 BGB) ist ein unentgeltlicher Vorgang. Dies gilt zumindest für die Fälle, in denen der Nachlass ohne Abfindungszahlungen geteilt wird. Durch die Realteilung selbst können somit weder Anschaffungskosten noch Veräußerungserlöse entstehen. Die Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen stellt grds. eine Betriebsaufgabe (auf Ebene der Erbengemeinschaft) dar, durch den ein begünstigter Aufgabegewinn (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 34 EStG) entsteht, wenn im Rahmen der Erbauseinandersetzung alle stillen Reserven der Erbengemeinschaft aufgedeckt werden. Werden jedoch einzelne wesentliche Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes Betriebsvermögen übertragen oder erfüllt die Erbauseinandersetzung die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Realteilung (s. hierzu Tz. 193), sind zwingend die Buchwerte fortzuführen. Soweit eine Buchwertfortführung, z. B. wegen Überführung einzelner Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen oder wegen Übertragung von Wirtschaftsgütern in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, nur teilweise möglich ist, sind insoweit die stillen Reserven aufzudecken und (mangels Aufdeckung aller stiller Reserven) als laufender Gewinn zu versteuern.
Werden alle wesentlichen Betriebsgrundlagen der Erbengemeinschaft ins Privatvermögen überführt (Entnahmen), liegt zwingend eine Betriebsaufgabe vor. Der Entnahmegewinn ist allen Miterben nach ihrer Erbquote (Gewinnverteilungsschlüssel der Erbengemeinschaft) zuzurechnen. Analog zur Vereinfachungsregelung zu den Fällen des § 16 Abs. 3 Satz 4 EStG (schädliche Veräußerung oder Entnahme innerhalb der Sperrfrist nach einer Realteilung) ist es jedoch möglich, durch eine im Rahmen (und im zeitlichen Zusammenhang mit) der Erbauseinandersetzung getroffene schriftliche (nicht mündliche!) Vereinbarung den Gewinn ausschließlich dem entnehmenden Miterben zuzurechnen. Gerade in streitigen Erbauseinandersetzungsfällen vermeidet die Übernahme der Vereinfachungsregelung unnötige zivilrechtliche Gerichtsverfahren.
Befinden sich in der Erbmasse mehrere Betriebe (z. B. zwei Einzelunternehmen) und übernimmt jeder der Erben (z. B. zwei Miterben) einen Betrieb und führt diesen jeweils fort, liegt bei der Erbengemeinschaft ein Fall der Realteilung i. S. von § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG vor. Zwar fehlt es an einer Betriebsaufgabe auf Ebene der Einzelunternehmen, zur Beurteilung als steuerneutrale Realteilung reicht es jedoch aus, dass es auf Ebene der Erbengemeinschaft zu einer Betriebsaufgabe kommt.
bb) Teilung mit Abfindungszahlungen (Spitzen- oder Wertausgleich)
Erhält ein Miterbe im Rahmen einer Realteilung wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und zahlt er für dieses Mehr an seine Miterben eine Abfindung, handelt es sich insoweit um ein entgeltliches Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft. Hierbei ist es unerheblich, ob die Abfindungszahlung aus dem durch die Auseinandersetzung erhaltenen Vermögen oder aus ihm bereits vor der Auseinandersetzung gehörenden Vermögen geleistet wird.
Eine Übernahme von Schulden über die Erbquote hinaus führt jedoch nicht zu Anschaffungskosten. Das anders lautende , BStBl 2006 II S. 296, ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden (vgl. , BStBl 2006 I S. 306). Das (BStBl 2008 II S. 216), nach dem bei Übernahme von Schulden durch einen Miterben, die auf einem für einen anderen Miterben bestimmten Grundstück lasten, diese zu Anschaffungskosten führt, wenn sie eine Gegenleistung dafür ist, dass der übernehmende Miterbe den ihm erst zu einem späteren Zeitpunkt zugedachten Grundbesitz vorzeitig aus dem Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft in sein eigenes Vermögen überführen kann, ist jedoch nicht dahingehend auszulegen, dass die Übernahme von Schulden durch einen Miterben generell zu Anschaffungskosten führt. Grds. verbleibt es vielmehr dabei, dass die Übernahme von Schulden keine Anschaffungskosten darstellt. Lediglich in der vom BFH entschiedenen Fallgestaltung sind Anschaffungskosten anzunehmen. Durch die Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten kann somit unter den Miterben ein wertmäßiger Ausgleich geschaffen werden, der nicht zu einer Gewinnrealisierung führt. Voraussetzung dieses erfolgsneutralen Wertausgleichs ist jedoch, dass die Verbindlichkeiten bereits vor dem Realteilungsakt vorhanden waren. Zwischenzeitlich hat der BFH in einem weiteren Verfahren () erneute entschieden, dass die Übernahme von Schulden über die Erbquote hinaus zu Anschaffungskosten führt. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung weiterhin an ihrer abweichenden Rechtsauffassung festhalten wird oder ob sie dieses Urteil allgemein anzuwenden gedenkt. Eine Veröffentlichung der Entscheidung vom steht bislang noch aus.
Bei der Teilung mit Abfindungszahlung bezieht sich das Entgelt nicht auf das, was ein Miterbe aufgrund seiner Erbquote erhält, sondern nur auf das „Mehr”, das er aufgrund eines neben der Teilung bestehenden besonderen entgeltlichen Rechtsgeschäfts bekommt. Es handelt sich hier nicht um die bloße Aufteilung eines einheitlichen Rechtsvorgangs, sondern um die Beurteilung von zwei rechtlich selbständigen Vorgängen, von denen der eine unentgeltlich und der andere entgeltlich ist. (S. auch , BStBl 2006 I S. 253, Rz. 16).
Die Abfindungszahlung ist bei der Übertragung von Betrieben oder Teilbetrieben dem Teil des Kapitalkontos gegenüberzustellen, der dem Verhältnis von Abfindungszahlung zum Wert des übernommenen Betriebsvermögens entspricht. Ein aufgrund der Realteilung entstandener Veräußerungsgewinn ist nur dann nach §§ 16, 34 EStG begünstigt, wenn ein ganzer Betrieb oder ein Teilbetrieb oder ein ganzer Mitunternehmeranteil zugeteilt worden ist.
b) Erbauseinandersetzung über Privatvermögen
aa) Teilung ohne Abfindungszahlungen
Auch die Erbauseinandersetzung über Privatvermögen führt bei Teilung ohne Abfindungszahlungen nicht zu Anschaffungskosten oder Veräußerungserlösen. Dies gilt auch für die Übernahme von Verbindlichkeiten. Durch Nachlassverbindlichkeiten wird lediglich ein wertmäßiger Ausgleich unter den Miterben möglich. Ein unentgeltlicher Vorgang liegt selbst dann noch vor, wenn durch die Verteilung der Verbindlichkeiten ein zusätzlicher Abfindungsbedarf geschaffen wird. Entscheidend ist, dass die Verbindlichkeiten vor dem Realteilungsakt und nicht erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Auseinandersetzung entstanden sind.
Die Erbauseinandersetzung über Privatvermögen ist auch dann ein unentgeltlicher Vorgang, wenn einem Miterben ein Nutzungsrecht an einem zum Nachlass gehörenden Wirtschaftsgut eingeräumt wird, welches einem anderen Miterben zugeteilt wird. Erst die Ablösung des Nutzungsrechts durch den Miterben führt zu nachträglichen Anschaffungskosten (, BStBl 1992 II S. 381).
bb) Teilung mit Abfindungszahlungen
Erhält im Rahmen der Erbauseinandersetzung durch Realteilung ein Miterbe wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und zahlt er für dieses Mehr an seine Miterben eine Abfindung, liegt insoweit ein entgeltliches Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft vor. Der hierdurch entstehende Veräußerungsgewinn ist nur zu versteuern, wenn es sich um die Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von mindestens 1 % des Nennkapitals (§ 17 EStG), um ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. von § 23 EStG oder um die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile (§ 21 UmwStG) handelt.
Zu einem entgeltlichen Vorgang führen die Abfindungszahlungen ausnahmsweise nicht, wenn sie dem Wert übernommener liquider Mittel aus dem Nachlass entsprechen. In diesen Fällen handelt es sich wirtschaftlich um einen Leistungsaustausch „Geld gegen Geld”, der einer Rückzahlung der Abfindungszahlung gleichsteht. Zu den liquiden Mitteln in diesem Sinn gehören Bargeld, Bankguthaben und Schecks.
Liegt ein entgeltlicher Vorgang vor, berechnen sich der entgeltlich und der unentgeltlich erworbene Teil des Wirtschaftsguts nach dem Verkehrswert (vgl. , BStBl 1992 II S. 512). Dabei ist davon auszugehen, dass der Verkehrswert dem Wert entspricht, den die Miterben der Erbauseinandersetzung zugrunde legen (Anrechnungswert). Erhält ein Miterbe alle oder mehrere Wirtschaftsgüter des Nachlasses gegen Leistung einer Abfindung an die übrigen Miterben, ist die Abfindung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der Wirtschaftsgüter aufzuteilen. S. hierzu auch , BStBl 2006 I S. 253, Rz. 54.
Zur Ermittlung der nach der Erbauseinandersetzung zugrunde zu legenden AfA-Bemessungsgrundlage und des anzuwendenden AfA-Satzes ist zwischen dem entgeltlich und dem unentgeltlich erworbenen Teil des Wirtschaftsguts zu unterscheiden. Auf den unentgeltlich erworbenen Teil findet § 11d Abs. 1 EStDV Anwendung (anteilige Fortführung der von der Erbengemeinschaft vorgenommene Abschreibung). Für den entgeltlich erworbenen Teil des Wirtschaftsguts bemisst sich die AfA – bei beweglichen Wirtschaftsgütern und bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern, die keine Gebäude sind, – nach der tatsächlichen künftigen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Erbauseinandersetzung. Es kann sich also bei Gebäuden für den unentgeltlich und den entgeltlich erworbenen Teil eine unterschiedliche Abschreibungsdauer ergeben.
c) Erbauseinandersetzung über einen Mischnachlass
aa) Teilung ohne Abfindungszahlungen
Auch beim Mischnachlass führt eine Teilung ohne Abfindung nicht zur Entstehung von Anschaffungskosten oder Veräußerungserlösen. Demzufolge können auch hier keine Veräußerungsgewinne entstehen. Erhält der Miterbe Betriebsvermögen, führt er die Buchwerte unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG oder § 6 Abs. 5 EStG fort. Bei der Übertragung von Privatvermögen tritt der Miterbe nach § 11d Abs. 1 EStDV in die Abschreibungsreihe der Erbengemeinschaft ein. Es ist unerheblich, ob bereits im Zeitpunkt des Erbfalls ein Mischnachlass vorlag, oder ob der Mischnachlass erst bei der Erbengemeinschaft entstanden ist.
Die Begleichung von Erbfallschulden (Pflichtteils- und Erbersatzansprüche) führt ebenfalls nicht zu Anschaffungskosten. Die Aufwendungen für die Finanzierung von Pflichtteils- und Erbersatzansprüchen dürfen zudem nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Dies gilt auch für die Aufwendungen zur Finanzierung von Vermächtnissen. Vgl. , BStBl 2006 I S. 253, Rz. 34 und 35.
bb) Teilung mit Abfindungszahlungen
Auch beim Mischnachlass liegt Entgeltlichkeit nur vor, soweit Abfindungszahlungen geleistet werden.
Der bei einer Realteilung mit Abfindungszahlungen entstehende Veräußerungsgewinn kann auch bei einer Auseinandersetzung über Mischnachlass gem. §§ 16, 34 EStG begünstigt sein. Dieses ist z. B. dann der Fall, wenn der Nachlass aus nur einem Betrieb besteht, der unter Ausscheiden der übrigen Miterben gegen Abfindungszahlungen allein auf einen Miterben übergeht.
Tz. 197 Entgeltliche und unentgeltliche Übertragung des Nachlasses/eines Erbteils
Die Erbauseinandersetzung kann auch in der Weise erfolgen, dass alle Wirtschaftsgüter des Nachlasses veräußert (entgeltliche Übertragung) oder verschenkt (unentgeltliche Übertragung) werden. Der Veräußerungserlös wird den Erbquoten entsprechend anteilsmäßig unter den Miterben verteilt. Entsteht durch die Veräußerung des Nachlasses ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn, ist dieser von allen Miterben zu versteuern.
a) Nachlass enthält nur Betriebsvermögen
aa) Entgeltliche Übertragung
Wird der gesamte Betrieb von der Erbengemeinschaft veräußert, liegt eine Betriebsveräußerung i. S. des § 16 Abs. 1 EStG vor. Der dabei entstehende Veräußerungsgewinn ist nach §§ 16, 34 EStG begünstigt. Werden jedoch die einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens insgesamt veräußert oder ins Privatvermögen überführt, liegt eine Betriebsaufgabe i. S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG vor. Ein dabei entstehender Aufgabegewinn ist ebenfalls nach §§ 16, 34 EStG begünstigt.
Veräußert lediglich ein Miterbe seinen Anteil an einer gewerblich tätigen Erbengemeinschaft, liegt eine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i. S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber ebenfalls Miterbe ist. Der entstehende Veräußerungsgewinn ist nach §§ 16, 34 EStG begünstigt. Der Erwerber muss die durch den Veräußerungsvorgang aufgedeckten stillen Reserven in einer Ergänzungsbilanz erfassen.
bb) Unentgeltliche Übertragung
Wird ein Erbteil in Form eines Betriebsvermögens verschenkt, handelt es sich um die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils i. S. des § 6 Abs. 3 EStG. Der Beschenkte hat die Buchwerte des Schenkers fortzuführen.
b) Nachlass enthält nur Privatvermögen
aa) Entgeltliche Übertragung
Der aus der Veräußerung eines aus Privatvermögen bestehenden Nachlasses erzielte Gewinn ist nur dann zu versteuern, wenn die Voraussetzungen der §§ 17, 23 EStG oder des § 21 UmwStG erfüllt sind. Gleiches gilt, wenn ein Miterbe seinen Erbteil veräußert.
Beim Erwerber bemisst sich die AfA ausgehend von seinen Anschaffungskosten nach § 7 EStG. Gehören zum Nachlass mehrere Wirtschaftsgüter, müssen die vom Erwerber für den Erbteil geleisteten Anschaffungskosten auf alle zum Nachlass gehörenden Wirtschaftsgüter nach dem Verhältnis der Verkehrswerte zum Zeitpunkt des Erbteilkaufs aufgeteilt werden. Dabei folgt die Finanzverwaltung einer nach außen hin erkennbaren Zuordnung der Anschaffungskosten durch die Erben, soweit die Aufteilung nicht zu einer unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Wirtschaftsgüter führt (vgl. , BStBl 2006 II S. 9).
bb) Unentgeltliche Übertragung
Wird ein Erbteil an einem nur aus Privatvermögen bestehenden Nachlass verschenkt, hat der Erwerber § 11d Abs. 1 EStDV anzuwenden. Der Beschenkte ist in die Rechtsstellung des Schenkers eingetreten, die dieser innerhalb der Erbengemeinschaft gehabt hat. Die anteilige AfA, die dem Beschenkten an den zum Nachlass gehörenden abnutzbaren Wirtschaftsgütern zusteht, bemisst sich nach der AfA-Bemessungsgrundlage der Erbengemeinschaft. Der Beschenkte kann – anteilmäßig – nur noch das nicht bereits verbrauchte AfA-Volumen abschreiben.
c) Mischnachlass
Die vorstehend dargestellten Grundsätze gelten bei Veräußerung und Schenkung eines Erbteils bei einem Mischnachlass nebeneinander. Wird der Erbteil verschenkt, setzt der Erwerber für den privaten Teil des Nachlasses nach § 11d Abs. 1 EStDV die AfA der Erbengemeinschaft fort. Im betrieblichen Bereich sind die Buchwerte nach § 6 Abs. 3 EStG fortzuführen. Wird ein Erbteil veräußert, muss zur Ermittlung der Anschaffungskosten und der Veräußerungsgewinne der Veräußerungserlös auf den Mitunternehmeranteil und die Wirtschaftsgüter des Privatvermögens nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufgeteilt werden. S. auch , BStBl 2006 II S. 9, und Tz. 197, b, aa.
Tz. 198 Ausscheiden eines Miterben
Scheidet ein Miterbe freiwillig aus der Erbengemeinschaft aus, wächst sein Anteil am Gesamthandsvermögen den verbleibenden Miterben an. Ertragsteuerlich ist das Anwachsen als entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Anteils auf die verbleibenden Miterben anzusehen.
Scheidet ein Miterbe unentgeltlich aus der Erbengemeinschaft aus, kommen die vorstehend beschriebenen Grundsätze über die Schenkung eines Erbteils zur Anwendung.
Scheidet ein Miterbe entgeltlich gegen eine Barabfindung aus der Erbengemeinschaft aus, finden die vorstehend beschriebenen Grundsätze über den Verkauf eines Erbteils Anwendung. Die in der Erbengemeinschaft verbleibenden Miterben müssen den Buchwert der Wirtschaftsgüter um die durch die Barabfindung aufgedeckten stillen Reserven aufstocken. Bei dem ausscheidenden Miterben entsteht in Höhe der Differenz zwischen Barabfindung und anteiligen Buchwerten der übertragenen Wirtschaftsgüter ein Veräußerungsgewinn. Die Steuerpflicht eines etwaigen Veräußerungsgewinns richtet sich nach der Art des übertragenen Vermögens.
Beim Ausscheiden gegen Sachwertabfindung können sich zusätzlich zu dem vom ausscheidenden Miterben zu versteuernden Veräußerungsgewinn auch für die verbleibenden Miterben Veräußerungsgewinne ergeben. Übersteigt der Abfindungsanspruch den aufgestockten Buchwert des Abfindungsguts, entsteht ein Veräußerungsgewinn, der von den verbleibenden Miterben als laufender Gewinn zu versteuern ist. Diese Gewinnrealisierung kann jedoch vermieden werden, wenn das Abfindungsgut beim ausscheidenden Miterben in ein Betriebsvermögen gelangt (Buchwertfortführung).
Tz. 199 Teilerbauseinandersetzung
Eine Teilerbauseinandersetzung ist gegeben, wenn die Erbengemeinschaft in ihrem personellen Bestand unverändert bestehen bleibt und lediglich über einige Nachlassgegenstände des Gesamthandsvermögens der Erbengemeinschaft eine Auseinandersetzung erfolgt. Die Grundsätze der Gesamterbauseinandersetzung durch Teilung (s. Tz. 196) finden auf diese gegenständliche Teilerbauseinandersetzung entsprechend Anwendung (, BStBl 1990 II S. 837).
Bei einer Teilerbauseinandersetzung mit Abfindung liegt in Höhe der Abfindung ein entgeltlicher Vorgang vor. Zur Ermittlung der Anschaffungskosten und Veräußerungsgewinne wird hierbei unterstellt, der Nachlass bestünde nur aus den Gegenständen, über die sich die Miterben auseinandersetzen. Diese Fiktion eröffnet die Möglichkeit, statt einer Gesamterbauseinandersetzung mehrere Teilerbauseinandersetzungen mit umgekehrten Abfindungen nacheinander durchzuführen, um damit höhere AfA-Volumen zu schaffen. Zur Vermeidung von Missbräuchen wird dies nur anerkannt, wenn zwischen den beiden Teilerbauseinandersetzungen ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren liegt. Andernfalls sind die Teilerbauseinandersetzungen als eine Gesamterbauseinandersetzung zu behandeln.
Tz. 200 Vermächtnis, Vorausvermächtnis, Teilungsanordnung
a) Vermächtnis
Der Erbfall ist auch dann ein unentgeltlicher Vorgang, wenn den Erben die Erfüllung von Vermächtnissen auferlegt wird. Der Erbe ist auch hier an die Buch- und Steuerwerte gem. § 6 Abs. 3 EStG und § 11d Abs. 1 EStDV gebunden. Die Erfüllung eines Vermächtnisses durch den beschwerten Erben stellt kein Entgelt für den Erwerb des Erbteils dar und führt daher bei ihm nicht zu Anschaffungskosten (, BStBl 1992 II S. 392).
Die Erfüllung des Vermächtnisses führt jedoch zu einer Gewinnrealisierung, wenn die Vermächtnisverpflichtung ein zu einem Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut betrifft. Die Erfüllung des Vermächtnisses stellt dann eine Entnahme dar (, BStB1 1990 II S. 837). Der Entnahmegewinn ist als laufender Gewinn von allen Miterben nach ihrer Erbquote zu versteuern.
Betrifft das Sachvermächtnis dagegen nicht einzelne Wirtschaftsgüter, sondern einen ganzen Betrieb, hat der Vermächtnisnehmer nach § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte der Erbengemeinschaft fortzuführen. Die nach dem Erbfall bis zur Erfüllung des Vermächtnisses von der Erbengemeinschaft erzielten gewerblichen Einkünfte sind den Miterben als Mitunternehmern zuzurechnen, es sei denn, der Vermächtnisnehmer ist schon vor der Erfüllung des Vermächtnisses als Inhaber des Gewerbebetriebs anzusehen (, BStBl 1992 II S. 330).
Besteht das Vermächtnis in der Übertragung eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens, hat der Vermächtnisnehmer nach § 11d Abs. 1 EStDV die bisher für die Erbengemeinschaft maßgebenden Steuerwerte fortzuführen.
Muss der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Wirtschaftsguts eine Gegenleistung erbringen, liegt insoweit ein entgeltlicher Vorgang vor.
b) Vorausvermächtnis
Ein Vorausvermächtnis liegt vor, wenn ein Miterbe mit einem Vermächtnis bedacht wird. Der Vermächtnisnehmer erwirbt den vermachten Gegenstand nicht direkt vom Erblasser, sondern erst von der Erbengemeinschaft. Es gelten dieselben steuerlichen Grundsätze wie bei Vermächtnissen.
Betrifft das Vorausvermächtnis einen Betrieb, erzielt die Erbengemeinschaft keinen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn. Der Vermächtnisnehmer hat nach § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte der Erbengemeinschaft fortzuführen. Wird jedoch lediglich ein Einzelwirtschaftsgut des Betriebsvermögens in Erfüllung eines Vorausvermächtnisses auf einen der Miterben in dessen Privatvermögen übertragen, liegt eine Entnahme durch die Erbengemeinschaft (nicht durch den Erblasser) vor. Der Entnahmegewinn ist von allen Miterben nach ihrer Erbquote zu versteuern. Wird das Wirtschaftsgut jedoch in ein Betriebsvermögen des Vermächtnisnehmers übertragen, ist unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 EStG der Buchwert der Erbengemeinschaft fortzuführen.
Besteht das Vorausvermächtnis in der Übertragung eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens, ist der Vermächtnisnehmer an die bisher für die Erbengemeinschaft maßgebenden Steuerwerte gebunden.
c) Teilungsanordnung
Durch eine Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) bestimmt der Erblasser lediglich die Art und Weise der Erbauseinandersetzung. Deshalb gehen auch bei der Teilungsanordnung zunächst alle Nachlassgegenstände auf die Erbengemeinschaft über. Verhalten sich die Miterben jedoch bereits vor der Auseinandersetzung entsprechend der Teilungsanordnung, ist dies auch steuerrechtlich anzuerkennen, solange die tatsächliche Auseinandersetzung innerhalb einer sich an den Umständen des Einzelfalls orientierenden Frist vorgenommen wird. Setzen sich die Erben einverständlich über die Teilungsanordnung hinweg, ist für die steuerliche Beurteilung die tatsächliche Auseinandersetzung maßgeblich.
Zur Abgrenzung von Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung vgl. , BStBl 2006 I S. 253, Rz. 77.
Tz. 201 Erbfolge bei Beteiligung an einer Personengesellschaft
Grds. wird eine Personengesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst (§ 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB), sondern durch die verbleibenden Gesellschafter fortgeführt. Zivilrechtlich geht der Gesellschaftsanteil nicht auf die Erben über, sondern diese erlangen lediglich einen privaten Abfindungsanspruch gegenüber den verbleibenden Gesellschaftern. Steuerlich realisiert der Erblasser durch Aufgabe seines Mitunternehmeranteils unter Anwachsung bei den verbleibenden Gesellschaftern einen begünstigten Veräußerungsgewinn (§§ 16, 34 EStG) in Höhe des Unterschieds zwischen dem Abfindungsanspruch und dem Buchwert seines Kapitalkontos im Todeszeitpunkt (, BStBl 1994 II S. 227).
Die Gesellschafter können jedoch von diesem Grundsatz abweichende Regelungen treffen.
a) Auflösungsklausel
Ist im Gesellschaftsvertrag eine Auflösungsklausel, nach der sich die Gesellschaft bei Tod eines Gesellschafters auflöst, enthalten, liegt insgesamt eine nach §§ 16, 34 EStG begünstigte Betriebsaufgabe vor, soweit weder nach Realteilungsgrundsätzen (s. Tz. 193) noch nach § 6 Abs. 5 EStG eine Buchwertfortführung möglich ist. Setzen sich die Gesellschafter über die Auflösungsklausel hinweg, indem sie die Gesellschaft trotzdem fortsetzen, ist dies auch steuerrechtlich anzuerkennen und keine Zwangsbetriebsaufgabe anzunehmen.
b) Eintrittsklausel
Ist im Gesellschaftsvertrag eine Eintrittsklausel vereinbart worden, nach der mit dem Tod eines Gesellschafters ein oder mehrere Erben das Recht haben, in die Gesellschaft einzutreten, wird die Gesellschaft zunächst mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters wächst den übrigen Gesellschaftern an, und die eintrittsberechtigten Erben erben lediglich das Eintrittsrecht. Bei Zahlung einer Abfindung im Fall des Nichteintritts erzielt der Erblasser einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn (§§ 16, 34 EStG). Wird das Eintrittsrecht innerhalb von sechs Monaten nach Erbfall ausgeübt, gelten, wenn alle Erben von ihrem Eintrittsrecht Gebrauch machen, die Ausführungen über die einfache Nachfolgeklausel; üben nur einer oder einige Erben das Eintrittsrecht aus, gelten die Ausführungen über die qualifizierte Nachfolgeklausel entsprechend.
c) Einfache Nachfolgeklausel
Im Fall der einfachen Nachfolgeklausel wird die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters mit allen Erben fortgesetzt. Mitunternehmeranteile, die vom Erblasser gesondert auf die Miterben übergegangen sind, können in die Erbauseinandersetzung einbezogen und abweichend aufgeteilt werden. Ausgleichszahlungen an die weichenden Miterben führen auch in diesem Fall zu Anschaffungskosten. Im Fall der einfachen Nachfolgeklausel wird also eine gewinnneutrale Realteilung eines Nachlasses erreicht.
d) Qualifizierte Nachfolgeklausel
Im Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel folgen nur einer oder einzelne Miterben dem Erblasser in seiner Gesellschafterstellung nach. Nur diese qualifizierten Miterben sind als Mitunternehmer anzusehen. Werden von den qualifizierten Erben an die nicht qualifizierten Miterben Abfindungen geleistet, entstehen deshalb weder Veräußerungsgewinne noch Anschaffungskosten.
Mit dem Erbfall kommt es zu einer anteiligen Entnahme etwaigen Sonderbetriebsvermögens, soweit das Sonderbetriebsvermögen auf nicht qualifizierte Miterben entfällt. Der Entnahmegewinn ist dem Erblasser zuzurechnen, da der nicht qualifizierte Miterbe nicht Mitunternehmer geworden ist.
Tz. 202 Freibetrag und Tarifbegünstigung für den Veräußerungsgewinn/Aufgabegewinn
a) Grundsatz
Hat der Veräußerer oder der Aufgebende im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, ist auf Antrag ein Freibetrag in Höhe von 45.000 € zu gewähren. Der Freibetrag steht dem Steuerpflichtigen für alle Gewinneinkunftsarten nur einmal zu ( NWB OAAAD-29328). Dieser Freibetrag ermäßigt sich jedoch um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 € übersteigt. Der Freibetrag ist einem Steuerpflichtigen nur einmal im Leben zu gewähren. Veräußerungsfreibeträge für Veräußerungen vor dem bleiben jedoch unberücksichtigt (§ 52 Abs. 34 Satz 5 EStG).
In den Fällen des § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG umfasst der Veräußerungsgewinn nicht den Teil des Gewinns, der als laufender Gewinn gilt. Dieser Teil bleibt bei der Gewährung des Freibetrags und bei der Berechnung der Freibetragsgrenze außer Betracht.
b) Persönliche Voraussetzungen
§ 16 EStG gilt nur für natürliche Personen, denn Tatbestandsmerkmal sind Alter oder Berufsunfähigkeit. Der Nachweis der dauernden Berufsunfähigkeit kann auch durch eine amtsärztliche Bescheinigung oder durch die Leistungspflicht einer privaten Versicherungsgesellschaft, wenn deren Versicherungsbedingungen an einen Grad der Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % oder an eine Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als sechs Stunden täglich anknüpfen, erbracht werden. (R 16 Abs. 14 EStR). Der Tod des Betriebsinhabers stellt keine dauernde Berufsunfähigkeit dar.
Zur Gewährung des Freibetrags aufgrund Erreichens der Altersgrenze ist es erforderlich, dass der Steuerpflichtige bereits im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe das 55. Lebensjahr vollendet hat (, BStBl 2008 II S. 193). Es reicht nicht, wenn er das 55. Lebensjahr nach dem Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe, aber noch im Laufe des Veranlagungszeitraums der Veräußerung oder Aufgabe erreicht hat. Wird aber bei Betriebsaufgabe über mehrere Veranlagungszeiträume das 55. Lebensjahr vor Beendigung der Betriebsaufgabe, aber erst im zweiten Veranlagungsjahr vollendet, sind der (anteilige) Freibetrag und die Tarifermäßigung auch für den ersten Veranlagungszeitraum zu gewähren.
Veräußert eine land- und forstwirtschaftlich, gewerblich oder freiberuflich tätige Personengesellschaft ihren ganzen Betrieb, steht den einzelnen Gesellschaftern für den anteiligen Veräußerungsgewinn nach Maßgabe ihrer persönlichen Verhältnisse der volle und nicht etwa nur ein anteiliger Freibetrag zu.
c) Teilentgeltliche Veräußerungen
Wird der Betrieb oder der Mitunternehmeranteil teilentgeltlich veräußert, ist dennoch der volle Freibetrag zu gewähren.
d) Antrag
Der Freibetrag wird nur auf Antrag gewährt. Es ist jedoch hierfür keine Form oder Frist vorgegeben. Daher kann der Antrag bis zur Bestandskraft des entsprechenden Einkommensteuerbescheids, d. h. auch noch im Rechtsbehelfsverfahren, gestellt werden. Umgekehrt ist seine Rücknahme auch bis zur Bestandskraft möglich. Über die Gewährung des Freibetrags wird ausschließlich bei der Veranlagung zur Einkommensteuer entschieden. Über die Höhe des auf den Mitunternehmer entfallenden Veräußerungsgewinnanteils ist dagegen schon im Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung für die Gesellschaft zu entscheiden (vgl. R 16 Abs. 13 EStR).
e) Sachliche Voraussetzungen
Der Freibetrag wird jedem Steuerpflichtigen (als natürlicher Person) in dessen Leben nur einmal gewährt. Wird der Freibetrag bei der einen Veräußerung oder Aufgabe nicht voll ausgeschöpft (z. B. weil der Veräußerungsgewinn zu gering ist), gilt er dennoch als voll verbraucht. Bei gleichzeitiger Veräußerung eines Einzelunternehmens und eines zum Betriebsvermögen dieses Unternehmens gehörenden Mitunternehmeranteils liegen steuerrechtlich zwei Veräußerungsvorgänge vor und der Steuerpflichtige kann wählen, von welchem Veräußerungsgewinn der Freibetrag abgezogen werden kann (vgl. R 16 Abs. 13 Satz 6 f. EStR).
f) Freibetragsgewährung bei Gewinnen aus der Veräußerung/Aufgabe eines Anteils an einer mehrstöckigen Personengesellschaft
Die Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft einer doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaft stellt abweichend von der Behandlung des Einzelunternehmers lediglich einen Veräußerungsvorgang dar, so dass auf den Gesamtgewinn der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG in Anspruch genommen werden kann (R 16 Abs. 13 Satz 8 EStR). Diese für einen Mitunternehmer im Vergleich zum Einzelunternehmer günstigere Behandlung ist rechtsystematisch nicht überzeugend zu begründen, wirkt sich jedoch im Zweifel zugunsten des Steuerpflichtigen aus. Zur Aufteilung des Freibetrags und Gewährung der Tarifermäßigung bei Betriebsaufgaben über zwei Kalenderjahre s. , BStBl 2006 I S. 7.
g) Kein Freibetrag bei Veräußerung gegen wiederkehrende Bezüge
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gegen wiederkehrende Bezüge veräußert und wählt der Steuerpflichtige die Zuflussbesteuerung, ist der Freibetrag nicht zu gewähren. Erfolgt die Veräußerung gegen Einmalentgelt und wiederkehrende Bezüge und übersteigt der gesamte Veräußerungspreis nicht die Freibetragsgrenze, ist hinsichtlich des Einmalbetrags ggf. der volle Freibetrag zu gewähren. Besteht die Gegenleistung aus Einmalentgelt und wiederkehrenden Bezügen und wählt der Steuerpflichtige für letztere die Zuflussbesteuerung, ist für die Ermittlung der Freibetragsgrenze und des Ermäßigungsbetrags der Kapitalwert der wiederkehrenden Bezüge dem Einmalbetrag hinzuzurechnen.
h) Freibetrag und Halbeinkünfte
Sind in dem Veräußerungsgewinn Halbeinkünfte (ab Veranlagungszeitraum 2009 Teileinkünfte) (z. B. aufgrund Mitveräußerung eines GmbH-Anteils des Betriebsvermögens) enthalten (§ 3 Nr. 40 Buchst. b EStG), ist der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG anteilig im Verhältnis der Gewinne, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, zu den Gewinnen, die der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG unterliegen, aufzuteilen. Zur Berechnung im Einzelnen vgl. H 16.13 EStH.
Tz. 203 Verlust bei Veräußerung eines Betriebs
Ergibt sich bei der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen ein Verlust, ist dieser als normaler gewerblicher Verlust zu berücksichtigten und kann zum Ausgleich mit anderen positiven Einkünften verwendet oder als Verlustvortrag (§10d EStG) behandelt werden. Bei einer Anteilsveräußerung durch einen Kommanditisten oder einen anderen vergleichbaren Unternehmer ist jedoch § 15a EStG zu beachten.
Tz. 204 Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
a) Inhalt des § 17 EStG im Überblick
Steuertatbestand ist die Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Beteiligung am Kapital der Gesellschaft grds. mindestens 1 % beträgt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Veräußerung gleichgestellt ist die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft (§ 17 Abs. 1 Satz 2 EStG) und die Auflösung, Liquidation oder Verlegung einer Kapitalgesellschaft ins Ausland sowie die Herabsetzung und Rückzahlung ihres Nennkapitals (§ 17 Abs. 4 EStG). Rechtsfolge ist die Besteuerung des Veräußerungsgewinns als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG, vgl. Tz. 22) ggf. unter Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 17 Abs. 3 EStG oder § 20 WKBG.
Verzieht ein Anteilseigner, der mindestens zehn Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war, ins Ausland und endet damit die unbeschränkte Steuerpflicht, wird eine Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. von § 17 EStG fingiert (§ 6 AStG), der fiktive Veräußerungsgewinn ist mit Wegzug zu versteuern. Der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht stehen gleich
die Übertragung der Anteile durch ganz oder teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Erwerb von Todes wegen auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen oder
die Begründung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts oder die Erfüllung eines anderen ähnlichen Merkmals in einem ausländischen Staat, wenn der Steuerpflichtige aufgrund dessen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als in diesem Staat ansässig anzusehen ist oder
die Einlage der Anteile in einen Betrieb oder eine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen in einem ausländischen Staat, oder
der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile aufgrund anderer als der in Satz 1 oder der oben genannten Ereignisse.
Die nach § 6 AStG geschuldete Einkommensteuer ist auf Antrag in regelmäßigen Teilbeträgen für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren seit Eintritt der ersten Fälligkeit gegen Sicherheitsleistung zu stunden, wenn ihre alsbaldige Einziehung mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden wäre (§ 6 Abs. 4 AStG). Durch diese Stundungsregelung ist die EU-Rechtmäßigkeit des § 6 AStG gewährleistet.
Der Veräußerungsgewinn ist bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 als Spekulationsgewinn (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG; vgl. Tz. 247) zu versteuern, wenn der Steuerpflichtige die Anteile nicht länger als ein Jahr im Besitz hatte. Nach Ablauf dieser Veräußerungsfrist ist die Veräußerung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 grds. steuerfrei, wenn die Beteiligung weniger als 1 % des Nennkapitals umfasst. Ab Veranlagungszeitraum 2009 wird im Rahmen der Einführung der Abgeltungsteuer eine generelle Veräußerungsgewinnbesteuerung für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften eingeführt.
b) Anwendungsbereich
Der Veräußerer muss eine natürliche Person sein. Bei unbeschränkter Steuerpflicht des Anteilseigners ist § 17 EStG auf die Veräußerung von Anteilen sowohl inländischer als auch ausländischer Kapitalgesellschaften (soweit nach den geltenden Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland das Besteuerungsrecht zusteht) anzuwenden. Bei beschränkter Steuerpflicht ist § 17 EStG nur auf Anteile solcher Kapitalgesellschaften anzuwenden, die Sitz oder Geschäftsleitung im Inland haben. Wird ein Anteil veräußert, der mehreren Steuerpflichtigen zu Bruchteilen zusteht (§§ 741 ff. BGB), ist jeder Bruchteil dem jeweils Berechtigten zuzurechnen. Veräußert eine vermögensverwaltende Personengesellschaft Anteile, die zum Gesamthandsvermögen gehören, werden die Anteile und ihre Veräußerung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nach Bruchteilen zugerechnet. § 17 EStG findet auch auf die Veräußerung einer 100%igen Beteiligung Anwendung. § 16 EStG ist hier nicht einschlägig, da die Anteile sich nicht im Betriebsvermögen, sondern im Privatvermögen des Steuerpflichtigen befinden.
Die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile (§ 20 UmwStG i. d. F. v. ) fällt jedoch nicht unter § 17 EStG, da die Regelungen des UmwStG (§ 21 UmwStG) vorgehen. Einbringungsgeborene Anteile sind jedoch bei der Berechnung der Beteiligungshöhe zu berücksichtigen. Ursprünglich einbringungsgeborene Anteile an einer GmbH, die durch einen Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG entstrickt wurden, unterfallen jedoch der Besteuerung nach § 17 Abs. 1 EStG (vgl. , BStBl 2008 II S.872).
c) Anteile an einer Kapitalgesellschaft
Die Anteile müssen Rechte an einer Kapitalgesellschaft verkörpern. Hierzu zählen nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG Aktien, Genussscheine, GmbH-Anteile oder ähnliche Beteiligungen sowie Anwartschaften auf solche Beteiligungen. Als ähnliche Beteiligungen gelten Anteile an einer Vorgesellschaft einer Kapitalgesellschaft im Gründungsstadium oder an einer Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts, soweit sie mit einer deutschen AG oder GmbH vergleichbar ist. Nach § 17 Abs. 7 EStG gelten auch Anteile an Genossenschaften einschließlich der Europäischen Genossenschaft – als Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Kapitalersetzende Maßnahmen (z. B. Gesellschafterdarlehen) sind keine ähnlichen Beteiligungen, sondern nachträgliche Anschaffungskosten der Anteile.
Auch eine schuldrechtliche Option auf den Erwerb einer Beteiligung (Call-Option) kann eine Anwartschaft sein, deren Veräußerung unter den sonstigen Voraussetzungen des § 17 EStG zu einem steuerbaren Gewinn führt, wenn und soweit sie die wirtschaftliche Verwertung des bei der Kapitalgesellschaft eingetretenen Zuwachses an Vermögenssubstanz ermöglicht (, BStBl 2008 II S. 475).
Die Beteiligung am Liquidationserlös ist Voraussetzung für eine Zurechnung der Genussrechte zu § 17 EStG, da gesetzlich eine Beteiligung am Kapital gefordert ist.
d) Maßgebende Beteiligung
Grds. liegt eine Beteiligung i. S. von § 17 EStG vor, wenn der Veräußerer oder bei unentgeltlichem Erwerb sein Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre vor Verkauf unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war. Maßgeblich ist der nominelle Anteil am Grund- oder Stammkapital. Dies gilt auch für solche Anteile, die vor der Absenkung der Relevanzschwelle wegen der bis dahin geltenden höheren Beteiligungsgrenze nicht steuerverhaftet gewesen sind. Vgl. hierzu , BStBl 2005 II S. 398; , BStBl 2005 II S. 436. Der Ausgang der hierzu anhängigen Verfassungsbeschwerden bleibt jedoch abzuwarten.
Ist der Veräußerer zu weniger als 1 % unmittelbar oder mittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt, ist der Veräußerungsgewinn dennoch nach § 17 EStG steuerpflichtig (§ 17 Abs. 6 EStG), wenn
die veräußerten Anteile zuvor aufgrund eines Einbringungsvorgangs i. S. des UmwStG, bei dem nicht der gemeine Wert zum Ansatz kam, erworben wurden und
zum Einbringungszeitpunkt für die eingebrachten Anteile mehr als 1 % des Stammkapitals betragen haben oder die Anteile auf einer Sacheinlage i. S. von § 20 Abs. 1 UmwStG beruhen.
Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass der Steuerpflichtige durch eine Einbringung von steuerverhafteten Anteilen in eine andere Kapitalgesellschaft, an der er dann zu weniger als 1 % beteiligt ist, die Besteuerung des Veräußerungsgewinns vermeiden kann.
Zur Berechnung der Beteiligungshöhe sind nicht nur die Anteile des Veräußerers im Privatvermögen, sondern auch die Anteile an der Gesellschaft, die im Betriebsvermögen des Veräußerers gehalten werden, und die einbringungsgeborenen Anteile (§ 21 UmwStG i. d. F. v. ) zu berücksichtigen. Entscheidend ist also, dass die Gesamtbeteiligung des Veräußerers am Grund- oder Stammkapital mindestens 1 % beträgt und die veräußerten Teile zu seinem Privatvermögen gehören.
Die mittelbare Beteiligung steht der unmittelbaren Beteiligung gleich, wenn die Zusammenrechnung eine Beteiligung von mindestens 1 % ergibt, unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige die die mittelbare Beteiligung vermittelnde Kapitalgesellschaft beherrscht oder nicht.
Der Gewinn aus der Veräußerung eines unentgeltlich erworbenen Anteils an einer Kapitalgesellschaft gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % beteiligt war. Bei einem teilentgeltlichen Erwerb ist nach dem Verhältnis des Verkehrswerts der Anteile zur Gegenleistung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Der unentgeltliche Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 5 EStG 1999 umfasst auch die nach einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln dem unentgeltlichen Erwerber der Altaktien zugeteilten neuen Aktien (, BStBl 2009 II S. 658 ).
War der Veräußerer zwar formal zu weniger als 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt, stellt aber die Gestaltung der Beteiligungsverhältnisse einen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) dar, kann ggf. eine Beteiligung von mindestens 1 % vorliegen.
Die Beteiligung von mindestens 1 % muss zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung, nicht unbedingt noch zum Veräußerungszeitpunkt bestanden haben. Der Fünfjahreszeitraum beginnt mit dem Übergang des wirtschaftlichen, nicht des zivilrechtlichen Eigentums (vgl. , BStBl 2004 II S. 651). Auch die Frage, ab wann eine Beteiligung von mindestens 1 % nicht mehr besteht, bestimmt sich nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Verzichtet ein GmbH-Gesellschafter zugunsten eines Mitgesellschafters unentgeltlich auf die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung mit der Folge, dass seine bisher wesentliche Beteiligung zu einer unwesentlichen wird, beginnt der Lauf der Fünfjahresfrist des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister (vgl. hierzu , BStBl 2006 I S. 746). Unerheblich ist zudem, wie lange der Veräußerer zu mindestens 1 % beteiligt war. Es genügt ein kurzer Zeitraum, z. B. ein Tag (vgl. , BStBl 1993 II S. 331).
Die Wesentlichkeit einer Beteiligung ist für die Berücksichtigungsfähigkeit eines Auflösungsverlustes i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b, Abs. 4 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 veranlagungszeitraumbezogen zu beurteilen (vgl. , BStBl 2008 II S. 856).
e) Veräußerung und gleichgestellte Vorgänge
aa) Veräußerung
Veräußerung ist die Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gegen Entgelt auf einen anderen Rechtsträger. Wirtschaftliches Eigentum des Erwerbers ist gegeben, wenn er aufgrund eines bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Anteils gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und wenn auch die mit den Anteilen verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind. Eine Veräußerung ist auch gegeben, wenn eine Beteiligung von mindestens 1 % zu einem unangemessen niedrigen Barpreis und ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten auf eine Kapitalgesellschaft übertragen wird, wobei eine verdeckte Einlage entsteht (vgl. , BStBl 1980 II S. 494). Weiterhin ist § 17 EStG anzuwenden, wenn ein wertloser GmbH-Anteil ohne Gegenleistung übertragen wird (vgl. , BStBl l993 II S. 34).
Die Veräußerung ist erfolgt, wenn sowohl das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kauf) als auch das Erfüllungsgeschäft wirksam abgeschlossen sind. Ist die Genehmigung der Kapitalgesellschaft zur Anteilsübertragung erforderlich, bewirkt erst die Genehmigung die Wirksamkeit (vgl. , BStBl 1995 II S. 870).
Die Einziehung eines GmbH-Anteils kann frühestens mit ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit zu einem Verlust i. S. von § 17 EStG führen (vgl. NWB MAAAC-92672).
Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft aus dem Privatvermögen in ein Betriebsvermögen überführt, liegt keine Veräußerung, sondern eine Einlage vor. Bei einer sog. wertgeminderten Beteiligung – der Teilwert der Beteiligung ist im Zeitpunkt der Einlage unter die Anschaffungskosten gesunken – ist unter bestimmten Voraussetzungen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert im Zeitpunkt der Einlage und den Anschaffungskosten festzuhalten und im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betriebsvermögen für Zwecke der Einkommensteuer zur Hälfte (§ 3c Abs. 2 EStG) gewinnmindernd zu berücksichtigen. Im Einzelnen s. R 17 Abs. 8 EStR.
bb) Tausch
Veräußerung i. S. des § 17 EStG ist auch der Tausch, z. B. die Hingabe von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gegen Erwerb von Anteilen an einer anderen Kapitalgesellschaft. Auch der Tausch einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung von mindestens 1 % des Nennkapitals gegen eine Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft von weniger als 1 % des Nennkapitals, die ebenfalls Privatvermögen ist, erfüllt den Tatbestand der Veräußerung.
cc) Verdeckte Einlage
Werden Anteile auf eine andere Kapitalgesellschaft übertragen, an der der Übertragende bereits beteiligt ist, und erhält der Übertragende dafür weder neue Gesellschaftsanteile noch eine nach dem Wert der übertragenen Anteile bemessene Bar- oder Sachvergütung, handelt es sich um eine verdeckte Einlage, die der Veräußerung eines Anteils gleichgestellt ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 EStG).
dd) Auflösung, Kapitalherabsetzung und Zurückzahlung von Kapital
Soweit bei einer Auflösung einer Kapitalgesellschaft oder der Kapitalherabsetzung und -rückzahlung die Bezüge nicht den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG) zuzurechnen sind, stellen sie einen Veräußerungsgewinn dar (vgl. § 17 Abs. 4 EStG). Die Entstehung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts setzt zudem die zivilrechtliche Auflösung der Kapitalgesellschaft, nicht jedoch ihre Beendigung voraus.
Auch die Liquidation einer Kapitalgesellschaft ist der Veräußerung des Anteils gleichgestellt. Der durch die Verteilung des Gesellschaftsvermögens auf die Anteilseigner erzielte Gewinn ist wie bei einer normalen Veräußerung der Anteile nach § 17 EStG zu besteuern. Fraglich ist in diesen Fällen, ob bereits im Veranlagungszeitraum 2001 für die Liquidationsgewinne oder -verluste das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) anzuwenden ist. Abweichend von der Verwaltungsauffassung hat der , BStBl 2008 II S. 298 entschieden, dass solche Liquidationsverluste im Veranlagungszeitraum 2001 noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung dieses Urteil allgemein anwenden wird.
Die Ausschüttung oder Zurückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagenkonto i. S. des § 27 KStG ist der Veräußerung des Anteils gleichgestellt.
Als Veräußerung gilt auch die Sitzverlegung einer inländischen Kapitalgesellschaft in das Ausland, soweit diese nicht identitätswahrend vorgenommen werden kann. Nach Körperschaftsteuerrecht (s. §§ 11 f. KStG) gilt die Kapitalgesellschaft mit der Sitzverlegung als aufgelöst. Dies wiederum löst die Folgen des § 17 Abs. 4 EStG aus.
ee) Ausübung von Bezugsrechten
Die Ausübung von Bezugsrechten durch die Altaktionäre bei Kapitalerhöhungen gegen Einlage ist keine Veräußerung i. S. des § 17 Abs. 1 EStG (R 17 Abs. 4 EStR).
f) Ermittlung des Veräußerungsgewinns
§ 17 Abs. 2 EStG enthält eine besondere Gewinnermittlungsvorschrift. Es kommt hierbei nicht auf den Zufluss des Veräußerungspreises (vgl. § 11 EStG) an, sondern auf den Zeitpunkt, in dem das rechtliche oder das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen entgeltlich übertragen wurde. Der schuldrechtliche Verpflichtungsakt ist ebenfalls ohne Belang.
Der Veräußerungsgewinn berechnet sich nach dem Betrag, um den der Veräußerungspreis oder bei verdeckten Einlagen der gemeine Wert der Anteile abzüglich der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Es wird also der gesamte Wertzuwachs zwischen Anschaffung und Veräußerung der Anteile erfasst. Es wird demnach auch der Wertzuwachs erfasst, der auf Zeiträume entfällt, in denen der Anteilseigner ggf. noch nicht zu mindestens 1 % beteiligt war.
Der Wertzuwachs, der auf Zeiträume entfällt, in denen der Anteilseigner noch nicht unbeschränkt steuerpflichtig war, ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht zu berücksichtigen, wenn der Veräußerer nachweisen kann, dass ihm die Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 EStG) zuzurechnen waren und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen hat. In diesen Fällen sind zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht die originären Anschaffungskosten, sondern der Wert, den der Wegzugsstaat bei der Berechnung der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer angesetzt hat, zu berücksichtigen. Dieser Wert ist jedoch auf den gemeinen Wert zu begrenzen. Soweit der Steuerpflichtige jedoch innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach erstmaligem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird, ist bei einer späteren Veräußerung weiterhin auf die originären Anschaffungskosten abzustellen (§ 17 Abs. 2 Satz 4 EStG i. V. mit § 6 Abs. 3 AStG).
Zu den Anschaffungskosten i. S. von § 17 Abs. 2 EStG gehören der Anschaffungspreis, die Anschaffungsnebenkosten und die nachträglichen Aufwendungen, die zur Werterhöhung der Anteile getätigt werden. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören insbesondere die eigenkapitalersetzenden Darlehen (vgl. , BStBl 1999 I S. 545). Das Sanierungsprivileg des § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG schließt den Ansatz von Darlehensverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten i. S. des § 17 Abs. 2 EStG nicht aus (vgl. NWB NAAAC-95294). Die Gewährung eines Darlehens oder die Übernahme einer Bürgschaft für eine Aktiengesellschaft durch einen Aktionär, der an der Gesellschaft nicht unternehmerisch beteiligt ist, führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung (, BStBl 2008 II S. 706). Noch unklar ist, in welchem Umfang eigenkapitalersetzende Darlehen nach Inkraftreten des MoMiG vorliegen. Bislang hat sich die Finanzverwaltung hierzu noch nicht geäußert.
Werden Anteile i. S. von § 17 EStG veräußert, die vertretbare Wertpapiere darstellen und die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung i. S. des Depotgesetzes anvertraut worden sind, wird abweichend von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG (vgl. Tz. 238, c) nicht das sog. Fifo-Verfahren angewendet (R 17 Abs. 5 Satz 3 EStR). Befinden sich die Anteile nicht in Sammelverwahrung und wird lediglich ein Teil der Anteile veräußert, kann der Steuerpflichtige selbst bestimmen, welche Anteile er veräußert. Trifft er selbst keine Entscheidung, ist von den durchschnittlichen Anschaffungskosten auszugehen.
Bei unentgeltlichem Erwerb der Anteile sind die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgeblich (§ 17 Abs. 2 Satz 3 EStG). Bei einem teilentgeltlichen Erwerb (gemischte Schenkung), bei dem ein Entgelt unter dem wirklichen Wert der Anteile bezahlt wurde, ist der Erwerb in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen.
Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln stellt keine nachträglichen Anschaffungskosten dar. Die Anschaffungskosten sind dann nach dem Verhältnis der Nennwerte auf die vor der Kapitalerhöhung vorhandenen und die neuen Anteile zu verteilen (vgl. R 17 Abs. 5 EStR).
Bei Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Kapitalrückzahlung mindern die Rückzahlungsbeträge, soweit sie nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, nachträglich die Anschaffungskosten der Anteile.
Zum Sonderfall des Erwerbs der Anteile bereits vor dem s. § 53 EStDV.
Anschaffungsnebenkosten sind z. B. die vom Erwerber getragenen Beratungs- und Beurkundungskosten sowie Provisionen und ggf. Reisekosten, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst worden sind.
Veräußerungskosten sind solche Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zum Veräußerungsgeschäft stehen (R 17 Abs. 6 EStR). Zinsen für Kredite zum Erwerb der veräußerten Anteile stellen keine Veräußerungskosten, sondern Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar. Kosten für eine fehlgeschlagene Veräußerung von Anteilen können weder als Veräußerungskosten noch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden (vgl. , BStBl 1998 II S. 102).
Veräußerungspreis ist alles, was der Erwerber als Gegenleistung aufwenden muss. Wird die Gegenleistung in einer Fremdwährung gezahlt, ist sie im Zeitpunkt der Entstehung in Euro umzurechnen. In den Fällen der Zwangsversteigerung gilt der Versteigerungserlös als Veräußerungspreis.
Beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften sind Anteile, die der Tauschpartner im Gegenzug hingibt, nach dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) zu bemessen (, BStBl 2009 II S. 45).
Erfolgt die Veräußerung gegen Zahlung einer Leibrente oder gegen Ratenzahlung, kann der Veräußerer entweder die Sofortbesteuerung oder die Zuflussbesteuerung wählen. Bei der Sofortbesteuerung werden die Leibrente bzw. die Ratenzahlungen nach Maßgabe des BewG oder aufgrund versicherungsmathematischer Grundsätze abgezinst. Der so ermittelte Kapitalanteil stellt das Veräußerungsentgelt dar. Sowohl bei der Sofortbesteuerung als auch bei der Zuflussbesteuerung unterliegt nur der Kapitalanteil dem Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG). Zu den Einzelheiten bei der Zuflussbesteuerung vgl. , BStBl 2004 I S. 1187. Ist die Gegenforderung erst nach der Veräußerung fällig, ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert dieser Forderung am Stichtag (Nennwert) anzusetzen. In Fällen der zinslosen Stundung ist der Veräußerungspreis nach § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsen. Der Differenzbetrag gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Wird ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft i. S. von § 17 EStG vor dem gegen wiederkehrende Leistungen veräußert und wählt der Steuerpflichtige die Zuflussbesteuerung, unterliegt nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder auch der zu versteuernde Gewinn in den Veranlagungszeiträumen ab 2009 noch dem Halbeinkünfteverfahren – und nicht etwa dem Teileinkünfteverfahren (steuerfreier Anteil 40 %). Diesem Grundsatz trägt die in § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG enthaltene Übergangsregelung für Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und ähnlichen Beteiligungen i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG a. F. Rechnung.
In Fällen der verdeckten Einlage aufgrund eines unangemessen niedrigen Kaufpreises ist neben dem ggf. vereinbarten Barpreis auch die Wertsteigerung zu berücksichtigen, die die Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft durch die Einlage erfahren. Dabei ist vom Verkehrswert der verdeckt eingelegten Anteile auszugehen. In den Fällen der Liquidation und der Kapitalherabsetzung unter Zurückzahlung von Kapital gilt der gemeine Wert der Anteile als Veräußerungspreis, soweit dieser nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört (§ 17 Abs. 4 Satz 3 EStG).
Soweit der Veräußerer Aktien als Veräußerungsentgelt erhält, bestimmt sich der Veräußerungspreis nach dem Kurswert der erhaltenen Aktien im Zeitpunkt der Veräußerung.
Die Grundsätze zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts gelten auch für die Ermittlung eines Auflösungsgewinns oder -verlusts nach § 17 Abs. 4 EStG. Dabei ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Anteilseigner zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusetzen, es sei denn, diese gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist der Gewinn in dem Jahr zu erfassen, in welchem das auf die Anteile entfallende Vermögen verteilt wurde. Ein Verlust kann jedoch bereits in dem Jahr erfasst werden, in dem mit einer Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist.
g) Steuerfreibetrag und Halbeinkünfteverfahren bei der Versteuerung des Veräußerungsgewinns
aa) Grundsatz
Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 EStG steuerfrei, soweit er den Teil von 9.060 € nicht übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht. Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich also nach dem Verhältnis des Nennwerts der veräußerten Anteile zum Nennkapital der Kapitalgesellschaft.
Der Freibetrag von 9.060 € ist ein echter Freibetrag und keine Freigrenze. Er wird jedoch nicht für alle Veräußerungen in jeder Höhe gewährt, sondern er ermäßigt sich nach § 17 Abs. 3 Satz 2 EStG um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 36.100 € übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht. – Der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen sieht vor, den Freibetrag auf 20.000 € anzuheben. Eine Anhebung der „Abschmelzungsgrenze” ist jedoch nicht vorgesehen.
Der Veräußerungsfreibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG ist eine sachliche Steuerbefreiung und keine Tarifermäßigung. Er ist – anders als nach § 16 Abs. 4 EStG – unabhängig von Lebensalter oder Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Der nach Abzug des Freibetrags verbleibende Gewinn unterliegt nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG dem Halbeinkünfteverfahren, wird also zur Hälfte steuerfrei gestellt. Eine Tarifermäßigung – wie bei § 16 EStG – nach § 34 EStG wird nicht (mehr) gewährt.
bb) Ehemals geplante Freibetragsregelung bei der Veräußerung von Zielgesellschaften i. S. von § 20 WKBG
Im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) war berücksichtigt, für die Gewinne aus der Veräußerung von sog. Zielgesellschaften in § 20 WKBG einen erhöhten Freibetrag einzuführen. Die Regelung sollte erstmals auf Veräußerungen anzuwenden sein, die nach dem stattgefunden haben.
Danach sollte abweichend von § 17 Abs. 3 EStG der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Zielgesellschaft zur Einkommensteuer nur herangezogen werden, soweit er den Anteil von 200.000 €, der dem veräußerten Anteil an der Zielgesellschaft entspricht, übersteigt, wenn der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Veräußerung innerhalb der letzten fünf Jahre unmittelbar zu mindestens 3 %, höchstens jedoch zu 25 % und für längstens zehn Jahre an dieser Zielgesellschaft beteiligt war.
Zielgesellschaften sind solche i. S. des § 2 Abs. 3 WKBG. Dies sind Kapitalgesellschaften
deren Sitz und Geschäftsleitung in einem Vertragsstaat oder unterschiedlichen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum liegen,
die bei Erwerb der Beteiligung durch den Steuerpflichtigen ein Eigenkapital von nicht mehr als 20 Mio. € aufweisen,
deren Gründung bei Erwerb der Beteiligung durch den Steuerpflichtigen nicht länger als zehn Jahre zurückliegt,
von denen bei Erwerb der Beteiligung durch eine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft keine Wertpapiere i. S. des § 2 Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetzes in den Handel an einem organisierten Markt i. S. des § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes oder an einem gleichwertigen Markt zugelassen oder einbezogen sind,
die unmittelbar oder mittelbar – auch über Personengesellschaften – keine Unternehmen oder Unternehmensteile betreiben, die älter als die Zielgesellschaft sind,
auf die während der Dauer des Haltens der Beteiligung durch eine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft keine Unternehmen oder Unternehmensteile durch Einzel- oder Gesamtrechtnachfolge übergehen bzw. mittelbar oder unmittelbar – auch über Personengesellschaften – gehalten werden, die älter als die Zielgesellschaft sind, und
die während der Dauer des Haltens der Beteiligung durch eine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft keine Organträger i. S. des § 14 KStG oder Mitunternehmer des Organträgers sind.
Der Freibetrag sollte – wie bei § 17 Abs. 3 EStG abgeschmolzen werden. Er sollte sich in diesem Fall um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 800.000 € übersteigt, ermäßigten, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht.
Diese deutliche Anhebung des Freibetrags sollte vor allem der Förderung von Business Angel dienen. Es ist jedoch fraglich, ob dieses Ziel mit dieser Regelung erreicht werden kann, da der erhöhte Freibetrag von einem Business Angel nur in Anspruch genommen werden kann, soweit dieser vermögensverwaltend tätig ist. Ob eine vermögensverwaltende Tätigkeit vorliegt, ist anhand der Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein Business Angel, der mehrere Betriebe betreut und diese auch berät, i. d. R. als gewerblich tätig eingestuft wird.
Die dargestellte erweiterte Freibetragsregelung des § 20 WKBG ist von der EU-Kommission als beihilferechtlich nicht mit EU-Recht vertretbar beurteilt worden und daher bislang nicht in Kraft getreten. Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung auf diese Entscheidung reagieren wird.
h) Veräußerungsverluste
Entsteht bei der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ein Verlust und führt die Veräußerung zu einem privaten Veräußerungsgeschäft (Spekulationsgeschäft) i. S. des § 22 Nr. 2 EStG, § 23 EStG, dürfen Verluste bis einschließlich VZ 2008 wegen des Vorrangs von § 23 EStG nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG (vgl. Tz. 238) ausgeglichen werden.
Hinweis ▶ Die Regelung des § 23 Abs. 3 EStG läuft für Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zum Ende des Veranlagungszeitraum 2008 wegen Einführung der generellen Veräußerungsgewinnbesteuerung aus, wird jedoch durch eine gleichlautende Verlustverrechnungsbeschränkung in § 20 Abs. 6 EStG (i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes) abgelöst.
Verluste aus § 17 EStG sind nur zu berücksichtigen, wenn der Veräußerer – oder bei unentgeltlichem Erwerb sein Rechtsvorgänger – die Anteile von mindestens 1 % mehr als fünf Jahre vor der Veräußerung entgeltlich erworben hat (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG). Die Verluste unterliegen nach § 3c Abs. 2 EStG dem Teileinkünfteverfahren. Der entschieden, dass das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG dann nicht greift, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat. Das Urteil ist bislang nicht veröffentlicht worden. Da die Entscheidung der Auffassung der Finanzverwaltung widerspricht, ist nicht ausgeschlossen, dass insoweit ein „Nichtanwendungserlass” ergehen wird.
i) Sitzverlegung der Kapitalgesellschaft als Veräußerung
Anders als eine deutsche GmbH können Kapitalgesellschaften nach ausländischem Recht (z. B. englische Limited) ihren Sitz identitätswahrend in einen anderen Staat verlegen. Um auch in diesen Fällen die Besteuerung des Veräußerungsgewinns sicher zu stellen, steht nach § 17 Abs. 5 EStG (eingeführt durch das SEStEG) auch die Beschränkung oder der Ausschluss des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Fall der Verlegung des Sitzes oder des Orts der Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft in einen anderen Staat der Veräußerung der Anteile zum gemeinen Wert gleich. Dies gilt jedoch nur, wenn es sich nicht um eine Europäische Gesellschaft handelt oder die Gesellschaft ihren Sitz in einen Drittstaat verlegt, da die Regelung anderenfalls EU-rechtswidrig wäre. Daher ist die Sitzverlegung einer Europäischen Gesellschaft (egal in welchen Staat – also auch in Drittstaaten) und die Sitzverlegung einer Kapitalgesellschaft in einen anderen EU-Mitgliedstaat (soweit dies identitätswahrend möglich ist) nicht bereits im Zeitpunkt der Sitzverlegung als Veräußerungstatbestand zu werten. Eine Besteuerung erfolgt hier erst, wenn die Anteile tatsächlich veräußert werden und zwar auch dann, wenn nach den Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht eigentlich gar nicht zusteht. Eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns findet in diesen Fällen auch statt, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto i. S. des § 27 KStG ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.
j) Mitteilungspflichten der Notare
Nach § 54 EStDV müssen Notare innerhalb von zwei Wochen nach Beurkundung dem zuständigen Finanzamt eine beglaubigte Abschrift von Urkunden über die Gründung, Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Umwandlung, Auflösung von Kapitalgesellschaft oder die Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften einreichen. Des Weiteren muss der Notar ab 2008 auch beglaubigte Abschriften von Dokumenten, die im Rahmen einer Anmeldung einer inländischen Zweigniederlassung einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Ausland zur Eintragung in das Handelsregister diesem zu übersenden sind, einreichen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 EStDV i. V. mit § 82 Abs. 3b Satz 1 EStDV – eingeführt durch das JStG 2008).
Die Übersendung der Abschrift soll mit der Steuernummer gekennzeichnet sein, mit der die Kapitalgesellschaft bei dem Finanzamt geführt wird. Die Absendung der Urkunde ist auf der zurückbehaltenen Urschrift der Urkunde beziehungsweise auf einer zurückbehaltenen Abschrift zu vermerken. Den Beteiligten dürfen die Urschrift, eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde erst ausgehändigt werden, wenn die Abschrift der Urkunde an das Finanzamt abgesandt ist.
Beurkundet der Notare eine Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften durch einen Anteilseigner, der nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, hat er zusätzlich bei dem Finanzamt Anzeige zu erstatten, das bei Beendigung einer zuvor bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht des Anteilseigners oder bei unentgeltlichem Erwerb dessen Rechtsvorgängers nach § 19 AO für die Besteuerung des Anteilseigners zuständig war.
III. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
Tz. 205 Begriff „Einkünfte aus selbständiger Arbeit”
Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind nach § 18 Abs. 1 Nr. 1–4 EStG
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit,
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, wenn sie nicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind,
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit,
Einkünfte aus der Zahlung eines sog. Carried Interest durch vermögensverwaltende Venture Capital und Private Equity Fonds.
Eine Steuerpflicht besteht für diese Einkünfte auch dann, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt. Wie bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gelten. Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr als Voraussetzung auch für die selbständige Arbeit.
Tz. 206 Abgrenzung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit von den anderen Einkunftsarten
a) Abgrenzung von den Einkünften aus Gewerbebetrieb
Die Abgrenzung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit von den Einkünften aus Gewerbebetrieb hat trotz der Einführung der Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte, d. h. der pauschalierten Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer (§ 35 EStG), noch folgende Bedeutung:
Freiberufler können ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung (s. Tz. 26, b) ermitteln. Sie sind auch nicht nach § 141 AO verpflichtet, Bücher zu führen.
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit unterliegen nicht der Gewerbesteuer.
Die Abgrenzung von der gewerblichen Tätigkeit bestimmt sich danach, ob die ausgeübte Tätigkeit unter eine der Nummern des § 18 Abs. 1 EStG fällt; vgl. hierzu im Einzelnen Tz. 207 ff.
b) Abgrenzung von den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit
Ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird, orientiert sich an den Merkmalen in § 1 LStDV. Arbeitnehmer ist demnach, wer seine Arbeitskraft in abhängiger Stellung schuldet und weisungsgebunden ist; vgl. dazu Tz. 213. Eine selbständige Tätigkeit wird demgegenüber – wie eine gewerbliche Tätigkeit auch – auf eigene Rechnung (Unternehmerrisiko) und auf eigene Verantwortung (Unternehmerinitiative) ausgeübt.
c) Abgrenzung von den sonstigen Einkünften
Wesentliches Abgrenzungskriterium ist, dass die selbständige Tätigkeit nachhaltig und nicht nur gelegentlich ausgeübt wird. Eine Wiederholungsabsicht spricht für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.
Tz. 207 Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit
a) Begriff der freiberuflichen Tätigkeit
Eine freiberufliche Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt zum einen vor, wenn eine wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit ausgeübt wird, zum anderen, wenn es sich um einen der im Gesetz ausdrücklich genannten Berufe (Katalogberufe) oder einen einem Katalogberuf ähnlichen Beruf handelt.
Die freiberufliche Tätigkeit muss selbständig ausgeübt werden; s. oben Tz. 206, b. Der Berufsangehörige muss in seiner Gesamttätigkeit aufgrund eigener Fachkenntnis leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Es reicht nicht aus, wenn sich die leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit nur auf einen Teil der Berufstätigkeit beschränkt. Es ist jedoch unschädlich, wenn sich der Berufsträger der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient oder aufgrund vorübergehender Verhinderung (z. B. Krankheit oder Urlaub) vertreten lässt. Die ständige Übertragung der Leitung oder der Verantwortlichkeit auf einen Vertreter führt jedoch zur Gewerblichkeit der Einkünfte. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein Arzt in seiner Praxis nicht selbst tätig wird, sondern die Betreuung der Patienten einem angestellten Arzt überlässt. Hat der Arzt daneben noch eine Praxis, in der er selbst tätig ist, und arbeitet der angestellte Arzt in einer Zweitpraxis, führt dies bei Einzelpraxen nicht zur gewerblichen Infektion der gesamten Tätigkeit des Arzts. Der Arzt erzielt aus seiner eigenen Praxis weiterhin Einkünfte i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Aus der Zweitpraxis erzielt er – so er dort nicht auch leitend und eigentverantwortlich tätig ist – dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit in der Zweitpraxis setzt jedoch eine ständige Überprüfung der Tätigkeit des angestellten Arzts voraus, was sich jedoch in der Praxis nur schwer wird umsetzen lassen. Etwas anderes gilt jedoch für Gemeinschaftspraxen. Hier kommt es aufgrund der Regelung des § 15 Abs. 3 EStG zur gewerblichen Infektion der Gesamteinkünfte.
Ob ein leitendes und eigenverantwortliches Tätigwerden gegeben ist, ist anhand der Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Vgl. hierzu auch H 15.6 EStH „Mithilfe anderer Personen”.
Der durch die Zahl der Aufträge und Mitarbeiter gekennzeichnete Umfang der Praxis eines Freiberuflers ist nicht beliebig zu vergrößern, ohne die leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit aufzugeben. Übersteigt die Zahl der Aufträge und/oder Mitarbeiter den Umfang, in dem eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit des Freiberuflers möglich ist, werden die Einkünfte des Freiberuflers als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) behandelt. Betreuen ein selbständig tätiger und ein angestellter Ingenieur jeweils einzelne Aufträge und Projekte eigenverantwortlich und leitend, ist trotz der gleichartigen Tätigkeit eine Aufteilung der Einkünfte nicht ausgeschlossen mit der Folge, dass die vom Unternehmensinhaber selbst betreuten Aufträge und Projekte der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen sind, und nur die Angestellten betreuten Aufträge und Projekte zu gewerblichen Einkünften führen (, BStBl 2009 II S. 143). Im Rahmen einer freiberuflichen Gemeinschaftspraxis müssen alle Freiberufler leitend und eigenverantwortlich tätig sein.
Führen nach dem Tod eines Freiberuflers ein Treuhänder oder die Erben die Praxis fort, sind die den Erben zufließenden Einkünfte gewerbliche Einkünfte, es sei denn, die Erben verfügen selbst über die erforderliche Qualifikation.
b) Wissenschaftliche Tätigkeit
Eine wissenschaftliche Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG übt aus, wer schöpferisch oder forschend tätig wird (reine Wissenschaft) oder wer das aus der Forschung hervorgegangene Wissen auf konkrete Vorgänge anwendet (angewandte Wissenschaft). Zur Beurteilung, ob jemand wissenschaftlich tätig ist, kommt es auf die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls an. Ein Promotionsberater, der aufgrund selbst entwickelter Testverfahren und von Gesprächen sog. Begabungsanalysen seiner Klienten erstellt und diesen sodann beim Finden eines Dissertationsthemas, der Vermittlung eines Doktorvaters und der Gliederung behilflich ist sowie die Klienten unterstützend in die wissenschaftliche Methodik einweist und neben weiteren technischen Hilfeleistungen begleitende Literaturrecherchen vornimmt, erfüllt noch nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit (, BStBl 2009 II S. 238).
Zur wissenschaftlichen Tätigkeit gehören z. B. das Erstellen von wissenschaftlichen Gutachten und die wissenschaftlichen Charakter tragende Prüfungstätigkeit (z. B. als Mitglied eines Prüfungsamts für das juristische Staatsexamen).
Ein Sonderfall der wissenschaftlichen Tätigkeit ist die planmäßige Erfindertätigkeit. Diese zählt zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit, soweit die Tätigkeit nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, eines Gewerbebetriebs oder einer nichtselbständigen Tätigkeit ausgeübt wird. Von der planmäßigen oder nachhaltigen Erfindertätigkeit ist die Zufallserfindung abzugrenzen. S. auch R 18.1 Abs. 2 EStR.
c) Künstlerische Tätigkeit
Die Abgrenzung zwischen künstlerischer Tätigkeit und gewerblicher Tätigkeit ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung nicht eines Einzelwerks, sondern des Gesamtschaffens zu treffen. Die Tätigkeit muss eigenschöpferisch sein und eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreicht haben (vgl. , BStBl 1992 II S. 353). Sie darf nicht lediglich das Produkt handwerksmäßig erlernbarer Tätigkeit (Kunsthandwerk) darstellen. Es kommt jedoch nicht auf den Zweck, dem die fertige Arbeit dienen soll, an. Eine künstlerische Tätigkeit ist zudem in besonderem Maße persönlichkeitsbezogen. Dies bedeutet, dass der Künstler zu jedem Zeitpunkt der Entstehung des Kunstwerks den entscheidenden gestaltenden Einfluss ausübt. In Zweifelsfällen kann das Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit auch durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden. Einnahmen von Künstlern im Bereich der Werbung können zu den künstlerischen Einkünften gehören, wenn die Tätigkeit als eigenschöpferische Leistung zu werten ist. Künstlerische und handwerkliche Tätigkeit können nebeneinander vorliegen. Die freiberuflichen und die gewerblichen Einkünfte sind dann ggf. im Schätzungsweg zu ermitteln.
Die Erben eines Künstlers erzielen mit den Erlösen aus der Verwertung der Kunstwerke nachträgliche Einkünfte (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 24 Nr. 2 EStG) aus künstlerischer Tätigkeit (vgl. , BStBl 1993 II S. 716).
d) Schriftstellerische Tätigkeit
Eine schriftstellerische Tätigkeit liegt vor, wenn der Schriftsteller eigene Gedanken zum Ausdruck bringt und er für die Öffentlichkeit schreibt. Ein wissenschaftlicher oder künstlerischer Inhalt ist dabei jedoch nicht erforderlich. Der Schriftsteller braucht weder Dichter noch Künstler noch Gelehrter sein (vgl. , BStBl 1958 III S. 316).
e) Unterrichtende und erzieherische Tätigkeit
Eine unterrichtende Tätigkeit zeichnet sich durch Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten aus. Um eine unterrichtende Tätigkeit ausüben zu können, ist es nicht erforderlich, dass hierfür eine fachliche Prüfung abgelegt wurde. Auch die Tätigkeit eines Fahrlehrers, Tanzlehrers oder Sportlehrers ist eine unterrichtende Tätigkeit. Der Betrieb eines Fitnessstudios stellt jedoch grds. keine unterrichtende Tätigkeit dar, wenn sich die persönliche Betreuung der Kunden auf die Einweisung in die korrekte Benutzung der Geräte beschränkt. Auch bei Sprachheilpädagogen, die keine einem Katalogberuf ähnliche Tätigkeit ausüben, kann eine unterrichtende Tätigkeit vorliegen.
Erzieherische Tätigkeit dient der planmäßigen körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen. Voraussetzung jeder erzieherischen Tätigkeit ist, dass die ganze Persönlichkeit geformt wird (vgl. , BStBl 1997 II S. 687). Auch die Tätigkeit der Tagesmütter oder Tagespflegepersonen ist nach dem NWB RAAAC-66785 ab Veranlagungszeitraum 2009 nicht mehr als sonstige selbständige Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, sondern als erzieherische Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzustufen. Betreuungsgelder aus öffenltichen Mitteln, die für bis zum 31. 12. 2008 geleistete Betreuungen gezahlt werden, sind auch dann noch § 3 Nr. 11 bzw. § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei, wenn diese der Tagespflegerperson erst nach dem zufließen (vgl. , BStBl 2009 I S. 642). Hinweis: Die Einnahmen von Gastfamilien, die einen behinderten Menschen im Rahmen eines Programms zum betreuten Wohnen behinderter Menschen aufnehmen, sind nach § 3 Nr. 11 EStG i. d. F. des JStG 2009 steuerfrei. Die Einnahmen im Rahmen der sog. Familienpflege (§ 32 ff. SGB VIII) sind nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, soweit diese Zahlungen als Beihilfen, die unmittelbar die Erziehung fördern, aus öffentlichen Mitteln geleistet werden.
f) Katalogberufe
Nach dem Katalog in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG üben eine freiberufliche Tätigkeit aus: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und Lotsen sowie Angehörige ähnlicher Berufe.
Auch bei Ausübung eines Katalogberufs ist es erforderlich, dass die Tätigkeit leitend und eigenverantwortlich ausgeübt wird; vgl. oben Tz. 207, a.
Zu den Besonderheiten bei Laborleistungen vgl. , BStBl 2003 I S. 889, ab Veranlagungszeitraum 2008 , BStBl 2009 I S. 398. Zur gemeinsamen Nutzung medizinischer Großgeräte vgl. OFD Rheinland, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 9/2006 v. NWB HAAAB-76669.
Die Vereinbarung von mittlerweile auch rechtlich zulässigen Erfolgshonoraren bei Rechtsanwälten führt nicht zur Gewerblichkeit der Einkünfte (, BStBl 1982 II S. 340). Gleiches gilt für Wirtschaftsprüfer, die nach § 55 Abs. 1 i. V. mit § 2 Abs. 3 Nr. 2 WPO eine Vereinbarung schließen, durch welche die Höhe der Vergütung vom Ergebnis ihrer Tätigkeit abhängig gemacht wird.
g) Ähnliche Berufe
Ob ein ähnlicher Beruf vorliegt, ist durch Vergleich mit einem bestimmten Katalogberuf – nicht mit einem anderen ähnlichen Beruf – festzustellen. Ob ein einem Katalogberuf ähnlicher Beruf ausgeübt wird, richtet sich danach, dass der ausgeübte Beruf mit einem oder mehreren der Katalogberufe in den wesentlichen Punkten vergleichbar ist. Hierzu gehören die Vergleichbarkeit der Ausbildung, der Bedingungen der Berufszulassung und der Tätigkeit. Hinsichtlich der Heil- und Heilhilfsberufe gilt die Besonderheit, dass die Zulassung des jeweiligen Steuerpflichtigen oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V (sog. Kassenzulassung) durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenversicherung ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer einem Katalogberuf (regelmäßig Krankengymnast und/oder Heilpraktiker) ähnlichen Tätigkeit aus. Zu Einzelheiten vgl. , BStBl 2004 I S. 1030.
Zu Katalogberufen ähnlichen Berufen und nicht ähnlichen Berufen s. auch H 15.6 EStH.
Ein Autodidakt, der nicht über einen entsprechenden Studienabschluss verfügt, muss nachweisen, dass er über eine vergleichbare Tiefe und Breite der Ausbildung verfügt. An diesen Nachweis sind strenge Voraussetzungen zu knüpfen, so dass der Nachweis regelmäßig nur schwer zu erbringen ist. Ein abgebrochenes Studium reicht nicht als Nachweis aus. Der Autodidakt kann ausnahmsweise den Nachweis anhand eigener praktischer Arbeiten und mittels einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen erbringen.
Ein EDV-Berater, der im Bereich der Anwendungssoftware tätig ist, kann sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Er übt nur dann eine freiberufliche ingenieurähnliche Tätigkeit aus, wenn er die Entwicklung der Anwendersoftware durch eine klassische ingenieurmäßige Vorgehensweise (Planung, Konstruktion, Überwachung) betreibt und er über eine einem Ingenieur vergleichbare Ausbildung verfügt (, BStBl 2004 II S. 989). Weist ein Steuerpflichtiger, der über keinen Abschluss an einer (Fach-)Hochschule oder Bergakademie verfügt und als Systemberater auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung tätig ist, nicht nach, dass er in Breite und Tiefe das Wissen eines Diplom-Informatikers hat, ist er gewerblich tätig. Vertiefte Kenntnisse auf einem Teilgebiet des Fachstudiums reichen für eine freiberufliche Tätigkeit nicht aus (, BStBl 2007 II S. 781).
Ein Ingenieur, der schlüsselfertige Gebäude errichten lässt, erzielt gewerbliche, nicht freiberufliche Einkünfte. Schuldet er seinem Auftraggeber die schlüsselfertige Erstellung des Gebäudes, sind seine Einkünfte auch insoweit gewerblich, als er ggf. Ingenieur- oder Architektenleistungen erbringt (vgl. , BStBl 2008 II S. 54).
Berufsbetreuer üben keine einem Katalogberuf ähnliche Tätigkeit und keine sonstige selbständige Tätigkeit aus, sondern eine gewerbliche Tätigkeit.
h) Zusammentreffen freiberuflicher mit gewerblicher Tätigkeit
Wird neben einer freiberuflichen auch eine gewerbliche Tätigkeit (z. B. Augenarzt und Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln) ausgeübt, sind beide Tätigkeiten voneinander zu trennen, wenn sie nicht in einem wirtschaftlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Doch auch bei einem solchen Zusammenhang (gemischte Tätigkeit) sind die Tätigkeiten getrennt zu erfassen, wenn sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung getrennt werden können, d. h. wenn sie nicht untrennbar miteinander verbunden sind. Soweit die Trennung nicht bereits durch eine getrennte Buchführung für die beiden Tätigkeiten durch den Steuerpflichtigen erfolgt ist, ist sie ggf. im Schätzungswege vorzunehmen.
Sind die freiberufliche und die gewerbliche Tätigkeit jedoch derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, liegt eine einheitliche Tätigkeit vor. In diesem Fall ist die Tätigkeit danach zu beurteilen, welche der Tätigkeiten der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt (vgl. , BStBl 2004 II S. 363).
Zu Einzelheiten vgl. H 15.6 EStH „Gemischte Tätigkeit”.
i) Personengesellschaften
Bei Zusammenschlüssen von Freiberuflern zu einer Personengesellschaft müssen alle Gesellschafter die Merkmale des freien Berufs erfüllen, damit die Tätigkeit der Gesellschaft als freiberufliche Tätigkeit eingestuft werden kann. Die Beteiligung einer berufsfremden Person führt bereits dazu, dass die Einkünfte der Personengesellschaft insgesamt als gewerbliche Einkünfte einzustufen sind. Eine an einer Personengesellschaft beteiligte GmbH ist selbst dann eine berufsfremde Person, wenn alle Anteilseigner der GmbH die Merkmale des freien Berufs erfüllen. oder die GmbH lediglich eine gewinnunabhängige Haftungsvergütung erhält. Eine Personengesellschaft, die sich aus Angehörigen unterschiedlicher freier Berufe zusammensetzt (z. B. Steuerberater und Rechtsanwälte), erzielt jedoch grds. keine gewerblichen Einkünfte. Durch die Änderung von § 28 WPO bzw. § 50 Abs. 1 StBerG können Wirtschaftsprüfungs- bzw. Steuerberatungsgesellschaften künftig auch in der Rechtsform der GmbH & Co. KG errichtet werden. Diese berufsrechtliche Regelung hat jedoch keine Auswirkung auf die ertragsteuerliche Behandlung der Einkünfte der Gesellschaft. Aufgrund der Beteiligung einer berufsfremden Person (hier GmbH) erzielen diese Gesellschaften gewerbliche Einkünfte. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der GmbH um eine sog. Freiberufler-Kapitalgesellschaft handelt (vgl. , BStBl 2008 II S. 681).
Übt eine Personengesellschaft auch nur zum Teil eine gewerbliche Tätigkeit aus, gilt ihr gesamter Betrieb als Gewerbebetrieb (Ausnahme: äußerst geringe gewerbliche Einkünfte von unter 1,25 % des Gesamtgewinns). Gleiches gilt, wenn eine freiberuflich tätige Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen Gesellschaft beteiligt ist (gewerbliche Infizierung). Hält ein Mitunternehmer Anteile z. B. an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft jedoch im Sonderbetriebsvermögen einer an sich nicht gewerblich tätigen Personengesellschaft, kommt es jedoch nicht zu einer gewerblichen Infektion der Einkünfte aus dieser Personengesellschaft (vgl. , BStBl 2007 II S. 378). Zur Vermeidung dieser negativen steuerlichen Folgen besteht jedoch die Möglichkeit, die gewerbliche Tätigkeit auf eine personenidentische Schwestergesellschaft auszugliedern (vgl. , BStBl 1998 II S. 603).
Die Frage der gewerblichen Infizierung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) ist auch im Zusammenhang mit den zwischen Krankenkassen und ärztlichen Gemeinschaftspraxen abgeschlossenen Verträge über eine sog. integrierte Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V von Bedeutung. Umfassen die zwischen Krankenkasse und Gemeinschaftspraxen vereinbarten Fallpauschalen Vergütungen sowohl für freiberufliche (§ 18 EStG) als auch für gewerbliche (§ 15 EStG) Tätigkeiten, kommt es bei der integrierten Versorgung unter der Voraussetzung, dass die vom BFH aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze (1,25 %) überschritten ist, nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit der Gemeinschaftspraxen. S. NWB JAAAC-10703; zu Einzelheiten s. auch Gragert, NWB F. 3 S. 14239 ff. NWB XAAAC-17116.
Schließen sich Freiberufler zu einer Kapitalgesellschaft zusammen, erzielt diese Kraft ihrer Rechtsform in jedem Fall gewerbliche Einkünfte.
Tz. 208 Einnehmer einer staatlichen Lotterie
Einkünfte der Einnehmer einer staatlichen Lotterie sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wenn der Lotterieeinnehmer nicht Gewerbebetreibender ist, also seinen Betrieb nicht nach kaufmännischen Grundsätzen oder als Nebengeschäft eines anderen Gewerbebetriebs führt.
Tz. 209 Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit
Sonstige Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind z. B. die Einnahmen aus der Tätigkeit als Testamentsvol lstrecker, Vermögensverwalter und Aufsichtsratsmitglied. Auch im Rahmen einer sonstigen selbständigen Tätigkeit ist das leitende und eigenverantwortliche Handeln des Steuerpflichtigen Voraussetzung. Die im Gesetz genannten Beispiele machen deutlich, dass hier vorrangig lediglich gelegentlich ausgeübte Tätigkeiten gehören. Nimmt die Tätigkeit einen Umfang an, der die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellter oder die Einschaltung von Subunternehmern erfordert, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor (Vervielfältigungstheorie). Andere, nicht im Gesetz genannte Tätigkeiten sind dann als sonstige selbständige Tätigkeit anzuerkennen, wenn sie einer der beispielhaft genannten Tätigkeiten ähnlich sind. Zu Einzelheiten vgl. H 15.6 EStH „Sonstige selbständige Arbeit”.
Die Einkünfte der Berufsbetreuer gehören nicht zu den sonstigen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, sondern zu den gewerblichen Einkünften.
Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 gehören auch die steuerpflichtigen Einkünfte von Tagespflegepersonen (Tagesmütter) zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Tätigkeit. Ab Veranlagungszeitraum 2009 gehören diese Einkünfte zu den Einkünften aus erzieherischer Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Einkünfte von Vollzeitpflegepersonen oder -familien sind nur dann steuerpflichtig (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), wenn sie mehr als sechs Kinder gleichzeitig aufnehmen (, BStBl 2007 I S. 824). Im Rahmen der Vollzeitpflege gezahlte sog. Bereitschaftsgelder (sie werden für die Bereitschaft gezahlt, dass bei Bedarf, z. B. in Notfällen, ein Kind kurzfristig in die Familie aufgenommen wird) sind jedoch immer steuerpflichtig – hierbei handelt es sich dann jedoch um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), da es aufgrund der fehlenden Aufnahme eines Kinds an der erzieherischen Tätigkeit fehlt.
Tz. 210 Einkünfte aus der Zahlung eines sog. Carried Interest
a) Definition des Carried Interest
Der Carried Interest ist eine Vergütung, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft (in Rechtsform einer Personengesellschaft), deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht, für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder Gemeinschaftszwecks erhält, wenn der Anspruch auf diese Vergütung unter der Voraussetzung entsteht, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Diese von Wagniskapitalgesellschaften an ihre Initiatoren gezahlte Tätigkeitsvergütung wird über § 3 Nr. 40a EStG anteilig steuerfrei gestellt; s. Tz. 22 (34).
§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG findet nur Anwendung auf Carried Interests, die von vermögensverwaltenden Wagniskapitalgesellschaften in Rechtsform einer Personengesellschaft gezahlt werden. Der von gewerblich tätigen oder in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betriebenen Wagniskapitalgesellschaft gezahlte Carried Interest stellt beim Empfänger eine Tätigkeitsvergütung dar, die in vollem Umfang als Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder ggf. als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu versteuern ist. Diese Einstufung richtet sich nach dem (BStBl 2004 I S. 40). Es ist nicht erforderlich, dass der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften der einzige Zweck der vermögensverwaltenden Gesellschaft ist. Demnach wäre z. B. eine ebenfalls ausgeübte Vermietungstätigkeit durch die Gesellschaft nicht schädlich für die Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
b) Begünstigter Personenkreis
Im Regelfall ist eine natürliche Person Carried-Interest-Berechtigter Initiator einer Wagniskapitalgesellschaft, der aufgrund seiner Bedeutung für den Fonds (z. B. besondere Branchenkenntnis) einen erhöhten Gewinnanteil (Carried Interest) erhält. Es ist nicht erforderlich, dass der Carried-Interest-Berechtigte unbeschränkt steuerpflichtig ist. Auch eine Carried-Interest-berechtigte Kapitalgesellschaft (z. B. Initiatoren-GmbH) kommt in den Genuss der anteiligen Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40a EStG. Es ist nicht erforderlich, dass diese Gesellschaft ihren Sitz im Inland hat.
Weiterhin können auch gewerblich geprägte und gewerblich tätige Personengesellschaften Einkünfte i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielen, da die Anwendung von § 15 Abs. 3 EStG (gewerbliche Infektion und gewerbliche Prägung) in § 18 Abs. 1 Nr. 4 zweiter Halbsatz EStG ausdrücklich ausgenommen ist.
Die Zahlung eines Carried Interest durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft führt somit nie zu gewerblichen Einkünften. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Wagniskapitalgesellschaft selbst nicht vermögensverwaltend, sondern gewerblich tätig wird. In diesen Fällen ist auch der den Initiatoren gezahlte Carried Interest als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) zu erfassen. Eine Anwendung von § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist auch dann ausgeschlossen, wenn die Wagniskapitalgesellschaft eine Kapitalgesellschaft ist.
c) Umfang des begünstigten Carried Interest
Die anteilige Steuerbefreiung hängt nicht davon ab, aus welchen Mitteln der Carried Interest gezahlt wird und kommt damit auch zur Anwendung, wenn zur Zahlung z. B. Dividenden, die die Wagniskapitalgesellschaft von ihren Portfolio-Gesellschaften erhalten hat, verwendet werden.
Die anteilige Steuerbefreiung ist jedoch nur möglich, wenn der Carried Interest unter der Voraussetzung gezahlt wird, dass die Anleger ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, (wohl eher ein Ausnahmefall), handelt es sich nicht um eine Vergütung i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG – in diesen Fällen wäre der Carried Interest als Einkünfte aus Gewerbebetrieb voll steuerpflichtig.
d) Zeitliche Anwendung
§ 3 Nr. 40a EStG ist nach § 52 Abs. 4c EStG auf Vergütungen i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzuwenden, wenn die vermögensverwaltende Wagniskapitalgesellschaft nach dem gegründet worden ist oder soweit die Vergütungen im Zusammenhang mit der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften stehen, die nach dem erworben worden sind. Die in Rz. 26 des (BStBl 2004 I S. 40) enthaltene Übergangsregelung findet jedoch nach allgemeiner Verwaltungsauffassung weiterhin Anwendung. Der steuerfreie Anteil beträgt grundsäztlich 50 %. Durch das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungenfür Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) wurde der steuerfreie Anteil auf 40 % abgesenkt. Dieses Absenkung ist erstmals auf Carried Interest-Zahlungen i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG einer vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft anzuwenden, die nach dem gegründet worden ist.
Tz. 211 Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
a) Gewinnermittlung, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten
Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind nach § 4 EStG zu ermitteln, entweder – bei freiwillig buchführenden Steuerpflichtigen – durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 i. V. mit § 5 EStG) oder durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Es besteht keine Verpflichtung, den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Zu den einzelnen Aufzeichnungspflichten bei Einnahmenüberschussrechnung vgl. Tz. 32.
Bei hauptberuflicher selbständiger schriftstellerischer oder journalistischer Tätigkeit, bei wissenschaftlichen, künstlerischen und schriftstellerischen Nebentätigkeiten sowie bei nebenamtlicher Lehr- und Prüfungstätigkeit können Betriebsausgabenpauschalen geltend gemacht werden (vgl. H 18.2 EStH „Betriebsausgabenpauschale”). Zum Betriebsausgabenabzug bei Beiträgen zu Versorgungskassen vgl. H 18.2 EStH. Auch Tagespflegepersonen können eine Betriebsausgabenpauschale pro betreutem Kind und Monat von 300 € geltend machen, wenn die wöchentliche Betreuungszeit mindestens 40 Stunden beträgt (ab Veranlagungszeitraum 2009). Zu den Einzelheiten vgl. NWB RAAAC-66785. Beträgt die vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit weniger als 40 Stunden, ist die Pauschale zeitanteilig zu kürzen (vgl. , BStBl 2009 I S. 642). Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 können Tagespflegepersonen Betriebsausgabenpauschalen pro Kind und Monat, gestaffelt nach der Betreuungsdauer geltend machen (vgl. , BStBl 1990 I S. 109).
b) Praxiswert
Der beim Kauf einer freiberuflichen Praxis erworbene Praxiswert ist als entgeltlich erworbenes abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG über eine fingierte Nutzungsdauer von 15 Jahren abzuschreiben. Vielmehr ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nach den Umständen des Einzelfalls sachgerecht zu schätzen. Eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 6–10 Jahren bei Sozietäten und 3–5 Jahren bei Einzelpraxis wird von der Finanzverwaltung nicht beanstandet. Zu den Einzelheiten vgl. , BStBl 1995 I S. 14. Die Grundsätze des vorgenannten BMF-Schreibens sind auch auf Fälle der Einbringung einer freiberuflichen Praxis nach § 24 UmwStG, bei denen ein Firmenwert aufgedeckt wird, anzuwenden; s. auch Tz. 76.
c) Betriebsvermögen
Ermittelt der Freiberufler seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG, sind Forderungen nach den allgemeinen Grundsätzen über die Gewinnrealisierung zu aktivieren. Honoraransprüche sind zu aktivieren, sobald die diesbezügliche Leistung erbracht ist. Bei erbrachten Teilleistungen ist der entsprechend anteilige Honoraranspruch zu aktivieren.
Sowohl bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG als auch bei der Einnahmenüberschussrechnung ist die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens zulässig. Zur Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei Einnahmenüberschussrechnung vgl. , BStBl 2004 II S. 985, und , BStBl 2004 I S. 1064; s. auch Tz. 28.
Zur Behandlung von früher zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern als geduldetes Betriebsvermögen bei Nutzungsänderung und Änderung der Gewinnermittlungsart s. § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG.
Nach § 4 Abs. 1 und § 18 Abs. 4 EStG ist auch bei freiberuflicher Tätigkeit das Sonderbetriebsvermögens in die Gewinnermittlung einzubeziehen (, BStBl 1983 II S. 215). Danach gehört z. B. das einer freiberuflichen GbR von einem Gesellschafter zur betrieblichen Nutzung überlassene Grundstück zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters im Rahmen der GbR.
Tz. 212 Veräußerungsgewinn
Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört nach § 18 Abs. 3 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe der freiberuflichen Praxis oder einer Teilpraxis oder eines Mitunternehmeranteils an einer Praxis. Der Veräußerungsgewinn ist nach Maßgabe der §§ 16 und 34 EStG (ggf. Freibetrag und Tarifermäßigung) begünstigt und bedarf daher der Abgrenzung zum laufenden Gewinn. Deshalb ist auf den Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe eine Aufgabebilanz zu erstellen. Der Übergangsgewinn ist als laufender Gewinn zu besteuern. Bei Veräußerung einer Praxis gegen eine Leibrente oder bei Ratenzahlung kann der Steuerpflichtige zwischen der sofortigen Versteuerung des Veräußerungsgewinns und der sog. Zuflussbesteuerung wählen (vgl. Tz. 204, f, R 18.3 Abs. 1, R 16 Abs. 11 EStR und , BStBl 2004 I S. 1187).
a) Praxisveräußerung
Eine nach §§ 16, 34 EStG begünstigte Praxisveräußerung liegt vor, wenn alle wesentlichen Grundlagen der Praxis gegen Entgelt im Ganzen an eine andere Person veräußert werden. Neben den materiellen Wirtschaftsgütern der Praxis gehören auch die immateriellen Wirtschaftsgüter, insbesondere der Praxiswert (Mandanten- oder Patientenstamm) zu den wesentlichen Grundlagen einer Praxis. Weitere Voraussetzung für die Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung ist, dass der Freiberufler auch seine freiberufliche Tätigkeit am bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigsten für eine gewisse Zeit einstellt.
Unschädlich ist jedoch die Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit in einem anderen örtlichen Wirkungskreis, die weitere Mitarbeit in der veräußerten Praxis als Angestellter und die freie Mitarbeit in der veräußerten Praxis auf Rechnung und im Namen des Praxiserwerbers. Unschädlich für eine begünstigte Praxisveräußerung ist weiterhin die selbständige Fortführung einer gleichartigen freiberuflichen Praxis durch Weiterbetreuung einiger Mandanten/Patienten in geringem Umfang. Ein geringer Umfang lieg vor, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10 % der gesamten Einnahmen ausmachen (vgl. , BStBl 1992 II S. 457). Die 10-%-Grenze ist anhand der Umsätze der bisherigen Praxis zu berechnen. Gewinnt der Freiberufler jedoch nach der Praxisveräußerung neue Mandate hinzu, entfällt die Begünstigung nach §§ 16, 34 EStG für die Praxisveräußerung. Der Veräußerungsgewinn ist dann rückwirkend als laufender Gewinn zu besteuern.
Als Praxisveräußerung gilt auch die Einbringung (§ 24 UmwStG) der Praxis mit dem gemeinen Wert – also unter Aufdeckung aller stillen Reserven – in eine Personengesellschaft, an der der bisherige Praxisinhaber als Gesellschafter beteiligt ist. Soweit der Gewinn der eingebrachten Praxis zuvor nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurde, ist vor der Einbringung – wie bei der Praxisveräußerung – ein Übergang zum Betriebsvermögensvergleich vorzunehmen. Der Übergangsgewinn ist als laufender Gewinn beim bisherigen Praxisinhaber zu versteuern. Der Teil des Einbringungsgewinns, der bei der aufnehmenden Personengesellschaft auf den einbringenden Gesellschafter entfällt, ist als laufender Gewinn zu versteuern. Nur der Teil des Einbringungsgewinns, der auf die übrigen Gesellschafter entfällt, ist beim einbringenden Gesellschafter nach §§ 16, 34 EStG begünstigt. Zur Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis mit Einbringung der Einzelpraxis zu Teilwerten (§ 24 UmwStG) durch den Inhaber der Einzelpraxis in eine Sozietät vgl. , BStBl 2001 I S. 543.
b) Veräußerung eines Praxisanteils
Die Veräußerung lediglich eines Teils der Praxis ist nicht nach §§ 16, 34 i. V. mit § 18 Abs. 3 EStG begünstigt, es sei denn, es liegt eine Teilpraxis (s. unten) i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor (§ 16 Abs. 1 Satz 2 EStG). Auch die Aufnahme eines Sozius gegen Zahlung eines Entgelts in die bisherige Einzelpraxis ist demnach nicht begünstigt. Es empfiehlt sich daher, die bisherige Einzelpraxis nach § 24 UmwStG zu Buchwerten in eine neu gegründete Sozietät einzubringen. Der Sozius leistet in diesem Fall eine Einlage in Geld. Später kann dann der gesamte Mitunternehmeranteil an der Sozietät vom Altgesellschafter an den Sozius begünstigt veräußert werden.
c) Teilpraxis
Eine Teilpraxis i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn in organisatorisch selbständigen Praxisteilen der Sache nach verschiedene Berufstätigkeiten ausgeübt werden. Bei einer sachlich einheitlichen Praxis liegen Teilpraxen vor, wenn die Praxis im Rahmen organisatorisch selbständiger Büros, die sich jedoch nicht zwangsweise an verschiedenen Orten befinden müssen, in voneinander getrennten örtlichen Wirkungskreisen mit getrennten Mandantenstämmen ausgeübt wird. Zur Begünstigung des Veräußerungsgewinns ist es – wie bei der Praxisveräußerung im Ganzen – erforderlich, dass auch der Mandantenstamm (Praxiswert) mit veräußert werden. Wird lediglich ein Teil des Mandantenstamms veräußert, ist keine Teilpraxisveräußerung gegeben.
Eine Teilpraxisveräußerung liegt nach der BFH-Rechtsprechung nicht vor, wenn
ein Steuerberater von seiner einheitlichen Praxis den Teil veräußert, der lediglich in der Erledigung von Buchführungsarbeiten bestanden hat (, BStBl 1970 II S. 566),
ein Steuerberater, der in einer Stadt zwei Büros mit jeweils getrenntem Mandantenkreis unterhält, eines dieser Büros veräußert (, BStBl 1975 II S. 661),
ein Steuerberater, der eine landwirtschaftliche Buchstelle und eine Steuerpraxis für Gewerbetreibende in demselben räumlichen Wirkungsbereich, wenn auch räumlich getrennt, betreibt, die Buchstelle veräußert, die Steuerpraxis aber weiterführt (, BStBl 1978 II S. 562),
ein Tierarzt seine Großtierpraxis veräußert, die Kleintierpraxis jedoch fortführt (, BStBl 1992 II S. 182).
Hingegen liegt eine Teilpraxisveräußerung bei der Veräußerung einer örtlich von der Hauptniederlassung entfernten Niederlassung einer Fahrschule vor (, BStBl 1990 II S. 55).
d) Praxisaufgabe
Der Praxisveräußerung gleichgestellt ist die Praxisaufgabe. Eine Praxisaufgabe liegt vor, wenn die selbständige Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis eingestellt (nicht nur vorübergehend unterbrochen) wird oder der freiberufliche Betrieb im Ganzen verpachtet wird; vgl. Tz. 191. Die Verlegung einer freiberuflichen Praxis in das Ausland gilt als Betriebsaufgabe, soweit damit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland verloren geht. In diesem Fall ist zum Zeitpunkt der Verlegung eine „Schlussbilanz” aufzustellen. § 4g EStG ist in diesem Fall sinngemäß anzuwenden (vgl. R 16 Abs. 2 Satz 3 EStR).
Der Tod eines Freiberuflers und der dadurch bedingte Übergang der Praxis auf die Erben gilt nicht als Praxisaufgabe. Mit dem Tod des Freiberuflers geht das Betriebsvermögen auf die Erben/Miterben oder Vermächtnisnehmer über. Veräußern die Erben die Praxis, liegt eine Praxisveräußerung vor; der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wegen Berufsunfähigkeit kann jedoch nicht gewährt werden, weil der Tod nicht als Berufsunfähigkeit anzusehen ist.
Zur Praxisaufgabe im Übrigen vgl. Tz. 188, b.
IV. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Tz. 213 Begriffe Dienstverhältnis, Arbeitnehmer, Arbeitgeber
a) Dienstverhältnis
Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Es muss in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers stehen oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sein (vgl. § 1 Abs. 2 LStDV). Der Begriff „Dienstverhältnis” ist ausschließlich nach dieser steuerrechtlichen Bestimmung auszulegen. Er ist nicht identisch mit dem Begriff „Dienstvertrag” des BGB (§§ 611– 630 BGB).
b) Arbeitnehmer
Arbeitnehmer im steuerrechtlichen Sinn sind Personen, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen (§ 1 Abs. 1 LStDV). Dieser steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff braucht sich nicht mit dem arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers zu decken. Wesentlich sind das persönliche Abhängigkeitsverhältnis und die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber. Hierin liegen die Abgrenzungskriterien zur selbständigen Tätigkeit. H 67 LStH führt die der BFH-Rechtsprechung zu entnehmenden Merkmale, die im Allgemeinen für die Arbeitnehmertätigkeit sprechen, beispielhaft auf, ebenso bestimmte Berufe, die typischerweise in nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden.
Der Vorsitzende und die Referenten des AStA sind als Arbeitnehmer zu beurteilen (vgl. , BStBl 2008 II S. 981).
Für Leistungen aus nichtselbständiger Arbeit, kommt eine Umsatzsteuerpflicht nicht in Betracht. Umsatzsteuerpflicht und Lohnsteuerpflicht schließen sich für ein und denselben Vorgang gegenseitig aus, ebenso Gewerbesteuerpflicht und Lohnsteuerpflicht.
Ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer i. S. von § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStDV zu beurteilen ist, richtet sich nicht danach, in welchem Verhältnis er an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist ( NWB JAAAD-24104).
c) Arbeitgeber
Der Begriff des Arbeitgebers ist im Einkommensteuer-/Lohnsteuerrecht nicht ausdrücklich definiert. Seine Bedeutung lässt sich aus den Definitionen der Begriffe „Dienstverhältnis” und „Arbeitnehmer” erschließen. Arbeitgeber kann eine natürliche oder eine juristische Person sein, ebenso eine Personenmehrheit oder eine Vermögensmasse. Auch ein Nichtgeschäftsfähiger kann Arbeitgeber sein. Wer selbst Arbeitnehmer ist, kann seinerseits als Arbeitgeber einen anderen als Arbeitnehmer beschäftigen. Weiter ist Arbeitgeber, wer aufgrund eines früheren oder künftigen Dienstverhältnisses Arbeitslohn zahlt, wer als Verleiher einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer (Leih-Arbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlässt oder wer als in Deutschland ansässiger Unternehmer im Falle einer internationalen Arbeitnehmerüberlassung den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, d. h. im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt. Vgl. R 66 LStR. Denselben Pflichten wie ein Arbeitgeber unterliegt, wer als Dritter im eigenen Namen Arbeitgeberpflichten erfüllt, ohne selbst der Arbeitgeber zu sein (§ 38 Abs. 3a EStG).
d) Zusammentreffen mehrerer Tätigkeiten
Steuerpflichtige können in einer Person selbständig und nicht selbständig nebeneinander sein, wie z. B. ein angestellter Chefarzt eines Krankenhauses, der auch eine Privatpraxis unterhält.
e) Dienstverhältnisse zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Ehegatten
Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse so zu gestalten, dass sie steuerlich möglichst günstig sind. Solche Dienstverhältnisse können steuerrechtlich aber nur anerkannt werden, wenn sie ernsthaft vereinbart und auch tatsächlich durchgeführt werden und inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Vgl. hierzu R 4.8 EStR und H 4.8 EStH.
f) Einkunftserzielungsabsicht
Wie bei den Gewinneinkünften ist auch im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu prüfen, ob die Tätigkeit mit einer Einkunftserzielungsabsicht ausgeübt wird. Beurteilungseinheit für die Überschusserzielungsabsicht ist dabei nur das einzelne Dienstverhältnis. Fiktive weitere Einkünfte aus anderen Beschäftigungsverhältnissen, die sich im Anschluss an das jeweilige Dienstverhältnis ergeben könnten, sind für die Totalüberschussprognose nicht zu berücksichtigen. In die Totalüberschussprognose ist das zu erwartende Ruhegehalt des Steuerpflichtigen und eine etwaige Hinterbliebenenversorgung seines Ehegatten mit den nach der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamts zu bestimmenden und nicht abzuzinsenden Verkehrswerten einer lebenslänglichen Leistung einzubeziehen (, BStBl 2009 II S. 243).
Tz. 214 Arbeitslohn
a) Einnahmen
Arbeitslohn sind grds. alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles Dienstverhältnis veranlasst sind. Der Veranlassungszusammenhang ist anzunehmen, wenn die Einnahmen dem Empfänger nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag seiner nichtselbständigen Arbeit darstellen. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn sich die Einnahmen im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweisen (vgl. z. B. , BStBl 1988 II S. 726, , BStBl 1990 II S. 711). Eine Zusammenstellung der wesentlichen als Arbeitslohn zu behandelnden Einnahmen enthalten § 19 Abs. 1 EStG, § 2 LStDV, R 70 LStR und H 70 LStH. Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Jahresnetzkarte, führt dies zum sofortigen Zufluss von Arbeitslohn, wenn dem Arbeitnehmer mit der Karte ein uneingeschränktes Nutzungsrecht eingeräumt wurde (, BStBl 2007 II S. 719). Die Übernahme der Beiträge zu den Berufskammern bei Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern durch den Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn. Dies gilt, obwohl die Anerkennung einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft voraussetzt, dass die Geschäftsführer Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater sind (, BStBl 2008 II S. 378). Dies gilt auch bei der Übernahme von Beiträgen für den Deutschen Anwaltverein bei angestellten Rechtsanwälten ( NWB KAAAD-17982). Übernimmt ein Arbeitgeber nicht aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse die Zahlung einer Geldbuße und einer Geldauflage, die gegen einen bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer wegen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht verhängt worden sind, handelt es sich hierbei um Arbeitslohn (, BStBl 2009 II S. 151).
Bestimmte Teile des Arbeitslohns, wie z. B. gesetzliche oder tarifvertragliche Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, sind durch §§ 3, 3b EStG ausdrücklich von der Steuer befreit. Vgl. hierzu Tz. 22 f. Nur ausdrücklich durch den Gesetzgeber steuerfrei gestellte Lohnbestandteile können auch steuerfrei zugewendet werden. Von der Frage, ob steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, ist die Frage zu unterscheiden, ob für diesen Lohn vom Arbeitgeber ein Lohnsteuerabzug i. S. des § 38 EStG vorzunehmen ist.
Vermögenswirksame Leistungen nach dem 5. VermBG sind steuerpflichtige Einnahmen (§ 2 Abs. 6 5. VermBG), dagegen gelten die Arbeitnehmer-Sparzulagen nicht als steuerpflichtige Einnahmen (§ 13 Abs. 3 5. VermBG).
Der einem Arbeitnehmer von einem Dritten verliehene Nachwuchsförderpreis führt zu Arbeitslohn, wenn die Preisverleihung nicht vor allem eine Ehrung der Persönlichkeit des Preisträgers darstellt, sondern wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts hat ( NWB IAAAD-22759).
b) Werbungskosten
Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Für Werbungskosten ist von den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 € abzuziehen, wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden (§ 9a Satz 1 Nr. 1 EStG). Handelt es sich bei den Einkünften um Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG, kann nur ein Pauschbetrag von 102 € abgezogen werden, wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden (§ 9a Satz 1 Nr. 2 EStG). Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag kann nur bis zur Höhe der Einnahmen, der Pauschbetrag für Versorgungsbezüge kann nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Einnahmen abgezogen werden (§ 9a Satz 2 EStG). Im Lohnsteuer-Abzugsverfahren werden Arbeitnehmer-Pauschbetrag und Pauschbetrag für Versorgungsbezüge in den Steuerklassen I – V berücksichtigt (§ 39b Abs. 2 Satz 6 Nr.1 EStG). Die Pauschbeträge übersteigende Werbungskosten können durch die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte geltend gemacht werden. Dabei ist die Antragsgrenze von 600 € zu beachten (§ 39a Abs. 2 EStG).
Zu Werbungskosten s. auch Tz. 123 ff.
Tz. 215 Freibetrag für Versorgungsbezüge
Nach § 19 Abs. 2 EStG bleiben von den Versorgungsbezügen ein nach einem Vomhundertsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Der maßgebende Vomhundertsatz, der Höchstbetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind einer in § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG enthaltenen Tabelle zu entnehmen. Beginnend mit einem Versorgungsfreibetrag von 40 %, höchstens 3.000 € und einem Zuschlag von 900 € für alle Versorgungsbezüge mit Versorgungsbeginn im Jahr 2005 oder früher werden die Vomhundertsätze, Höchstbeträge und Zuschläge zum Versorgungsfreibetrag Jahr für Jahr zurückgeführt, bis im Jahr 2040 eine volle Besteuerung der Versorgungsbezüge erreicht ist. Für den einzelnen Versorgungsbezug bleiben die bei Beginn ermittelten Freibeträge jedoch grds. für die gesamte Dauer des Bezugs erhalten. Die Regelung gilt für alle im privaten und öffentlichen Dienst gezahlten Versorgungsbezüge, insbesondere für Pensionen und Betriebsrenten (Werkspensionen). Im privaten Dienst wegen des Erreichens einer Altersgrenze gewährte Versorgungsbezüge (Betriebsrenten und Werkspensionen) sind nur begünstigt, wenn der Arbeitnehmer das 63. Lebensjahr oder, sofern er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
Ermöglicht der Dienstherr zum Abbau von Personalüberhängen Beamten, die das 58. Lebensjahr vollendet und den Höchstruhegehaltssatz erreicht haben, in Form einer Sonderurlaubsregelung unwiderruflich die Freistellung vom Dienst unter Fortzahlung von 70 % der Besoldung bis zur Versetzung in den Ruhestand (sog. 58er-Regelung), handelt es sich um einen „gleichartigen Bezug” i. S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG und damit um begünstigte Versorgungsbezüge ( NWB TAAAD-18523).
Beziehen Ehegatten jeweils Versorgungsbezüge, bleiben von den Versorgungsbezügen jedes Ehegatten der für ihn ermittelte Versorgungsfreibetrag und entsprechende Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.
Tz. 216 Lohnsteuerverfahren
Die Lohnsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers vom Arbeitslohn einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Grundlage für die Einbehaltung der Lohnsteuer sind die Merkmale auf der von der Gemeinde ausgestellten Lohnsteuerkarte, die in bestimmten Fällen durch das Finanzamt ergänzt werden. Aus der Lohnsteuerkarte ergeben sich Familienstand, Steuerklasse, Zahl der zu berücksichtigenden Kinder und Kinderfreibeträge, Hinterbliebenen- und Körperbehinderten-Freibeträge sowie die nach § 39a Abs. 1 Nr. 1–6 EStG einzutragenden Freibeträge und ggf. ein Hinzurechnungsbetrag nach § 39a Abs. 1 Nr. 7 EStG. Für Vorsorgeaufwendungen wird kein Freibetrag eingetragen. Die Freibeträge für Versorgungsbezüge und der Altersentlastungsbetrag sind ohne Eintragung auf der Lohnsteuerkarte zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, der Pauschbetrag für Versorgungsbezüge, der Sonderausgaben-Pauschbetrag und die Vorsorgepauschale sind für die maschinelle Lohnsteuerberechnung in den vom BMF erstellten Programmablaufplan bzw. für die manuelle Lohnsteuerberechnung in die Lohnsteuer-Tabellen eingearbeitet.
Soll die auf den Arbeitslohn entfallende Lohnsteuer vom Arbeitgeber übernommen werden, ist die Lohnsteuer aus dem Bruttoarbeitslohn zu errechnen, der nach Abzug der Lohnsteuer den ausgezahlten Nettobetrag ergibt. Wegen Einzelheiten zur Besteuerung des Nettolohns vgl. R 122 LStR.
Übersteigt die im Laufe des Kalenderjahrs einbehaltene Lohnsteuer die auf den Jahresarbeitslohn entfallende Jahreslohnsteuer, wird der Unterschiedsbetrag im Wege der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG erstattet; vgl. Tz. 292, l.
Tz. 217 Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer
Der Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung bestimmter Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer ist bis zum halben Wert der Beteiligung, höchstens bis zu insgesamt 135 € im Kalenderjahr, steuerfrei.
a) Begünstigte Arbeitnehmer
Begünstigt sind unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses die Vermögensbeteiligungen erhalten (§ 19a Abs. 1 EStG). Rentner, Pensionäre und Bezieher von Vorruhestandsleistungen sind nicht begünstigt. Jedoch können ausgeschiedene Arbeitnehmer steuerlich begünstigte Vermögensbeteiligungen noch im Rahmen der Abwicklung des früheren Arbeitsverhältnisses als Arbeitslohn für die tatsächliche Arbeitsleistung erhalten (R 77 Abs. 1 LStR).
b) Begünstigte Vermögensbeteiligungen
Die Art der begünstigten Vermögensbeteiligungen ergibt sich aus § 19a Abs. 1 EStG i. V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2–5 VermBG. Die Aufzählung ist abschließend. Die Vermögensbeteiligungen können sowohl als betriebliche als auch als außerbetriebliche Beteiligungen begründet werden. Im Einzelnen ist die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung der folgenden Vermögensbeteiligungen begünstigt:
Aktien, die ausgegeben werden vom inländischen oder ausländischen Arbeitgeber, von einem Unternehmen, das als herrschendes Unternehmen mit dem Unternehmen des Arbeitgebers einen Konzern bildet (§ 18 Abs. 1 AktG), oder von inländischen oder ausländischen Unternehmen, wenn die Aktien an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Markt zugelassen oder in den geregelten Freiverkehr einbezogen sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a VermBG).
Wandelschuldverschreibungen unter den gleichen Voraussetzungen wie Aktien sowie Gewinnschuldverschreibungen, die von inländischen oder ausländischen Arbeitgebern oder einem beherrschenden Unternehmen (§ 18 Abs. 1 AktG) ausgegeben werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b VermBG). Wandelschuldverschreibungen sind Schuldverschreibungen, bei denen der Gläubiger das Recht zum Umtausch oder zum Bezug auf Aktien oder Vorzugsaktien desselben Unternehmens hat. Gewinnschuldverschreibungen sind Wertpapiere, die auf Inhaber, Namen oder an Order lauten und in dem die Leistung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird. Wird in einer Gewinnschuldverschreibung neben der gewinnabhängigen Verzinsung eine gewinnunabhängige Verzinsung zugesagt, ist dies unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 VermBG noch unschädlich. Beim Erwerb von Namensschuldverschreibungen des Arbeitgebers ist Voraussetzung für die Steuerbegünstigung, dass die Ansprüche des Arbeitnehmers aus der Schuldverschreibung durch ein inländisches Kreditinstitut verbürgt oder durch ein inländisches Versicherungsunternehmen privatrechtlich gesichert sind. Dies soll der Absicherung des Arbeitnehmers dienen.
Fondsanteile an richtlinienkonformen Sondervermögen, gemischten Sondervermögen sowie ausländische Investmentanteile, die öffentlich vertrieben werden dürfen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c VermBG). Der Wert der Aktien im Sondervermögen darf 60 % des Werts der im Sondervermögen befindlichen Wertpapiere nicht unterschreiten. Maßgebend ist der Jahresbericht für das vorletzte Geschäftsjahr vor dem Abschluss des Sparvertrags. Bei neu aufgelegten Sondervermögen ist für das erste und zweite Geschäftsjahr der erste Jahresbericht oder der erste Halbjahresbericht nach Auflegung des Sondervermögens maßgebend.
Genussscheine, die von inländischen oder ausländischen Arbeitgebern als Wertpapiere ausgegeben werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VermBG). Ihnen stehen Genussscheine eines Unternehmens gleich, das i. S. des § 18 Abs. 1 AktG als herrschendes Unternehmen mit dem Unternehmen des Arbeitgebers einen Konzern bildet. Begünstigt sind ferner Genussscheine von inländischen Unternehmen, die keine Kreditinstitute sind, wenn die Genussscheine an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Markt zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind. Mit den Genussscheinen muss das Recht am Gewinn des Unternehmens verbunden sein. Der Arbeitnehmer darf nicht als Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) anzusehen sein. Die Überlassung von Genussscheinen ist begünstigt, wenn eine Rückzahlung zum Nennwert nicht zugesagt ist (§ 2 Abs. 4 VermBG). Wegen der Unschädlichkeit der Zusage einer gewinnunabhängigen Mindestverzinsung gilt das Gleiche wie bei Gewinnschuldverschreibungen (§ 2 Abs. 3 VermBG).
Geschäftsguthaben bei einer inländischen Genossenschaft, wenn die Genossenschaft das Unternehmen des Arbeitgebers oder ein Kreditinstitut oder eine Bau- oder Wohnungsgenossenschaft ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g VermBG). Ein Geschäftsguthaben bei einer inländischen Genossenschaft, die mit dem Unternehmen des Arbeitgebers einen Konzern bildet (§ 18 Abs. 1 AktG), steht einem Geschäftsguthaben bei der arbeitgebenden Genossenschaft gleich (§ 2 Abs. 2 Satz 2 VermBG).
Stammeinlagen oder Geschäftsanteile an einer inländischen GmbH des Arbeitgebers (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h VermBG). Eine Stammeinlage oder ein Geschäftsanteil an einer inländischen GmbH, die mit dem Unternehmen des Arbeitgebers einen Konzern bildet (§ 18 Abs. 1 AktG), steht einer Stammeinlage oder einem Geschäftsanteil am arbeitgebenden Unternehmen gleich (§ 2 Abs. 2 Satz 3 VermBG).
Stille Beteiligungen (§ 230 HGB) am inländischen Unternehmen des Arbeitgebers (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i VermBG). Diesen stehen gleich stille Beteiligungen an einem inländischen Unternehmen, das als herrschendes Unternehmen mit dem Unternehmen des Arbeitgebers einen Konzern bildet (§ 18 Abs. 1 AktG) oder an diesem Unternehmen aufgrund eines Vertrags mit dem Arbeitgeber gesellschaftsrechtlich beteiligt ist – indirekte betriebliche stille Beteiligung über eine sog. Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft. Nach § 2 Abs. 2 Satz 4 VermBG ist auch begünstigt die stille Beteiligung an einem Unternehmen, das aufgrund eines Vertrags mit einem anderen inländischen Unternehmen an diesem gesellschaftsrechtlich beteiligt ist, wenn dieses als herrschendes Unternehmen mit dem arbeitgebenden Unternehmen verbunden ist (§ 18 Abs. 1 AktG). Der Arbeitnehmer darf nicht als Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (atypische stille Beteiligung) anzusehen sein. Die stille Beteiligung ist von einem partiarischen Darlehen zu unterscheiden; es kommt darauf an, ob die Vertragsparteien einen gemeinsamen Zweck verfolgen (, BStBl 1983 II S. 563).
Arbeitnehmer-Darlehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. k VermBG). Die dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber eingeräumte Darlehensforderung muss durch ein inländisches Kreditinstitut verbürgt oder durch ein inländisches Versicherungsunternehmen privatrechtlich gesichert sein. Im Konzernbereich steht die Einräumung einer Darlehensforderung gegen das herrschende Unternehmen einer Darlehensforderung gegen den Arbeitgeber gleich (§ 2 Abs. 2 Satz 5 VermBG).
Genussrechte am inländischen Unternehmen des Arbeitgebers (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. l VermBG). Mit dem Genussrecht muss das Recht am Gewinn des Unternehmens verbunden sein. Der Arbeitnehmer darf nicht Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein. Im Konzernbereich wird ein Genussrecht am herrschenden Unternehmen einem Genussrecht am arbeitgebenden Unternehmen gleichgestellt (§ 2 Abs. 2 Satz 6 VermBG).
c) Unentgeltliche oder verbilligte Überlassung
Die Steuerbegünstigung bezieht sich nur auf den geldwerten Vorteil, den der Arbeitnehmer durch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung der Vermögensbeteiligung erhält. Deshalb sind Geldleistungen des Arbeitgebers zur Begründung oder zum Erwerb von Vermögensbeteiligungen nicht begünstigt. Bei verbilligter Überlassung von Vermögensbeteiligungen kann der verbilligte Kaufpreis mit zulagebegünstigten vermögenswirksamen Leistungen entrichtet und daneben für den geldwerten Vorteil § 19a EStG angewandt werden, wenn die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen. S. auch Jungblut, NWB F. 6 S. 4535, 4537 NWB PAAAB-35951.
Die Übernahme von Nebenkosten, die anlässlich der Überlassung der Vermögensbeteiligung beim Arbeitgeber anfallen, ist kein Arbeitslohn (R 77 Abs. 3 LStR). Die Vermögensbeteiligung braucht nicht unmittelbar vom Arbeitgeber überlassen zu werden. Sie kann auch durch einen Dritten (z. B. ein Kreditinstitut) auf Veranlassung des Arbeitgebers überlassen werden. Vgl. im Einzelnen R 77 Abs. 2 LStR.
d) Umwandlung von Arbeitslohn
Tritt eine Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise an die Stelle von Arbeitslohn, der zum Zeitpunkt der Überlassung ohnehin geschuldet wird, ist die Gewährung nicht unentgeltlich oder verbilligt. Zu weiteren Einzelheiten s. R 77 Abs. 4 LStR.
e) Wert der Vermögensbeteiligung
Der Wert der Vermögensbeteiligung muss festgestellt werden, um den mit der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung verbundenen geldwerten Vorteil zu ermitteln. § 19a Abs. 2 EStG enthält die Bewertungsvorschriften für die Vermögensbeteiligungen. Die Vorschrift geht dem § 8 EStG vor. Sie ist auch dann anzuwenden, wenn für die Vermögensbeteiligung eine Steuerbegünstigung nicht beansprucht wird. Veräußerungssperren mindern den Wert nicht (, BStBl 1989 II S. 608). Einzelheiten der Bewertung der einzelnen Vermögensbeteiligungen ergeben sich aus R 77 Abs. 6–11 LStR.
f) Ermittlung des steuerfreien Vorteils
Der geldwerte Vorteil ergibt sich aus dem Unterschied zwischen dem Wert der Vermögensbeteiligung und dem Preis, zu dem die Vermögensbeteiligung dem Arbeitnehmer überlassen wird. Die Steuerfreiheit des geldwerten Vorteils ist dabei in doppelter Weise eingeschränkt, und zwar auf den halben Wert der Vermögensbeteiligung, höchstens für alle überlassenen Vermögensbeteiligungen eines Kalenderjahrs auf 135 € (§ 19a Abs. 1 EStG).
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Eigenleistung des
Arbeitnehmers | Wert der Beteiligung | steuerfrei | steuerpflichtig |
€
| € | € | € |
Bei kostenloser
Überlassung | |||
- | 50 | 25 | 25 |
- | 500 | 135 | 365 |
Bei verbilligter Überlassung | |||
200 | 400 | 135 | 65 |
50 | 250 | 125 | 75 |
135 | 270 | 135 | 0 |
150 | 300 | 135 | 15 |
250 | 500 | 135 | 115 |
275 | 550 | 135 | 140 |
g) Keine Sperrfrist
Die unentgeltlich oder verbilligt überlassenen Vermögensbeteiligungen unterliegen keiner gesonderten Sperrfrist. Der Arbeitnehmer kann somit über die Vermögensbeteiligungen unmittelbar nach der steuerlich begünstigten Überlassung verfügen (z. B. Verkauf von verbilligt überlassenen Aktien an der Börse). Die Aufhebung der Sperrfrist zum gilt im Übrigen auch für Vermögensbeteiligungen, die vor dem überlassen wurden und für die die früher geltende sechsjährige Sperrfrist eigentlich noch nicht abgelaufen wäre.
V. Einkünfte aus Kapitalvermögen
Hinweis ▶ Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die Rechtslage bis zum .
Tz. 218 Allgemeines zu den Einkünften aus Kapitalvermögen
§ 20 EStG enthält keine genaue Begriffsbestimmung für Kapitalvermögen, dieses wird vielmehr durch beispielhafte Aufzählungen umschrieben. Es handelt sich bei allen Aufzählungen um Geldvermögen, aus denen positive Einnahmen durch befristete Nutzungsüberlassung erzielt werden. Als Einnahme wird alles erfasst, was der Gläubiger für die Nutzungsüberlassung von Kapital vom Schuldner erhält, soweit es sich als Nutzungsentgelt für die Kapitalüberlassung darstellt. Demnach sind keine Einnahmen aus Kapitalvermögen die Veränderungen im Wert oder Bestand des überlassenen Vermögens.
Hierzu ist im Besonderen der § 20 Abs. 2 Nr. 2–4 EStG zu beachten. Diese Vorschrift will Finanzinnovationen vorbeugen, die entwickelt wurden, um nicht steuerbare Wertzuwächse zu erzielen anstatt steuerbarer Nutzungserträge. So wird z. B. die in vielen Kapitalanlagemodellen enthaltene Emissionsrendite bei Einlösung des Wertpapiers realisiert, sie ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 4 EStG zu versteuern.
Die Besteuerung der Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 und 2 EStG ist nachrangig zur Versteuerung als Gewinneinkünfte und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Subsidiaritätsklausel in § 20 Abs. 3 EStG).
Die Kapitalerträge sind grds. demjenigen zuzurechnen, der das Kapital zur Nutzung überlassen hat. Es werden somit die Nutzungsentgelte in unterschiedlichster Form bei dem erfasst, dem die Rechte aus dem Kapitalvermögen zustehen. Die Einnahmen gelten bei Verschaffung der Verfügungsmacht als zugeflossen (§ 11 EStG). Kapitaleinkünfte i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG erzielt der Anteilseigner, d. h. derjenige, dem die Anteile im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind (§ 20 Abs. 2a EStG).
Tz. 218a Allgemeines zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (ab VZ 2009)
§ 20 EStG enthält keine genaue Begriffsbestimmung für Kapitalvermögen, dieses wird vielmehr durch beispielhafte Aufzählungen umschrieben. Es handelt sich bei allen Aufzählungen um Geldvermögen, aus denen positive Einnahmen durch befristete Nutzungsüberlassung erzielt werden. Als Einnahme wird alles erfasst, was der Gläubiger für die Nutzungsüberlassung von Kapital vom Schuldner erhält, soweit es sich als Nutzungsentgelt für die Kapitalüberlassung darstellt.
Die Besteuerung der Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 und 2 EStG ist nachrangig zur Versteuerung als Gewinneinkünfte und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Subsidiaritätsklausel in § 20 Abs. 8 EStG).
Die Kapitalerträge sind grds. demjenigen zuzurechnen, der das Kapital zur Nutzung überlassen hat. Es werden somit die Nutzungsentgelte in unterschiedlichster Form bei dem erfasst, dem die Rechte aus dem Kapitalvermögen zustehen. Die Einnahmen gelten bei Verschaffung der Verfügungsmacht als zugeflossen (§ 11 EStG). Kapitaleinkünfte i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG erzielt der Anteilseigner, d. h. derjenige, dem die Anteile im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind (§ 20 Abs. 5 EStG).
Tz. 219 Einteilung der Kapitaleinkünfte und steuerliche Behandlung
a) Gewinnausschüttungen
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG Gewinnanteile (Dividenden) aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und sonstige Bezüge aus der Kapitalüberlassung.
Genussrechte sind Gläubigerrechte gegenüber einer Kapitalgesellschaft, wenn mit ihnen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös der Gesellschaft verbunden ist. Sie gewähren keine gesellschaftsrechtlichen Mitgliedsrechte, d. h. kein Stimmrecht und kein Verwaltungsrecht, sondern berechtigen lediglich zur schuldrechtlichen Beteiligung am Gewinn.
Gewinnanteile oder sonstige Vorteilszuwendungen erhält ein Gesellschafter bei einer Beteiligung an einer in § 1 KStG aufgeführten Körperschaft. Unerheblich ist hierbei, ob die Gewinne aus dem Jahresgewinn oder aus einer in früheren Jahren gebildeten Rücklage, aus einer offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung oder aus einer Vorabausschüttung auf den noch nicht förmlich festgestellten Gewinn erfolgt.
Offene Gewinnausschüttungen sind Gewinne, die auf einem gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschluss beruhen. Die Gewinnausschüttung ist auch dann beim Gesellschafter als Einnahme aus Kapitalvermögen zu erfassen, wenn der Gewinnverteilungsbeschluss rückgängig gemacht oder aufgehoben wird (, BStBl 2001 II S. 173).
Thesaurierte Erträge sind in einer Investmentgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, § 1 KAGG) wieder angelegte Zinsen und Dividenden. Der Anteilseigner hat diese thesaurierten Gewinne zu versteuern. Dies gilt auch dann, wenn er seinen Anteil erst im Laufe eines Jahrs erworben hat und einen Ertragsausgleich bezahlen musste. Diesen Ertragsausgleich kann er nicht als negative Einnahmen (wie bei Stückzinsen) geltend machen.
Zu den sonstigen Bezügen gehören alle Beträge, die der Gesellschafter von einer Gesellschaft unbeschadet des Grund- oder Stammkapitals aufgrund seiner Einlage erhält, soweit diese nicht unter den Begriff der Gewinnanteile fallen, z. B. auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Als sonstige Bezüge gelten auch Zahlungen des Verkäufers zum Ausgleich dafür, dass er dem Erwerber neben der Aktie nicht auch den zwischenzeitlich entstandenen Anspruch auf Auszahlung der Dividende vermittelt (Dividendenkompensation). Bei den hier geregelten Fällen handelt es sich meist um sog. Leerverkäufe. S. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Vorteilszuwendungen jeglicher Art der Gesellschaft an den Gesellschafter und an ihm nahestehende Personen, die außerhalb des gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschlusses zufließen und einem Nichtgesellschafter unter gleichen Voraussetzungen nicht zugewandt worden wären (Veranlassung liegt im Gesellschaftsverhältnis). Es handelt sich hierbei regelmäßig um Vermögensvorteile jeglicher Art (Mieterlass, Nutzungsvorteile, Zins). Diese Vorteile werden ohne vorherige klare und eindeutige vertragliche Regelung gewährt. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist bei der Kapitalgesellschaft eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die sich auf die Höhe ihres Einkommens nicht auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Voraussetzung für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist die Bereicherung beim Gesellschafter, die als geldwerter Vorteil hinreichend bestimmbar sein muss. Die Bereicherung bei einer dem Gesellschafter nahestehenden Person ist diesem mittelbar zuzurechnen. Es wird davon ausgegangen, dass diese Person ohne die Verbindung zum Gesellschafter den Vermögensvorteil nicht erlangt hätte.
Der Zuflusszeitpunkt bestimmt sich danach, wann der Gesellschafter wirtschaftlich über die Ausschüttung verfügen kann, soweit die Anteile zu seinem Privatvermögen gehören. Hierbei ist es unbeachtlich, wenn für den Vorteil eine Rückzahlungsverpflichtung besteht. Bei einem Alleingesellschafter sind jedoch Ausschüttungen bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung zugeflossen (, BStBl 1999 II S. 223). Die Aufrechnung steht einer Zahlung gleich; die Einnahmen fließen dann, wenn die Aufrechnungslage gegeben und die Aufrechnung erklärt wird (§§ 387 ff. BGB).
Die Rückzahlung von Einlagen gehört nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit sie aus Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft stammen, für die Eigenkapital i. S. des § 27 KStG als verwendet gilt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Auskehrungen von Nennkapital oder Rücklagen an den Gesellschafter, die nicht aus Gewinn gebildet wurden, sind somit keine steuerlich zu erfassenden Einnahmen. Beim Gesellschafter werden diese Ausschüttungen als Abgang auf dem steuerlichen Einlagekonto erkannt; die Kapitalgesellschaft hat eine nach amtlichem Muster erstellte Bescheinigung zu erteilen (§ 27 Abs. 3 KStG).
Bezugsrecht ist das Recht des Gesellschafters, bei einer Kapitalerhöhung neue Anteile zu den festgesetzten Bedingungen zu erwerben. Den bisherigen Gesellschaftern wird dadurch die Möglichkeit gegeben, den prozentualen Anteil an der Kapitalgesellschaft nach der Kapitalerhöhung gleich zu halten. Die Zuteilung eines Bezugsrechts führt zu keiner Vermögensmehrung und zu keinem Ertrag aus der Beteiligung. Die Bezugsrechte sind somit auch keine Einnahmen aus Kapitalvermögen, ebenso nicht der Veräußerungserlös. Es handelt sich nicht um ein Nutzungsentgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen. Im Rahmen der §§ 17, 23 EStG kann die Veräußerung des Bezugsrechts im Privatvermögen steuerpflichtig sein.
Gratisaktien und sonstige Freianteile gehören nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen.
b) Rückflüsse aus in Nennkapital umgewandelten Gewinnrücklagen
Bezüge aufgrund einer Kapitalherabsetzung bei unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften werden als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst, wenn Nennkapital, das aus der Umwandlung von Gewinnrücklagen gebildet wurde, verwendet wird. Entsprechend sind Bezüge nach der Auflösung von unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften als Einnahmen zu erfassen, wenn das ausgeschüttete Nennkapital zuvor aus der Umwandlung von Gewinnrücklagen entstanden ist.
c) Körperschaftsteuer-Anrechnungsverfahren/Halbeinkünfteverfahren
Mit dem Systemwechsel vom Körperschaftsteuer-Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren (ab Veranlagungszeitraum 2009 Teileinkünfteverfahren) ist § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG weggefallen. Die Besteuerung der Ausschüttung beim Gesellschafter wird losgelöst von der Besteuerung des Gewinns bei der Gesellschaft.
Die Definitivbelastung mit Körperschaftsteuer beträgt für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne einheitlich 25 %. Die Hälfte der dem Gesellschafter zugeflossenen Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 9 EStG ist steuerfrei. Unbeachtlich ist, ob sich die Anteile im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen des Anteilseigners befinden. Befindet sich die Beteiligung im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft, ist die Ausschüttung nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Aufwendungen des Anteilseigners sind, soweit sie wirtschaftlich mit den Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG im Zusammenhang stehen, nur hälftig abzugsfähig (ab Veranlagungszeitraum 2009 zu 60 %). Zu § 3 Nr. 40 EStG s. Tz. 22 (33).
Zur Aufteilung von Aufwendungen bei Kapitaleinkünften, die nur teilweise dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, s. , BStBl 2002 I S. 647. Werbungskosten-Pauschbetrag und Sparer-Freibetrag halbieren sich nicht.
Auswirkungen des Halbeinkünfteverfahrens:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ebene der
Kapitalgesellschaft | Ebene des
Anteileigners | |||
Gewinn | 100,0 | Einnahme aus Dividende einschl. Kapitalertragsteuer | 75,0 | |
Körperschaftsteuer | ./. 25,0 | davon steuerfrei nach
§ 3 Nr. 40 EStG | ./.
37,5 | |
Dividende/Ausschüttung | 75,0 | steuerpflichtiger Teil der Dividende | 37,5 | |
Kapitalertragsteuer (20 % aus 75)
| ./. 15,0 | Einkommensteuer (angenommener Steuersatz
35 %) | 13,0 | |
Bardividende | 60,0 | Anrechnung Kapitalertragsteuer | ./.
15,0 | |
Einkommensteuererstattung | 2,0 |
Hinweis: Zum wird das Halbeinkünfteverfahren im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen abgeschafft und durch die Abgeltungsteuer mit Veranlagungsoption ersetzt. Im Bereich der Gewinneinkünfte wird das Halbeinkünfteverfahren durch ein Teileinkünfteverfahren (steuerfreier Anteil 40 %) ersetzt.
d) Einnahmen aus stiller Gesellschaft und partiarischen Darlehen
Die Einnahmen eines stillen Gesellschafters und aus der Hingabe eines partiarischen Darlehens sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu erfassen.
Der stille Gesellschafter ist gem. §§ 230– 237 HGB mit einer Vermögenseinlage an dem Handelsgewerbe beteiligt. Im Gegensatz zu einem Darlehen besteht keine Festverzinsung auf das überlassene Kapital, sondern eine Gewinnbeteiligung als Ausfluss der Einlage. Es handelt sich bei der stillen Gesellschaft um eine Innengesellschaft, da die Vermögenseinlage zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (Gesellschaftsvertrag) gezahlt wird. Nicht notwendig ist eine Verlustbeteiligung; sie kann sogar vertraglich ausgeschlossen werden. Bei einem Verlustanteil aus einer stillen Gesellschaft handelt es sich um Werbungskosten aus Kapitalvermögen. Sollte eine Verlustübernahme zu einem negativen Einlagekonto des stillen Gesellschafters führen, sind die Verlustausgleichsbeschränkungen der § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG, §§ 15a, 15b EStG zu beachten. Wegen weiterer Formen der Einnahmen eines stillen Gesellschafters s. H 20.2 EStH „Stiller Gesellschafter”. Für die Annahme einer stillen Gesellschaft können von den Vertragsparteien gewählte Formulierungen indizielle Bedeutung haben; entscheidend ist, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob der – unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde – Vertragswille auf die Merkmale einer (stillen) Gesellschaft gerichtet ist. Dabei darf der für eine stille Gesellschaft erforderliche gemeinsame Zweck der Gesellschafter nicht mit deren Motiven für ihre Beteiligung vermengt werden (vgl. , BStBl 2008 II S. 852).
Bei Abweichungen im Gesellschaftsvertrag und bei tatsächlicher Durchführung der stillen Gesellschaft dergestalt, dass der stille Gesellschafter an den Entscheidungen teilnimmt (Unternehmerinitiative entfaltet), an dem Unternehmensrisiko und/oder an den stillen Reserven des Unternehmensvermögens beteiligt wird, handelt es sich um eine atypisch stille Gesellschaft. Der atypisch stille Gesellschafter erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG), da die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft erfüllt sind.
Ein partiarisches Darlehen liegt vor, wenn einem Darlehensgeber neben Zinsen ein Anteil am Geschäftsgewinn zusteht oder eine Gewinnbeteiligung mit garantiertem Mindestgewinn eingeräumt ist. Der Geldgeber begründet mit der Gesellschaft lediglich eine obligatorische Rechtsbeziehung; d. h. es wird kein gemeinsamer Zweck verfolgt, sondern die Hingabe des Gelds erfolgt ausschließlich zur Erlangung einer Gewinnbeteiligung. Bei einem partiarischen Darlehen ist keine Verlustbeteiligung möglich, da nach § 607 BGB das Wesen eines jeden Darlehens darin besteht, dass der Darlehensgeber sein geleistetes Kapital/Vermögen vollständig zurückerhält.
Einnahmen aus einer stillen Gesellschaft und aus einem partiarischen Darlehen unterliegen beim Empfänger der vollen Besteuerung, da insoweit das Halbeinkünfteverfahren keine Anwendung findet. Eine Abgrenzung wäre somit hier nicht erforderlich. Jedoch ist die Unterscheidung für die Gewerbesteuer notwendig. Die Gewinnanteile eines typisch stillen Gesellschafters sind nach § 8 Nr. 3 GewStG wieder dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen, wenn dieser nicht beim Empfänger zur Gewerbesteuer herangezogen wird.
Die Einnahmen werden im Jahr des Zuflusses nach § 11 Abs. 1 EStG erfasst, spätestens im vertraglich geregelten Zeitpunkt. Existiert keine Regelung, ist der Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses (nicht der Bilanzstichtag) maßgebend. Die Rückzahlung der Einlage ist ein Vorgang auf der Vermögensebene. Wird mehr als die Einlage zurückgezahlt, handelt es sich bei diesem Mehrbetrag im Privatvermögen um einen evtl. zu berücksichtigenden Veräußerungsvorgang nach § 23 EStG oder im Betriebsvermögen um Einnahmen. Bei Verlust der Vermögenseinlage infolge Insolvenz des Handelsgewerbes liegt ein steuerlich nicht berücksichtigungsfähiger Verlust auf der privaten Vermögensebene vor. Bei Betriebsvermögen ist eine Einzelwertberichtigung vorzunehmen; der Verlust ist als Betriebsausgabe abzugsfähig.
Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters dürfen steuerrechtlich erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet und – im Regelfall – auch von seiner Einlage abgebucht worden ist. Eine zeitlich vorverlagerte Verlustzurechnung aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen wird nicht anerkannt, da für den Werbungskostenabzug nach § 11 Abs. 2 EStG die tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich die Erstellung des Jahresabschlusses, maßgebend sind (, BStBl 2008 II S. 126).
Auf Gewinnanteile an Unterbeteiligungen, d. h. Beteiligungen an gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, ist § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG entsprechend anzuwenden.
e) Zinsen aus Hypotheken usw.
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG auch Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden und Renten aus Rentenschulden. Erfasst werden nur Zinsen aus Verkehrshypotheken (§ 1113 BGB). Zinsen aus Sicherungshypotheken (§ 1184 BGB) sind regelmäßig unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG einzuordnen. Diese Einteilung ist für den Kapitalertragsteuerabzug von Bedeutung. Die Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG unterliegen nicht dem Abzug, während die Zinsen aus Sicherungshypotheken nach § 43 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.
Die Zinsen aus Grundschulden (§ 1191 BGB) werden in der Weise an den Begünstigten entrichtet, dass eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist oder dass Zinsen von der Geldsumme zu entrichten sind.
Die Renten aus Rentenschulden (§ 1199 BGB) werden in regelmäßig wiederkehrenden Leistungen gezahlt. Das Rentenstammrecht wird nicht gemindert. Renten, die durch das Grundstück gesichert werden, sind beim Empfänger wiederkehrende Leistungen i. S. des § 22 EStG.
f) Zinsen aus Spareinlagen von Lebensversicherungsbeiträgen
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch bestimmte Erträge aus Lebensversicherungen (hierzu ausführlich Redert, NWB F. 3 S. 13983 ff. NWB CAAAB-82095). Im Hinblick auf den Besteuerungsumfang erfolgte im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes eine grundlegende Umstellung. Nach dem bis zum geltenden Recht unterlagen die außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, grds. der Besteuerung. Ab dem wird der sog. Unterschiedsbetrag der Besteuerung zugrunde gelegt (ggf. hälftiger Unterschiedsbetrag). Ob das alte oder das neue Besteuerungsrecht anzuwenden ist, richtet sich nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.
Zur Besteuerung von Versicherungsbeträgen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG vergleiche im Übrigen , 2009/0637786 NWB BAAAD-29996).
aa) Verträge bis zum
Steuerlich zu erfassen sind außerrechnungsmäßige Zinsen (der Teil des vom Versicherer erwirtschafteten Überschusses, der bei der Beitragskalkulation bisher nicht berücksichtigt wurde) und rechnungsmäßige Zinsen (Zinsen auf den Sparanteil, der bei der Berechnung des Versicherungsbeitrags bereits einkalkuliert war). Bei Zinsen auf einen Vorsorgevertrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, der eine Mindestvertragslaufzeit von zwölf Jahren hat, können diese steuerfrei ausgezahlt werden.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG a. F. gibt es die Rückausnahme, die bei Einsatz der Lebensversicherung zur Finanzierung und damit nicht mehr allein für die private Altersvorsorge zu einer Steuerpflicht der Zinsen führt. Zu Einzelheiten s. , BStBl 2000 I S. 1118.
bb) Verträge ab dem
Der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der eingezahlten Beiträge wird nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG als Einnahme aus Kapitalvermögen erfasst. Es erfolgt nur eine Erfassung bei Kapitalauszahlung und nur bei Zahlung im Erlebensfall oder bei Rückkauf des Vertrags, d. h. nicht bei Rentenzahlungen, soweit diese lebenslang gewährt und bezahlt werden. Diese Regelung gilt entsprechend für Erträge aus fondsgebundenen Lebensversicherungen, für Erträge im Erlebensfall bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht, soweit keine lebenslange Rentenzahlung vereinbart und erbracht wird, und für Erträge bei Rückkauf des Vertrags bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht.
Hat der Steuerpflichtige den Kapitallebensversicherungsvertrag nicht selbst abgeschlossen, sondern diesen erworben, sind für die Ermittlung des Unterschiedsbetrags nicht die vom Veräußerer bis zum Veräußerungszeitpunkt geleisteten Beiträge, sondern die Anschaffungskosten des Erwerbers mit anzusetzen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i. V. mit § 52 Abs. 1 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Die Anschaffungskosten sind mithin wie „Beiträge” zu behandeln.
Für Versicherungsauszahlungen an den Begünstigten nach Vollendung des 60. Lebensjahrs und einer Mindestvertragslaufzeit von zwölf Jahren wird nur der halbe Unterschiedsbetrag versteuert. Für Verträge, die nach dem abgeschlossen werden, ist die Vollendung des 62. Lebensjahrs für den Ansatz des hälftigen Unterschiedsbetrags erforderlich. (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz v. , BGBl 2007 I S. 554).
Für Beiträge zugunsten von Versicherungsverträgen, die nach dem abgeschlossen werden, besteht i. d. R. nicht mehr die Möglichkeit der Berücksichtigung der geleisteten Beiträge im Rahmen des Sonderausgabenabzugs. Allerdings wird im Bereich des Sonderausgabenabzugs nicht auf den Vertragsabschluss des betreffenden Vertrags, sondern auf den Versicherungsbeginn (vor dem ) und eine Beitragsleistung noch im Jahr 2004 abgestellt. Bei entgeltlichem Erwerb des Anspruchs auf die Versicherungsleistung treten die Anschaffungskosten an die Stelle der vor dem Erwerb entrichteten Beiträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG).
Durch das JStG 2009 (BStBl 2008 I S. 2794) wurde mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 Folgendes ergänzt: Ist in einem Versicherungsvertrag eine gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart, die nicht auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Indexes abbilden, beschränkt ist, und kann der wirtschaftlich Berechtigte unmittelbar oder mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen (vermögensverwaltender Versicherungsvertrag), sind die dem Versicherungsunternehmen zufließenden Erträge dem wirtschaftlich Berechtigten aus dem Versicherungsvertrag zuzurechnen; § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1–4 EStG sind in diesen Fällen nicht anzuwenden. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG ist nicht anzuwenden, wenn
in einem Kapitallebensversicherungsvertrag mit vereinbarter laufender Beitragszahlung in mindestens gleich bleibender Höhe bis zum Zeitpunkt des Erlebensfalls die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos weniger als 50 % der Summe der für die gesamte Vertragsdauer zu zahlenden Beiträge beträgt und
bei einem Kapitallebensversicherungsvertrag die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos das Deckungskapital oder den Zeitwert der Versicherung spätestens fünf Jahre nach Vertragsabschluss nicht um mindestens zehn % des Deckungskapitals, des Zeitwerts oder der Summe der gezahlten Beiträge übersteigt. Dieser Prozentsatz darf bis zum Ende der Vertragslaufzeit in jährlich gleichen Schritten auf Null sinken.
g) Zinsen aus sonstigen Kapitalforderungen
Sonstige Kapitalforderungen jeder Art i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind alle Erträge aus der Überlassung von Kapital, die nicht schon nach einem anderen Tatbestand des § 20 Abs. 1 EStG erfasst werden. Hierzu zählen z. B. Zinsen aus Bankeinlagen, Bausparverträgen, Darlehensforderungen, Gewinnobligationen, Kaufpreisforderungen, gestundetem Arbeitslohn, Steuererstattungsansprüchen, finanzinnovativen Kapitalanlagen. Kapitalerträge liegen auch dann vor, wenn die vollständige Rückzahlung des eingezahlten Kapitals nicht sicher ist, aber ein fester Zins zugesichert wurde. Für die Besteuerung der sonstigen Kapitalforderungen kommt es nicht auf die Bezeichnung der Kapitalanlage an, sondern nur darauf, ob es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um ein Entgelt für die Überlassung von Kapital handelt.
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasst den laufenden Ertrag aus der Verzinsung von Kapitalüberlassung beim Erwerber der Kapitalforderung im Zeitpunkt des Zuflusses nach § 11 Abs. 1 EStG. Zwischenveräußerungsfälle, d. h. Veräußerung an einen Zweit- oder Dritterwerber innerhalb von zwei Zinsterminen, und die sog. Durchhaltefälle, werden von § 20 Abs. 2 Nr. 2–4 EStG erfasst. Die sonstigen Kapitalforderungen unterliegen nicht dem Halbeinkünfteverfahren.
Zu den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören auch die von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Zusammenhang mit Rentennachzahlungen gezahlte Zinsen gemäß § 44 Abs. 1 SGB I (, BStBl 2008 II S. 292).
h) Diskontbeträge
Erfasst werden Diskontabschläge beim Ankäufer eines Wechsels oder einer Anweisung einschl. Schatzwechsel vor Fälligkeit. Diskonte sind Zinsvergütungen, die bei einer noch nicht fälligen Zahlung demjenigen gewährt werden, der den Gegenwert auf die Forderung vor ihrer Fälligkeit dem Gläubiger zufließen lässt. Der Unterschiedsbetrag zwischen Erwerbspreis und Einlösewert gehört zu den Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 8 EStG.
i) Sonstige Leistungen bestimmter Körperschaften usw.
Erfasst werden ausschüttungsähnliche Nutzungserträge an Anteilseigner von Körperschaften i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 3–5 KStG, d. h. von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, sonstigen juristische Personen des Privatrechts sowie nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten und Stiftungen. Unter § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG fallen alle wiederkehrenden oder einmaligen Leistungen einer Stiftung, die von den beschlussfassenden Stiftungsgremien aus den Erträgen der Stiftung an den Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge ausgekehrt werden. Der Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge erzielen entsprechende Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dies gilt auch, wenn die Leistungen anlässlich der Auslösung der Stiftung erbracht werden.
j) Sonstige Leistungen/Gewinne von Betrieben gewerblicher Art
Zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen gehören:
(a) Leistungen eines nicht von der
Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art mit
eigener Rechtspersönlichkeit (z. B. Gewinnausschüttungen an
den Gewährträger) und (b) Gewinne eines Betriebs gewerblicher
Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit und
wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, die
nicht den Rücklagen zugeführt werden. Die Auflösung der Rücklagen zu Zwecken
außerhalb des Betriebs gewerblicher Art ist als Gewinn i. S. von
§ 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG zu
erfassen. In Fällen der Einbringung nach dem Achten Teil UmwStG gelten die
Rücklagen als aufgelöst. Die Einlagenrückgewähr zählt nicht zu den
Kapitaleinkünften.
k) Besondere Entgelte und Vorteile
Kapitaleinkünfte sind auch die besonderen Entgelte oder Vorteile, die für die Nutzungsüberlassung von Kapital gezahlt und neben den ausdrücklich in § 20 Abs. 1 EStG genannten Einnahmen gewährt werden. Es muss sich dabei nicht um Geldzahlungen handeln. Nicht hierzu zählen Vermögenszuwächse oder Kapitalrückflüsse. Auf diese besonderen Entgelte oder Vorteile ist das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden (s. § 3 Nr. 40 Buchst. f EStG). Beispiele: Agio, Disagio, Damnum, Bonus, Wertsicherungsklauseln, Kursgarantien, Dividenden-/Zinsgarantien, Wohnungsnutzung (Hapimag-Aktionäre).
l) Einnahmen aus der Veräußerung von Dividenden-/Zinsscheinen
Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts ohne gleichzeitige Veräußerung des Stammrechts (z. B. Aktie) rechnen ebenfalls zu den Kapitaleinkünften. Die Veräußerung erfolgt vor dem Gewinnverteilungsbeschluss. Bei Veräußerung nach dem Gewinnverteilungsbeschluss ist der Veräußerer Anteilseigner und damit die Zurechnung des Dividendenertrags nach den allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen.
Entsprechendes gilt für Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und -forderungen durch den Inhaber oder ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörige Schuldverschreibung nicht mit veräußert wird.
m) Stückzinsen
Zu den Kapitaleinkünften gehören Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und -forderungen, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen mitveräußert werden und das Entgelt für die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung entfallenden Stückzinsen gesondert in Rechnung gestellt wird.
Der Veräußerer hat die Stückzinsen im Zeitpunkt der Zahlung zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 i. V. mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG). Der Erwerber hat in Höhe der gezahlten Stückzinsen negative Einnahmen aus § 20 EStG (der Werbungskosten-Pauschbetrag bleibt hiervon unberührt), im Jahr der Zinszahlung ist ihm der volle Zinsbetrag zuzurechnen.
n) Finanzinnovationen
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören Einnahmen aus der Veräußerung und Abtretung von verbrieften und nicht verbrieften Kapitalforderungen und/oder Zinsforderungen, bei denen ein Nutzungsentgelt für das überlassene Kapital gewährt oder die Rückzahlung des Kapitals garantiert wird. Ohne die Erfassung der verdeckten Zinserträge bei diesen Finanzinnovationen wäre ihre Besteuerung nicht gesichert. Entscheidend ist, dass wirtschaftlich neben der vollen/teilweisen Kapitalrückzahlung ein Kapitalnutzungsertrag gewährt wird. Wegen der einzelnen Formen der Finanzinnovationen s. die Aufzählung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a–d EStG sowie Harenberg, NWB F. 3 S. 13699 ff. NWB KAAAB-68730.
Die Höhe des Kapitalertrags wird auf der Grundlage der vom Emittenten kalkulierten Emissionsrendite berechnet. Die Emissionsrendite ist die vom Emittenten in den Emissionsbedingungen oder vom Schuldner der Erträge von vornherein zugesagte Verzinsung des überlassenen Kapitals. Bei Zwischenveräußerung (Veräußerung vor Endfälligkeit) bzw. Zwischenerwerb (Erwerb nach Emission) ist nur die besitzzeitanteilige Emissionsrendite zu versteuern. Nach dieser Berechnungsmethode wird sichergestellt, dass marktzinsbedingte Kursschwankungen nicht versteuert werden müssen. Die Emissionsrendite ist vom Steuerpflichtigen zu ermitteln und dem Finanzamt mitzuteilen. Gibt der Steuerpflichtige die Rendite – aus welchen Gründen auch immer – nicht an, darf sie nicht vom Finanzamt selbständig ermittelt werden. In diesem Fall ist der steuerpflichtige Ertrag anhand der Marktrendite (Differenzmethode) zu ermitteln (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Dabei gilt der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung der Wertpapiere oder Kapitalforderungen als steuerpflichtiger Kapitalertrag. Der Steuerpflichtige hat ein echtes Wahlrecht zwischen der Ermittlung nach der Emissionsrendite oder Marktrendite, d. h. er kann sich das günstigste Ergebnis aussuchen. Dabei ist allerdings die Markrendite einfacher zu ermitteln als die Emissionsrendite.
Zur aktuellen Verwaltungsauffassung bei der Besteuerung von Finanzinnovationen, s. NWB XAAAC-50848. Zu den Auswirkungen des , BStBl 2008 II S. 563, s. NWB ZAAAC-83373. Danach findet die BFH-Rechtsprechung bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer und bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach dem Investmentsteuerrecht keine Anwendung. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer können aus verwaltungsökonomischen Gründen die der Erhebung der Kapitalertragsteuer zugrunde gelegten Daten übernommen werden. In geeigneten Fällen (erhebliche Verluste oder – in Abweichung von den der Erhebung der Kapitalertragsteuer zugrunde gelegten Daten – erhebliche Reduzierung der steuerpflichtigen Erträge) kann der Steuerpflichtige aufgefordert werden, die Emissionsbedingungen vorzulegen.
o) Verlustverrechnungsbeschränkung bei Steuerstundungsmodellen
Ab dem Veranlagungszeitraum 2006 ist die Verlustverrechnungsbeschränkung des §15b EStG für Verluste aus Steuerstundungsmodellen (vgl. Tz. 186) auf alle Einkünfte aus Kapitalvermögen anzuwenden. Für die Zeit vom (Datum der Einführung von § 15b EStG) bis zum ist die Verlustverrechnungsbeschränkung nur auf Verluste i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG analog anzuwenden. Damit unterliegen insbesondere Verluste aus fremdfinanzierten Lebens- und Rentenversicherungen der Verlustverrechnungsbeschränkung.
Tz. 219a Einteilung der Kapitaleinkünfte und steuerliche Behandlung (ab VZ 2009)
a) Gewinnausschüttungen
Genussrechte sind Gläubigerrechte gegenüber einer Kapitalgesellschaft, wenn mit ihnen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös der Gesellschaft verbunden ist. Sie gewähren keine gesellschaftsrechtlichen Mitgliedsrechte, d. h. kein Stimmrecht und kein Verwaltungsrecht, sondern berechtigen lediglich zur schuldrechtlichen Beteiligung am Gewinn.
Gewinnanteile oder sonstige Vorteilszuwendungen erhält ein Gesellschafter bei einer Beteiligung an einer in § 1 KStG aufgeführten Körperschaft. Unerheblich ist hierbei, ob die Gewinne aus dem Jahresgewinn oder aus einer in früheren Jahren gebildeten Rücklage, aus einer offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung oder aus einer Vorabausschüttung auf den noch nicht förmlich festgestellten Gewinn erfolgt.
Offene Gewinnausschüttungen sind Gewinne, die auf einem gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschluss beruhen. Die Gewinnausschüttung ist auch dann beim Gesellschafter als Einnahme aus Kapitalvermögen zu erfassen, wenn der Gewinnverteilungsbeschluss rückgängig gemacht oder aufgehoben wird (, BStBl 2001 II S. 173).
Thesaurierte Erträge sind in einer Investmentgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, § 1 KAGG) wieder angelegte Zinsen und Dividenden. Der Anteilseigner hat diese thesaurierten Gewinne zu versteuern. Dies gilt auch dann, wenn er seinen Anteil erst im Laufe eines Jahrs erworben hat und einen Ertragsausgleich bezahlen musste. Diesen Ertragsausgleich kann er nicht als negative Einnahmen (wie bei Stückzinsen) geltend machen.
Zu den sonstigen Bezügen gehören alle Beträge, die der Gesellschafter von einer Gesellschaft unbeschadet des Grund- oder Stammkapitals aufgrund seiner Einlage erhält, soweit diese nicht unter den Begriff der Gewinnanteile fallen, z. B. auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Als sonstige Bezüge gelten auch Zahlungen des Verkäufers zum Ausgleich dafür, dass er dem Erwerber neben der Aktie nicht auch den zwischenzeitlich entstandenen Anspruch auf Auszahlung der Dividende vermittelt (Dividendenkompensation). Bei den hier geregelten Fällen handelt es sich meist um sog. Leerverkäufe. S. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Vorteilszuwendungen jeglicher Art der Gesellschaft an den Gesellschafter und an ihm nahestehende Personen, die außerhalb des gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschlusses zufließen und einem Nichtgesellschafter unter gleichen Voraussetzungen nicht zugewandt worden wären (Veranlassung liegt im Gesellschaftsverhältnis). Es handelt sich hierbei regelmäßig um Vermögensvorteile jeglicher Art (Mieterlass, Nutzungsvorteile, Zins). Diese Vorteile werden ohne vorherige klare und eindeutige vertragliche Regelung gewährt. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist bei der Kapitalgesellschaft eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die sich auf die Höhe ihres Einkommens nicht auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Voraussetzung für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist die Bereicherung beim Gesellschafter, die als geldwerter Vorteil hinreichend bestimmbar sein muss. Die Bereicherung bei einer dem Gesellschafter nahestehenden Person ist diesem mittelbar zuzurechnen. Es wird davon ausgegangen, dass diese Person ohne die Verbindung zum Gesellschafter den Vermögensvorteil nicht erlangt hätte.
Der Zuflusszeitpunkt bestimmt sich danach, wann der Gesellschafter wirtschaftlich über die Ausschüttung verfügen kann, soweit die Anteile zu seinem Privatvermögen gehören. Hierbei ist es unbeachtlich, wenn für den Vorteil eine Rückzahlungsverpflichtung besteht. Bei einem Alleingesellschafter sind jedoch Ausschüttungen bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung zugeflossen (, BStBl 1999 II S. 223). Die Aufrechnung steht einer Zahlung gleich; die Einnahmen fließen dann zu, wenn die Aufrechnungslage gegeben und die Aufrechnung erklärt wird (§§ 387 ff. BGB).
Die Rückzahlung von Einlagen gehört nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit sie aus Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft stammen, für die Eigenkapital i. S. des § 27 KStG als verwendet gilt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Auskehrungen von Nennkapital oder Rücklagen an den Gesellschafter, die nicht aus Gewinn gebildet wurden, sind somit keine steuerlich zu erfassenden Einnahmen. Beim Gesellschafter werden diese Ausschüttungen als Abgang auf dem steuerlichen Einlagekonto erkannt; die Kapitalgesellschaft hat eine nach amtlichem Muster erstellte Bescheinigung zu erteilen (§ 27 Abs. 3 KStG).
Bezugsrecht ist das Recht des Gesellschafters, bei einer Kapitalerhöhung neue Anteile zu den festgesetzten Bedingungen zu erwerben. Den bisherigen Gesellschaftern wird dadurch die Möglichkeit gegeben, den prozentualen Anteil an der Kapitalgesellschaft nach der Kapitalerhöhung gleich zu halten. Die Zuteilung eines Bezugsrechts führt zu keiner Vermögensmehrung und zu keinem Ertrag aus der Beteiligung. Die Bezugsrechte sind somit auch keine Einnahmen aus Kapitalvermögen, ebenso nicht der Veräußerungserlös. Es handelt sich nicht um ein Nutzungsentgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen. Im Rahmen der §§ 17, 23 EStG kann die Veräußerung des Bezugsrechts im Privatvermögen steuerpflichtig sein.
Gratisaktien und sonstige Freianteile gehören nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen.
b) Rückflüsse aus in Nennkapital umgewandelten Gewinnrücklagen
Bezüge aufgrund einer Kapitalherabsetzung bei unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften werden als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst, wenn Nennkapital, das aus der Umwandlung von Gewinnrücklagen gebildet wurde, verwendet wird. Entsprechend sind Bezüge nach der Auflösung von unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften als Einnahmen zu erfassen, wenn das ausgeschüttete Nennkapital zuvor aus der Umwandlung von Gewinnrücklagen entstanden ist.
c) Teileinkünfteverfahren
Mit dem Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren bzw. ab Veranlagungszeitraum 2009 Teileinkünfteverfahren ist § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG weggefallen. Die Besteuerung der Ausschüttung beim Gesellschafter wird losgelöst von der Besteuerung des Gewinns bei der Gesellschaft.
Die Definitivbelastung mit Körperschaftsteuer beträgt für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne einheitlich 25 %. 40 % der dem Gesellschafter zugeflossenen Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 9 EStG sind steuerfrei. Unbeachtlich ist, ob sich die Anteile im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen des Anteilseigners befinden. Befindet sich die Beteiligung im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft, ist die Ausschüttung nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Aufwendungen des Anteilseigners sind, soweit sie wirtschaftlich mit den Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG im Zusammenhang stehen, nur zu 60 % abzugsfähig. Zu § 3 Nr. 40 EStG s. Tz. 22 (33).
Zur Aufteilung von Aufwendungen bei Kapitaleinkünften, die nur teilweise dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, s. , BStBl 2002 I S. 647.
d) Einnahmen aus stiller Gesellschaft und partiarischen Darlehen
Die Einnahmen eines stillen Gesellschafters und aus der Hingabe eines partiarischen Darlehens sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu erfassen.
Der stille Gesellschafter ist gem. §§ 230–237 HGB mit einer Vermögenseinlage an dem Handelsgewerbe beteiligt. Im Gegensatz zu einem Darlehen besteht keine Festverzinsung auf das überlassene Kapital, sondern eine Gewinnbeteiligung als Ausfluss der Einlage. Es handelt sich bei der stillen Gesellschaft um eine Innengesellschaft, da die Vermögenseinlage zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (Gesellschaftsvertrag) gezahlt wird. Nicht notwendig ist eine Verlustbeteiligung; sie kann sogar vertraglich ausgeschlossen werden. Bei einem Verlustanteil aus einer stillen Gesellschaft handelt es sich um Werbungskosten aus Kapitalvermögen. Sollte eine Verlustübernahme zu einem negativen Einlagekonto des stillen Gesellschafters führen, sind die Verlustausgleichsbeschränkungen der § 15 Abs. 4 Satz 6–8, §§ 15a, 15b EStG zu beachten. Wegen weiterer Formen der Einnahmen eines stillen Gesellschafters s. H 20.2 EStH „Stiller Gesellschafter”. Für die Annahme einer stillen Gesellschaft können von den Vertragsparteien gewählte Formulierungen indizielle Bedeutung haben; entscheidend ist, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob der – unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde – Vertragswille auf die Merkmale einer (stillen) Gesellschaft gerichtet ist. Dabei darf der für eine stille Gesellschaft erforderliche gemeinsame Zweck der Gesellschafter nicht mit deren Motiven für ihre Beteiligung vermengt werden (vgl. , BStBl 2008 II S. 852).
Bei Abweichungen im Gesellschaftsvertrag und bei tatsächlicher Durchführung der stillen Gesellschaft dergestalt, dass der stille Gesellschafter an den Entscheidungen teilnimmt (Unternehmerinitiative entfaltet), an dem Unternehmensrisiko und/oder an den stillen Reserven des Unternehmensvermögens beteiligt wird, handelt es sich um eine atypisch stille Gesellschaft. Der atypisch stille Gesellschafter erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG), da die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft erfüllt sind.
Ein partiarisches Darlehen liegt vor, wenn einem Darlehensgeber neben Zinsen ein Anteil am Geschäftsgewinn zusteht oder eine Gewinnbeteiligung mit garantiertem Mindestgewinn eingeräumt ist. Der Geldgeber begründet mit der Gesellschaft lediglich eine obligatorische Rechtsbeziehung; d. h. es wird kein gemeinsamer Zweck verfolgt, sondern die Hingabe des Gelds erfolgt ausschließlich zur Erlangung einer Gewinnbeteiligung. Bei einem partiarischen Darlehen ist keine Verlustbeteiligung möglich, da nach § 607 BGB das Wesen eines jeden Darlehens darin besteht, dass der Darlehensgeber sein geleistetes Kapital/Vermögen vollständig zurückerhält.
Einnahmen aus einer stillen Gesellschaft und aus einem partiarischen Darlehen unterliegen beim Empfänger der vollen Besteuerung, da insoweit das Halbeinkünfteverfahren keine Anwendung findet. Eine Abgrenzung wäre somit hier nicht erforderlich. Jedoch ist die Unterscheidung für die Gewerbesteuer notwendig. Die Gewinnanteile eines typisch stillen Gesellschafters sind nach § 8 Nr. 3 GewStG wieder dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen, wenn dieser nicht beim Empfänger zur Gewerbesteuer herangezogen wird.
Die Einnahmen werden im Jahr des Zuflusses nach § 11 Abs. 1 EStG erfasst, spätestens im vertraglich geregelten Zeitpunkt. Existiert keine Regelung, ist der Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses (nicht der Bilanzstichtag) maßgebend. Die Rückzahlung der Einlage ist ein Vorgang auf der Vermögensebene. Wird mehr als die Einlage zurückgezahlt, handelt es sich bei diesem Mehrbetrag im Privatvermögen um einen evtl. zu berücksichtigenden Veräußerungsvorgang nach § 23 EStG oder im Betriebsvermögen um Einnahmen. Bei Verlust der Vermögenseinlage infolge Insolvenz des Handelsgewerbes liegt ein steuerlich nicht berücksichtigungsfähiger Verlust auf der privaten Vermögensebene vor. Bei Betriebsvermögen ist eine Einzelwertberichtigung vorzunehmen; der Verlust ist als Betriebsausgabe abzugsfähig.
Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters dürfen steuerrechtlich erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet und – im Regelfall – auch von seiner Einlage abgebucht worden ist. Eine zeitlich vorverlagerte Verlustzurechnung aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen wird nicht anerkannt, da für den Werbungskostenabzug nach § 11 Abs. 2 EStG die tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich die Erstellung des Jahresabschlusses, maßgebend sind (, BStBl 2008 II S. 126).
Auf Gewinnanteile an Unterbeteiligungen, d. h. Beteiligungen an gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, ist § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG entsprechend anzuwenden.
e) Zinsen aus Hypotheken usw.
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG auch Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden und Renten aus Rentenschulden. Erfasst werden nur Zinsen aus Verkehrshypotheken (§ 1113 BGB). Zinsen aus Sicherungshypotheken (§ 1184 BGB) sind regelmäßig unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG einzuordnen. Diese Einteilung ist für den Kapitalertragsteuerabzug von Bedeutung. Die Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG unterliegen nicht dem Abzug, während die Zinsen aus Sicherungshypotheken nach § 43 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.
Die Zinsen aus Grundschulden (§ 1191 BGB) werden in der Weise an den Begünstigten entrichtet, dass eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist oder dass Zinsen von der Geldsumme zu entrichten sind.
Die Renten aus Rentenschulden (§ 1199 BGB) werden in regelmäßig wiederkehrenden Leistungen gezahlt. Das Rentenstammrecht wird nicht gemindert. Renten, die durch das Grundstück gesichert werden, sind beim Empfänger wiederkehrende Leistungen i. S. des § 22 EStG.
f) Zinsen aus Spareinlagen von Lebensversicherungsbeiträgen
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch bestimmte Erträge aus Lebensversicherungen (vgl. hierzu ausführlich Redert, NWB F. 3 S. 13983 ff. NWB CAAAB-82095). Im Hinblick auf den Besteuerungsumfang erfolgte im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes eine grundlegende Umstellung. Nach dem bis zum geltenden Recht unterlagen die außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, grds. der Besteuerung. Ab dem wird der sog. Unterschiedsbetrag der Besteuerung zugrunde gelegt (ggf. hälftiger Unterschiedsbetrag). Ob das alte oder das neue Besteuerungsrecht anzuwenden ist, richtet sich nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.
Zur Besteuerung von Versicherungsbeträgen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG vergleiche im Übrigen , 2009/0637786 NWB BAAAD-29996.
aa) Verträge bis zum
Steuerlich zu erfassen sind
außerrechnungsmäßige Zinsen (der Teil des
vom Versicherer erwirtschafteten Überschusses, der bei der Beitragskalkulation
bisher nicht berücksichtigt wurde) und rechnungsmäßige
Zinsen (Zinsen auf den Sparanteil, der bei der Berechnung des
Versicherungsbeitrags bereits einkalkuliert war). Bei Zinsen auf einen
Vorsorgevertrag nach
§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
EStG, der eine Mindestvertragslaufzeit von zwölf Jahren
hat, können diese steuerfrei ausgezahlt werden.
Nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3
EStG a. F. gibt es die Rückausnahme, die bei Einsatz der
Lebensversicherung zur Finanzierung und damit nicht mehr allein für die private
Altersvorsorge zu einer Steuerpflicht der Zinsen führt. Zu Einzelheiten s.
,
BStBl 2000 I S. 1118.
bb) Verträge ab dem
Der
Unterschiedsbetrag zwischen der
Versicherungsleistung und der Summe der eingezahlten Beiträge wird nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG als
Einnahme aus Kapitalvermögen erfasst. Es erfolgt nur eine Erfassung bei
Kapitalauszahlung und nur bei Zahlung im Erlebensfall oder bei Rückkauf des
Vertrags, d. h. nicht bei Rentenzahlungen, soweit diese lebenslang gewährt und
bezahlt werden. Diese Regelung gilt entsprechend für Erträge aus
fondsgebundenen Lebensversicherungen, für Erträge im Erlebensfall bei
Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht, soweit keine lebenslange
Rentenzahlung vereinbart und erbracht wird, und für Erträge bei Rückkauf des
Vertrags bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht.
Hat der
Steuerpflichtige den Kapitallebensversicherungsvertrag nicht selbst
abgeschlossen, sondern diesen erworben, sind für die Ermittlung des
Unterschiedsbetrags nicht die vom Veräußerer bis zum Veräußerungszeitpunkt
geleisteten Beiträge, sondern die Anschaffungskosten des Erwerbers mit
anzusetzen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3
EStG i. V. mit
§ 52 Abs. 1 EStG i. d. F.
des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Die Anschaffungskosten sind mithin
wie „Beiträge” zu behandeln.
Für
Versicherungsauszahlungen an den Begünstigten nach Vollendung des 60.
Lebensjahrs und einer Mindestvertragslaufzeit von zwölf Jahren wird nur der
halbe Unterschiedsbetrag versteuert. Für Verträge, die nach dem
abgeschlossen werden, ist die Vollendung des 62. Lebensjahrs für den Ansatz des
hälftigen Unterschiedsbetrags erforderlich. (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz
v. ,
BGBl 2007 I
S. 554).
Für Beiträge zugunsten von
Versicherungsverträgen, die nach dem abgeschlossen werden, besteht
i. d. R. nicht mehr die Möglichkeit der Berücksichtigung der geleisteten
Beiträge im Rahmen des Sonderausgabenabzugs. Allerdings wird im Bereich des
Sonderausgabenabzugs nicht auf den Vertragsabschluss des betreffenden Vertrags,
sondern auf den Versicherungsbeginn (vor dem ) und eine
Beitragsleistung noch im Jahr 2004 abgestellt.
Bei entgeltlichem
Erwerb des Anspruchs auf die Versicherungsleistung treten die
Anschaffungskosten an die Stelle der vor dem Erwerb entrichteten Beiträge
(§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3
EStG).
g) Zinsen aus sonstigen Kapitalforderungen
Sonstige Kapitalforderungen
jeder Art i. S. des
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind
alle Erträge aus der Überlassung von Kapital, die nicht schon nach einem
anderen Tatbestand des
§ 20 Abs. 1 EStG erfasst
werden. Hierzu zählen z. B. Zinsen aus Bankeinlagen, Bausparverträgen,
Darlehensforderungen, Gewinnobligationen, Kaufpreisforderungen, gestundetem
Arbeitslohn, Steuererstattungsansprüchen, finanzinnovativen Kapitalanlagen.
Kapitalerträge liegen auch dann vor, wenn die vollständige Rückzahlung des
eingezahlten Kapitals nicht sicher ist, aber ein fester Zins zugesichert oder
geleistet wurde. Für die Besteuerung der sonstigen Kapitalforderungen kommt es
nicht auf die Bezeichnung der Kapitalanlage an, sondern nur darauf, ob es sich
bei wirtschaftlicher Betrachtung um ein Entgelt für die Überlassung von Kapital
handelt.
§ 20 Abs. 1 Nr. 7
EStG erfasst den laufenden Ertrag aus der Verzinsung von
Kapitalüberlassung beim Erwerber der Kapitalforderung im Zeitpunkt des
Zuflusses nach
§ 11 Abs. 1 EStG.
Zwischenveräußerungsfälle, d. h. Veräußerung an einen Zweit- oder Dritterwerber
innerhalb von zwei Zinsterminen, und die sog. Durchhaltefälle, werden von
§ 20 Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG
erfasst. Die sonstigen Kapitalforderungen unterliegen nicht dem
Teileinkünfteverfahren.
Zu den Einkünften nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
gehören auch die von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im
Zusammenhang mit Rentennachzahlungen gezahlte Zinsen gemäß
§ 44 Abs. 1 SGB I
(,
BStBl 2008 II S. 292).
h) Diskontbeträge
Erfasst werden Diskontabschläge beim Ankäufer eines Wechsels oder einer Anweisung einschl. Schatzwechsel vor Fälligkeit. Diskonte sind Zinsvergütungen, die bei einer noch nicht fälligen Zahlung demjenigen gewährt werden, der den Gegenwert auf die Forderung vor ihrer Fälligkeit dem Gläubiger zufließen lässt. Der Unterschiedsbetrag zwischen Erwerbspreis und Einlösewert gehört zu den Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 8 EStG.
i) Sonstige Leistungen bestimmter Körperschaften usw.
Erfasst werden ausschüttungsähnliche Nutzungserträge an Anteilseigner von Körperschaften i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 3–5 KStG, d. h. von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, sonstigen juristische Personen des Privatrechts sowie nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten und Stiftungen. Unter § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG fallen alle wiederkehrenden oder einmaligen Leistungen einer Stiftung, die von den beschlussfassenden Stiftungsgremien aus den Erträgen der Stiftung an den Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge ausgekehrt werden. Der Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge erzielen entsprechende Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dies gilt auch, wenn die Leistungen anlässlich der Auslösung der Stiftung erbracht werden.
j) Sonstige Leistungen/Gewinne von Betrieben gewerblicher Art
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören:
Leistungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit (z. B. Gewinnausschüttungen an den Gewährträger) und
Gewinne eines Betriebs gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit und wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, die nicht den Rücklagen zugeführt werden. Die Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des Betriebs gewerblicher Art ist als Gewinn i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG zu erfassen. In Fällen der Einbringung nach dem Achten Teil UmwStG gelten die Rücklagen als aufgelöst. Die Einlagenrückgewähr zählt nicht zu den Kapitaleinkünften.
k) Stillhalteprämien
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören ab Veranlagungszeitraum 2009 auch die Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werde. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien.
l) Private Veräußerungsgewinne
Ab Veranlagungszeitraum 2009 gehören auch die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (bis Veranlagungszeitraum 2008 waren diese Gewinne nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG a. F. steuerpflichtig, wenn Erwerb und Veräußerung der Anteile innerhalb eines Jahres stattgefunden haben. Zu den Anteilen an einer Körperschaft zählen auch die Genussrechte i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, den Anteilen im i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf Anteile im Sinne i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
m) Einnahmen aus der Veräußerung von Dividenden-/Zinsscheinen, Stückzinsen
Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts ohne gleichzeitige Veräußerung des Stammrechts (z. B. Aktie) rechnen ebenfalls zu den Kapitaleinkünften. Die Veräußerung erfolgt vor dem Gewinnverteilungsbeschluss. Bei Veräußerung nach dem Gewinnverteilungsbeschluss ist der Veräußerer Anteilseigner und damit die Zurechnung des Dividendenertrags nach den allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen.
Entsprechendes gilt für Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und -forderungen durch den Inhaber oder ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörige Schuldverschreibung nicht mit veräußert wird.
Zu den Kapitaleinkünften gehören Einnahmen aus der Veräußerung von Zinsscheinen und -forderungen, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen nicht mitveräußert werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG).
n) Termingeschäfte
Ab Veranlagungszeitraum 2009 zählt auch der Gewinn aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, und der Gewinn aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Bis Veranlagungszeitraum 2008 waren die Gewinne aus Termingeschäften nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG a. F. steuerpflichtig.
o) Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielen
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählt des Weiteren der Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielen.
p) Gewinn aus der Übertragung von Rechten i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG
Außerdem zählt der Gewinn aus der Übertragung von Rechten i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
q) Gewinn aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. In diesen Fällen hat das Versicherungsunternehmen nach Kenntniserlangung von der Veräußerung unverzüglich Mitteilung an das für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt zu machen und auf Verlangen des Steuerpflichtigen eine Bescheinigung über die Höhe der entrichteten Beiträge im Zeitpunkt der Veräußerung zu erteilen.
r) Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
Der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählt ebenfalls zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
s) Gewinn aus der Übertragung oder Aufgabe einer die Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG vermittelnden Rechtsposition
Weiterhin gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Übertragung oder Aufgabe einer die Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG vermittelnden Rechtsposition.
t) Besondere Entgelte oder Vorteile
Schließlich gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1 und 2 EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden. Es muss sich dabei nicht um Geldzahlungen handeln. Nicht hierzu zählen Vermögenszuwächse oder Kapitalrückflüsse. Zu den besonderen Entgelten und Vorteilen zählen z. B. Agio, Disagio, Damnum, Bonus, Wertsicherungsklauseln, Kursgarantien, Dividenden-/Zinsgarantien, Wohnungsnutzung (Hapimag-Aktionäre).
Tz. 219b Einkunftsermittlung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 Abs. 2 EStG
a) Allgemeines
Der Gewinn aus den Einkünften nach § 20 Abs. 2 EStG ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Veräußerungskosten, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten. Wird das Geschäft in einer Fremdwährung abgewickelt, sind die Einnahmen im Zeitpunkt der Veräußerung und die Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umzurechnen.
b) Verdeckte Einlagen
In den Fällen der verdeckten Einlage tritt an die Stelle der Einnahmen aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter ihr gemeiner Wert. Der Gewinn ist im Kalenderjahr der verdeckten Einlage zu versteuern.
c) Vorhergehende Überführung aus dem Betriebsvermögen
Ist ein Wirtschaftsgut i. S. von § 20 Abs. 2 EStG vor der Veräußerung durch Entnahme oder Betriebsaufgabe aus dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in das Privatvermögen überführt worden, tritt an die Stelle der ursprünglichen Anschaffungskosten der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG oder § 16 Abs. 3 EStG angesetzte Wert. Durch diese Regelung wird eine Doppelbesteuerung von Gewinnen vermieden. Denn bereits bei Entnahme oder Betriebsaufgabe sind die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen stillen Reserven zu versteuern. Für eine erneute Versteuerung dieser Gewinne bei Veräußerung der Wirtschaftsgüter aus dem Privatvermögen bleibt dann kein Raum mehr.
d) Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung
In den Fällen der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG gelten die entrichteten Beiträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG als Anschaffungskosten. Wurden die Ansprüche zuvor entgeltlich erworben, gelten auch die nach dem Erwerb entrichteten Beiträge als Anschaffungskosten.
e) Termingeschäfte
Bei Termingeschäften ermittelt sich der Gewinn aus dem Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen.
f) Unentgeltlicher Erwerb
Bei unentgeltlichem Erwerb sind dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung, die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen, der Erwerb eines Rechts aus Termingeschäften oder die Beiträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen (Fußstapfentheorie).
g) Depotsammelverwahrung
Bei vertretbaren Wertpapieren, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung (§ 5 Depotgesetz), anvertraut worden sind, ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert wurden (§ 20 Abs. 4 Satz 7 EStG).
Tz. 219c Sonderregelung beim Tausch von ausländischen Anteilen gegen ausländische Anteile
Durch das JStG 2009 vom 19. 12. 2008 (BGBl 2008 I S. 2794) wurde folgende Sonderregelung beim Tausch von ausländischen Anteilen gegen andere ausländische Anteile eingefügt:
Liegt ein Tausch von ausländischen Anteilen gegen andere ausländische Anteile vor und wird der Tausch aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vollzogen, die von den beteiligten Unternehmen ausgehen, treten abweichend von § 20 Absatz 2 Satz 1 und § 13 Abs. 2 UmwStG die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile, wenn das deutsche Besteuerungsrecht am Gewinn aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist oder die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei einer Verschmelzung Artikel 8 der Richtlinie 90/434/EWG anzuwenden haben. In diesem Fall ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der erworbenen Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines DBA in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung der Anteile an der übertragenden Körperschaft zu besteuern wäre. § 15 Abs. 1a Satz 2 EStG gilt sinngemäß. Erhält der Steuerpflichtige zusätzlich zu den Anteilen eine weitere Gegenleistung, ist diese im Rahmen der Einkünfte i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Besitzt bei sonstigen Kapitalforderungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Inhaber das Recht, bei Fälligkeit an Stelle der Rückzahlung des Nominalbetrags vom Emittenten die Lieferung einer vorher festgelegten Anzahl von Wertpapieren zu verlangen oder besitzt der Emittent das Recht, bei Fälligkeit dem Inhaber an Stelle der Rückzahlung des Nominalbetrags eine vorher festgelegte Anzahl von Wertpapieren anzudienen und machen der Inhaber der Forderung oder der Emittent von diesem Recht Gebrauch, ist abweichend von § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG das Entgelt für den Erwerb der Forderung als Veräußerungspreis der Forderung und als Anschaffungskosten der erhaltenen Wertpapiere anzusetzen. Werden Bezugsrechte veräußert oder ausgeübt, die nach § 186 AktG, § 55 GmbHG oder einem vergleichbaren ausländischen Rechts einen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags begründen, wird der Teil der Anschaffungskosten der Altanteile, der auf das Bezugsrecht entfällt, bei der Ermittlung des Gewinns nach § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG mit 0 € angesetzt. Werden einem Steuerpflichtigen Anteile i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zugeteilt, ohne dass dieser eine gesonderte Gegenleistung zu entrichten hat, werden der Ertrag und die Anschaffungskosten dieser Anteile mit 0 € angesetzt, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 3 und 4 EStG nicht erfüllt sind und die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich ist.
Tz. 219d Subsidaritätsklausel
Einnahmen i. S.des § 20 EStG gehören dann nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn diese den Gewinneinkünften oder den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind (sog. Subsidaritätsklausel, § 20 Abs. 8 EStG). Dies gilt jedoch nicht in den Fällen des § 20 Abs. 4a EStG.
Tz. 220 Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen (bis VZ 2008)
Einkünfte aus Kapitalvermögen werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Kapitaleinkünften stehen und zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen erforderlich sind. Das gilt auch dann, wenn die Aufwendungen gleichzeitig der Sicherung und Erhaltung des Kapitalstamms dienen. Typische Werbungskosten sind Depotgebühren, Abschlussgebühren, Reisekosten zur Versammlung, Fachliteratur. S. auch R 20.1 EStR und H 20.1 EStH.
Gutachtenkosten, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von GmbH-Geschäftsanteilen anfallen, sind keine Werbungskosten, sondern Anschaffungsnebenkosten, wenn sie nach einer grds. gefassten Erwerbsentscheidung entstehen und die Erstellung des Gutachtens nicht lediglich eine Maßnahme zur Vorbereitung einer noch unbestimmten, erst später zu treffenden Erwerbsentscheidung darstellt (vgl. NWB BAAAC-46662).
Wenn nicht höhere tatsächliche Werbungskosten nachgewiesen werden, kann von den Einnahmen aus Kapitalvermögen bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 51 € abgezogen werden. Bei Ehegatten, die nach §§ 26, 26b EStG zusammenveranlagt werden, erhöht sich dieser Pauschbetrag auf 102 € (s. § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG). Der Pauschbetrag kann nicht höher als die Einnahmen sein, d. h. er führt nie zu einem Verlust aus Kapitalvermögen. Ab Veranlagungszeitraum 2009 geht der Werbungskosten-Pauschbetrag im neuen Sparer-Pauschbetrag (vgl. Tz. 221) auf.
Tz. 220a Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen (ab VZ 2009)
Bei der Ermittlung der
Einkünfte aus Kapitalvermögen ist ab Veranlagungszeitraum 2009 als
Werbungskosten der sog. Sparer-Pauschbetrag i. H von 801 Euro
(Einzelveranlagung) bzw. der sog. gemeinsame Sparer-Pauschbetrag i. H. von 1602
Euro (bei zusammenveranlagen Ehegatten) abzuziehen. Der Sparer-Pauschbetrag
vereinigt den bis Veranlagungszeitraum 2008 abzuziehenden
Werbungskostenpauschbetrag und den bisherigen Sparerfreibetrag. Der gemeinsame
Sparer-Pauschbetrag ist bei der Einkunftsermittlung bei jedem Ehegatten je zur
Hälfte abzuziehen. Sind die Kapitalerträge eines Ehegatten niedriger als 801
Euro, wird der anteilige Sparer-Pauschbetrag, soweit er sich noch nicht
ausgewirkt hat, auf den anderen Ehegatten zu übertragen.
Ab
Veranlagungszeitraum 2009 ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten auch
dann ausgeschlossen, wenn diese den Sparer-Pauschbetrag übersteigen. Insoweit
tritt ab Veranlagungszeitraum 2009 eine deutliche Verschlechterung beim
Werbungskostenabzug im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ein. Zur
Änderung der Freistellungsaufträge aufgrund der Rechtsänderungen ab
Veranlagungszeitraum 2009 vgl.
,
BStBl 2008 I S. 687. Der Abzug der tatsächlichen
Werbungskosten ist jedoch weiterhin in den Fällen des
§ 32d Abs. 2 Nr. 1 und 3
EStG möglich (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2
EStG) – vgl. Tz. 255.
Tz. 220b Verlustverrechnung bei Einkünften aus Kapitalvermögen
Verbleibende positive Einkünfte aus Kapitalvermögen sind nach der Verrechnung i. S. des § 43a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG zu verrechnen.
Verbleibende positive Einkünfte aus Kapitalvermögen sind nach der Verrechnung im Sinne des § 43a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG zu verrechnen. Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Verluste aus Kapitalvermögen dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden. Verluste sind jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG mit Einkünften aus Kapitalvermögen, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den folgenden Veranlagungszeiträumen erzielt hat oder erzielt, zu verrechnen. Es ist also im Rahmen eines besonderen Verrechnungskreises eine Verlustverrechnung bis zu 1 Mio. € zzgl. 60 % des verbleibenden Verlusts aus Veräußerungsgeschäften vorzunehmen. Eine Anrechnung dieser Verlustverrechnung auf die Verlustverrechnung des § 10d EStG erfolgt nicht (Das , BStBl 2004 I S. 1097, ist insoweit analog anzuwenden). § 10d Abs. 4 EStG gilt entsprechend, so dass die lediglich verrechenbaren Verluste im Rahmen einer gesonderten Feststellung festzustellen sind.
Verluste aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden. Hier wird ein weiterer besonderer Verlustverrechnungskreis eingeführt. Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, dürfen nur verrechnet werden oder mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt, wenn eine Bescheinigung im Sinne des § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG vorliegt.
Tz. 220c Verlustverrechnungsbeschränkung bei Steuerstundungsmodellen (§ 20 Abs. 7 EStG)
Ab dem Veranlagungszeitraum
2006 ist die Verlustverrechnungsbeschränkung des §15b EStG für Verluste aus
Steuerstundungsmodellen (vgl. Tz. 186) auf alle Einkünfte aus Kapitalvermögen
anzuwenden. Für die Zeit vom (Datum der Einführung von
§ 15b EStG) bis zum ist die
Verlustverrechnungsbeschränkung nur auf Verluste i. S. von
§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG
analog anzuwenden. Damit unterliegen insbesondere Verluste aus
fremdfinanzierten Lebens- und Rentenversicherungen der
Verlustverrechnungsbeschränkung. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008
ist diese Regelung in
§ 20 Abs. 2b EStG geregelt.
Die Vorschrift ist ab Veranlagungszeitraum 2009 wortgleich in
§ 20 Abs. 7 EStG
geregelt.
Ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des
§ 15b Abs. 2 Satz 2
EStG liegt auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht
der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Damit sind auch Gestaltungen,
deren steuerlicher Vorteil in der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen
im Rahmen der Abgeltungsteuer liegt, ausgeschlossen.
Tz. 221 Sparer-Freibetrag (nur bis VZ 2008)
Von den nach Abzug der tatsächlichen Werbungskosten (ggfs. des Werbungskosten-Pauschbetrags), noch verbleibenden Einkünften ist ein Sparer-Freibetrag von 750 € (nur bis Veranlagungszeitraum 2008, ab Veranlagungszeitraum 2009 Abzug eines Sparer-Pauschbetrags von 801 €) abzuziehen. Bei Ehegatten, die zusammenveranlagt werden, wird ein gemeinsamer Sparer-Freibetrag von 1.500 € (nur bis Veranlagungszeitraum 2008, ab Veranlagungszeitraum 2009 Abzug eines Sparer-Pauschbetrags von 1.602 €) abgezogen. – Bis 2006 betrug der Sparer-Freibetrag auf 1.370 € bzw. 2.740 €. – Der gemeinsame Sparer-Freibetrag wird von den Einkünften jedes Ehegatten zur Hälfte abgezogen. Sind die um die Werbungskosten geminderten Kapitalerträge eines Ehegatten niedriger als 750 €, wird der bei diesem Ehegatten nicht mehr abziehbare Teil bei dem anderen Ehegatten abgezogen. Sparer-Freibetrag und gemeinsamer Sparer-Freibetrag dürfen nicht zur Entstehung eines Verlusts führen (§ 20 Abs. 4 Satz 4 EStG). Der Freibetrag von 1.500 € ist auch dann bis zur vollen Höhe abzuziehen, wenn nur ein Ehegatte Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.500 € hat, die Ehegatten aber insgesamt einen Verlust aus Kapitalvermögen haben.
VI. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Tz. 222 Allgemeines zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
a) Begriff der Vermietung und Verpachtung
Ansatzpunkt für die Frage, welche Einkünfte unter diese Einkunftsart fallen, sind die zivilrechtlichen Regelungen zu den Miet- und Pachtverträgen in §§ 535 ff. BGB und §§ 581 ff. BGB. Allerdings ist der Regelungsbereich dieser Einkunftsart weitreichender, als es die zivilrechtlichen Normen vermuten lassen. Dies lässt sich bereits aus § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG entnehmen, wonach auch Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören, wenn sie im Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind. Maßgebend ist somit nicht die bürgerlich-rechtliche Form und die Bezeichnung der entsprechenden Verträge, sondern vielmehr, ob die Zahlung nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt eine Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstands darstellt. Hier ist zugleich die Grenze zu den außerhalb der Ebene des Betriebsvermögens i. d. R. (von der Ausnahme der privaten Veräußerungsgewinne abgesehen) nicht steuerbaren Vorgängen im Bereich der Vermögenssubstanz zu ziehen. Entscheidend ist, ob das bestehende Herrschaftsrecht an der Sache oder dem Recht ganz oder teilweise verloren geht.
Den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG bezeichneten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen. Er muss Vermieter oder Verpächter mit den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten sein (, BStBl 1992 II S. 459).
Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen, aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten sowie aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen (§ 21 Abs. 1 EStG; s. Tz. 225). Die Zahlung muss sich nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung, nicht der Veräußerung des Gegenstands darstellen; s. auch Tz. 226. Die Einkünfte werden nur dann nach § 21 EStG besteuert, wenn sie nicht anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, insbesondere den Einkünften aus Gewerbebetrieb bei Zugehörigkeit eines vermieteten Grundstücks zum Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs, z. B. als gewillkürtes Betriebsvermögen (in der Bilanz eines Gewerbebetriebs aktiviertes Mietwohngrundstück; R 4.2 Abs. 9 EStR) oder als Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft, oder bei Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen einer gemischt tätigen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Zur Verfassungsmäßigkeit der Subsidiaritätsregelung vgl. , HFR 1989 S. 644. Die Subsidiaritätsregelung gilt nicht im Verhältnis zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. § 20 Abs. 3 EStG).
Bei Gesellschaften und Gemeinschaften werden die Einkünfte auch dann insgesamt als Überschuss der Einnahmen ermittelt, wenn es sich um eine sog. Zebragesellschaft handelt; zur Umqualifizierung und Umrechnung der anteiligen Einkünfte kommt es erst bei den (gewerblichen) Unternehmen, z. B. Kapitalgesellschaften, die an der Zebragesellschaft beteiligt sind (, BStBl 2005 II S. 679). Wie die Umqualifizierung im Einzelnen vorzunehmen ist, ergibt sich aus den (BStBl 1994 I S. 282), v. - S 2241 (BStBl 1996 I S. 1521) und v. - S 2241 (BStBl 1999 I S. 592).
b) Vorauszahlungen bei langfristigen Nutzungsüberlassungen
Für die Erfassung der Einnahmen und der Berücksichtigung der Werbungskosten gilt grds. das Zufluss- und Abflussprinzip (§ 11 EStG). Eine abweichende Regelung gilt für Vorauszahlungen bei langfristigen Nutzungsüberlassungen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG). Diese Vorauszahlungen sind auf den Zeitraum zu verteilen, für den sie vereinbart sind.
Fraglich ist, ob diese Vorauszahlungsregelung auch für das bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung relevante Damnum oder Disagio gilt. Dem ist zum einen der Wille des Gesetzgebers entgegenzuhalten. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags (BT-Drucks. 15/4050 S. 53) hat ausdrücklich angeführt, dass Damnumzahlungen nicht unter die Regelung des § 11 EStG fallen sollen. Vielmehr sollen diese Aufwendungen steuerlich weiterhin entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis dahingehend berücksichtigt werden, dass diese Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar seien, soweit die marktüblichen Beträge nicht überschritten werden. Aus Vereinfachungsgründen kann von einer Marktüblichkeit ausgegangen werden, wenn für Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Damnum in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden ist. Vgl. Rz. 15 des 5. Bauherrenerlasses (, BStBl 2003 I S. 546).
Zum anderen bezieht sich der Wortlaut des Gesetzes auf Nutzungsverhältnisse. Ein Damnum ist jedoch eine Zinsvorauszahlung aufgrund eines Darlehensvertrags. Bei Darlehensverträgen wird das Geld nicht zur Nutzung an den Darleiher überlassen, sondern übereignet. Die Darlehensvereinbarung ist somit kein Nutzungsverhältnis i. S. dieser Norm, so dass der Wortlaut der neuen Regelungen in § 11 EStG nicht erfüllt ist. Dem entsprechend beanstandet die Finanzverwaltung nicht bis zu einer möglichen gesetzlichen Klarstellung, wenn die Neuregelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG nicht auf ein Damnum oder Disagio angewendet wird (, BStBl 2005 I S. 1052).
c) Verträge mit Angehörigen und § 42 AO
Der Abschluss eines Mietvertrags kann sich auch als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO darstellen. Ein solcher wird zum Beispiel angenommen,
wenn Eltern, die ein Gebäude/Gebäudeteil für eigene betriebliche/berufliche Zwecke benötigen, daran dem Kind ein unentgeltliches Nutzungsrecht bestellen und dann die Räumlichkeiten vom Kind anmieten (, BStBl 1991 II S. 205);
bei wechselseitiger Vermietung von Eigentumswohnungen, um Werbungskosten-Überschüsse ausgleichen zu können (, BStBl 1991 II S. 904);
bei Vermietung einer Einliegerwohnung an die Eltern/Schwiegereltern der Steuerpflichtige zur Betreuung von Kleinkindern, wenn die Eltern an demselben Ort weiterhin über eine größere Wohnung verfügen (, BStBl 1992 II S. 549).
Im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung (, BStBl 1988 II S. 604), wird nunmehr ein solcher Gestaltungsmissbrauch nicht mehr angenommen, wenn das Kind die Miete aus dem überwiesenen Barunterhalt zahlt (, BStBl 2000 II S. 224).
Zur Anerkennung von Miet- und Pachtverträgen zwischen Angehörigen und Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vgl. im Übrigen R 21.4 EStR und H 21.4 EStH. Verträge unter Angehörigen sind steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und die Gestaltung und Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden entspricht (Fremdvergleich). Demgemäß hat der BFH die Anerkennung nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass
ein Ehegatte dem anderen seine an dessen Beschäftigungsort belegene und im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzten Wohnung zu fremdüblichen Bedingungen vermietet (, BStBl 2003 II S. 627);
eine verbilligte Vermietung vorliegt (, BStBl 2003 II S. 806);
ein Mietverhältnis zwischen Eltern und unterhaltsberechtigtem Kind abgeschlossen wird, wenn das Kind die Miete aus einer einmaligen Geldschenkung der Eltern bestreitet (, BStBl 1996 II S. 59);
ein Mietverhältnis zwischen geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten und Verrechnung von Unterhalt und Miete vorliegt (, BStBl 1996 II S. 214);
ein Mietverhältnis zwischen unterhaltsverpflichtetem Kind und Eltern und Verrechnung von Unterhalt und Miete vorliegt (, BStBl 2000 II S. 223).
Grundsätzlich nicht anerkannt werden die Mietverhältnisse, wenn Eltern und Kinder noch eine Haushaltsgemeinschaft bilden bzw. die vermieteten Räume keine abgeschlossene Wohnung bilden (, BStBl 2003 II S. 301).
Tz. 223 Einkunftserzielungsabsicht
a) Annahme der Einkunftserzielungsabsicht
Subjektives Tatbestandsmerkmal ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – wie auch bei den anderen Einkunftsarten – die Einkunftserzielungsabsicht. Im Gegensatz zu den anderen Einkunftsarten ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. , BStBl 1998 II S. 771, m. w. N.) bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grds. ohne weitere Prüfung vom Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter oder Pächter das Objekt nicht zu Wohnzwecken nutzt ( NWB PAAAD-24102). Dies bedeutet, dass auch bei längeren Verlustperioden die Verluste des Steuerpflichtigen anzuerkennen sind, sofern nicht die im Folgenden aufgeführten gesonderten Sachverhalte gegeben sind. Eine Vermietung ist auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt (, BStBl 2004 I S. 933, Rz. 4). Die Einkunftserzielungsabsicht ist bei einer langfristigen Vermietung jedoch dann zu prüfen, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen fremdfinanziert und somit Zinsen auflaufen lässt, ohne dass durch ein Finanzierungskonzept von vornherein deren Kompensation durch spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist (vgl. , BStBl 2007 II S. 873). Die Einkunftserzielungsabsicht ist grds. für jedes vermietete Objekt i. S. von § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG gesondert zu prüfen. Dies gilt auch dann, wenn über verschiedene Objekte ein einheitlicher Mietvertrag abgeschlossen wurde (, BStBl 2009 I S. 370) oder wenn sich die Vermietungstätigkeit nicht auf das gesamte Grundstück bezieht, sondern auf darauf befindliche Gebäude oder Gebäudeteile ( NWB PAAAD-24102).
Bei den folgenden Ausnahmeregelungen ist nicht von vornherein von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen.
Nicht auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit. Vermietet der Steuerpflichtige nur vorübergehend seine Wohnung – z. B. weil er sie anschließend verkauft oder selbst bewohnt –, bildet dies ein gegen die Einkunftserzielungsabsicht sprechendes Beweiszeichen, sofern lediglich Werbungskostenüberschüsse erzielt werden. Allerdings muss der Steuerpflichtige tatsächlich beabsichtigen, die Wohnung von vornherein nur vorübergehend zu vermieten. Liegt eine Vermietung über einen Zeitraum von weniger als fünf Jahren vor, wird eine entsprechende Absicht von vornherein vermutet – Indizwirkung (, BStBl 2003 II S. 580). Inwiefern dem Steuerpflichtigen sonst eine Absicht auf eine nicht dauernde Vermietung nachgewiesen werden kann, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (vgl. hierzu , BStBl 2004 I S. 933, Rz. 6). Die Tatsache, dass der Steuerpflichtige allein einen zeitlichen befristeten Mietvertrag abgeschlossen hat, ist für sich jedoch noch kein Beweiszeichen, dass eine nicht auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit gegeben ist (, BStBl 2005 II S. 211). Denn dem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, dieses Vertragsverhältnis zu verlängern.
Verbilligte Überlassung einer Wohnung. Nach § 21 Abs. 2 EStG ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Derartige Regelungen finden sich häufig bei Vermietungen unter Angehörigen und stellen ein beliebtes Steuersparmodell dar.
Der (BStBl 2003 II S. 646) erstmalig entschieden, dass auch für Mieten von mindestens 50 % (nunmehr 56 %) der ortsüblichen Marktmiete eine Aufteilung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil vorgenommen werden muss, wenn die aufgrund einer verbilligten Vermietung angezeigte Überschussprognose zur Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht negativ ist. Danach gilt nunmehr Folgendes:
Bei einer langfristigen Vermietung ist grds. vom Vorliegen einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen, wenn das Entgelt nicht weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt.
Beträgt das Entgelt 56 % und mehr, jedoch weniger als 75 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Einkunftserzielungsabsicht anhand einer Totalüberschussprognose zu prüfen. Führt diese zu positiven Ergebnissen, sind die mit der verbilligten Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar. Ist die Überschussprognose negativ, sind nur die anteilig auf den entgeltlichen Teil entfallenden Werbungskosten abziehbar.
Bei Überlassung eines Mietobjekts zu einem Entgelt, das unter 56 % der ortsüblichen Marktmiete liegt, ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Die geltend gemachten Aufwendungen sind insoweit zu berücksichtigen, als sie auf den entgeltlichen Teil entfallen. In diesem Fall entfällt die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht in Bezug auf die verbilligte Miete (, BStBl 2003 II S. 806).
Vermietung von Ferienwohnungen. Bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereit gehaltenen Ferienwohnung ist ohne weitere Prüfung von der Einkunftserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen auszugehen. Ausnahmsweise ist eine Einkunftserzielungsabsicht zu prüfen, wenn der Vermieter die ortsübliche Vermietzeit für Ferienwohnungen erheblich unterschreitet. Aus Vereinfachungsgründen ist von einem „erheblichen Unterschreiten” auszugehen, wenn die ortsübliche Vermietzeit um mindestens 25 % unterschritten wird (, BStBl 2005 II S. 388). Wird eine Ferienwohnung zeitweise vermietet und zeitweise selbst genutzt oder behält sich der Steuerpflichtige eine zeitweise Selbstnutzung vor, ist diese Art der Nutzung Beweisanzeichen für eine auch private, nicht mit der Einkunftserzielung zusammenhängende Veranlassung der Aufwendungen. In diesen Fällen ist die Einkunftserzielungsabsicht stets zu prüfen. Wann eine ausschließliche Vermietung vorliegt, unterliegt der Prüfung im Einzelnen. Dem Steuerpflichtigen obliegt hierbei jedoch die Feststellungslast, dass ausschließlich eine Vermietung der Ferienwohnung vorliegt. Die Finanzverwaltung hat einige Kriterien aufgestellt, die der Glaubhaftmachung des Anspruchs des Steuerpflichtigen dienen (vgl. , BStBl 2004 I S. 933, Rz. 17). Der Steuerpflichtige ist hierbei auf der sicheren Seite, wenn er die Vermietung der Wohnung durch Dritte (z. B. Fremdenverkehrsbüro) durchführen und eine Eigennutzung vertraglich ausschließen lässt. Wird eine Ferienwohnung nicht durchgehend im ganzen Jahr an wechselnde Feriengäste vermietet und können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist ihr Vermieten mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar, so dass die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose überprüft werden muss ( NWB KAAAD-00232).
Wer Aufwendungen für seine zunächst selbst bewohnte, anschließend leer stehende und noch nicht vermietete Wohnung als vorab entstandene Werbungskosten geltend macht, muss seinen endgültigen Entschluss, diese Wohnung zu vermieten, durch ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen belegen ( NWB NAAAC-97815).
Die Einkunftserzielungsabsicht ist weiterhin bei der Vermietung von Wohnungen in einem aufwendig gestalteten Gebäude (z. B. Wohnung mit einer Größe von 250 m2 oder mit einer Schwimmhalle) zu prüfen (, BStBl 2005 II S. 386).
Die Einkunftserzielungsabsicht kann zu einem späteren Zeitpunkt sowohl begründet werden als auch wegfallen (, BStBl 2003 II S. 914, m. w. N.). Deshalb ist z. B. bei Umwandlung eines ausdrücklich mit Veräußerungs- oder Selbstnutzungsabsicht vereinbarten befristeten Mietvertrags in ein unbefristetes Mietverhältnis oder bei erneuter Vermietung dieser Immobilie nach Auszug des Mieters erneut zu prüfen, ob eine dauernde Vermietungsabsicht vorliegt. Entsprechend ist bei Vereinbarung eines befristeten Mietverhältnisses im Anschluss an eine unbefristete Vermietung oder bei verbilligter Überlassung einer Wohnung nach vorheriger nicht verbilligter Überlassung die Einkunftserzielungsabsicht zu prüfen.
Auch bei Grundstücksverwaltungsgesellschaften oder -gemeinschaften mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken sowie bei geschlossenen Immobilienfonds ist zu beachten, dass bei einer auf Dauer angelegten Vermietung eine Einkunftserzielungsabsicht grds. ohne weitere Prüfung zu bejahen ist. Bedingt durch die Besonderheit der Personengesellschaft muss die Einkunftserzielungsabsicht sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der Ebene des einzelnen Gesellschafters gegeben sein. Im Regelfall bedarf es insoweit allerdings keiner getrennten Beurteilung (, BStBl 1999 II S. 468). Dem einzelnen Gesellschafter können keine steuerrechtlich relevanten Einkünfte zugerechnet werden, wenn bereits auf der Gesellschaftsebene keine Einkunftserzielungsabsicht besteht. Liegt hingegen auf der Gesellschaftsebene Einkunftserzielungsabsicht vor, kann gleichwohl diese Absicht eines Gesellschafters zweifelhaft sein (z. B. bei einer nur kurzfristigen Beteiligung) und ist gesondert zu prüfen (, BStBl 2001 II S. 789, m. w. N.).
Bei einer Verlustzuweisungsgesellschaft (zum Begriff s. , BStBl 1996 II S. 219) besteht zunächst die Vermutung der fehlenden Einkunftserzielungsabsicht. Eine Einkunftserzielungsabsicht liegt i. d. R. erst von dem Zeitpunkt an vor, in dem nach dem Urteil eines ordentlichen Kaufmanns mit großer Wahrscheinlichkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann.
Soll bei einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft die Vermietungstätigkeit des Fonds nur 20 Jahre umfassen, ist diese nicht auf Dauer ausgerichtet und die Einkünfteerzielungsabsicht muss daher auf beiden Ebenen (auf der Ebene der Personengesellschaft und auf der Ebene des Gesellschafters) überprüft werden (vgl, , BStBl 2008 II S. 81).
Ist bei Immobilienfonds eine Einkunftserzielungsabsicht zu bejahen, sind die aus Beteiligung an Immobilienfonds erzielten Verluste unter den Voraussetzungen des § 15b EStG (vgl. Tz. 186 und 228) nur mit späteren Gewinnen aus dem nämlichen Fonds verrechenbar, da hier regelmäßig eine modellhafte Gestaltung vorliegen dürfte.
b) Totalüberschussprognose
Sprechen Beweisanzeichen gegen das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht, ist stets zu prüfen, ob ein Totalüberschuss zu erzielen ist. Diese Erwartung hängt von einer vom Steuerpflichtigen zu erstellenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Einnahmen und anfallenden Werbungskosten ab. In diese Prognose sind alle objektiv erkennbaren Umstände einzubeziehen. Zukünftig eintretende Faktoren jedoch nur dann, wenn sie bei objektiver Betrachtung vorhersehbar waren. Dabei liefern die Verhältnisse abgelaufener Zeiträume naturgemäß wichtige Anhaltspunkte.
Für die Prognose ist nicht auf die Dauer der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes, sondern auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch den Nutzenden und ggf. seiner unentgeltlichen Rechtsnachfolger abzustellen. Der Prognosezeitraum umfasst – sofern nicht von einer zeitlich befristeten Vermietung auszugehen ist – einen Zeitraum von 30 Jahren (s. auch , BStBl 2002 II S. 726). Dieser beginnt grds. mit der Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes, im Fall der Vermietung nach vorheriger Selbstnutzung mit Beendigung der Selbstnutzung. Auch bei der Verpachtung unbebauten Grundbesitzes beträgt der Prognosezeitraum 30 Jahre (, BStBl 2008 II S. 515).
Bei der Ermittlung des Totalüberschusses ist von den Ergebnissen auszugehen, die sich nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften voraussichtlich ergeben werden. Die Einkunftserzielungsabsicht ist für jede Einkunftsart gesondert zu ermitteln. Private Veräußerungsgewinne sind nach Auffassung der Finanzverwaltung (s. , BStBl 2004 I S. 933, Rz. 34) in die auf eine Vermietungstätigkeit bezogene Prognose nicht einzubeziehen, unabhängig davon, ob und ggf. in welcher Höhe sie nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Besteuerung unterliegen. Die Einkunftserzielungsabsicht ist jeweils für jedes einzelne Mietverhältnis gesondert zu prüfen.
Für die Gebäudeabschreibung ist bei der Totalüberschussprognose allgemein von der linearen Gebäude-AfA (s. Tz. 107) auszugehen. Die tatsächlich in Anspruch genommenen Absetzungen (also auch Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen und degressive Gebäude-AfA) sind regelmäßig nicht anzusetzen.
Die im Prognosezeitraum zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben sind zu schätzen. Legt der Steuerpflichtige keinen gegenteiligen Sachverhalt dar, sind die zu erwartenden Überschüsse anhand des Durchschnitts der in der Vergangenheit in einem bestimmten Zeitraum (i. d. R. in den letzten fünf Veranlagungszeiträumen) angefallenen Einnahmen und Werbungskosten zu schätzen. Legt der Steuerpflichtige dar, dass er auf die in der Vergangenheit entstandenen Werbungskostenüberschüsse reagiert und die Art und Weise der weiterhin ausgeübten Vermietungstätigkeit geändert hat, ist der Schätzung der Durchschnitt der Einnahmen und Werbungskosten der zukünftigen (i. d. R. ebenfalls fünf) Veranlagungszeiträume zugrunde zu legen, in denen sich die im (jeweiligen) Streitjahr objektiv erkennbar angelegten Maßnahmen erstmals ausgewirkt haben. Die sich so ergebenden Überschüsse sind auf den Rest des Prognosezeitraums hochzurechnen.
Wegen der Unsicherheitsfaktoren, denen eine Prognose über einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren unterliegt, ist bei der Gesamtsumme der geschätzten Einnahmen ein Sicherheitszuschlag von 10 % und bei der Gesamtsumme der geschätzten Werbungskosten ein Sicherheitsabschlag von 10 % vorzunehmen.
Tz. 224 Einkünftezurechnung
a) Gemeinschaftliche Einkünfteerzielung
Bei gemeinschaftlicher Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, z. B. im Rahmen einer Bruchteilsgemeinschaft, einer Erbengemeinschaft, einer GbR, ist das zivilrechtliche Beteiligungsverhältnis grds. auch Maßstab für die anteilige steuerrechtliche Zurechnung der Einkünfte (, BStBl 1992 II S. 890). Eine abweichende Aufteilung ist steuerrechtlich zu beachten, soweit sie ihren Grund im Gesellschafts- oder Gemeinschaftsverhältnis hat, z. B. unterschiedliche Beteiligung an den Einnahmen, den Kosten oder an der Hausverwaltung (vgl. hierzu u. a. , BStBl 1981 II S. 510). AfA können allerdings nur dem zugerechnet werden, der tatsächlich Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat; grds. stehen die AfA deshalb den Miteigentümern entsprechend ihren Eigentumsanteilen zu (s. R 21.6 Satz 3 EStR). Nicht anzuerkennen sind Ergebnisverteilungen, die primär von den Lebens- und Unterhaltsbedürfnissen der Beteiligten bestimmt sind (, BStBl 1986 II S. 792) oder die dem einen Miteigentümer nur die anteilige AfA und den anderen das gesamte übrige Ergebnis zuweisen. Ein Einnahmen- bzw. Werbungskostenüberschuss kann jeweils nur den Personen zugerechnet werden, die im Zeitpunkt des Zu- bzw. Abflusses bei der Gesellschaft/Gemeinschaft Mitglieder der Gesellschaft/Gemeinschaft sind (vgl. , BStBl 1987 II S. 212).
Zur Frage der Vermietung der Wohnung an einen Miteigentümer in einem Mehrfamilienhaus hat der BFH – gegen die frühere Verwaltungsmeinung – entschieden, dass die Selbstnutzung eines Teils des Gebäudes durch einen Miteigentümer nicht zum vorrangigen „Verbrauch” seines Miteigentumsanteils führt. Vielmehr verzichtet ein Miteigentümer zugunsten des anderen gegen Entgelt auf sein Mitgebrauchsrecht und überlässt ihm die Wohnung zur Alleinnutzung, was als Mietverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen ist (, BStBl 2004 II S. 929). Die Finanzverwaltung hat diese Auffassung übernommen (vgl. H 21.6 EStH „Miteigentum”).
Auf Vergütungen, die die Gesellschaft/Gemeinschaft einem Gesellschafter/Gemeinschafter für Sonderleistungen zahlt, z. B. für Hausverwaltung, Reparaturen, Darlehensgewährung, ist § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht anwendbar (, BStBl 1981 II S. 510). Daher sind die dem Gesellschafter für ein verzinsliches Darlehen an die Gesellschaft gezahlten Schuldzinsen bei der Gesellschaft Werbungskosten, während sie beim Gesellschafter Einnahmen aus Kapitalvermögen sind.
Bei Erwerb von Eigentumswohnungen im Bauherren- oder Erwerbermodell liegt ein Fall gemeinschaftlicher Einkünfteerzielung nicht vor. Jedoch kommen hier gesonderte und einheitliche Einkünftefeststellungen nach § 180 Abs. 2 AO in Betracht; dazu s. , BStBl 1992 I S. 404.
b) Nießbrauch und sonstige Nutzungsrechte
Auch bei Nießbrauch und sonstigen Nutzungsrechten konzentriert sich die Frage hinsichtlich der Zurechnung der Einkünfte darauf, ob der Nießbraucher den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht und dadurch Einkünfte erzielt (vgl. grundlegend , BStBl 1987 II S. 707). Diesen Tatbestand realisiert derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten eines Vermieters ist und damit Sachen und Rechte an andere zur Nutzung gegen Entgelt überlässt (, BStBl 1998 I S. 914, Rz. 1), er also tatsächlich in der Lage ist, das überlassene Wirtschaftsgut zu verpachten oder zu vermieten.
Häufig wird das obligatorische oder dingliche Nutzungsrecht nahen Angehörigen, insbesondere den eigenen Kinder eingeräumt. Die bürgerlich-rechtlichen Gestaltungen werden nur anerkannt, wenn sie klar vereinbart, ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt werden. Bei der Bestellung des Nießbrauchs an nahe Angehörige fehlt es an einer tatsächlichen Durchführung, wenn äußerlich alles beim Alten bleibt und nur die Erträge etwa an den Nutzungsberechtigten abgeführt werden. Eine zusätzliche Anforderung ergeht bei Bestellungen eines Nießbrauchsrechts an minderjährige Kinder. In derartigen Fällen bedarf es regelmäßig der Bestellung eines Ergänzungspflegers, weil der Nießbrauch auch die Pflichten des Nießbrauchers begründet und somit dem Kind nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (, BStBl 1981 II S. 297).
Eine Unterscheidung zwischen dinglich gesicherten und obligatorischen Nutzungsrechten ist nicht (mehr) relevant. Entscheidend ist allein, dass der obligatorisch Nutzungsberechtigte eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat und tatsächlich auch selbst die Stellung des Vermieters oder Verpächters einnimmt. Eine gesicherte Rechtsposition ist gegeben, wenn der Eigentümer dem Nutzenden den Gebrauch des Grundstücks für eine festgelegte Zeit nicht entziehen kann (, BStBl 1984 II S. 366). Einen strengen Maßstab setzt die Finanzverwaltung bei unentgeltlich begründeten Nutzungsverhältnissen an. Um klarzustellen, dass der Nutzungsberechtigte auch tatsächlich den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt, fordert sie eine Mindestüberlassung von einem Jahr (, BStBl 1998 I S. 914, Rz. 6).
Wird ein Nießbrauch an einem Grundstück bestellt, erzielt der Nießbraucher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn er aufgrund seines Nutzungsrechts das Grundstück gegen Entgelt Dritten zur Nutzung überlässt. Den Tatbestand des § 21 Abs. 1 EStG verwirklicht dann der Nießbraucher. Ist der Nießbrauch entgeltlich bestellt worden, verwirklicht auch der Eigentümer den Tatbestand des § 21 Abs. 1 EStG; das Nießbrauchsentgelt führt bei ihm zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (, BStBl 1979 II S. 332). Bei Zahlung eines Einmalentgelts kann aus Billigkeitsgründen der Eigentümer auf Antrag das Entgelt auf die Laufzeit des Nießbrauchs, längstens auf einen Zeitraum von zehn Jahren, gleichmäßig verteilen (, BStBl 1998 I S. 914, Rz. 29).
Beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch kann der Nießbraucher weder AfA auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes noch AfA auf das unentgeltlich erworbene Nießbrauchsrecht vornehmen (, BStBl 1982 II S. 454). Andere Werbungskosten kann der Nießbraucher abziehen, soweit er sie im Rahmen der Nießbrauchsbestellung vertraglich übernommen und tatsächlich geleistet hat oder – bei Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung – aufgrund der gesetzlichen Lastenverteilung (§ 1041 ff. BGB) getragen hat. Der Eigentümer erzielt bei Bestellung eines unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs keine Einkünfte aus dem Grundstück und kann folglich weder AfA noch sonstige Grundstücksaufwendungen als Werbungskosten abziehen. Die unentgeltliche Bestellung des Nießbrauchs für ein Kind stellt sich regelmäßig als Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) dar, wenn das Kind das Grundstück aufgrund des Nießbrauchs an die Eltern zurückvermietet (, BStBl 1991 II S. 205).
Beim entgeltlichen Nießbrauch kann der Nießbraucher, der das Grundstück zur Erzielung von Einnahmen nutzt, nach der Dauer des Nießbrauchs bemessene AfA auf das Nießbrauchsrecht vornehmen (vgl. , BStBl 1979 II S. 38). Zu den abschreibungsfähigen Anschaffungskosten gehören aber nicht das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung, sondern nur solche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss angefallen sind (, BStBl 1984 II S. 267). Die Verwaltung hält aber wohl an der Auffassung fest, dass auch das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung zu den Anschaffungskosten des Nießbrauchs zählt (, BStBl 1998 I S. 914, Rz. 26). Zum Abzug laufender Aufwendungen im Jahr der jeweiligen Zahlung vgl. , BStBl 1998 I S. 914, Rz. 26. Sonstige Grundstücksaufwendungen kann der Nießbraucher ebenfalls als Werbungskosten abziehen, soweit er sie aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen oder mangels solcher nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 1041 ff. BGB) getragen hat.
Beim Vorbehaltsnießbrauch kann der Nießbraucher die von ihm getragenen Aufwendungen für das Grundstück als Werbungskosten abziehen, soweit er sie vertraglich übernommen hat oder kraft Gesetzes zu tragen hat (, BStBl 1988 II S. 938). Das gilt auch für größere Reparaturaufwendungen, die als Erhaltungsaufwand sofort oder gem. § 82b EStDV auf 2–5 Jahre verteilt abgezogen werden können (, BStBl 1990 II S. 462). Allerdings kann in diesen Fällen eine nach § 12 EStG nichtabzugsfähige Zuwendung an den Eigentümer vorliegen, wenn der Nießbraucher von vornherein auf jeglichen Ersatz verzichtet hat (vgl. , BStBl 1998 I S. 914, Rz. 21, m. w. N.). Der Vorbehaltsnießbraucher kann auch weiterhin die AfA auf das Gebäude wie zuvor als Eigentümer in Anspruch nehmen. Auch ein Nutzungsberechtigter, der sich bei der Übertragung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks ein schuldrechtliches Nutzungsrecht vorbehalten hat, kann weiterhin die AfA für das Gebäude wie zuvor als Eigentümer in Anspruch nehmen (, BStBl 1997 II S.121). Für die Dauer des Vorbehaltsnießbrauchs kann der Eigentümer weder AfA noch sonstige Aufwendungen als Werbungskosten abziehen, da er das Grundstück nicht zur Einkünfteerzielung nutzt. Zur Ermittlung des AfA-Volumens beim Eigentümer nach Erlöschen des Vorbehaltsnießbrauchs und zur AfA-Bemessungsgrundlage in diesen Fällen vgl. , BStBl 1998 I S. 914, Rz. 46–48.
Beim Vermächtnisnießbrauch wird aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Grundstückseigentümers durch dessen Erben einem Dritten der Nießbrauch am Grundstück eingeräumt. Der Vermächtnisnießbraucher kann nicht als Vorbehaltsnießbraucher angesehen werden. Ihm steht daher auch nicht die Gebäude-AfA zu (, BStBl 1994 II S. 319).
Bei dinglichen Wohnrechten sind die für den Nießbrauch geltenden Grundsätze entsprechend anzuwenden; vgl. , BStBl 1998 I S. 914, Rz. 49.
Tz. 225 Die einzelnen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
a) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen
Es handelt sich um Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens einschließlich der eingetragenen Schiffe und der dem unbeweglichen Vermögen gleichgestellten Rechte. Der praktisch wichtigste Fall ist die Vermietung von Wohnungen.
Der einkommensteuerrechtliche Begriff der Vermietung und Verpachtung ist umfassender als der Begriff der Miete und Pacht nach dem BGB.
Von den grundstücksgleichen Rechten nennt das Gesetz selbst die Mineralgewinnungsrechte. Derartige Substanzausbeuterechte gehören zuweilen zu einem land- und forstwirtschaftlichen oder zu einem gewerblichen Betriebsvermögen. Unter Umständen liegt ausnahmsweise sogar keine zeitlich begrenzte Überlassung eines Ausbeuterechts, sondern eine Veräußerung der im Boden befindlichen Mineralien vor. Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören die Entgelte für die Entnahme von Bodenschätzen (Kohle, Kali, Mineralien, Erdöl, Kies, Sand usw.), soweit nicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb anzunehmen sind oder eine Veräußerung von Bodenschätzen vorliegt. Verträge, die die Überlassung von Grundstücken zur Substanzausbeute zum Gegenstand haben, sind nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt i. d. R. Pachtverträge (vgl. im Einzelnen , BStBl 1994 II S. 231). Das Entgelt gehört in diesen Fällen als Pachtzins zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Ausnahmsweise kann ein Kaufvertrag über die Bodensubstanz vorliegen, wenn es sich um eine einmalige Lieferung einer festbegrenzten Menge handelt. Die entgeltliche Überlassung eines Grundstücks zur Hebung von Bodenschätzen führt auch dann zu Einnahmen aus Vermietung, wenn das Grundstück bürgerlich-rechtlich übereignet, aber die Rückübereignung nach Beendigung der Ausbeute vereinbart wird (, BStBl 1993 II S. 296). Vorausgezahlte Beträge können wirtschaftlich einem zinslosen Darlehen gleichen und gelten dann entsprechend ihrer Verrechnung als zugeflossen.
Zu Einkünften i. S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG führt auch die Vermietung von Zimmern, sofern sie nicht gewerbsmäßig erfolgt (vgl. z. B. NWB XAAAB-08060). Entsprechendes gilt, wenn Räume im Wege der Untervermietung überlassen werden. Dabei ist die an den Hauptvermieter gezahlte Miete beim Untervermieter ggf. als Werbungskosten abziehbar (vgl. , BStBl 1969 II S. 683). Zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung von gewerblicher Tätigkeit vgl. auch R 15.7 Abs. 1 EStR sowie H 15.7 (2) EStH mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH.
b) Einkünfte aus Vermietung von Sachinbegriffen, insbesondere von beweglichem Betriebsvermögen
Sachinbegriffe setzen eine Vielheit funktionell/technisch abgestimmter beweglicher Wirtschaftsgüter voraus, die zu einem wirtschaftlichen Zweck zusammengefasst sind. Ihre Überlassung gegen Entgelt zum Gebrauch oder zur Nutzung zählt zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, z. B. die komplette Wohnungseinrichtung. Einnahmen aus der Vermietung einzelner beweglicher Wirtschaftsgüter (z. B. jemand vermietet seinen privaten Pkw auf vier Wochen für eine Urlaubsreise des Mieters) fallen nicht unter § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, sondern ggf. unter § 22 Nr. 3 EStG.
c) Einkünfte aus zeitlich begrenzter Überlassung von Rechten und von gewerblichen Erfahrungen
Die zeitliche Begrenzung ist gegeben, wenn die Zeitspanne vereinbart ist oder wenn bei Vertragsabschluss ungewiss ist, ob und wann die Nutzungsüberlassung endet. Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG liegen etwa vor, wenn nicht der Erfinder selbst, sondern z. B. ein Privater eine erworbene Erfindung anderen zur Ausnutzung überlässt. Bei Überlassung durch den Erfinder selbst sind im Allgemeinen Einkünfte nach § 18 EStG gegeben. Zeitlich unbefristete Rechtsüberlassungen haben Veräußerungscharakter, so dass das Entgelt nicht unter § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG fällt, es sei denn, der Vertrag ist kündbar.
d) Einkünfte aus Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen
Der Erlös aus der Veräußerung (Abtretung) einer Miet- oder Pachtzinsforderung gehört ebenfalls zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Das gilt auch, wenn die entsprechenden Beträge im Preis für die Veräußerung des Grundstücks enthalten sind. Tritt z. B. der bisherige Hauseigentümer bei der Veräußerung des Gebäudes (Wert 800.000 €) eine ausstehende Mietzinsforderung von 30.000 € an den Grundstückserwerber ab und zahlt dieser insgesamt für Grundstück und Forderung 830.000 €, sind 30.000 € beim Veräußerer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Beim Erwerber dürfen diese 30.000 € bei Einziehung aber nicht mehr zu den Einnahmen aus Vermietung gerechnet werden.
Tz. 226 Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
a) Einnahmen
Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind alle Geld- oder Sachleistungen, die als Gegenleistung für die Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassung gezahlt werden. Danach kann Entgelt – in Gestalt einer Sachleistung – für die Überlassung der Nutzung eines Grundstücks auch die Erstellung eines Gebäudes durch den Nutzungsberechtigten sein, wenn das Gebäude entschädigungslos in das Eigentum des zur Grundstücksüberlassung Verpflichteten übergeht und der Vermögenszuwachs in einem Veranlassungszusammenhang mit der Nutzungsüberlassung steht, also z. B. seine Grundlage in einem Nutzungsvertrag hat. In diesen Fällen fließt der Wert der Sachleistung dem Grundstückseigentümer bereits beim Herstellen des Gebäudes in dem Umfang zu, in dem er durch die Verbindung der einzelnen Sachen mit dem Grundstück deren rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer wird (, BStBl 1983 II S. 755). Zu Einnahmen im Zusammenhang mit Bodenschätzen vgl. H 21.7 EStH. Bei Option für die Regelbesteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG gehören erstattete Vorsteuerbeträge zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung des Erstattungsjahrs, auch wenn sich die Umsatzsteuerzahlung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht als Werbungskosten ausgewirkt hat (, BStBl 1982 II S. 755). Auch Guthabenzinsen aus Bausparverträgen in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb oder Bau eines der Vermietung und Verpachtung dienenden Objekts sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen (, BStBl 1983 II S. 172; vgl. dazu , BStBl 1990 I S. 124). Zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gehören auch Zahlungen wegen übermäßiger Beanspruchung, vertragswidriger Vorenthaltung oder Vernachlässigung des Mietobjekts. Wegen weiterer Beispiele s. H 21.2 EStH „Einnahmen”.
Prozesszinsen auf erstattete Grunderwerbsteuer sind Einnahmen aus Kapitalvermögen, nicht aus Vermietung und Verpachtung (, BStBl 1986 II S. 557). Laufende oder einmalige Zahlungen, die auf einer Nutzungsüberlassung beruhen, können nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG über den Zeitraum verteilt werden, für den die Vorauszahlung geleistet wird, wenn die entsprechende Vorauszahlung über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren ergangen ist. In der Regel handelt es sich hierbei um Erbbauzinsen. Zweifelhaft ist, ob ein (zusätzliches) Entgelt für die Nutzungsüberlassung auch gegeben ist, wenn der Erbbauberechtigte die Erschließungskosten übernimmt. Vgl. hierzu und zum Zeitpunkt des Zuflusses (Realisierung des Wertzuwachses) , BStBl 1990 II S. 310); zur Anwendung des Urteils s. auch , BStBl 1991 I S. 1011); zur Behandlung von Erschließungskosten im betrieblichen Bereich vgl. NWB PAAAA-97414. Die Abstandszahlung, die ein Mieter oder Mietinteressent für Entlassung aus einem Miet- bzw. Vormietvertrag leistet, gehört als Entschädigung für entgangene Einnahmen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG) zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (, BStBl 1991 II S. 76). Erstattete Werbungskosten sind Einnahmen im Jahr der Rückzahlung. Wegen zu erstattender Finanzierungskosten vgl. , BStBl 1995 II S. 704).
b) Zuschüsse
Bei Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln und bei privaten Zuschüssen, die keine Mieterzuschüsse sind, ist zu prüfen, ob es sich um eine Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung handelt (Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung) oder um Zuschüsse zu Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen, die nicht als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung anzusehen sind (echte Zuschüsse). Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung ist z. B. eine Mietpreisbindung oder Nutzung durch bestimmte Personen (, BStBl 1995 II S. 702). Bei (echten) Zuschüssen ist zu differenzieren: Handelt es sich bei den bezuschussten Aufwendungen um Herstellungskosten, sind ab dem Jahr der Bewilligung die AfA, erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen nach den um den Zuschuss verminderten Herstellungskosten zu bemessen. Handelt es sich bei den bezuschussten Aufwendungen um Erhaltungsaufwendungen oder Schuldzinsen, sind diese nur vermindert um die Zuschüsse als Werbungskosten abziehbar. Fallen die Zahlung des Zuschusses und der Abzug als Werbungskosten nicht in einen Veranlagungszeitraum, rechnet der Zuschuss im Jahr der Zahlung zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Zuschüsse als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks können auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, verteilt werden.
Mieterzuschüsse sind nach R 21.5 Abs. 3 EStR als Mietvorauszahlungen zu behandeln. Dabei ist der Zuschuss auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den er geleistet wird, d. h. als vereinnahmte Miete ist die tatsächlich gezahlte Miete zuzüglich des anteiligen Zuschussbetrags anzusetzen. Zu einer Kürzung der Herstellungskosten um den Zuschussbetrag kommt es nicht (, BStBl 1981 II S. 161). Mieterzuschüsse zu als Erhaltungsaufwand abziehbaren Kosten führen zu einer entsprechenden Kürzung der Werbungskosten beim Vermieter.
Zu Einzelheiten zur Behandlung von Zuschüssen s. auch R 21.5 EStR und H 21.5 EStH.
Tz. 227 Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
a) Allgemeines
Zu den Werbungskosten gehören alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von Mieteinnahmen veranlasst sind (vgl. zuletzt BFH, Urteil v. - IX R 15/03, BStBl 2005 II S. 477). Dieser Veranlassungszusammenhang ist immer – aber auch nur dann – zu bejahen, wenn die Aufwendungen objektiv mit angestrebten oder zufließenden Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zusammenhängen und subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung aufgewendet werden. Zu den Werbungskosten gehören auch Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG), Steuern vom Grundbesitz (insbesondere Grundsteuer), sonstige öffentliche Abgaben (insbesondere Beiträge zur Straßenreinigung, Müllabfuhr, Entwässerung) und Versicherungsbeiträge (insbesondere Versicherung gegen Feuer, Wasser, Sturm), soweit sie sich auf Vermietungsobjekte beziehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG) sowie AfA und Absetzung für Substanzverringerung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG). Zu den wichtigsten Werbungskosten, die in § 9 EStG nicht einzeln angeführt sind, gehören die Erhaltungsaufwendungen.
Bei einem gemischt-genutzten Gebäude sind die Aufwendungen nur anteilig Werbungskosten, soweit sie auf den vermieteten Gebäudeteil entfallen. Zum Abzug der aufgrund der Veräußerung des Gebäudes nach § 15a UStG an das Finanzamt zurückgezahlten Vorsteuerbeträge als Werbungskosten vgl. zuletzt NWB CAAAB-17862. Zahlungen des Eigentümers zur Ablösung dinglicher Nutzungsrechte sind, anders als Abstandszahlungen an Mieter oder Pächter, keine Werbungskosten. Sie können bei Ablösung eines Zuwendungsnießbrauchs wiederum als Zuwendungen gem. § 12 Nr. 2 EStG zu qualifizieren sein (, BStBl 1994 II S. 451). Bei Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs kann es sich um ein entgeltliches Rechtsgeschäft (nachträgliche Anschaffungskosten des Eigentümers) oder um ein unentgeltliches Rechtsgeschäft (Versorgungsleistungen in Form der Leibrente oder dauernden Last) handeln. Dem Vorbehaltsnießbrauch dürfte in diesem Zusammenhang der Vermächtnisnießbrauch gleichzustellen sein, auch wenn es sich beim Vermächtnisnießbrauch begrifflich um einen Zuwendungsnießbrauch handelt. Zur Abgrenzung der denkbaren Fälle vgl. , BStBl 1996 II S. 663.
Werbungskosten müssen einzeln nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden.
Werbungskosten können auch schon anfallen, wenn Einnahmen noch nicht erzielt werden. Voraussetzung für den Abzug als vorab entstandene Werbungskosten ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht. Vgl. z. B. , BStBl 1991 II S. 761, zu Finanzierungskosten für Bauerwartungsland; , BStBl 2003 II S. 126, zu Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten für neu anzuschaffendes Objekt. Bei Werbungskosten, die ohne wirtschaftlich vernünftigen Grund (außer Steuerersparnis) im Voraus gezahlt werden, liegt noch kein zum Abzug berechtigender Abfluss i. S. des § 11 Abs. 2 EStG vor (, BStBl 1987 II S. 219).
b) Schuldzinsen
Werbungskosten sind insbes. Schuldzinsen auf Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs oder der Herstellung des Objekts, das zur Einkünfteerzielung genutzt werden soll, aber auch Schuldzinsen auf Darlehen zur Finanzierung von Aus- und Umbauten oder von Erhaltungsaufwand (vgl. , BStBl 2001 II S. 528). Auch Kontokorrentzinsen sind Werbungskosten, soweit sie anteilig durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlasst sind (, BStBl 1990 II S. 817). Werbungskosten sind auch die bereits während der Bauzeit anfallenden Schuldzinsen; ihre Einbeziehung in die Herstellungskosten des Gebäudes ist nach (BStBl 1990 II S. 460) nicht möglich. Finanzierungskosten für ein unbebautes Grundstück sind als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, sofern ein entsprechender wirtschaftlicher Zusammenhang mit der späteren Bebauung und Vermietung besteht (, BStBl 1983 II S. 554). Schuldzinsen, die noch nach der Veräußerung des Vermietungs- und Verpachtungsobjekts gezahlt werden, sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen, soweit die Kreditmittel zur Finanzierung von Aufwendungen verwendet wurden, die während der Vermietungstätigkeit sofort abziehbare Werbungskosten waren (vgl. , BStBl 2006 II S. 407; vgl. auch , BStBl 2006 I S. 363). Schuldzinsen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes nach dessen Veräußerung sind keine nachträglichen Werbungskosten.
Zu Schuldzinsen bei einem Darlehen für die Anschaffung oder Herstellung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes vgl. , BStBl 2004 II S. 348, und , BStBl 2004 I S. 464.
Dient eine Kapitallebensversicherung der Rückzahlung von Darlehen, die zum Erwerb von Mietgrundstücken aufgenommen worden sind, sind Zinsen für ein zur Finanzierung der Versicherungsbeiträge aufgenommenes Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar ( NWB CAAAD-19826).
c) Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand bei Gebäuden
Erhaltungsaufwand ist in dem Jahr als Werbungskosten abzuziehen, in dem er geleistet wird; Herstellungsaufwand kann zu nachträglichen Herstellungskosten oder zur Herstellung eines anderen oder eines neuen Wirtschaftsguts führen (vgl. hierzu , BStBl 2003 I S. 386). Die Grenze zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand ist fließend. Erhaltungsaufwendungen sind die Aufwendungen für die laufende Instandhaltung und für die Instandsetzung. Diese Aufwendungen werden im Allgemeinen durch die gewöhnliche Nutzung des Grundstücks veranlasst. Aufwendungen für die Erneuerung bereits vorhandener Teile, Einrichtungen oder Anlagen sind regelmäßig Erhaltungsaufwand, z. B. Austausch von Fenstern, Türen, Heizungserneuerung, Heizungsumstellung, Umdeckung des Dachs. Auf den Zustand oder die Brauchbarkeit der erneuerten Teile kommt es grds. nicht an. Zu Beiträgen zu Erschließungseinrichtungen s. H 6.4 EStH. Der BFH hat darüber hinaus auch bei Anbringen einer zusätzlichen Fassade zu Wärme- und Schallschutzzwecken Erhaltungsaufwand bejaht (, BStBl 1979 II S. 435), dagegen bei Installation einer Sonnenmarkise Herstellungsaufwand angenommen (, BStBl 1990 II S. 430). Die Verwaltung nimmt beim Versetzen von Wänden Erhaltungsaufwand, dagegen bei Einsetzen von zusätzlichen Trennwänden Herstellungsaufwand an (, BStBl 2003 I S. 386, Rz. 22, 23), mit der Begründung, dass in diesem Fall eine Substanzvermehrung vorliegt, während im ersten Fall die Funktion der betreffenden Gebäudeteile sich nicht verändert hat. Die Verwaltung bejaht auch bei Anbringen einer Betonvorsatzschale Erhaltungsaufwand, wenn dies der Trockenlegung durchfeuchteter Fundamente dient (, BStBl 2003 I S. 386, Rz. 23, entgegen , BStBl 1996 II S. 639). Sie begründet dies damit, dass der neue Gebäudebestandteil aufgrund der Tatsache, dass er lediglich hinzugefügt wurde, um bereits eingetretene Schäden zu beseitigen oder einen konkret drohenden Schaden abzuwenden, regelmäßig die Funktion eines bisherigen Gebäudebestandteils erfüllt und dementsprechend keine Vermehrung vorliegt.
Sind in einem Jahr größere Erhaltungsaufwendungen entstanden, z. B. für Neudeckung des Dachs oder Anstrich des ganzen Hauses, können die Aufwendungen auf 2–5 Jahre gleichmäßig verteilt werden (§ 82b EStDV). Wird in diesem Fall ein Gebäude während des Verteilungszeitraums veräußert oder in ein Betriebsvermögen eingebracht, ist derjenige Teil des Erhaltungsaufwands, der infolge der Verteilung auf 2–5 Jahre noch nicht berücksichtigt worden ist, im Jahr der Veräußerung (der Überführung in ein Betriebsvermögen) als Werbungskosten abzusetzen. Bei unentgeltlichem Erwerb kann der Rechtsnachfolger die Verteilung fortsetzen. Eine Verteilung auf 2–5 Jahre ist nach §§ 11a und 11b EStG auch bei bestimmten Erhaltungsaufwendungen an Gebäuden in Sanierungs- und Entwicklungsgebieten und an Baudenkmälern zulässig; s. Tz. 120, 121.
Nach der Rechtsprechung des BFH gilt der handelsrechtliche Begriff der Herstellungskosten auch im Steuerrecht (vgl. zuletzt grundlegend , BStBl 2003 II S. 569; , BStBl 2003 II S. 574). Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten entstehen für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung.
aa) Herstellung eines Gebäudes oder Gebäudeteils
Die Herstellung eines Gebäudes beinhaltet den „klassischen” Neubau sowie die Herstellung eines neuen Gebäudes durch Umbau, wenn die eingefügten Neubauteile dem Gesamtgebäude das Gepräge geben, so dass es in bautechnischer Hinsicht neu ist (Erneuerung der tragenden Wände, Geschossdecken und Dachkonstruktion; vgl. das sog. Mühlenurteil, , BStBl 1992 II S. 808). Wird ein unbrauchbar gewordenes Gebäude (Vollverschleiß) wieder hergestellt, kann ebenfalls ein Neubau vorliegen (, BStBl 1996 II S. 514). Ein Vollverschleiß liegt vor, wenn das Gebäude schwere Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen hat (, BStBl 2003 I S. 386, Rz. 18). Zum Dachgeschossausbau vgl. im Einzelnen , BStBl 1996 I S. 689.
Von der Herstellung eines neuen Gebäudes bzw. eines neuen Wirtschaftsguts ist zu unterscheiden die Herstellung eines anderen Wirtschaftsguts, das kein Neubau ist. In diesem Fall bemisst sich die weitere AfA nach der Summe aus dem Buchwert oder Restwert des bisherigen Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt der nachträglichen Herstellungskosten und den nachträglichen Herstellungskosten. Bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern kann nach Verwaltungsauffassung von der Herstellung eines anderen Wirtschaftsguts ausgegangen werden, wenn der Bauaufwand zuzüglich des Werts der Eigenleistung nach überschlägiger Berechnung den Verkehrswert des bisherigen Wirtschaftsguts übersteigt (R 7.3 Abs. 5 EStR). Die Ausgestaltung dieser Regelung als Vereinfachungsregelung räumt dem Steuerpflichtigen insoweit ein Wahlrecht ein. Er kann daher die Aufwendungen auch als „normale” nachträgliche Herstellungskosten behandeln, es sei denn, die Aufwendungen sind so umfassend, dass tatsächlich ein anderes Wirtschaftsgut entsteht.
bb) Erweiterung eines Gebäudes
Erweiterungsmaßnahmen führen ebenfalls zu Herstellungskosten. Eine Erweiterung liegt vor bei Aufstockung oder Anbau, Vergrößerung der nutzbaren Fläche oder bei Vermehrung der Substanz (vgl. , BStBl 2003 I S. 386, Rz. 19 ff.).
Die Fallgruppe „Vermehrung der Substanz” (ohne dass zugleich die nutzbare Fläche vergrößert wird) kann im Einzelfall zu Schwierigkeiten der Abgrenzung vom Erhaltungsaufwand führen. Die Verwaltung nimmt z. B. bei Einsetzen von zusätzlichen Wänden Substanzvermehrung an, nicht dagegen beim Versetzen von Wänden (s. oben).
cc) Über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung (insbesondere „anschaffungsnahe Aufwendungen”)
Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB als Herstellungskosten zu behandeln, wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führen.
Ursprünglicher Zustand ist der Zustand des Gebäudes im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung durch den Steuerpflichtigen oder des unentgeltlichen Erwerbs vom Rechtsvorgänger. Hiervon abweichend ist auf einen späteren Zeitpunkt abzustellen, wenn die ursprüngliche AfA-Bemessungsgrundlage durch nachträgliche Herstellungskosten, durch Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung oder Teilwertabschreibung verändert worden ist. Es ist dann auf den letzten Zeitpunkt abzustellen, zu dem die AfA-Bemessungsgrundlage geändert worden ist. Bei Entnahmen aus oder Einlagen in das Betriebsvermögen ist auf den Zeitpunkt der Entnahme oder Einlage abzustellen.
Eine wesentliche Verbesserung ist gegeben, wenn die Maßnahmen zur Instandsetzung und Modernisierung über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgehen, den Gebrauchswert deutlich erhöhen und für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit schaffen. Eine wesentliche Verbesserung i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB liegt nicht schon vor, wenn das Gebäude „generalüberholt” wird. Den Begriff der Generalüberholung hat der BFH aufgegeben. Die Höhe der Aufwendungen ist kein Kriterium für die Abgrenzung der Herstellungskosten von den Erhaltungsaufwendungen. Die Verwaltung erkennt aus Vereinfachungsgründen auf Antrag Aufwendungen nach Fertigstellung eines Gebäudes für die einzelne Baumaßnahme als Erhaltungsaufwand an, wenn die Kosten nicht mehr als 4.000 € betragen (R 21.1 Abs. 2 EStR). Treffen Herstellungsaufwand und Erhaltungsaufwand zusammen, liegt insgesamt Herstellungsaufwand nur vor, wenn ein bautechnischer Zusammenhang besteht (vgl. die Beispiele im , BStBl 2003 I S. 386, Rz. 33 ff.).
Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung eines Wohngebäudes sind dann nicht sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. Vielmehr sind sie in diesem Fall im Rahmen der AfA zu berücksichtigen.
Es entscheidet sich allein nach § 255 HGB, welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen. Dementsprechend sind Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung eines Wohngebäudes im Anschluss an den Erwerb Anschaffungskosten, wenn sie geleistet werden, um das Gebäude „in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen” (§ 255 Abs. 1 Satz 1 HGB), d. h. um es bestimmungsgemäß nutzen zu können.
Die konkrete Art und Weise, in der das Grundstück zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart genutzt werden soll, bestimmt der Erwerber. Will er ein leerstehend erworbenes Gebäude zu Wohnzwecken nutzen, gehört zur Zweckbestimmung auch die Entscheidung, welchem Standard das Gebäude entsprechen soll (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchsvoll). Baumaßnahmen, die das Gebäude auf einen höheren Standard bringen, machen es betriebsbereit; ihre Kosten sind Anschaffungskosten. Für den Standard eines Wohngebäudes ist in diesem Zusammenhang vor allem die Ausstattung und Qualität der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen und der Fenster ausschlaggebend.
Hiervon abgesehen sind Anschaffungskosten auch Kosten für Baumaßnahmen nach dem Erwerb und vor der erstmaligen Nutzung eines Gebäudes, wenn funktionsuntüchtige Teile wiederhergestellt werden, die für seine Nutzung unerlässlich sind, z. B. bei einer defekten Heizung, bei die Bewohnbarkeit ausschließenden Wasser- oder Brandschäden.
Wird ein Gebäude im Zeitpunkt des Erwerbs – z. B. durch Vermietung – bereits genutzt und setzt der Erwerber die Vermietung fort, ist das Gebäude insoweit bereits betriebsbereit. Aufwendungen nach dem Erwerb sind dann entweder sofort abziehbare Werbungskosten oder Herstellungskosten. Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die für sich allein noch als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, können in ihrer Gesamtheit zu einer „wesentlichen Verbesserung” (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB) und damit zu Herstellungskosten führen. Dies ist der Fall, wenn durch die Modernisierung vor allem der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen und der Fenster ein Wohngebäude von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).
Die Finanzverwaltung unterlässt in den ersten drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes i. d. R. die Prüfung einer Standardhebung und geht somit davon aus, dass es sich bei den Aufwendungen für die durchgeführten Maßnahmen um Erhaltungsaufwendungen handelt, sofern diese 15-%-Grenze nicht überschritten wird (, BStBl 2003 I S. 386, Rz. 38).
Tz. 228 Steuerstundungsmodelle bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
a) Allgemeines
Die Verlustverrechnungsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle (§ 15b EStG) ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung analog anzuwenden. Soweit also bei Immobilienfonds die Verlustzuweisungsgrenze von 10 % überschritten wird, unterliegen die Verluste der Verlustverrechnungsbeschränkung. Dies gilt auch, wenn die Verluste aufgrund erhöhter Abschreibungen für Baudenkmale oder für Gebäude in Sanierungsgebieten entstanden sind.
b) Sonderfall: Erwerb einer Eigentumswohnung vom Bauträger
Der Erwerb einer zur Vermietung vorgesehenen Eigentumswohnung vom Bauträger allein stellt grds. keine modellhafte Gestaltung dar. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Anleger modellhafte Zusatz- oder Nebenleistungen (z. B. Vermietungsgarantien) vom Bauträger selbst oder auf dessen Vermittlung von Dritten in Anspruch nimmt, die den Steuerstundungseffekt ermöglichen sollen. Dabei reicht bereits die Inanspruchnahme einer einzigen Nebenleistung (wie z. B. Mietgarantie oder Bürgschaft für die Endfinanzierung) zur Annahme der Modellhaftigkeit der Anlage aus. Keine schädlichen Nebenleistungen sind jedoch die Vereinbarungen über Gegenleistungen, welche die Bewirtschaftung und Verwaltung des Objekts betreffen (z. B. Aufwendungen für die Hausverwaltung, Vereinbarung über den Abschluss eines Mietpools, Tätigkeit als WEG-Verwalter), soweit es sich nicht um Vorauszahlungen für mehr als zwölf Monate handelt. Eine modellhafte Gestaltung liegt jedoch nicht vor, wenn der Bauträger mit dem Erwerber zugleich nur die Modernisierung des Objekts ohne weitere modellhafte Zusatz- oder Nebenleistungen vereinbart.
Zu Einzelheiten der Verlustverrechnungsbeschränkung bei Erwerb von Eigentumswohnungen vom Bauträger vgl. NWB PAAAC-49955, Rz. 9. Es ist davon auszugehen, dass Rz. 9 des o. g. BMF-Schreibens analog anzuwenden ist, wenn keine Eigentumswohnung, sondern ein anderes Objekt von einem Bauträger gekauft wird. Erwirbt ein Fonds ein Objekt von einem Bauträger, liegt im Verhältnis Fonds zu Bauträger wohl keine modellhafte Gestaltung vor. Es ist jedoch hier davon auszugehen, dass eine modellhafte Gestaltung im Verhältnis des Fonds zu den Gesellschaftern des Fonds anzunehmen ist. Durch die Beauftragung eines Bauträgers z. B. mit der Sanierung eines Großobjekts kann die Anwendung des § 15b EStG daher nicht umgangen werden. Zu Detailfragen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Eigentumswohnungen vom Bauträger vgl. Fleischmann/Gragert, NWB F. 3, S. 15165ff. NWB JAAAC-84641.
VII. Sonstige Einkünfte
Tz. 229 Einkunftsart „sonstige Einkünfte”
§ 22 EStG enthält unterschiedliche Besteuerungstatbestände. Die Vorschrift umfasst Einkünfte aus
wiederkehrenden Bezügen,
Unterhaltsleistungen des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten,
Versorgungsleistungen,
Leistungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs,
privaten Veräußerungsgeschäften,
sonstigen Leistungen,
Abgeordnetenbezügen und
Riester-Verträgen und betrieblicher Altersvorsorge.
Damit fängt § 22 EStG auf, was außerhalb der übrigen Einkunftsarten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mitbestimmt. § 22 EStG ist grds. gegenüber anderen Einkunftsarten subsidiär (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG). Ausnahmen bilden die Spezialnormen zur nachgelagerten Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) und zur Besteuerung von Leistungen aus Riester-Verträgen und betrieblicher Altersversorgung (§ 22 Nr. 5 EStG) sowie bis VZ 2008 die ausdrücklich vorrangige Erfassung als privates Veräußerungsgeschäft gegenüber § 17 EStG (§ 23 Abs. 2 i. V. mit § 22 Nr. 2 EStG). Mit Einführung der Abgeltungsteuer hat § 17 EStG nunmehr Vorrang vor der Erfassung als privates Veräußerungsgeschäft, das jetzt über § 20 EStG zu erfassen ist (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 20 Abs. 8 EStG).
Die Einkünfte werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Für Werbungskosten in Zusammenhang mit Einnahmen i. S. des § 22 Nr. 1, 1a und 5 EStG gilt ein Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 102 € (§ 9a Satz 1 Nr. 3 EStG), sofern nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden.
Zur Berücksichtigung vorweggenommener Werbungskosten im Zusammenhang mit fremdfinanzierten Rentenversicherungen vgl. NWB OAAAB-63662 sowie ergänzend zur Überschussprognose , BStBl 2006 II S. 228 (Anwendung der Sterbetafel).
Tz. 230 Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen
a) Allgemeines
Zu den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 EStG) gehören die Leibrenten und anderen Leistungen sowie die sonstigen wiederkehrenden Bezüge. – Einkünfte aus Zuschüssen und sonstigen Vorteilen, die als wiederkehrende Bezüge geleistet werden, sind lediglich klarstellend aufgeführt. – Sonstige wiederkehrende Bezüge gehören zu den sonstigen Einkünften, soweit sie sich bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht als Kapitalrückzahlungen (Kaufpreisraten) darstellen, auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhen und mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehren (gleichmäßige Höhe ist nicht erforderlich).
Wird z. B. zwischen den Vertragsparteien eine ansonsten unabänderbare Rente erhöht, wenn der Rentenempfänger pflegebedürftig wird, dann handelt sich nicht mehr um eine gleichmäßige aus einem Rentenstammrecht resultierende Rentenleistung, sondern um sonstige wiederkehrende Bezüge ( NWB CAAAD-22239). Eine beispielhafte Aufzählung von wiederkehrenden Bezügen und nicht zu erfassenden Bezügen mit Wiederholungselementen enthält H 22.1 EStH. Zu den zu erfassenden Leistungen gehören nach der Rechtsprechung des BFH z. B. Schadenersatzrenten, wenn sie als Ersatz für andere, bereits steuerbare Einkünfte geleistet werden. Schadenersatzrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 zweite Alternative BGB, die bei Verletzung höchstpersönlicher Güter im Bereich der privaten Vermögenssphäre geleistet werden (sog. Mehrbedarfsrenten), sind nach Auffassung des BFH aber weder als Leibrenten noch als sonstige wiederkehrende Bezüge nach § 22 Nr. 1 EStG steuerbar, obwohl sie ihrer äußeren Form nach wiederkehrende Leistungen sind (, BStBl 1995 II S. 121). Die Grundsätze dieses Urteils sind nach Auffassung der Finanzverwaltung () auch auf die Zahlung von Schmerzensgeldrenten nach § 253 Abs. 2 BGB (früher: § 847 BGB) anzuwenden. Auch die Unterhaltsrente nach § 844 Abs. 2 BGB ist insoweit nicht steuerbar ist, da sie lediglich den durch das schädigende Ereignis entfallenden, nicht steuerbaren Unterhaltsanspruch ausgleicht und nicht Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen i. S. der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten gewährt ( NWB KAAAD-03680). Dies gilt für Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste nach § 845 BGB.
Grds. folgt die steuerliche Erfassung wiederkehrender Bezüge dem – gesetzlich nicht normierten – Korrespondenzprinzip: Im Ergebnis wird beim Empfänger versteuert, was beim Geber steuermindernd (als Werbungskosten, Betriebsausgaben) berücksichtigt werden kann (Ausnahme: Steuerbefreiungen nach § 3 EStG). Aufwendungen, die beim unbeschränkt steuerpflichtigen Geber nach § 12 Nr. 2 EStG vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen sind (freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person), sind daher dem Empfänger nicht zuzurechnen (§ 22 Nr. 1 Satz 2 EStG). Eine Ausnahme gilt für Leistungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52– 54 AO und Bezüge im Zusammenhang mit bestimmten Stiftungen.
Ist der Geber nicht unbeschränkt einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtig, steht das Korrespondenzprinzip der Zurechnung – und Besteuerung – beim Empfänger nicht entgegen. Dies gilt auch dann, wenn der Geber die Leistungen aus inländischen Einkünften bestreitet und ihm kein Abzug als Werbungskosten oder Sonderausgaben (§ 50 Abs. 1 EStG) zusteht (, BStBl 1974 II S. 101). Unterhalts-, Schul- und Studiengelder, die ausländische Schüler und Studenten aus dem Ausland erhalten, werden aus Billigkeitsgründen von der Besteuerung ausgenommen (R 22.2 EStR). Zu Unterhaltsleistungen eines nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten s. Realsplitting; Tz. 231.
b) Leibrenten und andere Leistungen
aa) Nachgelagert zu besteuernde Leibrenten und andere Leistungen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG)
Die nachgelagerte Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen korrespondiert mit dem Sonderausgabenabzug für Beiträge zur sog. Basisversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG; s. Tz. 132). Sie erstreckt sich auf Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, landwirtschaftlichen Alterskassen, berufsständischen Versorgungseinrichtungen und Rentenversicherungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (sog. Basis- oder Rürup-Renten) einschließlich der Leistungen an Hinterbliebene oder wegen Erwerbsminderung (, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 88 ff.; so auch NWB UAAAD-27907 gegen das Urteil ist eine Revision beim BFH Az. X R 33/09 anhängig). Zur Besteuerung von Alterseinkünften insgesamt: s. Myßen/Finckh, NWB F. 3 S. 14159 ff. NWB WAAAB-92676.
Da der Sonderausgabenabzug für die Beiträge zur Basisversorgung aus Haushaltsgründen zunächst beschränkt ist (erst nach einer bis ins Jahr 2025 reichenden Übergangsregelung ist der volle Abzug – unter Beachtung der Höchstbeträge – möglich) und eine zweifache Steuerbelastung der Beiträge einerseits in der Beitragsphase und andererseits bei deren Auskehrung in der Leistungsphase vermieden werden muss, unterliegen Leibrenten und andere Leistungen im Übergangszeitraum bis 2040 nur teilweise der Besteuerung. Der der Besteuerung unterliegende Anteil richtet sich dabei nach dem Jahr des Rentenbeginns. Er beträgt für Renten, die im Jahr 2005 und früher begonnen haben, 50 % und steigt schrittweise (2 Prozentpunkte jährlich, ab 2021 dann 1 Prozentpunkt jährlich) an, je später die Rente beginnt. Auf dieser Basis wird im Folgejahr des Rentenbeginns ein steuerfreier Betrag ermittelt, der dann grds. jedes Jahr angesetzt wird. Damit wird im Wege der Typisierung der Anteil der Rente nicht der Besteuerung unterworfen, der auf steuerbelasteten Beiträgen beruht. Erst Renten, die 2040 oder später beginnen, werden in vollem Umfang der Besteuerung unterliegen.
Zu den gegen die Übergangsregelung anhängigen Verfahren vgl. Tz. 132, b, aa., sowie Levedag, NWB 18/2009, S. 1330 ff. NWB AAAAD-19121.
Die nachgelagerte Besteuerung betrifft Leistungen inländischer wie ausländischer Rententräger (hierzu ist allerdings beim BFH unter dem Az. X R 37/08 ein Verfahren anhängig, ob auch Renten ausländischer Rentenversicherungsträger unter den Anwendungsbereich des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu subsumieren sind; zur Übersicht über ausländische gesetzliche Rentenversicherungen, die der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind vgl. NWB JAAAC-92206). Dementsprechend können auch Beiträge an ausländische gesetzliche Rentenversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Sonderausgaben berücksichtigt werden (so auch NWB KAAAD-27381).
Eine Vergleichbarkeit mit der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung – und damit eine Besteuerung der Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG – besteht allerdings auch für dem CERN Pensionsfonds (Europäische Organisation für Kernforschung) und dem BIZ-Pensionsfonds (Bank für internationalen Zahlungsausgleich). Vgl. hierzu auch NWB YAAAD-22771.
Die nachgelagerte Besteuerung und umfasst neben den regelmäßigen Rentenzahlungen grds. auch einmalige Leistungen (z. B. Sterbegeld und Abfindung von Kleinbetragsrenten). Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind auch Zinsen zu erfassen (, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 91). Der BFH hat demgegenüber entschieden (, BStBl 2008 II S. 292), dass die im Zusammenhang mit Rentennachzahlungen gezahlten Zinsen gemäß § 44 Abs. 1 SGB I der Steuerpflicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterliegen. Der BFH begründet seine Auffassung damit, dass es sich insoweit um eine – erzwungene – Kapitalüberlassung des Rentenberechtigten an den Rentenversicherungsträger handelt. Dies Begründung gilt u. E. auch für die ab dem beginnenden Veranlagungszeiträume. Zwar wurde die steuerliche Erfassung von Alterseinkünften neugeregelt allerdings ist der § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG auch weiterhin subsidiär im Verhältnis zum § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, so dass die entsprechende Erfassung im Rahmen der Kapitaleinkünfte vorrangig ist. Allerdings bietet die Auslegung der Finanzverwaltung vorallem für diejenigen Vorteile, die ihren Sparfreibetrag bereits ausgeschöpft haben, da durch die Erfassung im Rahmen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG die Zinsen nur anteiligt – entsprechend dem Beginn der Rente – erfasst werden.
Ausgenommen von der Besteuerung sind allerdings diejenigen Leistungen, bei denen es sich um steuerfreie Einnahmen i. S. des § 3 EStG (, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 92), wie z. B.:
Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wie z. B. Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsminderungsrenten der Berufsgenossenschaft (§ 3 Nr. 1 Buchst. a EStG),
Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Alterssicherung der Landwirte (§ 3 Nr. 1 Buchst. b EStG),
Übergangsgelder nach dem SGB VI (§ 3 Nr. 1 Buchst. c EStG),
Abfindung von Witwenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 3 Nr. 3 Buchst. a EStG),
Beitragserstattungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 3 Nr. 3 Buchst. b EStG),
Beitragserstattungen und Witwenabfindungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den Erstattungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind (§ 3 Nr. 3 Buchst. c i. V. mit § 3 Nr. 3 Buchst. a und b EStG); vgl. hierzu auch Tz. 22 (3).
Ausgleichszahlungen nach § 86 BVG (§ 3 Nr. 6 EStG),
Renten, die als Entschädigungsleistungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften – insbesondere des Bundesentschädigungsgesetzes – zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden (§ 3 Nr. 8 EStG),
Zuschüsse zur freiwilligen oder privaten Krankenversicherung (§ 3 Nr. 14 EStG),
Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (§ 3 Nr. 67 EStG).
Wegen weiterer Einzelheiten s. Myßen/Bering, NWB F. 3 S. 14293ff. unter III, 1 NWB TAAAC-31891.
Bei Leistungen berufsständischer Versorgungswerke wird es unter engen Voraussetzungen zugelassen, dass ein Teil der Leistungen nach dem günstigeren Ertragsanteilsverfahren besteuert wird. S. Tz. 230, b, bb (Öffnungsklausel).
Für den Sonderausgabenabzug wie für die nachgelagerte Besteuerung von sog. Basis-/Rürup-Renten gelten eng gefasste Kriterien. Vgl. hierzu ausführlich Tz. 132, b, ee. Für Altverträge (Laufzeitbeginn und Entrichtung mindestens eines Beitrags vor dem ), die vorrangig unter § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG fallen, bleibt es, auch wenn die „Rürup-Kriterien” nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllt waren oder nach einer Vertragsänderung erfüllt werden, bei der Ertragsanteilsbesteuerung; s. Tz. 230, b, bb.
Wird allerdings ein Rentenversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn nach dem , der die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllt, in einen Vertrag umgewandelt, der diese Voraussetzungen erfüllt, gilt der bisherige Vertrag nach Auffassung der Finanzverwaltung als beendet (/S2345, BStBl 2008 I S. 390, Rz. 103). D. h. es erfolgt eine Besteuerung der entsprechenden Leistungen im Zeitpunkt der Umstellung, und die auf den „neuen” Vertrag eingezahlten Beiträge – einschließlich des aus dem Altvertrag übertragenen Kapitals – können im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG als Aufwendungen für eine Basisversorgung im Alter angesetzt werden. Allerdings sind die sich später ergebenden Leistungen insgesamt nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu besteuern. Eine Aufteilung erfolgt nicht. Dies gilt vergleichbar, wenn ein Kapitallebensversicherungsvertrag in einen Rentenversicherungsvertrag i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG umgewandelt wird.
Der maßgebliche Prozentsatz, zu dem die grds. nachgelagert zu besteuernden Leistungen tatsächlich der Besteuerung unterliegen, bestimmt sich nach dem Jahr des Rentenbeginns (Zeitpunkt der – ggf. rückwirkenden – Bewilligung); bei einmaligen Leistungen, die vor Beginn einer Rente zufließen, ausnahmsweise nach dem Zuflussjahr. Wird im Zusammenhang mit der rückwirkenden Zubilligung einer Rente die Rentennachzahlung mit bisher gewährten Sozialleistungen (z. B. Krankengeld) verrechnet, sind die verrechneten Sozialleistungen rückwirkend als Rentenleistungen anzusehen. Bemessungsgrundlage ist der Jahresbetrag der Rente, d. h. alle im Veranlagungszeitraum zugeflossenen Leistungen (einschließlich Nachzahlungen, Sterbegeld, Abfindungen etc.) mit Ausnahme steuerbefreiter oder der Ertragsanteilsbesteuerung (s. Tz. 230, b, bb, Öffnungsklausel) unterliegender Bestandteile. Wegen Einzelheiten s. , BStBl 2005 I S. 429, Rz. 100 ff. Folgerenten sind neue Renten, die auf denselben Beiträgen beruhen wie eine vorangegangene Rente, z. B. eine Hinterbliebenenrente nach Altersrentenbezug des Verstorbenen, Altersrente im Anschluss an eine Erwerbsminderungsrente oder eine Altersrente, die einer Erziehungsrente folgt. Hier wird zur Bestimmung des maßgeblichen Prozentsatzes der Beginn der (Folge-)Rente um die Laufzeit der vorhergehenden Renten fiktiv vorverlegt. Schließt sich eine Folgerente unmittelbar an die vorangegangene Rente an, gilt also der auf die vorhergehende Rente anzuwendende Prozentsatz auch für die Folgerente. Vorhergehende Renten, die vor dem geendet haben, bleiben dabei unberücksichtigt.
Die Differenz zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der steuerfreie Teil der Rente. Dieser gilt in der Höhe, in der er für das Jahr ermittelt wird, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt (bei Rentenbeginn vor 2005 gelten die Verhältnisse des Jahrs 2005), grds. für die gesamte Laufzeit der Rente fort. Künftige Rentenerhöhungen im Rahmen regelmäßiger Anpassungen unterliegen daher in vollem Umfang der Besteuerung. Ändert sich der Jahresbetrag der Rente außerhalb einer regelmäßigen Anpassung (z. B. aufgrund einmaliger Leistungen, Anrechnung anderer Einkünfte), ist der steuerfreie Teil der Rente mit Wirkung für das Änderungsjahr und zukünftige Jahre neu zu ermitteln. Bei einer in ausländischer Währung zu zahlenden Rente hat eine Neuberechnung auch dann zu erfolgen, wenn aufgrund von Wechselkursschwankungen ein höherer oder niedrigerer Rentenbetrag in Euro ergibt, obgleich sich die Höhe der Rente in der ursprünglichen Währung nicht geändert hat (; vgl. hierzu auch NWB RAAAD-21116). Im Falle einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente ist der aktuelle Jahresbetrag der Rente im Änderungsjahr jedoch um Bestandteile, die auf regelmäßigen Anpassungen beruhen, zu bereinigen. Auch bei der Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente ist der der Besteuerung unterliegende Anteil mit dem Prozentsatz zu ermitteln, der sich nach dem maßgeblichen Jahr des Rentenbeginns ergibt.
bb) Ertragsanteilsbesteuerung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG)
Nur Leibrenten, die nicht nachgelagert zu besteuern sind, unterliegen ab 2005 noch der Ertragsanteilsbesteuerung. Diese hat daher in der Praxis erheblich an Bedeutung verloren. Der Ertragsanteil einer Rente (Erträge des Rentenrechts) ermittelt sich durch Anwendung des Prozentsatzes, der sich nach dem zu Beginn der Rente vollendeten Lebensjahr ergibt, auf die jeweiligen Renteneinnahmen im Veranlagungszeitraum. Die Ertragsanteile sind ab dem Veranlagungszeitraum 2005 deutlich abgesenkt und basieren auf einer typisierten Verzinsung des Rentenkapitalwerts mit einem Faktor von nunmehr 3 % Erträge in der Beitragsphase, die den Kapitalwert der Rente zusammen mit den Beiträgen gebildet haben, bleiben weiterhin unbesteuert. Die Ertragsanteilsbesteuerung gilt z. B. für
Veräußerungsleibrenten,
Lebenslange Renten aus privaten Versicherungen, die nicht die Kriterien des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG erfüllen (z. B. Altverträge oder Verträge, die eine Kapitalisierung zulassen),
Renten aus der privaten oder betrieblicher Altersversorgung, die nicht auf geförderten Beiträgen beruhen (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG ordnet insoweit die Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG an),
sowie auf Antrag für grds. nachgelagert zu besteuernde Renten im Rahmen der sog. Öffnungsklausel.
Bei kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen erfolgt eine Besteuerung primär nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Eine Besteuerung mit dem Ertragsanteil kommt nur in Betracht, soweit eine lebenslange Rentenzahlung gewählt und erbracht wird. Durch den in § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (durch das JStG 2007) aufgenommenen Begriff „lebenslange Rentenzahlung” wird deutlich gemacht, dass die steuerliche Privilegierung der Rentenzahlung voraussetzt, dass gleich bleibende oder steigende wiederkehrende Bezüge zeitlich unbeschränkt für die Lebenszeit der versicherten Person (lebenslange Leibrente) vereinbart werden. Leibrenten mit einer vertraglich vereinbarten Höchstlaufzeit (abgekürzte Leibrenten) und wiederkehrende Bezüge, die nicht auf die Lebenszeit, sondern auf eine festgelegte Dauer zu entrichten sind (Zeitrenten), sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern. Der Ansatz des Ertragsanteils erfolgt nur, wenn die Rentenzahlungen auch tatsächlich „erbracht” wird. Regeln die Vertragsparteien z. B., die Rentenzahlung in eine Einmalkapitalauszahlung umzuwandeln, ist diese Versicherungsleistung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern. Zur Anwendung eines einheitlichen Ertragsanteils im Falle der Auszahlung einer Grundrente und einer sich aus den Überschussanteilen ergebenden Bonusrente vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 108, BetrAV 3/2007, S. 261; zur steuerlichen Behandlung von Rentenversicherungen mit fondsgebundener Kapitalanlage in der Auszahlphase vgl. NWB YAAAC-82734.
Der Begriff der Leibrente ist ein vom bürgerlichen Recht (§§ 759 ff. BGB) abweichender steuerlicher Begriff. Er setzt gleichbleibende Bezüge voraus (geringfügige Schwankungen z. B. aufgrund von Überschussbeteiligungen des Rentenversicherers werden toleriert), die für die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden (s. H 22.3 EStH „Begriff der Leibrente”). Keine lebenslange Leibrente liegt hingegen vor, wenn die Auszahlung in Form einer konstanten Anzahl von Investmentanteilen erfolgt; s. auch Tz. 132, b, ee (4).
Für Leistungen, die nicht in einer Leibrente bestehen (z. B. Kapitalleistungen), kann, auch wenn der Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG insgesamt auch „andere Leistungen” umfasst, die Ertragsanteilsbesteuerung nicht angewandt werden, da es sich insoweit nicht um Erträge des Rentenrechts handelt. Bei kapitalbildenden Versicherungen sind die in der Leistung enthaltenen Erträge daher nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern. Dies gilt auch für die Abfindung laufender Renten aus Verträgen, die nach dem abgeschlossen worden sind; s. auch , BStBl 2006 I S. 92, Rz. 19. Bisher unterlag die Abfindung laufender Leibrenten generell nicht der Besteuerung (, BStBl 1958 III S. 277).
Für abgekürzte Leibrenten, d. h. Renten, die lebenslang, aber höchstens für eine bestimmte Dauer geleistet werden, gilt – sofern diese der Ertragsanteilsbesteuerung unterliegen – eine besondere Ertragsanteilstabelle (§ 55 EStDV). Typischer Anwendungsfall ist die private Berufsunfähigkeitsrente, die üblicherweise nur bis zum Erreichen einer bestimmten Altersgrenze, häufig längstens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs gezahlt wird.
Zu den Einkünften nach § 22 Nr. 1 EStG gehören allerdings nicht Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB, die den durch den Tod des Ehegatten eingetretenen materiellen Unterhaltsschaden ausgleichen (BFH, Urteil v. 26. 11 .2008 - X R 31/07NWB KAAAD-03680; vgl. hierzu ausführlich BStBl 2009 I S. 838 NWB EAAAAD-26119).
Renten die grds. nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (Kohortenbesteuerung) können auf Antrag teilweise mit dem Ertragsanteil besteuert werden (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG). Voraussetzung für die Anwendung dieser so genannten Öffnungsklausel ist, dass nachweislich bis zum in mindestens zehn Kalenderjahren (auch wenn diese nicht zusammenhängen) Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung (West) an berufsständische Versorgungseinrichtungen und/oder die gesetzliche Rentenversicherung erbracht wurden (vgl. ausführlich hierzu , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 133; NWB FAAAC-31874; zur Verfassungswidrigkeit der Öffnungsklausel im Hinblick auf die 10-Jahres-Grenze ist ein Verfahren beim BFH anhängig, Az. des BFH: X R 1/09 NWB ZAAAD-10229). Für die Prüfung, ob die 10-Jahres-Grenze erfüllt ist, sind nur die vor dem liegenden Beitragsjahre zu berücksichtigen, in denen entsprechende Beiträge gezahlt wurden (so genanntes „In-Prinzip”) nicht zu berücksichtigen ist insoweit "für" welche Beitragsjahre die Zahlungen geleistet wurden (so auch NWB MAAAC-97487; Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 53/08). Beiträge, die nach dem gezahlt wurden, sind insoweit nicht einzubeziehen; dies gilt auch wenn die Beiträge in Form einer Nachzahlung für ein zurückliegendes Beitragsjahr gezahlt werden (vgl. , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 135; zur Frage, welche Beiträge in die Öffnungsklausel einzubeziehen sind, ist ein entsprechendes Verfahren beim BFH anhängig, Az. des BFH: X R 58/08 NWB UAAAD-10235; ebenso liegt dem BFH die Rechtsfrage vor, ob auf die vom Empfänger eines Versorgungsbezuges zusätzlich bezogene gesetzliche Rente aus Gründen der Gleichbehandlung insgesamt die Öffnungsklausel angewandt werden müsste, Az. des BFH X R 29/09 NWB EAAAD-25403).
Der Anteil der Rente, der auf den über den (jeweils historischen) Höchstbeiträgen hinaus erbrachten Beiträgen beruht, ist dann mit dem Ertragsanteil zu besteuern. Dabei werden die den Höchstbeitrag übersteigenden Beitragsteile vorrangig den Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen und nachrangig der gesetzlichen Sozialversicherungsrente zugeordnet. In der Praxis dürfte sich die Anwendung der Öffnungsklausel im Wesentlichen auf Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen beschränken. Den Aufteilungsmaßstab bestimmt der Versorgungsträger; er ergibt sich danach, inwieweit Rentenleistungen jeweils auf Beiträgen bis zum Höchstbeitrag und auf Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrags beruhen. In diesem Verhältnis werden die jeweiligen Einnahmen anteilig der nachgelagerten Besteuerung und der Ertragsanteilsbesteuerung zugeordnet. Der Aufteilungsmaßstab gilt uneingeschränkt auch für Folgerenten oder im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragene Rentenanwartschaften. Zur Öffnungsklausel s. auch , BStBl 2008 I S. 390, Rz. 133 ff.
Tz. 231 Einkünfte aus Unterhaltsleistungen (Realsplitting)
Unterhaltsleistungen des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten unterliegen beim gesetzlich unterhaltsberechtigten Empfänger grds. nicht der Einkommensteuer und fallen beim Unterhaltsleistenden unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG (Abzugsmöglichkeit im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen; s. Tz. 258). Die Unterhaltsleistungen (auch Sachleistungen wie Wohnungsüberlassung) werden jedoch zu steuerpflichtigen Einnahmen umqualifiziert, soweit sie der Unterhaltsleistende als Sonderausgaben abziehen kann. Die Steuerpflicht der Einnahmen ist folglich durch den Höchstbetrag für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG (13.805 €) betragsmäßig begrenzt. Zum Abzug beim Unterhaltsleistenden und zur Zustimmung des Unterhaltsberechtigten s. Tz. 129.
Unterhaltsleistungen eines nicht unbeschränkt steuerpflichtigen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten unterliegen allerdings beim Empfänger nicht der Besteuerung; insbesondere ist insoweit nicht die allgemeine Besteuerung für wiederkehrende Bezüge (§ 22 Nr. 1 Satz 2 EStG) anzuwenden, da die Unterhaltsleistungen des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten abschließend in § 22 Nr. 1a EStG geregelt sind (, BStBl 2004 II S. 1047). Nach einer Entscheidung des NWB KAAAC-67327) sind außerdem nur solche Unterhaltsleistungen zu versteuern, die beim Geber als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgezogen werden können und bei denen sich der mögliche Abzug auch tatsächlich steuermindernd auswirkt. Die Notwendigkeit eines „steuerwirksamen” Abzugs als Sonderausgaben ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, allerdings gebiete das zwischen § 22 Nr. 1a EStG und § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG bestehende Korrespondenzprinzip diese Auslegung. Ein Ansatz der Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte soll daher auch dann nicht möglich sein, wenn sich aus der Berücksichtigung der Unterhaltsaufwendungen keine Steuerminderung beim Geber ergeben habe. Gegen das Urteil des FG Köln ist allerdings die Revision beim BFH anhängig (Az. des BFH: X R 49/07).
Der Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG löst keine steuerpflichtigen Einnahmen beim Unterhaltsempfänger aus.
Tz. 232 Einkünfte aus Versorgungsleistungen
Nach § 22 Nr. 1b EStG gehören zu den sonstigen Einkünften auch Einkünfte aus Versorgungsleistungen, soweit sie beim Zahlungsverpflichteten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben abgezogen werden können. Die Regelung wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 zum eingeführt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine neu begründetet Steuerpflicht, sondern lediglich um die Konkretisierung einer bereits bestehenden Regelung. Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG wurden bereits bisher als wiederkehrende Leistungen nach § 22 Nr. 1 EStG den sonstigen Einkünften zugeordnet. Mit der im Jahressteuergesetz 2008 vorgenommenen Neustrukturierung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG – mit dem die Abziehbarkeit von Versorgungsleistungen als Sonderausgaben geregelt wird – hat sich der Gesetzgeber auch dazu entschlossen, die Erfassung der entsprechenden Einkünfte durch eine eigenständige Vorschrift neu zu regeln.
Der Empfänger der Versorgungsleistung hat entsprechende Einkünfte dann zu versteuern, wenn die Versorgungsleistungen beim Leistungsverpflichteten als Sonderausgaben angesetzt werden können. D.h. es kommt für die Erfassung der Einkünfte nicht darauf an, ob die Versorgungsleistungen als Sonderausgaben tatsächlich angesetzt wurden, lediglich die Möglichkeit ist ausreichend.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind als Sonderausgaben ab dem lediglich Versor-gungsleistungen abziehbar, die im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, eines Betriebs oder Teilbetriebs oder eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH stehen, wenn der Übergeber im letztgenannten Fall als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt. Außerdem ist erforderlich, dass der Empfänger der Versorgungsleistungen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (zu den europarechtlichen Besonderheiten vgl. Tz. 130 und § 1a Abs. 1 Nr. 1a EStG). Damit stellt der Gesetzgeber sicher, dass entsprechend dem Korrespondenzprinzip die steuermindernd geltend gemachten Versorgungsleistungen auch beim Vermögensübergeber besteuert werden.
Die die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen einschränkende gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist nach § 52 Abs. 23e Satz 1 EStG auf alle Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf nach dem vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen. Für Versorgungsleistungen, die auf Vermögensübertragungen beruhen, die vor dem vereinbart wurden, gilt der Ausschluss des Sonderausgabenabzugs grds. nicht (zu den Ausnahmen vgl. Tz. 130).
Für § 22 Nr. 1b EStG hat der Gesetzgeber zutreffenderweise auf eine entsprechende Übergangsregelung verzichtet, da die Vorschrift auf den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Bezug nimmt. In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob die Berücksichtigung der Versorgungsleistungen originär auf § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der ab dem geltenden Fassung beruht, oder ob sich der Ansatz der Versorgungsleistungen aus § 52 Abs. 23e EStG i. V. mit § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der bis zum geltenden Fassung ergibt. D. h. § 22 Nr. 1b EStG erfasst jegliche steuerlich relevanten Versorgungsleistungen unabhängig vom konkreten Zeitpunkt der vereinbarten Vermögensübertragung.
Handelt es sich um eine Vermögensübertragung vor dem ist im Rahmen des § 22 Nr. 1b EStG danach zu differenzieren, ob die Versorgungsleistung als Rente – Ansatz mit dem Ertragsanteil – oder als dauernde Last – volle Erfassung – geleistet wird (vgl. hierzu Tz. 130 und , BStBl 2004 I S. 922, Rz. 48). Beruhen die Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf einer nach dem vollzogenen Vermögensübertragung, ist die Unterscheidung zwischen Rente und dauernder Last nicht mehr erforderlich. Die entsprechenden Versorgungsleistungen unterliegen in vollem Umfang der Besteuerung nach § 22 Nr. 1b EStG.
Tz. 233 Einkünfte aus Leistungen aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs
Wird im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vom ausgleichsverpflichteten Ehegatten an den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Geldrente (sog. Ausgleichsrente) gezahlt, kann der Ausgleichsverpflichtete die Ausgleichsrente in dem Umfang als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG geltend machen, wie sie beim Ausgleichsberechtigten der Besteuerung unterliegt (vgl. Tz. 131a). Der Ausgleichsberechtigte hat den entsprechenden Betrag gem. § 22 Nr. 1c EStG als sonstige Einkünfte zu versteuern (Korrespondenzprinzip).
Liegen der Ausgleichsrente Versorgungsbezüge zugrunde, die nach § 19 EStG beim Ausgleichsverpflichteten erfasst werden, kann dieser auch den ungekürzte Betrag der Ausgleichsrente als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG geltend machen. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte hat dann auch die ungekürzten Beträge nach § 22 Nr. 1c EStG der Besteuerung zu unterwerfen.
Zur steuerlichen Behandlung des eherechtlichen Versorgungsausgleichs insgesamt vgl. auch Risthaus, NWB F. 3 S. 14831.
Tz. 234 Einkünfte aus Leistungen
§ 22 Nr. 3 EStG ist subsidiär sowohl zu allen anderen Einkunftsarten als auch innerhalb des § 22 EStG. Leistung i. S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann (aber nicht muss) und das eine – zu besteuernde – Gegenleistung auslöst (NWB TAAAC-42129).
Das Gesetz erwähnt hierzu beispielhaft gelegentliche Vermittlungen und die Vermietung beweglicher Gegenstände. Die Leistung muss nicht um des Entgelts willen, sie kann z. B. auch zunächst als Gefälligkeit erbracht worden sein, die ohne vorherige Vereinbarung vergütet wird (s. , BStBl 2005 II S. 44). Zu den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG gehören auch Provisionen bei ringweiser Vermittlung von Lebensversicherungen unter nahen Angehörigen ( NWB XAAAD-16008) oder die durch das Anwerben von Mitspielern für einen Schenkkreis veranlassten Geldzuwendungen ( NWB CAAAD-23947). Nicht erfasst vom Regelungsinhalt der Vorschrift sind hingegen Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge, bei denen ein Entgelt dafür erbracht wird, dass ein Vermögenswert in seiner Substanz vollständig aufgegeben wird (, BStBl 1985 II S. 264; daher gehört die Umwelt- bzw. Abwrackprämie auch nicht zu den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG so auch Bode, NWB 2009 S. 1968 NWB FAAAD-23395). Damit ergibt sich eine Abgrenzungsproblematik zu §§ 23, 22 Nr. 2 EStG. So kann das Entgelt für die Bestellung eines Vorkaufsrechts zunächst § 22 Nr. 3 EStG unterfallen; eine spätere Anrechnung auf den Kaufpreis lässt die Qualifizierung als Einnahme i. S. des § 22 Nr. 3 EStG rückwirkend entfallen (, BStBl 1995 II S. 57). Eine beispielhafte Aufzählung von Fallgestaltungen, die Leistungen i. S. des § 22 Nr. 3 EStG darstellen oder nicht darstellen, sowie Näheres zur Behandlung von Optionskombinationen enthält H 22.6 EStH sowie , BStBl 2007 II S. 606; , BStBl 2007 II S. 608; zur Stillhalterprämie vgl. Wagner, NWB F. 3 S. 14041 ff. NWB UAAAB-87604; NWB JAAAC-93671; zur Frage, ob ein Barausgleich als Werbungskosten bei Stillhalterprämien anzusetzen ist, vgl. Stein, NWB direkt 17/2008 S. 1 ff. NWB LAAAC-76588; dies ablehnend , BStBl 2008 II S. 522. Ab 2009 gehören Stillhalterprämien allerdings zu den Einkünften aus Kapitalvermögen ( § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG) und unterliegen damit der Abgeltungsteuer. Abweichend von anderen Kapitalerträgen gilt hier das objektive Nettoprinzip, d. h. steuerbar sind die Einnahmen abzüglich der für die Glattstellung aufgewendeten Beträge einschließlich Nebenkosten. Gilt die begrenzte Verlustverrechnung nach § 22 Nr. 3 EStG für die Stillhaltergeschäfte weiter, dann kann es vorkommen, dass bis zum noch nicht ausgeglichene Verluste aus Stillhaltergeschäften insgesamt steuerrechtlich unberücksichtigt bleiben. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 wurde daher § 22 Nr. 3 EStG daher um eine Übergangsregelung ergänzt, nach der Altverluste aus Stillhaltergeschäften übergangsweise – für fünf Jahre – mit Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG verrechnet werden können. Diese Übergangsregelung findet letztmals für den Veranlagungszeitraum 2013 Anwendung (§ 52a Abs. 10a EStG).
Nicht unter § 22 Nr. 3 EStG fällt ein im Grundstückskaufvertrag für den Fall des Rücktritts vom Kaufvertrag vereinbartes Reugeld (, BStBl 2007 II S. 44), wenn es nicht als Ausgleich für die vom Grundstückkäufer gezogene Nutzung gezahlt wurde. Beim Käufer stellt die Zahlung des Reugelds einen einkünftemindernden Aufwand dar. Dies gilt auch dann, wenn er die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beabsichtigte und sich mit dem Reugeld von der gescheiterten Investition lösen möchte. Insoweit stellen die Aufwendungen vorab entstandene vergebliche Werbungskosten dar (, BStBl 2006 II S. 803).
Zu den sonstigen Einkünften gehören auch Preisgelder für die Teilnahme als Kanidat an einer Fernsehshow, wenn der Auftritt des Kanidaten und das gewonnene Preisgeld in einem gegenseitigen Leistungsverhältnis stehen (vgl. , BStBl 2008 II S. 469; S2257, BStBl 2008 I S. 645).
Die Einkünfte sind nicht steuerpflichtig, wenn sie weniger als 256 € im Kalenderjahr betragen haben (§ 22 Nr. 3 Satz 2 EStG). Diese Freigrenze gilt im Rahmen der Zusammenveranlagung gesondert für jeden Ehegatten (s. R 22.6 EStR).
Werbungskostenüberschüsse bleiben bei der Einkommensermittlung unberücksichtigt und berechtigen nicht zum Verlustabzug nach § 10d EStG, können aber nach Maßgabe des § 10d EStG im Vorjahr oder in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen mit positiven Einkünften i. S. des § 22 Nr. 3 EStG ausgeglichen werden (§ 22 Nr. 3 Satz 3 und 4 EStG; s. auch , BStBl 2004 I S. 1097). Beim Werbungskostenabzug im Zusammenhang mit einmaligen Leistungen hat die Rechtsprechung das Abflussprinzip nach § 11 Abs. 2 EStG durchbrochen. Diese Werbungskosten sind ausnahmsweise im Jahr des Zuflusses der Einnahme zu berücksichtigen, auch wenn sie vor diesem Jahr angefallen sind oder nach diesem Jahr mit Sicherheit anfallen werden. Spätere, nicht vorhersehbare Werbungskosten können im Wege des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend im Jahr des Zuflusses der Einnahme berücksichtigt werden (, BStBl 1992 II S.1017).
Tz. 235 Abgeordnetenbezüge
Zu den Abgeordnetenbezügen i. S. des § 22 Nr. 4 EStG zählen nur Bezüge (einschließlich der Versorgungsbezüge) aufgrund von Abgeordnetengesetzen, nicht dagegen die Bezüge kommunaler Wahlbeamter (§ 19 EStG) oder ehrenamtlicher Mitglieder kommunaler Vertretungen (§ 18 EStG). Die Aufwandsentschädigungen zur Abgeltung der durch das Mandat veranlassten Aufwendungen sind nach § 3 Nr. 12 EStG steuerbefreit (zur Zulässigkeit einer entsprechenden Pauschale nur für Abgeordnete vgl. NWB JAAAC-92446 gegen das Urteil ist eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG unter dem Az. 2 BvR 2244/08 anhängig; zum Urteil des BFH vgl. auch Hermann, NWB direkt 42/2008, S. 7 ff. NWB JAAAC-92767). Im Gegenzug ist bei Gewährung einer Aufwandsentschädigung der Werbungskostenabzug – insoweit über § 3c EStG hinausgehend – ausgeschlossen, auch wenn die tatsächlichen Aufwendungen die jeweilige Aufwandsentschädigung überschreiten sollten. Wahlkampfkosten sind generell nicht abziehbar. Zwecks Gleichbehandlung mit Arbeitnehmern bleiben Nachversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie Zuschüsse zu Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen steuerfrei, und es wird – soweit es sich um Versorgungsbezüge handelt – in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 2 EStG der Versorgungsfreibetrag (nicht der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag) berücksichtigt. Treffen Abgeordnetenversorgung und Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG zusammen, ist der Versorgungsfreibetrag insgesamt nur einmal zu berücksichtigen.
Zu den Einkünften nach § 22 Nr. 4 EStG gehören auch Versorgungsabfindungen. Hierbei handelt es sich um Zahlungen, die – je nach Bundesland – Abgeordneten gezahlt werden, die bei ihrem Ausscheiden weder eine Anwartschaft noch einen Anspruch auf Altersversorgung erworben haben (vgl. NWB EAAAC-80817). Die Versorgungsabfindung ist im Jahr des Zuflusses in voller Höhe steuerpflichtig.
Die Entschädigungen, Übergangsgelder und Ruhegehälter für Mitglieder des Europäischen Parlaments fielen bisher unmittelbar unter den Anwendungsbereich des § 22 Nr. 4 EStG, da die entsprechenden Zahlungen unmittelbar aus dem öffentlichen Haushalt vorgenommen wurden. Zur nächsten Wahlperiode des Europäischen Parlaments wird im Juli 2009 ein verändertes Abgeordnetenstatut wirksam, das die Zahlung in einheitlicher Höhe an alle Mitglieder des Europäischen Parlaments aus dem Haushalt der europäischen Union vorsieht. Die Bezüge der Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden zudem der EU-Gemeinschaftssteuer unterliegen. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 wurde vor diesem Hintergrund § 22 Nr. 4 EStG entsprechend angepasst, so dass die Zahlungen auch weiterhin der deutschen Besteuerung unterliegen. Die EU-Gemeinschaftssteuer wird wie eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende ausländische Steuer behandelt und angerechnet.
Tz. 236 Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen und betrieblicher Altersversorgung
a) Allgemeines
Leistungen aus zertifizierten Altersvorsorgeverträgen sowie Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen werden i. d. R. erst in der Auszahlungsphase besteuert (§ 22 Nr. 5 EStG). Der Umfang der Besteuerung richtet sich danach, ob die in der Ansparphase eingezahlten Beiträge in vollem Umfang, nur teilweise oder gar nicht steuerlich begünstigt worden sind. § 22 Nr. 5 EStG ist gegenüber anderen Vorschriften eine vorrangige Spezialvorschrift (lex specialis), etwa zu § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, oder § 2 Abs. 1 InvStG. Dies hat u. a. zur Folge, dass in der Ansparphase kein Zufluss stattfindet. Insofern wird auch kein Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs. 4 EStG gewährt; lediglich der Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9a Nr. 3 EStG kommt zum Ansatz.
Da es sich beim § 22 Nr. 5 EStG um eine vorrangige Spezialvorschrift handelt, sind weder die Vorschriften über die Abgeltungssteuer noch diejenigen über die Erhebung der Kapitalertragsteuer (§§ 43 ff. EStG) anzuwenden. Dies gilt unabhängig davon, ob die zugunsten des zertifizierten Altersvorsorgevertrages geleisteten Beiträge steuerlich gefördert wurden. Unbeachtlich ist auch, ob der Anleger dem Grunde nach eine steuerliche Förderung in Anspruch nehmen kann.
Mit dem EigRentG (vgl. hierzu ausführlich Myßen/Fischer, NWB F. 3 S. 15117 ff. NWB PAAAC-84224) ist die selbstgenutzte Wohnimmobilie stärker in die steuerlich geförderte Altersvorsorge (Riester-Rente) integriert worden. So wurde u. a. eine Tilgungsförderung (s. Tz. 141) eingeführt und die Rahmenbedingungen für den Altersvorsorge-Eigenheimbetrag (s. Tz. 141) wesentlich verbessert. Auf einem sog. Wohnförderkonto (s. Tz. 141) wird das in der Immobilie gebundene steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen erfasst. Bei dem Wohnförderkonto handelt es sich um ein „fiktives” Konto, welches nur die Funktion hat, eine spätere nachgelagerte Besteuerung zu ermöglichen. Werden Beträge aus dem Wohnförderkonto „ausgebucht”, so führt dies in der Regel zu einer Besteuerung des entsprechenden Betrags.
Als Leistung i. S. des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG gelten auch Abschluss- und Vertriebskosten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags (nur für diesen Teilbereich gilt die mit dem Jahressteuergesetz 2009 eingeführte Regelung), die dem Steuerpflichtigen erstattet werden (§ 22 Nr. 5 Satz 9 EStG). Die Besteuerung der Provisionserstattung beim Anleger als Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG stellt sicher, dass – unabhängig davon, ob die Provisionserstattung auf den Altersvorsorgevertrag eingezahlt oder an den Anleger ausgezahlt wird – eine Doppelbegünstigung vermieden wird und eine zutreffende steuerrechtliche Erfassung erfolgt, ohne dass dies zu Verwerfungen im Riester-Förderverfahren führt. § 22 Nr. 5 Satz 9 EStG gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009.
b) Leistungen, die auf geförderten und nicht geförderten Beiträgen beruhen
§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG bestimmt, dass grds. alle Leistungen aus zertifizierten Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen (zur Erfassung von Kapitalauszahlungen aus Direktversicherungen vgl. NWB HAAAC-43277) der nachgelagerten Besteuerung unterliegen. Eine Begrenzung auf Leistungen, die auf geförderten Beiträgen beruhen, wird nicht mehr vorgenommen. § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG regelt ausdrücklich die Besteuerung der Leistungen soweit diese nicht auf geförderten Beiträgen beruhen. Beruhen die Leistungen auf geförderten Beiträgen, bleibt es bei der vollen nachgelagerten Besteuerung. Folgende Beiträge und Zahlungen lösen eine spätere nachgelagerte Besteuerung der daraus resultierenden Leistungen aus:
Beiträge auf die § 3 Nr. 63 EStG (vgl. Tz. 22 (49)) angewendet wurde,
Beiträge auf die § 10a oder Abschnitt XI EStG (vgl. Tz. 138 ff., 324 ff.) angewendet wurde,
Zulagen i. S. des Abschnitts XI EStG,
Zahlungen i. S. der § 92a Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EStG und § 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 EStG zur Minderung des Wohnföderkontos (vgl. Tz. 141 sowie auch unter e)),
steuerfreie Leistungen i. S. des § 3 Nr. 66 EStG (vgl. Tz. 22 (52) sowie auch unter c)),
Ansprüche, die durch steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG erworben wurden (vgl. Tz, 22 (43)),
Anrechte, die im Rahmen eines Versorgungsausgleichs begründet wurden und die auf steuerfreien Leistungen nach § 3 Nr. 55b Satz 1 EStG (vgl. Tz. 22 (42a) sowie auch unter d)).
Zu den nicht geförderten Beiträgen – damit keine volle nachgelagerte Besteuerung der darauf beruhenden Leistungen, sondern insoweit Anwendung des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG – gehören z. B.
Zahlungen aus dem versteuerten Einkommen,
Beiträge, die nach § 40b EStG pauschal versteuert wurden,
Überzahlungen, d. h. Zahlungen zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags, die die Höchstbetrage des § 10a Abs. 1 EStG übersteigen.
Hat der Steuerpflichtige in der Ansparphase sowohl geförderte als auch ungeförderte Beiträge zugunsten eines Vertrags geleistet, sind die Leistungen in der Auszahlungsphase aufzuteilen (, BStBl 2004 I S. 1061; vgl. auch NWB EAAAD-03789, Rz 108).
Die Besteuerung von Leistungen, die auf nicht geförderten Beiträgen beruhen, richtet sich zukünftig nach der Art der Leistung. Es werden hierbei drei Gruppen unterschieden:
Leistungen in Form einer lebenslangen Rente oder eine Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente werden entweder mit der Kohorte (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) oder mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchst. bb EStG) erfasst (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG). Die gleiche Rechtsfolge ergab sich bisher auch aus § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG a. F.
Bei anderen Leistungen aus Versicherungsverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen treten die Rechtsfolgen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der jeweils für den Vertrag geltenden Fassung ein. Wurde mithin der Versicherungsvertrag vor dem abgeschlossen, ist insoweit sogar eine steuerfreie Kapitalauszahlung möglich (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG). Die gleichen Rechtsfolgen wurden bisher durch eine Auslegung des Begriffs der „Erträge” in § 22 Nr. 5 Satz 3 EStG a. F. erreicht.
In allen anderen Fällen wird der Unterschiedsbetrag zwischen der ausgezahlten Leistung und den auf sie entrichteten Beiträgen besteuert. Hierbei handelt es sich um die gleiche Art der Ertragsermittlung, wie dies im § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG vorgenommen wird. Hauptanwendungsfall sind Leistungen aus Fonds- und Banksparplänen, die auf nicht geförderten Beiträgen beruhen. Für diese Art der Leistungen gilt eine privilegierte Besteuerung, wenn die Auszahlung nach Vollendung des 60. Lebensjahrs erfolgt und dies frühestens nach Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsabschluss der Fall ist. In diesen Fällen ist nur der hälftige Unterschiedsbetrag anzusetzen. Im Falle eines Vertragswechsels nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 AltZertG beginnt die Zwölfjahresfrist allerdings erneut zu laufen. Bei nach dem abgeschlossenen Verträgen ist jedoch die Vollendung des 62. Lebensjahrs maßgebend - vgl. hierzu RV-Altersgrenzenpassungsgesetz v. (BGBl 2007 I S. 554).
Auf nicht geförderten Beiträgen beruhen auch Leistungen aus einer Basis-/„Rürup”-Rente. Ein entsprechender Fall kann sich allerdings nur im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ergeben. Vgl. hierzu und zu anderen Sonderfällen im Rahmen der Neustrukturierung des § 22 Nr. 5 EStG durch das JStG 2007 Myßen/Bering, NWB F. 3 S. 14293 ff. unter III, 2, b und d NWB TAAAC-31891.
c) Übertragung von Versorgungsanwartschaften auf den Pensionsfonds
Wurden Versorgungsverpflichtungen aus einer Direktzusage oder Unterstützungskasse nach § 3 Nr. 66 EStG auf einen Pensionsfonds übertragen, werden die sich aus diesen Versorgungsanwartschaften ergebenden Leistungen nachgelagert als sonstige Einkünfte besteuert. Wurden aufgrund der Versorgungsverpflichtung bereits vor dem laufende Versorgungsleistungen erbracht, kann nach § 52 Abs. 34c EStG, trotz der Besteuerung im Rahmen des § 22 Nr. 5 EStG ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag bzw. – wenn ohne Übertragung die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 EStG erfüllt wären – der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 EStG sowie der Werbungskosten-Pauschbetrag für Versorgungsbezüge (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG) bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt werden (s. , BStBl 2008 I S. 420, Rz. 279 f.; zur Ermittlung des Versorgungsfreibetrags bei Einbringung einer Unterstützungskasse in einen Pensionsfonds vgl. OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 025/2007 v. NWB OAAAC-59564). Durch die Gewährung der Frei- und Pauschbeträge wird bei diesen sog. „Bestandspensionären” die Besteuerung in der gleichen Höhe wie bisher beibehalten (Vertrauensschutz). Diese Vertrauensschutzregelung wird mit Wirkung ab erheblich erweitert, um für die Arbeitgeber einen Anreiz zu schaffen, auch bestehende Versorgungsverpflichtungen auf Pensionsfonds zu übertragen. Die bisher bestehende zeitliche Begrenzung des Anwendungsbereiches der Vorschrift entfällt. Erhält der Arbeitnehmer somit im Veranlagungszeitraum der Übertragung der Versorgungsanwartschaft auf den Pensionsfonds Leistungen aus dieser Versorgung, wird bei der Einkunftsermittlung der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, ggf. der Versorgungsfreibetrag sowie der Werbungskosten-Pauschbetrag für Versorgungsbezüge berücksichtigt. Der gleichzeitige Ansatz des Werbungskosten-Pauschbetrags für sonstige Einkünfte (§ 9a Satz 1 Nr. 3 EStG) scheidet allerdings aus.
§ 52 Abs. 34c EStG ist hingegen nicht anzuwenden, wenn nur die Anwartschaften von Versorgungsanwärtern übertragen werden.
d) Besonderheiten bei der Begründung von Anrechten im Versorgungsausgleich
Mit dem Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom (BGBl 2009 I S. 700) hat der Gesetzgeber eine grundlegende Reform des Versorgungsausgleichs beschlossen. Das Gesetz tritt am in Kraft. Es sieht vor, dass künftig jedes in der Ehe aufgebaute Versorgungsanrecht gesondert im jeweiligen Versorgungssystem zwischen den Ehegatten geteilt wird. Durch diese Teilung erhält der jeweils berechtigte Ehegatte einen eigenen Anspruch gegen den Versorgungsträger des jeweils verpflichteten Ehegatten. Das ist der Grundsatz der „internen Teilung”. Aus steuerlicher Sicht ergeben sich durch die interne Teilung keine Besonderheiten, da die Teilung nicht zu einem steuerlich relevanten Zufluss führt. Die Besteuerung richtet sich nach der Einkunftsart, der die Leistungen zugeordnet wären, wenn es nicht zu einer Teilung gekommen wäre (§ 3 Nr. 55a EStG). Da im Zeitpunkt der Durchführung des Versorgungsausgleichs kein steuerlich relevanter Zufluss erfolgt und die dem Ausgleichsverpflichteten gewährte Förderung nach § 3 Nr. 55a EStG auch gegenüber dem Ausgleichsberechtigten gilt, bedarf es insoweit keiner besonderen Regelungen im Bereich der Besteuerung. Die im Rahmen einer internen Teilung begründeten Anrechte beim Ausgleichsberechtigten werden somit genauso besteuert, als ob es die interne Teilung nicht gegeben hätte.
Abweichend vom Grundsatz der internen Teilung kann auch eine „externe Teilung” vorgenommen werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person zustimmt oder bestimmte Wertgrenzen nicht überschritten sind. Die Teilung erfolgt dann nicht intern beim Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten, sondern extern durch zweckgebundene Abfindung und Einzahlung dieses Kapitalbetrages bei einem anderen Versorgungsträger. Die ausgleichsberechtigte Person kann entscheiden, ob eine für sie bereits bestehende Versorgung aufgestockt oder eine neue Versorgung begründet werden soll. Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten, die der Ausgleichsberechtigte hat, ergeben sich hierbei auch unterschiedliche steuerliche Konsequenzen. Führt die externe Teilung zu einem Wechsel des Besteuerungsregimes, kann es auch im Zeitpunkt der Teilung zu einem steuerlich relevanten Zufluss kommen, ggf. kann auch eine schädliche Verwendung i. S. des § 93 EStG vorliegen.
Nach § 3 Nr. 55b Satz 1 EStG sind Vermögensübertragungen im Rahmen einer externen Teilung dann steuerfrei, wenn die Leistungen aus diesen Anrechten bei der ausgleichsberechtigten Person zu steuerpflichtigen Einkünften nach §§ 19, 20, 22 EStG führt. Eine Ausnahme besteht in den Fällen, in denen die Leistungen aus den Anrechten bei der ausgleichsberechtigten Person nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG oder § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG besteuert werden würde. D. h. eine Steuerfreiheit der Übertragung ist immer dann gegeben, wenn es nicht zu einem Wechsel des anzuwendenden Besteuerungsregimes kommt. So ist eine steuerfreie Übertragung z. B. nicht möglich, wenn eine mit Beiträgen nach § 3 Nr. 63 EStG aufgebaute betriebliche Altersversorgung geteilt und auf eine private Rentenversicherung des Ausgleichsberechtigten übertragen wird. Diese ist auch konsequent, da die zu teilende Versorgung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang nachgelagert besteuert werden würde. Die Leistungen aus der privaten Rentenversicherung unterliegen bei der ausgleichsberechtigten Person hingegen nur der Ertragsanteilsbesteuerung. In diesen Fallgestaltungen wäre es nicht sachgerecht, eine steuerfreie Übertragung zu ermöglichen.
Im Rahmen einer externen Teilung wir eine auf pauschalversteuerten Beiträgen (§ 40b EStG a.F.) beruhende Direktversicherung geteilt (Vertragsabschluss der Direktversicherung vor dem ). Der Ausgleichsverpflichtete muss 50% seiner Anrechte an den Ausgleichsberechtigten abgeben. Dieser wählt als Zielversorgung eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht.
1. Welche steuerlichen Folgen
hat die Teilung?
2. Wie sind die späteren Leistungen zu
versteuern?
zu 1.
Nach §
14 Versorgungsausgleichsgesetz ist ein Kapitalbetrag zur Begründung von
Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von Anrechten der
ausgleichspflichtigen Person zu leisten. Bei diesem Kapitalbetrag handelt es
sich um eine Leistung aus einer Direktversicherung. Diese Leistung unterliegt
grds. der Besteuerung nach
§ 22 Nr. 5 EStG. Sie beruht jedoch auf
nicht geförderten Beiträgen, so dass sich eine Steuerpflicht nur nach § 22 Nr.
5 Satz 2 Buchst. b i. V. mit
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in
der für den Vertrag geltenden Fassung ergeben kann. Die Übertragung des
Kapitals zur Begründung der Anrechte des Ausgleichsberechtigten stellt
allerdings keinen steuerpflichtigen Tatbestand i. S. des
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG für
den Ausgleichsverpflichteten dar (s. hierzu die Gesetzesbegründung zu
§ 52 Abs. 36 EStG:
„Ein solcher Transfer auf Grund eines richterlichen Gestaltungsaktes
stellt weder einen Erlebensfall noch einen Rückkauf dar und ist deshalb
steuerneutral zu behandeln. Mangels eines steuerpflichtigen Tatbestandes kommt
es daher erst gar nicht zur Anwendung der Regelungen zur Steuerfreiheit in § 3
Nr. 55a, 55b – neu –”). D. h. im Zeitpunkt der Durchführung
des Versorgungsausgleichs ist nichts zu versteuern.
zu 2.
Werden
die späteren Leistungen als lebenslange Rente an den Ausgleichsverpflichteten
ausgezahlt, erfolgt die Besteuerung mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 5 Satz 2
Buchst. a i. V. mit
§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb
EStG). Entscheidet sich der Ausgleichsverpflichtete
hingegen für eine Kapitalauszahlung, dann ist diese – sofern die
entsprechenden Voraussetzungen vorliegen (u. a. bei einer Vertragslaufzeit von
mindestens 12 Jahren) – steuerfrei (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b i. V. mit
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in
der für den Vertrag geltenden Fassung). Werden die späteren Leistungen als
lebenslange Rente an den Ausgleichsberechtigten ausgezahlt, erfolgt die
Besteuerung mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 1
Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG). Wird hingegen die
Kapitalauszahlung gewählt, sind die Leistungen – sofern die
entsprechenden Voraussetzungen vorliegen – steuerfrei. Als Datum des
Vertragsabschlusses gilt insoweit das Datum des Vertragsabschlusses des
Ausgleichsverpflichteten, d. h. auch der Rentenversicherungsvertrag mit
Kapitalwahlrecht des Ausgleichsberechtigten gilt insoweit als
Altvertrag.
Im Rahmen einer externen Teilung wir eine nur auf geförderten Beiträgen (§ 3 Nr. 63 EStG) beruhende Direktversicherung geteilt. Der Ausgleichsverpflichtete muss 50% seiner Anrechte an den Ausgleichsberechtigten abgeben. Dieser wählt als Zielversorgung einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag.
1. Welche steuerlichen Folgen
hat die Teilung?
2. Wie sind die späteren Leistungen zu
versteuern?
zu
1.
Leistungen aus einer Direktversicherung die auf geförderten
Beiträgen beruhen sind grds. nach
§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu
versteuern (§ 22 Nr. 5 Satz 2
EStG ist – im Gegensatz zum Beispiel 1 – nicht
anwendbar, da die Leistungen auf geförderten Beiträgen beruhen). Nach
§ 3 Nr. 55b S. 1 EStG ist
jedoch der nach § 14 Versorgungsausgleichsgesetz geleistete Übertragungswert
zur Begründung von Anrechten für die ausgleichsberechtigte Person zu Lasten von
Anrechten der ausgleichspflichtigen Peson steuerfrei, soweit die Leistungen aus
diesen Anrechten zu steuerpflichtigen Einkünften nach
§§ 19, 20, 22 EStG führen würden. Dies ist
vorliegend der Fall, da die Leistungen aus der Direktversicherung nach
§ 22 Nr. 5 EStG zu versteuern wären. D. h.
die Übertragung der Anrechte ist im Zeitpunkt der Durchführung des
Versorgungsausgleichs steuerfrei.
zu 2.
Werden
die späteren Leistungen als lebenslange Rente an den Ausgleichsverpflichteten
ausgezahlt, erfolgt eine volle nachgelagerte Besteuerung (§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG). Dies gilt auch,
wenn sich der Ausgleichsverpflichtete für eine Kapitalauszahlung entscheidet.
Werden die späteren Leistungen als lebenslange Rente an den
Ausgleichsberechtigten ausgezahlt, erfolgt eine volle nachgelagerte
Besteuerung, da die Anrechte auf nach
§ 3 Nr. 55b EStG begünstigten Beiträgen
beruhen. Dies gilt auch, wenn die Leistungen teilweise als Kapitalbetrag
ausgezahlt wird.
Wie Beispiel 2, jedoch wählt der Ausgleichsberechtigte als Zielversorgung eine private Rentenversicherung.
1. Welche steuerlichen Folgen
hat die Teilung?
2. Wie sind die späteren Leistungen zu
versteuern?
zu 1.
Der
Übertragungsbetrag zur Begründung der Anrechte des Ausgleichsberechtigten ist
eine Leistung aus einer Direktversicherung, die nach
§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG vom
Ausgleichsverpflichteten zu versteuern ist. Nach
§ 3 Nr. 55b Satz 1 EStG ist
die Übertragung zwar steuerfrei, aber nach
§ 3 Nr. 55b Satz 2 EStG ist
§ 3 Nr. 55b Satz 1 EStG
nicht anzuwenden, soweit Leistungen, die auf den begründeten Anrechten beruhen,
bei der ausgleichspflichtigen Person zu Einkünften nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG oder
§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb
EStG führen würden. Dies ist im vorliegenden Beispiel der
Fall, da der Ausgleichsberechtigte sich als Zielversorgung eine private
Rentenversicherung ausgesucht hat. D. h. im Zeitpunkt der Durchführung des
Versorgungsausgleichs hat der Ausgleichverpflichtete den Übertragungsbetrag
nach
§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu
versteuern.
zu 2.
Werden
die späteren Leistungen an den Ausgleichsverpflichteten als lebenslange Rente
bzw. als Kapital ausgezahlt, erfolgt insoweit eine volle nachgelagerte
Besteuerung (§ 22 Nr. 5 Satz 1
EStG). Werden die späteren Leistungen an den
Ausgleichsberechtigten als lebenslange Rente ausgezahlt, erfolgt die
Besteuerung mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 1
Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG).
e) Leistungen aus dem Wohnförderkonto
aa) Allgemeines
Die geförderten Tilgungsbeiträge (s. Tz. 141), die hierfür gewährten Zulagen sowie der entnommene Altersvorsorge-Eigenheimbetrag (s. Tz. 141) werden in einem sog. Wohnförderkonto erfasst (s. Tz. 141). Das Wohnförderkonto dient der Erfassung des in der Immobilie gebundenen steuerlich geförderten Kapitals. Dieser Wert ist die Grundlage für die spätere nachgelagerte Besteuerung(ausführlich hierzu NWB EAAAD-03789, Rz 114a ff.). Es erfolgt somit keine Nutzungswertbesteuerung der Wohnimmobilie, sondern lediglich eine Erfassung des tatsächlich geförderten Betrags. Als Ausgleich für die vorzeitige Nutzung des Altersvorsorgekapitals und zur Gleichstellung mit anderen Riester-Produkten wird der in das Wohnförderkonto eingestellte Betrag in der Ansparphase um jährlich 2 % erhöht (§ 92a Abs. 2 Satz 3 EStG). In der Auszahlungsphase erfolgt jedoch keine 2%ige Erhöhung mehr.
Wird das Wohnförderkonto vermindert oder aufgelöst, unterliegen die entsprechenden Beträge der nachgelagerten Besteuerung (§ 22 Nr. 5 Satz 4 EStG). Eine Ausnahme betrifft den Fall, in dem der Stand des Wohnförderkontos um Zahlungen des Zulageberechtigten vermindert wird, die dieser auf einen auf seinen Namen lautenden Altersvorsorgevertrag mit dem Ziel einzahlt, die in das Wohnföderkonto eingestellten Beträge zurückzuführen. Die zur Minderung des Wohnförderkontos geleisteten Beträge sind zwar keine Altersvorsorgebeiträge (§ 82 Abs. 4 Nr. 4 EStG), die sich aus diesen Beiträgen ergebenden Leistungen unterliegen aber der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG. Eine zusätzliche Erfassung im Zeitpunkt der Ausbuchung aus dem Wohnförderkonto würde mithin zu einer Doppelbesteuerung führen.
Zu einer nachgelagerten Besteuerung der in das Wohnförderkonto eingestellten Beträge kommt es in der Regel durch die ab Beginn der Auszahlungsphase erfolgende einmalige Auflösung bzw. schrittweise Verminderung des Wohnförderkontos. Die Auflösung und Besteuerung erfolgt auch im Falle einer schädlichen Verwendung (Aufgabe der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken).
bb) Besteuerung zum Beginn der Auszahlungsphase
Der Beginn der Auszahlungsphase ergibt sich grds. aus den vertraglichen Vereinbarungen. Er muss zwischen der Vollendung des 60. und des 68. Lebensjahrs des Zulageberechtigten liegen (§ 92a Abs. 2 Satz 5 EStG). Der vereinbarte Zeitpunkt kann zwischen Anbieter und Zulageberechtigten einvernehmlich bis zum Beginn der Auszahlungsphase geändert werden. Wird das Wohnförderkonto von der ZfA geführt, ist eine Änderung des Auszahlungsbeginns nicht möglich. Soweit der Vertrag keine anders lautende Vereinbarung enthält, gilt als Beginn der Auszahlungsphase die Vollendung des 67. Lebensjahrs.
Eine Verminderung des Wohnförderkontos erfolgt nach Beginn der Auszahlungsphase durch den jährlichen Verminderungsbetrag (§ 92a Abs. 2 Satz 5 EStG). Dieser wird nachgelagert besteuert (§ 22 Nr. 5 Satz 4 EStG). Er ergibt sich, indem zu Beginn der Auszahlungsphase der im Wohnförderkonto eingestellte Gesamtbetrag einschließlich des darin enthaltenen Erhöhungsbetrags zu gleichen Teilen auf die Jahre bis zur Vollendung des 85. Lebensjahrs verteilt wird.
Anstelle der sukzessiven Besteuerung durch Verminderung des Wohnförderkontos kann der Steuerpflichtige auch die einmalige Besteuerung des in das Wohnförderkonto eingestellten Betrags wählen. Das Wohnförderkonto wird dann zu Beginn der Auszahlungsphase vollständig aufgelöst. Der Antrag ist beim Anbieter oder der ZfA, wenn diese das Wohnförderkonto führt, spätestens zu Beginn der Auszahlungsphase zu stellen. Ein späterer Antrag ist unbeachtlich. In diesem Fall wird der Auflösungsbetrag (§ 92a Abs. 2 Satz 6 EStG) als der im Wohnförderkonto eingestellte Gesamtbetrag einschließlich des darin enthaltenen Erhöhungsbetrages zu 70 % der Besteuerung unterworfen (§ 22 Nr. 5 Satz 5 EStG).
cc) Aufgabe der Selbstnutzung
Eine nachgelagert zu besteuernde Auflösung des Wohnförderkontos erfolgt auch, wenn der Zulageberechtigte die Selbstnutzung der geförderten Wohnung nicht nur vorübergehend aufgibt (vgl. Tz. 142). Entsprechendes gilt auch für den Fall der Aufgabe der Reinvestitionsabsicht i. S. des § 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 1 und 2 i. V. mit Satz 10 EStG. Der Auflösungsbetrag (§ 92a Abs. 3 Satz 5 EStG) gilt im Zeitpunkt der Aufgabe der Selbstnutzung als Leistung i. S. des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG (§ 22 Nr. 5 Satz 4 EStG).
Gibt der Zulageberechtigte die Selbstnutzung der geförderten Wohnung nach der Einmalbesteuerung innerhalb einer Frist von 20 Jahren nicht nur vorübergehend auf, ist der bisher noch nicht besteuerte Betrag gestaffelt nach der Haltedauer im Zeitpunkt der Aufgabe der Selbstnutzung eineinhalbfach (innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ab Beginn der Auszahlungsphase) oder einfach (in den nachfolgenden zehn Jahren) mit dem individuellen Steuersatz der Besteuerung zu unterwerfen (§ 22 Nr. 5 Satz 6 EStG). Der Tod des Zulageberechtigten führt hingegen nicht zu einer nachgelagerten Besteuerung des noch nicht erfassten Betrags.
f) Bescheinigung
Nach § 22 Nr. 5 Satz 7 EStG hat der Anbieter i. S. des § 80 EStG dem Steuerpflichtigen bei erstmaligem Bezug und bei Änderung der Leistung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck detailliert die im abgelaufenen Kalenderjahr bezogenen Leistungen i. S. des § 22 Nr. 5 EStG mitzuteilen (zum Vordruckmuster vgl. Bekanntmachung v. , BStBl 2009 I S. 489). Die Finanzverwaltung erhält von diesen Mitteilungen, die dem Steuerpflichtigen das Ausfüllen der Steuererklärung erleichtern sollen, keine Ausfertigung. Die Anbieter haben aber parallel Rentenbezugsmitteilungen für die Finanzverwaltung zu übermitteln, die auch die Leistungen nach § 22 Nr. 5 EStG umfassen; s. Tz. 237.
Tz. 237 Rentenbezugsmitteilungen an die zentrale Stelle
Zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Besteuerung sind private und gesetzliche Rententräger, Versicherungsunternehmen, Anbieter von Verträgen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (Basis-/„Rürup”-Renten), Anbieter von Riester-Verträgen und externe Träger betrieblicher Altersversorgungen künftig verpflichtet, der Finanzverwaltung über eine bei der BfA angesiedelte zentrale Stelle Rentenbezugsmitteilungen zu übermitteln. Die Mitteilungen sind gesondert für jeden Vertrag und jede Rente zu erstellen. Die Mitteilungspflichtigen haben die Daten der im Vorjahr an den Steuerpflichtigen ausgezahlten Renten und die entsprechenden sonstigen Leistungen der zentralen Stelle bis zum 1.3. eines Jahrs zu übermitteln (zum Inhalt des Datensatzes IV C 3, BStBl 2008 I S. 846). Damit liegen die Rentenbezugsmitteilungen den Finanzämtern bereits bei Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen der Rentenbezieher vor. Um eine eindeutige Zuordnung der übermittelten Daten zum betreffenden Steuerpflichtigen zu gewährleisten, ist die Rentenbezugsmitteilung mit der persönlichen Identifikationsnummer (§ 139b AO) zu verbinden die inzwischen fast allen Steuerpflichtigen zugeteilt wurde (zum maschinellen Anfrageverfahren zur Identifikationsnummer vgl. , BStBl 2008 I S. 847. Aufgrund der weitgehenden Zuteilung der Identifikationsnummer hat das Bundeszentralamt für Steuern nunmehr mit Schreiben v. - S 2257 c nach § 52 Abs. 38a Satz 1 EStG bestimmt, dass für die Veranlagungsjahre 2005 bis 2008 die Rentenbezugsmitteilungen im Zeitraum vom bis zum 31. 12. 2009 an die zentrale Stelle zu übermitteln sind. Für die Rentenbezugsmitteilungen ab dem Veranlagungsjahr 2009 gilt die in § 22a Abs. 1 Satz 1 EStG genannte Frist, d. h. die entsprechenden Daten sind bis zum an die zentrale Stelle zu übermitteln.
Der Steuerpflichtige ist vom Mitteilungsverpflichteten über die Übermittlung seiner Daten zu unterrichten (§ 22a Abs. 3 EStG), eine verpflichtende Unterrichtung über den Inhalt der Rentenbezugsmitteilung ist allerdings nicht vorgesehen.
Tz. 238 Private Veräußerungsgeschäfte (Rechtslage bis VZ 2008)
Die nachfolgenden Ausführungen sind bei Wertpapieren und ähnlichen Beteiligung nur noch für Erwerbe bis zum maßgeblich. Danach entfällt die Veräußerungsfrist und die Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren und ähnlichen Beteiligungen sind immer steuerpflichtig. Zum anderen unterliegen diese Gewinne ab Veranlagungszeitraum 2009 der Abgeltungsteuer.
a) Begriff und Abgrenzung zu anderen Einkunftsarten
Private Veräußerungsgeschäfte (noch immer häufig als Spekulationsgeschäfte bezeichnet) i. S. des § 22 Nr. 2 EStG i. V. mit § 23 EStG liegen vor,
wenn zwischen Erwerb und Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (z. B. Erbbaurecht und Mineralgewinnungsrecht) nicht mehr als zehn Jahre liegen;
wenn zwischen Erwerb und Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern (z. B. Wertpapiere) nicht mehr als ein Jahr liegt (ab Veranlagungszeitraum 2009 entfällt für Anteile an Kapitalgesellschaften diese Veräußerungsfrist und die Gewinne unterliegen dann als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer);
wenn die Veräußerung des Wirtschaftsguts früher erfolgt als der Erwerb;
bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Als Termingeschäfte sind auch Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine anzusehen.
Die oben genannten Fristen berechnen sich anhand der Zeitpunkte der obligatorischen Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte. Bei Grundstücksgeschäften ist das der Zeitpunkt des Abschlusses des notariell beurkundeten Kaufvertrags. In den Fällen des Erwerbs neuer Anteile im Zuge einer Verschmelzung beginnt die maßgebliche Veräußerungsfrist (ein Jahr) im Zeitpunkt des Erwerbs (vgl. , BStBl 2009 II S. 13).
Soweit das Veräußerungsgeschäft bei einer Einkunftsart i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1–7 EStG zu erfassen ist (z. B. als gewerbliche Einkünfte bei einem gewerblichen Grundstückshandel), findet § 23 EStG keine Anwendung. Ausnahme: es liegt eine Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft von mindestens 1 % des Gesamtkapitals vor. Hier hat § 23 EStG Vorrang vor § 17 EStG. (Gilt nur bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 – danach Vorrang von § 17 EStG).
Um Einkünfte aus § 22 Nr. 2 EStG i. V. mit § 23 EStG zu erzielen, kommt es auf Art und Motive der Veräußerung (z. B. Spekulationsabsicht) nicht an. Ausnahmsweise kann eine Veräußerung unter Zwang nicht unter § 23 EStG fallen, wenn aufgrund der zeitnahen Anschaffung eines Ersatzwirtschaftsguts, z. B. bei Gefahr einer unmittelbar drohenden Enteignung, eine Gewinnverwirklichung nicht stattgefunden hat.
Werden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt, gilt diese Überführung als Anschaffung. Dies gilt nach dem (BStBl 2007 I S. 262) und dem NWB XAAAC-31855 jedoch nur für Entnahmen in das Privatvermögen nach dem . Werden Wirtschaftsgüter unentgeltlich erworben (z. B. durch Erbschaft, Schenkung oder Vermächtnis), stellt dies keine Anschaffung dar, dem Rechtsnachfolger ist jedoch die Anschaffung, die Überführung in das Privatvermögen oder der Erwerb des Rechts eines Termingeschäfts des Rechtsvorgängers zuzurechnen. Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung bzw. Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft. Als Veräußerung gelten auch die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt, und die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. S. auch § 23 Abs. 1 EStG.
Zur Anschaffung und Veräußerung s. auch H 23 EStH.
b) Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken
Bei privaten Veräußerungsgeschäften mit Grundstücken sind Gebäude und Außenanlagen einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden. Ebenfalls mit einzubeziehen sind Gebäude, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Gebäude. Nicht betroffen sind Grundstücke, die im Zeitraum zwischen Erwerb bzw. Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft liegt auch dann vor, wenn ein Gesamtrechtsnachfolger ein Grundstück veräußert, dass der Rechtsvorgänger vor nicht mehr als zehn Jahren erworben hat.
Einzelheiten bei der Besteuerung privater Grundstücksgeschäfte regelt das (BStBl 2000 I S. 1383).
c) Veräußerungsgeschäfte mit Wertpapieren und anderen Wirtschaftsgütern (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG)
(Hinweis: Ab Veranlagungszeitraum 2009 entfällt die Veräußerungsfrist von einem Jahr und die Gewinne aus der Veräußerungen von Wertpapieren und anderen Beteiligungen unterliegen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer).
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG betrifft außer den ausdrücklich genannten Wertpapieren alle Wirtschaftsgüter des Privatvermögens. Demnach ist auch die Veräußerung eines Gebrauchtkraftwagens innerhalb eines Jahres nach Anschaffung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerbar (, BStBl 2009 II S. 296). § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht teleologisch insoweit zu reduzieren, als Wirtschaftsgüter des täglichen Gebrauchs mangels objektiven Wertsteigerungspotentials aus seinem Anwendungsbereich herauszunehmen sind.
Die Verpflichtung des Gründers einer GmbH zur Übernahme der Stammeinlage ist ein Anschaffungsgeschäft i. S. des § 23 EStG (, BStBl 1976 II S. 64). Ist die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, ein Veräußerungsgeschäft i. S. von § 23 EStG, ist diese Vorschrift auch dann anzuwenden, wenn die veräußerten Anteile eine wesentliche Beteiligung i. S. des § 17 EStG darstellen. § 23 EStG hat Vorrang vor § 17 EStG (bis Veranlagungszeitraum 2008).
Bei der Veräußerung vertretbarer Wertpapiere, die einem Verwahrer zu Sammelverwahrung i. S. von § 5 Depotgesetzes anvertraut worden sind, gilt – anders als bei § 17 EStG – das sog. Fifo-Verfahren, d. h. die zuerst angeschafften Wertpapiere gelten als zuerst veräußert (s. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Zur Berechnung der Einjahresfrist bei Veräußerung von Wertpapieren aus einem Sammeldepot vgl. , BStBl 1994 II S. 591.
Zu den Einzelheiten bei Wertpapiergeschäften vgl. , BStBl 2004 I S. 1043.
Im Fall der Kapitalerhöhung gegen Einlage sowie der Veräußerung und Ausübung von Bezugsrechten bei einer Kapitalerhöhung gilt die Ausübung von Bezugsrechten als Veräußerung der Bezugsrechte (vgl. , BStBl 2006 I S. 8). Soweit die Veräußerungsfrist bereits abgelaufen ist und die Beteiligung mehr als 1 % des Nennkapitals umfasst und es sich daher um Anteile i. S. von § 17 EStG handelt, ist die Ausübung von Bezugsrechten jedoch wohl nicht als Veräußerung zu betrachten, weil in diesem Fall die stillen Reserven über § 17 EStG weiterhin steuerverhaftet sind.
d) Termingeschäfte
Zu den Voraussetzungen eines Termingeschäfts vgl. , BStBl 2000 I S. 986. Auch Termingeschäfte, die auf tatsächliche physische Erfüllung gerichtet sind, fallen unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG. Dies gilt im Übrigen auch für Anteile i. S. von § 17 EStG.
e) Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften
Die Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt (§ 23 Abs. 3 EStG). Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften ist somit der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten.
Zur Definition des Begriffs der Anschaffungskosten i. S. von § 23 EStG kann auf die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (vgl. Tz. 65) zurückgegriffen werden. In den Fällen der Einlage von Wirtschaftsgütern und des späteren Verkaufs innerhalb von zehn Jahren ist als Veräußerungspreis der für den Zeitpunkt der Einlage nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG angesetzte Wert (vgl. Tz. 91) anzusehen. Hat der Steuerpflichtige das innerhalb der Veräußerungsfristen erworbene Wirtschaftsgut vor der Veräußerung aus dem Betriebsvermögen ins Privatvermögen überführt, ist anstelle der Anschaffungskosten der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG (vgl. Tz. 89), § 16 Abs. 3 EStG (vgl. Tz. 190) oder der nach §§ 20, 21 UmwStG angesetzte Wert maßgeblich (für Entnahmen nach dem ). Die bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns anzusetzenden Anschaffungskosten mindern sich um AfA, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung abgezogen worden sind. Nicht abzuziehen sind jedoch die Abzugsbeträge nach §§ 10e, 10f, 10g und 10h EStG und die Eigenheimzulage, da diese Beträge nicht bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt werden.
Abzuziehende Werbungskosten sind alle Kosten, die durch das Veräußerungsgeschäft veranlasst sind und die weder zu den (nachträglichen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten des veräußerten Wirtschaftsguts gehören noch einer vorrangigen Einkunftsart zuzuordnen sind noch wegen privater Nutzung unter das Abzugsverbot des § 12 EStG (vgl. Tz. 164) fallen. Zu den Einzelheiten vgl. H 23 EStH „Werbungskosten”.
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn sie 600 € (ab Veranlagungszeitraum 2008) (Gewinn pro Kalenderjahr und Person) nicht überschreiten (Freigrenze). Bis Veranlagungszeitraum 2007 beträgt die Freigrenze 512 €.
f) Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften dürfen nur mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften im gleichen Kalenderjahr verrechnet werden. Sie dürfen nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Verluste sind jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG mit Einkünften aus Veräußerungsgeschäften, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den folgenden Veranlagungszeiträumen erzielt hat oder erzielt, zu verrechnen. Es ist also im Rahmen eines besonderen Verrechnungskreises eine Verlustverrechnung bis zu 1 Mio. € zzgl. 60 % des verbleibenden Verlusts aus Veräußerungsgeschäften vorzunehmen. Eine Anrechnung dieser Verlustverrechnung auf die Verlustverrechnung des § 10d EStG erfolgt nicht (vgl. , BStBl 2004 I S. 1097). § 10d Abs. 4 EStG gilt entsprechend (§ 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG), so dass die lediglich verrechenbaren Verluste im Rahmen einer gesonderten Feststellung festzustellen sind. § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen am die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 52 Abs. 39 Satz 7 EStG). Durch diese Änderung hat der Gesetzgeber auf das anders lautende Urteil des (BStBl 2007 II S. 158) reagiert. Das Urteil ist zudem nach dem (BStBl 2007 I S. 268) über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.
Tz. 238a Private Veräußerungsgeschäfte (Rechtslage ab VZ 2009)
§ 22 Nr. 2, § 23 EStG
a) Begriff und Abgrenzung zu anderen Einkunftsarten
Private Veräußerungsgeschäfte i. S. des § 22 Nr. 2 i. V. mit § 23 EStG liegen vor,
wenn zwischen Erwerb und Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (z. B. Erbbaurecht und Mineralgewinnungsrecht) nicht mehr als zehn Jahre liegen;
wenn zwischen Erwerb und Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern nicht mehr als ein Jahr liegt. Bei Wirtschaftsgütern, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre.
Die oben genannten Fristen berechnen sich anhand der Zeitpunkte der obligatorischen Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte. Bei Grundstücksgeschäften ist das der Zeitpunkt des Abschlusses des notariell beurkundeten Kaufvertrags.
Soweit das Veräußerungsgeschäft bei einer Einkunftsart i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1–6 EStG zu erfassen ist (z. B. als gewerbliche Einkünfte bei einem gewerblichen Grundstückshandel), findet § 23 EStG keine Anwendung (§ 23 Abs. 2 EStG).
Um Einkünfte aus § 22 Nr. 2 EStG i. V. mit § 23 EStG zu erzielen, kommt es auf Art und Motive der Veräußerung (z. B. Spekulationsabsicht) nicht an. Ausnahmsweise kann eine Veräußerung unter Zwang nicht unter § 23 EStG fallen, wenn aufgrund der zeitnahen Anschaffung eines Ersatzwirtschaftsguts, z. B. bei Gefahr einer unmittelbar drohenden Enteignung, eine Gewinnverwirklichung nicht stattgefunden hat.
Werden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt, gilt diese Überführung als Anschaffung (§ 23 Abs. 1 Satz 2 EStG). Werden Wirtschaftsgüter unentgeltlich erworben (z. B. durch Erbschaft, Schenkung oder Vermächtnis), stellt dies keine Anschaffung dar, dem Rechtsnachfolger ist jedoch die Anschaffung, die Überführung in das Privatvermögen oder der Erwerb des Rechts eines Termingeschäfts des Rechtsvorgängers zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung bzw. Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft. Als Veräußerung gelten auch die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt, und die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft (§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG).
b) Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken
Bei privaten Veräußerungsgeschäften mit Grundstücken sind Gebäude und Außenanlagen einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden. Ebenfalls mit einzubeziehen sind Gebäude, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Gebäude. Nicht betroffen sind Grundstücke, die im Zeitraum zwischen Erwerb bzw. Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).
Ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft liegt auch dann vor, wenn ein Gesamtrechtsnachfolger ein Grundstück veräußert, dass der Rechtsvorgänger vor nicht mehr als zehn Jahren erworben hat.
Einzelheiten bei der Besteuerung privater Grundstücksgeschäfte regelt das (BStBl 2000 I S. 1383).
c) Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften
Die Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt (§ 23 Abs. 3 EStG). Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften ist somit der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten.
Zur Definition des Begriffs der Anschaffungskosten i. S. von § 23 EStG kann auf die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (vgl. Tz. 65) zurückgegriffen werden. In den Fällen der Einlage von Wirtschaftsgütern und des späteren Verkaufs innerhalb von zehn Jahren ist als Veräußerungspreis der für den Zeitpunkt der Einlage nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG angesetzte Wert (vgl. Tz. 91) anzusehen. Hat der Steuerpflichtige das innerhalb der Veräußerungsfristen erworbene Wirtschaftsgut vor der Veräußerung aus dem Betriebsvermögen ins Privatvermögen überführt, ist anstelle der Anschaffungskosten der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG (vgl. Tz. 89), § 16 Abs. 3 EStG (vgl. Tz. 190) oder der nach §§ 20, 21 UmwStG angesetzte Wert maßgeblich (für Entnahmen nach dem ). Die bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns anzusetzenden Anschaffungskosten mindern sich um AfA, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung abgezogen worden sind. Nicht abzuziehen sind jedoch die Abzugsbeträge nach §§ 10e, 10f, 10g und 10h EStG und die Eigenheimzulage, da diese Beträge nicht bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt werden.
Abzuziehende Werbungskosten sind alle Kosten, die durch das Veräußerungsgeschäft veranlasst sind und die weder zu den (nachträglichen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten des veräußerten Wirtschaftsguts gehören noch einer vorrangigen Einkunftsart zuzuordnen sind noch wegen privater Nutzung unter das Abzugsverbot des § 12 EStG (vgl. Tz. 164) fallen. Zu den Einzelheiten vgl. H 23 EStH „Werbungskosten”.
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn sie 600 € (ab Veranlagungszeitraum 2008) (Gewinn pro Kalenderjahr und Person) nicht überschreiten (Freigrenze). Bis Veranlagungszeitraum 2007 beträgt die Freigrenze 512 €.
f) Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften dürfen nur mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften im gleichen Kalenderjahr verrechnet werden. Sie dürfen nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Verluste sind jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG mit Einkünften aus Veräußerungsgeschäften, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den folgenden Veranlagungszeiträumen erzielt hat oder erzielt, zu verrechnen. Es ist also im Rahmen eines besonderen Verrechnungskreises eine Verlustverrechnung bis zu 1 Mio. € zzgl. 60 % des verbleibenden Verlusts aus Veräußerungsgeschäften vorzunehmen. Eine Anrechnung dieser Verlustverrechnung auf die Verlustverrechnung des § 10d EStG erfolgt nicht (vgl. , BStBl 2004 I S. 1097). § 10d Abs. 4 EStG gilt entsprechend (§ 23 Abs. 3 Satz 8 zweiter Halbsatz EStG), so dass die lediglich verrechenbaren Verluste im Rahmen einer gesonderten Feststellung festzustellen sind.
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG in der bis zum anzuwendenden Fassung können abweichend von den oben dargestellten Regelungen auch mit Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 2 EStG in der Fassung der Unternehmensteuerreform ausgeglichen werden. Sie mindern nach Maßgabe des § 10d EStG auch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus § 20 Abs. 2 EStG in der Fassung der Unternehmensteuerreform erzielt.
VIII. Gemeinsame Vorschriften für alle Einkunftsarten
Tz. 239 Entschädigungen und Einkünfte aus ehemaligen Tätigkeiten
Einkünfte i. S. der einzelnen Einkunftsarten sind auch diejenigen, die dem Steuerpflichtigen zufließen als
Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit oder für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine Gewinnbeteiligung oder als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter;
Einkünfte aus einer ehemaligen land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen, selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit oder aus einem früheren Rechtsverhältnis i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 5–7 EStG (z. B. Mietvertrag), und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke und Zinsen auf solche Vergütungen.
§ 24 EStG gilt als Ergänzungsvorschrift für alle Einkunftsarten. Sie schafft keine(n) selbständige Einkunftsart oder neuen Besteuerungstatbestand, sondern weist die genannten Einnahmen nur der Einkunftsart zu, zu der die entgangenen oder entgehenden Einnahmen gehört hätten, wenn sie erzielt worden wären.
Der Entschädigungsbegriff des § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige infolge einer Beeinträchtigung der durch die einzelne Vorschrift geschützten Güter einen finanziellen Schaden erlitten hat und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt ist, den Schaden auszugleichen (R 24.1 EStR). Der Steuerpflichtige muss bei Aufgabe seiner Rechte unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt haben. Er darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben. Die geleistete Entschädigung muss auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen (z. B. , BStBl 1991 II S. 703). Zu Einzelheiten, wann eine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a oder b EStG vorliegt, s. H 24.1 EStH.
Für Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1 EStG gilt die Tarifvergünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG, vorausgesetzt, es handelt sich um außerordentliche Einkünfte. Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB sind Entschädigungen, die unter die Tarifvergünstigung fallen, auch wenn sie zeitlich mit der Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit zusammenfallen. Dies gilt nicht für Vorabentschädigungen an Handelsvertreter (, BStBl 1988 II S. 936). Auch Vergütungen an Architekten nach Kündigung sind „normale” Einnahmen (, BStBl 1987 II S. 25), ebenso vertraglich vereinbarte Abfindungen für den Verlust von Pensionsansprüchen und eine Pensionsabfindung infolge Kündigung (, BStBl 2002 II S. 516), nicht aber Abfindungen für einen Pensionsanspruch durch den Pensionssicherungsverein (, BStBl 1994 II S. 167). Unter §§ 24, 34 EStG fallen nicht Zuschüsse, die dem Ausgleich von Kostenunterdeckungen bei der Beförderung von Schülern dienen (, BStBl 1986 II S. 806).
Für Nutzungsentschädigungen, die nachträglich wegen der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke gezahlt werden, kommt ebenfalls die Tarifvergünstigung in Betracht (§ 24 Nr. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG). Die Entschädigung für eine faktische Bausperre unterliegt überhaupt nicht der Einkommensteuer (, BStBl 1986 II S. 252).
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit (nachträgliche Einkünfte) liegen vor, wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ehemaligen Tätigkeit stehen, insbesondere ein Entgelt für die im Rahmen der ehemaligen Tätigkeit erbrachten Leistungen darstellen. § 24 Nr. 2 EStG begründet außerdem die subjektive Steuerpflicht des Rechtsnachfolgers. Tatbestandsmerkmale, die beim Rechtsvorgänger realisiert werden, werden dem Rechtsnachfolger zugerechnet und sind bei diesem nach den in seiner Person liegenden Besteuerungsmerkmalen zu versteuern. Auch bei der Ablösung einer ererbten Rente durch Einmalzahlung handelt es sich deshalb um „nachträgliche” Einkünfte aus einer früheren Tätigkeit des Erblassers (, BStBl 1996 II S. 287).
Zu den nachträglichen Einnahmen gehören auch die nach dem Tod eines Freiberuflers eingehenden Honorare und Gewinnanteile (z. B. , BStBl 1993 II S. 716). Gleiches gilt, wenn der Erbe die vom Erblasser als freiberuflichem Erfinder entwickelten Patente gegen Leibrente veräußert. Die Rente ist, sobald sie den Buchwert der Patente übersteigt, als laufende Betriebseinnahme (§ 18 Abs. 1, § 24 Nr. 2 EStG) und nicht als private Veräußerungsrente (§ 22 Nr. 1 EStG) zu versteuern, es sei denn, die Patente waren durch eindeutige Entnahme vor der Veräußerung in das Privatvermögen überführt worden. Wegen weiterer Einzelheiten zu nachträglichen Einnahmen und zu nachträglichen Betriebsausgaben/Werbungskosten, die ebenfalls unter § 24 Nr. 2 EStG fallen, s. H 24.2 EStH.
Zu den tarifbegünstigten Entschädigungen i. S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehört auch eine Abfindung, die ein Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Auflösung eines Anstellungsvertrages zur Vermeidung einer Kündigung erhält. Dies gilt auch dann, wenn die GmbH Gesellschafter-Geschäftsführerin einer Mitunternehmerschaft und der Geschäftsführer deren minderheitsbeteiligter Mitunternehmer ist ( NWB RAAAD-28984).
Zur Berücksichtigung von Schuldzinsen im Rahmen des § 24 EStG, die nach einer Betriebsaufgabe anfallen, vgl. , BStBl 2007 II S. 642. Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten sind danach nur insoweit nachträgliche Betriebsausgaben, als die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können; nicht tilgbare frühere Betriebsschulden bleiben solange noch betrieblich veranlasst, bis ein etwaiges Verwertungshindernis entfallen ist.
Tz. 240 Altersentlastungsbetrag
Steuerpflichtige, die vor Beginn des Veranlagungszeitraums das 64. Lebensjahr vollendet haben, erhalten einen Altersentlastungsbetrag. Dieser beträgt in 2005 40 % des Arbeitslohns und der positiven Summe der Einkünfte, die nicht solche aus nichtselbständiger Arbeit sind, höchstens 1.900 € im Kalenderjahr. Der Altersentlastungsbetrag wird ab 2005 bis 2040 Jahr für Jahr vollständig zurückgeführt (die 40 % mit jährlich 1,6 Prozentpunkten in den ersten 15 Jahren und mit jährlich 0,8 Prozentpunkten in den nachfolgenden 20 Jahren bis auf 0 % und der Höchstbetrag von 1.900 € jährlich um 76 € in den ersten 15 Jahren und dann in den nachfolgenden 20 Jahren jährlich um 38 € bis auf 0 €. Die genauen Werte sind der Tabelle in § 24a Satz 5 EStG zu entnehmen).
Die stufenweise Absenkung erfolgt nach dem sog. Kohortenprinzip, d. h. für den einzelnen Bezieher von Alterseinkünften wird die Besteuerungssituation in dem auf die Vollendung des 64. Lebensjahrs folgenden Jahr „eingefroren”. Der in diesem Jahr anzuwendende Vomhundertsatz und Höchstbetrag werden zeitlebens berücksichtigt.
Arbeitslohn ist der Bruttoarbeitslohn. Er ist nicht um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Nr. 1 EStG) zu kürzen. Steuerfreie Bezüge des Arbeitnehmers und pauschal besteuerter Arbeitslohn fallen nicht in die Bemessungsgrundlage, wohl aber tarifbegünstigte Einnahmen des Arbeitnehmers. Weitere Bemessungsgrundlage ist die positive Summe der nicht in Arbeitslohn bestehenden Einkünfte. Dabei sind andere negative Einkünfte mit anderen positiven Einkünften auszugleichen. Zu den anderen Einkünften gehören auch tarifbegünstigte Einkünfte.
Die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 vorgenommene Neufassung des § 24a Satz 2 EStG ist zwar erst für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden, allerdings konkretisiert die Regelung lediglich die von der Finanzverwaltung praktizierte Gesetzesauslegung (vgl. NWB SAAAC-46798). In die Bemessungsgrundlage für den Altersentlastungsbetrag werden nach § 24a Satz 2 EStG somit nicht einbezogen
Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG (z. B. Werks- oder Beamtenpensionen);
Einkünfte aus Leibrenten i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (z. B. Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung);
Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. b EStG (Pensionen von Abgeordneten);
Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG, auf die § 19 Abs. 2 EStG wegen der Regelung des § 52 Abs. 34c EStG anzuwenden ist (Leistungen aus einem Pensionsfonds, die auf einer nach § 3 Nr. 66 EStG begünstigten Übertragung einer beim Arbeitgeber zunächst intern finanzierten – Direktzusage/Unterstützungskasse – und dann auf den Pensionsfonds übertragenen Versorgungsanwartschaft beruhen);
Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst a EStG.
Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten erhält jeder Ehegatte den Altersentlastungsbetrag, sofern er in seiner Person die Voraussetzungen für den Freibetrag erfüllt.
Ist der Altersentlastungsbetrag außer vom Arbeitslohn noch von anderen Einkünften zu berechnen und muss er für die Anwendung weiterer Vorschriften (z. B. § 10c Abs. 2 Satz 3 EStG) von bestimmten Beträgen abgezogen werden, ist davon auszugehen, dass er zunächst vom Arbeitslohn berechnet worden ist (R 24a Abs. 1 EStR).
Im Lohnsteuerverfahren wird der Altersentlastungsbetrag ohne Eintragung auf der Lohnsteuerkarte berücksichtigt (§ 39b Abs. 2 EStG). Ob beim Arbeitnehmer der Altersentlastungsbetrag zu berücksichtigen ist, muss der Arbeitgeber nach dem auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Geburtsdatum beurteilen. Beschränkt Steuerpflichtige können keinen Altersentlastungsbetrag erhalten (§ 50 Abs. 1 Satz 5 EStG). Der Altersentlastungsbetrag wird von der Summe der Einkünfte abgezogen (§ 2 Abs. 3 EStG); s. das Schema in Tz. 13.
Zur Berücksichtigung von Schuldzinsen im Rahmen des § 24 EStG, die nach einer Betriebsaufgabe anfallen, vgl. , BStBl 2007 II S. 642. Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten sind danach nur insoweit nachträgliche Betriebsausgaben, als die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können; nicht tilgbare frühere Betriebsschulden bleiben solange noch betrieblich veranlasst, bis ein etwaiges Verwertungshindernis entfallen ist.
Tz. 241 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
a) Persönlicher Anwendungsbereich
Den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende können nur unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG) beanspruchen, wenn sie alleinstehend sind. Dies sind Steuerpflichtige, die
nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens erfüllen oder verwitwet sind und
keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden.
b) Ausschluss des Splittingverfahrens
Der Entlastungsbetrag scheidet aus, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens vorgelegen haben. Dabei ist es gleichgültig, ob die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG während des gesamten Veranlagungszeitraums gegeben waren oder ob sie zu Beginn oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten bzw. weggefallen sind. Ferner ist der Entlastungsbetrag nicht möglich, wenn bei Eheschließung während des Veranlagungszeitraums die Ehegatten die getrennte Veranlagung (§ 26a EStG) oder die besondere Veranlagung (§ 26c EStG) wählen.
Eine Ausnahme sieht das Gesetz für verwitwete Steuerpflichtige vor, die – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG – den Entlastungsbetrag erstmals für den Monat des Tods des Ehegatten beanspruchen können. Das Witwensplitting nach § 32a Abs. 6 EStG steht dem nicht entgegen.
c) Keine Haushaltsgemeinschaft mit anderer volljähriger Person
Nach der gesetzlichen Definition liegt eine Haushaltsgemeinschaft vor, wenn der Steuerpflichtige mit einer anderen volljährigen Person gemeinsam wirtschaftet (§ 24b Abs. 2 Satz 2 EStG). Unschädlich ist – unabhängig von der Frage, ob überhaupt eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt – das gemeinsame Wohnen mit einer anderen minderjährigen Person und mit einer volljährigen Person, für die dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag für Kinder oder Kindergeld zusteht, oder wenn es sich um ein Kind des Steuerpflichtigen (auch Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkind) handelt, das steuerlich nicht berücksichtigt wird, weil es von den Fällen des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr.1–3 EStG erfasst wird, also z. B. den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst leistet.
Das Gesetz enthält ebenfalls die – widerlegbare – Vermutung, dass bei Meldung der anderen Person in der Wohnung des Steuerpflichtigen eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt. Die Vermutung ist allerdings dann nicht widerlegbar, wenn der Steuerpflichtige und die andere Person in einer eheähnlichen Gemeinschaft oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben (§ 24b Abs. 2 Satz 3 EStG).
Eine Haushaltsgemeinschaft setzt nicht voraus, dass die an ihr beteiligten Personen in derselben Wohnung gemeldet sind. Es kann also auch bei Fehlen einer Meldung eine Haushaltsgemeinschaft vorliegen, wenn der Steuerpflichtige und die andere Person „aus einem Topf wirtschaften”.
Eine Haushaltsgemeinschaft liegt nicht vor, wenn sich die andere volljährige Person weder tatsächlich noch finanziell an der Haushaltsführung beteiligt. Personen, die pflegebedürftig (mindestens Pflegestufe I) oder blind sind, fehlt die Fähigkeit, sich tatsächlich an der Haushaltsführung zu beteiligen. Die Fähigkeit, sich finanziell an der Haushaltsführung zu beteiligen, richtet sich nach den eigenen Einkünften und Bezügen sowie nach dem Vermögen der anderen Person.
Eine reine Wohngemeinschaft ohne gemeinsame Wirtschaftsführung ist noch keine Haushaltsgemeinschaft. Insofern dürfte eine einfache Erklärung der betroffenen Steuerpflichtigen zum Fehlen der gemeinsamen Wirtschaftsführung ausreichen, um glaubhaft die gesetzliche Vermutung der Haushaltsgemeinschaft zu widerlegen, zumal die Meldedaten dem Finanzamt nicht in allen Fällen Aufschluss über die tatsächlichen Wohnverhältnisse geben können.
Wegen Einzelheiten vgl. , BStBl 2004 I S. 1042.
d) Haushaltszugehörigkeit
Die Gewährung des Entlastungsbetrags setzt voraus, dass zum Haushalt des alleinstehenden Steuerpflichtigen mindestens ein steuerlich zu berücksichtigendes Kind gehört, also ein Kind, für das ihm ein Freibetrag für Kinder oder Kindergeld zusteht.
Haushaltszugehörigkeit setzt keine Wirtschaftsgemeinschaft i. S. einer Haushaltsgemeinschaft voraus. Sie erfordert das auf Dauer angelegte Zusammenleben des Steuerpflichtigen und seines Kinds und auf Seiten des Steuerpflichtigen die Verantwortung für das materielle (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und das immaterielle Wohl (Fürsorge, Betreuung) des Kinds. Eine auswärtige Unterbringung zu Schul- oder Berufsausbildungszwecken ist insoweit grds. unschädlich.
Bei Meldung des Steuerpflichtigen und seines Kinds mit Haupt- oder Nebenwohnsitz unter einer gemeinsamen Adresse wird gesetzlich fingiert, dass das Kind zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Gleichwohl kommt es für die Zugehörigkeit des Kinds zum Haushalt des Steuerpflichtigen im Zweifel nicht auf die Meldung des Kinds beim Steuerpflichtigen an. Ist das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet, ist für die Zuordnung des Kinds grds. entscheidend, wer die Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergelds erfüllt, i. d. R. also, wer das Kindergeld erhält (hierzu vgl. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die gemeinsame Wohnung muss nicht im Inland belegen sein.
Wegen Einzelheiten vgl. , BStBl 2004 I S. 1042.
e) Höhe und Ermäßigung des Entlastungsbetrags
Der Entlastungsbetrag kann bis zur Höhe von 1.308 € im Kalenderjahr berücksichtigt werden. Er wird nur einmal – unabhängig von der Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder – gewährt. Der Entlastungsbetrag ist nicht übertragbar. Er ermäßigt sich für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht, auch nicht nur zeitweise vorgelegen haben, um ein Zwölftel (109 € pro Monat, § 24b Abs. 3 EStG). Dementsprechend kann beispielsweise bei einem Wechsel der Anspruchsberechtigten innerhalb eines Monats der zeitanteilige Entlastungsbetrag „doppelt” gewährt werden.
f) Regelungszusammenhang
Der Entlastungsbetrag wird außerhalb des Familienleistungsausgleichs und damit zusätzlich zu den Kinderfreibeträgen bzw. zum Kindergeld gewährt. Er wird bei Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte von der Summe der Einkünfte abgezogen. Beim Lohnsteuerabzug wird er grds. mit der Lohnsteuerklasse II berücksichtigt. Bei Verwitweten, die im Jahr des Tods des Ehegatten und im Folgejahr die Steuerklasse III erhalten, kann ein entsprechender Freibetrag eingetragen werden (vgl. § 39a Abs. 1 Nr. 8 EStG).
Festsetzungen zur Einkommensteuer für Veranlagungszeiträume ab 2004 sind hinsichtlich der Anwendung des § 24b EStG vorläufig vorzunehmen, wenn ein Fall des § 26 Abs. 1 EStG und der Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG vorliegt. Der Vorläufigkeitsvermerk umfasst die Frage, ob § 24b EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt (s. , BStBl 2006 I S. 214). Betroffene Steuerpflichtige müssen deshalb insoweit keinen Einspruch gegen ihren Einkommensteuerbescheid einlegen.
Tz. 242 Jahresbescheinigung über Kapitalerträge
Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute, die nach § 45a EStG zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen berechtigt sind, sowie Wertpapierhandelsunternehmen und Wertpapierhandelsbanken (Institute) haben dem Gläubiger der Kapitalerträge oder dem Hinterleger der Wertpapiere für alle bei ihnen geführten Wertpapierdepots und Konten eine zusammenfassende Jahresbescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster (s. hierzu , BStBl 2006 I S. 508) auszustellen, welche die für die Besteuerung nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2–4 EStG erforderlichen Angaben enthält.
Die Bescheinigung nach § 24c EStG ist neben den Steuerbescheinigungen nach § 45a EStG auszustellen. Diese müssen weiterhin erstellt werden, da nur aufgrund dieser Bescheinigungen dem Steuerpflichtigen Zinsabschlag, Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer angerechnet werden können. Durch die zusammenfassende Jahresbescheinigung sollen lediglich dem Steuerpflichtigen die Eintragungen der für die Besteuerung erforderlichen Angaben in den Anlagen KAP, AUS und SO zu den Steuererklärungen erleichtert werden.
Die Bescheinigung ist von dem konten- und depotführenden Institut auszustellen. Sollte eine Zusammenführung aller Daten in einer Bescheinigung dem Institut nicht möglich sein, da die Konten und der Depotbereich getrennt verwaltet werden, ist auch jeweils eine getrennte Bescheinigung für den Konten- und Depotbereich möglich. Bei Fondsgesellschaften kann die Bescheinigung für das Depotkonto jedes einzelnen Fonds ausgestellt werden. Für besondere Fälle (z. B. Notaranderkonten, Treuhandfälle) ist § 45a Abs. 2 und 3 EStG sinngemäß anzuwenden; s. Tz. 287.
Zu erstellen sind diese Jahresbescheinigungen nur für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige natürliche Personen. Für betriebliche Konten besteht somit keine Verpflichtung. Trotz Vorlage einer Nichtveranlagungsbescheinigung des Gläubigers besteht die Verpflichtung zur Ausstellung der Bescheinigung. Die Jahresbescheinigungen nach § 24c EStG sind von den ausstellenden Instituten zur Verfügung zu halten. Der Kunde kann sich diese dort auf Anfrage geben lassen. Es besteht keine Verpflichtung zur Zustellung an den Kunden.
Neben den Einkünften aus Kapitalvermögen wie Zinsen, Dividenden und ähnlichen Erträgen sowie Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2–4 EStG sind auch Aufwendungen zu bescheinigen (z. B. Depotgebühren, Entgelte für Verwaltungsdienstleistungen). Bei Kapitalerträgen unter 10 € in einem Jahr und wenn kein privates Veräußerungsgeschäft getätigt wurde, fällt die Verpflichtung zur Ausstellung der Jahresbescheinigung weg (Bagatellgrenze).
Zu Einzelheiten s. auch , BStBl 2004 I S. 854.
§ 24c EStG entfällt ab Veranlagungszeitraum 2009. Vgl. hierzu Tz. 287.
6. Teil: Veranlagung
I. Veranlagung und Steuererklärung
Tz. 243 Veranlagung und Veranlagungszeitraum
Die Einkommensteuer wird gem. § 25 Abs. 1 EStG nach Ablauf des Kalenderjahrs nach dem Einkommen des Steuerpflichtigen veranlagt. Das heißt, die Einkommensteuer wird in einem förmlichen Verfahren festgesetzt und erhoben. Für die Einkommensteuerveranlagung ist gem. § 19 AO regelmäßig das Wohnsitzfinanzamt des Steuerpflichtigen zuständig.
§ 25 EStG konkretisiert die allgemeinen Verfahrensvorschriften der §§ 155–165 AO für die Einkommensteuerfestsetzung (-veranlagung). Soweit § 25 EStG nichts Abweichendes regelt, gelten diese allgemeinen Verfahrensvorschriften auch für die Einkommensteuer. Danach ist die Einkommensteuer eine Jahressteuer, die durch schriftlichen Steuerbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung festgesetzt wird. Gegenstand der Steuerfestsetzung ist das Einkommen im abgelaufenen Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum). Welches Einkommen bzw. welche Einkünfte im Kalenderjahr als bezogen gelten, ergibt sich für vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahre aus § 4a Abs. 2 EStG; s. hierzu Tz. 18. Die Besteuerungsgrundlagen für die Festsetzung sind für dieses Kalenderjahr zu ermitteln, unabhängig davon, ob während des gesamten Kalenderjahrs Einkünfte erzielt worden sind. Eine Verkürzung oder Verlängerung des Veranlagungszeitraums sieht § 25 EStG nicht vor.
Vom Grundsatz der Verpflichtung zur Einkommensteuerveranlagung ausgenommen sind Steuerpflichtige, deren Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht von denen ein Steuerabzug vorgenommen ist, und/oder – ab Veranlagungszeitraum 2009 – aus Kapitaleinkünften, für die die Einkommensteuer nach § 43 Abs. 5 EStG mit dem Steuerabzug abgegolten ist. Die Ausnahme greift nicht, wenn diese Steuerpflichtigen aufgrund des § 46 Abs. 2 Nr. 1–7 EStG von Amts wegen oder gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG auf Antrag zur Einkommensteuer veranlagt werden; s. hierzu Tz. 292.
Tz. 244 Steuererklärungspflicht
Nach § 25 Abs. 3 EStG hat grds. jeder Einkommensteuerpflichtige jährlich für den jeweils vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine Steuererklärung abzugeben. Die Einkommensteuererklärung muss grds. spätestens bis zum 31. Mai des Folgejahrs beim Finanzamt vorliegen (§ 149 Abs. 2 AO). Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 4a EStG nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, muss die Steuererklärung bis zum Ablauf des dritten auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahrs folgenden Monats eingereicht werden. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung kann gem. § 109 AO verlängert werden.
§ 56 EStDV konkretisiert die Regelungen des § 25 Abs. 3 EStG zu Umfang und Inhalt der Steuererklärungspflicht. § 56 EStDV listet die Voraussetzungen für die Einkommensteuererklärungspflicht von Ehegatten und einzeln zu veranlagenden Steuerpflichtigen auf und regelt im Umkehrschluss die Fälle, in denen bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht ausnahmsweise keine Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung besteht. Nach § 56 EStDV nicht zur Abgabe einer Steuererklärung Verpflichtete können gleichwohl über § 149 Abs. 1 Satz 2 AO vom Finanzamt zur Erklärungsabgabe aufgefordert werden. Die Aufforderung erfolgt individuell (schriftlich) oder durch öffentliche Bekanntmachung.
Die Einkommensteuererklärung ist nach amtlichem Vordruck abzugeben (§ 150 AO) und die wahrheitsgemäße Erklärung der Angaben schriftlich durch eigenhändige Unterschrift des Steuerpflichtigen zu versichern. Im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten bedarf es der eigenhändigen Unterschrift beider Ehegatten (§ 25 Abs. 3 Satz 5 EStG). Ab Veranlagungszeitraum 2011 müssen alle Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften ihre Einkommensteuererklärung auf elektronischem Weg an das Finanzamt übermitteln. Bei geringfügigen Gewinneinkünften, die im Rahmen einer Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG erklärt werden, sowie in Fällen des § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 7 EStG bleibt es bei der freiwilligen Möglichkeit zur elektronischen Abgabe der Steuererklärung. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen auf eine elektronische Übermittlung der Steuererklärung verzichten. Das ist dann der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten ist, die technischen Voraussetzungen für eine elektronische Übermittlung zu schaffen. Wird dem Antrag stattgegeben, gibt der Steuerpflichtige die Steuererklärung in Papierform ab (§ 25 Abs. 4 i. V. mit § 52 Abs. 39 EStG i. d. F. des Steuerbürokratieabbaugesetzes - SteuBAG - v. , BGBl. 2008 I S. 2850). Der Einkommensteuererklärung ist eine Bilanz beizufügen, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermittelt worden ist. Werden Bücher geführt, die den Grundsätzen doppelter Buchführung entsprechen, ist der Steuererklärung eine Gewinn- und Verlustrechnung beizufügen. Liegen Anhänge, Lageberichte oder Prüfungsberichte vor, muss eine Abschrift mit der Steuererklärung eingereicht werden. Bei Einnahmenüberschussrechnung besteht die Verpflichtung, die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (EÜR) vorzunehmen und der Steuererklärung beizufügen. Liegen die Betriebseinnahmen für den Betrieb unter 17.500 €, wird es seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn an Stelle des Vordrucks EÜR der Steuererklärung eine formlose Gewinnermittlung beigefügt wird (, BStBl 2005 I S. 320; Anleitung zum Vordruck „Einnahmenüberschussrechnung – Anlage EÜR” 2008). Für Wirtschaftsjahre (Gewinnermittlungszeiträume), die nach dem beginnen, ist der Inhalt der Bilanz (auch im Falle einer Eröffnungsbilanz) sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung an die Finanzbehörde zu übermitteln. Die bis dahin nach § 60 Abs. 1 EStDV vorgeschriebene Übermittlung in Papierform entfällt insoweit. Auch von dieser Übermittlungspflicht kann auf Antrag des Steuerpflichtigen bei Vorlage einer unbilligen Härte abgesehen werden mit der Folge, dass Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung in Papierform dem Finanzamt vorzulegen sind (§ 5b i. V. mit § 52 Abs. 15a EStG und § 60 Abs. 1 Satz 1 EStDV i. d. F. des SteuBAG). Die Bilanz- sowie die Gewinn- und Verlustrechnungsdaten sollen in einer standardisierten Form elektronisch übermittelt werden. Dieser Standard soll durch Rechtsverordnung dargestellt werden. § 51 Abs. 4 Nr. 1a EStG i. d. F. des SteuBAG ermächtigt den Bundesminister der Finanzen, den Mindestumfang der nach § 5b EStG zu übermittelnden Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden entsprechend zu bestimmen. Entsprechendes gilt nach § 60 Abs. 4 EStDV i. V. mit § 84 Abs. 3d EStDV i. d. F. des SteuBAG im Fall der Gewinnermittlung nach Einnahmenüberschussrechnung. Zur elektronischen Signatur sowie zur Zumutbarkeit der Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung s. § 150 Abs. 7 und 8 AO.
Bei verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung kann das Finanzamt gem. § 152 AO einen Verspätungszuschlag festsetzen. Zur Erzwingung der Steuererklärungsabgabe kann Zwangsgeld angedroht und festgesetzt werden (§§ 328 ff. AO) sowie infolge der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 AO vorgenommen werden. Die Schätzung entbindet den Steuerpflichtigen nicht von der Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung.
Die Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung von Ehegatten richtet sich nach der Wahl der Veranlagungsart. Bei Zusammenveranlagung haben die Ehegatten eine gemeinsame Einkommensteuererklärung vorzulegen, bei getrennter Veranlagung muss jeder der Ehegatten eine Steuererklärung abgeben. Gleiches gilt, wenn beide Ehegatten die besondere Veranlagung für den Zeitraum der Eheschließung wählen.
II. Veranlagung von Ehegatten
Tz. 245 Allgemeine Grundsätze
Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, können für den jeweiligen Veranlagungszeitraum wählen zwischen
getrennter Veranlagung nach § 26a EStG oder
Zusammenveranlagung nach § 26b EStG oder
im Jahr der Eheschließung besonderer Veranlagung gem. § 26c EStG.
Für die Ausübung der Wahlrechte der Ehegatten ist erforderlich, dass die Tatbestandsvoraussetzung der unbeschränkten Steuerpflicht und des nicht dauernden Getrenntlebens zusammen entweder zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind. Das Vorliegen der Voraussetzungen wird für jeden Veranlagungszeitraum neu überprüft.
Ein dauerndes Getrenntleben von Ehegatten ist anzunehmen, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf Dauer nicht mehr besteht. Sofern nicht die äußeren Umstände das Bestehen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fraglich erscheinen lassen, wird der Erklärung der Ehegatten über ihr nicht dauerndes Getrenntleben regelmäßig gefolgt. Einer auf Dauer herbeigeführten tatsächlichen Trennung der Ehegatten wird regelmäßig besondere Bedeutung beigemessen. Wegen weiterer Einzelheiten s. H 26 EStH „Getrenntleben”. Zieht ein Ehepartner unmittelbar im Anschluss an eine (nicht gemeinsame) sechswöchige Reise aus der ehelichen Wohnung aus, ohne dass er dafür zuvor Vorbereitungen getroffen hätte, leben die Ehegatten erst ab dem Auszug getrennt im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG ( NWB AAAAC-65223; Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 71/07).
Eine getrennte Veranlagung der Ehegatten wird durchgeführt, wenn einer der beiden – nicht dauernd getrennt lebenden – Ehegatten die getrennte Veranlagung wählt. Der Antrag ist einseitig und beiderseitig möglich. Ein einseitig gestellter Antrag eines Ehegatten ist rechtsunwirksam, wenn dieser Ehegatte im betreffenden Veranlagungszeitraum keine eigenen Einkünfte hat oder wenn diese so gering sind, dass weder eine Einkommensteuer festzusetzen ist noch die Einkünfte einem Steuerabzug zu unterwerfen waren. Der Antrag auf getrennte Veranlagung kann vom Antrag stellenden Ehegatten noch im Rechtsbehelfsverfahren oder Klageverfahren widerrufen werden. Die bestandskräftige getrennte Veranlagung des anderen Ehegatten wird in diesem Falle nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aufgehoben und eine Zusammenveranlagung beider Ehegatten durchgeführt. Haben beide Ehegatten den Antrag gestellt, müssen beide Ehegatten widerrufen. Wird der Widerruf nur von einem der Ehegatten ausgesprochen, ist dieser wirksam, wenn der andere Ehegatte nicht widerspricht. Ist ein Ehegatte gem. § 25 EStG zur Einkommensteuer zu veranlagen und wird auf Antrag eines der beiden Ehegatten eine getrennte Veranlagung durchgeführt, ist auch der andere Ehegatte gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 EStG zwingend getrennt zu veranlagen. Für die Veranlagung des anderen Ehegatten kommt es in einem solchen Fall auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 1–8 EStG nicht mehr an (, BStBl 2007 II S. 11).
Die Zusammenveranlagung wird durchgeführt, wenn beide Ehegatten diese Veranlagungsart wählen. Wird keine Erklärung über die Ausübung des Wahlrechts abgegeben, wird kraft Gesetzes gem. § 26 Abs. 3 EStG die Zusammenveranlagung durchgeführt. Die Antragsveranlagung einer Person mit inländischen Einkünften im Sinne des § 49 EStG nach § 1 Abs. 3 EStG ermöglicht im Grundsatz keine Zusammenveranlagung mit ihrem ebenfalls im Ausland wohnenden Ehegatten, wenn dieser selbst nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (, BStBl 2007 II S. 106). Das Wahlrecht der Ehegatten für eine Getrennt- oder Zusammenveranlagung wird in der Insolvenz eines Ehegatten durch den Insolvenzverwalter und im vereinfachten Insolvenzverfahren durch den Treuhänder ausgeübt ( NWB PAAAC-48782). Nach dem Tod eines Ehegatten steht das Wahlrecht dessen Erben zu. Das Einverständnis des Erben mit der Zusammenveranlagung kann nur dann nach § 26 Abs. 3 EStG unterstellt werden, wenn er Kenntnis von seiner Erbenstellung und den steuerlichen Vorgängen des Erblassers hat. Bis zur Ermittlung des Erben ist daher getrennt zu veranlagen (, BStBl 2007 II S. 770). – Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft haben keinen Anspruch auf Durchführung einer Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer unter Anwendung des Splittingtarifs (, BStBl 2006 II S. 515, und v. , BStBl 2006 II S. 883).
Die besondere Veranlagung für den Veranlagungszeitraum der Eheschließung setzt voraus, dass beide Ehegatten eine ausdrückliche Erklärung über die Wahl dieser Veranlagungsart abgeben. Widerruft ein Ehegatte seinen Antrag auf besondere Veranlagung und begehrt er die getrennte Veranlagung, ist nachträglich für beide Ehegatten die getrennte Veranlagung möglich. Bei einem Widerruf des Antrags auf besondere Veranlagung ohne Erklärung der Wahl der getrennten Veranlagung wird die Zusammenveranlagung der Ehegatten durchgeführt. Eine bereits bestandskräftige besondere Veranlagung des anderen Ehegatten für den Veranlagungszeitraums der Eheschließung wird entsprechend nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aufgehoben.
Beantragen Eheleute innerhalb der Frist für einen Einspruch gegen den Zusammenveranlagungsbescheid die getrennte Veranlagung oder die besondere Veranlagung im Jahr der Eheschließung, ist das Finanzamt bei der daraufhin für jeden durchzuführenden getrennten oder besonderen Veranlagung an die tatsächliche und rechtliche Beurteilung der Besteuerungsgrundlagen im Zusammenveranlagungsbescheid gebunden. Den Zusammenveranlagungsbescheid hat es aufzuheben (, BStBl 2005 II S. 564).
Zur Frage der zivilrechtlichen Pflicht eines getrennt lebenden Ehegatten, der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen, s. NWB XAAAC-49076).
Tz. 246 Getrennte Veranlagung
a) Einkünfte
Bei einer getrennten Veranlagung von Ehegatten werden jedem Ehegatten die von ihm bezogenen Einkünfte zugerechnet. Die bloße Mitwirkung eines Ehegatten bei der Erzielung von Einkünften des anderen Ehegatten reicht nicht aus. Maßgeblich sind die Vorschriften des BGB und die besonderen verfahrens- und steuerrechtlichen Zurechnungsvorschriften (z. B. § 39 AO). Für jeden der beiden Ehegatten wird separat das ihm zuzurechnende zu versteuernde Einkommen ermittelt. Die Zurechnung hat mithin nicht nur Bedeutung für die Einkünfte, sondern u. a. für die Zuordnung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, den Verlustabzug nach § 10d EStG, die Abzüge nach §§ 10e, 10f, 10g, 10h EStG, § 7 FördG.
Die Einkünfte, die ein Ehegatte bezogen hat, sind bei ihm einschließlich etwaiger Frei- oder Pauschbeträge zu berücksichtigen. Eine Übertragung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags nach § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG auf den anderen Ehegatten ist nicht möglich. Freibeträge für Betriebsveräußerung/-aufgabe (§ 16 Abs. 4 EStG) oder für Landwirte (§ 13 Abs. 3 EStG) werden entsprechend bei dem Ehegatten berücksichtigt, der die Einkünfte bezogen hat. Eine bei Zusammenveranlagung von Ehegatten teilweise gesetzlich zulässige Verdopplung bestimmter Freibeträge (z. B. für Landwirte gem. § 13 Abs. 3 EStG) scheidet bei getrennter Veranlagung aus. Ein Verlustausgleich mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten ist infolge getrennter Ermittlung der Summe der Einkünfte für die Ehegatten nicht möglich.
b) Sonderausgaben
Sonderausgaben gem. §§ 10–10b EStG (Vorsorgeaufwendungen, Aufwendungen für die Berufsausbildung, Spenden) sind grds. bei der Veranlagung des Ehegatten in Ansatz zu bringen, der sie aufgrund eigener Verpflichtung selbst geleistet hat oder für dessen Namen sie im abgekürzten Zahlungsweg entrichtet wurden. Der Sonderausgaben-Pauschbetrag und die Vorsorgepauschale (§ 10c EStG) werden für jeden Ehegatten einzeln ermittelt und jedem einzeln zugerechnet. Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009: § 9c EStG i. d. F. des FamLeistG; vgl. Tz. 126a) (Kinderbetreuungskosten) werden wie außergewöhnliche Belastungen in Höhe des bei der Zusammenveranlagung in Betracht kommenden Betrags bei beiden Veranlagungen jeweils zur Hälfte abgezogen, wenn die Ehegatten nicht gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen.
c) Außergewöhnliche Belastungen
Außergewöhnliche Belastungen gem. §§ 33–33b EStG (z. B. Krankheitskosten, Ausbildungsfreibetrag, Unterhalt, Pauschbeträge für Behinderte) werden zunächst für beide Ehegatten einheitlich nach den für die Zusammenveranlagung geltenden Grundsätzen ermittelt und dann jedem Ehegatten zur Hälfte oder in einem gem. § 61 EStDV gemeinsam beantragten anderen Aufteilungsmaßstab zugerechnet. Kann der Antrag auf abweichenden Aufteilungsmaßstab nicht gemeinsam gestellt werden, weil einer der Ehegatten dazu aus zwingenden Gründen nicht in der Lage ist, kann das Finanzamt den Antrag des anderen Ehegatten gem. § 61 Satz 2 EStDV als genügend ansehen.
Die zumutbare Belastung ist auch bei getrennter Veranlagung von Ehegatten vom Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten zu berechnen ( NWB IAAAD-22117).
Die nach § 33b Abs. 5 EStG auf die Ehegatten zu übertragenden Pauschbeträge für Behinderte und Hinterbliebene stehen den Ehegatten insgesamt nur einmal zu; sie sind gem. § 26a Abs. 2 EStG zwingend bei jedem Ehegatten zur Hälfte anzusetzen. Ist bei getrennt zu veranlagenden Ehegatten ein Ehegatte nicht Elternteil des behinderten Kinds, ist die zwingende hälftige Berücksichtigung des vom Kind übertragenen Pauschbetrags nicht gerechtfertigt. In derartigen Fällen können die Ehegatten eine andere als die hälftige Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrags geltend machen ( NWB UAAAD-24631; Revision wurde zugelassen).
d) Verlustabzug
Nach dem Zurechnungsprinzip kann der Ehegatte nur den Verlustabzug geltend machen, den er selbst in den vergangenen Veranlagungszeiträumen erwirtschaftet hat. Gem. § 62d EStDV kann bei getrennter Veranlagung der Steuerpflichtige den Verlustabzug nach § 10d EStG auch für Verluste derjenigen Veranlagungszeiträume geltend machen, in denen die Ehegatten nach § 26b EStG zusammen oder nach § 26c EStG besonders veranlagt worden sind. Der Verlustabzug wird in diesen Fällen nur für Verluste gewährt, die der getrennt veranlagte Ehegatte erlitten hat.
e) Abzüge zur Förderung des Wohneigentums oder Baudenkmälern
Die nach §§ 10e, 10f, 10g, 10h EStG, § 7 FördG wie Sonderausgaben abzuziehenden Förderbeträge sind dem Ehegatten zu gewähren, der Eigentümer des Förderobjekts ist. Sind beide Ehegatten Eigentümer, richtet sich die Höhe des Förderbetrags nach dem jeweiligen Miteigentumsanteil.
Tz. 247 Zusammenveranlagung
Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten werden die Einkünfte für jeden Ehegatten im ersten Schritt – wie bei der getrennten Veranlagung nach § 26a EStG – gesondert ermittelt (, BStBl 1988 II S. 827). Im zweiten Schritt werden die gesondert ermittelten Einkünfte der Ehegatten zusammengerechnet und sodann die Ehegatten als ein Steuerpflichtiger behandelt, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist.
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG steht jedem nichtselbständig tätigen Ehegatten in Höhe von 920 € zu. Der Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG und der Freibetrag bei Veräußerungsgewinnen nach § 16 Abs. 4 EStG wird nur dem Ehegatten gewährt, der in seiner Person die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Gleiches gilt für den Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG. Dieser ist bei Zusammenveranlagung von Ehegatten jedem Ehegatten, der die altersmäßigen Voraussetzungen erfüllt, nach Maßgabe der von ihm bezogenen Einkünfte zu gewähren. Bei Einnahmen aus Kapitalvermögen wird der Pauschbetrag von 51 € (§ 9a Satz 1 Nr. 2 EStG) pro Person, den Ehegatten somit in Höhe von 102 €, gewährt und kann auch dann in voller Höhe in Anspruch genommen werden, wenn nur einer der Ehegatten Einnahmen aus Kapitalvermögen bezogen hat. Der gemeinsame Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs. 4 EStG von 1.500 € (bis 2006: 2.740 €) wird zunächst bei der Einkunftsermittlung jedes Ehegatten zu Hälfte abgezogen; ein nicht ausgefüllter anteiliger Freibetrag der einen Ehegatten kann beim anderen Ehegatten berücksichtigt werden (s. § 20 Abs. 4 EStG; R 20.3 EStR). § 10 Abs. 3 EStG sieht eine Verdopplung der Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen zusammenveranlagter Ehegatten vor. Auch der Freibetrag für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 3 EStG) kann verdoppelt werden.
Für zusammenveranlagte Ehegatten ist nach § 32a Abs. 5 EStG (s. Tz. 252) das Splittingverfahren maßgebend. Daher stellt die Zusammenveranlagung im Regelfall die günstigere Veranlagungsart für Ehegatten gegenüber den Veranlagungsmöglichkeiten des § 26a oder § 26c EStG dar.
Gemeinsame Einkünfte zusammenveranlagter Ehegatten bedürfen grds. einer gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO und § 179 Abs. 2 AO. Eine solche Feststellung wird durchgeführt, wenn ein für die Besteuerung erhebliches Merkmal streitig ist (, BStBl 1995 II S. 640). Von der gesonderten und einheitlichen Feststellung kann gem. § 180 Abs. 3 AO in Fällen von geringer Bedeutung abgesehen werden. Entscheidungserheblich ist, ob die Einkünfte verhältnismäßig einfach ermittelt und zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden können.
Bei der Zusammenveranlagung werden die Ehegatten zwar im zweiten Schritt wie ein Steuerpflichtiger behandelt, d. h. es wird ein gemeinsames zu versteuerndes Einkommen und eine gemeinsame Einkommensteuer ermittelt. Die Ehegatten bleiben verfahrensrechtlich zwei eigenständige Steuersubjekte und sind Gesamtschuldner der Einkommensteuer gem. § 44 AO. Jeder der beiden zusammenveranlagten Ehegatten schuldet die gesamte Leistung. Regelmäßig wird ein zusammengefasster Bescheid, der beide Ehegatten als Steuerpflichtige im Adressatenfeld ausweist, ergehen. Stattdessen kann der Bescheid über die inhaltsgleiche Steuerfestsetzung den Ehegatten ihnen auch einzeln bekannt gegeben werden. Weist der Einkommensteuerbescheid über die Zusammenveranlagung nur einen der beiden Ehegatten als Adressaten aus, liegt gegenüber dem anderen Ehegatten kein wirksamer Bescheid vor; unmaßgeblich ist, ob der andere Ehegatte auf andere Weise Kenntnis von dem Bescheid erhält. Infolge der eigenständigen Steuersubjektfähigkeit sind beide Ehegatten jeder für sich berechtigt, Einspruch gegen den Steuerbescheid zu erheben. Die Frage, ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist, ist für jeden Ehegatten gesondert zu prüfen (, BStBl 2007 II S. 220). Werden Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zusammenveranlagter Ehegatten ohne die ausdrückliche Bestimmung geleistet, dass mit der Zahlung nur die Schuld des Leistenden beglichen werden soll, muss das Finanzamt eine Überzahlung beiden Eheleuten zu gleichen Teilen erstatten, auch wenn über das Vermögen des anderen Ehegatten das Insolvenzverfahren eröffnet worden war (, BStBl 2009 II S. 38).
Zur Berechnungen der Tarifbegrenzung bei Gewinneinkünften im Rahmen der Zusammenveranlagung s. § 32c Abs. 3 EStG und Tz. 254.
Tz. 248 Besondere Veranlagung im Veranlagungszeitraum der Eheschließung
Für den Veranlagungszeitraum der Eheschließung werden Ehegatten wie unverheiratete Personen behandelt und einzeln veranlagt. Das bedeutet im Einzelnen:
Jedem der Ehegatten werden die von ihm bezogenen Einkünfte zugerechnet. Wie bei der getrennten Veranlagung sind die Einkünfte des Ehegatten nicht allein deshalb zum Teil bei der Veranlagung des anderen Ehegatten zu berücksichtigen, weil dieser bei der Erzielung der Einkünfte mitgewirkt hat.
Sonderausgaben werden getrennt ermittelt und bei jedem der Ehegatten bei seiner Einzelveranlagung in Höhe des ihm zustehenden Teils berücksichtigt. Eine Verdopplung der Pauschbeträge/Höchstbeträge kommt nicht in Betracht, jedem der Ehegatten steht bei Vorliegen der Voraussetzungen der einfache Betrag zu.
Das Abzugsverbot für freiwillige Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten greift auch für Ehegatten, welche die besondere Veranlagung wählen. Sie werden für die Anwendung des § 12 Nr. 2 EStG nicht wie Unverheiratete gestellt.
Das Splittingverfahren nach § 32a Abs. 5 EStG findet keine Anwendung.
Außergewöhnliche Belastungen werden wie Sonderausgaben getrennt ermittelt und jedem der Ehegatten zugerechnet, soweit er selbst die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 33– 33b EStG erfüllt. Für die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist der eigene Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehegatten maßgebend und ob er selbst den Kinderfreibetrag oder das Kindergeld erhält. Aufwendungen für den Unterhalt und die etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person sind bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG nur bei dem Ehegatten abzuziehen, der die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt hat. Der Ausbildungsfreibetrag gem. § 33a Abs. 2 EStG steht jedem Elternteil (Ehegatten) zur Hälfte zu. Die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags oder des Hinterbliebenen-Pauschbetrags auf die Eltern kann nach § 33b Abs. 5 Satz 3 EStG auf gemeinsamen Antrag der Eltern (Ehegatten) zu einem anderen Aufteilungsmaßstab als hälftig vorgenommen werden – die Einschränkung des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG für getrennt veranlagte Ehegatten greift nicht.
Die besondere Veranlagung für den Veranlagungszeitraum der Eheschließung kann insbesondere günstiger als die Zusammenveranlagung sein, wenn einer der Ehegatten vor der Eheschließung zu Beginn dieses Veranlagungszeitraums verwitwet war und bei ihm die Voraussetzungen des § 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG vorgelegen haben und das Splittingverfahren nach § 32a Abs. 5 EStG Anwendung findet.
III. Besteuerung bei fortgesetzter Gütergemeinschaft
Ehegatten können gem. § 1483 BGB durch Ehevertrag vereinbaren, dass ihre Gütergemeinschaft nach dem Tod eines der Ehegatten zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen (die bei gesetzlicher Erbfolge als Erben berufen wären) fortgesetzt wird. Nach § 28 EStG gelten Einkünfte, die im Rahmen einer fortgesetzten Gütergemeinschaft erzielt werden und die in das Gesamtgut fallen, als vom überlebenden Ehegatten in vollem Umfang allein bezogen, wenn dieser unbeschränkt steuerpflichtig ist. Maßgeblich ist die tatsächliche Fortführung der Gütergemeinschaft. Wird die Gütergemeinschaft im Innenverhältnis nicht fortgesetzt, sondern verabreden der überlebende Ehegatte und die Abkömmlinge die Aufteilung der Einkünfte, greift § 28 EStG nicht und die Einkünfte sind wie bei anderen Beteiligungen den Beteiligten anteilig zuzurechnen (, RStBl 1937 S. 96; , BStBl 1966 II S. 505).
§ 28 EStG findet keine Anwendung auf den bei Auflösung einer fortgesetzten Gütergemeinschaft entstehenden Gewinn. Die bei der Auflösung anfallenden Einkünfte sind dem überlebenden Ehegatten und den Abkömmlingen nach Maßgabe ihrer Beteiligung am Gesamtgut zuzurechnen (, BStBl 1993 II S. 430).
7. Teil: Tarif
I. Familienleistungsausgleich, Kinder, Freibeträge für Kinder, Haushaltsfreibetrag
Tz. 249 Familienleistungsausgleich
a) Allgemeines
§ 31 EStG ist Grundvorschrift des Familienleistungsausgleichs. Die Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG und das als Steuervergütung zu zahlende Kindergeld können nur alternativ in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Kindergeld ist mit der Steuerschuld bei Abzug der Freibeträge für Kinder zu verrechnen, um die kumulative Inanspruchnahme der Freibeträge für Kinder und des Kindergelds und damit eine über das verfassungsrechtlich gebotene Maß der Steuerfreistellung von Einkommen auszuschließen. Soweit das Kindergeld zur Steuerfreistellung nicht erforderlich ist, dient es der Familienförderung.
Durchgeführt wird der Familienleistungsausgleich, soweit er das Kindergeld betrifft, von den Familienkassen. Außerhalb des öffentlichen Diensts sind dies die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit. Für den Bereich des öffentlichen Diensts nehmen die öffentlichen Arbeitgeber diese Aufgabe wahr. Die Familienkassen gelten als Bundesfinanzbehörden.
Darüber hinaus gibt es nach dem Bundeskindergeldgesetz ein als Sozialleistung zu zahlendes Kindergeld für Eltern, die mangels unbeschränkter Steuerpflicht kein Kindergeld nach dem EStG erhalten, die aber mit dem deutschen Arbeits-, Dienst- oder Sozialrechtssystem verbunden sind; z. B. bei deutschen Firmen im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer, Entwicklungshelfer oder einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Beamte (§ 1 Abs. 1 BKGG). Berechtigt sind ferner Vollwaisen und Kinder, die den Aufenthalt ihrer Eltern nicht kennen. Die Anspruchsvoraussetzungen für einen Kindergeldanspruch nach BKGG und EStG sind weitgehend vereinheitlicht.
Zusätzlich zum Kindergeld können Eltern mit niedrigem Einkommen oder Vermögen den Kinderzuschlag nach § 6a BKGG von bis zu 140 € pro Kind und Monat erhalten. Der Zuschlag wird für im Haushalt lebende Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs und längstens 36 Monate gewährt. Damit soll vermieden werden, dass Eltern allein wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind.
b) Steuerfreistellung durch Freibeträge für Kinder oder Kindergeld
Nach § 31 Satz 1 EStG wird die verfassungsrechtlich gebotene Steuerfreistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kinds einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung im Rahmen des Familienleistungsausgleichs im gesamten Veranlagungszeitraum durch die Freibeträge für Kinder (§ 32 Abs. 6 EStG) oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG (§§ 62–78 EStG) bewirkt. Satz 1 beinhaltet damit – wie Satz 2 – keine an bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen geknüpfte Rechtsfolge, sondern bestimmt die gebotene Steuerfreistellung als vorrangigen Zweck des Familienleistungsausgleichs. Die alternative Erwähnung der Freibeträge für Kinder und des Kindergelds ist nicht als Beschreibung eines Optionsmodells zu verstehen. Die Voraussetzungen für die Ansprüche auf einen Freibetrag für Kinder und auf Kindergeld sind grds. identisch, jedoch existieren für Stief-, Enkel- und für bestimmte Auslandskinder unterschiedliche Regelungen.
Ziel des Familienleistungsausgleichs ist vor allem die Sicherstellung einer familiengerechten, d. h. im Vergleich zu Kinderlosen nicht zu hohen Steuer. Von dem weiteren Ziel, der Familienförderung, kann nur die Rede sein, wenn die verfassungsgemäße Besteuerung gewährleistet ist. Die in Höhe des Existenzminimums eines Kinds einschließlich der Bedarfe für die Betreuung und Erziehung oder Ausbildung bemessenen Freibeträge für Kinder dienen ausschließlich der richtigen Besteuerung, nicht der Familienförderung. Untergrenze für das im Kinderfreibetrag abgebildete sächliche Existenzminimum eines Kinds ist der im Sozialhilferecht anerkannte Mindestbedarf.
c) Familienförderung durch Kindergeld
Das Kindergeld, soweit es zur Steuerfreistellung nicht erforderlich ist, dient der Familienförderung (§ 31 Satz 2 EStG). Damit wird zugleich die Möglichkeit der gezielten Förderung eröffnet. Während die Freibeträge für Kinder als Instrument zur Sicherstellung der verfassungsgemäßen Besteuerung für alle Kinder dieselbe Höhe haben, ist das Kindergeld in zwei Stufen gestaffelt (s. § 66 EStG; Tz. 310). Bei Beziehern höherer Einkommen „beschränkt” sich der Familienleistungsausgleich im Ergebnis auf den Abzug der Freibeträge für Kinder, während bei Beziehern geringerer Einkommen das Kindergeld je nach Grenzsteuersatz und Anzahl der steuerlich zu berücksichtigenden Kinder eine mehr oder weniger große Förderkomponente enthält.
d) Im laufenden Jahr monatliches Kindergeld als Steuervergütung
Kindergeld wird im laufenden Jahr monatlich und als Steuervergütung gezahlt (§ 31 Satz 3 EStG). Dies hat zur Folge, dass insbesondere die Verfahrensvorschriften der AO und der FGO anwendbar sind, also z. B. bei Einwendungen gegen einen Kindergeldbescheid Einspruch hiergegen einzulegen ist. Der Abzug der Freibeträge für Kinder ist erst bei der Einkommensteuerveranlagung möglich (vgl. § 37 Abs. 3 Satz 12 EStG; Tz. 276, c).
e) Abzug der Freibeträge für Kinder zur Sicherstellung der Steuerfreistellung
Bei der Einkommensteuerveranlagung sind von Amts wegen die Freibeträge für Kinder vom Einkommen abzuziehen, wenn das Kindergeld zu der gebotenen steuerlichen Freistellung nicht ausreicht, d. h. wenn die steuerermäßigende Wirkung der Freibeträge für Kinder den Betrag des Kindergelds für das einzelne Kind übersteigt (Vergleichsberechnung). Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang mit § 31 Satz 1 EStG und dem verfassungsrechtlichen Gebot der Steuerfreistellung des Existenzminimums eines Kinds bei den Eltern.
f) Verrechnung der Steuerschuld mit dem Anspruch auf Kindergeld oder vergleichbare Leistungen
Werden die Freibeträge für Kinder abgezogen, ist der Anspruch auf Kindergeld oder vergleichbare Leistungen zu verrechnen, um eine Kumulation zu vermeiden. Bei der Verrechnung wird unabhängig vom Zuflusszeitpunkt der Anspruch auf Kindergeld oder auf die vergleichbaren Leistungen für den jeweiligen Zeitraum der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet. Das Finanzamt hat das tatsächlich gezahlte Kindergeld grds. nicht mehr zu prüfen. Gleichwohl haben sich im Zweifel Finanzamt und Familienkasse abzustimmen. Das Finanzamt kann z. B. vom Kindergeldberechtigten eine Bescheinigung über das zustehende Kindergeld verlangen (vgl. DA-FamEStG 68.4, BStBl 2004 I S. 811; R 31 Abs. 4 EStR).
Bei nicht zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch des Steuerpflichtigen im Umfang des Kinderfreibetrags angesetzt (§ 31 Satz 4 EStG).
Zu den mit dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen nach § 65 EStG zählen z. B. Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden. Diese sind folglich ebenfalls in die Vergleichsberechnung einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie dem Steuerpflichtigen unmittelbar oder im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zufließen; s. auch Tz. 311. Bei der Regelung in § 31 Satz 4 EStG handelt es sich um eine Vergleichsberechnung handelt, die den gesamten Veranlagungszeitraum erfasst, und nicht um eine Günstigerprüfung.
g) Verrechnung von Kindergeld nach ausländischem Recht
Besteht nach ausländischem Recht Anspruch auf Leistungen für Kinder, beschränken sich Vergleichsberechnung und Verrechnung des Anspruchs auf Leistungen für Kinder nach ausländischem Recht, der höher ist als das Kindergeld nach § 66 EStG, auf dessen Höhe. Damit ist sichergestellt, dass eine im Ausland gewährte höhere Förderleistung dem Berechtigten als solche auch verbleibt, wenn Freibeträge für Kinder abgezogen werden. Ebenso sind Ansprüche aufgrund über- oder zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften bis zur Höhe der Beträge und nach § 66 EStG zu berücksichtigen (s. R 31 Abs. 1 EStR und H 31 EStH).
h) Verwaltungsanweisungen
Ausführliche Anweisungen zur Durchführung des Familienausgleichs enthält die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienlastenausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG), Stand August 2004 (BStBl 2004 I S. 742), mit späteren Änderungen, abrufbar unter www.bzst.bund.de; Dienstanweisung zur Durchführung von Rechtsbehelfsverfahren im Zusammenhang mit dem steuerlichen Familienleistungsausgleich nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamRb), BStBl 2000 I S. 761; Dienstanweisung zur Überprüfung von Kindergeldfestsetzungen (DA-Ü), BStBl 2005 I S. 614.
Tz. 250 Kinder
a) Begriff der Kinder
Kinder i. S. des § 32 Abs. 1 EStG sind
im ersten Grad mit dem unbeschränkt Steuerpflichtigen verwandte Kinder und
Pflegekinder.
Der für den Anspruch auf Kindergeld maßgebliche Kindbegriff (§ 63 EStG; s. Tz. 309) ist weitgehend mit dem Kindbegriff nach § 32 EStG harmonisiert.
Kinder, die im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandt sind, sind leibliche Kinder, soweit das Verwandtschaftsverhältnis zum Steuerpflichtigen nicht durch Annahme als Kind (Adoption) erloschen ist, und angenommene (adoptierte Kinder). Mit der Annahme eines minderjährigen Kinds erlischt das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern und – grds. – auch zu den bisherigen Verwandten. Mit der Annahme eines nichtehelichen minderjährigen Kinds des Ehegatten erlischt das Verwandtschaftsverhältnis nur zu dem anderen Elternteil und – grds. – zu dessen Verwandten (§§ 1755, 1756 BGB). Zivilrechtlich besteht bei der Annahme eines Volljährigen als Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern zwar fort (§ 1770 Abs. 2 BGB), nach § 32 Abs. 2 EStG hat jedoch steuerlich die Berücksichtigung bei den Adoptiveltern Vorrang. Vgl. auch DA-FamEStG 63.2.1, BStBl 2004 I S. 758.
Pflegekinder sind nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist und die er in seinen Haushalt aufgenommen hat. Voraussetzungen sind, dass der Steuerpflichtige das Kind nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht. Bei der in Pflege genommenen Person kann es sich auch um Angehörige des Steuerpflichtigen handeln. Ein Pflegekindschaftsverhältnis kann i. d. R. nur zu minderjährigen Kindern bestehen. Nach § 32 Abs. 2 EStG ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind (leibliches Kind oder Adoptivkind), das zugleich ein Pflegekind ist, vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen. Von einer Dauerhaftigkeit der familienähnlichen Bindung ist gemessen am Willen der Beteiligten bei einem Zeitraum von mindestens zwei Jahren oder bei Aufnahme zur Pflege mit dem Ziel der Adoption (§ 1744 BGB) im Regelfall auszugehen. Eine nur vorübergehende oder von vornherein zeitlich begrenzte Bindung steht der Annahme eines Pflegekindschaftsverhältnisses entgegen. Eine Haushaltsaufnahme des Kinds zu Erwerbszwecken liegt vor z. B. bei sog. Kostkindern oder bei der Aufnahme von Kindern in einem erwerbsmäßig betriebenen Heim. Ist ein Erziehungsverein zwischengeschaltet, kommt es für die Beurteilung der einkommensteuerrechtlichen Voraussetzungen eines Pflegekindschaftsverhältnisses entscheidend auf die Verhältnisse bei der Pflegefamilie an, nicht auf das Verhältnis zum zwischengeschalteten Verein ( NWB GAAAC-45564; Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 92/06). Bei einer Haushaltsaufnahme von mehr als sechs Kindern wird vermutet, dass es sich um Kostkinder handelt (R 32.2 Abs. 1 Satz 5 EStR). Das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern besteht nicht mehr, wenn die familiären Bindungen zum Pflegekind auf Dauer und nicht nur vorübergehend aufgegeben bzw. gelockert sind (R 32.2 Abs. 2 EStR). Bei einem fast volljährigen Kind genügt die räumliche Trennung von den leiblichen Eltern, bspw. durch Auszug aus der elterlichen Wohnung wegen Unstimmigkeiten, allein nicht, um ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern zu verneinen. Ausreichender Kontakt der leiblichen Eltern zu ihrem finanziell unabhängigen, fast volljährigen Kind besteht auch dann noch, wenn bei gelegentlichen Treffen kleinere Geldbeträge übergeben werden ( NWB NAAAC-19150).
Stief- oder Enkelkinder sind nicht zu berücksichtigen. Insofern ist der für den Anspruch auf Kindergeld maßgebende Kindbegriff nach § 63 EStG weitergehend; s. Tz. 309. Nach § 32 Abs. 6 Satz 7 EStG kann jedoch der Kinderfreibetrag auf Stief- oder Großeltern übertragen werden.
§ 32 EStG trifft keine Aussagen zum Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Kinds, schränkt diesen also nicht, wie für den Kindergeldanspruch in § 63 EStG vorgesehen, ein.
Der Kindbegriff hat Bedeutung für die Gewährung der Freibeträge für Kinder (§ 32 Abs. 3–6 EStG) und das Kindergeld (§§ 62– 78 EStG), darüber hinaus für alle Vorschriften u. a. des EStG die auf das „Vorhandensein” von Kindern abstellen.
Erkennt der leibliche Vater eines Kindes in einem Rechtsstreit um die Gewährung eines Kinder- und Haushaltsfreibetrags während des finanzgerichtlichen Verfahrens die Vaterschaft an, nachdem das Kind die Scheinvaterschaft des ehelichen Vaters angefochten hat, hat das Finanzgericht die zivilrechtlich bis zur Geburt zurückwirkende Vaterschaft bei der Entscheidung über die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zu berücksichtigen und die kindbedingten Steuervorteile zu gewähren (, BStBl 2008 II S. 350).
b) Zu berücksichtigende Kinder
Für die Berücksichtigung von Kindern gilt – korrespondierend zur monatlichen Zahlung des Kindergelds – der Grundsatz, dass diese vom Beginn des Monats an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, zu berücksichtigen sind. Entsprechend endet die Berücksichtigung mit dem Ablauf des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen (Monatsprinzip).
aa) Maßgeblichkeit von Altersgrenzen
Nach § 32 Abs. 3 EStG wird ein Kind in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt. Bis zum Erreichen dieser Altersgrenze hat der Gesetzgeber keine weiteren Voraussetzungen an die Berücksichtigung von Kindern geknüpft.
Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es
(1) noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist,
oder
(2) noch nicht das 25. (bis 2006: 27. Lebensjahr) Lebensjahr vollendet hat und
für einen Beruf ausgebildet wird oder
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier vollen Kalendermonaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet oder
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr oder freiwillige Dienste leistet
oder
(3) ohne Altersbegrenzung wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahrs (bis 2006: 27. Lebensjahrs) eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.
Zur Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses Wehr- und Zivildienst leistender Kinder aus dem Katalog des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG s. und 2 BvR 1340/03 NWB FAAAB-86582. Zur Verfassungsmäßigkeit der Absenkung der Altersgrenze vom 27. auf das 25. Lebensjahr für Kinder in Berufsausbildung s. NWB RAAAD-05396 (Nichtzulassungsbeschwerde wurde eingelegt, Az. des BFH: III B 271/08).
Volljährige verheiratete Kinder sind grds. nur bis zum Monat der Eheschließung bei ihren Eltern zu berücksichtigen (s. aber auch H 32.3 EStH). Anspruch auf Kindergeld für ein verheiratetes Kind besteht nur dann, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kinds nicht ausreichen, das Kind ebenfalls nicht über ausreichende eigene Mittel für den Unterhalt verfügt und die Eltern deshalb weiterhin für das Kind aufkommen müssen. Ein solcher sog. Mangelfall ist anzunehmen, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kinds einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners niedriger sind als das steuerrechtliche, dem Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entsprechende Existenzminimum (, BStBl 2008 II S. 756). Hat das volljährige verheiratete Kind grds. einen Anspruch gegen den getrennt lebenden Ehepartner auf Trennungsunterhalt, und wird der Trennungsunterhalt nicht gezahlt, muss das Kind seine tatsächlichen und erfolglosen Bemühungen zur Durchsetzung des Anspruchs darlegen und beweisen ( NWB YAAAC-87108, rkr.).
Zum Kindergeld für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder vgl. im Übrigen ausführlich Schmitt, NWB F. 3 S. 14815, NWB EAAAC-60155.
Die Auswirkung der Absenkung der Altersgrenze von 27 auf 25 Jahre auf die Gewährung der Kinderzulage nach dem (bereits abgeschafften) Eigenheimzulagengesetz ist zwischen Bund und Ländern umstritten. Während die Länder zur Zeit mehrheitlich der Auffassung zuneigen, dass die Überschreitung der Altersgrenze von 25 Jahren zu einer Versagung der Kinderzulage (§ 9 Abs. 5 EigZulG) führen müsse, neigt der Bund zu einer gesetzlichen Regelung, nach der es bei einer Gewährung der Kinderzulage weiterhin bis zum 27. Lebensjahrs des Kinds bliebe (BMF, Pressemitteilung v. 7. 4. 2008). Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
bb) Berufsausbildung
Ein Kind befindet sich in Berufsausbildung, wenn es – gleich ob erstmalig oder erneut – für einen künftigen Beruf ausgebildet wird. Dies erfordert, dass es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Dazu gehört auch der Besuch eines Abiturfernlehrgangs; entscheidend ist das ernsthafte Bemühen des Kinds zur Erreichung des Lehrgangsziels (, BFH/NV 2009 S. 1684). Auch die Weiterbildung im erlernten und ausgeübten Beruf kann Berufsausbildung sein. Geht ein Kind nach dem Abschluss einer allgemeinbildenden Schulausbildung (z. B. Abitur) und ggf. anschließendem Zivildienst bis zum Beginn einer berufsqualifizierenden Ausbildung oder eines Studiums einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach, ist es für die vollen Monate, in denen es erwerbstätig ist, nicht als Kind zu berücksichtigen (, BStBl 2006 II S. 305). Geht das Kind in dem Zeitraum, in dem es die gesetzlichen Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestands i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a–c EStG erfüllt, einer Erwerbstätigkeit nach und übersteigen seine gesamten Einkünfte und Bezüge den (anteiligen) Jahresgrenzbetrag nicht, besteht ein Anspruch auf Kindergeld unabhängig davon, ob es sich bei der Erwerbstätigkeit um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handelt (, BStBl 2008 II S. 56 – Änderung der Rechtsprechung). Nach dem (BStBl 2008 I S. 716) ist ab sofort für jeden Kalendermonat, für den ein Anspruch auf Kindergeld geltend gemacht wird, zunächst zu prüfen, ob trotz der Erwerbstätigkeit mindestens an einem Tag im Kalendermonat die Tatbestandsmerkmale des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b oder c EStG vorliegen (Ermittlung des Anspruchszeitraums). Erst im Anschluss daran ist zu prüfen, ob die dem Anspruchszeitraum zuzurechnenden Einkünfte und Bezüge des Kinds den maßgeblichen Grenzbetrag übersteigen. Ein Kind, das als Unteroffiziersanwärter (Soldat auf Zeit) zum Telekommunikationselektroniker ausgebildet wird, befindet sich in einer Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (, BStBl 2007 II S. 247). Zur Berufsausbildung eines behinderten Kinds s. R 32.5 EStR, zu weiteren Einzelfragen vgl. H 32.5 EStH. Bei einem Au-pair-Verhältnis ist eine Berufsausbildung i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nach ständiger Rechtsprechung nur anzunehmen, wenn der Aufenthalt im Ausland mit einem Sprachunterricht von mindestens 10 Wochenstunden verbunden ist. Ausnahmsweise kann nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls das Unterschreiten der Grenze von 10 Unterrichtsstunden pro Woche unschädlich sein (, BFH/NV 2006 S. 2256).
cc) Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten
Eine für die Berücksichtigung des Kinds maßgebliche Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten liegt auch vor, wenn sich das Kind in einer Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildiensts oder einer der anderen in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG genannten Tätigkeiten befindet. Keine Übergangszeit liegt vor für volle Kalendermonate, in denen das Kind einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht (, BStBl 2006 II S. 305); s. jedoch , BStBl 2008 II S. 56 – Änderung der Rechtsprechung). Eine Vollzeiterwerbstätigkeit neben einem ernsthaft und nachhaltig betriebenen Studium schließt jedoch die Berücksichtigung als Kind in Berufsausbildung nicht aus. Die neben dem Studium erzielten Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit sind daher bei der Prüfung, ob der Jahresgrenzbetrag überschritten wird, einzubeziehen (vgl. auch NWB FAAAC-90729). Voraussetzung ist in diesen Fällen jedoch, dass im Anschluss an die Dienste oder Tätigkeiten eine Ausbildung aufgenommen oder fortgesetzt werden soll. Geht ein volljähriges Kind, das die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllt, einer Teilzeiterwerbstätigkeit von 20 Stunden in der Woche nach, besteht weiterhin eine typische Unterhaltssituation, die es rechtfertigt, für das Kind Kindergeld zu gewähren, sofern die Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen. Die Höhe der vom Kind erzielten Einkünfte und Bezüge ist für die Beurteilung, ob eine die Berücksichtigung als Kind ausschließende Vollzeiterwerbstätigkeit anzunehmen ist, nicht entscheidend (, BStBl 2008 II S. 702). Weitere Einzelheiten s. H 32.6 EStH. Kinder können bis zur Vollendung des 25. (bis 2006: 27.) Lebensjahrs auch in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen Ausbildungsabschluss und Beginn des gesetzlichen Wehrdiensts zu berücksichtigen sein, weil das Bestehen einer typischen Unterhaltssituation in derartigen kurzen Übergangszeiten nicht davon abhängt, ob die Ausbildung nach dem Wehrdienst noch fortgesetzt werden soll (, BStBl 2008 II S. 664).
dd) Fehlender Arbeits- oder Ausbildungsplatz
Ein Kind ohne Ausbildungsplatz ist nur zu berücksichtigen, wenn es sich ernsthaft um den Beginn oder die Fortsetzung seiner – erstmaligen oder erneuten – Berufsausbildung bemüht. Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Ein Ausbildungsplatz fehlt nicht nur, wenn das Kind noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, sondern auch, wenn dem Antritt des zugesagten Ausbildungsplatzes schul-, studien- oder betriebsorganisatorische Gründe entgegenstehen. Genügt das Kind den objektiven Anforderungen des Ausbildungsplatzes nicht oder ist ihm der Antritt eines bereitstehenden Ausbildungsplatzes aus anderen Gründen nicht möglich, kann von einem mangelnden Ausbildungsplatz nicht ausgegangen werden (, BStBl 2003 II S. 845). Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Kindergeld entgegenzuwirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben. Die Meldung eines ausbildungsuchenden volljährigen Kinds bei der Ausbildungsvermittlung der Agentur für Arbeit dient dafür regelmäßig als Nachweis. Die Meldung wirkt jedoch nur drei Monate fort. Nach Ablauf dieser Frist muss sich das Kind erneut als Ausbildungsuchender melden. Andernfalls kann das Kind ab dem Folgemonat nicht mehr berücksichtigt werden ( NWB IAAAC-90151).
Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind ohne Arbeitsplatz, welches das 18., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nur berücksichtigt, wenn es bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist. Diese Meldung wirkt nur drei Monate fort. Nach Ablauf dieser Frist muss sich das Kind erneut als Arbeitsuchender melden ( NWB HAAAC-86788). Allerdings kommt der Registrierung des arbeitsuchenden Kinds bzw. der daran anknüpfenden Bescheinigung der Agentur für Arbeit allein keine echte Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet hat bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat ( NWB QAAAD-08091).
Zum Kindergeldanspruch für ein arbeits- oder ausbildungsuchendes Kind unter Berücksichtigung der (NWB IAAAC-90151), und v. - III R 68/05 (NWB HAAAC-86788) s. ausführlich Greite, NWB F. 3 S. 15271 ff. NWB LAAAC-94129.
Zur Auswirkung einer vorübergehenden Vollzeiterwerbstätigkeit eines Kinds s. H 32.7 EStH; s. aber auch , BStBl 2008 II S. 56 – Änderung der Rechtsprechung. Ein Kind, das sich aus einer Erwerbstätigkeit heraus um einen Studienplatz bewirbt, kann ab dem Monat der Bewerbung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG beim Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen sein, wenn es sich bei der Tätigkeit nicht um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handelt (, III R 46/05, BStBl 2008 II S. 704).
ee) Freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr
Ein Kind, das ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr oder einen entsprechenden Dienst leistet, wird nur dann berücksichtigt, wenn dies im Rahmen der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG genannten Gesetze und Beschlüsse geschieht. Der abgeleistete Dienst muss den gesetzlichen Vorgaben des Jugendfreiwilligendienste-, des Zivildienstgesetzes oder den anderen in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG genannten Dienstformen entsprechen. Die Vorschrift kann nicht analog auf andere freiwillige soziale Dienste angewendet werden ( NWB KAAAD-23765). Auch eine analoge Anwendung der Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG auf nicht anerkannte Entsendeorganisationen ist nicht möglich (, rkr., EFG 2009 S. 1238).
Durch die Änderung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung v. (BGBl 2009 I S. 1959) wird sichergestellt, dass alle an dem seit dem geltenden neuen Freiwilligendienst aller Generationen teilnehmenden Personen bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs berücksichtigt werden können (§ 52 Abs. 40 Satz 6 EStG).
ff) Behinderte Kinder
Ein Kind, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, kann ohne Altersbegrenzung berücksichtigt werden, wenn die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahrs (bis 2006: 27. Lebensjahrs) eingetreten ist. Für die Übergangszeit seit Herabsetzung der Altersgrenze kann ein solches Kind auch berücksichtigt werden, wenn die Behinderung bereits vor dem und vor Vollendung seines 27. Lebensjahrs eingetreten ist (R 32.9 EStR 2008). Zum Begriff der Behinderung s. DA-FamEStG 63.3.6.1 Abs. 1, BStBl 2004 I S. 770. Die Behinderung muss ursächlich dafür sein, dass das Kind seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf nicht bestreiten kann. Dazu genügt nicht alleine der Grad der Behinderung. Es müssen besondere Umstände erkennbar sein, die darauf schließen lassen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann; maßgeblich sind insofern die Gesamtumstände des Einzelfalls ( NWB RAAAD-10745). Die Finanzverwaltung geht aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, wenn die Einkünfte und Bezüge den in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG genannten Grenzbetrag nicht überschreiten.
Zum notwendigen Lebensbedarf eines behinderten Kinds gehört der allgemeine Lebensbedarf (Grundbedarf in Höhe des Grenzbetrags nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) und der individuelle behinderungsbedingte Mehrbedarf (, BStBl 2000 II S. 79). Letzterer richtet sich nach dem Pauschbetrag für behinderte Menschen gem. § 33b Abs. 3 EStG (s. Tz. 262), wenn nicht ein höherer behinderungsbedingter Mehrbedarf nachgewiesen wird. Zusätzlich zu diesem Mehrbedarf in Höhe des Pauschbetrags für behinderte Menschen können auch ein Pflegebedarf in Höhe des gezahlten Pflegegelds, Fahrtkosten des Kinds und Betreuungsleistungen der Eltern anzuerkennen sein. Für die Prüfung, ob ein volljähriges blindes Kind i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist bei dem Vergleich seiner Einkünfte und Bezüge mit seinem existentiellen Lebensbedarf das Blindengeld zwar den zur Bestreitung des Lebensunterhalts geeigneten Bezügen zuzuordnen. Jedoch ist es bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs anstelle des Pauschbetrages für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG anzusetzen, wenn es der Höhe nach den Pauschbetrag übersteigt. Es ist zu vermuten, dass in Höhe des tatsächlich ausbezahlten Blindengelds ein behinderungsbedingter Mehraufwand besteht ( NWB IAAAC-19169). Für die dem notwendigen Lebensbedarf gegenüberzustellende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kinds kommt es auf seine eigenen Einkünfte und Bezüge sowie ggf. auf Leistungen Dritter an. Das Vermögen des Kinds spielt insofern keine Rolle. Bei der Prüfung, ob ein volljähriges behindertes Kind, welches das 25. (bis 2006: 27.) Lebensjahr vollendet hat, behinderungsbedingt außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist auf den Kalendermonat abzustellen (, BStBl 2007 II S. 248). S. Einzelheiten in H 32.9 EStH.
c) Eigene Einkünfte und Bezüge des Kinds
Ein Kind i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG, das eigene Einkünfte und Bezüge von mehr als 7.680 € (ab Veranlagungszeitraum 2010: 8.004 € im Kalenderjahr) hat (Freigrenze), wird nicht berücksichtigt. Dieser sog. Fallbeileffekt ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (). Dieser Jahresgrenzbetrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kinds notwendig und angemessen ist (zur Ländergruppeneinteilung s. , BStBl 2003 I S. 637, ergänzend , BStBl 2005 I S. 369, ab 2008: , BStBl 2008 I S. 936; für die Palästinensischen Gebiete ist die Ländergruppe 4 anzuwenden – NWB SAAAD-22076). Der Grenzbetrag soll die Kosten für die Lebensführung des Kinds umfassen und die Besteuerung der unterhaltsverpflichteten Eltern nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sicherstellen. Nach § 32 Abs. 4 Satz 10 EStG sind nicht auf Euro lautende Beträge entsprechend dem für Ende September des Jahrs vor dem Veranlagungszeitraum von der Europäischen Zentralbank bekannt gegebenen Referenzkurs umzurechnen. Die Umrechnungskurse nach dem Stand September 2008 sind durch das , BStBl 2009 I S. 363, bekannt gegeben worden.
Der Begriff der Einkünfte entspricht dem Einkünftebegriff nach § 2 Abs. 2 EStG, mit der Einschränkung, dass nach dem NWB CAAAB-84736 in verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sowohl die Einkünfte als auch die Bezüge nur insoweit bei der Ermittlung des Grenzbetrags einzubeziehen sind, als sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH werden bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sämtliche Zu- und Abflüsse in dem Kalenderjahr berücksichtigt, in dem sie anfallen. Lediglich innerhalb des Kalenderjahrs ist nicht nach dem Zuflusszeitpunkt, sondern nach der wirtschaftlichen Zurechnung zu bestimmen, auf welche Monate Einkünfte und Bezüge „entfallen”. Das gilt auch für Insolvenzgeld, wenn es zwar aufgrund einer beruflichen Tätigkeit im Vorjahr angefallen ist, jedoch erst im Folgejahr ausgezahlt wurde ( NWB UAAAC-48510). Einem Kind gewährte steuerpflichtige Personalrabatte gehören auch dann zu den Einkünften des Kinds, wenn das Kind diese an den Kindergeldberechtigten weitergibt ( NWB RAAAC-51994). Das an Kinder wegen der Geburt eines Kindes (= Enkels) gezahlte Elterngeld nach dem Bundeseltern- und Elternzeitgesetz ist in Höhe der Mindestbeträge ausdrücklich von der Zurechnung zu den Bezügen ausgenommen (R 32.10 Abs. 2 Nr. 2 EStR 2008). Daraus folgt, dass der Teil des Elterngelds, der diese Mindestbeträge übersteigt, insoweit den Bezügen zuzurechnen ist. Das , 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08 NWB SAAAD-00290) zur Pendlerpauschale hat auch Einfluss auf die Festsetzung von Kindergeld. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ist § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG im Wege der vorläufigen Festsetzung nach § 165 AO mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Pendlerpauschale wieder ab dem 1. Entfernungskilometer anzusetzen ist. Bescheide über die Aufhebung, Änderung oder Ablehnung der Festsetzung von Kindergeld, in denen ein Vorläufigkeitsvermerk entsprechend dem (BStBl 2008 I S. 278) enthalten ist, sind aufzuheben oder zu ändern, soweit durch die Berücksichtigung der ersten 20 Entfernungskilometer der Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unterschritten wird. Das genannte Schreiben v. 18. 1. 2008 wurde mit sofortiger Wirkung aufgehoben (, BStBl 2009 I S. 18). Durch das Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale v. (BGBl 2009 I S. 774, BStBl 2009 I S. 536) wurde zwischenzeitlich die alte Rechtslage wieder hergestellt. Die Entfernungspauschale ist rückwirkend ab dem ersten Entfernungskilometer anzusetzen. Zu weiteren verfahrensrechtlichen Folgerungen aus dem s. , BStBl 2009 I S. 539. Einzelheiten zur Entfernungspauschale s. (www.bundesfinanzministerium.de /nn_92/DE/BMF__Startseite/Aktuelles/BMF__Schreiben/Veroffentlichungen__zu__Steuerarten/lohnseuer/023.html).
In die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag sind jedenfalls diejenigen Beträge nicht einzubeziehen, die, wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge, von Gesetzes wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht verfügbar sind und deshalb keine Entlastung bei den Eltern bewirken können. Daher sind abzuziehen:
Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. , BStBl 2005 I S. 1027),
Beiträge des Kinds zu einer freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (, BStBl 2007 II S. 527),
Beiträge des Kinds zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung, mit denen der von der Beihilfe nicht freigestellte Teil der beihilfefähigen Aufwendungen für ambulante, stationäre und zahnärztliche Behandlung abgedeckt wird (, BStBl 2007 II S. 530).
Das gilt auch dann, wenn das Kind im Rahmen einer Familienversicherung mitversichert ist ( NWB EAAAD-25241; Revision wurde zugelassen).
Beitragsermäßigungen und Prämienrückzahlungen aus einer gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen sind nicht in den Bezügen zu erfassen, soweit diese Rückzahlungen die Versicherungsbeiträge des Kinds gemindert haben (R 32.10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStR 2008).
Nicht abzuziehen sind:
die einbehaltene Lohn- und Kirchensteuer,
die Beiträge zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung, (R 32.10 Abs. 1 Satz 3 EStR 2008)
Aufwendungen des Kinds als freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung,
Beiträge zu einer privaten Rentenversicherung, wenn sich das Kind in Ausbildung befindet und in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, sowie
Beiträge zu einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung
(, BStBl 2007 II S. 527; , BStBl 2008 II S. 738; NWB RAAAC-90122; NWB JAAAC-89495). Im Übrigen sind die Einkünfte und Bezüge, auch soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts nicht zur Verfügung stehen oder ihre Verfügungsbefugnis beschränkt ist, weiterhin bei der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen (R 32.10 Abs. 1 EStR).
Nicht anzurechnen sind ferner Einkünfte, soweit sie für besondere Ausbildungszwecke verwendet werden (§ 32 Abs. 4 Satz 5 EStG), da der Grenzbetrag keinen Ausbildungsmehrbedarf (besondere Ausbildungskosten) umfasst. Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, sind insbesondere Leistungen für Studiengebühren im Ausland, Reisekosten bei Freiwilligendiensten, Büchergeld usw. (R 32.10 Abs. 3 EStR 2008). Studentenwerksbeiträge und Semestergebühren sind besondere Ausbildungskosten ( NWB SAAAC-62839; Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 70/08).
Zu den Bezügen, die bei der Ermittlung der Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag zu berücksichtigen sind, gehören alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung erfasst werden. Dies sind nichtsteuerbare und für nach §§ 3, 3b EStG steuerfrei erklärte Einnahmen sowie nach §§ 40, 40a EStG pauschal versteuerter Arbeitslohn, außerdem steuerfreie Gewinne nach den §§ 14, 16 Abs. 4 EStG, § 17 Abs. 3 EStG und § 18 Abs. 3 EStG, die nach § 19 Abs. 2 EStG und § 20 Abs. 4 EStG steuerfrei bleibenden Einkünfte sowie Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, soweit sie die höchstmöglichen AfA nach § 7 EStG übersteigen. Im Einzelnen s. § 32 Abs. 4 Satz 4 EStG; R 32.10 Abs. 2 EStR; H 32.10 EStH „Anrechnung eigener Bezüge”.
Sofern nicht höhere Kosten nachgewiesen werden, wird von Amts wegen eine Kostenpauschale in Höhe von 180 € von den Bezügen abgezogen (R 32.10 Abs. 3 EStR). Im Rahmen der Grenzbetragsberechnung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG mindern Unterhaltsleistungen des Kinds an sein Kind (= Enkelkind) die Einkünfte und Bezüge des Kinds; Unterhaltsleistungen des Kinds an seinen Ehegatten (= Schwiegerkind) mindern die Einkünfte und Bezüge des Kinds dagegen nicht ( NWB GAAAC-79160, rkr.). Der nach § 14b Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) als Zusatzleistung für Auszubildende mit Kind gezahlte Kinderbetreuungszuschlag bleibt bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des/der Auszubildenden i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG außer Ansatz. Er ist insbesondere nicht als Bezug anzusetzen (DA-FamEStG 63.4.2.6 (Ausbildungshilfen) Abs. 4 Satz 4 Nr. 4). Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sind bei der Einkünfteermittlung im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ( NWB JAAAC-89495).
Der Grenzbetrag ermäßigt sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kinds an keinem Tag vorliegen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass bei der Kürzung des Grenzbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen der volle Kalendermonat berücksichtigt wird, auch wenn die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Kinds nur in einem Teil des Kalendermonats vorliegen. Einkünfte und Bezüge des Kinds bleiben außer Ansatz, wenn sie auf Monate entfallen, in denen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes an keinem Tag vorliegen. S. auch § 32 Abs. 4 Satz 6–8 EStG und H 32.10 EStH „Aufteilung der eigenen Einkünfte und Bezüge”.
Ein Verzicht auf Teile der zustehenden Einkünfte und Bezüge ist ohne Einfluss auf den Grenzbetrag (s. auch , BStBl 2003 II S. 746).
d) Verlängerung des Berücksichtigungszeitraums
§ 32 Abs. 5 EStG sieht für Arbeit suchende Kinder und für Kinder, die sich in einer Berufsausbildung oder einer Übergangszeit von vier Monaten befinden (Fälle des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. a oder b EStG) die Verlängerung des Berücksichtigungszeitraums über das 21. oder 25. Lebensjahr (bis 2006: 27. Lebensjahr) hinaus vor. Voraussetzung ist, dass das betreffende Kind den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst, einen entsprechenden Dienst im Ausland geleistet, sich stattdessen freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat oder als Entwicklungshelfer tätig war (§ 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–3 EStG). Der Berücksichtigungszeitraum kann um einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, maximal jedoch um einen der gesetzlichen Dauer entsprechenden Zeitraum verlängert werden.
Die Verlängerung kommt nicht in Betracht, wenn während der vorgenannten Dienste oder Tätigkeit das Kind zugleich die Voraussetzungen der Berücksichtigungstatbestände nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt oder die eigenen Einkünfte oder Bezüge zu hoch sind. Eine Verlängerung der für den Eintritt einer Behinderung maßgeblichen Altersgrenze gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG kommt nicht in Betracht (, BStBl 2005 II S. 756).
Tz. 251 Freibeträge für Kinder
a) Voraussetzungen und Höhe
Der Steuerpflichtige erhält für jedes zu berücksichtigende Kind einen Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kinds und einen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kinds. Je Kind beträgt der Kinderfreibetrag 1.824 € (ab Veranlagungszeitraum 2009: 1.932 €; § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG i. d. F. des FamLeistG) und der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kinds 1.080 €. Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, erhalten die doppelten Freibeträge, insgesamt also 5.808 € (ab Veranlagungszeitraum 2009: 6.024 €), wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis nach § 32 Abs. 1 EStG steht. Dies gilt auch, wenn der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht oder wenn der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des anderen Elternteils nicht zu ermitteln oder der Vater des Kinds amtlich nicht feststellbar ist (s. § 32 Abs. 6 Satz 2 und 3 EStG; R 32.12 EStR).
Die Freibeträge für Kinder mindern sich für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen an keinem Tag vorliegen, um ein Zwölftel. Des Weiteren sind sie zu kürzen, soweit sie nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat eines nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Kinds nicht notwendig und angemessen sind (zur Ländergruppeneinteilung s. , BStBl 2003 I S. 637; , BStBl 2005 I S. 369; ab 2008: , BStBl 2008 I S. 936; für die Palästinensischen Gebiete ist die Ländergruppe 4 anzuwenden – NWB SAAAD-22076).
Die Freibeträge für Kinder sind bei der Veranlagung zur Einkommensteuer vom Einkommen abzuziehen; s. Tz. 13. Zur Berücksichtigung des Kinderfreibetrags bei der Lohnsteuer s. § 39 EStG.
b) Übertragung der Freibeträge
Sowohl der Kinderfreibetrag als auch der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf sind übertragbar. Bei dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern oder bei Eltern eines nichtehelichen Kinds kann auf Antrag eines Elternteils der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen werden. Voraussetzung ist, dass der Antrag stellende Elternteil, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt. Das ist der Fall, wenn er sie mindestens zu 75 % erfüllt.
Insofern wird zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt unterschieden. Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kinds beizutragen, i. d. R. durch die Pflege und Erziehung des Kinds. Der andere Elternteil, der das Kind nicht in seiner Obhut hat, ist grds. zur Leistung von Barunterhalt verpflichtet. Die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf. Bei minderjährigen Kindern kann dieser Freibetrag auch unabhängig vom Kinderfreibetrag übertragen werden, wenn er dem Elternteil zusteht, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, und der andere Elternteil einen entsprechenden Antrag stellt.
Auch wenn Stief- und Enkelkinder nicht nach § 32 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen sind, sieht § 32 Abs. 6 Satz 7 EStG die Möglichkeit vor, dass die Freibeträge für Kinder auf Antrag auch auf einen Stief- oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat; s. dazu Tz. 309.
Zu Einzelfragen wie z. B. dem Verfahren zur Übertragung der Freibeträge s. NWB TAAAC-64369.
II. Tarif und tarifliche Begünstigungen
Tz. 252 Einkommensteuertarif
a) Grundtarif
Die tarifliche Einkommensteuer bemisst sich nach dem zu versteuernden Einkommen. § 32a Abs. 1 Satz 1 EStG ist damit die Korrespondenzregelung zu § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG. Die Höhe der Einkommensteuer bestimmt sich vorbehaltlich der Regelungen des § 32b EStG (Progressionsvorbehalt), des § 34 EStG (Steuerbegünstigung außerordentlicher Einkünfte), des § 34b EStG (Steuerbegünstigung außerordentlicher Einkünfte aus Forstwirtschaft) und des § 34c EStG (Steuerermäßigung bei ausländischen Einkünften). Der Einkommensteuertarif ist ein linear-progressiver Tarif mit einem Grundfreibetrag, einem Eingangssteuersatz von 15 % (ab dem Veranlagungszeitraum 2009 14 %) und einem Spitzensteuersatz von 45 %. Der Grundfreibetrag beträgt für den Veranlagungszeitraum 2008: 7.664 €, für den Veranlagungszeitraum 2009: 7.834 € und ab dem Veranlagungszeitraum 2010: 8.004 €.
b) Splittingtarif
§ 32a Abs. 5 EStG regelt das Splittingverfahren bei zusammenveranlagten Ehegatten (§§ 26, 26b EStG). Die Anwendung des Splittingtarifs ist keine besondere steuerliche Vergünstigung für zusammenlebende Ehegatten, sondern entspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Zusammenlebende Ehegatten bilden eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teilhat (s. u. a., BStBl 1982 II S. 717). Die Einkommensteuer wird ermittelt, indem der auf die Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens entfallende und nach der Grundtabelle ermittelte Steuerbetrag verdoppelt wird.
§ 32a Abs. 6 EStG bestimmt die entsprechende Anwendung des Splittingverfahrens für verwitwete Steuerpflichtige im Veranlagungsjahr, das dem Jahr des Tods des Ehegatten folgt („Gnadensplitting”), sowie für einen Steuerpflichtigen im Kalenderjahr der Auflösung seiner Ehe in Fällen der Wiederverheiratung des bisherigen Ehegatten, wenn sowohl in der bisherigen Ehe die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung erfüllt waren und der bisherige Ehegatte und sein neuer Ehegatte ebenfalls die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung erfüllen. Das gilt nicht, wenn eine Ehe durch Tod aufgelöst worden ist und die Ehegatten der neuen Ehe die besondere Veranlagung nach § 26c EStG wählen (§ 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).
Wegen weiterer Einzelheiten s. H 32a EStH.
Tz. 253 Progressionsvorbehalt
a) Persönlicher Anwendungsbereich
Der Progressionsvorbehalt ist auf zeitweise oder während des ganzen Veranlagungszeitraums unbeschränkt Steuerpflichtige, ferner auf beschränkt Steuerpflichtige anzuwenden, für die § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG maßgebend ist. Zu den unbeschränkt Steuerpflichtigen gehören auch die nach den § 1 Abs. 3 und § 1a EStG als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandelnden Personen. Durch § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG wird für Arbeitnehmer, die Staatsbürger eines EU- oder EWR-Staats sind, die Möglichkeit eröffnet, eine Einkommensteuerveranlagung zu beantragen.
b) Dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte und Bezüge
§ 32b EStG umfasst mehrere unterschiedliche Fallgruppen, die sich teilweise überschneiden. Dem Progressionsvorbehalt unterliegen
die in § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Lohn- und Einkommensersatzleistungen sowie Sozialleistungen. Die Aufzählung ist abschließend;
ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben. Die Regelung gilt nur für Fälle der zeitweise unbeschränkten Steuerpflicht einschließlich der in § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG genannten Fälle;
Einkünfte, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen oder einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind, oder bei der Anwendung von § 1 Abs. 3 EStG, § 1a EStG, § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 EStG i. d. F. des JStG 2009 (bis einschließlich VZ 2007: § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG) im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, wenn deren Summe positiv ist.
Die Einbeziehung des Krankengelds, das ein freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versicherter Steuerpflichtiger erhält, in den Progressionsvorbehalt gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ist verfassungsgemäß ( NWB NAAAD-09894). Zur Erhebung und Mitteilung der Identifikationsnummer für Fälle des § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG vgl. § 52 Abs. 43a Satz 4 bis 8 EStG i. d. F. des Steuerbürokratieabbaugesetzes – SteuBAG – v. (BGBl 2008 I S. 2850). Zur steuerlichen Behandlung des von Organen der EU gezahlten EU-Tagegelds für in ihrem Bereich verwendete Beamte vgl. , BStBl 2006 I S. 340. Das nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz gezahlte Elterngeld unterliegt auch dann dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe j EStG, wenn nur der Sockelbetrag nach § 2 Abs. 5 BEEG gezahlt wird (, JURIS).
c) Ermittlung des besonderen Steuersatzes
Das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen wird um die Progressionsbezüge vermehrt oder vermindert und der so ermittelte (höhere oder geringere) Steuersatz auf das zu versteuernde Einkommen angewendet. Nach § 32b Abs. 2 EStG ist der besondere Steuersatz der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um
im Fall des § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG die Summe der Lohn- und Einkommensersatzleistungen nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar ist; eine Kürzung um Sozialversicherungsbeiträge erfolgt nicht ( NWB TAAAC-34901; Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 78/06). Aufgrund der Änderung des § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 wird beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern der Grundfreibetrag weiterhin gewährt. Infolge dessen wird bei ihnen auch die Anwendung des Progressionsvorbehalts auf Einkünfte beibehalten, die bei der Veranlagung unberücksichtigt bleiben;
im Fall des § 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG die ausländischen Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben und die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Einkünfte, ausgenommen die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte. Auch bei zeitweise unbeschränkter Steuerpflicht wird ein Progressionsvorbehalt auf Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen steuerfrei sind, nicht angewendet, wenn dieser nicht ausdrücklich in diesem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen vereinbart wurde;
im Fall des § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG die Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind. Ab Veranlagungszeitraum 2008 gilt das nicht für Einkünfte aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte, aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG i. d. F. des JStG 2009 erfüllt, aus der Vermietung und Verpachtung oder von Sachinbegriffen, wenn diese in einem anderen Staat als in einem Drittstaat belegen sind, aus der entgeltlichen Überlassung von Schiffen, sofern diese (fast) ausschließlich in einem anderen als in einem Drittstatt eingesetzt worden sind, es sei denn es handelt sich um bestimmte Handelsschiffe (§ 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG i. d. F. des JStG 2009) sowie für Einkünfte aus dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder der Übertragung eines zu einem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts i. S. des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 EStG i. d. F. des JStG 2009. § 2a Abs. 2a EStG i. d. F. des JStG 2009 zur Definition der Drittstaaten und der unter die Regelung für Drittstaaten fallenden Körperschaften und Kapitalgesellschaften ist sinngemäß anzuwenden (§ 32b Abs. 1 Satz 2 und 3 i. V. mit § 52 Abs. 43a Satz 2 EStG i. d. F. des JStG 2009); s. auch Tz. 15 (3) zu § 2a EStG;
im Fall des § 32b Abs. 1 Nr. 4 EStG die Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind;
im Fall des § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG die Einkünfte, die bei Anwendung von § 1 Abs. 3 EStG oder § 1a EStG oder § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 EStG i. d. F. des JStG 2009 (bis einschließlich VZ 2007: § 50 Abs. 5 Satz 2 EStG) nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind, sind stets nach dem neuen § 32b Abs. 1 Nr. 4 EStG im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind. Daraus folgt, dass auch in Fällen von § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG ein Progressionsvorbehalt für Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen steuerfrei sind, nicht berücksichtigt wird, wenn dieser nicht ausdrücklich in diesem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen vereinbart wurde. Mit der Änderung des § 32b Abs. 1 Nr. 5 EStG durch das Jahressteuergesetz 2008 wird die Einschränkung, dass nur positive Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen seien, aufgehoben. Dadurch wird mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ein negativer Progressionsvorbehalt zugelassen. Nach § 52 Abs. 43a Satz 1 EStG ist diese Regelung bei Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der EU oder eines Staats, auf den das Abkommen über den EWR anwendbar ist, die im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, auf Antrag auch für Veranlagungszeiträume vor 2008 anzuwenden, soweit Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind.
Einkünfte aus der Beteiligung an einer gewerblich tätigen ausländischen Personengesellschaft, die nach Maßgabe eines Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland steuerfrei sind, sind auch dann als dem Progressionsvorbehalt unterliegende gewerbliche Einkünfte der inländischen Gesellschafter anzusehen, wenn die ausländische Personengesellschaft in dem anderen Vertragsstaat als dem Sitzstaat der Gesellschaft als juristische Person besteuert wird (, BStBl 2007 II S. 521, zu einer Kommanditgesellschaft tschechischen Rechts). Durch die dargestellte Neuregelung ab Veranlagungszeitraum 2008 durch § 32b Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG i. d. F. des JStG 2009 wird die gemeinschaftsrechtlich erforderliche Neuregelung des § 2a EStG (hierzu Tz. 15 (3)) ergänzt. Dadurch werden der negative und der positive Progressionsvorbehalt bei bestimmten innerhalb der Mitgliedstaaten der EU oder des EWR-Abkommens verwirklichten Tatbeständen, in denen Einkünfte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind, ausgeschlossen. In diesen Fällen werden in Bezug auf diese Staaten erzielte Gewinne und erlittene Verluste bei der Ermittlung des Steuersatzes nicht berücksichtigt. Dabei wird davon ausgegangen, dass Auslandsverluste unter dem Gesichtspunkt der EG-Grundfreiheiten im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts nicht berücksichtigt werden müssen, wenn im Gegenzug auch Auslandseinkünfte im Rahmen des positiven Progressionsvorbehalts nicht berücksichtigt werden.
Die Höhe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte ist nach deutschem Recht zu ermitteln. Dabei sind die dort vorgesehenen Abzugsbeschränkungen zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur für Beschränkungen, die sich daraus ergeben, dass die betreffenden Einkünfte nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen bzw. abkommensrechtlich steuerbefreit sind (, BStBl 2007 II S. 756).
§ 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG stellt sicher, dass eine doppelte Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sowohl bei den inländischen als auch bei den ausländischen Einkünften ausscheidet. Auch wird verhindert, dass steuerfreie ausländische Einkünfte auch dann um die tatsächlich angefallenen Werbungskosten zu kürzen sind, wenn bei der Ermittlung des im Inland zu versteuernden Einkommens der Arbeitnehmer-Pauschbetrag gewährt wurde. Es dürfen nur die Werbungskosten angesetzt werden, die insgesamt (Summe der Werbungskosten zu inländischem und ausländischem Arbeitslohn) einen bei der Ermittlung der inländischen Einkünfte bereits berücksichtigten Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigen.
Vorab entstandene Werbungskosten im Zusammenhang mit einer beabsichtigten nichtselbständigen Tätigkeit im Ausland sind nicht in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einzubeziehen, wenn die Einkünfte aus der beabsichtigten Tätigkeit nicht der deutschen Besteuerung unterliegen. Sie sind jedoch in einem solchen Fall bei der Bemessung des anzuwendenden Steuersatzes im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen, wenn dies nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen wird (, BStBl 2007 II S. 756). Im Ausland (Luxemburg) geleistete Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung sind im Inland bei Anwendung des Progressionsvorbehalts nicht steuermindernd zu berücksichtigen ( NWB MAAAC-92056).
Zum Zusammentreffen von Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG und positivem Progressionsvorbehalt s. Tz. 265.
Durch die vorrangige Anwendung des Progressionsvorbehalts kann auch ein zu versteuerndes Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags der Einkommensteuer unterliegen (, BStBl 2001 II S. 778). Ausländische Verluste können den Steuersatz der inländischen Einkünfte mindern. Durch diesen negativen Progressionsvorbehalt kann der Steuersatz bis auf Null sinken. Der Verlustabzug darf allerdings nicht gesetzlich ausgeschlossen sein (s. z. B. §§ 2a, 15a, 15b EStG).
§ 32b Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG korrigiert die bislang unsystematischen Ergebnisse aufgrund der Erhöhung des Steuersatzes für Spitzenverdiener mit einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 250.000 € um 3 Prozentpunkte und der gleichzeitigen Ausnahme der Gewinneinkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG durch den Entlastungsbetrag nach § 32c EStG. Der besondere Steuersatz für den Anteil des zu versteuernden Einkommens, der auf die Gewinneinkünfte entfällt, ist nicht nach dem Höchststeuersatz gem. § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG, sondern lediglich nach dem bisherigen Höchststeuersatz nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG zu berechnen.
Durch Änderung des bisherigen § 32b Abs. 3 EStG und Zusammenfassung mit dem bisherigen § 32b Abs. 4 EStG durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde die Mitteilungspflicht der Träger der Sozialleistungen neu geregelt. Danach ist vorgesehen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Leistungen künftig unter Angabe der Identifikationsnummer nach § 139b AO elektronisch zu übermitteln. Das Bundeszentralamt für Steuern wird diese Nummern voraussichtlich ab 2008 vergeben. Seitens der Sozialleistungsträger ist eine angemessene Vorlaufzeit erforderlich. § 52 Abs. 43a EStG regelt daher, dass das BMF den Zeitpunkt der erstmaligen Übermittlung der Mitteilungen durch ein Schreiben mitteilen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die Datenübermittlung für das Insolvenzgeld sowie die Bescheinigung für die übrigen dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Leistungen nach dem bisherigen Recht fortgeführt werden.
Tz. 254 Tarifbegrenzung bei Gewinneinkünften
§ 32c EStG enthält befristet für das Jahr 2007 (§ 52 Abs. 44 EStG) einen tariflichen Entlastungsbetrag für Gewinneinkünfte in Höhe von 3 % für zu versteuernde Einkommen oberhalb 250.000 €. Die Entlastung gleicht die seit 2007 geltende Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 % für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit aus, weil diese Einkünfte mit einem spezifisch unternehmerischen Risiko behaftet sind. Die Entlastung ist wegen der Unternehmensteuerreform auf das Jahr 2007 begrenzt (vgl. auch Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. , BGBl 2007 I S. 1912, BStBl 2007 I S. 630). Die Tarifbegünstigung erfasst auch Sondervergütungen i. S. von § 5a Abs. 4a Satz 3 i. V. mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (, BStBl 2008 II S. 180).
Zur Berechnung der Entlastung wird der Anteil der Gewinneinkünfte am zu versteuernden Einkommen durch eine Verhältnisrechnung ermittelt. Dabei bemisst sich der Anteil nach dem Verhältnis der Gewinneinkünfte zur Summe der Einkünfte. Liegen negative Einkünfte vor, die nicht zu den Gewinneinkünften gehören (z. B. Verluste aus Vermietung und Verpachtung), kann es vorkommen, dass die Summe der Gewinneinkünfte höher ist als die Summe der Einkünfte. Es ergäbe sich ein Anteilssatz der Gewinneinkünfte von über 100 %. Der Anteil der Gewinneinkünfte an der Summe der Einkünfte darf daher nach § 32c Abs. 1 Satz 3 EStG höchstens 100 % betragen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gewinneinkünfte: | ||||||
Einkünfte aus
Gewerbebetrieb | 6.000.000 € | |||||
Einkünfte aus selbständiger Arbeit | - 2.000.000 € | |||||
Überschusseinkünfte: | ||||||
Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung | -
2.000.000 € | |||||
Summe der
Gewinneinkünfte | 4.000.000 € | |||||
Summe der Einkünfte
(Gewinn- und Überschusseinkünfte) | 2.000.000 € |
Der Anteil der Gewinneinkünfte an der Summe der Einkünfte beträgt nach § 32c Abs. 1 Satz 3 EStG 100 %.
§ 32c Abs. 1 Satz 4 EStG nimmt Einkünfte, die nach §§ 34, 34b EStG ermäßigt besteuert werden, aus der Entlastung aus. Ein Bedarf für eine zusätzliche Ermäßigung nach § 32c EStG liegt in diesen Fällen insoweit nicht vor. Außerordentliche Einkünfte i. S. der §§ 34, 34b EStG werden daher ausschließlich nach den für sie geltenden ermäßigten Tarifen besteuert.
Nach § 32c Abs. 3 EStG beträgt der Entlastungsbetrag bei zusammen veranlagten Ehegatten das Zweifache des Entlastungsbetrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt. Bei der Verhältnisrechnung sind die Ehegatten gemeinsam als Steuerpflichtiger zu behandeln. Eine entsprechende Berechnung ist durchzuführen bei Steuerpflichtigen, für die aus Gründen des § 32a Abs. 6 EStG die Splittingtabelle anzuwenden ist (§ 32c Abs. 3 Satz 3 EStG).
Die Regelungen des § 32c Abs. 1–3 EStG, sind immer dann nicht anzuwenden sind, wenn der Steuersatz nach § 32b EStG zu ermitteln ist (§ 32c Abs. 4 EStG). Wenn sich im Veranlagungszeitraum 2007 bei tarifbegünstigten außerordentlichen Einkünften nach § 34 Abs. 2 EStG aufgrund der Wirkungsweise des § 34 Abs. 1 EStG und des § 32c EStG eine höhere Steuerlast als bei einer Berücksichtigung derselben Einkünfte als laufende Gewinneinkünfte ergeben hat, muss zwingend eine Günstigerprüfung vorgenommen werden (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 014/2009 v. ).
Tz. 255 Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen
a) Grundsatz
§ 32d EStG i. V. mit § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG und § 52a Abs. 1 EStG und 15 EStG führt mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht unter § 20 Abs. 8 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 fallen, einen gesonderten Steuertarif in der Form einer 25 %igen Abgeltungsteuer zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer ein (§ 32d Abs. 1 EStG). Individuelle Werbungskosten im Zusammenhang mit privaten Kapitaleinkünften können dann grds. nicht mehr abgezogen werden. Lediglich ein pauschaler Werbungskostenabzug in Höhe von 801 € bzw. 1.602 € ist noch zugelassen (§ 20 Abs. 9 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008).
Nach § 20 Abs. 8 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 sind Einkünfte der in § 20 Abs. 1, 2 und 3 EStG bezeichneten Art den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen, soweit sie zu diesen Einkünften gehören („Subsidiaritätsregelung”). Die Abgeltungsteuer gilt daher ausschließlich für natürliche Personen, die Finanzanlagen im Privatvermögen halten. Entsprechend wurde für diese Kapitaleinkünfte das sog. Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG a. F. mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 abgeschafft; vgl. auch Tz. 22 (33). Nach § 32d Abs. 1 Satz 2 EStG i. V. mit Abs. 5 EStG ist die ausländische Steuer bei ausländischen Kapitalerträgen auf die deutsche Steuer anzurechnen. Sie verringert insoweit effektiv den Steuersatz von 25 %. Im Fall der Kirchensteuerpflicht vermindert sich der Steuersatz von 25 % als Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer nach Maßgabe und Berechnung des § 32d Abs. 1 Satz 4 EStG. Die grds. als Sonderausgaben abziehbare Kirchensteuer wird dadurch bereits bei der Bemessung des Steuersatzes für die Abgeltungsteuer berücksichtigt. Damit werden Kapitalerträge, bei denen nicht der Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen wird, mit Kapitalerträgen gleichbehandelt, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterfallen und bei denen die gezahlte Kirchensteuer nach § 43a Abs. 1 Satz 2 EStG beim Steuerabzug steuermindernd berücksichtigt wird. Die Kirchensteuer im Rahmen des besonderen Steuersatzes kann nach Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht zusätzlich als Sonderausgabe abgezogen werden.
Zur Erhebung der Kirchensteuer vgl. im übrigen § 51a Abs. 2b–2d EStG i. V. mit den jeweiligen Kirchensteuergesetzen der Länder, Tz. 302.
b) Ausnahmeregelungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG
Der gesonderte Steuertarif gilt nicht für die folgenden Kapitalerträge (§ 32d Abs. 2 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008):
Einnahmen aus stiller Beteiligung und partiarischen Darlehen, es sei denn, es liegt Mitunternehmerschaft vor (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), sowie die Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die solche Erträge erzielen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG);
Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt, und unabhängig von der Bezeichnung sowie der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Außerdem gilt der gesonderte Steuertarif nicht für die Gewinne aus der Veräußerung solcher Kapitalforderungen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG).
Es müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:
Gläubiger und Schuldner sind einander nahe stehende Personen (Ehegatten, Kinder; § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG),
der Anteilseigner ist an der schuldnerischen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zu mindestens 10 % beteiligt oder der Gläubiger ist eine dem Anteilseigner nahe stehende Person (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG), oder
es handelt sich um eine sog. Back-to-back-Finanzierung. Das sind Fälle, in denen einem Unternehmen Fremdkapital zugeführt wird, obwohl Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden könnte, das aber stattdessen als private Kapitalanlage verwendet wird. Durch die Zwischenschaltung eines Kreditinstituts können auf der einen Seite Fremdkapitalzinsen genutzt werden, um den steuerpflichtigen Unternehmensgewinn zu senken, während auf der anderen Seite die Kapitalerträge nur dem günstigeren abgeltenden Steuersatz unterliegen. Die gesetzliche Ausnahmeregelung für eine solche Finanzierungsart vermeidet daher das Steuersatzgefälle zwischen den progressiv besteuerten gewerblichen Gewinnen und dem proportionalen Abgeltungssteuersatz zur Erzielung von wirtschaftlichen Vorteilen.
Durch die Ausnahmeregelung von der Abgeltungsteuer sollen Gestaltungen verhindert werden, bei denen aufgrund der Steuersatzspreizung betriebliche Gewinne, z. B. in Form von Darlehenszinsen, abgesaugt werden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungsteuersatz reduziert würde. Unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens sollen steuerlich unverzerrt bleiben. Die Regelung zur Back-to-back-Finanzierung ist durch das Jahressteuergesetz 2008 dahingehend geändert worden, dass das sog. Hausbankprinzip nun nicht mehr gefährdet sein soll. Zum einen wird der Anwendungsbereich der Regelung nicht mehr auf den Einbankenfall begrenzt, sondern sowohl der Doppelbankenfall als auch weitere Umgehungsfälle erfasst. Darüber hinaus wird nunmehr bestimmt, dass für einen Ausschluss der Abgeltungsteuer nicht nur formal auf den Abschluss von Kredit und Einlage abzustellen ist, sondern ein Zusammenhang zwischen Kapitalanlage und -überlassung bestehen muss (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008). Außerdem ist die Abgeltungsteuer auch nicht anwendbar, wenn die Kapitalanlage im Zusammenhang mit einer Kapitalüberlassung an den Betrieb eines Dritten steht, der eine bestimmte Nähebeziehung zum Gläubiger aufweist (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008). Wann ein solcher Zusammenhang vorliegt ist in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. c Satz 3 ff. EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008 definiert. Das Gesetz spricht darin von einem einheitlichen Plan (vgl. hierzu ausführlich Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages v. , BT-Drucks. 16/7036, S. 18 ff.). Ein solcher Zusammenhang ist danach zu bejahen, wenn die Kapitaleinlage bei einem Kreditinstitut im engen Zusammenhang mit einer Kapitalüberlassung des Kreditinstituts an ein Einzelunternehmen oder an eine Mitunternehmerschaft oder an eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft erfolgt, an der der Einlegende oder eine ihm nahe stehende Person zu mindestens 10 % beteiligt ist. Von einem Zusammenhang ist nicht auszugehen, wenn die Zinsvereinbarungen marktüblich sind oder die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes beim Steuerpflichtigen zu keinem Belastungsvorteil führen würde. Die Regelung ist für die Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung sowie von sonstigen Einkünften sinngemäß anzuwenden.
Auf Kapitaleinkünfte, die unter § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008 fallen, findet das Verbot der Verlustverrechnungsregelung des § 20 Abs. 6 EStG sowie die Regelung über den Sparer-Pauschbetrag mit Abzugsverbot der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG, jeweils i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 keine Anwendung (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG). Da diese Kapitaleinkünfte dem allgemeinen Einkommensteuertarif unterliegen, gelten für sie auch die allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Verlustverrechnungs- und Verlustausgleichsregelungen sowie die allgemeinen Regelungen über den Abzug von Werbungskosten.
c) Ausnahmeregelungen des § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG
Der gesonderte Steuertarif der Abgeltungsteuer gilt auch nicht für Leistungen aus Lebensversicherungen, bei denen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG nur die Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen der Versicherungsleistung und den geleisteten Beiträgen als Ertrag anzusetzen ist. Von dieser Regelung betroffen sind nach dem abgeschlossene Lebensversicherungsverträge, bei denen die Versicherungsleistung nach der Vollendung des 60. Lebensjahrs und nach Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsabschluss erfolgt. Diese sind nach den allgemeinen Regelungen gemeinsam mit den übrigen Einkünften aus den anderen Einkunftsarten der progressiven Besteuerung zu unterwerfen. Auch in diesen Fällen, findet das Verbot der Verlustverrechnungsregelung des § 20 Abs. 6 EStG keine Anwendung.
d) Ausnahmeregelungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG
Mit dem Jahressteuergesetz 2008 wurde eine weitere Ausnahmeregelung eingefügt. Sie enthält eine Optionsmöglichkeit zur Anwendung des allgemeinen Einkommensteuertarifs bei typischerweise unternehmerischen Beteiligungen (Gewinnanteile, Dividenden, Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten usw. nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sowie Bezüge, die nach der Auflösung einer Körperschaft oder Personenvereinigung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG anfallen und die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen, § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, jeweils i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Berücksichtigt werden damit Sachverhaltsgestaltungen, in denen der Anteilserwerb nicht als bloße Kapitalanlage erfolgt, sondern ein eigenes unternehmerisches Interesse dahinter steht, wie z. B. bei einem umfangreichen Beteiligungserwerb im Rahmen eines „management buy out” oder bei dem Erwerb eines Anteils an einer Berufsträgerkapitalgesellschaft. Der Erwerber hat damit auf Antrag die Möglichkeit, seine Dividendeneinkünfte – vergleichbar einer Beteiligung im Betriebsvermögen – dem progressiven Einkommensteuertarif unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens zu unterwerfen. Optiert der Steuerpflichtige zu dieser Besteuerungsform, gilt für ihn insoweit auch nicht das Verbot der Verlustverrechnungsregelung des § 20 Abs. 6 EStG sowie die Regelung über den Sparer-Pauschbetrag mit Abzugsverbot der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG, jeweils i. d. F. des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008. Damit kann der Steuerpflichtige z. B. seine Fremdfinanzierungskosten auch oberhalb der Grenze des Sparer-Pauschbetrags geltend machen.
Die Berechtigung, von dem Optionsrecht Gebrauch zu machen, haben Steuerpflichtige, die im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar
zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind oder
zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig sind.
Die Verfahrensregelungen enthält § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 3–6 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008. Danach ist der Antrag spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen. Er gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den er gestellt worden ist, und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen neu zu belegen sind. Nach Ablauf dieses Fünfjahreszeitraums ist der Antrag mit Darlegung der Voraussetzungen erneut zu stellen. Für den Fall eines Widerrufs hat der Steuerpflichtige die entsprechende Erklärung spätestens mit der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum abzugeben, für den die Option erstmals nicht mehr angewandt werden soll. Wurde die Anwendung der Ausnahmeregelung einmal widerrufen, ist ein erneuter Optionsantrag des Steuerpflichtigen für diese Beteiligung nicht mehr zulässig. Diese Bindung soll das steueroptimierte Hin und Her zwischen Regelanwendung und Ausnahme verhindern. Sollte der Steuerpflichtige seine Anteile vollständig veräußert haben und zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine entsprechend große Beteiligung erwerben, kann er erneut den Optionsantrag stellen, auch wenn es sich um eine Beteiligung am selben Unternehmen handelt.
Der Antrag kann nur einheitlich für sämtliche Anteile an der jeweiligen Beteiligung gestellt werden. Ein Aufsplitten ist nicht möglich. Das gilt auch in den Fällen, in denen weitere Anteile hinzu erworben werden.
Der Vorteil, von dem Optionsrecht Gebrauch zu machen, liegt z. B. darin, dass die Werbungskosten voll abgezogen werden können.
e) Erklärungspflicht für steuerpflichtige Kapitalerträge, die nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben
§ 32d Abs. 3 EStG enthält die Erklärungspflicht für steuerpflichtige Kapitalerträge, die nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben. Diese sind vom Steuerpflichtigen in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Für diese Kapitalerträge erhöht sich die tarifliche Einkommensteuer (für die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte) um die nach § 32d Abs. 1 EStG ermittelte Abgeltungsteuer. Hiervon betroffen sein können z. B. Veräußerungsgewinne aus GmbH-Anteilen oder ausländische Zinseinkünfte.
f) „Kleine” Veranlagungsoption
§ 32d Abs. 4 EStG eröffnet dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuerregelung unterliegen, in die Veranlagung mit einzubeziehen (Wahlrecht). Die Berechnung erfolgt dann wie zuvor im Zusammenhang mit § 32d Abs. 3 EStG beschrieben. D. h., dass sich die tarifliche Einkommensteuer (für die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte) entsprechend um die nach Maßgabe des gesonderten Steuertarifs ermittelte Abgeltungsteuer erhöht. Der bisherige Steuereinbehalt wird auf die so ermittelte Abgeltungsteuer angerechnet und es kann zu einer Steuererstattung kommen (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG). In folgenden Fällen kann es sinnvoll sein, von dem Wahlrecht Gebrauch zu machen:
Geltendmachen eines Verlustvortrags nach § 20 Abs. 6 EStG (§ 43a Abs. 3 EStG),
Korrektur der Festsetzung der Abgeltungsteuer wegen noch nicht berücksichtigter Kirchensteuer,
Gegenrechnung von Anschaffungskosten in Veräußerungsfällen, die das depotführende Institut noch nicht berücksichtigt hatte (§ 43a Abs. 2 Satz 7 EStG),
Ausschöpfen des Sparer-Pauschbetrags,
Anrechnung noch nicht berücksichtigter ausländischer Steuern,
Überprüfung des Steuereinbehalts dem Grunde oder der Höhe nach.
g) Anrechnung ausländischer Steuern
In Fällen, in denen steuerpflichtige Kapitalerträge nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben (§ 32d Abs. 3 EStG), sowie in Fällen der „kleinen” Veranlagungsoption (§ 32d Abs. 4 EStG) ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die auf ausländische Kapitalerträge festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer, jedoch höchstens 25 % ausländische Steuer, auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf den einzelnen Kapitalertrag entfällt (§ 32d Abs. 5 Satz 1 EStG i. d. F. des JStG 2009). Durch die Neuformulierung des § 32d Abs. 5 Satz 2 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 wird klargestellt, dass diese Berechnung der anzurechnenden Steuer auch für den Fall der sog. fiktiven Quellensteuer gilt. § 32d Abs. 5 Satz 3 EStG bestimmt, dass die sog. „per country limitation” im Rahmen der Abgeltungssteuer nicht zur Anwendung kommt. Außerdem kann die deutsche Steuer durch die Anrechnung nur bis auf 0 € reduziert werden. Zu einer Erstattung kann es nicht kommen. Wer zur Anrechnung befugt ist, was ausländische Einkünfte sind und welche ausländische Steuer angerechnet werden kann, ist vorrangig dem Doppelbesteuerungsabkommen zu entnehmen.
h) Veranlagungsoption
Nach § 32d Abs. 6 EStG hat der Steuerpflichtige eine Veranlagungsoption. Er kann beantragen, dass die nach § 20 EStG ermittelten Kapitaleinkünfte – abweichend von § 32d EStG – den übrigen Einkünften hinzugerechnet und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, wenn dies zu einer niedrigeren Steuer führt. Das Finanzamt prüft im Rahmen der Steuerfestsetzung von Amts wegen, ob die Anwendung der allgemeinen Regelungen, insbesondere unter Berücksichtigung des Grundfreibetrags und des Altersentlastungsbetrags, zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung führt (Günstigerprüfung). Der Antrag ist im Rahmen der Veranlagung zu stellen und kann nur einheitlich für sämtliche Kapitalerträge und bei zusammenveranlagten Ehegatten nur für sämtliche Kapitalerträge beider Ehegatten gestellt werden. Auch in diesen Fällen ist also ein Aufsplitten nicht möglich. Sollte die Günstigerprüfung negativ ausfallen, gilt der Antrag als nicht gestellt. Die Anrechnungsregelungen des § 32d Abs. 5 EStG gelten im Falle der Veranlagungsoption entsprechend (§ 32d Abs. 6 Satz 2 EStG i. d. F. des JStG 2009). Die ausländischen Steuern werden dabei nur bis zur Höhe der auf die Kapitalerträge entfallenden tariflichen Einkommensteuer berücksichtigt. Hierbei wird die auf die Kapitalerträge entfallende Einkommensteuer – abweichend von der Vorgehensweise in § 34c EStG – dadurch bestimmt, dass auf die durch die Kapitalerträge verursachte zusätzliche tarifliche Steuer abgestellt wird.
§ 20 Abs. 9 EStG gilt auch für diese Fälle. Folglich kann durch die Veranlagungsoption nicht erreicht werden, dass die tatsächlichen Werbungskosten abgezogen werden können. Es ist nur der Abzug des Sparer-Pauschbetrags möglich.
Zu den Änderungen bei der Abgeltungssteuer durch das Jahressteuergesetz 2008 vgl. ausführlich Schmidt/Wänger NWB, F. 3 S. 14939 ff. NWB TAAAC-69599.
Tz. 256 Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastungen
a) Allgemeines
Aus dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ergibt sich, dass auch Ausgaben, die außerhalb der Einkommenserzielung – also im privaten Bereich – anfallen und für den Steuerpflichtigen unvermeidbar sind, einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden müssen (, 1335/78, 1104/79, 363/80, BStBl 1982 II S. 717; Beschluss v. - 1 BvL 10/80, BStBl 1984 II S. 357). Das EStG unterscheidet dabei zwischen den speziell geregelten außergewöhnlichen Belastungen in besonderen Fällen (§§ 33a, 33b und 33c EStG) und den sonstigen (allgemeinen) außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 EStG). § 33 EStG soll dabei in Ergänzung zu den §§ 10 und 32a Abs. 1 EStG entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben sicherstellen, dass die Besteuerung erst jenseits des Existenzminimums einsetzt (, BStBl 2004 II S. 47).
Betriebsausgaben, Werbungskosten und abziehbare Sonderausgaben einerseits und Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung andererseits schließen sich nach § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG gegenseitig aus. Aufwendungen, die durch eine Diätverpflegung entstehen, können nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG in keinem Fall als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Das gilt auch für Sonderdiäten, die – z. B. bei Zöliakie – eine medikamentöse Behandlung ersetzen (, BStBl 2007 II S. 880).
b) Belastung
§ 33 Abs. 1 EStG setzt voraus, dass dem Steuerpflichtigen aufgrund außergewöhnlicher sowie dem Grunde und der Höhe nach zwangsläufiger Aufwendungen eine Belastung entsteht. Ein Ereignis in seiner persönlichen Lebenssphäre muss ihn zu Aufwendungen zwingen, die er tatsächlich und endgültig selbst zu tragen hat (, BStBl 1997 II S. 491). Aufwendungen entstehen durch bewusste und gewollte Vermögensverwendungen in Form von Geldausgaben oder Zuwendungen von Sachwerten. Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung kommt nur für den Veranlagungszeitraum in Betracht, in dem der Steuerpflichtige die Aufwendungen geleistet hat. § 11 Abs. 2 EStG gilt auch für außergewöhnliche Belastungen (, BStBl 1982 II S. 744). Für Beträge, die zur Bestreitung zukünftiger Ausgaben (z. B. Rücklagen für Krankheitskosten) angesammelt werden, liegen Aufwendungen erst im Zeitpunkt der späteren Verausgabung der angesammelten Beträge vor (, BStBl 1955 III S. 43). Werden Aufwendungen mittels Darlehen finanziert, kommt eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung bereits im Zeitpunkt der Verausgabung in Betracht (, BStBl 1988 II S. 814). Zinsen für ein derartiges Darlehen können ebenfalls im Jahr ihrer Verausgabung als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, soweit die Darlehensaufnahme selbst zwangsläufig erfolgt ist (, BStBl 1990 II S. 958).
Aufwendungen stellen jedoch keine Belastung dar, wenn der Steuerpflichtige zum Ausgleich seiner Aufwendungen steuerfreie Zuwendungen in Geld oder Geldeswert erhält. Dies ist z. B. bei Versicherungsleistungen oder Erbschaften der Fall. Steht den Aufwendungen ein wirtschaftlich erfassbarer Gegenwert oder ein nicht nur vorübergehenden Vorteil gegenüber, liegt ebenfalls keine endgültige Belastung des Steuerpflichtigen vor (, BStBl 1992 II S. 290, zur Ersatzbeschaffung von Mobiliar und Bettwäsche; NWB JAAAC-43353, zum Anbau eines behindertengerechten Fahrstuhls an ein Einfamilienhaus). Behindertengerechte Umbaumaßnahmen können aber auch ohne Gegenwert sein, z. B. wenn der Steuerpflichtige infolge einer Erkrankung gezwungen ist, noch neue Gegenstände auszuwechseln. Dann kann nicht nur ein Gegenwert fehlen, weil der Steuerpflichtige nichts erhält, was er nicht schon vorher besessen hatte; es kann vielmehr auch der Entschluss zu diesen Aufwendungen ausschließlich durch die Krankheit bedingt und damit zwangsläufig sein (, BStBl 1992 II S. 290; , BStBl 1997 II S. 491; NWB QAAAC-64597, rkr.) Eine Ausnahme vom Gegenwertgedanken gilt nur für Aufwendungen zur Wiederbeschaffung existenznotwendiger Gegenstände (Wohnung, Hausrat, Kleidung) oder zur Schadensbeseitigung an solchen Gegenständen im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen (, BStBl 1995 II S. 104). Bei der Neuanschaffung bzw. der Schadensbeseitigung handelt es sich nicht um eine Vermögensumschichtung, sondern um einen endgültigen Wertverlust (sog. verlorener Aufwand). S. auch R 33.2 EStR.
c) Außergewöhnlichkeit
Sowohl die Aufwendungen als auch das verursachende Ereignis müssen außergewöhnlich sein. Dies trifft grds. nur auf solche Aufwendungen zu, die nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen und daher nur einer kleinen Minderheit entstehen (, BStBl 1995 II S. 774). Im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen werden daher die typischen, regelmäßigen und üblichen Lebensführungskosten nicht erfasst (vgl. zuletzt , BStBl 2008 II S. 287, zur Versagung der Abzugsmöglichkeit der Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder, die zwar als zwangsläufig, nicht jedoch als außergewöhnlich anzusehen sind; hierzu ausführlich Greite NWB, F. 3 S. 14981 ff. NWB BAAAC-72783).
Eine Fallgruppe bilden die für die Behandlung einer Krankheit entstehenden Kosten. Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde noch der Höhe nach geprüft. Durch diese typisierende Anerkennung als außergewöhnliche Belastung soll ein unzumutbares Eindringen in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen vermieden werden (, BStBl 2006 II S. 495). Der Nachweis ist im Allgemeinen durch die Vorlage der Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen (R 33.4 Abs. 1, 1. Spiegelstrich EStR). Werden Aufwendungen für eine Bade- oder Heilkur, für psychotherapeutische Behandlungen, für eine behinderungsbedingte auswärtige Unterbringung eines Kinds, für die Notwendigkeit der Betreuung alter oder hilfloser Steuerpflichtiger durch eine Begleitperson, für medizinische Hilfsmittel, die zu den allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens zählen oder für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden geltend gemacht, sind die Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen durch amtsärztliches Attest nachzuweisen. Für eine Augen-Laser-Operation ist keine Vorlage eines solchen Attests mehr notwendig (R 33.4 Abs. 1 EStR 2008). In Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass nicht nur die Aufwendungen einer verheirateten empfängnisunfähigen Frau für Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung durch sog. In-vitro-Fertilisation als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, sonst auch diejenigen einer nicht verheirateten Frau, wenn die Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen werden (, BStBl 2007 II S. 871). Solche Aufwendungen sind zwar nicht zwangsläufig, wenn sie durch die Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten hätten abgewendet werden können. Einer nicht verheirateten Frau ist es aber im Regelfall nicht zuzumuten, gegen die Ablehnung der Kostenübernahme ihres Versicherers eine nahezu aussichtlose Klage zu erheben mit der Folge, dass die Aufwendungen im Rahmen des § 33 EStG geltend gemacht werden können ( NWB CAAAC-83307). Aufwendungen für das Fällen von Birken wegen Birkenpollenallergie des minderjährigen Kinds können unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden ( NWB PAAAC-51999).
Die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenwohnheim rechnen regelmäßig zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung. Dagegen sind Aufwendungen für die Pflege eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen ebenso wie Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung. Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz v. 28. 5. 2008 (BGBl 2008 I S. 874) wurde der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu gefasst und eng mit dem Begutachtungsverfahren verbunden. In § 45a SGB XI wurde der Personenkreis erweitert, der den zusätzlichen Betreuungsbetrag nach § 45b SGB XI in Anspruch nehmen kann. Der zusätzliche Leistungsbetrag für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wurde angehoben und der Kreis der Leistungsberechtigten auf die sog. Pflegestufe-0-Fälle ausgedehnt. Zu den Aufwendungen infolge Pflegebedürftigkeit und erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz zählen sowohl Kosten für die Beschäftigung einer ambulanten Pflegekraft und/oder die Inanspruchnahme von Pflegediensten, von Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege, der Kurzzeitpflege oder von nach Landesrecht anerkannten niedrigschwelligen Betreuungsangeboten als auch Aufwendungen zur Unterbringung in einem Heim (R 33.3 Abs. 2 EStR 2008). Ist der Steuerpfichtige in einem Heim untergebracht, sind die tatsächlich angefallenen Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn sie von den zu den Kosten der üblichen Lebensführung rechnenden Kosten für die Unterbringung abgrenzbar sind. Sind mit dem von allen Heimbewohnern zu entrichtenden Pauschalentgelt für die Heimunterbringung auch Pflegeleistungen abgegolten, kann das Entgelt nicht in übliche als Kosten der Lebensführung zu behandelnde Unterbringungskosten und außergewöhnliche Krankheits-/Pflegekosten aufgeteilt werden. Nur die gesondert in Rechnung gestellten Pflegesätze, die das Heim mit dem Sozialhilfeträger für pflegebedürftige Personen vereinbart hat, können als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (, BStBl 2007 II S. 764). Aufwendungen für die Unterbringung in einem sozialtherapeutischen Heim können nur dann als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn der dortige Aufenthalt krankheitsbedingt ist ( NWB YAAAC-58995; Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 76/07). Pflegekosten von Personen, bei denen der Schweregrad der Pflegebedürftigkeit nicht nach §§ 14, 15 SGB XI besteht, und die ambulant gepflegt werden, können ohne weiteren Nachweis auch dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn sie von einem anerkannten Pflegedienst nach § 89 SGB XI gesondert in Rechnung gestellt worden sind (R 33.3 Abs. 1 Satz 3 EStR 2008).
d) Zwangsläufigkeit
Wesensbestimmendes Merkmal der außergewöhnlichen Belastung ist darüber hinaus, dass die Aufwendungen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zwangsläufig entstanden sind. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die in § 33 Abs. 2 EStG aufgeführten rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründe von außen auf die Entschließung des Steuerpflichtigen in einer Weise einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann (, BStBl 1978 II S. 147).
Eine rechtliche Verpflichtung zu einer Leistung kann sich aus Gesetz, Verwaltungsakt oder Vertrag ergeben. Zu den tatsächlichen Gründen für eine Zwangslage gehören elementare unabwendbare Ereignisse wie Brand, Unwetter, Hochwasser, Vertreibung. Auch Krankheitskosten entstehen zwangsläufig aus tatsächlichen Gründen; die Gerichte unterstellen jedoch im Allgemeinen ohne nähere Prüfung die Zwangsläufigkeit. Eine sittliche Verpflichtung ist nur dann anzunehmen, wenn nach dem Urteil der Mehrzahl billig und gerecht denkender Menschen ein Steuerpflichtiger sich zu einem solchen Verhalten verpflichtet sehen kann. Sittlich zu billigende oder besonders anerkennenswerte Gründe allein reichen deshalb nicht aus. Das sittliche Gebot muss vielmehr ähnlich einem Rechtszwang von außen her als eine Forderung oder zumindest eine Erwartung der Gesellschaft in der Weise in Erscheinung treten, dass die Unterlassung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben kann. S. z. B. , BStBl 1987 II S. 715.
Es kommt bei der Würdigung des Sachverhalts nicht allein auf die Zwangsläufigkeit der Zahlungsverpflichtung an. Die Aufwendungen sind vielmehr nur zwangsläufig, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist (z. B. , BStBl 1996 II S. 596). Aufwendungen entstehen daher nicht zwangsläufig, wenn es der Steuerpflichtige unterlassen hat, eine allgemein übliche und ihm zumutbare Versicherung zur Schadensminderung abzuschließen (z. B. , BStBl 2004 II S. 47). Strafverteidigungskosten, die auf einer Honorarvereinbarung beruhen, sind keine außergewöhnliche Belastung, wenn sie nicht von der Staatskasse getragen werden. Zur Strafverteidigung notwendig und angemessen sind nur Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach den Vorschriften des Kostenrechts zu erstatten sind ( NWB PAAAC-64823). Weitere zahlreiche Tatbestände, bei denen die Zwangsläufigkeit anerkannt oder abgelehnt werden, sind in H 33.1–33.4 EStH gelistet.
Die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen ist auch hinsichtlich der Höhe zu prüfen. Hierbei kommt es darauf an, ob die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Dieser Betrag ist notfalls unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zu schätzen. Rechtsprechung und Verwaltung haben in verschiedenen Fällen Obergrenzen für die Berücksichtigung von Aufwendungen aufgestellt (z. B. bei behinderungsbedingten Fahrtkosten, Bestattungskosten, Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung).
e) Ausgeschlossene Aufwendungen
Aufwendungen, die ihrer Art nach zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören oder unter § 4f oder § 9 Abs. 5 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009: § 9 Abs. 5 oder § 9c EStG i. d. F. des FamLeistG) fallen, können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Dabei ist es gleichgültig, ob sie sich steuerlich tatsächlich ausgewirkt haben (, BStBl 1992 II S. 290; , BStBl 1992 II S. 293). Für Berufsausbildungskosten und Schulgeldzahlungen gilt das Abzugsverbot nur der Höhe nach, nämlich soweit sie im Rahmen der Höchstbeträge als Sonderausgaben abgezogen werden können und im Übrigen die Voraussetzungen des § 33 EStG vorliegen. Andere Sonderausgaben, die infolge einer Abzugsbegrenzung nicht abzugsfähig sind, z. B. Unterhaltsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (, BStBl 2001 II S. 338).
f) Zumutbare Belastung
Von den – dem Grunde und der Höhe nach zwangsläufigen – anzuerkennenden Aufwendungen kann nur der Betrag als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, der die zumutbare Belastung übersteigt. Durch die Anrechnung der nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der Kinder gestaffelten zumutbaren Belastung wird dem Steuerpflichtigen zugemutet, entsprechend seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit, einen Teil der Aufwendungen selbst zu tragen (, BStBl 1966 III S. 242). Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (, DB 1988 S. 368).
Die Höhe der zumutbaren Belastung ergibt sich aus der Anwendung eines Prozentsatzes auf den Gesamtbetrag der Einkünfte. Der maßgebende Prozentsatz staffelt sich nach der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der Kinder, für die der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld hat. Weil der Gesamtbetrag der Einkünfte die Bemessungsgrundlage darstellt, bleiben steuerfreie Einkünfte und Bezüge, für die die Lohnsteuer pauschal erhoben wird, außer Ansatz.
Zu außergewöhnlichen Belastungen und den Chancen ihrer steuerlichen Berücksichtigung s. ausführlich Fischer, NWB F. 3 S. 15277 ff. NWB IAAAC-94130.
Tz. 257 Außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen
§ 33a EStG enthält abschließend bestimmte Einzeltatbestände von außergewöhnlichen Belastungen, die für eine gesetzliche Typisierung besonders geeignet sind. In den Fällen des § 33a Abs. 1–3 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009: § 33a Abs. 1 und 2 EStG; vgl. Tz. 260, b) kommt eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG nicht in Betracht. Durch die typisierenden Regelungen wird der Abzug bestimmter Beträge vom Gesamtbetrag der Einkünfte – abweichend von § 33 EStG – ohne Berücksichtigung der zumutbaren Belastung gewährt.
Tz. 258 Aufwendungen für Unterhalt und/oder Berufsausbildung
a) Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen
Nach § 33a Abs. 1 EStG werden die zwangsläufig erwachsenen typischen Unterhaltskosten, d. h. die üblichen für den Lebensunterhalt des Empfängers bestimmten Aufwendungen (z. B. für Ernährung, Wohnung, Kleidung, Körperpflege), Steuer mindernd berücksichtigt. Auch gelegentliche oder einmalige Leistungen können dazu gehören, wenn sie nicht als Unterhaltsleistungen für Vormonate und nicht zur Deckung des Unterhaltsbedarfs für das Folgejahr berücksichtigt werden. Die Abfindung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten fällt ebenfalls unter § 33a Abs. 1 EStG. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige dazu verpflichtet ist (, BStBl 1961 III S. 76, und NWB FAAAC-92242). Keine typischen Unterhaltsaufwendungen sind z. B. Aufwendungen für Geräte der Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte (, BStBl 1991 II S. 73). Entstehen für eine unterhaltene Person besondere, über den Lebensunterhalt hinausgehende Kosten, wie z. B. Krankheitskosten, kann hierfür eine Steuerermäßigung nur nach § 33 EStG in Anspruch genommen werden (, BStBl 1988 II S. 830, und NWB FAAAC-92242). Dabei richtet sich die Abgrenzung der typischen von den untypischen Unterhaltsaufwendungen nach deren Anlass und Zweckbestimmung, nicht nach deren Zahlungsweise.
Unterhaltsleistungen werden jedoch nur als außergewöhnliche Belastung anerkannt, soweit sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Unterhaltsleistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs für sich und ggf. für seine Ehefrau und seine Kinder verbleiben (sog. Opfergrenze); vgl. , BStBl 1986 II S. 852). Gegenüber Kindern und Ehegatten gilt diese Opfergrenze nicht. Auch Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen an seine mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebende, mittellose Lebenspartnerin sind ohne Berücksichtigung der sog. Opfergrenze als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG abziehbar (gegen BStBl 2003 I S. 243; NWB VAAAC-92241).
Auch Kosten für eine Berufsausbildung gehören zu den begünstigten Aufwendungen. Eine Abgrenzung zum Freibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG ist nicht erforderlich, weil die weiteren Tatbestandsmerkmale eine doppelte Begünstigung ausschließen.
b) Unterhaltsberechtigte Personen
Der Abzug als außergewöhnliche Belastung beschränkt sich auf Unterhaltsleistungen an Personen, die gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten nach den Vorschriften des BGB gesetzlich unterhaltsberechtigt sind. Hierzu gehören Verwandte in gerader Linie, Ehegatten (auch getrennt lebende oder geschiedene), Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie (zeitlich beschränkt) die Mutter eines nichtehelichen Kinds gegenüber dessen Vater. Für die Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG reicht es aus, wenn die unterhaltenen Personen zum Kreis der unterhaltsberechtigten Personen gehört. Es spielt keine Rolle, ob gegenüber dem Steuerpflichtigen ein vorrangiger Unterhaltsanspruch besteht. Unterhaltsaufwendungen für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten sind regelmäßig nach § 33a Abs. 1 EStG abzugsfähig, wenn der unterhaltene Ehegatte nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Ansonsten erfolgt die Ehegattenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG; s. Tz. 245.
Den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen sind Personen gleichgestellt, denen zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden. Dies ist z. B. bei eheähnlichen Gemeinschaften oder bei in Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten und Verschwägerten der Fall, wenn die hilfsbedürftige Person wegen des Zusammenlebens keine Sozialhilfe erhält (§ 20 SGB XII) oder ihr das Arbeitslosengeld II gekürzt oder versagt wird (§ 9 Abs. 2 SGB II). S. hierzu , BStBl 2003 I S. 243.
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können Unterhaltsaufwendungen nur nach Maßgabe des § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung ergibt sich aus § 5 LPartG (, BStBl 2006 II S. 883).
c) Kein Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag für Kinder
Eine weitere Voraussetzung für die Berücksichtigung der Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung ist, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person einen Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG für die unterhaltene Person haben. Dem Familienleistungsausgleich wird gegenüber der Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG Vorrang eingeräumt. Die Anwendung des § 33a Abs. 1 EStG ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf Kindergeld nicht geltend gemacht wird.
d) Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers
Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 BGB). Dies ist dem Grunde nach der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte die ihm zur Verfügung stehenden Quellen, wie insbesondere die eigene Arbeitskraft, ausgeschöpft hat und die eigenen Mittel nicht zum Lebensunterhalt ausreichen (, BStBl 1978 II S. 340).
In R 33a.1 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 EStR wird aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Bedürftigkeit der unterstützten Person typisierend unterstellt, wenn sie
unbeschränkt einkommensteuerpflichtig,
dem Grunde nach unterhaltsberechtigt,
tatsächlich unterhalten wird und
die übrigen Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG vorliegen.
Ist die unterstützte Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, kommt es hingegen darauf an, ob die Unterhaltsleistungen notwendig und angemessen sind. Bei Personen im erwerbsfähigen Alter ist davon auszugehen, dass sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen (, BStBl 2005 II S. 483). Hierzu hat die unterhaltsberechtigte Person ihre Arbeitskraft als die ihr zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung stehende Quelle in ausreichendem Maße auszuschöpfen (sog. Erwerbsobliegenheit). Für nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen im erwerbsfähigen Alter werden daher grds. keine Unterhaltsaufwendungen anerkannt (zu weiteren Einzelheiten vgl. , BStBl 2006 I S. 217). Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen für seinen bedürftigen ausländischen Lebenspartner können nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG abziehbar sein, wenn der Partner bei Inanspruchnahme von Sozialhilfe damit rechnen müsste, keine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten und ausgewiesen zu werden (, BStBl 2007 II S. 41).
Darüber hinaus kann der Abzug als außergewöhnliche Belastung nur erfolgen, wenn der Unterhaltsempfänger kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Ein Vermögen bis zu einem Verkehrswert von 15.500 € kann noch als geringfügig angesehen werden (s. R 33a.1 Abs. 2 EStR).
e) Höhe der abziehbaren Aufwendungen
Die Unterhaltsaufwendungen können auf Antrag bis zu einem Höchstbetrag von 7.680 € (ab Veranlagungszeitraum 2010: 8.004 €) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 erhöht sich dieser Betrag um die im jeweiligen Veranlagungszeitraum für die Absicherung der unterhaltsberechtigten Person für die Krankenversicherung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG i. d. Fassung des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung v. (BGBl 2009 I S. 1959) aufgewandten Beträge, es sei denn, dass diese Beträge bereits als Sonderausgaben i. S. der genannten Regelung des § 10 EStG anzusetzen sind. Auf den Höchstbetrag sind die eigenen Einkünfte oder Bezüge der unterhaltenen Person anzurechnen, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Sie vermindern den Höchstbetrag jedoch nur, soweit sie den Betrag von 624 € im Kalenderjahr übersteigen. Der Höchstbetrag wird darüber hinaus gekürzt um die Zuschüsse, die die unterhaltene Person als Ausbildungsbeihilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogen hat.
Unter Einkünften sind solche i. S. des § 2 Abs. 2 EStG zu verstehen. Sie sind anzurechnen, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Dies ist regelmäßig der Fall, auch wenn die Verfügungsbefugnis beschränkt ist (z. B. bei vermögenswirksamen Leistungen). Die einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge stehen allerdings nicht zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung und mindern damit die anzurechnenden Einkünfte ( NWB CAAAB-84736).
Bezüge sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung erfasst werden. Auch die Bezüge sind nur anrechenbar, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Vor der Anrechnung von Bezügen auf den Höchstbetrag ist aus Vereinfachungsgründen eine Kostenpauschale von 180 € abzuziehen, wenn nicht höhere Aufwendungen im Zusammenhang mit den Bezügen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden (, BStBl 2006 I S. 217, Rz. 30).
Leben Steuerpflichtige und Unterhaltsempfänger in einem gemeinsamen Haushalt, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass Unterhaltsaufwendungen in Höhe des Abzugshöchstbetrags erwachsen.
Werden Unterhaltsleistungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen geleistet, richtet sich der abziehbare Höchstbetrag nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaats der unterhaltenen Person; der inländische Höchstbetrag darf jedoch nicht überschritten werden. Nur die Frage, ob der Steuerpflichtige gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, ist nach inländischen Maßstäben zu beurteilen. Die Verwaltung hat für die Höchstbeträge in den verschiedenen Ländern eine Ländergruppeneinteilung veröffentlicht (, BStBl 2003 I S. 637; , BStBl 2005 I S. 369; ab 2008: , BStBl 2008 I S. 936; für die Palästinensischen Gebiete ist die Ländergruppe 4 anzuwenden – NWB SAAAD-22076). Zu den Beweisanforderungen für Unterhaltszahlungen an Angehörige in ausländischen Krisengebieten, s. , BStBl 2005 II S. 483. Zu weiteren Einzelheiten zur Berücksichtigung von Aufwendungen für den Unterhalt von Personen im Ausland als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG vgl. , BStBl 2006 I S. 217.
Zahlt der Steuerpflichtige für mehrere Personen Unterhalt, ist der abziehbare Höchstbetrag grds. für jede unterhaltene Person getrennt zu ermitteln. Dies gilt auch, wenn die Unterhaltsempfänger in einem gemeinsamen Haushalt leben. Einheitlich erbrachte Unterhaltsleistungen sind gleichmäßig nach Köpfen aufzuteilen. S. auch H 33a.1 EStH „Unterhalt für mehrere Personen”.
Werden Aufwendungen für eine unterhaltene Person von mehreren Steuerpflichtigen getragen, ermäßigt sich für jeden Steuerpflichtigen der abziehbare Betrag auf den Anteil, der seinem Anteil an den Unterhaltsleistungen entspricht.
Zur zeitanteiligen Berücksichtigung des Höchstbetrags s. Tz. 261.
Tz. 259 Ausbildungsfreibetrag
Der Ausbildungsbedarf eines Kinds ist grds. durch die Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG abgegolten. Lediglich zur Berücksichtigung des Sonderbedarfs eines volljährigen und auswärtig untergebrachten Kinds, das sich in Berufsausbildung befindet, kann ein Freibetrag von 924 € als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein.
a) Voraussetzungen in der Person des Steuerpflichtigen
Der Steuerpflichtige muss für ein volljähriges Kind Anspruch auf einen Freibetrag für Kinder oder Kindergeld haben. Nach dem Gesetzeswortlaut ist es nicht notwendig, dass der Steuerpflichtige die Freibeträge für Kinder oder das Kindergeld auch tatsächlich erhält (a. A. R 33a.2 Abs. 1 EStR). Der Ausbildungsfreibetrag wird – entgegen dem Gesetzeswortlaut – nur auf Antrag gewährt; dies ergibt die Auslegung der Vorschrift. Beschränkt Steuerpflichtige können den Ausbildungsfreibetrag gem. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG steuerlich nicht geltend machen.
b) Voraussetzungen in der Person des Kinds
Das Kind muss volljährig sein. Das gilt auch dann, wenn ein Kind aufgrund einer Hochbegabung bereits vor Erreichen der Volljährigkeit mit einem auswärtigen Studium beginnt (, rkr. NWB MAAAD-21605).
Das volljährige Kind muss sich in Berufsausbildung befinden und auswärtig untergebracht sein. Der Begriff der Berufsausbildung ist zwar gesetzlich nicht definiert, ist aber mit dem in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendeten Begriff „Ausbildung für einen Beruf” gleichbedeutend (R 33a.2 Abs. 2 EStR). Danach befindet sich in Berufsausbildung, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet (, BStBl 1999 II S. 706). Die Tätigkeit im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahrs ist grds. nicht als Berufsausbildung zu beurteilen. Für den Zeitraum, in dem das Kind ein freiwilliges soziales Jahr leistet, steht den Eltern daher kein Ausbildungsfreibetrag zu (, BStBl 2006 II S. 294).
Eine auswärtige Unterbringung setzt sowohl die räumliche als auch wirtschaftliche Ausgliederung des Kinds aus dem Haushalt der Eltern voraus, so dass eine Teilnahme an deren häuslichem Leben nicht mehr stattfindet. Auf die Gründe für die auswärtige Unterbringung kommt es nicht an. Die Voraussetzung ist beispielsweise beim Bezug einer Studentenzimmers, einer weiteren Wohnung des Steuerpflichtigen oder bei einer Unterbringung in einer Ganztagspflegeschule erfüllt. Ein länger dauernder Besuch bei den Eltern während der Ferienzeit ist unschädlich. Die auswärtige Unterbringung erfordert eine gewisse eine Dauerhaftigkeit.
c) Höhe des Freibetrags
Der Freibetrag beträgt 924 € je Kalenderjahr. Auf die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, dass überhaupt Aufwendungen für die Berufsausbildung entstanden sind. Für nicht unbeschränkt steuerpflichtige Kinder sind gem. § 33a Abs. 2 Satz 3 EStG der Freibetrag von 924 € und der für die Anrechnung der Einkünfte und Bezüge unschädliche Betrag von 1.848 € entsprechend den Verhältnissen des Wohnsitzstaats umzurechnen (s. zur Ländergruppeneinteilung , BStBl 2003 I S. 697; , BStBl 2005 I S. 369; ab 2008: , BStBl 2008 I S. 936; für die Palästinensischen Gebiete ist die Ländergruppe 4 anzuwenden – NWB SAAAD-22076).
Der Freibetrag ist um die eigenen Einkünfte und die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmten oder geeigneten Bezüge des Kinds i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 und 4 EStG zu vermindern, soweit diese 1.848 € (Jahresbetrag des Kindergelds) im Kalenderjahr übersteigen. Die Vermögenslage des Kindes ist unbeachtlich. Zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge s. Tz. 250, c.
Einkünfte und Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, sind jedoch in die Ermittlung der anzurechnenden Beträge einzubeziehen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Studiengebühren für ein Auslandsstudium, die dementsprechend nicht bei Ermittlung der Einkünfte und Bezüge abgezogen werden können.
Ferner ist der Freibetrag in vollem Umfang um Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln oder um Zuschüsse von Fördereinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, zu vermindern. Der anrechnungsfreie Betrag von 1.848 € ist dabei nicht zu berücksichtigen. Stipendien aus dem ERASMUS/SOKRATES-Programm der EU mindern den Ausbildungsfreibetrag nicht (, BStBl 2002 II S. 793).
Zur zeitanteiligen Berücksichtigung des Freibetrags s. Tz. 261.
d) Aufteilung des Freibetrags
Der Ausbildungsfreibetrag wird für jedes Kind insgesamt nur einmal gewährt. Er kann jedoch auf mehrere Berechtigte aufgeteilt werden. Zusammenveranlagte Ehegatten erhalten den Freibetrag also zusammen. Bei geschiedenen oder verheirateten, aber dauernd getrennt lebenden Eltern gilt der Halbteilungsgrundsatz, d. h. der Freibetrag wird jedem Elternteil, dem Aufwendungen für die Berufsausbildung des Kinds entstehen, zur Hälfte zuerkannt. Das Gleiche gilt bei Eltern nichtehelicher Kinder. Auf gemeinsamen Antrag des Elternpaars ist eine andere Aufteilung möglich. Auch Stief- und Großeltern können grds. den Ausbildungsfreibetrag erhalten.
Tz. 260 Aufwendungen für eine Hilfe im Haushalt oder für vergleichbare Dienstleistungen
a) Rechtslage bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008
aa) Hilfe im Haushalt
Aufwendungen für eine Hilfe im Haushalt können auf Antrag bis zu einem Höchstbetrag von 624 € im Kalenderjahr abgezogen werden, wenn
der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte das 60. Lebensjahr vollendet hat oder
die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt wegen Krankheit des Steuerpflichtigen, seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, eines zu seinem Haushalt gehörigen Kinds i. S. des § 32 Abs. 1 oder Abs. 6 Satz 7 EStG oder einer anderen zu seinem Haushalt gehörigen unterhaltenen Person, für die eine Ermäßigung nach § 33a Abs. 1 EStG gewährt wird, erforderlich ist.
Der Höchstbetrag erhöht sich auf 924 €, wenn eine der vorgenannten Personen hilflos i. S. des § 33b EStG oder schwer behindert ist. Eine schwere Behinderung liegt vor, wenn der Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt. Der jeweilige Höchstbetrag kann auch dann nur einmal gewährt werden, wenn wegen der Körperbehinderung zweier Haushaltsangehöriger zwei Hilfen im Haushalt beschäftigt werden.
Eine Hilfe im Haushalt ist eine Person, die typische haushaltsnahe Arbeiten verrichtet. Hierzu gehört die Reinigung der Wohnung, die Zubereitung von Mahlzeiten, die Gartenpflege, die Pflege, Betreuung und Versorgung des Steuerpflichtigen, seiner zum Haushalt gehörenden Kinder oder Angehöriger. Eine Hilfe im Haushalt liegt auch bei Beauftragung eines Unternehmers mit typischen hauswirtschaftlichen Arbeiten (z. B. Fensterputzer) vor (, BStBl 1979 II S. 326). Das Unternehmen muss die Arbeiten jedoch im Haushalt des Steuerpflichtigen ausführen (, BStBl 1982 II S. 399).
bb) Heimunterbringung
Ist der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte in einem Heim untergebracht und enthalten die Unterbringungskosten auch Kosten für Dienstleistungen, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind, ist für den steuerlichen Abzug als außergewöhnliche Belastungen ein eigenständiger Höchstbetrag anzuwenden. Erfolgt eine Heimunterbringung des Steuerpflichtigen oder seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten ohne Pflegebedürftigkeit, beträgt der Höchstbetrag 624 €. Liegt eine dauernde Pflegebedürftigkeit der untergebrachten Person vor, erhöht sich dieser Betrag auf 924 €.
Heime im vorgenannten Sinne sind Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime und vergleichbare Einrichtungen (§ 1 Heimgesetz). Pflegebedürftigkeit i. S. des § 33a Abs. 3 EStG liegt vor, wenn die pflegebedürftige Person mindestens der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) zuzuordnen ist (§ 14 Abs. 1 EStG i. V. mit § 15 Abs. 1 SGB XI).
Die in den Aufwendungen für die Heim- oder Pflegeunterbringung enthaltenen Kosten für hauswirtschaftliche Arbeiten sind aus den Gesamtkosten – ggfs. im Schätzungswege – herauszurechnen.
Zur Behandlung der Kosten bei Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastung s. auch Heidenreich, NWB F. 3 S. 14245 ff. NWB PAAAC-18186.
cc) Ehegatten
Ehegatten, die die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung erfüllen, dürfen ihre Aufwendungen insgesamt nur einmal abziehen. Maßgeblich ist der höchste Betrag im Rahmen des § 33a Abs. 3 EStG, dessen Voraussetzungen erfüllt werden. Sollten die Ehegatten jedoch wegen Pflegebedürftigkeit eines der Ehegatten an einer gemeinsamen Haushaltsführung gehindert sein, können die Höchstbeträge zweimal gewährt werden.
b) Rechtslage ab Veranlagungszeitraum 2009
Durch das Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen – Familienleistungsgesetz – FamLeistG – v. (BGBl 2008 I S. 2955) wurde § 33a Abs. 3 EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 aufgehoben. Die Begünstigungsregelungen wurden in eine Steuerermäßigung in der Form des Abzugs von der Steuerschuld umgewandelt und mit den Fördertatbeständen des § 35a EStG (s. Tz. 274) zusammengefasst.
Tz. 261 Zeitanteilige Ermäßigung
§ 33a Abs. 4 EStG (ab VZ 2009: § 33a Abs. 3 EStG)
Der Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen, der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich im Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kinds, der Abzugsbetrag bei Aufwendungen für hauswirtschaftliche Dienstleistungen sowie die anrechnungsfreien Beträge nach § 33a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 EStG werden zeitanteilig gekürzt (Monatsprinzip). Sie ermäßigen sich um je ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem an keinem Tag des Monats die Voraussetzungen für die Anwendung der betreffenden Vorschrift vorgelegen haben. Kommen für einen Veranlagungszeitraum wegen der Anwendung der Ländergruppeneinteilung Höchstbeträge nach § 33a Abs. 1 EStG oder Freibeträge nach § 33a Abs. 2 EStG von unterschiedlicher Höhe in Betracht, ist für den Monat, in dem sich die Änderung ergeben hat, der jeweils höhere zeitanteilige Betrag anzusetzen.
Eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person oder des in Ausbildung befindlichen Kinds sind nur anzurechnen, soweit sie auf die Monate des Unterhalts- oder Ausbildungszeitraums entfallen. Hierbei ist grds. eine wirtschaftliche Zuordnung vorzunehmen. Erhält das während des gesamten Kalenderjahrs studierende Kind unterschiedlich hohe Zuschüsse als Ausbildungshilfe, ist der Ausbildungsfreibetrag für die Anrechnung der Zuschüsse aufzuteilen. Die Zuschüsse mindern jeweils nur die zeitanteiligen Ausbildungsfreibeträge der Kalendermonate, für welche die Zuschüsse bestimmt sind. Nach dem BAföG geleistete Zuschüsse für ein Auslandsstudium sind anzurechnen, soweit sie auf den Grundbedarf entfallen (, BStBl 2008 II S. 354). Die Zuordnung der Pauschbeträge nach § 9a EStG (Arbeitnehmer-Pauschbetrag, Werbungskosten-Pauschbeträge) und der Kostenpauschale von 180 € bei Ermittlung der Bezüge erfolgt zeitanteilig, soweit keine höheren tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden (, BStBl 2000 II S. 702; , BStBl 2003 II S. 759). Die Beträge sind dabei zeitanteilig auf die Monate aufzuteilen, in denen Einkünfte oder Bezüge erzielt werden. Wegen Einzelheiten s. auch H 33a.4 EStH.
Zuschüsse, die als Ausbildungsbeihilfe gewährt werden, mindern den zeitanteiligen Höchstbetrag und Freibetrag nur für die Kalendermonate, für die sie bestimmt sind. Eine zeitanteilige Aufteilung entfällt daher.
Tz. 262 Pauschbeträge für behinderte Menschen, Hinterbliebene und Pflegepersonen
a) Behinderten-Pauschbetrag
Die Vorschrift bezweckt eine vereinfachte Berücksichtigung der mit einer Körperbehinderung unmittelbar und typisch zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen durch Gewährung von Pauschbeträgen an Stelle eines Einzelnachweises. Das in § 33b Abs. 1 EStG enthaltene Wahlrecht ermöglicht es dem Steuerpflichtigen, die behinderungsbedingten Mehraufwendungen im Einzelnen nachzuweisen und glaubhaft zu machen, statt den Pauschbetrag für behinderte Menschen in Anspruch zu nehmen. Der Gesetzgeber ist nicht gezwungen, diese Pauschbeträge regelmäßig an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen ( NWB ZAAAA-70305; die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen – ). Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gilt § 33b Abs. 1 EStG nur laufende und typische, unmittelbar mit der Behinderung zusammenhängende Kosten für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf ab, nicht aber mit der Körperbehinderung zusammenhängende, sich aber infolge ihrer Einmaligkeit der Typisierung des § 33b EStG entziehende Kosten sowie zusätzliche Krankheitskosten (R 33b Abs. 1 EStR 2008). Solche Aufwendungen, wie z. B. für Heilbehandlungen, Kuren, Arzneimittel sowie bestimmte Kraftfahrzeug-Aufwendungen, können daneben als außergewöhnliche Regelung nach § 33 EStG geltend gemacht werden (, BStBl 2005 II S. 271). Von dem Pauschbetrag erfasst werden Aufwendungen wie Pflege- und Heimkosten oder solche für einen erhöhten Wäschebedarf. Neben dem Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 EStG können die Höchstbeträge nach § 33a Abs. 3 EStG (bis einschl. VZ 2008; s. Tz. 260, b) sowie der Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG zusätzlich gewährt werden.
Durch die Änderung des § 33b Abs. 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 2008 wird mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 klargestellt, dass das Wahlrecht für die Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden kann. Die mit dem Pauschbetrag abgegoltenen Aufwendungen brauchen nicht besonders nachgewiesen zu werden. Der Steuerpflichtige hat aber auch die Möglichkeit, auf die Inanspruchnahme des Pauschbetrags nach § 33b Abs. 1 EStG zu verzichten (= Wahlrecht) und kann auch diese Aufwendungen stattdessen im Rahmen des § 33 EStG geltend machen. Ein solcher Verzicht bezieht sich allerdings auf die gesamten, vom Pauschbetrag für behinderte Menschen erfassten Aufwendungen. Ein Teilverzicht z. B. auf eine bestimmte Aufwendungsgruppe ist nicht möglich.
Die Pauschbeträge, die sich nach dem dauernden Grad der Behinderung richten und für Hilflose und Blinde auf 3.700 € erhöht werden (s. § 33b Abs. 3 EStG), werden ohne Kürzung um die zumutbare Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. Es handelt sich um Jahresbeträge, die nicht gekürzt werden, wenn die Voraussetzungen nur für einen Teil des Kalenderjahrs vorliegen. Bei Eintritt oder Änderungen einer Behinderung im Laufe eines Kalenderjahrs wird der Pauschbetrag für den höchsten Grad der Behinderung gewährt. Der erhöhte Pauschbetrag von 3.700 € gilt auch die Kosten für die Pflege einer hilflosen Person in einem Heim ab. Macht der Steuerpflichtige daher Aufwendungen für seine behinderungsbedingte Unterbringung in einem Heim als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend, kann ihm daneben der Pauschbetrag für behinderte Menschen nicht gewährt werden (R 33.3 Abs. 4 EStR, , BStBl 2005 II S. 271).
Der Pauschbetrag für behinderte Menschen hat auch vor dem Veranlagungszeitraum 2008 Abgeltungswirkung für Aufwendungen, die dem behinderten Menschen unmittelbar infolge seiner Behinderung erwachsen. Dies sind nur die laufenden und typischen Mehraufwendungen, wie z. B. für Arznei- und Stärkungsmittel, Wäsche, Hilfe- und Pflegeleistungen (, BStBl 1971 II S. 104). Nach dem NWB KAAAC-39288 können Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau des Badezimmers nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Badezimmer nach der Umgestaltung nicht nur von den behinderten Kindern des Steuerpflichtigen, sondern von der gesamten Familie und auch von dritten Personen dauerhaft mitbenutzt werden kann.
Ein Pauschbetrag für behinderte Menschen wird Personen gewährt,
deren Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt (Schwerbehinderte) oder
deren Grad der Behinderung weniger als 50, aber mindestens 25 beträgt, wenn
ihnen wegen der Behinderung nach gesetzlichen Vorschriften Renten oder andere laufende Bezüge zustehen, auch wenn diese ruhen oder abgefunden sind, oder
die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat oder auf einer typischen Berufskrankheit beruht.
Der Nachweis für die Inanspruchnahme des Pauschbetrags ist bei einem schwer behinderten Menschen durch einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 SGB IX oder einen Bescheid des Versorgungsamts zu erbringen. Blinde oder hilflose Menschen können den Nachweis durch den vorgenannten Ausweis mit den Merkzeichen „Bl” oder „H” oder einen Bescheid mit entsprechenden Feststellungen führen. Die Hilflosigkeit einer Person kann auch durch einen Bescheid über die Zuordnung in die Pflegestufe III nachgewiesen werden. Bei einem Grad der Behinderung von weniger als 50 ist der Nachweis durch eine Bescheinigung des Versorgungsamts zu führen, die neben dem Grad der Behinderung auch Angaben darüber enthält, ob die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat oder auf einer typischen Berufskrankheit beruht. Werden wegen der Behinderung eine Rente oder andere laufende Bezüge gewährt, reicht die Vorlage des Rentenbescheids oder eines entsprechenden Bezügebescheids aus. S. auch § 65 EStDV.
b) Hinterbliebenen-Pauschbetrag
Einen Anspruch auf einen Pauschbetrag in Höhe von 370 € jährlich haben Personen, denen aufgrund der in § 33b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1–4 EStG aufgeführten gesetzlichen Vorschriften laufende Hinterbliebenenbezüge bewilligt worden sind.
c) Übertragung des einem Kind zustehenden Behinderten- oder Hinterbliebenen-Pauschbetrags
Weil bei behinderten Kindern die infolge der Behinderung erwachsenden Kosten regelmäßig von den Angehörigen übernommen werden, der Behinderten-Pauschbetrag aber eigentlich dem Kind zusteht, kann der Pauschbetrag auf die mit den Aufwendungen belasteten Angehörigen übertragen werden. Eine Übertragung ist auf Antrag möglich, wenn der Steuerpflichtige für das Kind Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG hat. Auch Eltern behinderter Kinder, deren sächliches Existenzminimum durch Eingliederungshilfe abgedeckt wird, können den Pauschbetrag für behinderte Menschen auf sich übertragen lassen. Der Pauschbetrag kann auf den Steuerpflichtigen nur übertragen werden, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt. Hat das Kind eigene Einkünfte und könnte es deshalb den Pauschbetrag selbst in Anspruch nehmen, muss das Kind der Übertragung auf den Steuerpflichtigen zustimmen. Steht der Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG mehreren Steuerpflichtigen zu, ist der Pauschbetrag grds. zur Hälfte auf die Elternteile aufzuteilen. Auf gemeinsamen Antrag der Eltern kann der zu übertragende Pauschbetrag auch anderweitig aufgeteilt werden.
Die Übertragungsmöglichkeiten gelten entsprechend beim Hinterbliebenen-Pauschbetrag.
In den Fällen einer Übertragung können andere Personen außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG wegen der mit dem Behinderten-Pauschbetrag abgegoltenen Aufwendungen nicht geltend machen.
d) Pflege-Pauschbetrag
Der Pflege-Pauschbetrag von 924 € ist ein Jahresbetrag. Er soll die durch die Pflege bedingten Aufwendungen der pflegenden Person abgelten, die ansonsten im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG berücksichtigt werden könnten. Die Berücksichtigung eines Pflege-Pauschbetrags setzt daher dem Grunde nach außergewöhnliche und zwangsläufige Aufwendungen i. S. von § 33 EStG voraus. Hierbei ist die Zwangsläufigkeit der durch die Pflege entstandenen Aufwendungen nach weniger strengen Kriterien als nach § 33 Abs. 2 EStG zu beurteilen. Es reicht aus, wenn eine enge persönliche Beziehung zwischen dem Steuerpflichtigen und der gepflegten Person besteht (, BStBl 1997 II S. 199).
Der Pauschbetrag kann nur gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige die Pflege im Inland entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt. Dabei ist es zulässig, wenn der Steuerpflichtige zeitweise von einer ambulanten Pflegekraft unterstützt wird.
Zu den weiteren Voraussetzungen gehört, dass die zu pflegende Person nicht nur vorübergehend hilflos ist und der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit der Pflege keine Einnahmen erhält. Eine Person ist hilflos, wenn sie für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tags fremder Hilfe dauernd bedarf. Der Nachweis der Hilflosigkeit ist durch einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 SGB IX mit dem Merkzeichen „H” oder durch einen Bescheid des Versorgungsamts mit entsprechenden Feststellungen zu führen. Außerdem kann sie auch durch einen Bescheid über die Zuordnung in die Pflegestufe III nachgewiesen werden (, BStBl 2003 II S. 476).
Zu den Einnahmen für die Pflege gehören alle im Zusammenhang mit der Pflege gewährten Leistungen, z. B. weitergeleitetes Pflegegeld, Pflegevergütung, Aufwendungsersatz (, BStBl 2002 II S. 417). Lediglich Pflegegelder, die Eltern eines behinderten Kinds für dieses erhalten, gehören nicht zu den Einnahmen.
Pflegen mehrere Personen eine hilflose Person in ihrer Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen tatsächlich persönlich, ist der Pflege-Pauschbetrag nach der Anzahl dieser Personen aufzuteilen. Für diese Aufteilung kommt es nicht auf die Zahl der Personen an, die bei ihrer Einkommensteuerveranlagung die Berücksichtigung eines Pflege-Pauschbetrags begehren, sondern auf die Anzahl der Steuerpflichtigen, welche die hilflose Person in ihrer Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen tatsächlich persönlich gepflegt haben. Demzufolge ist der Pauschbetrag auch dann aufzuteilen, wenn von zwei Pflegepersonen nur eine den Pauschbetrag begehrt, die andere aber den Abzug ihrer tatsächlichen Aufwendungen nach § 33 EStG beantragt oder auf eine steuerliche Geltendmachung verzichtet; der Pflege-Pauschbetrag ist dann nur hälftig zu gewähren. Da es sich bei dem Pflege-Pauschbetrag um einen Jahresbetrag handelt, kann er nur nach der Zahl der Pflegepersonen aufgeteilt werden, nicht jedoch nach den Monaten, in denen diese gepflegt haben. Auch eine kurzzeitige Pflegetätigkeit, wie z. B. während eines Urlaubs der anderen pflegenden Person, oder eine wiederholte kurzfristige Pflege, wie z. B. einer in einem Heim untergebrachten hilflosen Person am Wochenende kann zur Inanspruchnahme des Pauschbetrags berechtigen. Eine Aufteilung nach den Verhältnissen einzelner Monate ist nicht möglich. Sie würde dem klaren Wortlaut der Norm widersprechen und wäre zudem für die pflegenden Steuerpflichtigen und die Verwaltung schwerer handhabbar: Die Pflegepersonen müssten den Umfang ihrer Pflegetätigkeit nachweisen und vergleichen, die Finanzämter sich mit mehreren Pflegepersonen über deren Anteile auseinandersetzen und nach der Änderung des Anteils einer Pflegeperson prüfen, ob der Bescheid der anderen anzupassen ist. Auch eine einvernehmliche andere Aufteilung zwischen den Pflegepersonen als die nach Köpfen kommt nicht in Betracht. Dafür hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft sowie Bestimmungen darüber, ob die Aufteilung widerrufen werden kann ( NWB CAAAC-91420).
Der Pflege-Pauschbetrag kann Eltern neben dem nach § 33b Abs. 5 EStG vom Kind auf die Eltern übertragenen Behinderten-Pauschbetrag gewährt werden. Zur Aufteilung des übertragenen Pauschbetrags nach § 33b Abs. 5 EStG bei getrennter Veranlagung der Eltern s. Tz. 246, c.
Tz. 263 Kinderbetreuungskosten
§ 33c EStG a. F.
Kinderbetreuungskosten sind grds. durch die Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG abgegolten. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2005 konnten sie jedoch darüber hinaus in besonderen Fällen als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Ab Veranlagungszeitraum 2006 steht die Behandlung der Kinderbetreuungskosten auf einer neuen gesetzlichen Grundlage. Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten können nach § 4f, § 9 Abs. 5 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009: § 9c Abs. 1 EStG) wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden; vgl. hierzu Tz. 55 und Tz. 126a. Nicht erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten werden nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009: § 9c Abs. 2 EStG) als Sonderausgaben behandelt; vgl. hierzu Tz. 134 und Tz. 126a. § 33c EStG ist ab Veranlagungszeitraum 2006 aufgehoben.
Tz. 264 Außerordentliche Einkünfte
Die Tarifvorschrift des § 34 EStG will bestimmte Einkünfte, die außerordentlich sind oder als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit anfallen, von der normalen Besteuerung nach dem Einkommensteuertarif ausnehmen.
Tz. 265 Besteuerung außerordentlicher Einkünfte
Sind in dem Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG) außerordentliche Einkünfte enthalten, ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Dieser beträgt das Fünffache des Unterschiedbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um die außerordentlichen Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. Auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen ist die Einkommensteuer-Tabelle anzuwenden. Zur Anwendung der Vorschrift bedarf es keines Antrags.
Die gesamten außerordentlichen Einkünfte i. S. des § 34 EStG sind im Rahmen des zu versteuernden Einkommens tarifbegünstigt, auch wenn sich bei der Einkunftsart, der die außerordentlichen Einkünfte zugerechnet werden, niedrigere Einkünfte oder ein Verlust ergeben. Durch diese von dem Grundsatz des Verlustausgleichs innerhalb der Einkunftsart abweichende Behandlung wird sichergestellt, dass sich die Steuerbegünstigung stets voll auswirkt. Die Anwendung des § 34 EStG kann zudem nicht auf Teile der außerordentliche Einkünfte begrenzt werden (vgl. , BStBl 1994 II S. 706).
Einkünfte, die nach § 34a Abs. 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz versteuert werden (s. Tz. 267), bleiben bei der Berechnung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG unberücksichtigt (R 34.2 Abs. 2 Satz 2 EStR 2008).
Trifft die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG mit dem (positiven) Progressionsvorbehalt des § 32b EStG zusammen, so ist eine integrierte Steuerberechnung dergestalt vorzunehmen, dass die Progressionseinkünfte bei der Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 EStG Steuersatz erhöhend berücksichtigt werden. Übersteigen die der Tarifermäßigung unterliegenden außerordentlichen Einkünfte das zu versteuernde Einkommen, so richtet sich die Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG. Die Progressionseinkünfte sind hierbei nur insoweit zu berücksichtigen, als sich nach einer Verrechnung mit dem negativen verbleibenden zu versteuernden Einkommen ein positiver Differenzbetrag ergibt; so auch H 34.2 Beispiel 4 EStH 2007 (vgl. NWB SAAAC-72653). Treffen außerordentliche Einkünfte mit dem Progressionsvorbehalt unterliegenden steuerfreien Einnahmen zusammen, so sind bei Anwendung der Fünftelregelung zur Berechnung der Einkommensteuer die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einnahmen einem Fünftel des zu versteuernden Einkommens nicht in voller Höhe, sondern ebenfalls nur zu einem Fünftel hinzuzurechnen (= Fünftelungsmethode; NWB VAAAC-71132; Revision eingelegt, Az. des BFH: IX R 93/07 NWB YAAAC-79021). Hingegen ist nach Auffassung des FG Baden-Württemberg bei Zusammentreffen von außerordentlichen Einkünften mit Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, die additive Methode anzuwenden. Danach sind die Vorschriften der §§ 34, 32b EStG zunächst getrennt anzuwenden und die jeweiligen steuererhöhenden und steuerermäßigenden Wirkungen anschließend auszugleichen ( NWB LAAAC-61852; Revision eingelegt, Az. des BFH: IX R 87/07 NWB DAAAC-68589). Unterliegt ein Nachzahlungsbetrag sowohl der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG als auch dem negativen Progressionsvorbehalt des § 32b EStG, so ist eine integrierte Steuerberechnung nach dem Günstigkeitsprinzip vorzunehmen. Danach sind die Ermäßigungsvorschriften in der Reihenfolge anzuwenden, die zu einer geringeren Steuerbelastung führt, als dies bei ausschließlicher Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts der Fall wäre (, BStBl 2008 II S. 375). Vgl. hierzu auch Heidenreich NWB F. 6 S. 4967 ff. NWB VAAAC-90809.
Die außerordentlichen Einkünfte sind in § 34 Abs. 2 EStG abschließend aufgeführt.
a) Veräußerungsgewinne
Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (§§ 14, 14a Abs. 1 EStG), eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils (§ 16 EStG) oder der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis (§ 18 Abs. 3 EStG) sind nur dann tarifbegünstigt, wenn alle in den veräußerten Betrieben ruhenden stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt werden. Den Veräußerungsgewinnen stehen die Aufgabegewinne gleich. Entfällt der bei einer Betriebsaufgabe erzielte Aufgabegewinn auf mehr als einen Veranlagungszeitraum, ist der jeweilige Teilbetrag des betreffenden Veranlagungszeitraums tarifbegünstigt.
Veräußerungsgewinne sind nicht tarifbegünstigt, wenn auf sie ganz oder teilweise § 6b oder § 6c EStG angewendet wird (§ 34 Abs. 1 Satz 4 EStG). In Veräußerungsgewinnen enthaltene Halbeinkünfte (§ 3 Nr. 40 EStG – vgl. Tz. 22) unterliegen ebenfalls nicht der Tarifermäßigung. Diese sind durch die hälftige Steuerbefreiung bereits hinreichend begünstigt. Nicht begünstigt ist ferner der Erlös, der für den bei der erklärten Betriebsaufgabe nicht in das Privatvermögen zu überführende Geschäftswert später erzielt wird.
Veräußerungskosten mindern den Veräußerungsgewinn. Sie können erst im Zeitpunkt des Entstehens des Veräußerungsgewinns berücksichtigt werden, auch wenn sie bereits im Veranlagungszeitraum vor dem Entstehen des Veräußerungsgewinns angefallen sind.
Zur besonderen Tarifermäßigung für Veräußerungsgewinne bei Berufsunfähigkeit oder Überschreiten der Altersgrenze von 55 Jahren vgl. Tz. 266.
b) Entschädigungen
Zu den außerordentlichen Einkünften gehören auch Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1 EStG. Der Begriff der Entschädigung setzt nicht voraus, dass es sich um eine Leistung handelt, die aufgrund eines ohne oder gegen den Willen des Steuerpflichtigen eingetretenen Ereignisses gewährt wird. Eine Entschädigung liegt vielmehr auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige selbst an dem zum Einnahmeausfall führenden Ereignis mitgewirkt hat und dabei unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt hat. Bei Abfindungen im Zusammenhang mit der Auflösung eines Dienstverhältnisses liegt eine Entschädigung vor, wenn der Arbeitgeber die Beendigung des Dienstverhältnisses veranlasst hat, d. h. die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Dienstverhältnisses gesetzt hat. Eine Entschädigung liegt jedoch nicht vor, wenn der Steuerpflichtige etwas erhält, worauf er ohnehin Anspruch hat. Die Rückzahlung einer Abfindung ist auch dann im Abflussjahr zu berücksichtigen, wenn die Abfindung im Zuflussjahr begünstigt besteuert worden ist. Eine Lohnrückzahlung ist regelmäßig kein rückwirkendes Ereignis, das zur Änderung des Einkommensteuerbescheids des Zuflussjahres berechtigt (, BStBl 2006 II S. 911). Wird der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH zur Vermeidung einer Kündigung aufgelöst und erhält der Geschäftsführer in diesem Zusammenhang eine Abfindung, ist diese auch dann eine tarifbegünstigte Entschädigung, wenn die GmbH Gesellschafter-Geschäftsführerin einer Mitunternehmerschaft und der Geschäftsführer deren minderheitsbeteiligter Mitunternehmer ist (, DB 2009 S. 2129).
Es ist gleichgültig, im Rahmen welcher Einkunftsart die Entschädigungen angefallen sind. Sie müssen aber grds. entgangene oder entgehende Einnahmen mehrerer Jahre abgelten (, BFH/NV 2009 S. 558). Ausnahmsweise können auch Entschädigungen, die dem Steuerpflichtigen aus zwingenden Gründen in mehr als einem Veranlagungszeitraum zugeflossen sind, tarifbegünstigt sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch stets, dass die Entschädigung als einmalig beabsichtigt gewesen ist (, BFH-online). Entschädigungen, die als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB gewährt worden sind (§ 24 Nr. 1 Buchst. c EStG), sind stets tarifbegünstigt. Wegen der analogen Anwendung auf Ausgleichszahlungen an einen Kommissionsagenten vgl. , BStBl 1974 II S. 295. „Vorabentschädigungen” als Teilzahlungen auf die künftige Wettbewerbsentschädigung (§ 90a HGB) oder den künftigen Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) eines Handelsvertreters sind nicht nach § 34 Abs. 1 EStG begünstigt.
Es ist nicht Voraussetzung für die Gewährung der Tarifermäßigung, dass der Entschädigung ein einklagbarer Anspruch zugrunde liegt. Es reicht vielmehr aus, wenn tatsächliche beachtliche Gründe für die Entschädigung vorliegen.
c) Nutzungsvergütungen
Zu den außerordentlichen Einkünften gehören die Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke im Zusammenhang stehen, wenn sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren (36 Monate) nachgezahlt werden. Es reicht nicht aus, dass sie auf drei Kalenderjahre entfallen. Die Tarifbegünstigung wird für die gesamte Nachzahlung gewährt, nicht nur für den Teil, der auf den drei Jahre übersteigenden Teil des Nachzahlungszeitraums entfällt (, BStBl 1985 II S. 463).
d) Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit
Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit ist jedes Entgelt, das für eine Tätigkeit geleistet wird, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Darunter fallen auch Nach- oder Vorauszahlungen von Zinsen, Mieten und Pachten sowie Zahlungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen. Keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit sind Entgelte für die Nichtausübung einer Tätigkeit. Diese können jedoch unter § 34 Abs. 1 und 2 EStG i. V. mit § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG fallen.
§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist grds. auf alle Einkunftsarten anwendbar. Voraussetzung ist, dass aufgrund der Einkunftsermittlungsvorschriften eine Zusammenballung von Einkünften eintritt, die bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen beruht und bei den anderen Einkunftsarten nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf entspricht. Die Anwendung von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG setzt weiter voraus, dass ein ungewöhnlicher oder atypischer Sachverhalt vorliegt, der zu einer Zusammenballung von Einkünften geführt hat ( NWB XAAAD-28849, rkr.). Dabei kommt es auf die Verhältnisse der Vorjahre an. Maßgeblich ist der Durchschnitt der vergangenen Jahre. Ob es im Einzelfall tatsächlich zu einer Erhöhung der Steuerprogression kommt, ist ohne Bedeutung (, vorläufig nicht rechtskräftig NWB TAAAD-29494). Weitere Voraussetzung ist, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt (, BStBl 2007 II S. 180). Die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit kann auch während eines Kalenderjahrs in mehreren Teilbeträgen gezahlt werden. Bei einem Freiberufler liegen die Voraussetzungen für die Annahme außerordentlicher Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auch dann vor, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt oder wenn der für die Festlegung des Honorars zuständige Bewertungsausschuss rückwirkend eine abweichende Honorarverteilung beschließt und die Kassenärztliche Vereinigung nachträglich eine zusätzliche Vergütung gewährt, die wirtschaftlich auf mindestens zwei Jahre entfällt (OFD Rheinland, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 39/2007 v. NWB EAAAC-47406). Das soll aber dann nicht gelten, wenn der Steuerpflichtige die betreffende Nachzahlung nicht in einem, sondern in mehreren Veranlagungszeiträumen erhalten hat. Diese Frage ist beim BFH anhängig (Az. des BFH: VIII R 65/06 NWB TAAAC-36320). Die Finanzverwaltung lässt insoweit ein Ruhen von Rechtsbehelfsverfahren zu und gewährt auf Antrag Aussetzung der Vollziehung ( NWB HAAAC-62406). Gewinnausschüttungen unterliegen auch dann nicht den Vergünstigungen für außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG, wenn es sich um die Vollausschüttung der in den Vorjahren thesaurierten Gewinne einer Kapitalgesellschaft handelt, wobei die Vollausschüttung im Rahmen der Auseinandersetzung der Gesellschafter beschlossen wurde (, rkr. NWB XAAAD-28849).
Bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit kommt es nicht darauf an, dass die Vergütung für eine abgrenzbare Sondertätigkeit gezahlt wird, dass auf sie ein Rechtsanspruch besteht oder dass sie eine zwangsläufige Zusammenballung von Einnahmen darstellt. Ebenfalls keine Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer für diese Einkünfte eine Arbeitsleistung erbringt. Es reicht vielmehr aus, dass der Arbeitslohn für mehrere Jahre gezahlt worden ist. Daher findet die Tarifermäßigung auch auf den steuerpflichtigen Teil der Jubiläumszuwendung Anwendung, es sei denn, die Zuwendung wird ohne Rücksicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit lediglich aus Anlass eines Firmenjubiläums gezahlt. Geldwerte Vorteile aus einem Aktienoptionsprogramm stellen im Regelfall als Anreizlohn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar. Die Mehrjährigkeit erfordert in diesem Fall, dass zwischen Einräumung und Erfüllung des Optionsrechts mehr als zwölf Monate liegen und der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum auch beschäftigt war (, BStBl 2007 II S. 456, und v. - VI R 62/05, BStBl 2008 II S. 294). Nicht begünstigt sind Prämien für Verbesserungsvorschläge (vgl. , BStBl 1997 II S. 222).
Bei den Gewinneinkünften muss sich die mehrjährige Sondertätigkeit ausreichend von der regelmäßigen Tätigkeit abgrenzen lassen oder eine ausschließliche Tätigkeit darstellen. Eine ausreichende Abgrenzung fehlt immer dann, wenn die Tätigkeit zu der typischen Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen gehört. Bei den Gewinneinkünften kann die für die Tarifermäßigung erforderliche Zusammenballung von Einkünften grds. nur eintreten, wenn der Steuerpflichtige seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.
Bei der Ermittlung der nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu besteuernden Einkünfte können nur die im Kalenderjahr des Zuflusses anfallenden Betriebsausgaben und Werbungskosten berücksichtigt werden. Soweit es sich um Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt, können die im Kalenderjahr des Zuflusses in Betracht kommenden Versorgungs-Freibeträge nur einmal abgezogen werden. Zu Einzelheiten s. R 34.4 Abs. 4 EStR.
Versorgungsleistungen des Arbeitgebers aufgrund einer Direktzusage und Versorgungsleistungen einer Unterstützungskasse führen zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG). Werden solche Versorgungsleistungen nicht fortlaufend, sondern in einer Summe gezahlt (Abfindung von Pensionsanwartschaften), handelt es sich um Vergütungen (Arbeitslohn) für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Dem Zufluss steht nicht entgegen, dass der Ablösungsbetrag nicht an den Steuerpflichtigen, sondern an einen Dritten gezahlt worden ist (vgl. , BStBl II S. 581), die bei Zusammenballung als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern sind. Die Gründe für eine Kapitalisierung von Versorgungsbezügen sind dabei unerheblich. Im Fall von Teilkapitalauszahlungen ist dagegen der Tatbestand der Zusammenballung nicht erfüllt; eine Anwendung des § 34 EStG kommt daher für diese Zahlungen nicht in Betracht ( NWB JAAAC-71470, Rz. 230, 267, 239).
e) Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen
Auch bei der Tarifermäßigung für Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen (§ 34b Abs. 1 Nr. 1 EStG) ist Voraussetzung, dass eine Zusammenballung von Einkünften vorliegt. Dies ist gegeben, wenn kein Bestandsvergleich für das stehende Holz vorgenommen wurde. Die Aktivierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist für sich allein noch kein Bestandsvergleich.
Tz. 266 Veräußerungsgewinne bei Berufsunfähigkeit oder Überschreiten der Altersgrenze
Abweichend von § 34 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG), soweit diese 5 Mio. € nicht übersteigen, auf Antrag nach einem besonderen ermäßigten Steuersatz zu berechnen, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der ermäßigte Steuersatz beträgt ab Veranlagungszeitraum 2005 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre (mindestens jedoch 15 %).
Diese Tarifermäßigung kann anders als die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden. Werden in einem Veranlagungszeitraum mehrere nach § 34 Abs. 3 EStG begünstigte Veräußerungsgewinne erzielt, kann der Steuerpflichtige wählen, für welchen Gewinn er den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen will. Erstreckt sich eine Betriebsaufgabe über zwei Kalenderjahre und fällt der Aufgabegewinn daher in zwei Veranlagungszeiträumen an, kann die Tarifermäßigung für diesen Gewinn auf Antrag in beiden Veranlagungszeiträumen gewährt werden. Der Höchstbetrag von 5 Mio. € kann aber insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden (, BStBl 2006 I S. 7).
Um in den Genuss der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG zu kommen, muss der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe bereits das 55. Lebensjahr vollendet haben. Es reicht nicht aus, wenn er zwar nach Veräußerung oder Aufgabe, aber noch im selben Veranlagungszeitraum das 55. Lebensjahr vollendet. Wird bei einer Betriebsaufgabe über mehrere Veranlagungszeiträume das 55. Lebensjahr vor Beendigung der Betriebsaufgabe, aber erst im zweiten Veranlagungsjahr vollendet, ist die Tarifermäßigung auch für den ersten Veranlagungszeitraum zu gewähren. Insoweit sind die Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG (vgl. Tz. 202) und die Gewährung der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG identisch. Die Veräußerung eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft (Obergesellschaft), zu deren Betriebsvermögen die Beteiligung an einer anderen Mitunternehmerschaft gehört (mehrstöckige Personengesellschaft), stellt für die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 3 EStG einen einheitlich zu beurteilenden Veräußerungsvorgang dar (R 34.5 Abs. 2 Satz 5 i. V. mit R 16 Abs. 3 EStR 2008).
Eine Berufsunfähigkeit i. S. von § 34 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch Gesunden mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Nachweis der dauernden Berufsunfähigkeit kann durch Vorlage eines Bescheids des Rentenversicherungsträgers erfolgen, wonach die Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit i. S. der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegt. Auch eine amtsärztliche Bescheinigung ist als Nachweis anzuerkennen. Der Tod des Steuerpflichtigen gilt nicht als dauernde Berufsunfähigkeit (vgl. , BStBl 1985 II S. 204).
Wird für einen Veräußerungsgewinn i. S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG geltend gemacht, scheidet die Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG aus (R 34.1 Abs. 1 Satz 6 EStR 2008). Die Regelung korrespondiert mit derjenigen des § 34a Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG. Beide Steuervergünstigungen sind antragsabhängig und schließen sich gegenseitig aus.
Zur Steuerberechnung unter Berücksichtigung mehrerer Tarifermäßigungen s. H 34.2 EStH.
Tz. 267 Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne
a) Voraussetzungen
Ab Veranlagungszeitraum 2008 kann der unbeschränkt oder beschränkt Steuerpflichtige für bestimmte nicht entnommene Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit eine Thesaurierungsbegünstigung beantragen. Die Einkommensteuer für die begünstigten Gewinne beträgt dann linear 28,25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag). Die Regelung ist Teil der Berechnung der tariflichen Einkommensteuer und hat keinen Einfluss auf die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens. Insbesondere die Regelungen über den Verlustausgleich haben daher Vorrang, und zwar auch dann, wenn für nicht entnommene Gewinne die Tarifbegünstigung des § 34a EStG in Anspruch genommen wird (auch , BStBl 2008 I S. 838, Rz. 1). Die Regelung des § 34a EStG ist für die Berechnung der Steuerermäßigung bei ausländischen Einkünften nach § 34c EStG zu berücksichtigen (§ 34c Abs. 1 Satz 2 EStG i. d. F. des JStG 2009).
Die Begünstigung kann nicht für die Veräußerungsgewinne beantragt werden, wenn der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG oder die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch genommen wird oder es sich um einen nach § 3 Nr. 40a EStG begünstigten Carried Interest (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG) handelt (§ 34a Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG). Der Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung ist für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil für jeden Veranlagungszeitraum gesondert bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt – grds. im Rahmen der Abgabe der Einkommensteuererklärung – zu stellen (§ 34a Abs. 1 Satz 2 EStG; , BStBl 2008 I S. 838, Rz. 7). Bei Mitunternehmeranteilen kann ein Antrag nur gestellt werden, wenn der Gewinnanteil (maßgeblich ist nicht der steuerpflichtige Gewinn, sondern der Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) mehr als 10 % beträgt oder 10.000 € übersteigt (§ 34a Abs. 1 Satz 3 EStG). Durch diese Einschränkung soll verhindert werden, dass Steuerpflichtige die Thesaurierungsbegünstigung für Kleinstbeteiligungen beantragen. Der Antrag kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den nächsten Veranlagungszeitraum vom Steuerpflichtigen ganz oder teilweise zurückgenommen werden (§ 34a Abs. 1 Satz 4 EStG; , BStBl 2008 I S. 838, Rz. 10). Durch das JStG 2009 v. (BGBl 2008 I S. 2794) wurde eine eigene Änderungsvorschrift für die Fälle der Antragsrücknahme eingeführt. Sie besagt in § 34a Abs. 1 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG, dass der Einkommensteuerbescheid entsprechend zu ändern ist und dass die Festsetzungsfrist insoweit nicht endet, bevor die Festsetzungsfrist für den nächsten Veranlagungszeitraum abgelaufen ist (§ 34a Abs. 1 Satz 5 EStG). Im Rahmen der Berechnung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen bleibt die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne außer Ansatz (§ 37 Abs. 3 Satz 5 EStG; vgl. Tz. 276, e).
Ausgangspunkt für die Thesaurierungsbegünstigung ist der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG – durch Bestandsvergleich – ermittelte Gewinn (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 15). Für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn bisher durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt haben, kann es sich daher lohnen, zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich überzugehen. Grds. sind somit sowohl laufende Gewinne als auch im Gewinn enthaltene Veräußerungsgewinne (vgl. jedoch § 34a Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG) begünstigt. Durch Abzug des positiven Saldos aus Entnahmen und Einlagen (= Entnahmen höher als Einlagen) erhält man den nicht entnommenen Gewinn (§ 34a Abs. 2 EStG). Keine Tarifbegünstigung kann in Anspruch genommen werden für
den Teil des steuerpflichtigen Gewinns, der auf Betriebsausgabenabzugsverboten (§ 4 Abs. 4a, 5, 5a und 5b und § 4h EStG) beruht, da es sich hierbei um außerbilanziell hinzugerechnete Beträge handelt (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 16 ),
steuerfreie Gewinnanteile (z. B. aufgrund eines DBA); diese gelten bei der Ermittlung der Höhe des nicht entnommenen Gewinns als vorrangig entnommen (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 17, 18 ).
Bei Mitunternehmeranteilen werden sowohl die Entnahmen und Einlagen des Gesamthandsvermögens als auch die des Sonderbetriebsvermögens berücksichtigt. Das gilt auch für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA, der zwar kein Mitunternehmer ist, jedoch wie ein solcher behandelt wird. Auf die vertragliche Gewinnverteilung kommt es nicht an. Auch ist keine einheitliche Antragstellung der Mitunternehmer einer Personengesellschaft erforderlich (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 2, 9, 20, 21).
Beschränkt Steuerpflichtige können die Tarifbegünstigung für die Gewinneinkünfte nach § 49 EStG (ggf. eingeschränkt durch ein DBA) beantragen. Entnahmen und Einlagen, die nicht diesen Einkünften zugeordnet werden können, bleiben dabei außer Ansatz (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 3).
Die Regelungen des § 4a EStG (im Einzelnen s. Tz. 18–20) für Fälle eines abweichenden Wirtschaftsjahrs gelten auch für die Begünstigung nach § 34a EStG. Daraus folgt, dass bei Gewerbetreibenden mit abweichendem Wirtschaftsjahr die Tarifbegünstigung auch schon für den gesamten Gewinn des Wirtschaftsjahrs 2007/2008 beantragt werden kann (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 19).
Zum Gewinnbegriff des § 34a EStG vgl. auch Söffing/Worgulla NWB F. 3 S. 15475 ff. NWB ZAAAD-13719.
b) Wahlrecht
In Fällen, in denen sowohl die Voraussetzungen für eine Tarifbegünstigung nach § 34a EStG als auch für eine Begünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG erfüllt sind, hat der Steuerpflichtige die Wahl, für welche Begünstigung er sich entscheidet. Entsprechendes gilt für die übrigen Tarifermäßigungen, wie z. B. § 34b EStG (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 6).
c) Begünstigungsbetrag
Der Begünstigungsbetrag (§ 34a Abs. 3 EStG) ist der Gewinn im Veranlagungszeitraum, für den die Thesaurierungsbegünstigung beantragt wird. Aus dem Begünstigungsbetrag wird der nachversteuerungspflichtige Betrag des Betriebs oder Mitunternehmeranteils für den laufenden Veranlagungszeitraum durch Abzug der auf den Begünstigungsbetrag entfallenden Steuerbelastung (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, nicht jedoch Kirchensteuer) ermittelt. Der nachversteuerungspflichtige Betrag ist jährlich fortzuschreiben. Die Fortschreibung erfolgt automatisch durch das zuständige Finanzamt. Der nachversteuerungspflichtige Betrag zum Ende des Veranlagungszeitraums wird für jeden Betrieb und Mitunternehmeranteil gesondert festgestellt (§ 34a Abs. 3 Satz 3 EStG). Der Betrag ist nach Euro und Cent genau zu ermitteln (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 24).
Die Ermittlung und Fortschreibung des nachversteuerungspflichtigen Betrags erfolgt wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
nachversteuerungspflichtiger Betrag zum 31. 12. des vorangegangenen
Veranlagungszeitraums | |
+ | nachversteuerungspflichtiger Betrag des laufenden
Veranlagungszeitraums (§ 34a Abs. 3
EStG) (= Begünstigungsbetrag des laufenden
Veranlagungszeitraums abzüglich Steuer und Solidaritätszuschlag auf Steuer nach
§ 34a Abs. 1 EStG, nicht
jedoch Kirchensteuer (,
BStBl 2008 I S. 838, Rz. 24))
|
+ | auf
diesen Betrieb oder Mitunternehmeranteil von einem anderen Betrieb oder
Mitunternehmeranteil desselben Steuerpflichtigen übertragener
nachversteuerungspflichtiger Betrag (§ 34a
Abs. 5 EStG) |
./. | auf einen anderen Betrieb oder
Mitunternehmeranteil von diesem Betrieb oder Mitunternehmeranteil übertragener
nachversteuerungspflichtiger Betrag (§ 34a
Abs. 5 EStG) |
./. | Nachversteuerungsbetrag des laufenden Veranlagungszeitraums
(§ 34a Abs. 4, 5 und 6 EStG)
|
= | nachversteuerungspflichtiger Betrag zum 31. 12. des
Veranlagungszeitraums (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 25) |
d) Nachversteuerung
Werden die nach § 34a EStG begünstigten Gewinne in späteren Jahren entnommen, ist grds. eine Nachversteuerung durchzuführen (§ 34a Abs. 4 EStG). Ein Nachversteuerungsfall liegt vor, wenn der positive Saldo von Entnahmen und Einlagen im Wirtschaftsjahr über dem Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG dieses Wirtschaftsjahrs liegt („Entnahmenüberhang”). In Höhe dieses Überhangs entsteht ein Nachversteuerungsbetrag (Ausnahme: Entnahmen zur Zahlung von Erbschaft-/Schenkungsteuer oder Fälle des § 34a Abs. 5 Satz 2 EStG). Zur Ermittlung des Überhangs sind außerbilanzielle Hinzurechnungen, wie z. B. nicht abziehbare Betriebsausgaben, nicht zu berücksichtigen (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 27, 28). Die Nachversteuerung wird in Höhe des Nachversteuerungsbetrags mit einem (Einkommen-)Steuersatz von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer neben der Versteuerung des zu versteuernden Einkommens des laufenden Veranlagungszeitraums mit dem persönlichen Steuersatz von Amts wegen vorgenommen. Der Nachversteuerungsbetrag ist um die Beträge, die für die Erbschaft-/Schenkungsteuer anlässlich der Übertragung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils entnommen wurden, zu vermindern (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 30, 31).
Werden Wirtschaftsgüter zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen übertragen (§ 6 Abs. 5 Satz 1–3 EStG), liegt insoweit beim „abgebenden Betrieb” eine Entnahme vor, die grds. auch eine Nachversteuerung auslösen kann (§ 34a Abs. 5 EStG). Die Nachversteuerung kann jedoch vermieden werden, indem der Steuerpflichtige beantragt, den nachversteuerungspflichtigen Betrag in Höhe des Buchwerts des übertragenen oder überführten Wirtschaftsguts, höchstens jedoch in Höhe des Nachversteuerungsbetrags, den die Übertragung oder Überführung des Wirtschaftsguts ausgelöst hätte, auf den anderen Betrieb oder Mitunternehmeranteil zu übertragen (§ 34a Abs. 5 Satz 2 EStG; , BStBl 2008 I S. 838, Rz. 32, 33).
Eine Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags ist zudem in folgenden Fällen durchzuführen (§ 34a Abs. 6 EStG):
Fälle der Betriebsveräußerung oder -aufgabe i. S. der §§ 14, 16 Abs. 1 und 3 sowie des § 18 Abs. 3 EStG(, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 41 und 42),
Fälle der Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft sowie in den Fällen des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 41, 43, 47),
Wechsel der Gewinnermittlungsart, z. B. zur Einnahmenüberschussrechnung oder zu einer pauschalierenden Gewinnermittlung (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 41 und 44),
freiwillige Nachversteuerung auf Antrag des Steuerpflichtigen (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 41 und 45).
In den ersten beiden Fällen ist die nach § 34a Abs. 4 EStG geschuldete Einkommensteuer auf Antrag in regelmäßigen Teilbeträgen für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren seit Eintritt der ersten Fälligkeit zinslos zu stunden, wenn ihre alsbaldige Einziehung mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden wäre (, BStBl 2008 I S. 838, Rz. 46).
In den Fällen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG (z. B. Übergang im Wege der – vorweggenommenen – Erbfolge) muss der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag fortführen (§ 34a Abs. 7 EStG). In den Fällen der Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils zu Buchwerten nach § 24 UmwStG geht der für den eingebrachten Betrieb oder Mitunternehmeranteil festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag auf den neuen Mitunternehmeranteil über. Zu grenzüberschreitenden Überführungen und Übertragungen von Wirtschaftsgütern vgl. , BStBl 2008 I S. 838, Rz. 34–40).
e) Verlustrücktrag
Nach § 34a Abs. 8 EStG ist ein Rücktrag von Verlusten auf nach § 34a EStG begünstigte Einkünfte nicht möglich. Die Formulierung des § 10d EStG wurde entsprechend angepasst. Eine tatsächliche Einschränkung der Verlustrücktragsmöglichkeit ist mit § 34a Abs. 8 EStG jedoch nicht verbunden, da Abs. 8 immer im Zusammenspiel mit § 34a Abs. 1 Satz 4 EStG zu sehen ist. Da dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt wird, in Verlustjahren den Antrag des Vorjahrs zu ändern, kann er auch den Verlustrücktrag letztendlich immer voll ausschöpfen, indem er den Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung für das Vorjahr ganz oder teilweise zurücknimmt.
f) Verfahrensregelungen
Die durch das Jahressteuergesetz 2009 angefügten § 34a Abs. 10 und 11 EStG enthalten Regelungen zur gesonderten Feststellung bei Mitunternehmerschaften sowie eine Verbindungsregelung zwischen dem Einkommensteuerbescheid und dem Bescheid über die gesonderte Feststellung eines nachversteuerungspflichtigen Betrags nach § 34a Abs. 3 EStG. Nach § 52 Abs. 28 EStG i. d. F. des JStG 2009 gelten die Regelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2008.
Zu weiteren Einzelheiten der Regelung vgl. Gragert/Wißborn, NWB F. 3 S. 14621 ff. NWB EAAAC-50179, und Gragert/Wißborn, NWB F. 3 S. 15251 ff. NWB LAAAC-93397.
g) Feststellungsverfahren
Erst mit dem JStG 2009 vom (BGBl 2008 I S. 2794) erhält § 34a EStG durch Einführung der neuen Absätze 10 und 11 eigene Vorschriften zum Feststellungsverfahren der für die Ermittlung der Tarifbegünstigung nach § 34a EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen. Dies war erforderlich, da § 180 AO alleine keine ausreichende Grundlage für alle erforderlichen Feststellungen darstellt.
Im Einzelnen gilt nunmehr für das Feststellungsverfahren Folgendes:
Sind Gewinneinkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a oder b AO gesondert festzustellen, können – müssen aber nicht – auch die Höhe der Entnahmen und Einlagen sowie weitere für die Tarifermäßigung nach § 34a EStG erforderliche Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden. Zuständig hierfür ist das Finanzamt, das für die gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO zuständig ist. Die gesonderten Feststellungen können mit der Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO verbunden werden, können jedoch auch gesondert erfolgen. Die Feststellungsfrist für die gesonderte Feststellung endet nicht vor Ablauf der Feststellungsfrist für die Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrags ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit der Steuerpflichtige einen Antrag nach § 34a Abs. 1 EStG stellt oder diesen ganz oder teilweise zurücknimmt und sich die Besteuerungsgrundlagen im Einkommensteuerbescheid ändern. Dies gilt entsprechend, wenn der Erlass, die Aufhebung oder Änderung des Einkommensteuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkung unterbleibt. Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der nachversteuerungspflichtige Betrag des Betriebs oder Mitunternehmeranteils gesondert festzustellen ist.
Zu Problemen der Thesaurierungsbegünstigung bei doppelstöckigen Mitunternehmerschaften und zur Frage des nachversteuerungspflichtigen Betrags in diesem Zusammenhang vgl. auch Söffing/Worgulla NWB F. 3 S. 15475 ff. NWB CAAAD-14191.
Tz. 268 Steuersätze bei außerordentliche Einkünften aus Forstwirtschaft
Außerordentliche Holznutzungen durch volkswirtschaftliche, staatswirtschaftliche oder private Gründe oder aufgrund von Schadensereignissen infolge höherer Gewalt sind ursächlich für eine Zusammenballung von Einkünften. Die Tarifermäßigung nach § 34b EStG bezweckt, Progressionsnachteile bei forstwirtschaftlichen Betrieben durch Gewährung eines ermäßigten Steuersatzes auszugleichen. Die Steuerbegünstigung erfolgt unabhängig von der Einkunftsart.
Außerordentliche Einkünfte aus Forstwirtschaft sind zum einen Gewinne aus sog. Kalamitätsnutzungen, die infolge höherer Gewalt (Naturereignisse wie Eis-, Schnee- oder Windbruch, Windwurf, Erdbeben, Bergrutsch, Insektenfraß oder Brand) verursacht worden sind (§ 34b Abs. 1 Nr. 2 EStG). Dazu gehören nicht außerordentliche Holznutzungen infolge gesetzlicher oder behördlicher Anordnungen (, RStBl 1939 I S. 1056). Außerordentliche Einkünfte aus Forstwirtschaft sind weiter solche Nutzungen, die außerhalb eines in einem Betriebsgutachten/Betriebswerk für zehn Jahre festgelegten Nutzungssatzes aus wirtschaftlichen Gründen anfallen (§ 34b Abs. 1 Nr. 1 EStG). Zu den notwendigen Voraussetzungen an das amtlich anerkannte Betriebsgutachten oder das Betriebswerk s. § 68 EStDV. Die außerordentlichen Nutzungen werden von in den letzten drei Jahren eingesparten Nutzungen (sog. nachgeholte Nutzungen) unterschieden.
Zur Einkunftsermittlung von außerordentlichen Einkünften insbesondere betreffend die Zuordnung von Betriebsausgaben s. § 34b Abs. 2 EStG; R 34b.3 EStR; H 34b.3 EStH.
Durch die Änderung des § 34b Abs. 3 EStG durch das Jahressteuergesetz 2008 wird die Tarifermäßigung für außerordentliche Holznutzungen durch Verweis auf § 34 Abs. 1 EStG geregelt und für Kalamitätsnutzungen unverändert fortgeführt. Auf Einkünfte aus Kalamitätsnutzungen ist ein ermäßigter Einkommensteuersatz anzuwenden. Soweit diese Einkünfte den im Betriebsgutachten/Betriebswerk festgelegten Nutzungssatz übersteigen, beträgt der ermäßigte Steuersatz die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich für das gesamte zu versteuernde Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte ergeben würde (§ 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG). Soweit die Kalamitätsnutzungen den doppelten Nutzungssatz übersteigen, beträgt der Steuersatz die Hälfte dieses ermäßigten Steuersatzes nach § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008).
Zur Aufteilung verschiedener Holznutzungsarten in Kalamitätsnutzungen und andere Holznutzungen bei Zusammentreffen in einem Wirtschaftsjahr s. § 34b Abs. 3 Satz 2 ff. EStG. Zu den Konsequenzen bei Zusammentreffen steuerbegünstigter Kalamitätsnutzungen i. S. des § 34b Abs. 3 EStG mit außerordentlichen Einkünften i. S. des § 34 Abs. 2 EStG s. R 34b.4 EStR.
Der durch das Jahressteuergesetz 2008 neu gefasste § 34b EStG ist nach der allgemeinen Anwendungsregelung in § 52 Abs. 1 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden.
Tz. 269 Steuerermäßigung bei ausländischen Einkünften
a) Grundgedanke
§ 34c EStG sieht eine Steuerermäßigung vor, wenn ausländische Einkünfte mit ausländischer Einkommensteuer belastet sind. Die Regelung gilt in erster Linie für Einkünfte aus solchen Staaten, mit denen kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Sie findet jedoch auch in DBA-Fällen Anwendung, wenn die Bundesrepublik Deutschland die ausländischen Einkünfte nicht freistellt, sondern die Doppelbesteuerung im Wege der Anrechnung der ausländischen Steuer vermeidet. Die Steuerermäßigung erfolgt durch Steueranrechnung oder Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte. Obwohl die Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig nur die Anrechnung der ausländischen Steuer anordnen, lässt die Finanzverwaltung in diesen Fällen auch den (alternativen) Abzug bei der Ermittlung der Einkünfte zu (R 34c Abs. 5 EStR). Welche ausländischen Einkünfte von der Vorschrift betroffen sind, regelt § 34d EStG. Bei der Berechnung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer sind die Regelungen der §§ 32a, 32b, 34, 34a und 34b EStG zu berücksichtigen.
Die Regelung gilt nicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die § 32d Abs. 1 und 3–6 EStG anzuwenden ist (gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen ab Veranlagungszeitraum 2009 – Abgeltungssteuer; s. Tz. 255, g und h). Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, der Summe der Einkünfte und der ausländischen Einkünfte sind diese Kapitaleinkünfte nicht zu berücksichtigen (§ 34c Abs. 1 Satz 1 bis 3 EStG i. d. F. des JStG 2009). Es ist vorrangig zu prüfen, ob ausländische Einkünfte der Abgeltungsteuer nach § 32d EStG unterliegen oder nicht. Bei ausländischen Einkünften, für die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen fiktive Steuern zu berücksichtigen sind und die der Abgeltungsteuer unterliegen, richtet sich die Anrechnung nach § 32d Abs. 5 EStG und nicht nach § 34c EStG.
b) Anrechnung
Angerechnet wird die vom Steuerpflichtigen geschuldete Steuer, die
in dem Staat erhoben wird, aus dem die Einkünfte stammen,
der inländischen Einkommensteuer entspricht,
festgesetzt und gezahlt ist,
um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzt ist und
den Höchstbetrag nicht übersteigt.
Das Herkunftsland der Einkünfte bestimmt sich nach § 34d EStG. Diese Vorschrift beinhaltet – ähnlich wie § 49 EStG – die sog. isolierende Betrachtungsweise, d. h. die im Ausland gegebenen Besteuerungsmerkmale bleiben unberücksichtigt (z. B. finden die Grundsätze der Subsidiarität von Einkünften keine Anwendung). Zur Anrechnung ausländischer Steuern bei Zinseinkünften unter Berücksichtigung von Stückzinsen s. , BStBl 1996 I S. 1190.
Die ausländische Einkommensteuer muss der deutschen Einkommensteuer entsprechen. S. hierzu das Verzeichnis ausländischer Steuern in Nicht-DBA-Staaten, die der deutschen Einkommensteuer entsprechen im EStH 2005, Anhang 12, II. Diese Aufzählung ist nicht abschließend; die Entsprechung nicht aufgeführter ausländischer Steuern mit der deutschen Einkommensteuer wird erforderlichenfalls vom BMF festgestellt. In DBA-Fällen sind die Steuern anrechenbar, auf die sich das Abkommen bezieht. Auch als gezahlt geltende (fiktive) ausländische Steuern sind anrechenbar.
Die ausländische Steuer muss bezahlt sein. Der Steuerpflichtige ist insoweit nachweispflichtig (§ 68b EStDV). Der Nachweis ist regelmäßig durch den ausländischen Steuerbescheid und den Zahlungsbeleg zu führen. Er ist jedoch auch in anderer Weise möglich (, BStBl 1992 II S. 607). Die Steuer muss nicht in dem Veranlagungszeitraum bezahlt worden sein, für den die Anrechnung in Betracht kommt. Die Anrechnung erfolgt für den Veranlagungszeitraum, in dem die ausländischen Einkünfte nach inländischen Grundsätzen anzusetzen sind. Die Besteuerungsart und -methode durch den ausländischen Staat ist dabei unbeachtlich. Ggfs. ist die ausländische Steuer auf den zutreffenden Besteuerungszeitraum umzurechnen. Zur schweizerischen Pränumerandobesteuerung vgl. , BStBl 1991 II S. 922.
In DBA-Fällen ist das Besteuerungsrecht des Quellenstaats häufig begrenzt (insbesondere bei Zinsen und Dividenden). Die Steueranrechnung nach § 34c EStG beschränkt sich auf die so begrenzte ausländische Steuer auch dann, wenn im Ausland (zunächst) eine höhere Steuer einbehalten oder gezahlt worden ist. Zur Übersicht über die Quellensteuerhöchstsätze bei ausländischen Einnahmen aus Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren unbeschränkt steuerpflichtiger natürlicher Personen s. NWB KAAAB-26778 (von Bedeutung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008).
Die Anrechnung ausländischer Steuern (sowohl in DBA- als auch in Nicht-DBA-Fällen) ist gem. § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG auf den Betrag begrenzt, mit dem die ausländischen Einkünfte mit inländischer Steuer belastet sind. Maßstab ist hier das Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte. Dabei ist auf die Höhe der Einkünfte, nicht der Einnahmen abzustellen, R 34c Abs. 3 EStR. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG verlangt in bestimmten Fällen auch die Zuordnung nicht unmittelbar den ausländischen Einnahmen zuzurechnender Ausgaben. Beim Zusammentreffen von in- und ausländischen Einkünften sind nicht nur die Werbungskosten und der Werbungskosten-Pauschbetrag, sondern (bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008) bei Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Sparer-Freibetrag zuzuordnen bzw. aufzuteilen. Bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die ausländischen Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die in dem Staat, aus dem sie stammen, nach dessen Recht nicht besteuert werden. Berechnungsbeispiele ergeben sich aus H 34c (3) EStH.
Der Anrechnungshöchstbetrag wird wie folgt berechnet:
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deutsche
Einkommensteuer | x | ausländische Einkünfte aus Staat X Summe der
Einkünfte |
Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 sind bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte, der Summe der Einkünfte sowie der tariflichen Einkommensteuer diejenigen ausländischen Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die den Regelungen des § 32d Abs. 1 und 3 bis 6 EStG unterliegen.
Der Steuerpflichtige muss die Möglichkeiten einer Ermäßigung der ausländischen Steuern fristgerecht ausschöpfen. Versäumt er die Frist für eine Ermäßigung im ausländischen Staat, ist bei der Berechnung der anrechenbaren Steuer der Betrag der ausländischen Steuer um bereits verjährte Erstattungsansprüche zu kürzen ist.
c) Abzug bei der Ermittlung der Einkünfte
Ausländische Steuern können in folgenden Fällen auf Antrag bei der Ermittlung der Einkünfte – wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten – abgezogen werden:
Alternativ zur Steueranrechnung nach § 34c Abs. 1 oder 6 EStG (§ 34c Abs. 2 EStG); dies ist von Bedeutung insbesondere in Verlustjahren, weil die Steueranrechnung ins Leere geht und der Abzug bei der Ermittlung der Einkünfte die rück- oder vortragsfähigen Verluste erhöht. Die Abzugsmöglichkeit gilt aber nicht für fiktive ausländische Steuern (§ 34c Abs. 6 Satz 2, zweiter Halbsatz EStG). Die ausländische Steuer darf nur insoweit abgezogen werden, als sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind.
Wenn die ausländische Steuer nicht angerechnet werden kann, weil sie nicht der deutschen Einkommensteuer entspricht oder nicht in dem Staat erhoben wird, aus dem die Einkünfte stammen, oder weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen (§ 34c Abs. 3 EStG). Die festgesetzte und gezahlte ausländische Steuer ist zunächst noch um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch zu kürzen.
d) Erlass oder Pauschalierung (§ 34c Abs. 5 EStG)
Nach § 34c Abs. 5 EStG können die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden mit Zustimmung des BMF die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist oder die Anwendung des § 34c Abs. 1 EStG (Steueranrechnung) besonders schwierig ist.
Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist insbesondere
der Pauschalierungserlass (, BStBl 1984 I S. 252) – die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer auf die dort abschließend aufgezählten pauschal zu besteuernden Einkünfte beträgt 25 % der Einkünfte, höchstens 25 % des zu versteuernden Einkommens. Zur Anwendung bei der Körperschaftsteuer s. auch , BStBl 2003 I S. 747;
der Auslandstätigkeitserlass (, BStBl 1983 I S. 470). Lohnsteuerfreistellung für bestimmte Auslandstätigkeiten von Arbeitnehmern.
Diese Verwaltungsregelungen schließen jedoch die Anwendung der Vorschrift in anderen Einzelfällen nicht aus (, BStBl 1988 II S. 139).
e) Änderung des § 34c EStG durch das Jahressteuergesetz 2008
§ 32c EStG i. d. F. des Artikels 1 des Gesetzes vom (BGBl I S. 2878) ist letztmals für den Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden. Bei der Streichung des Verweises auf § 32c EStG in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung, die nach der allgemeinen Anwendungsregelung in § 52 Abs. 1 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden ist.
Tz. 270 Steuerermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft
§ 34e EStG sah für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 letztmalig eine Ermäßigung für die auf den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft entfallende Einkommensteuer von höchstens 1 000 DM vor. Ab Veranlagungszeitraum 2001 entfällt die Steuerermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Tz. 271 Steuerermäßigung für Kinder bei Inanspruchnahme der §§ 7b, 10e EStG
§ 34f EStG ist die Rechtsgrundlage für das sog. Baukindergeld. Es wurde im Rahmen der Inanspruchnahme der Begünstigungen nach §§ 7b, 10e EStG oder §§ 15, 15b BerlinFG gewährt. An die Stelle dieser Vorschrift ist seit dem die Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 EigZulG getreten. Die Vorschrift hat daher nur noch für „Altfälle” Bedeutung.
Tz. 272 Steuerermäßigung bei Mitgliedsbeiträgen und Spenden an politische Parteien und unabhängige Wählervereinigungen
§ 34g EStG gewährt eine Steuerermäßigung für Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien und Wählervereinigungen. Diese beträgt 50 % der Ausgaben, höchstens 825 € im Kalenderjahr, bei zusammenveranlagten Ehegatten 1.650 €.
Voraussetzung für die Anwendung der Steuerermäßigung ist u. a. dass es sich um eine Zuwendung (Mitgliedsbeitrag/Spende) an eine Partei i. S. des Parteiengesetzes oder einen bestimmten eingetragenen oder nicht eingetragenen Verein ohne Parteicharakter i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 4, 5 KStG handelt. Hierunter fallen insbesondere kommunale Wählervereinigungen oder freie Wählergemeinschaften. Zuwendungen an Vereine sind allerdings nur begünstigt, wenn der Verein an der letzten Wahl erfolgreich – zumindest ein Mandat – teilgenommen hat oder wenn er dem betreffenden Wahlleiter angezeigt hat, an der nächsten Wahl teilzunehmen.
Handelt es sich um die Zuwendung an eine Partei, dann können Ausgaben, für die noch keine Steuerermäßigung gewährt wurde, im Rahmen des § 10b Abs. 2 EStG bei der Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden; s. Tz. 145, b. Diese Möglichkeit besteht allerdings nicht für Zuwendungen an Wählervereinigungen und vergleichbare Vereine.
Tz. 273 Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb
a) Allgemeines
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) sollen steuerlich nicht stärker belastet sein als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (§ 18 EStG). Daher kann gem. § 35 EStG die von gewerblichen Unternehmen gezahlte Gewerbesteuer auf die Einkommensteuerschuld angerechnet werden. Damit tritt bis zu einem Hebesatz von ca. 340 % eine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer ein. Die Steuerermäßigung des § 35 EStG können sowohl unbeschränkt als auch beschränkt Steuerpflichtige geltend machen.
Die Steuerermäßigung des § 35 EStG mindert die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags (§ 3 Abs. 2 SolZ), nicht jedoch die Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2 Satz 3 EStG i. V. mit den jeweiligen Kirchensteuergesetzen). Zur Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007 s. , BStBl 2007 I S. 701). Der Ermäßigungshöchstbetrag bildet neben der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer die absolute Obergrenze für die Gewährung von Steuerermäßigungen. Für die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags kommt eine Verhältnisrechnung zur Anwendung. Danach ist der Quotient aus der positiven Summe der gewerblichen Einkünfte i. S. des § 35 EStG und der Summe aller positiven Einkünfte zu bilden und mit der geminderten tariflichen Steuer zu multiplizieren (Berechnungsbeispiel s. R 35 EStR 2008). Die geminderte Steuer ergibt sich dadurch, dass von der tariflichen Steuer die anzurechnenden ausländischen Steuern nach § 34c Abs. 1 und 6 EStG und § 12 AStG (und – nach gegenwärtigem Rechtszustand – der Betrag nach Punkt 11 Ziff. 2 des Schlussprotokolls zu Art. 23 DBA Belgien in der durch Art. 2 des Zusatzabkommens v. 5. 11. 12002 geänderten Fassung, BGBl 2003 II S. 1615) abgezogen werden. Bei der Berechnung der tariflichen Einkommensteuer sind die sonstigen Steuerermäßigungen (anzurechnende ausländische Steuern nach § 34c Abs. 1 und 6 EStG und § 12 AStG) abzuziehen mit Ausnahme derjenigen nach § 34f EStG („Wohnkindergeld”), § 34g EStG (Steuerermäßigung bei Zuwendungen an politische Parteien) sowie nach § 35a EStG (Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Beschäftigungsverhältnisse). § 35a EStG wurde bei Nennung der für die Berechnung der tariflichen Einkommensteuer für diese Zwecke nicht zu berücksichtigenden Regelungen durch das Jahressteuergesetz – JStG – 2009 v. (BGBl 2008 I S. 2794) in § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG klarstellend ausdrücklich aufgenommen. Allerdings ergab sich diese Abzugsreihenfolge bezüglich des § 35a EStG bisher allgemein schon aus § 35a Abs. 1 Satz 1 EStG.
Entsteht bei einem Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb infolge eines Verlustabzugs nach § 10d EStG in Zusammenhang mit der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG ein sog. Anrechnungsüberhang, kann der Steuerpflichtige nicht die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer in Höhe des verfallenden Anrechnungsbetrags beanspruchen. Insoweit wird die Steuerermäßigung durch den Verlustabzug verdrängt. Zur Verfassungsmäßigkeit dieses Effekts s. NWB NAAAC-86786.
b) Einzelunternehmen
Bei Einkünften aus Einzelunternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, von der zuvor die sonstigen Steuerermäßigungen (mit Ausnahme der Steuerermäßigungen nach § 34f EStG und § 34g EStG) abgezogen wurden, um das 1,8fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Anteilige Gewerbesteuermessbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, sind einzubeziehen (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zweiter Halbsatz EStG).
c) Mitunternehmerschaften
Bei Mitunternehmerschaften (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) ist die Ermäßigung auf Grundlage des jeweiligen Anteils des einzelnen Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag zu berechnen (§ 35 Abs. 2 EStG). Die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags erfolgt dabei nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel, der sich aus den handelsrechtlichen Vorschriften oder ggf. abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen ergibt und der auch steuerlich anzuerkennen ist.
Bei einem unterjährigen Gesellschafterwechsel, der nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat, ist der Gewerbesteuermessbetrag auf alle Gesellschafter – auch den ausgeschiedenen und den neu eingetretenen – nach Maßgabe des von den Gesellschaftern gewählten Gewinnverteilungsschlüssels vorzunehmen.
Bei doppel- oder mehrstöckigen Mitunternehmerschaften ist auch der Anteil am Gewerbesteuermessbetrag, der auf die Gewinne der „Untergesellschaften” entfällt, mit einzubeziehen. Bei einer KGaA führt nur der auf die persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Teil des Gewerbesteuermessbetrags zu einer Steuerermäßigung. Die Feststellung ist von dem Finanzamt vorzunehmen, das auch die einheitliche Gewinnfeststellung vornimmt. Gewerbesteuermessbescheid und Aufteilungsbescheid sind Grundlagenbescheide für die Gewerbesteueranrechnung.
Zu Einzelheiten bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007 s. , BStBl 2007 I S. 701.
Nach dem NWB TAAAC-67337 (Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt; Az. des BFH: IV B 136/07) sind weder Vorabgewinne noch Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG bei der Ermittlung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke des § 35 EStG zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um gewinnabhängige oder fixe Vergütungen handelt. Einem Gesellschafter außerhalb der prozentualen Beteiligung am Ergebnis der Gesellschaft zugewiesene Gewinnbestandteile sind bei der Aufteilung nach § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG außer Betracht zu lassen (entgegen , BStBl 2002 I S. 533, , BStBl 2007 I S. 108, und , BStBl 2007 I S. 701).
d) Gewerbliche Einkünfte
Zu den gewerblichen Einkünften i. S. des § 35 EStG gehören nur die Einkünfte i. S. des § 15 EStG, wenn sie dem Grunde nach gewerbesteuerpflichtig und nicht von der Anwendung des § 35 EStG ausgeschlossen sind, wie z. B. der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn nach § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG. Zu Einzelheiten bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007 s. , BStBl 2007 I S. 701; Tz. 9, 10. Zu den gewerblichen Einkünften i. S. des § 35 EStG gehören auch nicht die Gewinne, soweit diese nach § 5a EStG ermittelt wurden. Es gilt das sog. Meistbegünstigungsprinzip. Liegen gleichzeitig negative Einkünfte vor, sind diese zur Berechnung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG vorrangig mit nicht nach § 35 EStG tarifbegünstigten gewerblichen Einkünften zu verrechnen. Entsprechendes gilt bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten (§§ 26, 26b EStG). Haben beide Ehegatten gewerbliche Einkünfte i. S. des § 35 EStG erzielt, werden die gewerblichen Einkünfte zu einem Betrag zusammengefasst (, BStBl 2007 II S. 694; , BStBl 2007 I S. 701, Rz. 12, 14).
e) Änderungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 und das Jahressteuergesetz 2008
Ab Veranlagungszeitraum 2008 unterliegt die Gewerbesteuer dem vollumfänglichen Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 4 Abs. 5b EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008. Zum Ausgleich wird der Anrechnungsfaktor von 1,8 auf 3,8 angehoben. Bei einem Spitzensteuersatz von 45 % und einem bundesweit durchschnittlichen Hebesatz von 400 % wird damit eine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer erreicht. Zusätzlich wird die Gewährung der Steuerermäßigung der Höhe nach auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer des Unternehmens als Höchstbetrag begrenzt (§ 35 Abs. 1 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Wegen der Höchstbetragsbegrenzung sind bei Mitunternehmerschaften neben dem Gewerbesteuermessbetrag auch die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer sowie der jeweils auf den einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen (§ 35 Abs. 2 Satz 1 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Dadurch wird der Gewerbesteuerbescheid zusätzlich zum Gewerbesteuermessbescheid Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid (§ 35 Abs. 3 Satz 2 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2008 ist die bisher nur in Rz. 5.2 des , BStBl 2007 I S. 701, enthaltene Berechnungsformel in § 35 Abs. 1 EStG aufgenommen worden; vgl. auch vorstehend unter a) Allgemeines. S. auch Schmidt/Schwind NWB, F. 3 S. 14917 ff. NWB JAAAC-68989 sowie Wichert NWB, F. 3 S. 14975 ff. NWB RAAAC-72782 (der Beitrag enthält ein Schaubild zur Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags ab Veranlagungszeitraum 2008).
Zu Einzelheiten s. , BStBl 2009 I S. 440, das erstmalig für Veranlagungszeiträume ab 2008 anzuwenden ist, sowie OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 022/2009 v. NWB LAAAD-25230, mit zahlreichen Beispielen.
Tz. 274 Steuerermäßigung bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen
a) Änderung der Steuerermäßigungsregelung durch das Familienleistungsgesetz
Die Steuerabzugs- und -ermäßigungsregelungen im Bereich des privaten Haushalts des Steuerpflichtigen als Arbeitgeber oder Auftraggeber bis hin zum Pflege- und Betreuungsbereich sind durch das Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen – Familienleistungsgesetz – FamLeistG – v. (BGBl. 2008 I S. 2955) zusammengefasst und vereinfacht worden. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 werden solche Tatbestände einheitlich nur noch im Wege des Steuerabzugs gefördert. Eine Unterscheidung nach Art und Grund der Beschäftigung erfolgt nur noch danach, ob es sich bei dem haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnis um eine geringfügige Beschäftigung i. S. des § 8a SGB IV handelt (§ 35a Abs. 1 EStG). Alle anderen Beschäftigungsverhältnisse und haushaltsnahen Dienstleistungen, einschließlich Pflege- und Betreuungsleistungen, werden in einer Förderregelung, dem neuen § 35a Abs. 2 EStG, zusammengefasst.
Die Fördersaätze werden für alle Förderungen – einschließlich der geringfügigen Beschäftigung – einheitlich auf 20 % festgelegt. Allerdings beträgt der Höchstbetrag für die Förderung der geringfügigen Beschäftigung unverändert 510 €. Die Höchstbeträge für die anderen begünstigten Sachverhalte betragen zusammengefasst und einheitlich 20 % der gesamten Aufwendungen, höchstens 4.000 € (= 20 % von 20.000 €). Dadurch werden durchschnittlich pro Monat 1.665 € Aufwendungen gefördert. Wegen der mit dieser Vereinheitlichung verbundenen erheblichen Erhöhung der Förderhöchstbeträge konnte die bisherige Verdoppelungsregelung für bestimmte Pflege- und Betreuungsleistungen (§ 35a Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG a. F.) entfallen. Damit entfallen auch Bürokratiehürden, wodurch die elektronische Abgabe der Steuererklärung erleichtert wird.
Die bisherige Förderung der Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt des Steuerpflichtigen aufgrund Alters, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen (§ 33a Abs. 3 EStG a. F.; vgl. Tz. 260, a) wird in die Regelung des § 35a EStG mit einbezogen. Der Vorteil im Vergleich zur bisherigen Regelung liegt darin, dass der Abzug von der Steuerschuld – im Gegensatz zum Abzug von der Bemessungsgrunage bei den außergewöhnlichen Belastungen – unabhängig ist vom individuellen Steuersatz und sich somit für Steuerpflichtige, die in der Progression nicht so hoch sind, günstiger auswirkt.
b) Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen
Gefördert werden Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt. Haushaltsnahe Tätigkeiten sind z. B. die Reinigung der Wohnung des Steuerpflichtigen, die Zubereitung von Mahlzeiten im Haushalt, die Pflege, Versorgung und Betreuung von Kranken, alten Menschen und pflegebedürftigen Personen sowie die Gartenpflege. Nach § 35a Abs. 1 EStG verringert sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um sonstige Steuerermäßigungen, auf Antrag um
bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008: 10 % der Aufwendungen, höchstens 510 € jährlich, für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung in einem Privathaushalt (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG a. F.), ab Veranlagungszeitraum 2009: 20 % der Aufwendungen, höchstens 510 € (§ 35a Abs. 1 EStG i. d. F. des FamLeistG);
bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008: 12 % der Aufwendungen, höchstens 2.400 € jährlich, bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen, für die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung entrichtet werden und die keine geringfügig entlohnte Beschäftigung darstellen (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a. F.). Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 werden die Steuerermäßigung für diese haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisse und diejenige für haushaltsnahe Dienstleistungen zusammengefasst.
Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 ermäßigt sich der Höchstbetrag für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nicht vorgelegen haben, um ein Zwölftel (§ 35a Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.). Diese Kürzung des Höchstbetrags ist ab dem Veranlagungszeitraum 2009 weggefallen.
Haushaltsnahe Dienstleistungen i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden. Keine haushaltsnahen Dienstleistungen sind solche, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden, aber keinen Bezug zur Hauswirtschaft haben (, BStBl 2007 II S. 760).
Für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die in einem Haushalt des Steuerpflichtigen, der in der EU oder im EWR liegt, erbracht werden, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um sonstige Steuerermäßigungen wie folgt:
bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008: 20 % der Aufwendungen, höchstens 600 € jährlich für allgemeine haushaltsnahe Dienstleistungen, die keine Handwerkerleistungen usw. sind;
bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008: dieser Betrag erhöht sich auf 20 % der Aufwendungen, höchstens 1.200 € jährlich, bei Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen.
Ab Veranlagungszeitraum 2009 vermindert sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für andere als in § 35a Abs. 1 EStG i. d. F. des FamLeistG (= geringfügige Beschäftigungen) aufgeführte haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und für haushaltsnahe Dienstleistungen, die keine Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG i. d. F. des FamLeistG sind. Die Steuerermäßigung kann auch in Anspruch genommen werden für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind.
c) Handwerkerleistungen
Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um sonstige Steuerermäßigungen, bis Veranlagungszeitraum 2008 nach § 35a Abs. 2 EStG a. F. und ab Veranlagungszeitraum 2009 nach § 35a Abs. 3 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung v. (BGBl 2008 I S. 2896) und des FamLeistG um
20 % der Aufwendungen, höchstens 600 € (ab Veranlagungszeitraum 2009 für Leistungen, die nach dem erbracht worden sind, 1.200 €, § 52 Abs. 50b Satz 4 EStG) jährlich, bei Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen. Die nach dem CO2 -Gebäudesanierungsprogramm der KfW Förderbank geförderten Maßnahmen sind ausdrücklich ausgenommen worden; der Ausschluss der steuerlichen Förderung gilt sowohl bei Inanspruchnahme eines zinsverbilligten Darlehens als auch bei Erhalt eines Zuschusses.
Nehmen Handwerker Schönheitsreparaturen oder kleinere Ausbesserungsarbeiten vor, gehören diese Tätigkeiten zu den Handwerkerleistungen. Ist der Höchstbetrag von 600 € bzw. 1.200 € bereits ausgeschöpft, kann für diese Arbeiten nicht der ggf. noch nicht ausgeschöpfte Höchstbetrag für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden ( NWB CAAAD-09503; Revision eingelegt, Az. des BFH: VI R 4/09).
d) Gemeinsame Regelungen
Voraussetzung ist, dass das haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnis in einem Haushalt, der in der EU oder im EWR liegt, ausgeübt oder die haushaltsnahe Dienstleistung oder die Handwerkerleistung in einem solchen Haushalt erbracht wird bzw. Heim oder Ort der dauernden Pfelege in der EU oder im EWR liegt (§ 35a Abs. 4 EStG i. d. F. des FamLeistG). Der Abzug ist nur möglich, wenn es sich um Arbeitskosten handelt (§ 35a Abs. 5 Satz 2 EStG i. d. F. des FamLeistG) und die Aufwendungen nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen oder unter § 4f, § 9 Abs. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 5 oder 8 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009: § 9c EStG i. d. F. des FamLeistG) fallen und soweit sie nicht bereits als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind (§ 35a Abs. 2 Satz 3 EStG a. F., § 35a Abs. 5 Satz 1 EStG i. d. F. des FamLeistG); Materialkosten oder sonstige gelieferte Waren bleiben außer Ansatz. Außerdem muss der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten haben und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Dienstleistung, der Pflege- oder Betreuungsleistung oder der Handwerkerleistung erfolgt sein. Barzahlungen schließen Steuerermäßigungen nach § 35a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG a. F. bzw. nach § 35a Abs. 2 Satz 1 und 2 und Abs. 3 Satz 1 EStG i. d. F. des FamLeistG aus, auch wenn die Zahlungen vom Leistungserbringer oder dessen Steuerberater bestätigt werden (, BStBl 2009 II S. 307 zur Nichtanerkennung eines Kontoauszugs des Leistungserbringers nach Bareinzahlung auf sein Konto). Aus der Rechnung müssen sich der Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung oder der Handwerkerleistung als Rechnungsaussteller, der Empfänger der Dienstleistung, die Art, der Zeitpunkt und der Inhalt der Dienstleistung sowie die dafür vom Steuerpflichtigen jeweils geschuldeten Entgelte ergeben ( NWB AAAAD-17981). Bis Veranlagungszeitraum 2007 waren die Vorlage der Rechnung und der Zahlungsnachweis durch Beleg des Kreditinstituts bereits mit Abgabe der Einkommensteuererklärung notwendig. Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 reicht es aus, wenn der Steuerpflichtige über die entsprechenden Nachweise verfügt. Er muss sie auf Verlangen dem Finanzamt vorlegen können.
Die Steuerermäßigung kommt für alle haushaltsnahen Tätigkeiten in Betracht, auch für diejenigen, die nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden (z. B. Tätigkeit eines selbständigen Fensterputzers, Gärtners oder Pflegediensts, Inanspruchnahme haushaltsnaher Tätigkeiten über eine Dienstleistungsagentur, Leistungen von Umzugsspeditionen bei privat veranlassten Umzügen). Da die beiden Ermäßigungstatbestände gem. § 35a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 EStG a. F. und ab dem Veranlagungszeitraum 2009 die beiden Ermäßigungstatbestände des § 35a Abs. 2 und Abs. 3 EStG i. d. F. des FamLeistG nebeneinander beansprucht werden können, beträgt die maximale Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG a. F. 1.800 € und nach § 35a Abs. 2 und 3 EStG i. d. F. des FamLeistG 5.200 €.
Die Höchstbeträge des § 35a EStG verdoppeln sich bei Ehegatten nicht. Bei einer getrennten Veranlagung steht die Steuerermäßigung jedem Ehegatten zur Hälfte zu; eine andere Aufteilung kann aber durch einen gemeinsamen Antrag der Ehegatten erreicht werden (§ 26a Satz 4 EStG). Leben zwei Alleinstehende in einem Haushalt zusammen, können sie die Höchstbeträge des § 35a EStG insgesamt nur einmal in Anspruch nehmen (§ 35a Abs. 3 EStG a. F., § 35a Abs. 5 Satz 4 EStG i. d. F. des FamLeistG).
Die Steuerermäßigung nach § 35a EStG wird auf Antrag bei der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt und wirkt sie sich somit auch bei den Einkommensteuer-Vorauszahlungen aus. Um eine Berücksichtigung im Lohnsteuer-Abzugsverfahren zu erreichen, wird die Steuerermäßigung durch Vervierfachung in einen Freibetrag umgerechnet und vom Finanzamt als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen (§ 39a Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c EStG).
Ein nicht ausgenutzter Steuerermäßigungsbetrag verfällt. Kann ein Steuerermäßigungsbetrag in einem Veranlagungszeitraum nicht in Anspruch genommen werden, weil oder soweit die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, niedriger ist, ist weder die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer in Höhe des Anrechnungsüberhangs noch die Feststellung einer rück- oder vortragsfähigen Steuerermäßigung zulässig (, BStBl 2009 II S. 411).
Zu weiteren Einzelheiten, wie z. B. der Anwendung der Regelung bei Wohnungseigentümergemeinschaften oder von Mietern vgl. , BStBl 2007 I S. 783, sowie Nolte, NWB F. 3 S. 14895 ff. NWB AAAAC-65181. Zur Steuerermäßigung für Bewohner eines Heims s. NWB-EN-Nr. 348/2008 NWB JAAAC-75410 sowie NWB VAAAC-75312. Eine Gegenüberstellung der Rechtslage bis und ab Veranlagungszeitraum 2006 enthält der Beitrag von Bernhard in NWB F. 3 S. 14991 ff. NWB QAAAC-74171. Zu den Änderungen des § 35a EStG durch das Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" vom (BGBl 2008 I S. 2896) und durch das Familienleistungsgesetz vom (BGBl 2008 I S. 2955) vgl. auch Nolte, NWB F. 3 S. 15467 ff. NWB SAAAD-11961.
Tz. 274a Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer
Mit der grundlegenden Änderung des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom (BGBl 2008 I S. 3018) wurde im Einkommensteuergesetz mit Schaffung des § 35b EStG wieder eine Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer eingeführt. Sie gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009, wenn der Erbfall nach dem eingetreten ist (§ 52 Abs. 50c EStG) und entspricht inhaltlich dem früheren § 35 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 1998 anzuwendenden Fassung.
Die Regelung verringert die Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer und ist beschränkt auf Fälle, in denen beim Erben Einkünfte tatsächlich mit Einkommensteuer belastet werden, die zuvor als Vermögen oder als Bestandteil des Vermögens bereits der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Zu solchen Einkünften gehören z. B. Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme einzelner Wirtschaftsgüter (Aufdeckung stiller Reserven), die beim Erblasser Betriebsvermögen waren und als Betriebsvermögen auf den Erben als Erwerber übergegangen sind.
Die Steuerermäßigung wird auf Antrag gewährt. Sie bestimmt sich nach dem Prozentsatz, der sich aus dem Verhältnis ergibt, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem nach § 10 Abs. 1 ErbStG steuerpflichtigen Erwerb die Freibeträge nach §§ 16 und 17 und der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG hinzugerechnet werden. Bei Gewährung der Steuerermäßigung wird die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf die mit Erbschaftsteuer belasteten Einkünfte entfällt, um diesen Prozentsatz ermäßigt (§ 35b Satz 2 EStG). Begünstigt sind die Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben (§ 35b Satz 1 EStG). Zuwendungen unter Lebenden sind nicht begünstigt. Daher ist die Belastungsverringerung bei vorweggenommener Erbfolge ausgeschlossen. § 35b Satz 3 EStG schließt die Möglichkeit der Steuerermäßigung aus, soweit Erbschaftsteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgabe abgezogen wird. Dieser Sonderausgabenabzug ist allerdings seit jeher äußerst umstritten; es wird daher kaum Anwendungsfälle für Satz 3 geben.
8. Teil: Erhebung und Entrichtung der Steuer
I. Erhebung der Einkommensteuer
Tz. 275 Entstehung und Tilgung der Einkommensteuer
a) Entstehung der Einkommensteuer
Nach § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer – soweit das EStG nichts anderes vorschreibt – mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (vgl. § 3 Abs. 1 AO). Entsprechendes gilt für einen Erstattungsanspruch nach Anrechnung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.
Einkommensteuer-Vorauszahlungen entstehen jeweils mit Beginn des Kalendervierteljahrs, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind, oder, wenn die Steuerpflicht erst im Laufe des Kalendervierteljahrs begründet wird, mit Begründung der Steuerpflicht (vgl. § 37 EStG; s. Tz. 276). Die Lohnsteuer (als Erhebungsform der Einkommensteuer bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt (vgl. § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG). Kapitalertragsteuer (s. Tz. 283) entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die sog. Aufsichtsratsteuer als Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Aufsichtsratvergütung dem Gläubiger zufließen (§ 50a Abs. 5 Satz 1 EStG i. V. mit § 73c EStDV; vgl. auch Tz. 296).
Der auf einem Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 EStG) beruhende Erstattungsanspruch entsteht nicht schon mit Ablauf des Jahrs des Verlustabzugs, sondern erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem der Verlust entstanden ist (, BStBl 2000 II S. 491).
b) Tilgung der Einkommensteuer
aa) Anrechnung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen
§ 36 Abs. 2 EStG regelt die Anrechnung der Einkommensteuerbeträge, die für den betreffenden Veranlagungszeitraum zu anderen Entstehungszeitpunkten erhoben und entrichtet worden sind; vgl. oben Tz. 275, a. Das sind Beträge, die entweder der Steuerpflichtige selbst oder ein Dritter für ihn an das Finanzamt entrichtet hat. Evtl. Überzahlungen führen zur Erstattung. Anzurechnen sind zum einen die Einkommensteuer-Vorauszahlungen (s. § 37 EStG), zum anderen bestimmte Steuerabzugsbeträge (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer). Die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf zwei Grundtatbestände begrenzt. Zum einen ist die Anrechnung nur zulässig, soweit die Beträge auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte erhoben worden sind (, BStBl 2001 II S. 353). Das gilt auch dann, wenn die Nichterfassung der vom Finanzamt erst später bekannt gewordenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf der Beachtung des Verböserungsverbots beruhte ( NWB GAAAB-04911). Zum anderen ist sie zulässig, soweit die Beträge im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens/Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 EStG oder im Rahmen des § 8b Abs. 1 und Abs. 6 Satz 2 KStG (Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen) auf Bezüge entfallen, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, sofern nicht die Erstattung beantragt oder durchgeführt worden ist. Werden Einkünfte aus ausländischen Investmentanteilen nicht in die Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen, sondern die darauf entfallende Einkommensteuer im Wege der §§ 1, 8 Abs. 1 StraBEG erhoben, hat die so errechnete Abgabe abgeltende Wirkung. Diese führt dazu, dass nicht nur die gemäß § 1 StraBEG errechnete Abgabe von der Anrechnung ausgeschlossen ist, sondern auch die bei der Berechnung der Einnahmen außer Betracht bleibenden Steuerabzüge (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, Zinsabschlagsteuer und Bauabzugsteuer). Eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommt nicht in Betracht (, rkr., EFG 2008 S. 146).
Wird nach Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht von den im Ausland bezogenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (zu Unrecht) Lohnsteuer einbehalten und an ein inländisches Finanzamt abgeführt, ist auch diese Lohnsteuer auf die für den Veranlagungszeitraum festgesetzte Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers anzurechnen (, BStBl 2000 II S. 581).
§ 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und 3 EStG regelt die Nachweispflicht der durch Steuerabzug erhobenen Beträge. Für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer ist es erforderlich, dass die Bescheinigungen, die in § 45a Abs. 2 und 3 EStG näher bezeichnet sind, dem Finanzamt im Original vorgelegt werden. Die Vorlage einer Steuerbescheinigung ist damit materiell-rechtlich zwingende Voraussetzung für die Anrechnung inländischer Kapitalertragsteuer (§ 7 Abs. 7 InvStG, § 38b Abs. 5 Satz 2 KAGG i. V. mit § 45a Abs. 2 und 3 EStG). Mit (BStBl 2008 I S. 973), ergänzt durch das (BStBl 2009 I S. 631 und v. - S 2401), hat das BMF Musterbescheinigungen für Kapitalerträge, die der Abgeltungssteuer unterliegen, veröffentlicht. In Abhängigkeit davon, zu welcher Vermögenssphäre die Kapitalerträge gehören und wer der Schuldner ist, gibt es Steuerbescheinigungen für Privatkonten, für Konten bei §§ 13, 15, 18 und 21 EStG-Einkünften und für leistende Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen. Eine Steueranrechnung auf Grundlage der veröffentlichten Besteuerungsgrundlagen des Investmentvermögens (Rechenschaftsbericht, elektronischer Bundesanzeiger) ist nicht zulässig (vgl. NWB XAAAC-49157). Stellt ein Kreditinstitut dem Kunden die Steuerbescheinigung ausschließlich in elektronischer Form zur Verfügung, ist eine Anrechnung der Steuerabzugsbeträge nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht zulässig, da die Art der Erteilung der Bescheinigung nicht der gesetzlichen Regelung des § 45a EStG entspricht (vgl. z. B. OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 14/2007 v. NWB ZAAAC-47438). Für die Anrechnung der Steuerabzugsbeträge ist es unerheblich, in welcher Einkunftsart die steuerpflichtigen Einnahmen angefallen sind. Werden abgezinste Kapitalforderungen in einer Bilanz erfasst, ist die Kapitalertragsteuer stets im Erhebungsjahr anzurechnen. S. auch R 36 EStR.
bb) Rundungsregelung
Steuerabzugsbeträge i. S. des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG sind auf volle Euro-Beträge aufzurunden. Dabei ist jeweils die Summe der Beträge einer einzelnen Abzugsteuer aufzurunden.
cc) Abschlusszahlung
Eine Abschlusszahlung ist sofort fällig, soweit sie den fälligen, aber noch nicht bezahlten Vorauszahlungen entspricht. Darüber hinaus ist die Abschlusszahlung einen Monat nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids zu entrichten. Festgesetzte Einkommensteuer wird nur in dem Umfang fällig, in dem in der Anrechnungsverfügung (Abrechnung zum Steuerbescheid) eine Abschlusszahlung ausgewiesen wird (, BStBl 2001 II S. 133). Ein Überschuss zugunsten des Steuerpflichtigen wird nach Bekanntgabe des Steuerbescheids an ihn ausgezahlt. Bei Zusammenveranlagung von Ehegatten wirkt die Auszahlung des Erstattungsbetrags an einen der Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten. Zur Person des Erstattungsberechtigten im Fall der Überzahlung von Einkommensteuer für zusammenveranlagte Ehegatten vgl. z. B. , BStBl 1990 II S. 41.
Ansprüche auf Erstattung von Steuern können abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden (§ 46 Abs. 1 AO). Das gilt nicht für den Anspruch auf Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen, sondern nur für den Betrag, der sich als Einkommensteuererstattung nach Anrechnung dieser Abzugsbeträge ergibt. Der Erstattungsanspruch entsteht – wie die Einkommensteuer an sich – nach § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. Eine Abtretung wird erst wirksam, wenn sie der Gläubiger (der anspruchsberechtigte Steuerpflichtige) in der nach § 46 Abs. 3 AO vorgeschriebenen Form dem zuständigen Finanzamt nach Entstehen des Anspruchs anzeigt. Eine Abtretung vor Entstehen des Anspruchs ist unwirksam. Das Finanzamt kann gegen Forderungen aufrechnen, und zwar auch gegenüber dem Neugläubiger (, BStBl 1990 II S. 523).
Zur Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen s. §§ 233a ff. AO.
Tz. 276 Einkommensteuer-Vorauszahlungen
a) Entstehung und Fälligkeit von Vorauszahlungen
Auf die Einkommensteuer, die ein Steuerpflichtiger für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden wird, sind Vorauszahlungen zu leisten. Zu den vierteljährlichen Fälligkeitsterminen am 10. 3., 10. 6., 10. 9. und 10. 12. ist jeweils ein Viertel der Jahressteuerschuld zu entrichten. Nach § 37 Abs. 2 EStG können die Oberfinanzdirektionen für Land- und Forstwirte und Arbeitnehmer, bei denen ein Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen wird (z. B. Grenzgänger), abweichende Vorauszahlungstermine bestimmen. Von dieser Möglichkeit wird derzeit jedoch kein Gebrauch gemacht. Die Regelung ist daher durch das Jahressteuergesetz 2009 aufgehoben worden.
Die Vorauszahlungsschuld entsteht dem Grunde nach bereits mit Beginn des Kalendervierteljahrs, für das die Vorauszahlungen zu entrichten sind. Wird die Einkommensteuerpflicht erst im Laufe eines Kalendervierteljahrs begründet, verschiebt sich die Entstehung der Vorauszahlung auf diesen Zeitpunkt.
b) Bemessung und Festsetzung von Vorauszahlungen
Die Vorauszahlungen bemessen sich i. d. R. nach den Ergebnissen der dem Vorauszahlungszeitraum zeitlich am nächsten liegenden durchgeführten Einkommensteuerveranlagung (ohne Berücksichtigung von Änderungsveranlagungen). Hierbei ist die festgesetzte Einkommensteuer nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) zugrunde zu legen.
Eine Festsetzung von Vorauszahlungen ist auch zulässig, wenn der Steuerpflichtige ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen (, BStBl 2005 II S. 358). Liegt bei erstmaliger Festsetzung von Vorauszahlungen keine Veranlagung vor, ist die Höhe der Vorauszahlungen anhand anderer Anhaltspunkte zu schätzen (, BStBl 1982 II S. 446). Dabei hat das Finanzamt alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung bekannt sein konnten.
Die Vorauszahlungen werden durch einen Vorauszahlungsbescheid festgesetzt. Dieser Steuerbescheid steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Nr. 2 AO). Allerdings sind Vorauszahlungen nur festzusetzen, wenn sie mindestens 400 € (bis Veranlagungszeitraum 2008: 200 €) im Kalenderjahr und mindestens 100 € (bis Veranlagungszeitraum 2008: 50 €) für einen Vorauszahlungszeitpunkt betragen.
c) Nicht zu berücksichtigende Beträge
aa) Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen
Auch wenn sich die Vorauszahlungen an die Ergebnisse der letzten Einkommensteuerveranlagung anlehnen, bleiben bestimmte Aufwendungen bei der Festsetzung unberücksichtigt, um eine Gleichbehandlung mit Arbeitnehmern zu bewirken. So bleiben mit Ausnahme der Vorsorgeaufwendungen die Sonderausgaben i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 4, 5, 7–9 EStG und des § 10b EStG a. F. (ab Veranlagungszeitraum 2009: § 9c Abs. 2 und 3 EStG, § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 1b, 4, 7 und 9 EStG i. d. F. des FamLeistG), die außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG sowie die abziehbaren Beträge nach § 33a EStG außer Ansatz, wenn die Aufwendungen und abziehbaren Beträge 600 € nicht übersteigen. Nicht anzusetzen sind auch die Aufwendungen für die zusätzliche private Altersvorsorge nach § 10a EStG (sog. Riesterrente). Bei getrennter Veranlagung von Ehegatten (§ 26a EStG) ist für die Ermittlung der 600-€-Grenze die Summe der für beide Ehegatten in Betracht kommenden Aufwendungen und abziehbaren Beträge zugrunde zu legen (R 37 EStR).
Durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl 2009 I S. 1959) wurde die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen für eine Kranken- und Pflegeversicherung neu geregelt (hierzu Tz. 132, a). Dem Finanzamt liegen für die Ermittlung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2010 noch keine Angaben zur Höhe der Beiträge zum existenznotwendigen Krankenversicherungsschutz der privat Krankenversicherten vor. Daher sind entweder die Krankenversicherungsbeiträge, wie sie bei der letzten Veranlagung berücksichtigt wurden, um 20 % gekürzt anzusetzen oder die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, vermindert um 4 %. Als Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung) sind die bei der letzten Veranlagung berücksichtigten Beiträge zugunsten einer gesetzlichen Pflegeversicherung anzusetzen. Für beide Beitragsarten sind mindestens 1.500 € anzusetzen. Werden die Vorauszahlungen ab dem Veranlagungszeitraum 2010 auf der Basis des Veranlagungszeitraums 2008 berechnet, ist der Betrag von 1.500 € anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige keine höheren Beiträge nachweist. Bei zusammenveranlagten Ehegatten sind die jeweiligen Beträge zu verdoppeln (§ 52 Abs. 50f EStG i. d. Fassung des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung).
bb) Negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Negative Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes können bei der Festsetzung von Vorauszahlungen nur für Kalenderjahre berücksichtigt werden, die nach der Anschaffung oder Fertigstellung dieses Gebäudes beginnen. Wenn die Anschaffung des Gebäudes vor dessen Fertigstellung erfolgt, ist die Fertigstellung des Gebäudes maßgebend. Es ist verfassungsrechtlich nicht bedenklich, dass Vermietungsverluste im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr nicht die Einkommensteuer-Vorauszahlungen dieses Jahrs mindern, sondern erst bei der Veranlagung angesetzt werden (, BStBl 1994 II S. 567). Zur Ausnahme von dieser Regelung s. § 37 Abs. 3 Satz 10 EStG.
Die einschränkende Regelung für die Berücksichtigung negativer Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes bei der Bemessung von Vorauszahlungen ist für negative Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung anderer Vermögensgegenstände als eines Gebäudes i. S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1–3 EStG (z. B. unbebaute Grundstücke, in ein Schiffregister eingetragene Schiffe, Filmrechte) entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Anschaffung oder Fertigstellung tritt hier jedoch die Aufnahme der Nutzung durch den Steuerpflichtigen.
Die vorgenannten Einschränkungen finden auch bei der Beteiligung an Gemeinschaften oder Gesellschaften Anwendung, die negative Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung erzielen. Zum Verfahren der im Zusammenhang mit der Beteiligung festzustellenden Verluste vgl. , BStBl 1992 I S. 404.
cc) Freibeträge für Kinder
Wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kinds durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang erreicht, werden die Freibeträge für Kinder erst im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt (Familienleistungsausgleich). Sie bleiben bei der Festsetzung von Vorauszahlungen außer Ansatz.
d) Anpassung der Vorauszahlungen
Während des Veranlagungszeitraums oder bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden 15. Kalendermonats kann das Finanzamt die Vorauszahlungen an die Einkommensteuer anpassen, die sich voraussichtlich für den Veranlagungszeitraum ergeben wird. Übersteigen voraussichtlich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die anderen Einkünfte, verlängert sich die Frist auf 21 Monate. Die Anpassung kann zu einer Erhöhung oder Herabsetzung der Vorauszahlungen führen. Festgesetzte Vorauszahlungen sind jedoch nur zu erhöhen, wenn der Erhöhungsbetrag für einen Vorauszahlungszeitpunkt mindestens 100 € (bis zum Veranlagungszeitraum 2008: 50 €) beträgt. Für die Herabsetzung von Vorauszahlungen bestehen dagegen keine Mindestgrenzen. Eine Anpassung ist selbst dann noch möglich, wenn die Einkommensteuererklärung für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum bereits abgegeben wurde (, BStBl 1977 II S. 33).
Zur Anpassung der Vorauszahlungen ist kein förmlicher Antrag erforderlich.
Bei der Festsetzung von Vorauszahlungen für den laufenden Veranlagungszeitraum kann eine Erhöhung der Vorauszahlungen ohne Einhaltung einer Frist für die Entrichtung vorgenommen werden (, BStBl 1982 II S. 105).
Sollen nach Fälligkeit der letzten Vorauszahlung am 10. 12. eines Jahrs die Vorauszahlungen nachträglich erhöht werden, ist die letzte Vorauszahlung für den Veranlagungszeitraum anzupassen. Bei einer Erhöhung der Vorauszahlungen nach Ablauf des Veranlagungszeitraums muss der Erhöhungsbetrag mindestens 5.000 € (bis zum Veranlagungszeitraum 2008: 2.500 €)betragen. Der Erhöhungsbetrag ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Vorauszahlungsbescheids zu entrichten. Auch die erstmalige Festsetzung von Vorauszahlungen kann nach Ablauf des Veranlagungszeitraums erfolgen (, BStBl 1982 II S. 446).
e) Änderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde mit § 34a EStG die antragsgebundene sog. Thesaurierungsbegünstigung mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2008 eingeführt; vgl. Tz. 267. Die Ergänzung des EStG durch § 37 Abs. 3 Satz 5 EStG schließt die Berücksichtigung dieser Steuerermäßigung für Zwecke der Vorauszahlung aus mit der Begründung, dass der Antrag nach § 34a Abs. 1 EStG regelmäßig erst im Rahmen der Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt werden kann, zumal vorher der Umfang der Begünstigung nicht bestimmt werden kann (vgl. BT-Drucks. 16/4841 S. 65 Gesetzesbegründung Besonderer Teil).
Tz. 277 Pauschalsteuer für unentgeltlich erworbene Sachprämien aus Kundenbindungsprogrammen
a) Voraussetzungen
Durch § 3 Nr. 38 EStG werden Sachprämien aus Kundenbindungsprogrammen bis zu einem Wert von 1.080 € bei den Prämienempfängern steuerfrei belassen; vgl. Tz. 22 (32). Ergänzend ermöglicht § 37a EStG den solche Sachprämien gewährenden Unternehmen auf Antrag die Übernahme der für die Prämienempfänger anfallende Einkommensteuer für den steuerpflichtigen Teil der von ihm insgesamt ausgeschütteten Sachprämien in pauschaler Höhe mit abgeltender Wirkung zu übernehmen. Die Anwendung beider Vorschriften bewirkt für den Prämienempfänger scheinbar eine völlige Steuerfreistellung seiner aus dem Kundenbindungsprogramm zufließenden Sachprämien.
§ 37a EStG gilt ausschließlich für Sachprämien i. S. des § 3 Nr. 38 EStG. Die Pauschalierungsmöglichkeit bei Sachzuwendungen richtet sich nach § 37b EStG; vgl. Tz. 278.
Sachprämien sind Leistungen, die nicht in Geld bestehen (z. B. Freiflüge, Hotelübernachtungen, Mietwagenüberlassung). Diese Sachprämien müssen dem Empfänger für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen gewährt werden. Bemessungsgrundlage ist der gesamte Wert aller dem Kunden zufließenden Prämien; damit gehört auch der nach § 3 Nr. 38 EStG steuerfreie Betrag zur Bemessungsgrundlage. Die pauschale Steuer beträgt 2,25 % der Bemessungsgrundlage.
b) Verfahren
Das für die Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer des Prämien gewährenden Unternehmens nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zuständige Betriebsstättenfinanzamt bzw. – bei mehreren Betriebsstättenfinanzämtern – das Finanzamt der Betriebsstätte, in der die für die pauschale Besteuerung maßgebenden Prämien ermittelt werden, entscheidet über den Antrag auf Pauschalierung. Die zu erteilende Genehmigung erfolgt für die Zukunft und kann nicht auf bereits zugeflossene Sachprämien erweitert werden. Eine zeitliche Befristung der Pauschalierungsgenehmigung ist zulässig. Die zugelassene Pauschalierung gilt für alle innerhalb des Genehmigungszeitraums ausgeschütteten Prämien (§ 37a Abs. 3 EStG).
Das die Prämien gewährende Unternehmen hat die Pauschalsteuer als fiktive Lohnsteuer mit der Lohnsteueranmeldung beim Betriebsstättenfinanzamt anzumelden und abzuführen. Die pauschal besteuerten Sachprämien bleiben damit bei der Veranlagung des Prämienempfängers außer Ansatz. Die pauschale Steuer wird weder auf die Einkommensteuer noch auf die Jahreslohnsteuer angerechnet. Der Prämienempfänger ist daher durch das Unternehmen von der Übernahme der Steuer zu unterrichten.
Tz. 278 Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen
Durch § 37b EStG ist ab die Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen eingeführt worden. Zuwendender kann jede natürliche oder juristische steuerpflichtige Person mit Gewinneinkünften sein. Zuwendungsempfänger können Dritte – unabhängig von ihrer Rechtsform – (z. B. Kunden, Geschäftsfreunde, deren Arbeitnehmer, Familienangehörige, Arbeitnehmer verbundener Unternehmen usw.) und eigene Arbeitnehmer sein (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 2–3, 23).
Besteuerungsgegenstand sind
Zuwendungen, die nicht in Geld bestehen und die nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst sind und die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, sowie
Geschenke i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Barzuwendungen und verdeckte Gewinnausschüttungen sind von der Pauschalierung ausgenommen.
Die Sachzuwendungen können vom Zuwendenden mit einem Pauschsteuersatz von 30 % besteuert werden (§ 37b Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Zuwendende kann das Wahlrecht auf Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen für alle Zuwendungen im Wirtschaftsjahr nur einheitlich ausüben. Es ist zulässig, die Pauschalierungsregelung für Zuwendungen an Dritte (§ 37b Abs. 1 EStG) und an eigene Arbeitnehmer (§ 37b Abs. 2 EStG) jeweils gesondert anzuwenden. Die Entscheidung kann nicht zurückgenommen werden (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 4). Bei Rabattgewährung an Konzernmitarbeiter (§§ 15 ff. AktG, § 271 HGB) wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn diese Zuwendungen trotz entgegen stehenden Wahlrechts individuell besteuert werden (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 5). Zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts ab vgl. , BStBl 2008 I S. 566, Rz. 7, 8, 39, sowie NWB NAAAD-24843 mit Praxisbeispielen.
Die Zuwendung ist im Zeitpunkt der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht hingegeben und damit zu erfassen. Die Finanzverwaltung lässt es zu, wenn die Pauschalierung bereits in dem Wirtschaftsjahr vorgenommen wird, in dem der Aufwand zu berücksichtigen ist (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 20, 29). Die Abziehbarkeit der Pauschalsteuer als Betriebsausgabe richtet sich danach, ob die Aufwendungen für die Zuwendung als Betriebsausgaben abgezogen werden können (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 26). Daher kann § 37b EStG auch angewandt werden, wenn die Aufwendungen dem Abzugsverbot des § 160 AO unterliegen (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 34). Sachbezüge, die im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden, sowie steuerfreie Sachbezüge fallen nicht unter § 37 Abs. 2 EStG. Wird die Sachbezugsfreigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG in Höhe von 44 € nicht überschritten, liegt kein steuerpflichtiger Sachbezug vor. Bei der Prüfung dieser Freigrenze bleiben die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewertenden Vorteile, die nach § 37b EStG und § 40 EStG pauschal versteuert werden, außer Ansatz. Eine pauschale Besteuerung nach § 37b EStG ist zulässig für Mahlzeiten aus besonderem Anlass (R 8.1 Abs. 8 Nr. 2 LStR 2008), die vom oder auf Veranlassung des Steuerpflichtigen anlässlich von Auswärtstätigkeiten an seine Arbeitnehmer abgegeben werden, wenn der Wert der Mahlzeit 40 € übersteigt. Bloße Aufmerksamkeiten des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer fallen unter die mögliche Pauschalierung des § 37b EStG, wenn der Wert der jeweiligen Aufmerksamkeit 40 € übersteigt (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 17–19).
Bemessungsgrundlage sind die tatsächlichen Kosten des Zuwendenden einschließlich Umsatzsteuer. Bei Hingabe eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens oder bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung ist als Bemessungsgrundlage der gemeine Wert anzusetzen, wenn dem Steuerpflichtigen keine oder nur sehr geringe Aufwendungen entstanden sind (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 16). Die pauschal ermittelte Steuer gilt die steuerliche Erfassung des geldwerten Vorteils beim Zuwendungsempfänger ab. Der Zuwendende übernimmt die Steuer und unterrichtet den Zuwendungsempfänger darüber (§ 37b Abs. 3 EStG; , BStBl 2008 I S. 566, Rz. 30). In die Bemessungsgrundlage sind alle Zuwendungen einzubeziehen. Es kommt nicht darauf an, dass sie beim Empfänger im Rahmen einer Einkunftsart zufließen (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 13). Die Pauschalierung ist ausgeschlossen, soweit die Aufwendungen je Empfänger und Wirtschaftsjahr den Betrag von 10.000 € (brutto) übersteigen oder wenn die Aufwendungen für die einzelne Zuwendung („Luxusgeschenke”) den Betrag von 10.000 € übersteigen (§ 37b Abs. 1 Satz 3 EStG; zu Einzelheiten bzgl. der Berechnung vgl. , BStBl 2008 I S. 566, Rz. 21). Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/2712, S. 56) sollen zur Überprüfung der 10.000-€-Grenze die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen nach § 4 Abs. 7 Satz 1 EStG herangezogen werden. Diese Möglichkeit ist aber nur brauchbar, wenn sich die Pauschalierung auf die Zuwendung von Geschenken bezieht. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind in die Bemessungsgrundlage alle Geschenke einzubeziehen, die beim Empfänger als Betriebseinnahme zu berücksichtigen sind, also auch Geschenke, deren Wert den Betrag von 35 € nicht überschreiten. Aus Vereinfachungsgründen bezieht sie dabei den Betrag von 35 € auf die Zuwendung selbst, obwohl die dafür übernommene Steuer eine zusätzliche Zuwendung darstellt. Die auf die Zuwendungen mit einem Wert bis 35 € entfallenden Pauschalsteuern sind in diesem Fall – wie auch das Geschenk selbst – gleichwohl als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 25).
Die Pauschalierung ist nicht möglich bei sog. Streuwerbeartikeln. Das sind Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 € nicht übersteigen. Auch für die Teilnahme an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ist eine Pauschalierung nicht möglich (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 10).
Ein typischer Anwendungsfall für die Regelung sind neben Geschenken i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG die sog. Incentive-Reisen, also Reisen, die als Belohnung zusätzlich zum vereinbarten Entgelt gewährt werden und damit beim zuwendenden Steuerpflichtigen in vollem Umfang als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Die bestehenden Vereinfachungsregelungen, die zur Aufteilung der Gesamtaufwendungen für VIP-Logen in Sportstätten und in ähnlichen Sachverhalten ergangen sind, sind anzuwenden (Rz. 14 und 19, , BStBl 2005 I S. 845; , BStBl 2006 I S. 447). Der danach ermittelte, auf Geschenke entfallende pauschale Anteil (einschließlich Umsatzsteuer) ist die Bemessungsgrundlage für die Pauschalierung nach § 37b EStG. Die Vereinfachungsregelungen zur Übernahme der Besteuerung (, BStBl 2005 I S. 844, Rz. 16, 18; , BStBl 2006 I S. 447) sind ab nicht mehr anzuwenden (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 15).
Die Pauschalierungsmöglichkeit kann unabhängig von der Rechtsform von allen Steuerpflichtigen angewandt werden (natürliche Personen, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften), und zwar auch dann, wenn die Aufwendungen beim Zuwendenden ganz oder teilweise unter das Abzugsverbot des § 160 AO fallen. Zu den Sachzuwendungen gehören auch die dem Empfänger gewährten Vorteile anlässlich des Besuchs von sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen. Zuwendungen, die ein Arbeitnehmer von einem Dritten erhalten hat, können nicht vom Arbeitgeber, der nach § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG zum Lohnsteuerabzug verpflichtet ist, nach § 37b EStG pauschal besteuert werden. Die Pauschalierung nach § 37b EStG kann nur der Zuwendende selbst vornehmen (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 11). Handelt es sich um einen ausländischen Zuwendenden, sind die Zuwendungen an unbeschränkt oder beschränkt Steuerpflichtige im Inland einheitlich zu pauschalieren (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 6).
Die Umwandlung von regulär zu besteuernden Barvergütungen in pauschal besteuerte Sachzuwendungen zur Erlangung ungerechtfertigter Steuervorteile ist durch § 37b Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen. Darüber hinaus ist die Pauschalierung ausgeschlossen für Sondertatbestände, für die bereits gesetzliche Regelungen bestehen, wie z. B. bei der Firmenwagenbesteuerung, der Rabattregelung nach § 8 Abs. 3 EStG oder der Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer im Rahmen des § 19a EStG. Letzteres gilt auch für die Überlassung von Vermögensbeteiligungen nach § 3 Nr. 39 EStG (§ 37b Abs. 2 Satz 2 EStG); vgl. Tz. 22 (32a). § 37b EStG findet auch keine Anwendung, soweit der Arbeitgeber Sachzuwendungen mit einem betriebsindividuellen Pauschsteuersatz nach § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG pauschaliert hat. Zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts nach § 37b Abs. 2 EStG bereits nach § 40 Abs. 1 EStG durchgeführte Pauschalierungen müssen nicht rückgängig gemacht werden. Eine Änderung ist aber zulässig, sofern dies nach den verfahrensrechtlichen Regelungen noch möglich ist; § 37b Abs. 2 EStG kann danach angewandt werden. Die Rückabwicklung eines nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG pauschalierten Zuwendungsfalls muss für alle Arbeitnehmer einheitlich vorgenommen werden, die diese Zuwendung erhalten haben. Nach der Entscheidung zur Anwendung des § 37b EStG ist eine Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG für alle Zuwendungen, auf die § 37b EStG anwendbar ist, nicht mehr möglich (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 22).
Die Übernahme der Pauschalsteuer teilt aus Sicht des zuwendenden Steuerpflichtigen die steuerliche Behandlung der jeweiligen Sachzuwendung. Bestehende Aufzeichnungspflichten, wie z. B. für Geschenke nach § 4 Abs. 7 EStG, bleiben unberührt; besondere – zusätzliche – Aufzeichnungspflichten für Zwecke des § 37b EStG bestehen nicht. Handelt es sich um ein Geschenk i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, und ist die dort genannte Freigrenze überschritten, kann die Pauschalsteuer nur dann als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn der Empfänger der Zuwendung Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen ist. Handelt es sich bei der Sachzuwendung nicht um ein Geschenk i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG oder handelt es sich um ein Geschenk, das wegen Unterschreitung der Abzugsgrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG und Erfüllung der Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG nicht zum Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs führt, ist die Pauschalsteuer als Betriebsausgabe abziehbar. Auch die übrigen Abzugsbeschränkungn, wie z. B. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG sind zu beachten (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 24). Aus Vereinfachungsgründen unterstellt die Finanzverwaltung bei Zuwendungen bisa zu einem Wert von jeweils 40 Euro, dass der in § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG auch beim Zusammenfallen mit weiteren Zuwendungen im Wirtschaftsjahr nicht überschritten wird (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 33).
Nach § 37b Abs. 3 Satz 1 EStG bleiben die pauschal besteuerten Sachzuwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte des Empfängers außer Ansatz. Ist Gegenstand der Zuwendung ein Wirtschaftsgut, das bei dem Zuwendungsempfänger Betriebsvermögen wird, gilt der gemeine Wert als Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 4 EStG). Gibt ein Steuerpflichtiger eine Zuwendung unmittelbar weiter, die dieser selbst unter Anwendung des § 37b EStG erhalten hat, ist eine erneute pauschalierte Besteuerung nicht zulässig, wenn der Steuerpflichtige hierfür keinen Betriebsausgabenabzug vornimmt (, BStBl 2008 I S. 566, Rz. 12, 28).
Ausführlicher zur Pauschalierung von Sachzuwendungen s. auch Werner, NWB F. 6 S. 4783 ff. NWB BAAAC-36728. Ausführlich zur Regelung des § 37b EStG s. Schulz, NWB F. 6 S. 4937 ff. NWB XAAAC-79351 und zum (BStBl 2008 I S. 566) s. Heidenreich BBK F. 13 S. 5207 ff. NWB OAAAC-80494.
II. Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer)
Das Lohnsteuerverfahren ist in den §§ 38– 42f EStG geregelt. Erläuterungen zu diesen Vorschriften sind einer eigenen Gesamtdarstellung zur Lohnsteuer vorbehalten; s. auch Tz. 216.
III. Steuerabzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer)
Tz. 279 Grundsätzliches zur Kapitalertragsteuer
Von bestimmten Kapitalerträgen i. S. von § 20 EStG wird zur Sicherstellung des Steuereingangs ein Steuerabzug in Form von Kapitalertragsteuer bzw. Zinsabschlag erhoben. Auf den Kapitalertragsteuerabzug/Zinsabschlag ist zusätzlich der Solidaritätszuschlag von 5,5 % zu berechnen. Schuldner des Steuerabzugs ist der Inhaber des Kapitalvermögens.
Die Kapitalertragsteuer und der Zinsabschlag sind besondere Erhebungsformen der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Sie sind wie eine Einkommen-/Körperschaftsteuer-Vorauszahlung anzusehen, die durch den Schuldner der Kapitalerträge für Rechnung des Gläubigers einbehalten und abgeführt werden muss (Sicherung durch Erhebung an der Quelle).
Bei Zinsen, die dem Zinsabschlag unterliegen, obliegt diese Verpflichtung des Steuerabzugs der die Zinsen auszahlenden Stelle. Der Kapitalertragsteuer und dem Zinsabschlag unterliegen die vollen Kapitaleinnahmen; eine Freigrenze gibt es nicht. Unerheblich ist, dass die Ausschüttungen möglicherweise beim Empfänger im Halbeinkünfteverfahren – ab Veranlagungszeitraum 2009 im Teileinkünfteverfahren; vgl. Tz. 22 (33) – versteuert werden oder bei einer Kapitalgesellschaft nach § 8b KStG steuerfrei sind (§ 43 Abs. 1 Satz 3 EStG). Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag ist die einbehaltene Kapitalertragsteuer bzw. der Zinsabschlag.
Für den Steuerabzug ist es unerheblich, ob die Kapitalerträge beim Gläubiger zu den betrieblichen Einnahmen, also den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, oder zu dessen Privatvermögen (Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung) gehören (§ 43 Abs. 4 EStG). Wird der Gläubiger der Kapitalerträge mit den Kapitaleinnahmen, von denen die vorgenannten Steuerabzüge vorgenommen worden sind, nicht zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer veranlagt, gelten die vorgenommenen Steuerabzugsbeträge die Einkommen- oder Körperschaftsteuer ab. Diese Abgeltung gilt durch die Reform der Besteuerung von Kapitaleinkünften des Privatvermögens durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ab Veranlagungszeitraum 2009 grds. für die Besteuerung der Kapitaleinkommen (sog. Abgeltungsteuer).
Tz. 280 Kapitalerträge mit Steuerabzug
Dem Steuerabzug unterliegen nur die Kapitaleinnahmen, die in § 43 EStG genannt sind. In der nachstehenden Übersicht ist dargestellt, auf welche Kapitalerträge sich der inländische Steuerabzug in welcher Höhe erstreckt.
a) Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008
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Kapitalertrag
(Rechtsgrundlage) | Kapitalertragsteuer
Steuerinländer (Rechtsgrundlage) | Kapitalertragsteuer
Steuerausländer (Rechtsgrundlage) |
1.
Gewinnanteile (Dividenden), sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten,
GmbH-Anteilen, usw. (§ 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG) | 20 % (wie bei Steuerinländern) | |
2. Bezüge
aufgrund von Kapitalherabsetzung oder nach Auflösung von inländischen
Körperschaften, soweit Gewinnausschüttung i. S. des
§ 28 KStG (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG)
| 20 % (wie bei Steuerinländern) | |
3.
Durchgeleitete steuerfreie ausländische Einkünfte i. S. des
§ 8b Abs. 1 KStG | - | |
4. Zinsen aus bestimmten Wandelanleihen,
Gewinnobligationen und Genussrechten, die Gläubigerrechte verkörpern, also
nicht in
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
genannt sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 7
EStG) | 25 % (wie bei Steuerinländern) | |
5. Einnahmen
aus stiller Beteiligung und partiarischen Darlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4
EStG) | 25 % (wie bei Steuerinländern) | |
6. Zinsen aus
Hypotheken und Grundschulden sowie Renten und Rentenschulden
(§ 20 Abs. 1 Nr. 5
EStG) | - | - |
7. Zinsen aus Sparanteilen
von Lebensversicherungsbeiträgen (§ 20
Abs. 1 Nr. 6 EStG) | 25 % (wie bei Steuerinländern) | |
8. Zinsen
aus a) verbrieften Kapitalanlagen (Anleihezinsen); vornehmlich aus - Schuldverschreibungen der öffentlichen Hand sowie von Banken und Industrieunternehmen, - Pfandbriefen, - Schuldbuchforderungen, - Fremdwährungsanleihen. Zinsen aus Anleihen sowohl inländischer als auch ausländischer Emittenten, sofern sie von einer inländischen Stelle ausgezahlt werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) | 30 % (wie bei Steuerinländer) | |
b) einfachen Darlehensgeschäften, sofern
Schuldner ein Kreditinstitut ist (Bankzinsen); vornehmlich aus - Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist, - Spareinlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist, - Festgelder, Termineinlagen, - Sichteinlagen (Girokonten, Kontokorrentkonten) mit Zins oder Bonus von mehr als 1 %, - Bausparkonten mit Zins oder Bonus von mehr als 1 %, - Fremdwährungseinlagen, - vermögenswirksamen Sparverträgen, - Vorsorge-Sparplänen und Bonussparplänen, - Mietkautionskonten, - Erträge aus Kapitalanlagen, die mit Einlagegeschäften bei Kreditinstituten vergleichbar sind (Kapitalertragsteuerabzugspflicht für Versicherungsunternehmen) Ausnahmen; - Zinsen aus Interbankgeschäften, wenn auch der Gläubiger ein inländisches Kreditinstitut ist, - Bagatellzinsen von max. 10 € je Jahr und Konto (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) | ||
c)Tafelgeschäften (Einlösung des Zinsscheins oder der
Teilschuldverschreibung am Bankschalter) (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b
EStG) | 35 % (wie bei Steuerinländer) | |
d) der Veräußerung von Zinsscheinen, wenn
die dazugehörenden Schuldverschreibungen mitveräußert werden und Stückzinsen
besonders in Rechnung gestellt sind (§ 20
Abs. 1 Nr. 7 EStG i. V. mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
EStG) | - | |
e) der Veräußerung von ab- oder aufgezinsten
Wertpapieren oder ähnlichen Kapitalforderungen, soweit sie der rechnerisch auf
die Zeit der Innehabung dieser Wertpapiere/Forderungen entfallenden
Emissionsrendite entsprechen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7
EStG i. V. mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG) | - | |
9. Diskontbeträge von Wechseln und
Anweisungen einschließlich Schatzwechsel (§ 20
Abs. 1 Nr. 8 EStG) | - | - |
10. Ausschüttungsähnliche
Nutzungserträge an Anteilseigner von Körperschaften i. S. des § 1 Abs. 1
Nr. 3–5 KStG (§ 20 Abs. 1 Nr. 9
EStG) | - | |
11. a) Leistungen von einem nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betrieb gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG) | - | |
b) Gewinne von Betrieben gewerblicher
Art ohne eigene Rechtpersönlichkeit und von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben
(§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b
EStG) | - | |
20 % (§ 7
Abs. 3 InvStG) | - |
Die Erhebungsverpflichtung von Versicherungsunternehmen besteht für Erträge aus Kapitalanlagen, die mit Einlagegeschäften bei Kreditinstituten vergleichbar sind, insbesondere Zinsen aus Beitragsdepots (Depots, aus denen die in mehreren Jahresraten zu erbringenden Beiträge gezahlt werden) oder Ablaufdepots (stehen gelassene Versicherungssummen). Damit sind sie also auch im Rahmen des Zinsabschlags und der Ausstellung der Jahresbescheinigung nach § 24c EStG gleich zu behandeln. Dies gilt für Verträge (Zinsvereinbarungen), die nach dem abgeschlossen werden. Versicherungsunternehmen sind daher für die Jahre 2007 und 2008 grds. dazu verpflichtet, solche Jahresbescheinigungen auszustellen. Mit Blick auf den generellen Wegfall der Bescheinigungen nach § 24a EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2009 wird es von der Finanzverwaltung jedoch nicht beanstandet, wenn Versicherungsunternehmen auch für die Jahre 2007 und 2008 keine Jahresbescheinigungen nach § 24c EStG ausstellen (OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 8/2008 v. NWB BAAAC-72368).
Besondere Entgelte und Vorteile i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, die neben den Kapitalerträgen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–8 EStG oder an deren Stelle gewährt werden, unterliegen ebenfalls dem Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von 30 % (§ 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Dies gilt jedoch nicht, wenn auf die Kapitalerträge, denen dieses Entgelt zugeordnet werden kann, ein niedrigerer Steuerabzug anzuwenden ist.
Nach § 43 Abs. 2 EStG ist der Steuerabzug nicht vorzunehmen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge oder die auszahlende Stelle im Zeitpunkt des Zufließens dieselbe Person sind (außer in den Fällen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. c EStG). Außerdem ist in den in §§ 43b und 44a EStG genannten Fällen kein Steuerabzug vorzunehmen.
b) Ab Veranlagungszeitraum 2009
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kapitalertrag
(Rechtsgrundlage) | Kapitalertragsteuer
Steuerinländer (Rechtsgrundlage) | Kapitalertragsteuer
Steuerausländer (Rechtsgrundlage) |
1.
Gewinnanteile (Dividenden), sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten,
GmbH-Anteilen, usw. (§ 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG) und entsprechende ausländische Kapitalerträge
| 25 %
(wie bei Steuerinländern) | |
2. Bezüge aufgrund von
Kapitalherabsetzung oder nach Auflösung von inländischen Körperschaften, soweit
Gewinnausschüttung i. S. des
§ 28 KStG (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und
entsprechende ausländische Kapitalerträge | 25 %, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung
oder Sitz im Inland hat | |
3. Gewinne aus der Veräußerung von
Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts,
wenn die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile nicht mitveräußert werden
(§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
EStG) und entsprechende ausländische Kapitalerträge
| - | |
4. Einnahmen aus der
Abtretung von Dividenden- und Zinsansprüchen oder sonstigen Ansprüchen i.
S. des
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1
EStG, wenn die dazugehörigen Anteilsrechte oder
Schuldverschreibungen nicht in einzelnen Wertpapieren verbrieft sind
(§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2
EStG) und entsprechende ausländische Kapitalerträge
| - | |
5. Zinsen aus bestimmten
Wandelanleihen, Gewinnobligationen und Genussrechten, die Gläubigerrechte
verkörpern, also nicht in
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
genannt sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 7
EStG) | 25 %
(wie bei Steuerinländern) | |
6. Einnahmen aus stiller Beteiligung und
partiarischen Darlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4
EStG) | 25 %,
wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat
| |
7. Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden sowie Renten und
Rentenschulden (§ 20 Abs. 1 Nr. 5
EStG) | - | - |
8. Zinsen aus Sparanteilen von
Lebensversicherungsbeiträgen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6
EStG) | 25 %, wenn der
Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat | |
9. Zinsen aus verbrieften
Kapitalanlagen (Anleihezinsen); vornehmlich aus - Schuldverschreibungen der öffentlichen Hand sowie von Banken und Industrieunternehmen, - Pfandbriefen, - Schuldbuchforderungen, - Fremdwährungsanleihen. Zinsen aus Anleihen sowohl inländischer als auch ausländischer Emittenten, sofern sie von einer inländischen Stelle ausgezahlt werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) | 25 % (wie bei
Steuerinländer) | |
10. Zinsen aus einfachen Darlehensgeschäften, sofern Schuldner ein
Kreditinstitut ist (Bankzinsen); vornehmlich aus - Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist, - Spareinlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist, - Festgelder, Termineinlagen, - Sichteinlagen (Girokonten, Kontokorrentkonten), - Bausparkonten, - Fremdwährungseinlagen, - vermögenswirksamen Sparverträgen, - Vorsorge-Sparplänen und Bonussparplänen, - Mietkautionskonten, - Erträge aus Kapitalanlagen, die mit Einlagegeschäften bei Kreditinstituten vergleichbar sind (Kapitalertragsteuerabzugspflicht für Versicherungsunternehmen) (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) | - | |
11. Gewinne aus der
Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den Inhaber oder
ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörigen
Schuldverschreibungen nicht mitveräußert werden. Entsprechendes gilt für die
Einlösung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den ehemaligen Inhaber der
Schuldverschreibung (sog. Tafelgeschäft; Einlösung am Bankschalter)
(§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b
EStG) | 25 % (wie bei
Steuerinländer) | |
12. Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen
Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder
ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder
geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von
einem ungewissen Ereignis abhängt (§ 20
Abs. 2 Nr. 7 EStG i. V. mit
Abs. 1 Nr. 7
EStG) | 25 %
(wie bei Steuerinländer) | |
13. Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen
einschließlich Schatzwechsel (§ 20 Abs. 1 Nr. 8
EStG) | - | - |
14. Ausschüttungsähnliche
Nutzungserträge an Anteilseigner von Körperschaften i. S. des § 1 Abs. 1
Nr. 3-5 KStG (§ 20 Abs. 1 Nr. 9
EStG) | 25 %,
wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat
| |
15. Leistungen von einem nicht von der Körperschaftsteuer
befreiten Betrieb gewerblicher Art i. S. des
§ 4 KStG mit eigener Rechtspersönlichkeit
(§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a
EStG) | -
| |
16. Gewinne von Betrieben gewerblicher Art i. S. des
§ 4 KStG ohne eigene Rechtpersönlichkeit
und von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b
EStG) | -
| |
17.
Stillhalterprämien, die für die Einhaltung von Optionen vereinnahmt werden
(§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG)
| 25 % (wie bei
Steuerinländer) | |
18. Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, GmbH-Anteilen,
Genussrechten usw. (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG) | 25 % (wie bei Steuerinländer) | |
19. Gewinne a) bei Termingeschäften,
durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den
Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil
erlangt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Buchst. a EStG) b) aus der Veräußerung eines als
Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG)
| 25 % (wie bei Steuerinländer) | |
20. Gewinne aus der Übertragung oder
Aufgabe einer die Einnahmen i. S. des
§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG
vermittelnden Rechtsposition (§ 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 8 EStG) | 25 % (wie bei Steuerinländer) | |
21. Besondere Entgelte oder Vorteile, die
neben den in
§ 20 Abs. 1 und 2 EStG
bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 3 EStG) | 25 % (wie bei Steuerinländer) | |
25 % (§ 7
Abs. 3 InvStG) | - |
§ 43 Abs. 1 EStG bestimmt, bei welchen Kapitalerträgen i. S. des § 20 EStG ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist. Die Ergänzung des § 43 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz EStG um die ausdrückliche Einbeziehung ausländischer Kapitalerträge bei Kapitalerträgen nach Nummer 6 (ausländische Kapitalerträge i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und Nummern 8–12 (Stillhalterprämien, Veräußerungsgewinne, Gewinne aus bestimmten Termingeschäften, Gewinne aus der Übertragung von Rechtspositionen) regelt, dass bei den neu hinzugekommenen Kapitalertragsteuerfällen nicht nur im Fall inländischer, sondern auch ausländischer Kapitalerträge grds. ein Steuerabzug vorzunehmen ist.
Der Kapitalertragsteuerabzug wird bei ausländischen Kapitalerträgen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG) nicht vom Schuldner der Kapitalerträge, sondern von der auszahlenden Stelle vorgenommen (§ 43a Abs. 3 Satz 1 EStG). Die auszahlende Stelle hat bereits bei der Erhebung der inländischen Kapitalertragsteuer die auf die Dividende entfallende ausländische Quellensteuer zu berücksichtigen. Dadurch wird erreicht, dass auch bei ausländischen Dividenden eine Abgeltungswirkung eintreten kann. Unterbleibt diese Anrechnung auf dieser Stufe, kann der Steuerpflichtige die sog. kleine Veranlagungsoption nach § 32d Abs. 4 EStG beantragen (s. Tz. 255, f).
Die bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 geltende Vereinfachungsregelung, z. B. bei nicht mehr als mit 1 % verzinsten Sichteinlagen, Bausparzinsen oder Kleinbeträgen bis 10 € auf den Kapitalertragsteuerabzug zu verzichten, ist ab Veranlagungszeitraum 2009 aufgehoben.
§ 43 Abs. 1 Satz 4 EStG bestimmt, dass die Übertragung eines von einer auszahlenden Stelle verwahrten oder verwalteten Wirtschaftsguts i. S. des § 20 Abs. 2 EStG auf einen anderen Gläubiger grds. als Veräußerung dieses Wirtschaftsguts gilt. Der Steuerpflichtige (Gläubiger) kann aber gegenüber der auszahlenden Stelle darlegen, dass kein steuerpflichtiger Vorgang vorliegt (z. B. im Falle einer Schenkung). Durch diese Regelung wird bereits im Zeitpunkt der Übertragung der Sachverhalt im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugsverfahrens aufgeklärt. Das hat für den Steuerpflichtigen den Vorteil, dass er die Kapitalertragsteuer nicht „vorstrecken” muss (§ 44 Abs. 1 Satz 7 EStG), um sie sich im Veranlagungsverfahren zurückzuholen. Nach § 43 Abs. 1 Satz 6 EStG hat die auszahlende Stelle solche Sachverhalte dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 7 EStG gelten die Anteile an einer übertragenden Körperschaft oder eingebrachte Anteile – abweichend von §§ 13–21 UmwStG – für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs als mit dem Wert ihrer Anschaffungskosten veräußert (Fiktion eines steuerneutralen Übertragungsvorgangs). Hierdurch wird die Unkenntnis der den Steuerabzug durchführenden Stelle über die mögliche Steuerneutralität der entsprechenden Maßnahme berücksichtigt. Die tatsächliche materiell-rechtliche Würdigung des Vorgangs erfolgt später im Veranlagungsverfahren. Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde § 43 Abs. 1 Satz 7 EStG aufgehoben und die Regelung in einem neuen § 43 Abs. 1a EStG dargestellt. Damit wird außerdem klar, dass es sich um einen eigenständigen, von den übrigen Aussagen in § 43 Abs. 1 EStG losgelösten Regelungsbereich handelt (zu weiteren Einzelheiten vgl. Bericht des FinA-BT, BT-Drucks. 16/11108 S. 23).
Zur Abstandnahme vom Steuerabzug bei betrieblichen Fondsanlegern nach dem Jahressteuergesetz 2009, zum Steuerabzug bei Rückgabe oder Veräußerung steueroptimierter Geldmarktfonds und zur Einstufung von Finanzinnovationen vgl. NWB LAAAD-17519.
§ 43 Abs. 2 EStG regelt die Ausnahmen vom Steuerabzug. Abgesehen von Fällen, in denen Gewinne von Betrieben gewerblicher Art i. S. des § 4 KStG ohne eigene Rechtpersönlichkeit und von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben zufließen (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG), ist ein Kapitalertragsteuerabzug nicht vorzunehmen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge oder die auszahlende Stelle im Zuflusszeitpunkt dieselbe Person sind (§ 43 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dieses Bankenprivileg wurde durch § 43 Abs. 2 Satz 2 EStG auf alle neu hinzugekommenen Kapitalertragsteuer-Tatbestände ausgeweitet und durch das Jahressteuergesetz 2009 auf inländische Kapitalanlagegesellschaften erweitert. Außerdem werden die Tatbestände, in denen kein Steuerabzug vorzunehmen ist, erweitert. Die Ausweitung auf Kapitalerträge aus Options- und Termingeschäften, die zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören, beruht darauf, dass derartige Geschäfte von den Steuerpflichtigen – wie bei den betrieblichen Einkünften – meist zu Absicherungszwecken (z. B. von Darlehen, die der Finanzierung vermieteter Immobilien dienen) abgeschlossen und während ihrer regelmäßig mehrjährigen Laufzeit als schwebendes Geschäft behandelt werden. Das Absehen vom Steuerabzug vermeidet in derartigen Fällen drohende Liquiditätsnachteile. Im Übrigen gelten die gleichen Erklärungspflichten gegenüber dem Erhebungspflichtigen wie bei der Abstandnahme im betrieblichen Bereich. Die Regelung wird flankiert von Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, die die auszahlende Stelle zu erfüllen hat. Dabei wird die vorgesehene Datenübermittlung mit der Identifikationsnummer nach § 139b AO bzw. mit der Steuernummer verknüpft, so dass eine eindeutige Zuordnung der ermittelten Daten gewährleistet ist. Während einer Übergangzeit dürfen die Kreditinstitute für eine Abstandnahme vom Steuerabzug Freistellungsanträge des Steuerpflichtigen berücksichtigen, die noch nicht die Identifikationsnummer enthalten. Wegen des erforderlichen zeitlichen Vorlaufs für eine solche datentechnische Regelung sind die Banken derzeit nur verpflichtet, die Daten elektronisch zu speichern und zu sichern. Alles Weitere wird von der Finanzverwaltung noch durch ein BMF-Schreiben geregelt werden.
§ 43 Abs. 3 EStG definiert die inländischen Kapitalerträge. Der Umfang wurde durch das JStG 2009 erweitert. Die Verpflichtung zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer wird auf inländische Niederlassungen von ausländischen Versicherungsunternehmen ausgeweitet. Betroffen sind Erträge aus kapitalbildenden Lebensversicherungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Die Niederlassung wird unabhängig davon, ob die Auszahlung der Versicherungsleistung über sie abgewickelt wird oder nicht, gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Durch diese Änderung sollen ausländische und inländische Versicherungsunternehmen möglichst weitgehend gleich behandelt werden und das deutsche Besteuerungsrecht sichergestellt werden. Da dem Einbehalt der Kapitalertragsteuer bei privat erzielten Kapitalerträgen i. d. R. abgeltende Wirkung zukommt, entfallen hierdurch außerdem die ansonsten erforderlichen Veranlagungen durch die Finanzämter. Nach § 52a Abs. 16 EStG i. d. F. des JStG 2009 ist die geändert Regelung erstmals für Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. 12. 2009 zufließen.
§ 43 Abs. 5 EStG ist die Kernregelung der Abgeltungsteuer. Er bestimmt, dass die Einkommensteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist, soweit der Gläubiger nicht nach § 44 Abs. 1 Satz 7–9 und Abs. 5 EStG in Anspruch genommen werden kann. Er bestimmt auch, dass die Abgeltung nicht gilt in Fällen des § 32d Abs. 2 EStG (dort sind die Ausnahmeregelungen von der Abgeltungsteuer geregelt) sowie für Kapitalerträge, die zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung gehören. Schließlich enthält § 43 Abs. 5 Satz 3 EStG den Hinweis, dass der Gläubiger der Kapitalerträge beantragen kann, die Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, nach § 32d EStG in die besondere Besteuerung von Kapitalerträgen einzubeziehen (vgl. hierzu Tz. 255, f und h).
Tz. 281 Bemessung der Kapitalertragsteuer
a) Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008
§ 43a Abs. 1 EStG regelt, in welcher Höhe die Steuer auf die einzelnen Besteuerungstatbestände des § 43 EStG zu bemessen ist. Die gelisteten Steuersätze richten sich nach der Art der Kapitalerträge und nach der Person, die die Steuer trägt. In der Regel trägt der Gläubiger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer; der Schuldner hat die Steuer im Fall der ausdrücklichen Nettovereinbarung zu übernehmen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Art des Kapitalertrags | Kapitalertragsteuer trägt der
Gläubiger | Kapitalertragsteuer trägt der
Schuldner |
Dividenden, dividendenähnliche Erträge,
usw. (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG) | 20 % | 25 % |
Wandelanleihen, Gewinnobligationen, Genussrechte, Erträge aus
stiller Beteiligung und partiarischen Darlehen, Erträge aus
Lebensversicherungen (§ 43a Abs. 1 Nr. 2 EStG) | 25 % | 33
1/3 % |
Zinsabschlag auf
Zinsforderungen auch in Veräußerungsfällen (§ 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG) | 30 % | 42,85 % |
Tafelgeschäfte (§ 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG) | 35 % | 53,84 % |
Leistungen bestimmter
Körperschaften (§ 43a Abs. 1 Nr. 4 EStG) | 20 % | 25 % |
Leistungen von Betrieben gewerblicher Art mit eigener
Rechtspersönlichkeit (§ 43a Abs. 1 Nr. 5 EStG) | 10 % | 11
1/9 % |
Leistungen von Betrieben
gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieben (§ 43a Abs. 1 Nr. 6 EStG) | 10 % | - |
Bemessungsgrundlage für den Kapitalertragsteuerabzug ist grds. der volle Kapitalertrag (Bruttoertrag) ohne jeden Abzug von Werbungskosten, Kapitalertragsteuer, ausländischer Quellensteuer (§ 43a Abs. 2 Satz 1 EStG). Es dürfen also keine Beträge, die das Kreditinstitut bei der Gutschrift oder Auszahlung einbehält (wie Provisionen, Courtagen) vor Vornahme des Steuerabzugs abgezogen werden. Ausgenommen vom Abzugsverbot ist die Rückzahlung von Einnahmen; der Rückzahlungsbetrag zählt nicht zu den Werbungskosten, sondern ist eine negative Einnahme, die in bestimmten Fällen verrechenbar ist (, BStBl 1977 II S. 847).
Bei Veräußerungserträgen aus Kursdifferenzpapieren/-geschäften bemisst sich die Kapitalertragsteuer nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Erwerbs- und dem Veräußerungspreis, wenn die Wertpapiere von der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle erworben oder veräußert und seitdem ununterbrochen dort verwahrt oder verwaltet worden sind. Ist dies nicht der Fall, tritt an die Stelle der besitzzeitanteiligen Marktrendite eine Ersatzbemessungsgrundlage, die mit 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung des Stammrechts anzusetzen ist. Für Erwerbe vor dem ist in § 43a Abs. 2 Satz 4 EStG ein Wahlrecht verankert zwischen der Differenzbesteuerung und der Pauschalbesteuerung. Die Regelungen gelten auch bei der Einlösung der Wertpapiere durch den Ersterwerber (Durchhalter) mit einem ständigen Depot. Für Kapitaleinnahmen aus Wertpapieren des Bundes und der Länder, die nicht für einen marktmäßigen Handel bestimmt sind, also ohne Einschaltung eines Kreditinstituts gehandelt werden, und aus unverbrieften Kapitalforderungen i. S. des § 43 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b EStG bemisst sich der Steuerabzug gem. § 43a Abs. 2 Satz 6 EStG nach den vollen Kapitalerträgen ohne jeden Abzug. Betroffen sind insbesondere Bundesschatzbriefe Typ A und B sowie ein- oder zweijährige Finanzierungsschätze des Bundes und der Länder.
Gezahlte Stückzinsen können bis zur Höhe der Kapitalerträge abgezogen werden (§ 43a Abs. 3 EStG). Zu Besonderheiten der Berechnung der Bemessungsgrundlage bei Wertpapieren der Bundeswertpapier- und Landesschuldenverwaltung s. § 43a Abs. 4 EStG.
b) Ab Veranlagungszeitraum 2009
§ 43a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt die Steuersätze für die Kapitalertragsteuer. Dabei werden die bisherigen Steuersätze von 20 %, 25 % und 30 % allgemein durch den einheitlichen Steuersatz von 25 % abgelöst (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Eine Ausnahme gibt es nur für die Fälle des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7b und 7c EStG (Leistungen bzw. Gewinn von Betrieben gewerblicher Art mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit). Hierfür beträgt der Steuersatz 15 % (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Damit wird der Entlastung nach § 44a Abs. 8 EStG Rechnung getragen. § 43a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG enthält die Regelung für den Fall der Kirchensteuerpflicht; vgl. insoweit die Erläuterungen unter Tz. 255, a. Die Erhebung des Solidaritätszuschlags richtet sich nach dem SolzG, die Erhebung der Kirchensteuer nach § 51a Abs. 2b–2d EStG i. V. mit den jeweiligen Kirchensteuergesetzen der Länder.
Bemessungsgrundlage für den Kapitalertragsteuerabzug sind seit jeher die vollen Kapitalerträge ohne jeden Abzug (§ 43a Abs. 2 Satz 1 EStG). In Veräußerungs- und Einlösungsfällen sowie in allen ab dem Veranlagungszeitraum 2009 neu hinzukommenden Veräußerungstatbeständen bemisst sich der Steuerabzug von dem Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten (§ 20 Abs. 4 EStG). Damit wird erreicht, dass bei Erhebung der Kapitalertragsteuer und bei Ermittlung des Kapitalertrags im Veranlagungsverfahren die gleichen Regelungen angewandt werden. Durch die Ergänzung des § 43a Abs. 2 Satz 2 EStG um den Querverweis auf § 20 Abs. 4a EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde die Abgeltungssteuer für Steuerpflichtige und Quellensteuerabzugsverpflichtete noch praktikabler ausgestaltet (hierzu Tz. 219c).
§ 43a Abs. 2 Satz 3–6 EStG regelt die Ermittlung des Kapitalertrags bei Depotwechsel und identischem Gläubiger sowie den Nachweis der Anschaffungsdaten. Dabei eröffnet die Regelung des § 43a Abs. 2 Satz 5 EStG i. d. F. des JStG 2009 die Möglichkeit, dass die Anschaffungsdaten von depotverwahrten Wirtschaftsgütern bei einem Depotwechsel der neuen depotführenden Stelle mitgeliefert werden. Damit wird vermieden, dass in Fällen eines Depotwechsels eine Ersatzbemessungsgrundlage anstatt der tatsächlichen Anschaffungskosten der Erhebung der Kapitalertragsteuer zu Grunde gelegt wird, was wiederum die Zahl der Fälle einer korrigierenden Veranlagung durch die Finanzämter reduziert. Durch diese Gesetzesänderung wird die Regelung auf Staaten erweitert, mit denen die EU Abkommen über vergleichbare Regelungen zur Zinsrichtlinie getroffen hat. Dadurch wird ein Nachweis der Anschaffungsdaten durch Bankbeleg auch bei einem Depotwechsel aus der Schweiz, San Marino, Monaco und Andorra ermöglicht. Liechtenstein fällt als EWR-Staat bereits unter die bisherige Regelung. § 43a Abs. 2 Satz 7 EStG regelt den Kapitalertragsteuerabzug bei fehlenden Anschaffungsdaten. In diesem Fall ist der Veräußerungsgewinn mit 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung anzusetzen. Werden Wirtschaftsgüter i. S. des § 20 Abs. 2 EStG, wie z. B. Aktien, GmbH-Anteile usw., die von einer auszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet werden, auf einen anderen Gläubiger übertragen, gilt dies nach § 43 Abs. 1 Satz 4 EStG als Veräußerung. Für die Bemessung der Kapitalertragsteuer gilt in diesen Fällen der Börsenpreis zuzüglich Stückzinsen zum Zeitpunkt der Übertragung als Einnahme aus der Veräußerung und die mit dem Depotübertrag verbundenen Kosten als Veräußerungskosten i. S. des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG (§ 43a Abs 2 Satz 8 EStG i. d. F. des JStG 2009). Dabei ist der niedrigste am Vortag der Übertragung im regulierten Markt notierte Kurs anzusetzen. Liegt eine solche Notierung nicht vor, werden die Wirtschaftsgüter mit dem letzten innerhalb von 30 Tagen vor dem Übertragungstag im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt (§ 43a Abs. 2 Satz 9 EStG). Liegt kein Börsenpreis vor, sind 30 % der Anschaffungskosten als Einnahme zu unterstellen (§ 43a Abs. 2 Satz 10 EStG). Veräußert der neue Gläubiger die Wirtschaftsgüter zu einem späteren Zeitpunkt, richtet sich die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nach § 43a Abs. 2 Satz 11–13 EStG.
§ 43a Abs. 3 EStG enthält weitere Berechnungsvorschriften. So folgt § 43a Abs. 3 Satz 1 EStG der Anweisung, dass die auszahlende Stelle die ausländischen Steuern nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG zu berücksichtigen hat. Darüber hinaus wird die bisher schon geltende Regelung über die Anrechnung von Stückzinsen ausgeweitet auf eine Regelung zur Verrechnung negativer Kapitalerträge bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge. Durch den im Jahressteuergesetz 2009 neu angefügten § 43a Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG wird eine ehegattenübergreifende Verlustverrechnung ab 2010 eingeführt (§ 52a Abs. 16 Satz 2 EStG i. d. F. des JStG 2009). Dies ermöglicht die Verrechnung zwischen allen für die Ehegatten geführten Konten und Depots (Einzelkonten und -depots sowie Gemeinschaftskonten und -depots) bei einem Kreditinstitut, wenn die Voraussetzungen für eine gemeinsame Veranlagung gegeben sind. Im Veranlagungszeitraum 2009 findet die Verlustverrechnung nur bei Gemeinschaftskonten von Ehegatten statt. Voraussetzung für die zukünftige Verlustverrechnung ist, dass es sich um zusammenveranlagte Ehegatten handelt, die gegenüber dem Kreditinstitut einen gemeinsamen Freistellungsauftrag erteilt haben. Von einer Zusammenveranlagung ist auszugehen, wenn die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. Wenn ein gemeinsamer Freistellungsauftrag erteilt wird, findet zukünftig eine Verlustverrechnung zwischen allen Konten und Depots der Ehegatten statt. Dies erleichtert den Kreditinstituten die Abwicklung des Einbehalts der Kapitalertragsteuer. Mit der Heirat verlieren die bisherigen Freistellungsaufträge der Alleinstehenden (max. 801 €; § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG) ihre Gültigkeit. Die Ehegatten erteilen neue gemeinsame Freistellungsaufträge und haben dafür einen Freistellungshöchstbetrag von 1.602 € (§ 20 Abs. 9 Satz 2 EStG). Haben die Kapitalerträge eines Partners vor der Heirat den Freistellungshöchstbetrag für Alleinstehende (801 €), nicht aber denjenigen für Verheiratete (1.602 €) überschritten, dürfen die Banken die einbehaltene Abgeltungsteuer einschl. Solidaritätszuschlag den Eheleuten erstatten, soweit der dem anderen Ehegatten zur Verfügung stehende Höchstbetrag noch nicht ausgeschöpft war (§ 20 Abs. 9 Satz 3 EStG i. V. mit , Nr. 4 NWB FAAAD-18545).
Aus dem Zusammenspiel zwischen Verlustverrechnung und Freistellungsverfahren ergibt sich, dass Freistellungsaufträge systembedingt zukünftig nur mit Wirkung zum Kalenderjahresende widerrufen werden können. Die Einzelheiten werden durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden. Über die Höhe eines nicht ausgeglichenen Verlusts ist auf Verlangen des Gläubigers eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster auszustellen (vgl. ). Bei Ausstellung einer solchen Bescheinigung entfällt ein Verlustübertrag im Rahmen der Erhebung der Kapitalertragsteuer. Der Antrag auf Ausstellung einer solchen Bescheinigung ist unwiderruflich und muss bis zum 15. Dezember des laufenden Jahrs der auszahlenden Stelle zugegangen sein. Bei Depotwechsel teilt die abgebende auszahlende Stelle der übernehmenden auszahlenden Stelle auf Verlangen des Gläubigers der Kapitalerträge die Höhe des nicht ausgeglichenen Verlusts mit. Die zuvor genannte Bescheinigung nach § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG darf in einem solchen Fall nicht – zusätzlich – ausgestellt werden (§ 43a Abs. 3 Satz 6 EStG). Ein solches Verlustverrechnungs- und Bescheinigungsverfahren ist nicht zulässig, wenn es sich um Kapitalerträge handelt, die gegen Aushändigung der Zinsscheine oder der Teilschuldverschreibungen einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut ausgezahlt oder gutgeschrieben werden (§ 43a Abs. 3 Satz 7 EStG i. V. mit § 20 Abs. 8 und § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG).
Zu Besonderheiten der Berechnung der Bemessungsgrundlage bei Wertpapieren der Bundeswertpapier- und Landesschuldenverwaltung s. § 43a Abs. 4 EStG.
Tz. 282 Bemessung der Kapitalertragsteuer bei bestimmten Kapitalgesellschaften
Für Dividendenzahlungen inländischer (Tochter-) Kapitalgesellschaften an ihre in einem EU-Staat ansässige und dort steuerpflichtige Muttergesellschaft wird auf Antrag keine Kapitalertragsteuer und damit auch kein Solidaritätszuschlag erhoben. Dazu muss die begünstigte EU-Muttergesellschaft eine Freistellungsbescheinigung des Bundeszentralamts für Steuern vorlegen (§ 50d Abs. 3 EStG; s. Tz. 298).
Voraussetzung für die Kapitalertragsteuerbefreiung ist, dass die begünstigte EU-Muttergesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertragsteuer mindestens zu 20 % unmittelbar am Nennkapital der inländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Für nach dem zufließende Ausschüttungen beträgt die Mindestbeteiligung 15 %, für nach dem zufließende Ausschüttungen 10 % des Nennkapitals der Tochtergesellschaft. Ist diese Mindestbeteiligung zum Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertragsteuer nicht erfüllt, ist auf den Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses abzustellen.
Eine Beteiligung von 10 % ist bereits jetzt genügend, wenn mit dem EU-Mitgliedstaat, in dem die ausländische Kapitalgesellschaft ansässig ist, Gegenseitigkeit herbeigeführt worden ist.
Weitere Voraussetzung ist, dass die Beteiligung der Muttergesellschaft nachweislich ununterbrochen mindestens zwölf Monate besteht. Dabei genügt es, wenn dieser Beteiligungszeitraum nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertragsteuer vollendet wird.
Tz. 283 Entrichtung der Kapitalertragsteuer
Der Gläubiger der Kapitalerträge ist Schuldner der Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag (Ausnahme: Kapitaleinnahmen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG).
Kapitalertragsteuer, Zinsabschlag und Solidaritätszuschlag entstehen in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen (§ 11 EStG). Die Gutschrift gilt als Zufluss. In diesem Zeitpunkt hat der inländische Schuldner der Kapitalerträge den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers vorzunehmen (§ 44 Abs.1 Satz 3 EStG). Bei Anleihe-, Bank- und Stückzinsen ist der Zinsabschlag von der die Kapitalerträge auszahlenden inländischen Stelle – zumeist Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute – vorzunehmen. Bei der Veräußerung von Dividendenscheinen unter Einschaltung eines Kreditinstituts hat die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle den Steuereinbehalt vorzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 2009). Die Regelung wurde wegen der Erweiterung der den Kapitalertragsteuerabzug vornehmenden Stellen ab dem Veranlagungszeitraum 2009 um die inländischen Wertpapierhandelsunternehmen und -handelsbanken erweitert (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetz 2008). § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i. d. F. des JStG 2009 stellt klar, dass bei Termingeschäften (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 EStG) das Kreditinstitut, das die Erträge aus diesem Geschäft auszahlt oder gutschreibt, den Steuereinbehalt vorzunehmen hat. Nach vorherigem Gesetzeswortlaut bestand keine Abzugsverpflichtung für derartige Erträge. Bezüglich der Änderung in § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b EStG waren allerdings Zweifel bekannt geworden, ob die Verpflichtung zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf Schuldner von verbrieften Schuldverschreibungen ausgeweitet worden sei. Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde diese Unklarheit beseitigt. Danach ist – wie bisher – nur in wenigen bestimmten Sonderfällen der Schuldner nach § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichtet (z. B. bei Verwahrung von Bundeswertpapieren durch die Finanzagentur des Bundes). Die Änderung ist nach § 53a Abs. 1 EStG auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem zufließen.
Gewinnanteile (Dividenden) und andere Beteiligungserträge, deren Ausschüttung von einer Körperschaft beschlossen wird, fließen dem Gläubiger (Aktionär/Gesellschafter) an dem im Ausschüttungsbeschluss genannten Auszahlungstag zu (§ 44 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ist im Ausschüttungsbeschluss der Auszahlungstag nicht bestimmt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als Zuflusstag. Dies gilt auch für den beherrschenden Gesellschafter sowie auch dann, wenn der Gewinnausschüttungsbeschluss bestimmt, die Ausschüttung solle nach einem bestimmten Tag, z. B. „nach dem ” erfolgen (, BStBl 2007 II S. 616). Diese besondere Zuflussfiktion gilt nur für inländische Dividenden und ähnliche Kapitalerträge. Für vergleichbare ausländische Kapitalerträge bleibt es bei der Grundregelung des § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG.
Ist bei einer stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe oder bei einem partiarischen Darlehen über den Zeitpunkt der Ausschüttung keine Vereinbarung getroffen, gilt der Kapitalertrag als zugeflossen am Tag der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Anspruchs auf den Kapitalertrag, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs, für das der Kapitalertrag gewährt werden soll (§ 44 Abs. 3 EStG).
Haben Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge vor dem Zufließen ausdrücklich Stundung des Kapitalertrags vereinbart, weil der Schuldner vorübergehend zur Zahlung nicht in der Lage ist, ist der Steuerabzug erst mit Ablauf der Stundungsfrist vorzunehmen.
Gläubiger und Entrichtungspflichtige sind Gesamtschuldner der Kapitalertragsteuerbeträge bei der Haftung. An wen sich im Falle der Verletzung der Einbehaltungsfrist das Finanzamt mit einem Haftungsbescheid (§ 191 AO) oder Nachforderungsbescheid wendet, liegt im Ermessensspielraum der veranlagenden Behörde. Der Gläubiger der Kapitalerträge wird nur in Anspruch genommen, wenn die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig abgeführt wurden und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitgeteilt wurde.
Aktiengeschäfte in zeitlicher Nähe zum Gewinnverteilungsbeschluss). Sie unterliegen dem für normale Dividenden geltenden Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, ohne dass es einer Änderung des § 43 EStG bedarf. Das den Leerverkauf ausführende inländische Kredit- oder Dienstleistungsinstitut wird verpflichtet, die Kapitalertragsteuer zu entrichten und anzumelden; bei Verstoß gegen diese Verpflichtung greift ein Haftungstatbestand.
Tz. 284 Abstandnahme vom Steuerabzug
Nach § 43 Abs. 2 EStG ist der Steuerabzug nicht vorzunehmen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge oder die auszahlende Stelle im Zeitpunkt des Zufließens dieselbe Person sind, sowie – ab Veranlagungszeitraum 2009 – wenn in den Fällen des § 43 Abs. 1 Satz 6 Nr. 6, 7 und 8–12 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 Gläubiger der Kapitalerträge ein inländisches Kreditinstitut oder inländisches Finanzdienstleistungsinstitut nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. b EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ist; hierzu und zur Erweiterung durch das Jahressteuergesetz 2009, s. Tz. 280, b. Ferner ist in den in § 44a EStG genannten Fällen vom Steuerabzug abzusehen. Diese Regelungen unterscheiden zwischen natürlichen Personen, Körperschaften und solchen Gläubigern, bei denen die Kapitaleinnahmen Betriebseinnahmen sind (z. B. bei Lebensversicherungsunternehmen) und die Kapitalertragsteuer sowie die anrechenbare Körperschaftsteuer höher wären als die festzusetzende Einkommen- oder Körperschaftsteuer (sog. Dauerüberzahler).
a) Abstandnahme vom Steuerabzug bei natürlichen, unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen
Bei folgenden Kapitaleinnahmen ist der Steuerabzug nach § 44a Abs. 1 EStG nicht vorzunehmen, soweit die Kapitalerträge zusammen mit den Kapitalerträgen, für die die Kapitalertragsteuer nach § 44b EStG zu erstatten ist, den Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 EStG nicht übersteigen, und wenn anzunehmen ist, dass auch für Fälle der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG keine Steuer entsteht:
Einnahmen aus stiller Beteiligung und partiarischen Darlehen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG);
Zinsen aus bestimmten Lebensversicherungsverträgen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG);
ab Veranlagungszeitraum 2009: ausländische Kapitalerträge i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008;
bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008: Anleihe-, Bank- und Stückzinsen, ausgenommen die Zinserträge aus Tafelgeschäften (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 EStG); ab Veranlagungszeitraum 2009: Anleihe-, Bank- und Stückzinsen, ausgenommen die Zinserträge aus Tafelgeschäften sowie Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008);
bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008: Erträge aus Veräußerung oder Abtretung i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und Nr. 3, 4 EStG; ab Veranlagungszeitraum 2009: Erträge aus Veräußerung oder Abtretung i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und 2, Nr. 2 Buchst. b, Nr. 3, Nr. 7 und Nr. 8 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008.
Unter die Regelung fallen auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den betroffenen genannten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EStG in der jeweils geltenden Fassung).
Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist, dass dem zum Steuerabzug Verpflichteten im Zeitpunkt der Zahlung ein Freistellungsauftrag oder eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung vorliegen (§ 44a Abs. 2 EStG).
Der Freistellungsauftrag muss nach § 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG vom Steuerpflichtigen dem zum Steuerabzug Verpflichteten nach amtlich vorgeschriebenem Muster erteilt sein. Bis zu dem im Freistellungsauftrag genannten Betrag ist vom Steuerabzug abzusehen, bei Ledigen höchstens bis zu 1.421 € (51 € Werbungskosten-Pauschbetrag und 1.370 € Sparer-Freibetrag), bei Verheirateten höchstens bis zu 2.842 € (Verdoppelung der vorgenannten Beträge). Ehegatten können nur gemeinsam einen Freistellungsauftrag erteilen. Dieser kann sowohl für Gemeinschaftskonten wie auch für auf den Namen nur eines Ehegatten geführte Konten/Depots erteilt werden. Der Freistellungsauftrag muss eigenhändig unterschrieben sein. Wegen der Reduzierung des Sparer-Freibetrags ab 2007 auf 750 € betragen die im Freistellungsauftrag möglichen Höchstbeträge dann 801 € bzw. 1.602 €. Ab Veranlagungszeitraum 2009 sind der Sparer-Freibetrag und der Werbungskosten-Pauschbetrag zusammengefasst worden zu dem neuen Sparer-Pauschbetrag. Dieser beträgt für Ledige 801 € und für Verheiratete 1.602 € (§ 9a, § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Damit bleibt das Volumen für einen Freistellungsauftrag unverändert. Zur Änderung der Freistellungsaufträge aufgrund des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vgl. , BStBl 2008 I S. 687, mit Vordruckmuster.
Hat der Steuerpflichtige Kapitalanlagen bei mehreren Instituten, kann er jedem Institut einen Freistellungsauftrag erteilen, wobei die in allen Freistellungsaufträgen angegebenen Freibeträge zusammen den maßgeblichen Freibetrag nicht übersteigen dürfen.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Freistellungsauftrag s. , BStBl 2002 I S. 1346; , BStBl 2005 I S. 1051; , BStBl 2006 I S. 101. Zum Muster des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks für Zeiträume ab 2007 vgl. , BStBl 2006 I S. 490. Zur Änderung der Freistellungsaufträge aufgrund des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vgl. , BStBl 2008 I S. 687.
Die Nichtveranlagungs-Bescheinigung (§ 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG) wird auf Antrag vom Wohnsitzfinanzamt des Steuerpflichtigen unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt, wenn anzunehmen ist, dass für den Steuerpflichtigen eine Veranlagung nicht in Betracht kommt. Die Nichtveranlagungsbescheinigung kann die im Freistellungsauftrag möglichen Beträge übersteigen, wenn anzunehmen ist, dass insgesamt kein steuerpflichtiges Einkommen erzielt wird. Ihre Geltungsdauer darf höchstens drei Jahre betragen. Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, die Nichtveranlagungs-Bescheinigung dem Finanzamt zurückzugeben, sobald er erkennt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung weggefallen sind.
Sofern Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Gemeinschaftskonto bei einem Kreditinstitut unterhalten, hat das Kreditinstitut für darauf anfallende Zinsen die Zinsabschlagsteuer einzubehalten und den Steuerpflichtigen eine Steuerbescheinigung auf den Namen beider Kontoinhaber auszustellen. Es ist nicht zulässig, nach § 44a EStG vom Steuerabzug abzusehen. Bei Kapitalerträgen, die auf einem Treuhandkonto erzielt werden, ist mangels Identität von Gläubiger und Kontoinhaber eine Abstandnahme vom Zinsabschlag ausgeschlossen.
b) Abstandnahme vom Steuerabzug bei Körperschaften
Nach § 44a Abs. 4 EStG ist bei Kapitaleinnahmen i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG (Zinsen aus Sparanteilen von Lebensversicherungsbeiträgen), § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 sowie Satz 2 EStG (Anleihe-, Bank- und Stückzinsen) vom Steuerabzug abzusehen, wenn der Gläubiger eine von der Körperschaftsteuer befreite inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder eine inländische Person des öffentlichen Rechts ist. Dies ist vom Gläubiger durch eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamts (Freistellungsbescheinigung) nachzuweisen. Diese Körperschaften können beim zuständigen Finanzamt eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung beantragen, wenn ihr zu versteuerndes Einkommen den Freibetrag von 3.835 € gem. § 24 KStG nicht übersteigt. Durch Vorlage dieser Bescheinigung kann bei dem Kreditinstitut ebenfalls eine Abstandnahme vom Zinsabschlag und damit auch vom Solidaritätszuschlag erreicht werden.
Das Kreditinstitut kann bei losen Personenzusammenschlüssen (GbR, Sparclub, Sportclub, Schulklasse), die aus mindestens sieben Mitgliedern bestehen, vom Zinsabschlag absehen, wenn
das Konto neben dem Namen des Kontoinhabers einen Zusatz enthält, der auf den Personenzusammenschluss hinweist,
die Kapitalerträge bei den einzelnen Guthaben des Personenzusammenschlusses im Kalenderjahr den Betrag von 10 €, vervielfältigt mit der Anzahl der Mitglieder, höchstens 300 € im Kalenderjahr, nicht übersteigen,
der Kontoinhaber dem Kreditinstitut jeweils vor dem ersten Zufluss von Kapitalerträgen im Kalenderjahr eine Erklärung abgibt über die Anzahl der Mitglieder des Personenzusammenschlusses.
Diese Vereinfachungsregel gilt nicht für Personengesellschaften wie Grundstücks-, Erben-, Wohnungseigentümergemeinschaften. Vgl. , BStBl 2002 I S. 1346. Diese Regelung gilt auch weiterhin, also auch im Rahmen des Kapitalertragsteuerverfahrens nach dem ().
c) Abstandnahme vom Steuerabzug bei Dauerüberzahlern
Dem Zinsabschlag unterliegen Anleihe-, Bank- und Stückzinsen auch dann, wenn die Zinsen Betriebseinnahmen des Gläubigers sind, die Wertpapiere und Bankguthaben also bei ihm zu einem Betriebsvermögen gehören. Übersteigen in einem solchen Fall Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und anzurechnende Körperschaftsteuer beim Steuerpflichtigen wegen der Art seiner Geschäfte (wie Lebensversicherungsunternehmen) auf Dauer die im Veranlagungsverfahren festzusetzenden Steuerbeträge, können nach geltendem Recht zur Entlastung des Steuerpflichtigen keine negativen Vorauszahlungen festgesetzt werden. Der überzahlte Zinsabschlag einschließlich Solidaritätszuschlag könnte erst im Wege der Veranlagung erstattet werden. § 44a Abs. 5 EStG bestimmt zur Entlastung des Steuerpflichtigen, dass in diesen Fällen vom Zinsabschlag abzusehen ist, wenn der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts nachweist, dass bei ihm ein derartiger Sachverhalt vorliegt. Diese Freistellungsbescheinigung kann sowohl von unbeschränkt als auch von beschränkt Steuerpflichtigen beantragt werden. Diese Bescheinigung wird unter dem Vorbehalt des Widerrufs ausgestellt. Durch die Änderung des § 44a Abs. 5 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 können Versicherungsunternehmen auch in den Fällen einer Organschaft eine Dauerüberzahlerbescheinigung erhalten. Voraussetzung ist, dass die anzurechnenden Steuern – bezogen auf den gesamten Organkreis – höher sind als die für den Organkreis festzusetzende Körperschaftsteuer. Zur Prüfung dieser Voraussetzung wird auf die Verhältnisse der dem Zeitpunkt des Antrags auf Erteilung der Bescheinigung vorangegangenen drei Jahre abgestellt. Wurde aufgrund einer bisher vorliegenden Dauerüberzahlerbescheinigung bei dem Versicherungsunternehmen in den zu betrachtenden Zeiträumen tatsächlich keine Kapitalertragsteuer einbehalten, kann die anrechenbare Kapitalertragsteuer des Versicherungsunternehmens durch Schätzung auf der Basis der Kapitalerträge ermittelt werden. Bei Neugründung eines Organschaftsverhältnisses kommt es auf die Verhältnisse der einzelnen Gesellschaften an, die in den Organkreis einbezogen werden sollen. Aus Vereinfachungsgründen kann in diesen Fällen auf die Angaben zur Festsetzung von Vorauszahlungen beim Organträger abgestellt werden. Wenn auch unter Berücksichtigung der anrechenbaren Kapitalertragsteuern der Versicherungsorgangesellschaft beim Organträger Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer festzusetzen sind, liegt eine Überzahlersituation nicht vor und der Organgesellschaft kann die für die Erteilung einer Dauerüberzahlerbescheinigung erforderliche Bescheinigung nicht erteilt werden. Diese Vereinfachungsregelung kann entsprechend angewendet werden, soweit Gesellschaften in den Organkreis einbezogen werden sollen, die noch keine drei Jahre bestehen (z. B. neu gegründete oder durch Umwandlung entstandene Gesellschaften).
d) Abstandnahme bei besonderen von der Körperschaftsteuer befreiten Organisationen
Bei bestimmten Erträgen von Gläubigern einer Einrichtung, die steuerbegünstigten Zwecken nach §§ 51– 68 AO dient, ist vom Steuerabzug abzusehen (§ 44a Abs. 7 EStG). Der Nachweis, dass der Gläubiger zu dem begünstigten Personenkreis gehört, ist in Form der Nichtveranlagungs-Bescheinigung des zuständigen Finanzamts zu führen.
e) Anteiliger Kapitalertragsteuerabzug bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer
Bei bestimmten Erträgen von Gläubiger, die in § 5 Abs. 1 KStG mit Ausnahme von § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG genannt sind, oder die nach anderen Gesetzen von der Körperschaftsteuer befreit sind, oder von Gläubigern, die zu den inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören, die nicht in § 44a Abs. 7 EStG genannt sind (Bund, Länder, Gemeinden, kommunale Zweckverbände, Universitäten, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten u. a.), ist der Steuerabzug nur anteilig vorzunehmen (§ 44a Abs. 8 EStG). In den in § 44a Abs. 8 Satz 2 EStG genannten Fällen ist die Kapitalertragsteuer anteilig zu erstatten. In den verschiedenen Veranlagungszeiträumen erfolgen der Steuerabzug bzw. die Steuererstattung wie folgt:
für Kapitalerträge, die nach dem und vor dem zufließen, ist der Kapitalertragsteuerabzug hälftig vorzunehmen; eine evtl. Erstattung erfolgt dementsprechend ebenfalls hälftig;
für Kapitalerträge, die nach dem und vor dem zufließen, ist der Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von drei Vierteln vorzunehmen; eine evtl. Erstattung erfolgt in Höhe von einem Viertel (§ 52a Abs. 16 Satz 2 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008);
für Kapitalerträge, die nach dem zufließen, ist der Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von drei Fünfteln vorzunehmen; eine evtl. Erstattung erfolgt in Höhe von zwei Fünfteln.
Die Vornahme des anteiligen Kapitalertragsteuerabzugs erfordert die Vorlage einer Nichtveranlagungsbescheinigung durch den Gläubiger. Die Erstattung der Kapitalertragsteuer erfolgt durch das Bundeszentralamt für Steuern.
§ 44a Abs. 9 EStG i. V. mit § 52a Abs. 16 Satz 3 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 passt die Regelung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 i. S. einer Gleichbehandlung mit inländischen Körperschaften für ausländische Körperschaften an. Im Einzelfall kann sich eine weitergehende Entlastung aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergeben. Die Entlastung erfolgt umfassend durch nachträgliche Erstattung durch das Bundeszentralamt für Steuern. Durch das Jahressteuergesetz 2009 wird in § 44a Abs. 9 Satz 2 EStG bestimmt, dass die Regelungen des § 50d Abs. 3 und 4 EStG (s. Tz. 298) entsprechend anzuwenden sind. Die Regelung ermöglicht u. a. einen einheitlichen Erstattungsantrag. Anzuwenden ist die geänderte Vorschrift auf die nach dem zufließenden Kapitalerträge (§ 52a Abs. 16 Satz 5 EStG i. d. F. des JStG 2009).
§ 44a Abs. 7 und 8 EStG wurden durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl 2009 I S. 1959) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 redaktionell an die Umstellung vom Sammelantragsverfahren auf die Sammelverwahrung angepasst. Es wird nicht mehr darauf abgestellt, ob die die Kapitalerträge auszahlende Stelle berechtigt ist, einen Sammelantrag nach § 45b EStG zu stellen, sondern ob die betreffenden Wirtschaftsgüter sammelverwahrt werden. Bei diesen sich in der Sammelverwahrung als das für große Emissionsvolumina typische Verfahren befindenden Wirtschaftsgütern erfolgt die nachträgliche (Teil )Entlastung durch das verwahrende oder verwaltende Institut gemäß § 44b Abs. 6 EStG und nicht mehr durch das Sammelantragsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern.
Tz. 285 Erstattung der Kapitalertragsteuer
§ 44b EStG regelt die antragsgebundene Erstattung einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuerbeträge, für die das Bundeszentralamt für Steuern zuständig ist. Der Antrag ist bis zum 31. 12. des dem Kalenderjahr des Zuflusses folgenden Kalenderjahrs auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck zu stellen. Er ist zu unterschreiben. Die Antragsfrist kann nicht verlängert werden.
Eine Erstattung einbehaltener und abgeführter Steuerbeträge kommt in Betracht, wenn keine rechtliche Verpflichtung zur Zahlung bestand. Für Kapitalerträge i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG (Dividenden, Zinsen aus Wandelanleihen, Gewinnobligationen und Genussrechten, mit denen nicht das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist) ist die Kapitalertragsteuer unter den Voraussetzungen des § 44a Abs. 1, 2, und 5 EStG auf Antrag zu erstatten. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 ist die Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung des § 3 Nr. 40 Buchst. d, e, und f EStG zu ermitteln. Bei Kapitalerträgen i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (Einnahmen aus stiller Beteiligung und Zinsen aus partiarischen Darlehen), Nr. 4 (Zinsen aus Sparanteilen bestimmter Lebensversicherungsbeiträge), Nr. 7 und 8 Satz 2 EStG (Anleihe-, Bank- und Stückzinsen) kann in Fällen, in denen der Gläubiger den Freistellungsauftrag, die Nichtveranlagungs-Bescheinigung oder die Freistellungsbescheinigung erst zu einem Zeitpunkt vorgelegt hat, in dem die Steuerbeträge bereits abgeführt waren, der Steuerabzug in einem vereinfachten Verfahren rückgängig gemacht werden. Der zum Steuerabzug Verpflichtete ist berechtigt, die Änderung der betroffenen Steueranmeldung beim zuständigen Finanzamt zu beantragen (§ 44b Abs. 5 EStG). Sollte der zum Steuerabzug Verpflichtete (meistens das Kreditinstitut) von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen, kann der Gläubiger der Kapitalerträge die Steuerbeträge entweder im Veranlagungsverfahren oder auf Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern eine Erstattung begehren. Letzteres ist für ihn vorteilhafter, weil er die Steuerbeträge noch im Zuflussjahr und damit früher erhält als im Wege der Veranlagung, die erst nach Ablauf des Kalenderjahrs durchgeführt wird.
§ 44b Abs. 1 Satz 1 EStG ist durch das Jahressteuergesetz 2009 dahingehend geändert worden, dass eine Erstattung nur noch unter den Voraussetzungen des § 44a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 5 EStG zulässig ist. Hierdurch wird in den Fällen eines erteilten Freistellungsauftrags kein Erstattungsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern mehr durchgeführt. Die Kreditinstitute berücksichtigen die Freistellungsaufträge im Rahmen der Kapitalertragsteuerverrechnung. Verbleibende Einzelfälle können erforderlichenfalls im Veranlagungsverfahren durch die Finanzämter abgewickelt werden. Die Änderung gilt für alle ab dem Kalenderjahr 2010 zufließenden Kapitalerträge (§ 52a Abs. 16 Satz 6 EStG i. d. F. des JStG 2009).
Das Erstattungsverfahren ist auch für sog. Überzahler i. S. des § 44a Abs. 5 EStG möglich.
§ 44b EStG wurde durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl 2009 I S. 1959) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 geändert. Nach § 44 Abs. 5 EStG i. d. F. dieses Gesetzes ist eine erweiterte nachträgliche Korrektur des Steuerabzugs möglich geworden, wenn der Steuerpflichtige eine für die Abstandnahme vom Steuerabzug erforderliche Bescheinigung oder Erklärung erst nachträglich einreicht. Danach kann z. B. bei dem Steuereinbehalt für Veräußerungsgewinne die einbehaltene Steuer auch in den Fällen des § 43 Abs. 2 EStG erstattet oder bei der nächsten Kapitalertragsteueranmeldung zugunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Bedeutung hat die Regelung insbesondere für Gewinne von sonstigen juristischen Personen des Privatrechts, nichtrechtsfähige Vereine oder andere Körperschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG oder natürliche Personen, bei denen die Veräußerungsgewinne zu den Betriebseinnahmen gehören (Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, BT-Drucks. 16/13429 S. 73).
Durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl. 2009 I S. 1959) neu eingeführt wurde § 44b Abs. 6 EStG. Hierbei handelt es sich um die zentrale Vorschrift, die an Stelle des Sammelantragsverfahrens nach § 45b EStG die Erstattungen der einbehaltenen Kapitalertragsteuer bei über Kredt- oder Finanzdienstleistungsinstitut gehaltenen Kapitalanlagen regelt. Sie gilt für Kapitalerträge i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 EStG (= Erträge aus gesellschaftlichen Beteiligungen, Genussrechten, Wandelanleihen und Gewinnobligationen), die von steuerbefreiten Körperschaften und anderen juristischen Personen sowie von sog. Überzahlern gehalten werden. Die Erstattung kann nunmehr über das das jeweilige Stammrecht verwaltende Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut durch das Betriebsstättenfinanzamt des Instituts erfolgen. § 44b Abs. 6 Satz 2 EStG enthält die erforderliche Haftungsregelung für zu Unrecht geleistete Erstattungen. § 44b Abs. 6 Satz 3 EStG schreibt eine gesonderte Aufzeichnung vor. Diese ist erforderlich, um die im Finanzverwaltungsgesetz angeführten Regelungen zur Vermeidung des Verschiebungseffekts beim Steueraufkommen durchzuführen. Aufgrund der Aufzeichnungen meldet das Betriebsstättenfinanzamt des Instituts die Erstattungssumme zur Verrechnung an das Bundeszantralamt für Steuern.
Tz. 286 Ausschluss der Erstattung von Kapitalertragsteuer
Grds. ist die Erstattung der Kapitalertragsteuer an den Anteilseigner auszubezahlen, wenn er auch die Dividende erhält. Eine Auszahlung an einen anderen als den Anteilseigner, also an den Empfänger der Dividende ist nicht möglich, wenn es sich beim Anteilseigner und Anspruchsinhaber der Kapitalerträge um zwei verschiedene Personen handelt. Für Erwerber der Dividendenscheine ist die Erstattung der Kapitalertragsteuer möglich laut Sonderregelung in § 45 Satz 2 EStG. Für Erwerber von Zinsscheinen ist keine Erstattung möglich.
Tz. 287 Anmeldung und Bescheinigung der Kapitalertragsteuer
Die innerhalb eines Kalendermonats einbehaltenen Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuer, Zinsabschlag und Solidaritätszuschlag) sind jeweils zum 10. des folgenden Monats auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck an das Finanzamt anzumelden und abzuführen, das für die Besteuerung des Schuldners der Kapitalerträge oder der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle zuständig ist. Die Anmeldepflicht besteht auch dann, wenn ein Steuerabzug nicht oder nicht in voller Höhe vorzunehmen ist (§ 45a Abs. 1 EStG). Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ist die Anmeldung auf elektronischem Wege nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung dem Finanzamt zuzuleiten. Auf begründeten Antrag kann von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung abgesehen werden; in diesem Fall ist die Kapitalertragsteueranmeldung von dem Schuldner, der den Verkaufsauftrag ausführenden Stelle, der auszahlenden Stelle oder einer vertretungsberechtigten Person zu unterschreiben (§ 45a Abs. 1 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008. Nicht mehr notwendig ist die Versicherung, dass die Angaben vollständig und richtig sind. Bereits nach § 150 Abs. 2 AO sind Angaben in den Steuererklärungen generell wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.
Nach § 45a Abs. 2 EStG hat der Schuldner der Kapitalerträge oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle dem Gläubiger nach amtlich vorgeschriebenem Muster eine Bescheinigung zu erteilen. Aus der Bescheinigung müssen u. a. Art und Höhe der Kapitalerträge, der Zahlungstag, die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge sowie das Finanzamt, an das die Steuer abgeführt worden ist, ersichtlich sein. Dabei ersetzt die Jahresbescheinigung nach § 24c EStG nicht diejenige nach § 45a Abs. 2 und 3 EStG ( NWB TAAAC-68160). Werden im Veranlagungsverfahren oder anlässlich einer Außenprüfung im Nachhinein Gewinnausschüttungen oder Zinszahlungen festgestellt, für die im Auszahlungszeitpunkt keine Kapitalertragsteuer bzw. Zinsabschlagsteuer einbehalten und abgeführt wurde, so wird von der Nacherhebung der Kapitalertragsteuer bzw. Zinsabschlagsteuer Abstand genommen, wenn deren Versteuerung im Inland zweifelsfrei feststeht (zu weiteren Einzelheiten vgl. NWB WAAAC-62894).
Entsprechendes gilt auch bei Tafelgeschäften. Die auszahlende Stelle muss auf Verlangen des Gläubigers der Kapitalerträge eine Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 EStG erteilen. Die gekennzeichnete Steuerbescheinigung kann auch für Tafelgeschäfte nicht anonym bleiben, sondern der Steuerpflichtige muss seinen Namen und seine Anschrift angeben. Blanko-Steuerbescheinigungen sind unzulässig. Ohne Kapitalertragsteuerbescheinigung, wird die – eventuell – einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer dem Steuerpflichtigen nicht angerechnet ( NWB DAAAC-83337).
Durch § 45a Abs. 2 Satz 1 EStG in der ab dem geltenden Fassung wird die bisherige Steuerbescheinigung durch eine Bescheinigung ersetzt, die die für die besondere Besteuerung von Kapitalerträgen nach § 32d EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 erforderlichen Angaben enthält. Gleichzeitig wurde die Regelung über eine Jahresbescheinigung nach § 24c EStG a. F. mit Wirkung ab aufgehoben. Werden die Kapitalerträge für Rechnung des Schuldners durch ein inländisches Kreditinstitut gezahlt, hat an Stelle des Schuldners das Kreditinstitut die Bescheinigung auszustellen (§ 45a Abs. 3 EStG). Werden inländische Investmentanteile von einem ausländischen Kreditinstitut verwahrt, darf dieses keine Steuerbescheinigung ausstellen. Die Finanzverwaltung lässt es aber zu, dass ein inländisches Kreditinstitut eine Steuerbescheinigung auf den Namen des Anteilsinhabers ausstellt, wenn das ausländische Kreditinstitut in Vertretung des Anteilsinhabers eine auf dessen Namen lautende Steuerbescheinigung beantragt hat ( NWB KAAAC-43801). Inländische Zweigstellen eines ausländischen Kreditinstituts oder eines ausländischen Finanzdienstleistungsinstituts müssen bei der Auszahlung von Kapitalerträgen ebenfalls Kapitalertragsteuer einbehalten und dürfen Steuerbescheinigungen über Kapitalertragsteuer ausstellen. Mit (NWB EAAAC-65346) hat die Finanzverwaltung nach dem Stand vom ein Verzeichnis der Zweigstellen und Zweigniederlassungen ausländischer Kreditinstitute veröffentlicht, die befugt sind, im Inland Bankgeschäfte zu betreiben.
Mit (BStBl 2008 I S. 973), ergänzt durch das (BStBl 2009 I S. 631 Durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl. 2009 I S. 1959) neu eingeführt wurde § 44b Abs. 6 EStG. Hierbei handelt es sich um die zentrale Vorschrift, die an Stelle des Sammelantragsverfahrens nach § 45b EStG die Erstattungen der einbehaltenen Kapitalertragsteuer bei über Kredt- oder Finanzdienstleistungsinstitut gehaltenen Kapitalanlagen regelt. Sie gilt für Kapitalerträge i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 EStG (= Erträge aus gesellschaftlichen Beteiligungen, Genussrechten, Wandelanleihen und Gewinnobligationen), die von steuerbefreiten Körperschaften und anderen juristischen Personen sowie von sog. Überzahlern gehalten werden. Die Erstattung kann nunmehr über das das jeweilige Stammrecht verwaltende Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut durch das Betriebsstättenfinanzamt des Instituts erfolgen. § 44b Abs. 6 Satz 2 EStG enthält die erforderliche Haftungsregelung für zu Unrecht geleistete Erstattungen. § 44b Abs. 6 Satz 3 EStG schreibt eine gesonderte Aufzeichnung vor. Diese ist erforderlich, um die im Finanzverwaltungsgesetz angeführten Regelungen zur Vermeidung des Verschiebungseffekts beim Steueraufkommen durchzuführen. Aufgrund der Aufzeichnungen meldet das Betriebsstättenfinanzamt des Instituts die Erstattungssumme zur Verrechnung an das Bundeszantralamt für Steuern.), hat das BMF Musterbescheinigungen für Kapitalerträge, die der Abgeltungssteuer unterliegen, veröffentlicht. In Abhängigkeit davon, zu welcher Vermögenssphäre die Kapitalerträge gehören und wer der Schuldner ist, gibt es Steuerbescheinigungen für Privatkonten, für Konten bei §§ 13, 15, 18 und 21 EStG-Einkünften und für leistende Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen.
Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 kann eine Bescheinigung nach § 45a Abs. 4 EStG nicht erteilt werden, wenn in Vertretung des Gläubigers ein Antrag auf Erstattung der Kapitalertragsteuer nach § 44b Abs. 1–3 EStG gestellt worden ist oder gestellt wird. Es soll damit sichergestellt werden, dass Kapitalertragsteuer nicht doppelt erstattet wird. Die Ausstellung von Steuerbescheinigungen ist auch in den Fällen des § 44a Abs. 8 EStG (hälftiger Kapitalertragsteuerabzug, der abgeltende Wirkung entfaltet) ausgeschlossen. Damit soll die Stellung von Anträgen auf Erstattung von Kapitalertragsteuer beim Bundeszentralamt für Steuern verhindert werden. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 kann eine solche Bescheinigung in den genannten Fällen gleichwohl erteilt werden; es handelt es sich um einen Sachverhalt, der durch eine entsprechende Ausgestaltung des amtlichen Musters der Bescheinigung abgefragt werden kann.
Zu Ersatzbescheinigung und berichtigter Bescheinigung sowie Haftungsregelungen s. § 45a Abs. 5–7 EStG.
Tz. 288 Erstattung von Kapitalertragsteuer aufgrund von Sammelanträgen
Inländische Kreditinstitute können für ihre Depotkunden unter den Voraussetzungen des § 45b Abs. 1 Nr. 1–4 EStG einen Sammelantrag stellen. Die Sammelanträge werden beim Bundeszentralamt für Steuern eingereicht und das Kreditinstitut erhält dann von diesem die Steuerbeträge. Der Anteilseigner erhält in diesen Fällen nur einen Abrechnungsbeleg. Durch die Änderung des § 45b Abs. 1 Satz 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 wird das Sammelantragsverfahren in den Fällen eines erteilten Freistellungsauftrags abgeschafft. Stattdessen können die Kreditinstitute einen Erstattungsanspruch ihrer Kunden im Rahmen der monatlichen Kapitalertragsteueranmeldung gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt geltend machen oder mit der Kapitalertragsteuerzahllast verrechnen. Über den Querverweis in § 7 Abs. 3 Satz 2 InvStG findet diese Änderung auch auf ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Erträge aus Investmentfonds Anwendung. Nach § 52a Abs. 16 Satz 8 EStG i. d. F. des JStG 2009 ist die Änderung erstmals für Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2009 zufließen.
Dieses Verfahren können Kapitalgesellschaften und Genossenschaften für ihre Arbeitnehmer bzw. Mitglieder entsprechend anwenden.
Zur Erstattung von Kapitalertragsteuer bei Kapitalerträgen, die inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts über einen Treuhänder zufließen vgl. , StEd 2007 S. 188.
§ 45b EStG wurde durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl 2009 I S. 1959) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 wegen der Änderung des § 44b EStG (Tz. 285) auf die Fälle des Sammelantragsverfahrens außerhalb der Kreditwirtschaft eingegrenzt.
Tz. 289 Erstattung von Kapitalertragsteuer in Sonderfällen
Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Gläubiger, deren Bezüge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG im Wirtschaftsjahr 51 € nicht übersteigen, kann die Erstattung im Rahmen eines Sammelantragsverfahrens beantragt werden. Dieses Verfahren ist unbeachtlich eines Freistellungsverfahrens oder der Vorlage einer Nichtveranlagungsbescheinigung durchführbar.
§ 45c EStG wurde mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 aufgehoben. Die Regelung konnte nicht beibehalten werden, da sie nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einer Vielzahl von Fällen führen würde, die von der Abgeltungsteuer nicht erfasst und nachzuerklären wären.
Tz. 290 Mitteilung an das Bundeszentralamt für Steuern
Die zum Steuerabzug Verpflichteten oder eine Steuererstattung Beantragenden haben dem Bundeszentralamt für Steuern bestimmte Daten bis zum 31. 5. des Folgejahrs zu Kontrollzwecken mitzuteilen. § 45d Abs. 1 EStG zählt die zu übermittelnden Daten auf.
Für die Überprüfung der Einnahmen von Empfängern von Sozialleistungen dürfen die Daten vom Bundeszentralamt für Steuern an die Sozialleistungsträger mitgeteilt werden (§ 45d Abs. 2 EStG).
Mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2009 fällt die bisherige Differenzierung insbesondere zwischen Dividenden und Zinsen bei den Mitteilungen der zum Steuerabzug verpflichteten Stellen an das Bundeszentralamt für Steuern weg. Es ist nur noch zwischen Kapitalerträgen, bei denen vom Steuerabzug Abstand genommen wurde, und Kapitalerträgen, bei denen die Erstattung von Kapitalertragsteuer beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt wurde, zu unterscheiden.
Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde § 45d EStG um einen weiteren Absatz erweitert. Der neue § 45d Abs. 3 EStG regelt Mitteilungsverpflichtungen eines inländischen Versicherungsvermittlers bei der erfolgreichen Vermittlung eines kapitalbildenden Lebensversicherungsvertrages mit einem ausländischen Versicherungsunternehmen. Ausgenommen sind ausländische Versicherungsunternehmen mit inländischer Niederlassung, da auf diese Fälle die Verpflichtung zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer im Zuge dieses Gesetzes ausgedehnt wird. Zweck der Regelung ist die Sicherstellung der inländischen Besteuerung, soweit die inländischen Verifikationsmöglichkeiten reichen. Eine Benachteiligung ausländischer Versicherungsunternehmen gegenüber inländischen Versicherungsunternehmen liegt nicht vor, da die Anforderungen an die inländischen Versicherungsunternehmen aufgrund der Verpflichtung zum Abzug der Kapitalertragsteuer weiter reichen. Eine Verpflichtung besteht nicht, sofern das Versicherungsunternehmen freiwillig das Bundeszentralamt für Steuern bis zum 30. 3. des Folgejahrs über den Abschluss eines Vertrags informiert hat und den Versicherungsvermittler hierüber in Kenntnis gesetzt hat. Mit dieser Ausnahmeregelung wird den Fällen Rechnung getragen, in dem das Versicherungsunternehmen zu Gunsten des Vermittlers die Übersendung der Daten übernimmt (vgl. Bericht des FinA-BT, BT-Drucks. 16/11108 S. 27, 28). § 45d Abs. 3 EStG ist für Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem abgeschlossen werden. Die erstmalige Übermittlung hat bis zum zu erfolgen (§ 52a Abs. 16 Satz 9 EStG i. d. F. des JStG 2009).
§ 45d EStG wurde durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl. 2009 I S. 1959) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 an die Umstellung vom Sammelantragsverfahren auf die Sammelverwahrung angepasst (Tz. 284, 285).
Tz. 291 Ermächtigung für Zinsinformationsverordnung
Die Zinsinformationsverordnung setzt die EU-Zinsrichtlinie in nationales Recht um. In der Zinsrichtlinie wird für die EU-Mitgliedstaaten ein automatischer Informationsaustausch für Zinserträge von Nicht-Gebietsansässigen über die Grenzen hinaus geregelt. Grenzüberschreitende Zinszahlungen sollen im Wohnsitzstaat des Empfängers effektiv besteuert werden. Erfasst werden nur bestimmte Kapitalerträge; nicht erfasst werden z. B. Dividenden, Kursgewinne. Mit einigen Staaten bestehen Sonderregelungen (Belgien, Luxemburg, Österreich). Die Daten über die gemeldeten Zinszahlungen werden beim Bundeszentralamt für Steuern gesammelt und dann an die einzelnen Landesfinanzverwaltungen weitergeleitet. S. im Einzelnen Anwendungsschreiben zur Zinsinformationsverordnung – ZIV – (, BStBl 2008 I S. 320).
IV. Veranlagung bei steuerabzugspflichtigen Einkünften
Tz. 292 Veranlagung bei Bezug von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
a) Allgemeines
Der Bezug von Arbeitslohn unterliegt grds. dem Lohnsteuerabzugsverfahren gem. §§ 38 ff. EStG. Für Arbeitnehmer, für die eine Veranlagung nicht in Betracht kommt, ist die auf die Lohneinkünfte entfallende Einkommensteuer durch die Lohnsteuer abgegolten. Im Veranlagungsfall ist die abgezogene Lohnsteuer auf die für das zu versteuernde Einkommen zu ermittelnde Einkommensteuer anzurechnen.
§ 46 EStG regelt abschließend, wann eine Pflicht zur Veranlagung mittels Abgabe einer Einkommensteuererklärung (Veranlagung von Amts wegen –, § 46 Abs. 2 Nr. 1–7 EStG) und wann ein Wahlrecht zur Veranlagung (Antragsveranlagung – § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) besteht. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erfolgt die Überprüfung des vorgenommenen Lohnsteuerabzugs auf den Arbeitslohn unter Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer zu erklärenden anderen steuermindernden/steuererhöhenden Tatsachen (z. B. Werbungskosten, nicht der Lohnsteuer unterworfene Zahlungen). Um die Pflichtveranlagung durch Überschreiten der Veranlagungsgrenze zu erreichen, kann der Steuerpflichtige nicht wirksam auf nachgewiesene Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verzichten (NWB TAAAB-88167; rkr.).
Es existiert keine allgemeine Einkommensgrenze, oberhalb derer ein Arbeitnehmer zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist.
b) Nicht aus Arbeitslohn bestehende Einkünfte oder dem Progressionsvorbehalt unterliegende Bezüge von mehr als 410 €
Werden neben Arbeitslohn andere einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielt, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen (z. B. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung), und überschreitet die positive Summe dieser Einkünfte nach Abzug des hierauf entfallenden Freibetrags für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 3 EStG) sowie des hierauf entfallenden Altersentlastungsbetrags (§ 24a EStG) den Betrag von 410 €, besteht eine Veranlagungspflicht (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Gleiches gilt, wenn die Summe der Leistungen und Bezüge, die dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) unterliegen, diese Betragsgrenze überschreitet.
Die gesetzliche Klarstellung hinsichtlich der positiven Summe war geboten, weil in mehreren Revisionsverfahren beim BFH die Auffassung vertreten worden war, § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG a. F. sei nicht zu entnehmen, dass bei der Prüfung der Einkunftsgrenze (800 DM/410 EUR) allein positive Einkünfte entscheidend und negative Einkünfte nicht zu berücksichtigen seien (vgl. z. B. , BStBl 2007 II S. 47; , BStBl 2007 II S. 45; , BStBl 2007 II S. 129). Nach § 52 Abs. 55j EStG ist die Gesetzesänderung auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden. Nach Auffassung des NWB WAAAC-71162; rkr.) ist die rückwirkende Änderung des § 46 Abs. 2 EStG verfassungskonform dahin gehend auszulegen, dass die Neuregelung nicht für alle Veranlagungszeträume vor 2006 rückwirkend anzuwenden ist, sondern nur für diejenigen Anträge maßgeblich ist, die nach Veröffentlichung des Gesetzes gestellt werden. Nach Auffassung des FG Köln (rkr. Beschluss v. - 10 K 6227/04 NWB BAAAC-74406) ist die rückwirkende Anwendungsvorschrift verfassungswidrig. Das FG Köln hat die Angelegenheit daher dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
c) Mehrere Dienstverhältnisse
Hat ein Arbeitnehmer nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen, unterliegt er der Veranlagungspflicht gem. § 46 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Die Vorschrift findet auch Anwendung, wenn rechtlich nur ein Dienstverhältnis für den Arbeitnehmer besteht, die Bezüge aber von verschiedenen Kassen ausgezahlt und gesondert dem Steuerabzug unterworfen werden (R 46.1 EStR). Bei zusammenveranlagten Ehegatten besteht Veranlagungspflicht, wenn einer oder beide Ehegatten jeweils Arbeitslohn von mehreren Arbeitgebern erhalten hat.
Veranlagungspflicht besteht dagegen nicht, wenn der Arbeitnehmer zwar von mehreren Arbeitgebern nebeneinander Arbeitslohn bezieht, gem. § 38 Abs. 3a Satz 7 EStG der Arbeitslohn von einem Dritten zusammengerechnet worden ist und dieser Dritte die Pflichten des Arbeitgebers erfüllt.
d) Anwendung der besonderen Vorsorgepauschale
Eine Veranlagung von Amts wegen ist nach § 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG durchzuführen, wenn bei einem Steuerpflichtigen, der zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 EStG gehört, die Lohnsteuer im Veranlagungszeitraum oder für einen Teil des Veranlagungszeitraums nach den Steuerklassen I–IV der allgemeinen Lohnsteuertabelle (unter Anwendung der allgemeinen Versorgungspauschale nach § 10c Abs. 2 EStG) erhoben worden ist.
§ 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG wurde durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom (BGBl 2009 I S. 1959) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 an die Änderungen beim Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung redaktionell angepasst.
e) Zusammenveranlagte Ehegatten mit Steuerklasse V oder VI
Haben Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, beide Arbeitslohn bezogen, besteht Veranlagungspflicht nach § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG, wenn (zumindest) einer der Ehegatten für den Veranlagungszeitraum oder einen Teil des Veranlagungszeitraums nach der Steuerklasse V oder VI besteuert oder bei Steuerklasse IV der Faktor i. S. des § 39f EStG i. d. F. des JStG 2009 eingetragen worden ist. Nicht hierzu zählt pauschal versteuerter Arbeitslohn.
f) Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte
Ist auf der Lohnsteuerkarte des Steuerpflichtigen ein Freibetrag nach § 39a Abs. 1 Nr. 1–3, 5 oder 6 EStG eingetragen (z. B. für den Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigende Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen), ist der Steuerpflichtige gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG zur Einkommensteuerveranlagung verpflichtet. Die Vorschrift dient nach Ablauf des Veranlagungszeitraums der Überprüfung der im Lohnsteuerverfahren unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gewährten Freibeträge insbesondere zu der Frage, ob die erklärten steuermindernden Tatsachen dem Grunde und der Höhe nach tatsächlich eingetreten sind.
g) Aufteilung von Pauschbeträgen durch ein Elternpaar
Veranlagungspflicht besteht nach § 46 Abs. 2 Nr. 4a EStG für ein Elternpaar, das entweder nicht verheiratet ist oder dauernd getrennt lebt, wenn es den ihm gemeinsam zustehenden Ausbildungsfreibetrag (§ 33a Abs. 2 Satz 6 EStG) oder Behinderten-/Hinterbliebenen-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 5 Satz 3 EStG) auf gemeinsamen Antrag zu einem anderen Maßstab als hälftig aufteilen will. Die Veranlagungspflicht erstreckt sich auf jeden Elternteil im vorgenannten Sinne, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat.
h) Sonstiger Bezug
Veranlagungspflicht besteht nach § 46 Abs. 2 Nr. 5 EStG für einen Steuerpflichtigen, bei dem die Lohnsteuer für Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1 EStG oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten nach § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG oder für einen sonstigen Bezug nach § 39c Abs. 5 EStG ermittelt wurde.
i) Früheres Dienstverhältnis
Ein Arbeitnehmer ist nach § 46 Abs. 1 Nr. 5a EStG zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer von einem sonstigen Bezug berechnet hat und dabei der Arbeitslohn aus früheren Dienstverhältnissen außer Betracht geblieben ist. Durch die Pflichtveranlagung soll ein zu niedriger Lohnsteuereinbehalt auf einen sonstigen Bezug verhindert werden.
j) Wiederheirat im Jahr der Auflösung der Ehe
Ist die Ehe eines Arbeitnehmers im Veranlagungszeitraum durch Tod, Scheidung oder Aufhebung beendet worden und heiratet der Arbeitnehmer oder sein Ehegatte der aufgelösten Ehe im gleichen Veranlagungszeitraum wieder, sind nach § 46 Abs. 2 Nr. 6 EStG zwei Veranlagungen von Amts wegen durchzuführen – für den wieder verheirateten Ehepartner und den geschiedenen bzw. im Veranlagungszeitraum verstorbenen Ehegatten.
k) Ausländische Arbeitnehmer
Ein unbeschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer ist veranlagungspflichtig gem. § 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a EStG, wenn auf seiner Lohnsteuerkarte ein Ehegatte i. S. des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG eingetragen ist (Anwendung der Steuerklasse III). Für einen Steuerpflichtigen i. S. des § 1 Abs. 3 oder § 1a EStG besteht Veranlagungspflicht nach § 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b EStG, wenn das Betriebsstättenfinanzamt eine Bescheinigung nach § 39c Abs. 4 EStG erteilt hat. Für die Veranlagung von Amts wegen ist dieses Betriebsstättenfinanzamt zuständig.
l) Antragsveranlagung
Im Regelfall wird der Arbeitnehmer von seinem Antragswahlrecht Gebrauch machen, wenn er mit einer (zumindest teilweisen) Erstattung seiner auf den Arbeitslohn einbehaltenen Lohnsteuer rechnen kann. Der Antrag ist durch Abgabe der – eigenhändig unterschriebenen – Einkommensteuererklärung auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck für den betreffenden Veranlagungszeitraum zu stellen. Um einen rechtswirksam eingelegten Antrag handelt es sich nur dann, wenn die Erklärung alle erforderlichen Angaben enthält, um eine Veranlagung durchführen zu können. Eine Einkommensteuererklärung ist auch dann „nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck” abgegeben, wenn ein – auch einseitig – privat gedruckter oder fotokopierter Vordruck verwendet wird, der dem amtlichen Muster entspricht (, BStBl 2007 II S. 2). Durch die Einreichung allein des unterschriebenen Mantelbogens der Einkommensteuererklärung ist ein wirksamer Antrag auf Veranlagung nicht gestellt (NWB MAAAB-95763; rkr.). Bisher musste die Steuererklärung bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahrs beim Finanzamt eingereicht worden sein. Es handelte sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist. Diese wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 aufgehoben. Ein Antrag auf Veranlagung kann nunmehr innerhalb der allgemeinen Festsetzungsfrist von vier Jahren gestellt werden. Die Gesetzesänderung gilt rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2005, weil insoweit die bisherige Ausschlussfrist noch nicht abgelaufen ist. Sie wird darüber hinaus in Fällen früherer Veranlagungszeiträume angewandt, in denen über die Ablehnung eines Antrags auf Veranlagung am noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist (§ 52 Abs. 55j EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2008). Die Ablaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist wegen fehlender Erklärungspflicht regelmäßig nicht anwendbar, es sei denn, der Steuerpflichtige ist zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung aufgefordert worden (R 46.2 Abs. 2 EStR 2008).
Geht das Finanzamt zu Unrecht von einer Pflichtveranlagung des Arbeitnehmers nach § 46 Abs. 2 Nr. 1–7 EStG aus und basiert hierauf eine Aufforderung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung und nachfolgend eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 AO, kann im Rahmen einer Überprüfung dieses Schätzungsbescheids mittels Vorlage der Steuererklärung lediglich die Aufhebung des Schätzungsbescheids erreicht werden.
Ist über den Einkommensteuerbescheid bereits durch bestandskräftigen Bescheid entschieden worden, vermag auch ein fristgerechter Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG keine erneute Entscheidung über diesen Anspruch herbeizuführen (, BStBl 2006 II S. 806). Die Änderung einer bestandskräftigen Ablehnung einer Antragsveranlagung kommt auch bei späterer Änderung der Rechtsprechung zur Verfassungswidrigkeit der Zweijahresfrist oder zur Pflichtveranlagung nicht in Betracht. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung und die Bestandskraft einer vorherigen Ablehnung eines Antrags auf Veranlagung stehen der späteren Durchführung einer Pflichtveranlagung entgegen (, rkr., EFG 2009 S. 1214).
Für die Durchführung des Veranlagungsverfahrens bedarf es keines Antrags des Steuerpflichtigen gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (mehr), wenn das Finanzamt das Veranlagungsverfahren von sich aus bereits durchgeführt und die Einkommensteuer festgesetzt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn bei Erlass des Steuerbescheids aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Finanzamts die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen vorlagen (, BStBl 2006 II S. 912).
Den Antrag auf Einkommensteuerveranlagung kann der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist für seinen Einkommensteuerbescheid zurücknehmen.
Eine getrennte Veranlagung geht der Antragsveranlagung vor. Ist ein Ehegatte nach § 25 EStG zur Einkommensteuer zu veranlagen und wird auf seinen Antrag eine getrennte Veranlagung durchgeführt, ist auch der andere Ehegatte gem. § 26 Abs. 2 Satz 1 EStG zwingend getrennt zu veranlagen. Für die Veranlagung des anderen Ehegatten kommt es in einem solchen Fall auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 1–8 EStG nicht mehr an (, BStBl 2007 II S. 11).
Wird der Antrag zur Berücksichtigung von Verlustabzügen nach § 10d EStG oder Berücksichtigung des Baukindergelds nach § 34f Abs. 3 EStG gestellt, galten bisher besondere Antragsfristen; s. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 3 und 4 EStG und Tz. 156, b. Diese besonderen Regelungen sind durch den Wegfall der Zweijahresfrist entbehrlich geworden.
m) Härteausgleich
Nach § 46 Abs. 3 EStG bleiben bei Arbeitnehmerveranlagungen gem. § 46 Abs. 2 EStG einkommensteuerpflichtige Einkünfte, die nicht der Lohnsteuer unterworfen wurden, steuerfrei, wenn sie insgesamt 410 € nicht übersteigen. Der Betrag ist um den Altersentlastungsbetrag – soweit dieser den unter Verwendung des nach § 24a Satz 5 EStG maßgebenden Prozentsatzes zu ermittelnden Anteil des Arbeitslohns, ausgenommen Versorgungsbezüge, übersteigt – und um den nach § 13 Abs. 3 EStG zu berücksichtigenden Betrag zu kürzen. Der Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG findet keine Anwendung auf dem Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen (, BStBl 1994 II S. 654).
In den Fällen des § 46 Abs. 2 Nr. 1–7 EStG wird die Einkommensteuer gem. § 46 Abs. 5 EStG i. V. mit § 70 EStDV darüber hinaus dergestalt gemildert, dass für die nicht der Lohnsteuer unterworfenen Einkünfte, die den Betrag von 410 € überschreiten, bis zu einem Betrag von 820 € einer stufenweisen Überleitung auf die volle Besteuerung unterliegen. Für die Berechnung des Abzugsbetrags ist vom Einkommen der Betrag abzuziehen, um den die nicht dem Lohnsteuer unterworfenen Einkünfte von über 410 € niedriger sind als 820 €. Der Altersentlastungsbetrag und der Freibetrag für Land- und Forstwirte sind abzuziehen.
Beispiele:
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Gesamtbetrag
der nicht in Arbeitslohn bestehenden Einkünfte | Vom Einkommen
abzuziehender Betrag | Zu versteuern |
410 | - | - |
500 | 320 | 180 |
600 | 220 | 380 |
700 | 120 | 580 |
800 | 20 | 780 |
820 | - | 820 |
Bei Antragsveranlagungen nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG kommt der erweiterte Härteausgleich nach § 46 Abs. 5 EStG nicht zur Anwendung, da die Summe der nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfenen Einkünfte den Betrag von 410 € nicht überschreiten können; andernfalls läge ein Fall der Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG vor.
9. Teil: Steuerabzug bei Bauleistungen
Tz. 293 Bauabzugssteuer
Die Bauabzugssteuer dient der Sicherung von Steueransprüchen bei Bauleistungen. Unternehmerisch tätige Auftraggeber von Bauleistungen (Leistungsempfänger) im Inland haben einen Steuerabzug von 15 % der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vorzunehmen, wenn nicht eine gültige, vom zuständigen Finanzamt des Leistenden ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorliegt oder bestimmte Freigrenzen nicht überschritten werden.
Leistender ist jeder, der im Inland eine Bauleistung erbringt; ohne Bedeutung ist, ob der Leistende Inländer oder Ausländer ist, ob er regelmäßig oder gelegentlich Bauleistungen erbringt. Als Leistender gilt auch derjenige, der über eine Bauleistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben (z. B. Generalunternehmer). Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Abs. 1 Satz 3 EStG). Keine Bauleistungen sind z. B. ausschließlich planerische Leistungen, Materiallieferungen oder reine Bodenarbeiten.
Der Steuerabzug ist in Höhe von 15 % der Gegenleistung vorzunehmen. Die Gegenleistung ist das Entgelt zuzüglich der Umsatzsteuer. Die Verpflichtung zum Steuerabzug entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Gegenleistung beim Leistungsempfänger abfließt.
Der Steuerabzug muss nicht vorgenommen werden bei
Vermietung von nicht mehr als zwei Wohnungen,
Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung,
Einhalten bestimmter Bagatellgrenzen (15.000 €, wenn der Leistungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG ausführt; 5.000 € in den übrigen Fällen).
Zur Form der Anmeldung, zur Frist und zur Haftung s. § 48a EStG. Die Regelungen entsprechen dem Verfahren beim Steuerabzug nach § 50a EStG.
Der Leistungsempfänger braucht den Steuerabzug nicht vorzunehmen, wenn ihm der Leistende eine Freistellungsbescheinigung vorlegt. Das Finanzamt erteilt dem Leistenden eine solche Freistellungsbescheinigung, wenn der zu sichernde Steueranspruch nicht gefährdet erscheint und ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist (§ 48b EStG). Eine Gefährdung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Leistende Anzeigepflichten nach § 138 AO nicht erfüllt, seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach § 90 AO nicht nachkommt, den Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit durch Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nicht erbringt (§ 48b Abs. 1 Satz 2 EStG).
Der einbehaltene und angemeldete Abzugsbetrag wird auf vom Leistenden zu entrichtende Steuern nacheinander wie folgt angerechnet (vgl. § 48c EStG):
die nach § 41a Abs. 1 EStG einbehaltene und angemeldete Lohnsteuer (Arbeitnehmer des Leistenden),
die Vorauszahlungen auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer,
die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Besteuerungs- oder Veranlagungszeitraums, in dem die Leistung erbracht worden ist, und
die vom Leistenden i. S. der §§ 48, 48a EStG anzumeldenden und abzuführenden Abzugsbeträge (Subunternehmerfall).
Wegen weiterer Einzelheiten s. §§ 48–48d EStG sowie , BStBl 2002 I S. 1399, geändert durch , BStBl 2003 I S. 431.
10. Teil: Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger
Tz. 294 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte
Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unterliegen nur mit den in § 49 Abs. 1 EStG aufgezählten Einkünften der deutschen Einkommensteuerpflicht.
Ausnahmen bestehen hinsichtlich unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 und 3 EStG und der erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 2 AStG. Die in § 49 EStG verankerten Besteuerungsrechte werden in Doppelbesteuerungsabkommen-Fällen ganz oder teilweise eingeschränkt; s. auch Tz. 298. Die Besteuerung von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften erfolgt grds. im Wege der Veranlagung, zum Teil im Wege des abgeltenden Lohn- oder Kapitalertragsteuerabzugs und zum Teil im Wege des abgeltenden Steuerabzugs nach § 50a EStG; s. Tz. 296. In bestimmten Fällen wird die Abgeltungswirkung wieder aufgehoben (§ 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 und 3 EStG).
Die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte sind in § 49 Abs. 1 EStG abschließend aufgezählt. Dazu gehören u. a.
Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft;
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird,
die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden,
die unter den Voraussetzungen des § 17 EStG erzielt werden wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat oder bei deren Erwerb aufgrund eines Antrags nach § 13 Abs. 2 oder § 21 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 UmwStG nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Abs. 5 Satz 2 EStG anzuwenden war,
die, soweit sie nicht zu den Betriebsstätteneinkünften gehören, durch Veräußerung oder Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, Sachinbegriffen oder bestimmten Rechten erzielt werden. Hierzu gehören auch die Einkünfte aus Tätigkeiten, die von einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 KStG vergleichbar ist;
Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder für die im Inland eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte unterhalten wird;
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist;
Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat,
§ 20 Abs. 1 Nr. 5 und 7 EStG, wenn das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des BGB über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist;
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. a, Nr. 9 und 10 sowie Satz 2 EStG, wenn sie von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. b EStG einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut
aa) gegen Aushändigung der Zinsscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut oder dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut verwahrt werden, oder
bb) gegen Übergabe der Wertpapiere ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und diese vom Kreditinstitut weder verwahrt noch verwaltet werden.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, (§ 21 EStG), wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden, soweit diese nicht zu den Einkünften i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 EStG gehören;
Der entschieden, dass Einnahmen eines ausländischen Sportvereins aus einer Transfervereinbarung mit einem inländischen Verein in der Form der sog. Spielerleihe nicht zu den Einkünften i. S. von § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG gehören und damit – abweichend von der bisherigen Verwaltungsauffassung – keine beschränkte des ausländischen Sportvereins auslösen. Das Urteil ist bislang jedoch noch nicht im BStBl veröffentlicht worden. Hierzu wurde auf den Internetseiten des BMF ein veröffentlicht, dass die Finanzämter anweist, die Bearbeitung entsprechender Rechtsbehelfe zurückzustellen. Dies macht deutlich, dass die Finanzverwaltung nicht bereit ist, das Urteil generell anzuwenden, auf der anderen Seite stellt dieses Schreiben auch keinen „Nichtanwendungserlass” dar. Es bleibt daher weiterhin unklar, wie die Finanzverwaltung mit dem Urteil umzugehen gedenkt.
sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 3 EStG, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen, aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, z. B. Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind; dies gilt nicht, soweit es sich um steuerpflichtige Einkünfte i. S. von § 49 Abs. 1 Nr. 1–8 EStG handelt (§ 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG) (Neufassung durch JStG 2009 v. , BGBl 2008 I S. 2794);
" sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG, soweit die Leistungen auf Beiträgen, auf die § 3 Nr. 63 EStG angewendet wurde, steuerfreien Leistungen nach § 3 Nr. 66 EStG oder steuerfreien Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG beruhen (§ 49 Abs. 1 Nr. 11 EStG). § 49 Abs. 1 Nr. 11 EStG wurde durch das JStG 2009 v. (BGBl. 2008 I S. 2794) eingeführt.
sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 2 EStG soweit es sich um private Veräußerungsgeschäfte handelt, mit inländischen Grundstücken, inländischen Rechten, die den BGB-Vorschriften über Grundstücke unterliegen, oder Anteilen an Kapitalgesellschaften (mit Geschäftsleitung oder Sitz im Inland oder bei deren Erwerb aufgrund eines Antrags nach § 13 Abs. 2 oder § 21 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 des UmwStG nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Abs. 5 Satz 2 EStG anzuwenden war) bei Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 1 oder 6 EStG;
sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 3 EStG, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, z. B. Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind.
Die im Ausland gegebenen Besteuerungsmerkmale sind insoweit außer Betracht zu lassen, als bei ihrer Berücksichtigung steuerpflichtige inländische Einkünfte nicht angenommen werden könnten (isolierende Betrachtungsweise; vgl. R 49.3 EStR).
Tz. 295 Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige (Rechtslage bis VZ 2008)
Beschränkt Steuerpflichtige dürfen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein Verlustabzug ist nur möglich, wenn die Verluste in wirtschaftlichem Zusammenhang mit inländischen Einkünften stehen und sich aus Unterlagen ergeben, die im Inland aufbewahrt werden (Ausnahmen bestehen für beschränkt steuerpflichtige EU-/EWR-Staatsangehörige; s. R 50.1 EStR). Im Übrigen zählt § 50 Abs. 1 EStG die Regelungen auf, die bei beschränkt Steuerpflichtigen Anwendung finden. § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 gestrichen, so dass § 34 EStG nunmehr auch bei beschränkt Steuerpflichtigen anwendbar ist. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG wurde entsprechend angepasst
Die Einkommensteuer bemisst sich bei beschränkt Steuerpflichtigen, die veranlagt werden, nach § 32a Abs. 1 EStG. Sie beträgt mindestens 25 % des Einkommens. Der Mindeststeuersatz findet bei EU-/EWR-Staatsangehörigen jedoch nur Anwendung, wenn die sich dadurch ergebende Steuer nicht höher als die Steuer ist, die sich aus der Anwendung des regulären Steuertarifs auf das Einkommen des beschränkt Steuerpflichtigen zuzüglich eines Betrags in Höhe des Grundfreibetrags ergeben würde (, BStBl 2004 I S. 860).
Die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Lohnsteuerabzug, dem Kapitalertragsteuerabzug oder dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen, gilt bei beschränkt Steuerpflichtigen durch den Steuerabzug als abgegolten. Ausnahmen gelten,
wenn die Einkünfte Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind;
wenn ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines EU-/EWR-Mitgliedstaats ist und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, eine Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt;
wenn ein beschränkt Steuerpflichtiger, dessen Einnahmen dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG unterliegen, die völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer beantragt; s. auch Tz. 296.
Die Einkommensteuer kann bei
beschränkt Steuerpflichtigen ganz oder zum Teil
erlassen oder in einem
Pauschbetrag festgesetzt werden, wenn es aus
volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig oder eine gesonderte Berechnung der
Einkünfte besonders schwierig ist (§ 50
Abs. 7 EStG). Vgl. hierzu den
„Kulturvereinigungserlass” (,
BStBl 1983 I S. 382; und
,
BStBl 1995 I S. 336). Haben ausländische
Künstler Einkünfte aus Auftritten im Inland erzielt, ist die hierdurch
ausgelöste Einkommensteuer nicht gem.
§ 50 Abs. 7 EStG zu
erlassen, wenn die Auftritte im Rahmen eines solistisch besetzten Ensembles
erzielt worden sind. Als „solistisch besetztes Ensemble” in diesem
Sinne ist eine Formation jedenfalls dann anzusehen, wenn bei den einzelnen
Veranstaltungen nicht mehr als fünf Mitglieder auftreten und die ihnen
abverlangte künstlerische Gestaltungshöhe mit derjenigen eines Solisten
vergleichbar ist (vgl.
,
BStBl 2008 II S. 186).
Zum
Steuererlass für beschränkt Steuerpflichtige nach
§ 50 Abs. 7 EStG im
Zusammenhang mit inländischen Spielen der europäischen Vereinswettbewerbe von
Mannschaftssportarten vgl.
,
BStBl 2008 I S. 538).
Hinweis ▶ Durch das JStG 2009 v. (BGBl 2008 I S. 2794) ist § 50 EStG mit Wirkung ab VZ 2009 neu gefasst worden (vgl. Tz. 295a).
Tz. 295a Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige (Rechtslage ab VZ 2009)
Beschränkt Steuerpflichtige dürfen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Im Übrigen zählt § 50 Abs. 1 EStG die Regelungen auf, die bei beschränkt Steuerpflichtigen Anwendung finden. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vorschriften:
§ 32a Abs. 1 EStG, jedoch mit der Maßgabe, dass das zu versteuernde Einkommen um den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erhöht wird. Dies gilt jedoch nicht für Arbeitnehmer, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG beziehen.
§ 9 Abs. 5 Satz 1 EStG, soweit er § 4f für anwendbar erklärt.
§§ 10, 10a, 10c, 16 Abs. 4, EStG.
§§ 33, 33a, 33b und 35a EStG sind im Rahmen des § 50 EStG nicht anzuwenden.
Bei Arbeitnehmern, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG beziehen, sind abweichend von den o. g. Regelungen folgende Vorschriften anzuwenden:
Besonderheit: Sparerfreibetrag bei beschränkter Steuerpflicht
§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG (aufgrund der Änderung im JStG 2008 § 50 Abs. 1 Satz 3) wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 dahingehend geändert, dass § 20 Abs. 4 EStG nicht mehr zu den bei beschränkter Steuerpflicht nicht anzuwendenden Vorschriften zählt. Eine gesonderte Anwendungsregelung enthält das Unternehmensteuerreformgesetz jedoch nicht, so dass diese Änderung bereits im Veranlagungszeitraum 2008 gilt.
§ 10c Abs. 1 EStG mit der Möglichkeit, die tatsächlichen Aufwendungen i. S. des § 10b EStG nachzuweisen,
§ 10c Abs. 2 und 3 EStG, jeweils i. V. mit § 10c Abs. 5 EStG, ohne Möglichkeit die tatsächlichen Aufwendungen nachzuweisen.
Die Jahres- und Monatsbeträge der Pauschalen nach § 9a Satz 1 Nr. 1 und § 10c Abs. 1, 2 und 3 EStG, jeweils i. V. mit § 10c Abs. 5 EStG, ermäßigen sich dabei zeitanteilig, wenn Einkünfte i. S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht während eines vollen Kalenderjahrs oder Kalendermonats zugeflossen sind.
Die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Lohnsteuerabzug, dem Kapitalertragsteuerabzug oder dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen, gilt bei beschränkt Steuerpflichtigen durch den Steuerabzug als abgegolten. Ausnahmen gelten,
wenn die Einkünfte Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind;
wenn wärhend eines Kalenderjahrs sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Steuerpflicht vorgelegen hat;
für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG,
wenn auf Grund des § 39d Abs. 2 EStG eine Eintragung auf der Bescheinigung i. S. des § 39d Abs. 1 Satz 3 erfolgt ist, oder
wenn die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG);
für Einkünfte i. S. des § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 EStG, wenn die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird.
Die Tarifermäßigung bei ausländischen Einkünften (§ 34c Abs. 1 bis 3 EStg) ist bei Gewinneinkünften, für die im Inland ein Betrieb unterhalten wird, entsprechend anzuwenden, soweit darin nicht Einkünfte aus einem ausländischen Staat enthalten sind, mit denen der beschränkt Steuerpflichtige dort in einem der unbeschränkten Steuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wird.
Die Einkommensteuer kann bei beschränkt Steuerpflichtigen ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festgesetzt werden, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt.
im Zusammenhang mit der inländischen Veranstaltung international bedeutsamer kultureller und sportlicher Ereignisse, um deren Ausrichtung ein internationaler Wettbewerb stattfindet, oder
im Zusammenhang mit dem inländischen Auftritt einer ausländischen Kulturvereinigung, wenn ihr Auftritt wesentlich aus öffentlichen Mitteln gefördert wird.
Tz. 296 Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen (bis VZ 2008)
Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des (im Regelfall abgeltenden) Steuerabzugs erhoben bei
Aufsichtsratsvergütungen. Steuersatz: 30 % der Aufsichtsratsvergütungen;
Einkünften, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen. Steuersatz: 20 % der Einnahmen. Ermäßigung bei geringfügigen Einnahmen auf 10 % bzw. 15 %;
Einkünften aus der Ausübung oder Verwertung einer Tätigkeit als Künstler, Berufssportler, Schriftsteller, Journalist oder Bildberichterstatter einschließlich solcher Tätigkeiten für den Rundfunk oder Fernsehfunk. Steuersatz: 20 % der Einnahmen;
Einkünften, die aus Vergütungen für die Nutzung beweglicher Sachen oder für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, z. B. Plänen, Mustern und Verfahren, herrühren. Dies gilt jedoch nicht für Emissionsberechtigungen im Rahmen des europäischen und internationalen Emissionshandels. Diese Ausnahme wurde mit dem Jahressteuergesetz 2008 eingeführt. Steuersatz: 20 % der Einnahmen;
Anordnung des Finanzamts. Steuersatz: 25 % der Einnahmen, wenn der beschränkt steuerpflichtige Vergütungsgläubiger nicht glaubhaft macht, dass die voraussichtlich geschuldete Steuer niedriger ist.
In den Fällen des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG (künstlerische, sportliche, usw. Darbietungen; Tätigkeit als Künstler, Berufssportler, usw.) kann der Steuerpflichtige, von dessen Einnahmen der Steuerabzug vorgenommen worden ist, die völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer beim Bundeszentralamt für Steuern beantragen. Die Erstattung setzt voraus, dass die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten höher sind als 50 % der Einnahmen. Die Steuer wird erstattet, soweit sie 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen den Einnahmen und den mit diesen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten übersteigt (s. § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 EStG).
Der , FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH, BStBl 2007 II S. 352), hat entschieden, dass es nicht mit EU-Recht vereinbar sei, dass im im Übrigen EU-rechtskonformen Steuerabzugsverfahren für beschränkt Steuerpflichtige keine Betriebsausgaben geltend gemacht werden können. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ist es daher aufgrund , BStBl 2007 I S. 449 in bestimmten Fällen möglich Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten wie nachfolgend beschrieben geltend zu machen:
Betriebsausgaben oder Werbungskosten eines beschränkt Steuerpflichtigen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den inländischen Einnahmen stehen, können berücksichtigt werden, wenn sie 50 % der Einnahmen übersteigen (§ 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG). Der Steuerabzug beträgt 40 % des positiven Unterschiedsbetrags zwischen den Einnahmen und den mit diesen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten.
Die Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten eines beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubigers beim Steuerabzug setzt voraus, dass der Vergütungsgläubiger Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaats oder eines EWR-Staats ist und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (bzw. bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften den Sitz der Geschäftsleitung) hat.
Beschränkt Steuerpflichtige, die durch die Veräußerung von Emissionszertifikaten zur Verwertung im Inland Einkünfte erzielen (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG, § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG), die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG steuerpflichtig sind, unterliegen mit diesen Einkünften aufgrund der im Steueränderungsgesetz 2007 mit Wirkung ab dem vorgenommenen Ergänzung von § 50a Abs. 4 Nr. 3 EStG dem Steuerabzug nach § 50a EStG. Die Vornahme des Steuerabzugs ist jedoch nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder in diesen Fällen nicht gerechtfertigt. Da nach den von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen für den Quellenstaat in diesen Fällen regelmäßig kein Besteuerungsrecht besteht, wenn die Einkünfte nicht einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet werden können, gibt es i. d. R. auch kein Bedürfnis für die Sicherung eines deutschen Steueranspruchs durch einen Steuerabzug.
Hinweis ▶ Durch das JStG v. (BGBl 2008 I S. 2794 wurde § 50a EStG mit Wirkung ab VZ 2009 neu gefasst (vgl. Tz. 296a)
Tz. 296aSteuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen (ab VZ 2009)
Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des – in der Regel abgeltenden – Steuerabzugs erhoben
bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einkünfte zufließen (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und 9 EStG). Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt, die bereits dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen;
bei Einkünften aus der inländischen Verwertung von Darbietungen i. S. von § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG;
bei Einkünften, die aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, z. B. Plänen, Mustern und Verfahren, herrühren;
bei Einkünften, die Mitgliedern des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands oder anderen mit der Überwachung der Geschäftsführung von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. des § 1 KStG beauftragten Personen sowie von anderen inländischen Personenvereinigungen des privaten und öffentlichen Rechts, bei denen die Gesellschafter nicht als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden.
Der Steuerabzug beträgt 15 % bzw. bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG) 30 % der gesamten Einnahmen. Vom Schuldner der Vergütung ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG übersteigen. Auf den Steuerabzug nach § 50a EStG wird bei Einkünften i. S. des § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG im Rahmen einer Kleinbetragsregelung verzichtet, wenn die Einnahmen je Darbietung 250 € nicht übersteigen.
Der Schuldner der Vergütung kann von den Einnahmen in den Fällen des § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 EStG mit ihnen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen, die ihm ein beschränkt Steuerpflichtiger in einer für das Finanzamt nachprüfbaren Form nachgewiesen hat oder die vom Schuldner der Vergütung übernommen worden sind. Das gilt nur, wenn der beschränkt Steuerpflichtige Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Staats ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es gilt entsprechend bei einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. des § 32 Abs. 4 KStG. In diesen Fällen beträgt der Steuerabzug von den nach Abzug der Betriebsausgaben oder Werbungskosten verbleibenden Einahmen (Nettoeinnahmen), wenn
Gläubiger der Vergütung eine natürliche Person ist, 30 %,
Gläubiger der Vergütung eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist, 15 Prozent.
Hat der Gläubiger einer Vergütung seinerseits Steuern für Rechnung eines anderen beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers einzubehalten (zweite Stufe), kann er vom Steuerabzug absehen, wenn seine Einnahmen bereits dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 2 EStG unterlegen haben. Wenn der Schuldner der Vergütung auf zweiter Stufe Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach § 50a Abs. 3 EStG geltend macht, die Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 EStG beantragt oder die Erstattung der Abzugsteuer nach § 50d Abs. 1 EStG oder einer anderen Vorschrift beantragt, hat er die sich nach § 50a Abs. 2 oder 3 EStG ergebende Steuer zu diesem Zeitpunkt zu entrichten.
Die Steuer nach § 50a EStG entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Gläubiger zufließt. Die Steuer ist jeweils bis zum zehnten des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats an das zuständige Finanzamt abzuführen.
Der Schuldner der Vergütung ist verpflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen die folgenden Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu bescheinigen:
den Namen und die Anschrift des Gläubigers,
die Art der Tätigkeit und Höhe der Vergütung in Euro,
den Zahlungstag,
den Betrag der einbehaltenen und abgeführten Steuer nach Absatz 2 oder Absatz 3,
das Finanzamt, an das die Steuer abgeführt worden ist.
Das Finanzamt des Vergütungsgläubigers kann anordnen, dass der Schuldner der Vergütung für Rechnung des Gläubigers (Steuerschuldner) die Einkommensteuer von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften, soweit diese nicht bereits dem Steuerabzug unterliegen, im Wege des Steuerabzugs einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs zweckmäßig ist. Der Steuerabzug beträgt 25 % der gesamten Einnahmen, bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen 15 % der gesamten Einnahmen, wenn der Vergütungsgläubiger nicht glaubhaft macht, dass die voraussichtlich geschuldete Steuer niedriger ist.
Tz. 297 Prüfungsrecht
§ 50b EStG regelt das Prüfungsrecht der Finanzbehörden zur Kontrolle der Verhältnisse, die für die Anrechnung/Nichterhebung von Kapitalertragsteuer, die Vergütung von Körperschaftsteuer und die Mitteilungen an das Bundeszentralamt für Steuern nach § 45e EStG (Ermächtigung für Zinsinformationsverordnung) maßgebend sind. Dieses Prüfungsrecht ermächtigt die Finanzbehörden, bei anderen als dem Steuerpflichtigen selbst, wie z. B. bei Banken, zu prüfen. Die Vorschriften zur Außenprüfung (§§ 193– 203 AO) sind sinngemäß anzuwenden.
Das Prüfungsrecht umfasst auch die Jahresbescheinigung nach § 24c EStG. Wegen der Bedeutung des § 24c EStG für das Ausfüllen der Anlagen KAP, AUS und SO bei der Einkommensteuererklärung wurde ein Prüfungsrecht bei dem ausstellenden Kreditinstitut eingeführt. Dadurch soll den Finanzbehörden die Möglichkeit gegeben werden, die Richtigkeit der ausgestellten Bescheinigungen und der Systematik des Bescheinigungsverfahrens zu überprüfen. Es soll nicht der Steuerpflichtige und dessen Angaben, sondern das Kreditinstitut kontrolliert werden. Es gibt zurzeit keine Sanktionsvorschriften, weil Jahresbescheinigungen erstmals in 2005 ausgestellt wurden und zunächst die Erfahrungen mit der neuen Regelung gesammelt und ausgewertet werden sollen. Dieses Prüfungsrecht der Finanzbehörden gilt für alle bislang ausgestellten Jahresbescheinigungen. Zu dem für die Bescheinigung von Kapitalerträgen ab dem Jahr 2007 amtlich vorgeschriebenen Vordruck vgl. mit Vordruckmuster im Anhang, BStBl 2007 I S. 705.
11. Teil: Sonstige Vorschriften
Tz. 298 Besonderheiten im Fall von Doppelbesteuerungsabkommen und der §§ 43b und 50g EStG
a) Grundgedanke
Der Steuerabzug bei beschränkt steuerpflichtigen Einkünften (Kapitalertragsteuer, Steuer nach § 50a EStG) ist grds. ungeachtet von Ermäßigungsansprüchen, die sich aus einem Doppelbesteuerungsabkommen, der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie (§ 43b EStG) oder der EU-Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie (§ 50g EStG) ergeben können, vorzunehmen. § 50d EStG enthält Regelungen, wie der beschränkt Steuerpflichtige solche Ermäßigungsansprüche geltend machen kann.
b) Erstattungsverfahren
Im Regelfall erfolgt die Entlastung durch Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer. Die Erstattung erfolgt auf Antrag des Gläubigers der Kapitalerträge oder Vergütungen. Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Bundeszentralamt für Steuern zu stellen. Die Frist für den Antrag beträgt vier Jahre und beginnt nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Kapitalerträge oder Vergütungen bezogen worden sind. Der Erstattungsbetrag wird nicht verzinst; eine Ausnahme gilt nur für Erstattungsansprüche, die auf der EU-Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie (§ 50d Abs. 1a i. V. mit § 50g EStG) beruhen. Zum Gestaltungsmissbrauch bei der Durchleitung inländischer Einnahmen durch eine ausländische Basisgesellschaft vgl. NWB ZAAAC-77619.
c) Freistellungsverfahren
Der Schuldner der Kapitalerträge oder der Vergütungen kann den Steuerabzug unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vornehmen, wenn ihm der Gläubiger eine vom Bundeszentralamt für Steuern auf Antrag erteilte Freistellungsbescheinigung vorlegt. Darin wird bestätigt, dass die Voraussetzungen für die entsprechende Ermäßigung vorliegen (§ 50d Abs. 2 EStG). Eine besondere Form des Freistellungsverfahrens ist das Kontrollmeldeverfahren (§ 50d Abs. 5 EStG). Danach kann das Bundeszentralamt für Steuern in den Fällen des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG (künstlerische, sportliche Darbietungen, Tätigkeit als Künstler, Berufssportler, usw.) den Schuldner der Vergütung auf Antrag allgemein ermächtigen, den Steuerabzug zu unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vorzunehmen.
d) Missbrauchsklausel
Nach § 50d Abs. 3 EStG hat eine ausländische Gesellschaft keinen Entlastungsanspruch, soweit an ihr Personen beteiligt sind, denen die Steuerentlastung nicht zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen und sie keine eigene Wirtschaftstätigkeit entfaltet (Verbot des „treaty-shopping”; s. auch , BStBl 1998 II S. 235, und , BStBl 2002 II S. 819). Die Vorschrift schränkt den Anspruch einer ausländischen Gesellschaft nach §§ 43b oder 50g EStG oder nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) auf Befreiung oder Ermäßigung von Kapitalertrag- oder Abzugssteuern nach § 50a EStG ein,
soweit Personen an der Gesellschaft beteiligt sind, denen die Steuerentlastung nicht zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und
einer der in § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1–3 EStG genannten Tatbestände vorliegt.
Nach diesen in § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1–3 EStG genannten Tatbeständen hat die ausländische Gesellschaft keinen Anspruch auf völlige oder teilweise Steuerentlastung, wenn
für ihre Einschaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen oder
sie nicht mehr als 10 % ihrer gesamten Bruttoerträge des betreffenden Wirtschaftsjahrs aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielt oder
sie nicht mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Zur Anwendung der Regelung s. BStBl 2007 I S. 446. Darin ist u. a. festgelegt, dass eine abkommensrechtliche Missbrauchsvorschrift dem § 50d Abs. 3 EStG vorgehen soll, sofern das einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen eine abschließende Regelung enthält. Diese Aussage hat der BFH nun bestätigt (, BStBl 2008 II S. 619). Darüber hinaus ist § 50d Abs. 3 EStG im Verhältnis zu § 42 AO die speziellere Vorschrift und vorrangig anzuwenden. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG nicht vor, ist die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO zu prüfen, da dessen Anwendbarkeit nicht durch § 50d Abs. 3 EStG oder eine andere gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen ist (§ 42 Abs. 2 AO).
e) Kontrollmeldeverfahren
Nach § 50d Abs. 5 EStG kann das Bundeszentralamt für Steuern im Wege eines Kontrollmeldeverfahrens die Unterlassung des Steuerabzugs oder die Durchführung des Steuerabzugs nach einem niedrigeren Steuersatz zulassen. Nach § 50d Abs. 6 EStG galt das schon bisher auch in bestimmten Fällen des Bezugs u. a. von Dividenden (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Einzubeziehen sind nunmehr auch die Kapitalerträge von im Ausland ansässigen Versicherungsnehmern. Dadurch kann bereits im Zeitpunkt der Auszahlung von einer etwaigen Kapitalertragsteuer abgesehen werden und die Zahl der ansonsten zeitaufwendig zu bearbeitenden Erstattungsanträge nach den DBA reduziert werden.
Zur Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren für Kapitalerträge nach § 50d Abs. 6 EStG s. ausführlich , BStBl 2009 I S. 645.
f) Subject-to-tax-Klausel (§ 50d Abs. 8 EStG)
Doppelbesteuerungsabkommen enthalten regelmäßig (Ausnahme: ausdrücklich vereinbarte Rückfallklauseln) das Verbot der „virtuellen Doppelbesteuerung”, d. h. wird das Besteuerungsrecht ausschließlich dem anderen Staat zugewiesen, kann die Bundesrepublik Deutschland ihr – nach innerstaatlichen Vorschriften bestehendes – Besteuerungsrecht auch dann nicht ausüben, wenn der andere Staat das ihm zugewiesene Recht – sei es aus rechtlichen, aber auch aus tatsächlichen Gründen – nicht wahrnimmt. § 50d Abs. 8 EStG durchbricht diesen Grundsatz für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und gewährt die Freistellung von der deutschen Besteuerung, nur soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Die Regelungen des § 50d Abs. 8 EStG gelten auch dann, wenn nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen eine Rückfallklausel nicht vorgesehen ist. Sie gelten nicht im Lohnsteuerabzugsverfahren.
g) Vermeidung der Nichtbesteuerung
Durch § 50d Abs. 9 EStG sollen Freistellungen aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ausgeschlossen sein, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nicht besteuert werden. Die Nichtbesteuerung kann sich aufgrund eines sog. Qualifikationskonflikts ergeben, weil die Vertragsstaaten Einkünfte unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zuordnen, indem sie von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen, die Abkommensbestimmungen unterschiedlich auslegen oder zur Definition von Ausdrücken auf ihr nationales Recht zurückgreifen. Die Nichtbesteuerung kann außerdem darauf zurückzuführen sein, dass der andere Vertragsstaat Einkünfte nach seinem nationalen Recht nicht besteuert, wenn sie von nicht in seinem Gebiet ansässigen Personen bezogen werden. Die Vorschrift ist nur auf Einkünfte anzuwenden, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind. Handelt es sich dabei um Dividenden, ist die Regelung nicht anzuwenden, weil Dividenden regelmäßig auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft der Körperschaftsteuer unterlegen haben. Die Ausnahme ist jedoch nicht für Zahlungen gerechtfertigt, die das Doppelbesteuerungsabkommen zwar als Dividenden qualifiziert, die aber bei der Gewinnermittlung der zahlenden Gesellschaft abzugsfähig sind (z. B. Vergütungen des stillen Gesellschafters). Unter die Regelung fallen nur Einkünfte, die im anderen Staat als solche nicht steuerpflichtig sind (§ 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG). Nach § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG bleiben Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens unberührt, die die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang, z. B. aufgrund von Rückfallklauseln, ausschließen (vgl. im Übrigen ausführlich JStG 2007 Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/2712).
Auf Steuerbefreiungen, die sich nach innerstaatlichem Recht ergeben, ist die Regelung nicht anzuwenden.
Zur Besteuerung von in Deutschland ansässigem unbeschränkt steuerpflichtigem Flugpersonal ausländischer Fluggesellschaften vgl. (BStBl 2008 I S. 988).
Zur Frage, ob § 50d Abs. 9 EStG mit EU- und DBA-Recht vereinbar ist, vgl. ausführlich Wagner, NWB F. 3 S. 14427 ff. NWB CAAAC-41783.
h) Unternehmensgewinnfiktion für Vergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz und Nr. 3 zweiter Halbsatz EStG
Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde § 50d EStG um einen weiteren Absatz ergänzt. Dadurch wird eine weitere Nichtbesteuerung vermieden, und zwar in den Fällen, in denen ein Doppelbesteuerungsabkommen keine ausdrückliche Regelung betreffend (Sonder-)Vergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz und Nr. 3 zweiter Halbsatz EStG enthält. In solchen Fällen bestimmt § 50d Abs. 10 EStG, dass diese Vergütungen für Zwecke der Anwendung des Abkommens ausschließlich als Unternehmensgewinne zu qualifizieren sind und zwar unabhängig davon, ob es sich um (Sonder-)Vergütungen des im Inland ansässigen Gesellschafters einer ausländischen Personengesellschaft oder um (Sonder-)Vergütungen des im Ausland ansässigen Gesellschafters einer inländischen Personengesellschaft handelt. Das bedeutet z. B., dass die Sondervergütungen, z. B. Zinsen, einer inländischen Personengesellschaft, die über eine inländische Betriebsstätte verfügt, von Deutschland besteuert werden können, wenn sie der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind und an einen im Ausland ansässigen Gesellschafter gezahlt werden. Die Zuordnung der (Sonder-)Vergütungen zu den Unternehmensgewinnen gilt ungeachtet ihrer Behandlung in anderen Artikeln eines Doppelbesteuerungsabkommens. (Sonder-)Vergütungen, wie z. B. Zinsen, die ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Gesellschafter von einer ausländischen Personengesellschaft bezieht und die einer ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind, sind nicht von der Besteuerung auszunehmen, wenn sie in dem Betriebsstättenstaat nicht oder nur zu einem durch Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden, weil dieser Staat die Vergütung nicht dem Artikel über die Unternehmensgewinne zuordnet (§ 52d Abs. 10 Satz 2 EStG). Nach § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG i. d. F. des JStG 2009 ist die Regelung in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommen- und Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.
Tz. 299 Bußgeldvorschriften
a) Nicht ordnungsgemäße Mitteilungen an das Bundeszentralamt für Steuern
§ 50e Abs. 1 EStG enthält eine Bußgeldvorschrift zur Ahndung nicht ordnungsgemäßer Mitteilungen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Kapitalerträgen, insbesondere bezüglich Freistellungsaufträgen, an das Bundeszentralamt für Steuern (früher: Bundesamt für Finanzen) nach § 45d Abs. 1 Satz 1 EStG sowie im Zusammenhang mit der Zinsinformationsverordnung. Die Regelung wurde durch das Jahressteuergesetz 2009 um die Mitteilungspflicht nach § 45d Abs. 3 Satz 1 EStG i. d. F. des JStG 2009 erweitert (s. hierzu Tz. 290). Die Höchstgrenze der Geldbuße beträgt 5.000 €.
b) Steuerstraftaten bei geringfügiger Beschäftigung in Privathaushalten
§ 50e Abs. 2 EStG nimmt die Nichtanmeldung von solchen geringfügigen Beschäftigungen in Privathaushalten aus der steuerstrafrechtlichen Verfolgung aus, bei denen die Lohnsteuer pauschal nach § 40a Abs. 2 EStG in Höhe von 2 % abgeführt wurde. Solche Fälle werden über die Bußgeldvorschriften der §§ 377–384 AO verfolgt. Die Ahndung erfolgt also als Ordnungswidrigkeit. Die Straffreistellung gilt sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer.
c) Zuwiderhandlungen gegen Zweckbindung bei Rentenbezugsmitteilung
§ 50f EStG enthält eine Bußgeldregelung bei Zuwiderhandlung gegen die strikte Zweckbindung der Verwendung der in § 139b Abs. 3 AO aufgeführten Daten im Zusammenhang mit der Verwendung der Identifikationsnummer beim Rentenbezugsmitteilungsverfahren. § 22a EStG sieht vor, dass bei der Datenübermittlung (Rentenbezugsmitteilung) die Identifikationsnummer nach § 139b AO zu verwenden ist. Zuwiderhandlungen gegen die in § 22a Abs. 2 Satz 9 EStG normierte strikte Zweckbindung können als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis 10.000 € geahndet werden.
Tz. 300 Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener EU-Mitgliedstaaten
Die Regelung in § 50g EStG ist Teil der Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, den schädlichen Steuerwettbewerb in der Europäischen Union einzudämmen. Sie dient der Entlastung vom Steuerabzug bei Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten. Die Vorschrift enthält die materiellen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinien 2003/49/EG und 2004/66/EG. Die Regelung bewirkt, dass bei Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen i. S. des § 50g Abs. 3 Nr. 5 EStG sind im jeweiligen Quellenstaat auf Antrag keine Steuern mehr auf die unter die Richtlinie fallenden Vergütungen zu erheben sind (Quellensteuerbefreiung). Die Besteuerung erfolgt vielmehr im Staat des sog. Nutzungsberechtigten, also des Schuldners der Zahlungen. Sie entspricht in ihrem Aufbau den Bestimmungen der zwischen den Mitgliedstaaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen.
§ 50g Abs. 6 EStG dient der Umsetzung des sog. Zinsabkommens zwischen der EU und der Schweiz in innerstaatliches Recht. Damit gelten auch im Verhältnis zur Schweiz die gleichen Regelungen wie zwischen den Mitgliedstaaten der EU.
Tz. 301 Bestätigung für Zwecke der Quellensteuerentlastung in einem anderen EU-Mitgliedstaat
§ 50h EStG legt fest, dass das zuständige Finanzamt des Ansässigkeitsstaats oder der Betriebsstätte die Ansässigkeit bzw. Belegenheit im Inland bescheinigen muss. Dies gilt auch für die Fälle, in denen ein schweizerisches Unternehmen beteiligt ist oder eine Betriebsstätte eines Unternehmens eines Mitgliedstaats der EU oder eines schweizerischen Unternehmens in Deutschland gelegen ist.
Tz. 302 Festsetzung und Erhebung von Zuschlagsteuern
Die Vorschrift regelt für die Festsetzung von Zuschlagsteuern bestimmte Abweichungen von den Regelungen im EStG. Zuschlagsteuern sind Steuern, die sich regelmäßig nach der Einkommensteuer als Maßstabsteuer bemessen (z. B. Ergänzungsabgaben).
Unmittelbare Anwendung hätte § 51a EStG auf den Solidaritätszuschlag, der als Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben wird, doch werden die Abweichungen bei der Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags unmittelbar im SolZG geregelt. Die allgemeinen in § 51a EStG enthaltenen Abweichungen von der Maßstabsteuer sind daher nicht anzuwenden.
Bedeutung hat die Vorschrift für die Berechnung der Kirchensteuer. Zwar findet § 51a EStG keine unmittelbare Anwendung, weil dem Bund für die Kirchensteuer keine Gesetzgebungskompetenz zusteht. Kirchensteuern sind eigene Steuern der Religionsgemeinschaften. Sie werden regelmäßig als Zuschlag zur Einkommensteuer ausgestaltet. Die Landeskirchensteuergesetze regeln allerdings, dass für die Festsetzung der Kirchensteuer die Einkommensteuer und Jahreslohnsteuer nach Maßgabe des § 51a EStG anzupassen ist.
§ 51a Abs. 2 EStG enthält die Berechnung der Bemessungsgrundlage. Ausgangsgröße ist die Einkommensteuer, die sich nach Abzug der Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG ergeben würde. Damit bleibt bei Zuschlagsteuern das Existenzminimum von Kindern steuerfrei, selbst wenn für den Steuerpflichtigen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs das Kindergeld günstiger ist. Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn erfolgt zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuern ebenfalls ein Abzug dieser Freibeträge für Kinder. Sodann ist das zu versteuernde Einkommen um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Beträge zu erhöhen – s. hierzu Tz. 22 (33) – und um die nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abziehbaren Beträge (s. hierzu Tz. 24) zu mindern. Darüber hinaus wirkt sich die für die Einkommensteuer bedeutsame Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 51a Abs. 2 Satz 3 EStG nicht auf die Zuschlagsteuern aus; § 35 EStG ist hier nicht anzuwenden. Die Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuern wird ohne diese Auswirkungen ermittelt.
Wird die Einkommensteuer für Einkünfte durch einen Steuerabzug abgegolten, gilt dieses Abzugsverfahren für die Zuschlagsteuer entsprechend. Dasselbe gilt zur Erfassung von Einkünften für die Zuschlagsteuer, wenn durch einen Steuerabzug abgegoltene Einkünfte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer oder beim Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber nicht erfasst werden (§ 51a Abs. 3 EStG).
Änderungen ergeben sich mit Einführung der Abgeltungsteuer ab Veranlagungszeitraum 2009 (§ 52a Abs. 18 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008). Von diesem Zeitraum an wird dem Kirchensteuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt, die Kirchensteuer entweder als Abzug einbehalten zu lassen oder sie von dem für ihn zuständigen Finanzamt veranlagen zu lassen (§ 51a Abs. 2b–2d EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, geändert durch das Jahressteuergesetz 2009); vgl. auch die Erläuterungen in Tz. 255, a und f sowie in Tz. 281, b.
Vorauszahlungen für Zuschlagsteuern sind ungeachtet der Mindestgrenzen des § 37 Abs. 5 EStG gleichzeitig mit den Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu entrichten. § 51a Abs. 5 EStG bestimmt die Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide und Einkommensteuerbescheide zu Grundlagenbescheiden für die Zuschlagsteuer. Der Bescheid über die Zuschlagsteuer ist daher ein Folgebescheid. Über einen Rechtsbehelf gegen diesen kann weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden.
Tz. 303 Steuerfreistellung des Existenzminimums eines Kinds in den Veranlagungszeiträumen 1983–1995
§ 53 EStG sichert als Sondervorschrift die Steuerfreistellung des Existenzminimums eines Kinds in den Veranlagungszeiträumen 1983–1995 in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig oder hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig festgesetzt ist. Die Vorschrift hat sich grds. durch Zeitablauf erledigt.
Tz. 304 Sondervorschriften für die Gewinnermittlung nach § 4 EStG oder nach Durchschnittssätzen bei vor dem angeschafftem Grund und Boden
Nach , BStBl 1970 II S. 579, war die in § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 1970 enthaltene Regelung der unterschiedslosen Privilegierung der Landwirte bei der steuerlichen Erfassung der Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Diese Regelung wurde außer Kraft gesetzt. § 55 EStG wurde eingefügt.
Die Bewertung des betroffenen Grund und Bodens erfolgt grds. mit dem Zweifachen des Ausgangswerts nach § 55 Abs. 2–4 EStG. War der Teilwert höher, konnte der Steuerpflichtige dessen Ansatz beantragen (§ 55 Abs. 5 EStG). Die mit dem Grund und Boden in Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter und Nutzungsbefugnisse gehören nicht zum Grund und Boden i. S. des § 55 Abs. 1 Satz 1 EStG. Milchlieferrechte, Zuckerrübenlieferrechte, Weinanbaurechte usw., die zeitweise an den Grund und Boden gekoppelt waren, mussten daher von diesem abgespalten werden.
Das Verlustverrechnungsverbot des § 55 Abs. 6 EStG sieht vor, dass Verluste, die dadurch entstehen, dass Grund und Boden i. S. des § 55 Abs. 1 EStG veräußert oder entnommen wird, bei der Ermittlung des Gewinns nicht berücksichtigt werden dürfen, soweit sie durch Verrechnung des Veräußerungspreises oder des an dessen Stelle tretenden Werts nach Abzug evtl. Veräußerungskosten mit dem Zweifachen des Ausgangsbetrags entstehen. Dabei ist es unerheblich, auf welchen Umständen der Veräußerungs- oder der Entnahmeverlust beruht (, BStBl 1998 II S. 185). Das Verlustverrechnungsverbot des § 55 Abs. 6 EStG gilt für die abgespaltenen Rechte entsprechend.
Tz. 305 Sondervorschriften für Steuerpflichtige in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet
Für Steuerpflichtige, die am einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet und 1990 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im übrigen Bundesgebiet hatten, ist degressive Gebäude-AfA (§ 7 Abs. 5 EStG) nur auf Gebäude anzuwenden, die im Beitrittsgebiet nach dem angeschafft oder hergestellt worden sind. Bei vor dem angeschafften oder hergestellten Gebäuden ist folglich nur die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG zulässig.
Tz. 306 Besondere Anwendungsregeln aus Anlass der Herstellung der Einheit Deutschlands
§ 57 EStG regelt die (Nicht-)Anwendung bestimmter Steuervergünstigungsregelungen im Beitrittsgebiet. Vgl. § 57 Abs. 1 und 2 EStG.
Den Verlustabzug im Beitrittsgebiet ab 1. 7. 1990 regelt § 57 Abs. 4 EStG. Danach war der Verlustrücktrag erstmals in die zweite Hälfte des Veranlagungszeitraums 1990 zulässig. Darüber hinaus sind im Beitrittsgebiet im Veranlagungszeitraum 1990 erzielte Verluste ab dem Veranlagungszeitraum 1991 nach den Grundsätzen des § 10d Abs. 2 EStG abziehbar (, BStBl 1995 II S. 382). Die im Veranlagungszeitraum 1990 nicht ausgeglichenen Verluste sind nach § 10d EStG zum Ende dieses Veranlagungszeitraums gesondert festzustellen. Sie gehen damit in den weiteren Verlustvortrag mit ein.
Tz. 307 Weitere Anwendung von Rechtsvorschriften, die vor Herstellung der Einheit Deutschlands in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet gegolten haben
§ 58 EStG ist die Korrespondenzvorschrift zu § 57 EStG und regelt die Weitergeltung bestimmter Vorschriften, die nur im Beitrittsgebiet galten. Die Regelungen des § 58 EStG dürften nur in wenigen Fällen aktuellen Anwendungsbezug haben.
12. Teil: Kindergeld
Abschnitt X „Kindergeld” mit den §§ 62–78 EStG ist Bestandteil des Familienleistungsausgleichs. Wegen der Einzelheiten hierzu s. § 31 EStG; Tz. 249.
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ist für die Durchführung des Familienleistungsausgleichs zuständig. Die Bundesagentur für Arbeit stellt dem Bundeszentralamt für Steuern zur Durchführung dieser Aufgaben ihre Dienststellen (Agenturen für Arbeit) als Familienkassen zur Verfügung. Bei Angehörigen des öffentlichen Diensts ist der jeweilige öffentlich-rechtliche Arbeitgeber bzw. Dienstherr insoweit Familienkasse (vgl. § 72 EStG). Die Familienkassen gelten als Bundesfinanzbehörden, soweit sie den Familienleistungsausgleich durchführen und unterliegen der Fachaufsicht des Bundeszentralamts für Steuern.
Tz. 308 Anspruchsberechtigte
a) Allgemeines
§ 62 EStG legt den Kreis der Kindergeldberechtigten fest. Ein Kindergeldanspruch setzt voraus, dass ein Elternteil die Kriterien des § 62 EStG erfüllt, bei ihm mindestens ein Kind i. S. des § 63 EStG zu berücksichtigen ist und nicht § 65 EStG oder über- bzw. zwischenstaatliches Recht entgegensteht. Aus dem Zusammenhang mit § 63 EStG ergibt sich auch, dass nur natürliche Personen und auch nur die Eltern, nicht die Kinder für sich selbst, anspruchsberechtigt sein können.
b) Anspruchsberechtigte bei unbeschränkter Steuerpflicht
§ 62 Abs. 1 EStG knüpft – unabhängig von der Staatsangehörigkeit der das Kindergeld beanspruchenden Person – an die Regelung der unbeschränkten Steuerpflicht (s. Tz. 2) an. Anspruchsberechtigt ist,
wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) hat oder
nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
Dabei sind die Feststellungen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht für das Kindergeldverfahren grds. bindend.
Maßgebend ist also grds. das Territorialitätsprinzip. Erweiterungen gelten für Personen, die, ohne diesem Prinzip zu entsprechen, gleichwohl einen besonderen Bezug zum Inland haben. Besteht ein Kindergeldanspruch nach dem EStG, scheidet ein Anspruch nach dem BKGG aus.
Ist unklar, wo der Steuerpflichtige einen Wohnsitz im Inland (gehabt) hat, besteht kein Anspruch auf Kindergeld (, EFG 2009 S. 1038; Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 89/08).
c) Anspruchsberechtigte Ausländer
Für die Anspruchsberechtigung von Ausländern und Staatenlosen gelten zusätzlich einschränkende Voraussetzungen: Sind die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 1 EStG gegeben, hängt nach § 62 Abs. 2 EStG die Kindergeldberechtigung eines Ausländers davon ab, ob er im Besitz einer
Niederlassungserlaubnis,
Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit,
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2, §§ 31, 37, 38 des Aufenthaltsgesetzes (z. B. aus humanitären Gründen) oder
Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu einem Deutschen oder einer Person mit Niederlassungs- oder vorgenannter Aufenthaltserlaubnis
ist und damit ein dauerhafter Aufenthalt im Inland angenommen werden kann. Ausländer, die sich im Rahmen einer ausländerrechtlichen Duldung im Inland aufhalten, haben keinen Anspruch auf Kindergeld ( NWB WAAAC-44432, und NWB VAAAC-69474). Für die Phase des Bezugs von Arbeitslosenhilfe hat ein Ausländer keinen Anspruch auf Kindergeld, sofern er nicht über einen privilegierten Aufenthaltsstatus verfügt ( NWB FAAAC-49899, rkr.).
Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher i. S. des Art. 116 GG ist. Vertriebene und Spätaussiedler sind Deutsche; für sie gilt daher § 62 Abs. 2 EStG nicht. Die Einreise und der Aufenthalt im Bundesgebiet bedarf für Ausländer eines Aufenthaltstitels, für § 62 EStG eben einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis (zur Verfassungskonformität dieser Regelung s. NWB VAAAC-69474).
Bei einer Niederlassungserlaubnis handelt es sich um einen unbefristeten Aufenthaltstitel, der zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Eine Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel, der zu einem bestimmten Aufenthaltszweck erteilt wird. Im Einzelnen s. die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes.
Das BVerfG hat mit Beschluss v. - 1 BvL 4–6/97 die für ausländische Staatsangehörige geltenden besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 BKGG i. d. F. des Gesetzes v. (BGBl 1993 I S. 2353) für nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar erklärt. Die Regelung sei ungeeignet, das Ziel zu erreichen, Kindergeld nur solchen Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland lebten; sie benachteilige vielmehr nur Ausländer, die legal in Deutschland lebten und bereits in den deutschen Arbeitsmarkt integriert seien. Mit dem Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss v. (BGBl I 2006 S. 2915) wurde § 62 Abs. 2 EStG rückwirkend zum und in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen wegen der im Wesentlichen inhaltlichen Übereinstimmung mit der verfassungswidrigen Regelung geändert. Damit wurde § 62 Abs. 2 EStG an die Vorgaben des BVerfG angepasst, jedoch unter Beibehaltung des vom BVerfG nicht beanstandeten Grundsatzes, dass ausländische Staatsangehörige nur dann u. a. Kindergeld erhalten sollen, wenn sie sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten. Bei ausländischen Staatsangehörigen, die über eine Niederlassungserlaubnis verfügen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten werden. Dies ist grds. auch anzunehmen bei ausländischen Staatsangehörigen, die zwar noch nicht über einen derart verfestigten Aufenthaltsstatus verfügen, aber bei denen neben einem Aufenthaltstitel noch eine Erwerbstätigkeit hinzukommt, die mit einem voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt regelmäßig einhergeht. § 62 Abs. 2 EStG ist verfassungsgemäß (, rkr., EFG 2008 S. 1980; konkretes Normenkontrollverfahren anhängig beim BVerfG, Az. 2 BvL 4/07). Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG (, EFG 2008 S. 1981, Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 72/08).
Ausgenommen hiervon sind diejenigen ausländischen Staatsangehörigen, bei denen der Aufenthalt befristet und eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht absehbar bzw. ausgeschlossen ist. Das sind z. B. ausländische Staatsangehörige, die sich zu Ausbildungszwecken in Deutschland aufhalten. Auch eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit indiziert dann keinen dauerhaften Aufenthalt, wenn sich die aktuelle Zustimmung auf eine bestimmte Tätigkeit bezieht und die Verlängerung der Zustimmung zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach einem Höchstzeitraum rechtlich ausgeschlossen ist, z. B. bei Saisonarbeitskräften, Spezialitätenköchen oder Au-Pair-Kräften der Fall.
Unabhängig vom Aufenthaltsstatus ist jedoch ein möglicher dauerhafter Aufenthalt anzunehmen, wenn nach einem Zeitablauf von drei Jahren Aufenthalt in Deutschland eine gewisse Integration auch in das Erwerbsleben stattgefunden hat. Zu Einzelheiten s. mit der Neufassung der DA-FamEStG 62.4 (BStBl 2008 I S. 642). Ein Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 5 AufenthG) hält sich nicht i. S. des § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a EStG seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet auf, wenn er in dieser Zeit nur im Besitz einer fortlaufend verlängerten Ausreiseaufforderung und Grenzübertrittsbescheinigung war (, EFG 2008 S. 1978; Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: III B 152/08).
§ 62 Abs. 2 EStG gilt nur für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer. Er gilt daher nicht für Staatsangehörige der EU- bzw. EWR-Staaten und deren Familienangehörige, weil diese freizügigkeitsberechtigt sind. Nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 i. d. F. der Bekanntmachung v. (ABl EG Nr. L 28 v. S. 4, zuletzt geändert durch VO (EG) Nr. 1992/2006 v. [ABl EG Nr. L 392 v. S. 1] haben sie unter denselben Voraussetzungen wie deutsche Staatsangehörige Anspruch auf Kindergeld. Diese Verordnung gilt grds. nur für Arbeitnehmer, nicht für Selbständige (, BStBl 2002 II S. 869). Zur Anwendung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum s. DA-FamEStG 62.4.3 (BStBl 2007 I S. 491–492).Gleich zu behandeln sind auch Staatsangehörige von Staaten, mit denen zwischenstaatliche Abkommen über Soziale Sicherheit/Kindergeld bestehen, z. B. Schweiz, Türkei, Marokko, Tunesien. Zu weiteren Einzelheiten (betroffene Staaten und jeweilige Abkommen) s. DA-FamEStG 62.4.4 (BStBl 2005 I S. 820) und H 31 EStH „Über- und zwischenstaatliche Rechtsvorschriften”; s. auch Tz. 309, c. Für Flüchtlinge besteht weder aus Art. 24 noch aus Art. 29 des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention) ein Anspruch auf Kindergeld ( NWB IAAAC-67520). Entsprechend ergibt sich für Staatenlose weder aus Art. 24 noch aus Art. 29 des Staatenlosenübereinkommens (StlÜbk) ein Anspruch auf Kindergeld ( NWB VAAAC-75296).
Ein nach § 62 EStG bestehender Kindergeldanspruch kann nicht allein durch die Mitgliedschaft in einer ausländischen Sozialversicherung ausgeschlossen werden. Hierfür fehlt es an einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage ( NWB BAAAD-18889, Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 21/09 NWB YAAAD-19327).
Zur Berücksichtigung von Mitgliedern der NATO-Streitkräfte und deren Angehörige, von Mitgliedern und Beschäftigten diplomatischer Missionen sowie konsularischer Vertretungen und deren Angehörige und von Bediensteten internationaler Organisationen s. DA-FamEStG 62.5–62.7.
Tz. 309 Kinder
a) Zu berücksichtigende Kinder
Für das Kindergeld zu berücksichtigen sind die in § 32 Abs. 1 EStG aufgeführten Kinder (im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder und Pflegekinder; s. auch Tz. 250, a) sowie bei Aufnahme in den Haushalt des Berechtigten Kinder seines Ehegatten (Stiefkinder) und Enkel (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG). Die Erweiterung des Kreises der zu berücksichtigenden Kinder gegenüber § 32 Abs. 1 EStG erklärt sich daraus, dass für die Zahlung von Kindergeld und den Abzug der Freibeträge für Kinder grds. weiterhin unterschiedliche Prinzipien gelten: das Obhutsprinzip (Kindergeld wird an den Eltern- oder Großelternteil gezahlt, in dessen Haushalt das Kind lebt) und das Halbteilungsprinzip (die Freibeträge für Kinder werden im Falle getrennter Eltern grds. bei jedem Elternteil zur Hälfte abgezogen). Um trotz dieser – sachlich begründeten – Unterschiedlichkeit im Ergebnis eine übereinstimmende Berücksichtigung von Kindern für das Kindergeld und die Freibeträge für Kinder zu ermöglichen, ist in § 32 Abs. 6 Satz 7 EStG eine Übertragung der Freibeträge für Kinder auf einen Stief- oder Großelternteil zugelassen (s. Tz. 251, b), wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Die Voraussetzungen hierfür sind materieller, immaterieller und örtlicher Art: Das Kind muss von dem Berechtigten in einer gemeinsamen Familienwohnung, in der es sich durchgängig und nicht nur zeitweise aufhält, persönlich unterhalten und versorgt werden sowie die Fürsorge des Berechtigten durch Betreuung, Erziehung, Beaufsichtigung und Pflege erfahren. Eine vorübergehende auswärtige Unterbringung, z. B. zu Schul- oder Berufsausbildungszwecken, steht dem nicht entgegen. Bei Großeltern kommt es nicht darauf an, dass es sich um ihren alleinigen Haushalt handelt. Ihre Anspruchsberechtigung ist nicht ausgeschlossen, wenn sie mit den Eltern oder einem Elternteil des Kinds zusammenleben. Ist das Kind gleichzeitig in mehrere Haushalte aufgenommen, ist der Ort der überwiegenden Betreuung und des Lebensmittelpunkts entscheidend.
b) Entsprechende Anwendung des § 32 Abs. 3–5 EStG
Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG gelten die bei der Berücksichtigung für die Freibeträge für Kinder maßgebenden Vorschriften des § 32 Abs. 3 und 4 EStG (Berücksichtigungstatbestände, Grenzbetrag) sowie des § 32 Abs. 5 EStG (Verlängerungstatbestände) für den Anspruch auf Kindergeld entsprechend (s. Tz. 250, b). Die Familienkasse prüft die Voraussetzungen unabhängig von der rechtlichen Würdigung durch die Finanzverwaltung. Folglich ist auch der Einkommensteuerbescheid des Kinds kein Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung. Ein Kindergeldanspruch besteht nicht, wenn zwar eine Unterhaltssituation besteht, aber die Tatbestandsmerkmale des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG nicht erfüllt sind ( NWB BAAAC-64589, rkr.).
c) Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt des Kinds
Nach § 63 Abs. 1 Satz 3, erster Halbsatz EStG werden für das Kindergeld grds. nur Kinder berücksichtigt, die im Inland, in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem EWR-Staat einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) haben. Eine Ausnahme hiervon gilt nach § 63 Abs. 1 Satz 3, zweiter Halbsatz EStG: Im Ausland lebende Kinder werden auch berücksichtigt, wenn sie im Haushalt eines nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt steuerpflichtigen Berechtigten leben. Weitere Ausnahmen ergeben sich aus – der gesetzlichen Regelung vorgehenden – zwischenstaatlichen Abkommen, aus denen sich Ansprüche auf Kindergeld herleiten, wenn Kinder in dem betreffenden Gebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Solche Abkommen gelten für die Nachfolgestaaten der ehemaligen Republik Jugoslawien, Marokko, die Türkei und Tunesien (s. auch H 31 EStH „Über- und zwischenstaatliche Rechtsvorschriften”). Ein im Ausland adoptiertes Kind teilt den inländischen Wohnsitz seiner (Adoptiv )Eltern auch vor seiner Verbringung ins Inland, wenn es sich wegen Problemen bei der Visumerteilung für die Einreise nach Deutschland zunächst weiterhin in seinem Heimatland aufhalten muss ( NWB YAAAC-73824; Revision eingelegt, Az. des BFH: III R 15/08).
Mit der grds. Beschränkung der Berücksichtigung auf Kinder im Inland und in einem anderen EU- oder in einem EWR-Staat wird bezweckt, die Förderkomponente des Kindergelds nur für diese Kinder zuzubilligen. Hinsichtlich der Berücksichtigung von Kindern für die Freibeträge für Kinder, die die verfassungsgemäße Besteuerung gewährleisten, gilt eine solche Beschränkung nicht (§ 32 EStG).
d) Ausschluss von Kindern nach dem Bundeskindergeldgesetz
Kindergeld nach dem EStG wird nicht gewährt für ein Kind, das bereits nach § 2 Abs. 4 Satz 2 BKGG berücksichtigt wird. Das ist ein Kind, das in den Haushalt des Berechtigten nach dem BKGG aufgenommen ist oder das weder im Haushalt des einen noch des anderen Berechtigten lebt, für das jedoch der Berechtigte nach dem BKGG den höchsten Unterhalt zahlt.
Tz. 310 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche
a) Grundsatz der Einmalzahlung
Die kurze Bestimmung des § 64 Abs. 1 EStG, für jedes Kind werde nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt, besagt zweierlei: Für ein und dasselbe Kind wird im Anspruchszeitraum Kindergeld nicht mehrfach gezahlt, und es findet keine Aufteilung des Kindergelds zwischen mehreren Berechtigten statt.
Die nur einmalige Berücksichtigung für die Kindergeldzahlung („Zahlkind”) schließt aber nicht aus, dass ein und dasselbe Kind bei mehreren Personen als sog. Zählkind zu berücksichtigen ist: Für die Feststellung, ob ein Kind bei dem Berechtigten als erstes, zweites, drittes oder weiteres Kind zu berücksichtigen ist, zählen auch Kinder mit, für die der Berechtigte nur deshalb keinen Anspruch auf Kindergeld hat, weil eine andere Person vorrangig berechtigt ist (§ 64 Abs. 2 und 3 EStG) oder eine andere Leistung für Kinder erhält (§ 65 EStG). Auf diese Weise kann für jüngere Zahlkinder (ab dem vierten Kind) ein höheres Kindergeld gezahlt werden.
Der Ausschluss der Aufteilung von Kindergeld zwischen mehreren Berechtigten ist möglich, weil es den zivilrechtlichen Ausgleich nach § 1612b BGB gibt.
b) Rangfolge bei Anspruchskonkurrenz
aa) Aufnahme in den Haushalt
§ 64 Abs. 2 EStG bestimmt, dass bei mehreren Berechtigten (§§ 62, 63 EStG) das Kindergeld vorrangig an denjenigen zu zahlen ist, der das Kind in seinen Haushalt (s. Tz. 309, a) aufgenommen hat (Obhutsprinzip). Eine Haushaltsaufnahme i. S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG ist dann gegeben, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art aufgenommen worden ist. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein. Danach gehört ein Kind dann zum Haushalt eines Elternteils, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird, so dass es sich in der Obhut dieses Elternteils befindet (vgl. , BStBl 2002 II S. 244, und , BStBl 2008 II S. 762; NWB JAAAC-48946). Für den Fall, dass das Kind im gemeinsamen Haushalt von Anspruchsberechtigten – wie Eltern, Elternteil und Stiefelternteil, Pflegeeltern oder Großeltern – lebt, können diese untereinander den vorrangig Berechtigten bestimmen (Berechtigtenbestimmung als einvernehmliche Willenserklärung). Ist ein Kind getrennt lebender Eltern auf eigenen Entschluss aus dem Haushalt eines Elternteils in den des anderen Elternteils umgezogen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der andere Elternteil – auch wenn er nicht sorgeberechtigt ist – das Kind in seinen Haushalt aufgenommen und damit Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes hat, wenn das Kind seit mehr als drei Monaten dort lebt und eine Rückkehr in den Haushalt des sorgeberechtigten Elternteils nicht von vornherein feststeht (, StE 2009 S. 630)
Für diese Erklärung sieht das Gesetz keine Form vor, die Verwaltung verlangt die Unterschrift auf dem Antragsvordruck (vgl. DA-FamEStG 64.2 Abs. 2). Die Erklärung wird mit Zugang bei der Familienkasse wirksam und kann auch zurückwirken. Sie bleibt bis zum Widerruf oder der Änderung der Verhältnisse wirksam. Unbeachtlich ist die Änderung der Verhältnisse allerdings dann, wenn die Berechtigtenbestimmung durch gemeinsame Willenserklärung weiterhin möglich ist. Eine einvernehmliche Änderung der Berechtigtenbestimmung ist grds. vom Beginn des Folgemonats der Erklärung an zu berücksichtigen, es sei denn, die Änderung der Berechtigtenbestimmung führt zu einem höheren Kindergeldanspruch des neuen Berechtigten (vgl. hierzu DA-FamEStG 64.4 Abs. 1). Ist ein Kind getrennt lebender Eltern in den Haushalt beider Elternteile aufgenommen, weil es sich bei beiden in annähernd gleichem zeitlichem Umfang aufhält, ist § 64 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG analog anzuwenden mit der Folge, dass das Kindergeld demjenigen Elternteil zu zahlen ist, den die Eltern untereinander bestimmt haben. Auch eine vor der Trennung der Eltern getroffene Bestimmung des Berechtigten bleibt wirksam, bis sie von einem Berechtigten widerrufen wird (, BStBl 2008 II S. 752)
Wird eine solche Berechtigtenbestimmung nicht getroffen, bestimmt das Familiengericht auf Antrag desjenigen, der ein berechtigtes Interesse an der Kindergeldzahlung hat, wer vorrangig berechtigt ist. Als Antragsteller kommen die Berechtigten, das Kind oder die dem Kind Unterhalt gewährende Person oder Stelle – nicht die Familienkasse – in Betracht.
Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, ist das Kindergeld vorrangig an die Eltern zu zahlen, und zwar an einen Elternteil nach einvernehmlicher Bestimmung oder nach Bestimmung des Familiengerichts. An einen Großelternteil wird Kindergeld dann gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der Familienkasse auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.
Wird ein Kind, das im Haushalt des sorgeberechtigten Elternteils wohnt, vom anderen Elternteil nach einem Besuch des Kinds nicht zurückgebracht (inländische Kindesentziehung), steht dem sorgeberechtigten Elternteil für eine Übergangszeit weiterhin Kindergeld zu, wenn er umgehend rechtliche Schritte für eine Rückführung des Kinds einleitet. Dies gilt selbst dann, wenn dem anderen Elternteil später das Sorgerecht übertragen wird ( NWB VAAAC-40248, rkr.).
bb) Nichtaufnahme in den Haushalt
Lebt das Kind bei keinem der Anspruchsberechtigten, erhält das Kindergeld nach § 64 Abs. 3 EStG derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt (Barunterhalt). Zahlen mehrere Berechtigte Unterhalt, erhält derjenige das Kindergeld, der dem Kind regelmäßig den höchsten Unterhalt zahlt und damit finanziell am höchsten belastet ist. Sach- und Betreuungsleistungen bleiben hierbei im Interesse einer eindeutigen Entscheidung außer Betracht. Sind die Unterhaltsrenten gleich hoch oder wird dem Kind von keinem der Berechtigten Unterhalt gezahlt, können diese einvernehmlich bestimmen, wer das Kindergeld erhalten soll. Geschieht dies nicht, entscheidet auf Antrag das Familiengericht entsprechend § 64 Abs. 2 Satz 3 und 4 EStG.
Tz. 311 Andere Leistungen für Kinder
a) Allgemeines
§ 65 EStG enthält einen Ausschlusstatbestand in der Weise, dass die Inanspruchnahme mehrerer kindbedingter Leistungen nebeneinander ausgeschlossen wird (Kumulationsverbot) und gegenüber den in § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG aufgeführten Leistungen der Nachrang (Subsidiarität) des Kindergelds bestimmt wird. Anspruchskonkurrenz besteht nicht nur zwischen kindbezogenen innerstaatlichen Leistungen, sondern auch zwischen Kindergeld und vergleichbaren kindbezogenen ausländischen Leistungen. Die vorgenannten Leistungen stehen dem Kindergeld gleich, soweit es in anderen Vorschriften des EStG auf dessen Erhalt ankommt. § 65 EStG gilt nicht, wenn das Konkurrenzverhältnis nach über- oder zwischenstaatlichem Recht gelöst wird.
b) Ausschluss von Kindergeld
Die Zahlung von Kindergeld für ein Kind ist ausgeschlossen, wenn für das Kind eine der in § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG aufgeführten vergleichbaren Leistungen (abschließende Aufzählung) zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre (vgl. zu anderen, nicht den Kindergeldanspruch ausschließenden Leistungen die Aufzählung in DA-FamEStG 65.1.1 Abs. 2 Satz 3). Es kommt nicht darauf an, wem die andere Leistung zusteht, ob sie tatsächlich gezahlt oder fälschlicherweise gezahlt wird. Ob ein Rechtsanspruch besteht, stellt die Familienkasse im Rahmen ihrer Prüfung zur Kindergeldfestsetzung fest. Den Antragsteller trifft eine Mitwirkungspflicht, bei Auslandssachverhalten in erhöhtem Umfang (§ 90 Abs. 2 AO).
c) Vergleichbare Leistungen für Kinder
Gegenüber dem Anspruch auf dem Kindergeld vergleichbare Leistungen ist der Anspruch auf Kindergeld subsidiär.
Den Anspruch auf Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung und auf Kinderzuschuss aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, die den Anspruch auf volles Kindergeld ausschließen, gibt es nur noch in seltenen Altfällen (Anspruch auf diese Leistungen vor dem ). Seitdem werden zu Neurenten Kinderzulage und Kinderzuschuss nicht mehr gezahlt. Wegen des Anspruchs auf Teilkindergeld in diesen Ausnahmefällen s. § 65 Abs. 2 EStG.
Vergleichbare Leistungen im Ausland schließen den Anspruch auf Kindergeld im vollen Umfang aus, und zwar sowohl die dem Kindergeld als auch die den Kinderzulagen oder Kinderzuschüssen vergleichbaren Leistungen. Vergleichbar sind nur Leistungen, die wie die inländischen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen. Es kommt nicht darauf an, wer sie beanspruchen kann. Beispiele für solche vergleichbaren Leistungen sind die in den USA neben einer Invaliditätsrente gezahlte Kinderrente oder die in verschiedenen Kantonen der Schweiz gezahlte Kinderzulage. Das Bundeszentralamt für Steuern veröffentlicht regelmäßig eine Übersicht der vergleichbaren ausländischen Leistungen (s. zuletzt BStBl 2002 I S. 241).
Für den EU-Bereich ist die Anspruchskonkurrenz hinsichtlich kindbedingter Leistungen in mehreren EU-Ländern durch Art. 76 der VO (EWG) Nr. 1408/71 sowie Art. 10 der DVO (EWG) Nr. 574/72 (s. auch Tz. 308, c) gelöst und zwar in der Weise, dass die Familienleistungen des Wohnsitzstaats der Familie Familienleistungen in einem anderen EU-Staat ausschließen. § 65 EStG ist in diesen Fällen und in den Fällen, in denen ein Abkommen über die soziale Sicherheit getroffen worden ist, nicht anwendbar. In grenzüberschreitenden Sachverhalten besteht ein Anspruch auf Festsetzung und Zahlung von deutschem Kindergeld, wenn das Recht des Beschäftigungsstaats weder Kindergeld noch eine vergleichbare Leistung vorsieht, z. B. wegen Überschreitens einer Alters- oder Einkommensgrenze, und die nationalen Voraussetzungen der §§ 32, 62–78 EStG erfüllt sind (, BStBl 2009 I S. 541).
Vergleichbare Leistungen zwischen- oder überstaatlicher Einrichtungen schließen den Anspruch auf Kindergeld ebenfalls stets in vollem Umfang aus. Hierbei handelt es sich insbesondere um kindbedingte Leistungen, die Beschäftigte der NATO und der EU erhalten.
Zum Anspruch auf den Kindergeld-Unterschiedsbetrag nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 sowie 10 der DVO (EWG) Nr. 574/72 vgl. DA-FamEStG 65.2 Abs. 2.
d) Ergänzende Regelungen
Andere Leistungen für Kinder stehen dem Kindergeld gleich, soweit es für die Anwendung von Vorschriften des EStG auf den Erhalt von Kindergeld oder den Anspruch auf Kindergeld ankommt. Damit ist festgelegt, dass die dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen in den Familienleistungsausgleich einzubeziehen sind (§ 31 Satz 5 EStG). Durch die Gleichstellung können die den Erhalt von Kindergeld voraussetzenden Steuerermäßigungen auch in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige eine andere Leistung für Kinder i. S. von § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG erhält. Dies gilt z. B. für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG), die Berücksichtigung bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 2 EStG) und die Übertragung eines dem Kind zustehenden Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 5 Satz 1 EStG).
Der Kindergeldanspruch eines Berechtigten wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der EG für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat, wenn die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt sind.
Zur Kinderzulage im Rahmen der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung vgl. , BStBl 2008 I S. 420, Rz. 22 ff.
Tz. 312 Höhe des Kindergelds, Zahlungszeitraum
a) Höhe des Kindergelds
Die monatlichen Kindergeldsätze betragen für das erste bis dritte Kind je 154 € und für das vierte sowie jedes weitere Kind je 179 €. Ab 2009 beträgt das Kindergeld monatlich für erste und zweite Kinder jeweils 164 €, für dritte Kinder 170 € und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 195 € (§ 66 Abs. 1 EStG i. d. F. des FamLeistG).Welcher Kindergeldsatz maßgebend ist, hängt von der Ordnungszahl ab, die dem Kind nach der Reihenfolge der Geburten, beginnend mit dem ältesten Kind, zukommt. Dabei sind auch sog. Zählkinder (s. Tz. 310, a) zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird für jedes Kind, für das im Kalenderjahr 2009 mindestens für einen Kalendermonat ein Anspruch auf Kindergeld besteht, für das Kalenderjahr 2009 ein Einmalbetrag in Höhe von 100 € gezahlt (§ 66 Abs. 1 Satz 2 EStG i. d. Fassung des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität v. , BStBl 2009 I S. 434); hierzu , BStBl 2009 I S. 488.
Für nach § 63 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Auslandskinder, die in einem EU-Mitgliedstaat, in einem anderen EWR-Staat oder in der Schweiz wohnen, können Berechtigte aus diesen Ländern die gleichen Kindergeldsätze beanspruchen. Geminderte Kindergeldsätze werden nach zwischenstaatlichen Abkommen mit Marokko, der Türkei, Tunesien und den Nachfolgestaaten Jugoslawiens Berechtigten aus diesen Ländern für ihre dort lebenden Kinder gezahlt; s. Tz. 309, c.
Ein Arbeitnehmer, der in einem EU-Mitgliedstaat wohnt, aber in einem anderen Mitgliedstaat arbeitet (sog. Grenzgänger), hat Anspruch auf Familienleistungen nach dem Recht des Beschäftigungslandes (Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a i. V. mit Art. 73 der VO (EWG) 1408/71). Wohnen Eltern mit ihren Kindern in Deutschland, arbeiten aber beide in der Schweiz, stehen ihnen Leistungen für ihre Kinder nur nach dem in der Schweiz geltenden Recht zu. Ein Anspruch auf die Differenz zwischen dem in der Schweiz gezahlten und dem höheren Kindergeld nach § 66 EStG besteht nicht (, BStBl 2008 II S. 369). Sog. Differenzkindergeld ist nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 574/72 z. B. zu gewähren, wenn einem Elternteil Familienleistungen nach dem Recht des Beschäftigungslands zustehen, während der andere Elternteil für dasselbe Kind in dem Wohnland der Familie Kindergeld beanspruchen kann. Der Grenzgänger selbst hat im Wohnland jedoch keinen Anspruch auf Differenzkindergeld (, BGBl. 2004 I S. 2570).
b) Leistungs- und Zahlungszeitraum
Leistungs- und Zahlungszeitraum sind in § 66 Abs. 2 EStG festgelegt: Kindergeld wird monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (mindestens einen Tag im betreffenden Monat), bis zum Ende des Monats, in dem sie wegfallen. Für die Bestimmung der danach maßgebenden Zeitpunkte gelten nach § 108 Abs. 1 AO die §§ 187– 193 BGB. Kindergeld ist grds. unbar zu leisten (§ 224 Abs. 3 Satz 1 AO). Kindergeldnachzahlungen sind nicht zu verzinsen (, BStBl 2007 II S. 240).
Die Festsetzung und Zahlung des Einmalbetrags nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG erfolgt im Rahmen des steuerlichen Familienleistungsausgleichs (§ 31 EStG; vgl. Tz. 249). Das bedeutet, dass der Einmalbetrag in die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung durchzuführende Vergleichsberechnung, ob bei den Eltern die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kinds einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung durch den Anspruch auf Kindergeld bewirkt wird oder hierfür die Freibeträge für Kinder zu berücksichtigen sind, einbezogen wird; hierzu , BStBl 2009 I S. 488.
Tz. 313 Antrag
a) Antrag bei der Familienkasse
Für die Zahlung von Kindergeld ist ein schriftlicher Antrag Voraussetzung, der an die sachlich und örtlich zuständige Familienkasse zu richten ist. Es empfiehlt sich, dazu den amtlichen Vordruck zu verwenden, der bei den Familienkassen oder im Internet unter www.bzst.bund.de abrufbar ist. Zusätzliche Mitwirkungspflichten können sich nach den §§ 90 ff. AO und der Sonderregelung des § 68 EStG (s. Tz. 314) ergeben. Durch einen wirksamen Antrag wird das für die Kindergeldfestsetzung erforderliche Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt. Der Antrag ist keine materiell-rechtliche Voraussetzung des Kindergeldanspruchs.
Für die Festsetzung und Zahlung des Kindergelds sind die Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit oder der öffentliche Arbeitgeber bzw. Dienstherr bei Angehörigen des öffentlichen Diensts (§ 72 EStG) sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit der Familienkassen richtet sich grds. nach dem Wohnsitz (§ 19 AO).
Ein Antrag auf Kindergeld ist zu stellen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller hinsichtlich eines bestimmten Kinds erstmalig vorliegen oder nach ihrem Wegfall wieder vorliegen. Ein Neuantrag ist demgemäß zu stellen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen mindestens für einen vollen Kalendermonat nicht vorgelegen haben und danach erneut Kindergeld beansprucht wird. Eines Neuantrags bedarf es nicht, wenn die Zuständigkeit der Familienkasse beim öffentlichen Dienstherrn zu derjenigen bei der Bundesagentur für Arbeit wechselt oder umgekehrt.
b) Antragsberechtigung
Den Antrag kann außer dem Kindergeldberechtigten (§ 62 EStG) auch stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergelds hat (§ 67 Satz 2 EStG). Dies ist insbesondere der Fall bei dem Kind gegenüber unterhaltsverpflichteten Personen sowie Personen, zu deren Gunsten eine Auszahlung, Übertragung, Pfändung oder Verpfändung des Kindergelds erfolgen könnte (vgl. §§ 74, 76 EStG, § 46 AO, Regelungen des über- oder zwischenstaatlichen Rechts).
Tz. 314 Besondere Mitwirkungspflichten
a) Änderungsmitteilung und Mitwirkungspflicht erwachsener Kinder
Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Antragsteller oder Kindergeldbezieher verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Kindergeldzahlung/-leistung erheblich sind oder über die in diesem Zusammenhang Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich der zuständigen Familienkasse mitzuteilen. Die Verletzung der Mitteilungspflicht kann eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) zur Folge haben. Sie entfällt nicht durch die Verpflichtung der Familienkassen zur regelmäßigen Überprüfung von Kindergeldfestsetzungen. Die Mitteilung über Änderungen in den für das Kindergeld erheblichen Verhältnissen ist keine „Anzeige” i. S. von § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, die zu einer Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist für den Anspruch auf Kindergeld führt (, BStBl 2008 II S. 371).
Über 18 Jahre alte Kinder sind auf Verlangen der Familienkasse verpflichtet, an der Aufklärung des für die Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalts mitzuwirken. Ein Auskunftsverweigerungsrecht (§ 101 AO) besteht insoweit zwar nicht. Die Kinder sind jedoch auch nicht verpflichtet, von sich aus die Familienkasse zu informieren. Die unmittelbare Inanspruchnahme des Kinds darf jedoch nicht das erste Mittel zum Nachweis der anspruchserheblichen Tatsachen sein (DA-FamEStG 68.2 Abs. 2).
b) Auskunftspflicht des Arbeitgebers
Soweit es zur Durchführung des § 63 EStG (Berücksichtigung von Kindern) erforderlich und nicht unverhältnismäßig ist, hat der jeweilige Arbeitgeber der dort bezeichneten Personen (Kinder über 18 Jahre) nach § 68 Abs. 2 EStG Auskunft zu erteilen. Der Arbeitgeber hat der Familienkasse auf Verlangen eine Bescheinigung über den Arbeitslohn, einbehaltene Steuern und Sozialabgaben sowie einen auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibetrag auszustellen. Die Bescheinigung ermöglicht erforderlichenfalls – soweit die Auskunft nicht auf einfachere Weise zu erlangen ist – eine Überprüfung des Grenzbetrags von 7.680 € (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) oder der Voraussetzung des Außerstandeseins, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).
Diese Bescheinigungspflicht des Arbeitgebers ist durch Streichung des § 68 Abs. 2 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2009 weggefallen. Der Gesetzgeber begründet den Wegfall damit, dass die vorrangige Verpflichtung, Nachweise über die Einkünfte und Bezüge des Kindes vorzulegen, bei dem oder den Berechtigten oder dem volljährigen Kind liegt.
c) Bescheinigung über das ausgezahlte Kindergeld
Nach dem Wortlaut des § 68 Abs. 3 EStG hat auf Antrag des Kindergeldberechtigten die Familienkasse eine Bescheinigung über das im Kalenderjahr ausgezahlte Kindergeld zu erteilen. Seit 2003 kommt es für den Familienleistungsausgleich nicht mehr auf das gezahlte, sondern auf den Anspruch auf Kindergeld an (§ 31 Satz 4 EStG). Dementsprechend sieht DA-FamEStG 68.4 die Bescheinigung über den Anspruch bzw. das dem Kindergeldberechtigten zustehende Kindergeld vor.
d) Auskunftserteilung der Familienkassen
Die Familienkassen dürfen den Bezügestellen des öffentlichen Diensts Auskunft über den für die jeweilige Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalt erteilen. Sie sind von der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses insoweit befreit, als Vergleichsmitteilungen zwischen den einzelnen Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit und den genannten Bezügestellen zulässig sind. Auskünfte sind daher möglich über Kindergelddaten, soweit die Bezügestellen diese hinsichtlich der Festsetzung kindergeldabhängiger Leistungen des Besoldungs-, Versorgungs- und Tarifrechts benötigen, nicht jedoch, soweit es um Informationen an Beihilfestellen geht. S. auch DA-FamEStG 68.5.
Tz. 315 Überprüfung des Fortbestehens von Anspruchsvoraussetzungen durch Meldedaten-Übermittlung
Die Regelung ermöglicht die Überprüfung der Richtigkeit der erhobenen Ansprüche auf Kindergeld für minderjährige Kinder. Sie dient dem Zweck, mehrfache Zahlungen für dasselbe Kind auszuschließen. Deshalb übermitteln die Meldebehörden den Familienkassen in regelmäßigen Abständen die in § 69 EStG bezeichneten Daten, soweit die Daten nach ihrer Art für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Kindergeldbezugs geeignet sind.
Tz. 316 Festsetzung und Zahlung des Kindergelds
a) Festsetzung und Zahlung
Das Kindergeld wird von der Familienkasse durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. Die Familienkasse entscheidet also über den Kindergeldanspruch und ist für die Auszahlung des Kindergelds zuständig.
Die Kindergeldfestsetzung stellt einen selbständigen begünstigenden Dauerverwaltungsakt dar; sie ist nicht Teil des Einkommensteuerbescheids. Bei der sog. Nullfestsetzung, der Ablehnung oder der Aufhebung einer Festsetzung handelt es sich dagegen nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Da das Kindergeld nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung (§ 37 Abs. 1 AO) gezahlt wird, sind für die Kindergeldfestsetzung nach § 155 Abs. 4 AO die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften der §§ 155–177 AO sinngemäß anzuwenden, ferner die §§ 119 ff. AO. Daher hat die Festsetzung grds. durch schriftlichen Bescheid zu erfolgen (§ 157 Abs. 1 AO), ist zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Wegen der alternativen Inanspruchnahmemöglichkeit der Freibeträge für Kinder und des Kindergelds nach § 31 EStG (s. Tz. 249) und der Hinzurechnung des Kindergelds zur Einkommensteuer hat der Bescheid Grundlagenfunktion i. S. von § 171 Abs. 10 AO.
Aus dem für die Kindergeldfestsetzung geltenden Monatsprinzip (§ 66 Abs. 2 EStG) folgt, dass der Verwaltungsakt in monatliche Einzelregelungen teilbar ist, d. h. die Familienkasse kann die Festsetzung für einzelne Monate vornehmen oder aufheben; Ablehnungs- und Aufhebungsbescheide wirken nur bis zum Ende des Monats ihrer Bekanntgabe (vgl. , BStBl 2002 II S. 88; , BStBl 2002 II S. 174).
Nach § 70 Abs. 1 EStG ist das Kindergeld ab in jedem Fall durch schriftlichen Bescheid festzusetzen. Von der Bescheiderteilung kann nicht mehr abgesehen werden.
Gegen die Festsetzung des Kindergelds ist der Einspruch möglich, gegen die Entscheidung der Familienkasse im Einspruchsverfahren ist der Finanzrechtsweg gegeben.
Zur Festsetzung des Einmalbetrags nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG s. , BStBl 2009 I S. 488, Rz. 3.
b) Änderung und Aufhebung der Kindergeldfestsetzung
§ 70 Abs. 2–4 EStG enthält die die Änderungsvorschriften der AO ergänzende Sonderregelungen für die Änderung und Aufhebung von Kindergeldfestsetzungen.
Soweit Änderungen in den für den Kindergeldanspruch erheblichen Verhältnissen eintreten, ist von Amts wegen die Festsetzung nach § 70 Abs. 2 EStG mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, d. h. ggf. auch rückwirkend, aufzuheben oder zu ändern (gebundene Entscheidung der Familienkasse). Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Abs. 1 EStG i. d. F. des FamLeistG genannten Kindergeldbeträge (= Erhöhung ab 2009) erforderlich, braucht ein schriftlicher Änderungsbescheid nicht erteilt zu werden (§ 70 Abs. 2 Satz 2 EStG i. d. F. des FamLeistG). Entsprechendes gilt für die Festsetzung des Einmalbetrags nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG (vgl. BT-Drs. 16/11740 S. 27). Die Feststellungslast liegt bei der Familienkasse. Tritt ein rückwirkendes, für die Kindergeldfestsetzung erhebliches Ereignis ein, ist für den betreffenden Zeitraum eine Berichtigung der Festsetzung nicht nach § 70 Abs. 2 EStG, sondern nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorzunehmen. Das zu Unrecht gezahlte Kindergeld ist dann nach § 37 Abs. 2 AO vom Empfänger zu erstatten.
Nach § 70 Abs. 3 EStG können materielle Fehler (Rechtsfehler, falsche Sachverhalte) der letzten, von Anfang an rechtswidrigen Kindergeldfestsetzung durch Neufestsetzung oder durch Aufhebung der Festsetzung mit Wirkung für die Zukunft (ab dem auf die Bekanntgabe der Neufestsetzung oder Aufhebung der Festsetzung folgenden Monat) beseitigt werden. Mit dieser Möglichkeit wird ebenfalls der Tatsache Rechnung getragen, dass die Kindergeldfestsetzung Dauerwirkung hat. Zum Nebeneinander von § 70 Abs. 3 EStG und § 173 AO s. , BStBl 2002 II S. 81; , BStBl 2002 II S. 174. Neufestsetzung und Aufhebung der Festsetzung ergehen von Amts wegen und stehen bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen entgegen dem Wortlaut des § 70 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht im Ermessen der Familienkasse (DA-FamEStG 70.5.1 Abs. 1 Satz 2). Es gilt Vertrauensschutz; § 176 AO ist entsprechend anwendbar.
§ 70 Abs. 4 EStG enthält eine spezielle, insbesondere § 173 AO vorgehende Korrekturvorschrift für den Fall, dass die Einkünfte und Bezüge des Kinds den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 EStG überschreiten und dies der Familienkasse nachträglich bekannt wird. Vollendet das arbeitslose Kind während des laufenden Kalenderjahres das 21. Lebensjahr, so dass es nicht mehr nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG als Kind zu berücksichtigen ist, und überschreiten seine bis dahin zugeflossenen Einkünfte und Bezüge den maßgebenden Jahresgrenzbetrag, ist die Familienkasse nach § 70 Abs. 4 EStG berechtigt, die Festsetzung des Kindergelds vor Ablauf des Kalenderjahrs aufzuheben, wenn in den verbleibenden Monaten des Kalenderjahrs offenkundig auch nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Berücksichtigung als Kind vorliegen (, BStBl 2008 II S. 621). Einer Korrektur nach § 70 Abs. 4 EStG bedarf es nicht, wenn nach einer ablehnenden Entscheidung der Familienkasse ein Kindergeldantrag für einen Folgezeitraum (nach dem Ablauf der Bindungswirkung des ablehnenden Bescheids, dem Zustellungsmonat) gestellt wird. Ein die Festsetzung von Kindergeld ablehnender Bescheid kann nur geändert oder aufgehoben werden, wenn er vor Beginn oder während des Kalenderjahrs als Prognoseentscheidung über die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kinds im Kalenderjahr ergangen ist, nicht aber, wenn die Festsetzung von Kindergeld für ein abgelaufenes Kalenderjahr abgelehnt worden ist (, BStBl 2007 II S. 714). Haben sich die tatsächlichen Bezüge des Kinds gegenüber der Prognose geändert, sind bestandskräftige Kindergeldfestsetzungen nach Maßgabe des § 70 Abs. 4 EStG zu ändern, wenn die bei der Prognoseentscheidung zugrunde gelegten Bezüge des Kinds den Jahresgrenzbetrag auch nach Abzug der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge überschritten hätten. Bei der Änderung ist die neue Rechtsprechung zur Abziehbarkeit der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge von den Einkünften des Kinds zu berücksichtigen (, BStBl 2008 II S. 549). Eine Änderung erfolgt jedoch nicht, wenn der Jahresgrenzbetrag allein deshalb unterschritten wird, weil nach der späteren Entscheidung des BVerfG die Arbeitnehmerbeiträge des Kinds zur gesetzlichen Sozialversicherung abweichend von der bisher vorherrschenden Rechtsauffassung nicht in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen sind (, BStBl 2007 II S. 717).
Tz. 317
– derzeit unbesetzt –
Tz. 318 Festsetzung und Zahlung des Kindergelds an Angehörige des öffentlichen Dienstes
a) Personenkreis
Steht einem Angehörigen des öffentlichen Diensts Kindergeld zu, ist es von der entsprechenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts festzusetzen und mit den Bezügen auszuzahlen. Die genannten juristischen Personen sind insoweit Familienkasse und haben das Kindergeld festzusetzen und auszuzahlen. Sie dürfen ihre Zuständigkeit nicht auf fremde Körperschaften übertragen. Diese besondere Zuständigkeitsregelung ist auf die in § 72 Abs. 1 EStG aufgeführten Personengruppen unabhängig vom Umfang der Beschäftigung und davon anzuwenden, ob überhaupt Dienstbezüge oder Arbeitsentgelt gezahlt werden. Daher gilt sie auch für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte, für entsandte oder beurlaubte – auch wenn sie zugleich in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis tätig sind – sowie für im Mutterschutz oder in der Elternzeit befindliche Beschäftigte, solange dieser Personenkreis überhaupt Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG hat.
Angehörige des öffentlichen Diensts i. S. von § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG sind Personen, die
in einem öffentlich-rechtlichen Dienst-, Amts- oder Ausbildungsverhältnis stehen, mit Ausnahme der Ehrenbeamten (z. B. Beamte von Bund, Ländern und Gemeinden, Richter und Soldaten), oder
laufend Versorgungsbezüge nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten (z. B. Ruhegehaltsempfänger) oder
Arbeitnehmer des Bundes, eines Lands, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbands oder einer sonstigen Körperschaft, einer Anstalt oder einer Stiftung des öffentlichen Rechts sind, einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (Angestellte und Arbeiter).
Weitere Einzelheiten s. DA-FamEStG 72.2 Abs. 1–7.
Die Regelung des § 72 Abs. 1 EStG gilt entsprechend für die Beamten und Versorgungsempfänger (nicht Arbeitnehmer) der Deutsche Post AG, der Deutsche Postbank AG und der Deutsche Telekom AG.
b) Nicht erfasster Personenkreis
Von § 72 Abs. 1 EStG nicht betroffen sind Personen, die ihre Bezüge oder ihr Arbeitsentgelt von einem Dienstherrn oder Arbeitgeber im Bereich der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften erhalten. Das gilt auch für die Untergliederungen einschließlich der Ordensgemeinschaften und die Einrichtungen der Kirchen (z. B. Kindergärten, Schulen und Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft). Ferner werden nicht erfasst Personen, die ihre Bezüge oder ihr Arbeitsentgelt von einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege, einem diesem unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Mitgliedsverband oder einer einem solchen Verband angeschlossenen Einrichtung oder Anstalt erhalten. Wegen Einzelheiten s. DA-FamEStG 72.2 Abs. 9–11.
Eine Ausnahmeregelung gilt außerdem für Personen, die voraussichtlich nicht länger als sechs Monate in den Kreis der in § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 und Abs. 2 EStG Bezeichneten eintreten. Es wird vermieden, dass mit der Aufnahme und Beendigung einer kurzfristigen Beschäftigung im öffentlichen Dienst jeweils die Zuständigkeit für die Festsetzung und Zahlung von Kindergeld wechselt.
Für die Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld verbleibt es bei der Zuständigkeit der Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit.
c) Konkurrenzregelung bei Zuständigkeit mehrerer Rechtsträger
§ 72 Abs. 5 EStG regelt die Fälle, in denen mehrere Rechtsträger zur Zahlung von Bezügen oder Arbeitsentgelt an einen Berechtigten verpflichtet sind, und legt fest, welcher Rechtsträger das Kindergeld festzusetzen und auszuzahlen hat.
d) Zuständigkeit bei Ausscheiden aus dem oder Eintritt in den öffentlichen Dienst im Laufe eines Monats
Bei einem Wechsel des Kindergeldberechtigten in den/aus dem öffentlichen Dienst im Laufe eines Monats bleibt die Zuständigkeit der Stelle (bis zum Ablauf dieses Monats) erhalten, die bis zum Ausscheiden oder Eintritt gegeben war, und zwar nur für die Zahlung. Die Zuständigkeit für die Festsetzung ändert sich mit dem Ausscheiden oder Eintritt unmittelbar. Kommt die Zahlung für ein Kind in Betracht, das erst nach dem Ausscheiden oder Eintritt, aber noch im Monat des Wechsels bei dem Berechtigten nach § 63 EStG zu berücksichtigen ist, ist das Kindergeld von der zuständig gewordenen Stelle auch bereits für den Monat des Wechsels zu zahlen.
e) Gesonderter Ausweis in der Abrechnung, Aufbringung des Kindergelds
§ 72 Abs. 7 EStG schreibt vor, dass das Kindergeld in den Abrechnungen über Bezüge und Arbeitsentgelt gesondert auszuweisen ist, wenn er zusammen mit den Bezügen oder dem Arbeitsentgelt ausgezahlt wird. Der Berechtigte erkennt, dass der – infolge Nichtabzugs des Kinderfreibetrags (im laufenden Jahr) – höheren Lohnsteuerbelastung das als Steuervergütung gezahlte Kindergeld gegenübersteht.
Die juristische Person hat die Summe des an alle Berechtigten ausgezahlten Kindergelds der von ihr insgesamt einzubehaltenden Lohnsteuer zu entnehmen. Dementsprechend ist das gezahlte Kindergeld bei der nächsten Lohnsteuer-Anmeldung gesondert abzusetzen. Soweit das insgesamt ausgezahlte Kindergeld die insgesamt einzubehaltende Lohnsteuer übersteigt, wird es nach § 72 Abs. 7 Satz 3 EStG auf Antrag vom Betriebsstättenfinanzamt aus den Einnahmen der Lohnsteuer erstattet.
f) Kindergeldansprüche aufgrund über- oder zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften
§ 72 Abs. 8 EStG bestimmt die abweichende Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit (Agenturen für Arbeit als Familienkasse) für die Festsetzung und Auszahlung von Kindergeldansprüchen an Angehörige des öffentlichen Diensts aufgrund über- oder zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften. S. DA-FamEStG 72.3.
Tz. 319 Zahlung des Kindergelds in Sonderfällen
a) Abzweigung
Nach § 74 Abs. 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld ausnahmsweise an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seine gesetzliche Unterhaltspflicht verletzt (Abzweigung). Die Auszahlung des Kindergelds kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt. Eine Abzweigung kommt auch in Betracht, wenn der Kindergeldberechtigte, der keinen Unterhalt leistet, mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld (§ 74 Abs. 1 Satz 3 EStG; NWB DAAAD-21112). Eine Übertragung des Anspruchs auf Kindergeld bewirkt die Abzweigung nicht.
Die Abzweigung kommt nicht nur an ein Zahlkind, sondern auch an ein ansprucherhöhendes Zählkind in Betracht. Das Kind muss jedoch volljährig sein und für sich selbst sorgen, d. h. für seinen Unterhalt selbst aufkommen.
Die gesetzlichen Unterhaltspflichten der Eltern, aber auch Großeltern ihren Kindern und Enkelkindern gegenüber (Verwandte in gerader Linie) sind in den §§ 1601 ff. BGB geregelt. Für die Unterhaltspflicht bedarf es einerseits der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und andererseits der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Stief- oder Pflegekindern gegenüber besteht keine Unterhaltspflicht. Eine Abzweigung ist insofern also ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für eine Abzweigung sind nur erfüllt, wenn die Unterhaltspflichten ganz oder zu einem wesentlichen Teil nachhaltig und dauerhaft nicht erfüllt sind.
Bei fehlender Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Kind in Zweitausbildung, weil Unterhalt bereits durch Gewährung einer angemessenen Ausbildung geleistet wurde, ist § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG analog anzuwenden (, BStBl 2002 II S. 575).
Zur Abzweigung des Kindergelds für volljährige vollstationär untergebrachte behinderte Kinder an einen Sozialhilfeträger s. DA-FamEStG 74.1.1 Abs. 3 und , BStBl 2008 II S. 753. Entstehen dem Kindergeldberechtigten für sein behindertes volljähriges Kind, das überwiegend auf Kosten des Sozialleistungsträgers vollstationär in einer Pflegeeinrichtung untergebracht ist, Aufwendungen mindestens in Höhe des Kindergelds, ist das Ermessen der Familienkasse, ob und in welcher Höhe das Kindergeld an den Sozialleistungsträger abzuzweigen ist, eingeschränkt. In solchen Fällen ist das volle Kindergeld an den Kindergeldberechtigten auszuzahlen. Bei der Prüfung, ob Aufwendungen in Höhe des Kindergelds entstanden sind, dürfen keine fiktiven Kosten für die Betreuung des Kinds, sondern nur tatsächlich entstandene Aufwendungen für das Kind berücksichtigt werden ( NWB TAAAD-21111).
Weitere Voraussetzung für die Abzweigung ist die Verfügbarkeit des Anspruchs auf Kindergeld. Hieran fehlt es bei Auszahlung des Kindergelds, Aufrechnung mit dem Anspruch auf Kindergeld sowie bei Abtretung, Verpfändung und Pfändung des Kindergelds.
Für die Berechnung der Höhe des Abzweigungsbetrags ist § 76 EStG entsprechend anzuwenden, wonach der auf ein Zahl- oder Zählkind jeweils entfallende Anteil des Kindergelds ermittelt wird.
Die Verwaltung verlangt für die Abzweigung einen schriftlichen und begründeten Antrag (DA-FamEStG 74.1.1 Abs. 2). Die Entscheidung über die Auszahlung des Kindergelds steht im Ermessen der Familienkasse (vgl. zur Ermessensreduktion auf Null , BStBl 2006 II S. 130).
b) Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse
§ 74 Abs. 2 EStG regelt für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger gegen die Familienkasse, dass in diesem Verhältnis die §§ 102–109 SGB X und 111–113 SGB X (Vorschriften über Erstattungsansprüche zwischen Sozialleistungsträgern) entsprechend gelten. Da die Sozialleistungsträger und die Familienkasse nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis zueinander stehen, entscheidet die Familienkasse über den Erstattungsanspruch nicht durch Verwaltungsakt. § 74 Abs. 2 EStG gilt nicht für die Abzweigung und auch nicht im umgekehrten Verhältnis bei Ansprüchen der Familienkasse gegen die Träger von Sozialleistungen. Für die Begründung der Erstattungspflicht ist insbesondere § 104 SGB X einschlägig, der den Anspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers regelt, z. B. wenn der Sozialhilfeträger Leistungen ohne Anrechnung des Kindergelds dem Berechtigten für seine Kinder oder den Kindern allein erbracht hat. Der Erstattungsanspruch ist begrenzt auf die Höhe des Kindergelds. Wegen Einzelheiten s. DA-FamEStG 74.3.
c) Abzweigung des Einmalbetrags nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG
Wird das Kindergeld an das Kind abgezweigt, erhält das Kind auch den Einmalbetrag. Gleiches gilt, wenn das Kindergeld an eine dritte Person abgezweigt wird. Wird das Kindergeld an einen Sozialleistungsträger abgezweigt, ist der Einmalbetrag unmittelbar an den Kindergeldberechtigten zu zahlen (, BStBl 2009 I S. 488, Rz. 4).
Tz. 320 Aufrechnung
§ 75 EStG regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Familienkasse mit Rückzahlungsansprüchen wegen überzahlten Kindergeldes gegen Ansprüche auf laufende Kindergeldzahlungen aufrechnen kann. Für die Aufrechnung der Familienkasse gegen andere Ansprüche des Erstattungspflichtigen, wie z. B. Lohn- oder Versorgungsansprüche, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II, gelten die allgemeinen Regeln der Aufrechnung in §§ 387 ff. BGB sinngemäß (§ 226 Abs. 1 AO).
a) Begrenzte Aufrechnungsbefugnis der Familienkasse
Nach § 75 Abs. 1 EStG kann die Familienkasse mit eigenen Rückforderungs- und Erstattungsansprüchen (Gegenforderungen) aufrechnen. Solche Ansprüche ergeben sich aus § 37 Abs. 2 AO, wenn die Familienkasse Kindergeld ohne rechtlichen Grund ausgezahlt hat. Aufrechnen kann die Familienkasse gegen Ansprüche auf laufendes Kindergeld des Berechtigten (Hauptforderung). Der Berechtigte muss mit dem Rückzahlungs- oder Erstattungspflichtigen identisch sein (anders: § 75 Abs. 2 EStG). Die Aufrechnung setzt jedoch nicht voraus, dass das Kind, für das laufend Kindergeld gezahlt wird, mit dem Kind identisch ist, für das Kindergeld zurückgefordert wird. Zum laufenden Kindergeld zählt sowohl das monatlich gezahlte Kindergeld als auch eine Kindergeldnachzahlung. Die Aufrechnung ist auch im Fall der Abzweigung (s. Tz. 319, a) möglich.
Die Aufrechnung darf grds. nur bis zur Hälfte der Ansprüche auf laufendes Kindergeld vorgenommen werden. Soweit der Berechtigte durch die Aufrechnung hilfebedürftig i. S. der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder des SGB II über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts würde, ist sie ausgeschlossen. Damit wird verhindert, dass die Forderung der Familienkasse aus Sozialhilfemitteln gedeckt wird.
Dem Leistungsberechtigten wird die Beweislast für seine Hilfebedürftigkeit auferlegt.
Die Aufrechnung bewirkt, dass die Ansprüche, soweit sie sich betragsmäßig decken, erlöschen (§ 47 AO). Diese gelten bereits in dem Zeitpunkt als erloschen, in dem sie erstmals anrechenbar gegenüberstanden (§ 226 Abs. 1 AO i. V. mit § 389 BGB). Die Rückwirkung beschränkt die Erhebung von Säumniszuschlägen.
b) Begrenzte Aufrechnung bei mit Erstattungspflichtigem in Haushaltsgemeinschaft lebendem Berechtigten
§ 75 Abs. 1 EStG gilt entsprechend für die Aufrechnung eines Anspruchs auf Erstattung (Rückzahlung) von Kindergeld gegen einen späteren Kindergeldanspruch eines mit dem Erstattungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berechtigten. Es muss sich um laufendes Kindergeld für ein Kind handeln, das bei dem Erstattungspflichtigen und dem Berechtigten berücksichtigt werden kann oder konnte. In Bezug auf das zu erstattende Kindergeld genügt jedoch die Berücksichtigung beim Erstattungspflichtigen. Die Regelung des § 75 Abs. 2 EStG soll eine missbräuchliche Änderung der Berechtigtenbestimmung vermeiden, durch die ansonsten eine Aufrechnung verhindert werden könnte. Die Familienkasse kann ebenfalls nur begrenzt aufrechnen bis zur Hälfte des Kindergeldanspruchs des mit dem Erstattungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berechtigten und nur soweit dieser durch die Aufrechnung nicht hilfebedürftig wird.
Tz. 321 Pfändung, Abtretung und Verpfändung
a) Pfändungsbeschränkung
Zum Schutz von gesetzlich unterhaltsberechtigten Kindern sieht § 76 EStG eine Pfändungsbeschränkung von Kindergeldansprüchen vor. Der Anspruch auf Kindergeld kann nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kinds, das bei der Festsetzung des Kindergelds berücksichtigt wird, gepfändet werden. Das Kindergeld bleibt für den Kindesunterhalt verfügbar, obwohl das Kind nicht Berechtigter ist. Eine Pfändung des Kindergeldanspruchs wegen anderer Ansprüche, z. B. im Hinblick auf Steuerschulden, ist ausgeschlossen.
Zu Art und Ausführung der Pfändung, missbräuchlicher Berechtigtenbestimmung, Drittschuldner-Erklärung und Rechtsbehelfen der Familienkasse gegen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse s. DA-FamEStG 76.1 Abs. 2–6, 76.4 und 76.5.
b) Höhe des pfändbaren Teils des Kindergelds
Wird Kindergeld zugunsten eines Zahlkinds gepfändet und sind für den Kindergeldanspruch nur Zahlkinder zu berücksichtigen, ist nach § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG pfändbar der Teil, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Gesamtbetrags des Kindergelds auf alle Kinder ergibt. Zahlkinder sind alle Kinder, für die dem Berechtigten Kindergeld gezahlt wird. Bei der Teilung des Betrags sind auch nicht unterhaltsberechtigte Zahlkinder (Stiefkinder, Pflegekinder) zu berücksichtigen.
Ist das Kindergeld durch die Berücksichtigung eines weiteren Kinds erhöht, für das einer dritten Person Kindergeld zusteht (Zählkind), bleibt der Erhöhungsbetrag (Zählkindvorteil) bei der Errechnung des pfändbaren Teils des Kindergelds zunächst außer Betracht. Der Zählkindvorteil ist sodann auf alle beim Berechtigten zu berücksichtigende Kinder zu verteilen, wobei sich der Anteil nach der Gesamtzahl der Zahl- und Zählkinder richtet. Pfändbar ist
zugunsten eines Zahlkinds der Teil des Kindergelds, der ohne Zählkindvorteil auf dieses Kind entfallen würde, und sein Anteil an dem Zählkindvorteil;
zugunsten eines Zählkinds sein Anteil am Zählkindvorteil (Erhöhungsbetrag).
c) Abtretung, Verpfändung
§ 76 EStG steht der Abtretung oder Verpfändung eines Kindergeldanspruchs nach § 46 AO nicht entgegen, schränkt diese aber ein. Eine Forderung kann nur insoweit abgetreten werden, als sie der Pfändung unterliegt. Daraus folgt im Hinblick auf § 76 EStG, dass Kindergeld nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Zahl- oder Zählkinds abgetreten werden kann. Diese Einschränkung gilt auch für die Verpfändung von Kindergeld. S. im Einzelnen DA-FamEStG 76.2.
d) Kontenpfändung und Pfändung von Bargeld
§ 76a EStG enthält einen besonderen Pfändungsschutz von sieben Tagen.
Unter dem Berechtigten i. S. des § 76a Abs. 1 EStG ist der primär Berechtigte zu verstehen, also derjenige, dem der Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62, 66 EStG zusteht. Auch Kinder können den Pfändungsschutz des § 76a EStG für sich in Anspruch nehmen: Vol lstreckt ein Kind, das bei der Festsetzung des Kindergelds berücksichtigt wird, gegen den Kindergeldberechtigten wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche, kann es den Anspruch des Berechtigten auf das Kindergeld pfänden (§ 76 EStG). Zudem kann das Kind statt der Vol lstreckung in den Kindergeldanspruch von der Möglichkeit Gebrauch machen, eine sog. Abzweigung des Kindergelds zu beantragen (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 1–3 EStG). In beiden Fällen wird das Kindergeld unmittelbar an das Kind ausgezahlt; der Pfändungsschutz gilt auch gegenüber Gläubigern des Kinds.
Um die Geldinstitute mit dem Pfändungsschutz des § 76a EStG nicht übermäßig zu belasten, gilt er zugunsten des Kindergeldberechtigten auch dann, wenn das unterhaltsberechtigte Kind in die Forderung, die durch die Gutschrift der Kindergeldleistung auf dem Konto des Berechtigten entsteht, vol lstreckt.
Tz. 322 Erstattung von Kosten im Vorverfahren
Das Rechtsbehelfsverfahren nach §§ 347 ff. AO ist grds. nicht kostenpflichtig. § 77 EStG stellt demgegenüber eine Sonderregelung dar. Berechtigte können die Erstattung von Kosten im – erfolgreichen – Rechtsbehelfsverfahren beanspruchen. § 77 EStG gilt nicht im finanzgerichtlichen Verfahren. Im Einzelnen s. DA-FamRb, BStBl 2000 I S. 761.
a) Erstattung eigener Aufwendungen im Einspruchsverfahren
Die Familienkasse hat nach § 77 Abs. 1 EStG dem Einspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist. Grds. muss dem Einspruch ganz oder teilweise abgeholfen werden. Aufhebungen oder Änderungen einer Kindergeldfestsetzung aus anderen Gründen sind unbeachtlich. Wird nur zum Teil dem Begehren des Einspruchsführers entsprochen, ist die Kostenerstattung auf diesen Teil begrenzt. Ausnahmsweise müssen auch bei einem erfolglosen Einspruch die notwendigen Aufwendungen erstattet werden, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 AO unbeachtlich ist. Die Erstattung von schuldhaft entstandenen Aufwendungen ist ausgeschlossen, wobei das Verschulden eines Vertreters dem Vertretenen zugerechnet wird.
b) Erstattung von Aufwendungen eines Bevollmächtigen/Beistands
Nach § 77 Abs. 2 EStG sind die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, nur erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung zum Verfahren notwendig war. Notwendig heißt, die Zuziehung durfte aus Sicht eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden. Dies ist nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen.
c) Entscheidung der Familienkasse
Zu unterscheiden ist zwischen der Kostenentscheidung (von Amts wegen) und der Kostenfestsetzung (auf Antrag). Entsprechend hat die Familienkasse mehrfach über die Notwendigkeit von Aufwendungen zu entscheiden:
im Rahmen der Kostenentscheidung dem Grunde nach über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands und der Höhe nach über die Notwendigkeit der Aufwendungen bei nur teilweise erfolgreichem Einspruch;
im Rahmen der Kostenfestsetzung der Höhe nach, inwieweit die Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren.
Zu berücksichtigen sind nur solche Aufwendungen, die der Einspruchsführer zum Zeitpunkt der Vornahme der die Kosten verursachenden Handlung verständlicherweise für notwendig halten durfte.
Tz. 323 Übergangsregelungen
§ 78 Abs. 5 EStG enthält Sonder- bzw. Übergangsregelungen für Berechtigte in den neuen Bundesländern (§ 78 Abs. 5 EStG). Die Vorschrift bestimmt aus Vereinfachungsgründen, dass der Anspruchsvorrang nach § 64 Abs. 2 und 3 EStG nicht zu Lasten von Personen geprüft wird, die für Dezember 1990 für ihre Kinder Kindergeld in den neuen Bundesländern bezogen hatten. Ihnen steht, auch wenn sie offensichtlich nachrangig berechtigt sind, das Kindergeld für diese Kinder auch für die folgende Zeit unter den weiteren Voraussetzungen zu, dass sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 8–9 AO) in diesem Gebiet beibehalten und die Kinder die Voraussetzungen ihrer Berücksichtigung weiterhin und ununterbrochen seit Dezember 1990 erfüllen. Ändern sich die tatsächlichen Verhältnisse oder beantragt eine andere Person Kindergeld für diese Kinder, ist § 64 Abs. 2 und 3 EStG anzuwenden.
13. Teil: Altersvorsorgezulage
Tz. 324 Zulageberechtigte
Für bestimmte Altersvorsorgeaufwendungen besteht – neben dem Sonderausgabenabzug nach § 10 EStG – in § 10a EStG ein zusätzlicher Sonderausgabenabzugsbetrag. Damit hiervon nicht nur diejenigen profitieren können, die Einkommensteuern zahlen, wurde der Sonderausgabenabzug ergänzt um eine progressionsunabhängige Zulage. Hierdurch wird es auch Beziehern kleiner Einkommen und kinderreichen Familien ermöglicht, eine steuerlich geförderte Altersvorsorge aufzubauen. Das Förderverfahren sieht zunächst vor, dass jedem Förderberechtigten die ihm zustehende Zulage unmittelbar auf seinen Altersvorsorgevertrag überwiesen wird. Wie die Zulage behandelt wird, ist abhängig von den zugrundeliegenden Altersvorsorgebeiträgen. Handelt es sich um geförderte Tilgungsleistungen (vgl. Tz 140, b, cc und dd), dann fungiert die Zulage als Sondertilgung und erhöht somit das in der Immobilie gebundene steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen. Wurden die Altersvorsorgebeiträge zur Bildung eines Sparvermögens (Tz. 140, b, bb und Tz. 140, c) eingesetzt, erhöht die Zulage das Altersvorsorgekapital des Förderberechtigten. Neben der Zulagegewährung wird dem Förderberechtigten ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug (§ 10a EStG) eingeräumt. Dieser Abzugstatbestand ist die Kernvorschrift der steuerlichen Förderung. Beantragt der Förderberechtigte diesen zusätzlichen Sonderausgabenabzug, prüft das Finanzamt, ob für den Begünstigten der Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG für die Altersvorsorgeaufwendungen (geleistete Eigenbeiträge und staatliche Zulagen) oder die bereits gewährte Zulage günstiger ist.
Da Sonderausgabenabzug und Zulagegewährung „zusammengehören”, sind auch die Erläuterungen zusammengefasst bei § 10a EStG zu finden; s. Tz. 138 ff. Nachfolgend wird lediglich ein Überblick über die Vorschriften zur Altersvorsorgezulage im Einzelnen gegeben.
Im Hinblick auf das Bestehen einer Zulageberechtigung für Grenzgänger ist allerdings ergänzend darauf hinzuweisen, dass der EuGH () im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission nach Art. 226 EG festgestellt hat, dass Grenzarbeitnehmern und deren Ehegatten auch dann die Altersvorsorgezulage zu gewähren ist, wenn sie nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind. Die Rüge der Europäischen Kommission und damit die Entscheidung des EuGH bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Einbeziehung einer bestimmten Gruppe von Grenzarbeitnehmern in den zulageberechtigten Personenkreis. Hierbei handelt es sich um in Österreich und Frankreich lebenden Arbeitnehmern, die in Deutschland arbeiten und in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind. Erfasst sind auch nur diejenigen Grenzarbeitnehmer, die in unmittelbarer Grenznähe leben (ca. 30-Kilometer-Zone). Für diese Grenzarbeitnehmer ist nach den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und diesen Ländern eine ausschließliche Steuerpflicht im Wohnsitzstaat (d. h. in Österreich / Frankreich) vorgesehen. Der EuGH begründet die eutroparechtliche Notwendigkeit einer Einbeziehung dieser Personengruppe damit, dass die Grenzarbeitnehmer in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind und daher auch die Möglichkeit haben müssen, die als Ausgleich für die Rentenkürzungen 2001 eingeführte Altervorsorgezulage – unabhängig von ihrem steuerlichen Status – in Anspruch zu nehmen (zum Urteil vgl. Ring IWB 20/2009, S. 1013 NWB XAAAD-30708; Hilbertz, NWB 39/2009, S. 3016 NWB ZAAAD-28322). Die Bundesregierung hat zugesagt die entsprechenden Vorschriften so schnell wie möglich anzupassen.
Tz. 325 Anbieter
Die Vorschrift definiert den Begriff des Anbieters von steuerlich begünstigten Altersvorsorgeprodukten. Hierbei handelt es sich zum einen um die Anbieter zertifizierter Altersvorsorgeverträge und zum anderen um die in § 82 Abs. 2 EStG genannten betrieblichen Versorgungseinrichtungen (Pensionskasse, Pensionsfonds, Direktversicherung).
Tz. 326 Zentrale Stelle
Die Zulagengewährung wird von der zentralen Stelle, der Deutsche Rentenversicherung Bund, durchgeführt. Die Aufgabe der Gewährung der Altersvorsorgezulage wurde allerdings nach dem Finanzverfassungsgesetz dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zugewiesen (§ 5 Nr. 18 FVG). Das BZSt bedient sich – in Anlehnung an das Verfahren im Familienleistungsausgleich – dann im Wege der Organleihe zur Durchführung dieser Aufgabe der Deutsche Rentenversicherung Bund, soweit diese zentrale Stelle i. S. des § 81 EStG ist (§ 5 Nr. 18 FVG). Die zentrale Stelle fungiert nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 AO als Finanzbehörde. Die Fachaufsicht über die zentrale Stelle liegt beim Bundeszentralamt für Steuern, während die Dienstaufsicht von der Deutsche Rentenversicherung Bund ausübt wird. Die Organisationseinheit „zentrale Stelle” hat bei der Deutsche Rentenversicherung Bund den Namen „Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen” (ZfA) erhalten.
Tz. 327 Zuständige Stelle
Bestimmte Personengruppen gehören nur dann zum begünstigten Personenkreis, wenn sie mit der Übermittlung von z. B. Besoldungsdaten an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen einverstanden sind. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Gruppe der Besoldungsempfänger; vgl. Tz. 139, a, cc. Diese Einwilligung ist gegenüber der zuständigen Stelle abzugeben, die in § 81a EStG näher definiert wird.
Tz. 328 Altersvorsorgebeiträge
Zulageberechtigte können für die von ihnen geleisteten Altersvorsorgebeiträge eine Zulage beanspruchen. § 82 EStG regelt, welche Vorsorgeprodukte steuerlich begünstigt sind. Es ist zu differenzieren zwischen Beiträgen zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags (s. Tz. 140, b) und den Beiträgen, die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung geleistet werden (s. Tz. 140, c). § 82 Abs. 4 EStG enthält eine Aufzählung, welche Zahlungen keine Altersvorsorgebeiträge sind und damit steuerlich nicht begünstigt werden.
Tz. 329 Zulage
§ 83 EStG stellt klar, dass sich die Altersvorsorgezulage aus einer Grundzulage und einer Kinderzulage zusammensetzt. § 84 EStG bestimmt die Höhe der Grundzulage (einschließlich des sog. Berufseinsteiger-Bonus); vgl Tz. 141, a, bb. Die Höhe der Kinderzulage wird durch § 85 EStG geregelt (vgl. Tz. 141, a, cc). Die Kinderzulage steht grds. demjenigen Elternteil zu, der auch das Kindergeld für das Kind erhält. Erfüllen die Eltern die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung, wird die Kinderzulage grds. der Mutter zugeordnet, wenn die Eltern nichts anderes vereinbaren.
Tz. 330 Mindesteigenbeitrag
§ 86 EStG regelt den sog. Mindesteigenbeitrag. Hierbei handelt es sich um den Beitrag, den der Zulageberechtigte selbst aufbringen muss, um die ungekürzte Zulage zu erhalten; vgl. Tz. 141, a, dd.
Tz. 331 Zusammentreffen mehrerer Verträge
Der Zulageberechtigte kann auch Beiträge zugunsten mehrerer Altersvorsorgeverträge leisten. Die Zulage kann jedoch nur auf maximal zwei Verträge verteilt werden. Zugunsten dieser beiden Verträge muss der Zulageberechtigte auch den nach § 86 EStG erforderlichen Mindesteigenbeitrag leisten.
Bei mittelbar Zulageberechtigten (vgl. Tz. 139, b) wird die Zulage nur zugunsten eines Vertrags überwiesen. Eine Verteilung der Zulage ist in diesen Fällen nicht möglich (§ 87 Abs. 2 EStG).
Tz. 332 Entstehung des Anspruchs auf Zulage
Der Zulageanspruch entsteht immer erst mit Ablauf des jeweiligen Beitragsjahrs. D. h. der Zulageberechtigte hat im Laufe des Beitragsjahrs noch keinen Anspruch auf eine Zulage, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits den erforderlichen Mindesteigenbeitrag geleistet hat.
Tz. 333 Antrag
Die Zulage ist vom Berechtigten zu beantragen (vgl. zum aktuellen Zulagenantrag u. a. Bekanntmachung des amtlichen Vordrucks durch NWB DAAAD-31033). Eine Möglichkeit ist, dass der Anbieter dem Anleger einen vorausgefüllten Zulageantrag zusendet, der Anleger diesen ergänzt und an den Anbieter zurücksendet. Der Anbieter wiederum erfasst diesen Antrag elektronisch und übermittelt ihn an die zentrale Stelle.
Alternativ kann das Dauerzulageantragsverfahren gewährt werden. Der Zulageberechtigte kann seinen Anbieter bevollmächtigen, den Zulageantrag künftig für ihn zu stellen (Dauerzulageantrag). Dazu muss er gegenüber seinem Anbieter eine entsprechende Erklärung abgeben. Einzige Voraussetzung ist, dass die Bevollmächtigung schriftlich vorgenommen wird. Auf die Verwendung eines gesonderten Vordrucks hat der Gesetzgeber insoweit verzichtet. Die Bevollmächtigung gilt grds. bis auf Widerruf. Sie kann bereits bei Vertragsabschluss oder auch im laufenden Jahr gestellt werden.
Ist die Vollmacht erteilt worden, kann der Anbieter nach Ablauf des Beitragsjahrs Jahr für Jahr die Zulage auf elektronischem Wege bei der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen beantragen. Der Zulageberechtigte braucht i. d. R. nichts weiter zu veranlassen, um die Zulage zu erhalten. Nur Änderungen seiner persönlichen Daten (z. B. Geburt eines Kinds) sollte er im eigenen Interesse dem Anbieter mitteilen, damit dieser z. B. eine weitere Kinderzulage für den Anleger beantragen kann.
Das Dauerzulageantragsverfahren wird dadurch ermöglicht, dass die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen (deren Kenntnis für die Ermittlung des Mindesteigenbeitrags erforderlich ist) unmittelbar beim zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung abfragen und somit den Mindesteigenbeitrag auch ohne entsprechende Angaben des Anlegers berechnen kann.
Tz. 334 Verfahren
§ 90 EStG regelt das Verfahren zur Ermittlung und Auszahlung der Zulage. Zuständig ist insoweit die zentrale Stelle, die die Zulage aufgrund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten berechnet und auszahlt. Erkennt die zentrale Stelle im Rahmen der nachträglichen Überprüfung der Angaben des Zulageberechtigten, dass ein Zulageanspruch nicht bzw. nicht in entsprechendem Umfang besteht, fordert sie die zuviel gezahlten Zulagen zurück. Die Rückforderung wird dem Anbieter per Datensatz mitgeteilt. Bei einem noch bestehenden Vertragsverhältnis hat der Anbieter das Konto des Zulageberechtigten zu belasten und den Rückforderungsbetrag an die zentrale Stelle zu überweisen.
Eine gesonderte – schriftliche – Festsetzung der Zulage erfolgt nur auf besonderen Antrag des Zulageberechtigten (§ 90 Abs. 4 EStG). Dieser Antrag ist innerhalb eines Jahrs nach Erteilung der Bescheinigung nach § 92 EStG (s. Tz. 336) zu stellen. Gegen den entsprechenden Zulagebescheid kann der Zulageberechtigte im Wege des Rechtsbehelfsverfahrens vorgehen.
Tz. 335 Datenabgleich
Die zentrale Stelle überprüft nach Überweisung der Zulage die vom Zulageberechtigten in seinem Antrag gemachten Angaben im Wege eines nachträglichen Datenabgleichs. Führt diese Überprüfung zu einer Änderung der Zulagenhöhe oder des Sonderausgabenabzug, teilt die zentrale Stelle dies dem Anbieter bzw. dem Finanzamt zur weiteren Veranlassung mit.
Besoldungsempfänger und vergleichbare Personengruppen gehören nur dann zu den nach § 10a Abs. 1 begünstigten Personengruppen, wenn sie gegenüber der zuständigen Stelle eingewilligt haben, dass diese der zentralen Stelle die zulagenrelevanten Daten übermittelt; vgl. Tz. 139, a, cc und dd, Tz. 139, a, ff, (1). In § 91 Abs. 2 EStG ist die Verpflichtung für die zuständigen Stellen geregelt, die betreffenden Daten auch tatsächlich an die zentrale Stelle zu übermitteln. Diese Datenübermittlung hat grds. bis zum 31. 3. des dem Beitragsjahr folgenden Kalenderjahrs zu erfolgen.
Tz. 336 Bescheinigung
Damit der Anleger über den aktuellen Stand seines Altersvorsorgevermögens informiert ist, hat ihn der Anbieter jährlich zu informieren. Diese nach amtlichem Vordruck vom Anbieter zu erstellende Bescheinigung (Bekanntmachung durch NWB HAAAD-09990) hat jedoch auch den Zweck, dem Anleger die Möglichkeit zu eröffnen, rechtlich gegen die Zulagegewährung vorzugehen. Mit der Bescheinigung wird er i. d. R. über alle Kontenbewegungen sowie ggf. über den Stand des Wohnförderkontos (s. Tz. 141, d) informiert. Er erfährt so auch die Höhe der ihm überwiesenen Zulagen. Ist er damit nicht einverstanden, kann er die schriftliche Festsetzung der Zulage nach § 90 Abs. 4 EStG beantragen. Der Antrag auf Festsetzung ist innerhalb eines Jahrs nach Erteilung der Bescheinigung zu stellen.
Tz. 337 Altersvorsorge-Eigenheimbeitrag
§ 92a EStG regelt die Rahmenbedingungen für die Nutzung des sog. Altersvorsorge-Eigenheimbetrags. Dieser soll die Einbeziehung des selbstgenutzten Wohneigentums in die steuerliche Förderung der zusätzlichen Alterversorgung ermöglichen (s. Tz. 141, c). Neben den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme enthält die Vorschrift auch die Rechtsfolgen, die sich ergeben im Falle einer nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers entsprechenden Verwendung des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags.
Die verfahrenstechnische Abwicklung im Falle der Inanspruchnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags ist in § 92b EStG geregelt worden.
Tz. 338 Schädliche Verwendung
Wird das steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen nicht im Rahmen der genannten Bedingungen ausgezahlt, handelt es sich grds. um eine schädliche Verwendung (s. Tz. 142). Der Zulageberechtigte hat dann die auf das ausgezahlte Altersvorsorgevermögen entfallenden Zulagen sowie den entsprechenden Anteil der gesondert festgestellten Steuerermäßigung zurückzuzahlen.
Die verfahrenstechnische Abwicklung im Falle einer schädlichen Verwendung regelt § 94 EStG.
Tz. 339 Ende unbeschränkten Steuerpflicht des Zulageberechtigten
Bei Beendigung der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht wird durch § 95 Abs. 1 EStG eine schädliche Verwendung des geförderten Altersvorsorgekapitals fingiert und damit die Verpflichtung zur Rückzahlung der steuerlichen Förderung ausgelöst (s. Tz. 142, d). Die Rückzahlungsverpflichtung kann jedoch bis zum Beginn der Auszahlungsphase gestundet werden.
Ins Ausland entsandte Arbeitnehmer können nach Rückkehr ins Inland die Zulage auch für Zeiträume beantragen, in denen sie nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren (das Vordruckmuster für den Zulageantrag im Falle der Entsendung ist mit Bekanntmachung v. , BStBl 2007 I S. 609, veröffentlicht worden).
Der EuGH () hat im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission nach Art. 226 EG festgestellt, dass Deutschland u.a. durch die Ausgestaltung des § 95 gegen seine Verpflichtungen aus Art. 39 EG und Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1612/68 v. über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sowie aus Art. 18 EG verstoßen hat (zum Urteil vgl. Ring, IWB 20/2009 S. 1013 NWB XAAAD-30708; Hilbertz, NWB 39/2009 S. 3016 NWB ZAAAD-28322). Die Bundesregierung hat zugesagt die entsprechenden Vorschriften so schnell wie möglich anzupassen.
Tz. 340 Anwendung der Abgabenordnung, Rechtsweg, Ermächtigung
§ 96 EStG enthält neben allgemeinen Vorschriften eine allgemeine Regelung zur Anwendung der Vorschriften der AO, soweit sich aus dem Zulageverfahren keine Besonderheiten ergeben.
Für Streitigkeiten über die Zulage ist nach § 98 EStG der Finanzrechtsweg gegeben.
§ 99 EStG regelt u. a., welche Behörde die amtlichen Vordrucke veröffentlicht oder den Inhalt der für die Durchführung des Datenaustauschs erforderlichen Datensätze bestimmt (vgl. zur Bestimmung der Datensätze z. B. , BStBl 2007 I S. 700). Außerdem enthält die Vorschrift die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung.
Tz. 341 Übertragbarkeit
Das geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich der hierauf entfallenden Erträge und Wertzuwächse, die geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge und der Anspruch auf Zulage sind nicht übertragbar. Dieses Vermögen ist daher insoweit nicht pfändbar (§ 851 Abs. 1 ZPO). Das gesetzliche Übertragungsverbot und damit auch der Pfändungsschutz erstreckt sich jedoch nur auf das steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen (Sparvermögen) und nicht auf das Kapital, das auf nicht geförderten Beiträgen einschließlich der hierauf entfallenden Erträge und Wertzuwächse beruht. Die in der Auszahlungsphase an den Anleger ausgezahlten Beträge unterliegen nicht dem Pfändungsschutz nach § 97 EStG. Allerdings besteht für monatliche Leistungen in Form lebenslanger Renten oder monatlicher Ratenzahlungen im Rahmen eines Auszahlungsplans nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AltZertG aus steuerliche gefördertem Altersvorsorgevermögen der gleiche Pfändungsschutz wie bei Arbeitseinkommen (§ 851d ZPO, vgl. Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge v. , BGBl 2007 I S. 368).
Fundstelle(n):
NWB Fach 3b Seite 4734
NWB1997 Seite 2911
MAAAD-33146
1Bearbeiternachweis: Gragert Tz. 22 (34), 158–162, 169–228, 238–239, 241–242, 267, 294–296; Myßen Tz. 128–151, 229–237, 240, 324–341; Nolte Tz. 1–24, 152–157, 163–168, 243–293, 297–323; Pitzke Tz. 25–127.