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BBK Nr. 12 vom Seite 555

Überblick zum Steuerentlastungsgesetz 2022

Maßnahmen zur Abfederung der finanziellen Folgen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg

Rüdiger Happe

Mit [i]Hörster, Steuerentlastungsgesetz 2022, NWB 22/2022 S. 1542 NWB SAAAI-62351 dem Steuerentlastungsgesetz 2022 hat die Gesetzgebung auf die enormen Preissteigerungen im Energiesektor reagiert. Herausgekommen ist ein Entlastungspaket von rund 16,3 Mrd. €. Die Neuregelungen basieren auf Änderungen im Einkommensteuergesetz und im Bundeskindergeldgesetz.

I. Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens

Das [i]Steuerentlastungsgesetz 2022, NWB ReformRadar NWB QAAAI-05565 Steuerentlastungsgesetz 2022 wurde vom Bundestag am beschlossen. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz am zu. Ursprünglich sah der Gesetzentwurf der Bundesregierung lediglich eine Anhebung des Grundfreibetrags einschließlich daraus resultierender Folgewirkungen, z. B. für den Lohnsteuerabzug, sowie das Vorziehen der Erhöhung der Entfernungspauschale vor. Kernpunkt des letztlich auf Basis der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses verabschiedeten Gesetzes wurde dann jedoch die Energiepreispauschale. Die Änderungen im Überblick:

  • Einführung einer einmaligen Energiepreispauschale,

  • Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags bei der Einkommensteuer,

  • Anhebung des Grundfreibetrags für 2022,

  • Vorziehen der Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler,

  • Kinderbonus 2022.

II. Die Änderungen im Einzelnen

1. Anhebung des Grundfreibetrags – § 32a Abs. 1 EStG

Der [i]Poxrucker/Poxrucker, Einkommensteuer-Tarife – Berechnungsprogramm, Arbeitshilfe NWB MAAAB-05505 Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wurde von 9.984 € um 363 € auf 10.347 € angehoben. Die Änderung des § 32a Abs. 1 EStG tritt rückwirkend zum in Kraft.

Angesichts erheblicher Preiserhöhungen insbesondere im Energiebereich wollte die Bundesregierung eine Entlastung der Bevölkerung erreichen. Durch die Anhebung des Grundfreibetrags werden alle Steuerpflichtigen entlastet; Bezieher niedriger EinkomS. 556men profitieren relativ stärker. Die Erhöhung dient dem teilweisen Ausgleich der kalten Progression, aber auch zur Abfederung einer geschätzten Inflationsrate für 2022 von 3 %.

Hinweis:

Als Folgeänderungen aus der Anhebung des Grundfreibetrags wurden auch die Beträge in § 39b Abs. 2 Satz 7 EStG, § 46 Abs. 2 Nr. 3 und 4 EStG und § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a EStG angepasst.

2. Vorziehen der Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler – § 9 Abs. 1 Satz 3 EStG

Durch [i]Weber, Erhöhte Entfernungspauschale in der Steuererklärung von Mitarbeitern, BBK 5/2022 S. 237 NWB KAAAI-04838 das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht wurde die Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) zur Entlastung der Fernpendler ab dem 21. Entfernungskilometer unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel befristet vom bis zum erhöht. Dadurch soll die sich durch die CO 2-Bepreisung ergebende Erhöhung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte teilweise ausgeglichen werden.

Hinweis:

Ursprünglich war eine Erhöhung von 5 Cent für 2021 bis 2023 und von 8 Cent für 2024 bis 2026 vorgesehen. Für die ersten 20 km verblieb es bei der Pauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer.

Durch [i]Langenkämper, Entfernungspauschale bzw. Pendlerpauschale, Grundlagen NWB BAAAE-61939 das StEntlG 2022 wird die zweite Stufe der Anhebung bereits auf 2022 vorgezogen, so dass diese nunmehr für den Zeitraum 2022 bis 2026 gilt.

Die Änderungen haben zum einen Auswirkungen auf Fernpendler für deren Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. Betrieb (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 8 Buchst. b EStG bzw. § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG), zum anderen aber auch für Steuerpflichtige, bei denen eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vorliegt. Diese können nun für Heimfahrten die erhöhten Beträge ab dem 21. Entfernungskilometer in Anspruch nehmen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 9 EStG bzw. § 4 Abs. 5 Nr. 6a EStG).

Arbeitnehmer können ab dem Monat nach Inkrafttreten die Anpassung eines Freibetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren wegen der höheren Entfernungspauschale beantragen. Alternativ kann die höhere Entfernungspauschale im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer geltend gemacht werden.

3. Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags – § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG

Der [i]Langenkämper, Werbungskosten-Pauschbeträge, infoCenter NWB OAAAB-05701 Arbeitnehmer-Pauschbetrag wurde zuletzt im Jahr 2011 auf 1.000 € angehoben. Mit dem StEntlG 2022 erfolgt eine Anhebung auf 1.200 € ab dem Veranlagungszeitraum 2022, also rückwirkend.

Ziel der Erhöhung ist eine Vereinfachung für viele Arbeitnehmer, die ab 2022 den Werbungskostenabzug erst ab 1.201 € beantragen müssen. Darüber hinaus wird eine zeitnahe steuerliche Entlastung erreicht, da sich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag unmittelbar auf die Höhe der Lohnsteuer auswirkt.

Die Anhebung der Entfernungspauschale wird durch die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags allerdings (teilweise) wieder aufgehoben, da sich diese steuerlich nur insoweit auswirkt, als der Betrag von 200 € überschritten wird.S. 557

4. Auswirkungen auf die Mobilitätsprämie

Die [i]Schönfeld/Plenker, Mobilitätsprämie, Lexikon Lohnbüro NWB LAAAH-42429 Erhöhung des Grundfreibetrags, der Entfernungspauschale und die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags wirken sich über § 101 EStG auch auf die Mobilitätsprämie aus. Dabei führen die Anhebungen der Entfernungspauschale und des Grundfreibetrags zu einer Erhöhung der Mobilitätsprämie, die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu einer Verringerung der Mobilitätsprämie.

5. Rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs 2022

Die [i]Korrektur des Lohnsteuerabzugs 2022rückwirkenden Anhebungen des Grundfreibetrags und des Arbeitnehmer-Pauschbetrags haben auch Auswirkungen auf den Lohnsteuerabzug. Der Arbeitgeber hat den bisherigen Lohnsteuerabzug für 2022 zu korrigieren, soweit dies wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG). Dies kann erfolgen durch

  • eine Neuberechnung zurückliegender Lohnzahlungszeiträume,

  • eine Differenzberechnung für diese Lohnzahlungszeiträume oder

  • eine Erstattung im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer für einen demnächst fälligen sonstigen Bezug.

Das [i]BMF, Schreiben v. 20.5.2022 - IV C 5 - S 2361/19/10008 :005 NWB BAAAI-59076 BMF hat am die geänderten Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2022 (Anwendung ab dem ) veröffentlicht.

Keine Verpflichtung zur Neuberechnung besteht, wenn kein Arbeitslohn mehr bezogen wird oder wenn die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt oder ausgeschrieben worden ist (§ 41c Abs. 3 EStG).

Ändert der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nicht, können die höheren Freibeträge durch den Arbeitnehmer bei der Veranlagung zur Einkommensteuer geltend gemacht werden oder eine Erstattung der Lohnsteuer beim Betriebsstätten-Finanzamt beantragt werden (§ 41c Abs. 3 EStG, R 41c.1 Abs. 5 Satz 3 LStR).

6. Energiepreispauschale – §§ 112 ff. EStG

Durch [i]Hechtner, EPP = Energiepreispauschale, NWB 18/2022 S. 1273 NWB QAAAI-60694 das StEntlG 2022 wurde in das EStG ein neuer Abschnitt „XV. Energiepreispauschale“ mit den §§ 112-122 EStG eingefügt. Hierin wird die Energiepreispauschale geregelt, die das Kernstück des StEntlG 2022 darstellt.