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Grundlagen - Stand: 06.05.2024

Abgeltungsteuer

Roland Ronig

A. Problemanalyse

I. Überblick über das Abgeltungsteuersystem

1. Einführung ab 2009

1Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gilt für Kapitalerträge – d. h. für laufende Einnahmen und Veräußerungsgewinne – ein Steuersatz von 25 %. Dieser wird als „Abgeltungsteuersatz” bezeichnet, obwohl nicht in allen Fällen ein abgeltender Steuerabzug vorgenommen wurde. Durch diesen besonderen Steuersatz werden die Einkünfte aus der ansonsten üblichen progressiven Besteuerung ausgeklammert. Die Abgeltungsteuer soll – soweit möglich – bereits beim Steuerabzug an der Quelle erhoben werden, womit eine Einkommensteuerveranlagung für diese Erträge nicht mehr erforderlich ist („eigentliche” Abgeltungsteuer). Ergänzt wird das Abgeltungsteuersystem um eine Veranlagungspflicht für Kapitalerträge ohne Steuerabzug sowie um Veranlagungswahlrechte mit der Anrechnung der einbehaltenen Abzugssteuer (§ 32d Abs. 1, Abs. 3–6 EStG). Für bestimmte Fallgestaltungen gilt anstelle des Abgeltungsteuersatzes wieder die tarifliche Einkommensteuer (§ 32d Abs. 2 EStG).

Hinweis

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hält die Vorschriften über die Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 5 EStG für mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar und hatte im Frühjahr 2022 die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Zwischenzeitlich wurde dieser Vorlagebeschluss aufgehoben, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Für andere Einkünfte (z. B. für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) besteht kein Anspruch auf Besteuerung mit dem Abgeltungsteuertarif.

2. Rechtsgrundlagen und Verwaltungsanweisungen

2Bei den Rechtsgrundlagen zur Abgeltungsteuer handelt es sich im Wesentlichen um § 20 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen), § 32d EStG (gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen) sowie der §§ 43–45e EStG(Kapitalertragsteuerabzug). Die Finanzverwaltung hat hierzu in mehreren umfangreichen BMF-Schreiben Stellung genommen.

3-4 Einstweilen frei

3. Besonderer Steuersatz für Kapitaleinkünfte
a) Ausgeklammerte Tatbestände
5Tarifliche Einkommensteuer auf Kapitalerträge

Die besonderen Regelungen zur Abgeltungsteuer gelten nur für private Kapitalanlagen. Kapitalerträge, die den Gewinneinkünften oder den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, unterliegen der tariflichen Einkommensteuer nach § 32a EStG. Der besondere Steuersatz des § 32d EStG findet keine Anwendung (§ 20 Abs. 8 i. V. mit § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG).

Hinweis

Im folgenden Beitrag werden Kapitalerträge im Privatvermögen behandelt. Auf die Besonderheiten bei Kapitalanlagen im Rahmen anderer Einkunftsarten wird nicht eingegangen.

6-9 Einstweilen frei

b) Abgeltungsteuersystem
aa) Steuerberechnung

10Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen beträgt 25 % (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG). Anrechenbare ausländische Steuern werden hiervon abgezogen. Die Anrechnung ausländischer Steuern, die unter das Abgeltungsteuersystem fallen, ergibt sich aus § 32d Abs. 5 EStG.

Präzisierung

Steuerermäßigungen nach § 35a EStG kommen bei der Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht in Betracht. Entsprechendes gilt für die Steuerermäßigung nach § 35b EStG.

11Kirchensteuer

Im Falle einer Kirchensteuerpflicht mindert sich die Einkommensteuer um ¼ der Kirchensteuer. Der Gesetzestext benennt hierzu eine besondere Berechnungsformel (§ 32d Abs. 1 EStG). Hierdurch wirkt sich die Kirchensteuer mindernd auf die Einkommensteuer aus. Da die Kirchensteuer auf Kapitalerträge nicht als Sonderausgabe abzugsfähig ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG), erfolgt die Berücksichtigung der Kirchensteuer unmittelbar bei der Festsetzung der Einkommensteuer.

Beispiel (aus Vereinfachungsgründen ohne Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags):

Z erhält eine Zinsgutschrift in Höhe von 5.000 €, worauf im Ausland nach dem geltenden Doppelbesteuerungsabkommen 500 € ausländische Steuern einbehalten wurden. Z ist kirchensteuerpflichtig (Kirchensteuersatz 8 %).

Die Einkommensteuer und die Zuschlagsteuern berechnen sich nach der Berechnungsformel (§ 32d Abs. 1 Satz 4–5 EStG) wie folgt:

e - 4q
4 + k

Dabei sind „e” die Kapitaleinkünfte, „q” die anrechenbare ausländische Steuer und „k” der für die Kirchensteuer geltende Kirchensteuersatz.

5.000 – 2.000
4,08

Einkommensteuer: 735,29 €;
SolZ: 40,44 €;
Kirchensteuer: 58,82 €

Ohne Kirchensteuerpflicht hätte sich nach Abzug der ausländischen Steuer eine Einkommensteuer von (3.000 • 25 %) 750 € ergeben. Aufgrund der Kirchensteuerpflicht hat sich die Einkommensteuer um ¼ der Kirchensteuer (58,82 • ¼ = 14,71 €) gemindert.

12-14 Einstweilen frei

bb) Steuerabzug und Einkommensteuerveranlagung

15Durch den Kapitalertragsteuerabzug ist die Einkommensteuer grds. abgegolten; eine Einkommensteuerveranlagung ist nicht erforderlich (§ 43 Abs. 5 EStG). Wurde kein Steuerabzug vorgenommen, wird die Einkommensteuer mit dem besonderen Steuersatz in der Veranlagung festgesetzt – es besteht eine Erklärungspflicht (§ 32d Abs. 3 EStG). Für Erträge, die dem Steuerabzug unterlegen haben, kann eine Einkommensteuerveranlagung mit dem besonderen Steuersatz beantragt werden (§ 32d Abs. 4 EStG). Hierdurch können Tatbestände, die beim Abzug nicht berücksichtigt wurden (bzw. werden konnten), nachträglich geltend gemacht werden. Weiterhin kann auf Antrag eine Günstigerprüfung erfolgen (§ 32d Abs. 6 EStG), d. h., es wird überprüft, ob sich bei Einbeziehung der Kapitalerträge in die tarifliche Einkommensteuer ein günstigeres Ergebnis für den Anleger ergibt. Zu weiteren Einzelheiten vgl. Rz. 155 ff.

16-19 Einstweilen frei

c) Übersicht
20Übersicht Einkommensteuertarif bei Kapitaleinkünften

21-24 Einstweilen frei

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