Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
StuB Nr. 22 vom Seite 882

Latente Steuern in der handelsrechtlichen Bilanzierungspraxis

Ansatz, Bewertung, Ausweis und Erläuterungen von Steuerlatenzen nach DRS 18 (2021)

WP/StB Tim Bonnecke

Der Beitrag zeigt unter Darstellung der relevanten Ansatz-, Bewertungs-, Ausweis- und Angabevorschriften auf, wie in der handelsrechtlichen Rechnungslegungspraxis konzeptionell bei der Bilanzierung latenter Steuern vorzugehen ist. Dabei wird zunächst unter Illustration von Beispielen die Steuerlatenzierung im Jahresabschluss (Einzelabschluss) betrachtet, bevor darauf aufbauend die Besonderheiten der Bilanzierung latenter Steuern im Konzernabschluss beleuchtet werden.

Utz/Frank, Latente Steuern (HGB), infoCenter, NWB QAAAE-60615

Kernfragen
  • Warum und in welchen Fällen sind latente Steuern im handelsrechtlichen Abschluss zu bilanzieren?

  • Welche Ansatz-, Bewertungs-, Ausweis- und Erläuterungspflichten sind im Einzelabschluss zu beachten und wie werden diese in der Bilanzierungspraxis umgesetzt?

  • Welche Besonderheiten bestehen für den handelsrechtlichen Konzernabschluss unter besonderer Beachtung der durch DRS 18 (2021) verlautbarten Neuerungen?

I. Einleitung

[i]Wagener, Latente Steuern nach HGB im Einzelabschluss, Grundlagen, NWB OAAAE-40415 Fink/Keller, DRS 18 „Latente Steuern“, StuB 13/2021 S. 537, NWB LAAAH-82129 Ernst/Fink, Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz und latente Steuern, in: Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4. Auf. 2021, Rz. 2510, NWB HAAAH-92825 Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 12. Aufl. 2021, § 274, NWB XAAAH-61898 Die Bilanzierung latenter Steuern im handelsrechtlichen Einzel- und Konzernabschluss ist sehr komplex und wirft in der Rechnungslegungspraxis nicht selten Anwendungsfragen auf. Mit dem jüngst verabschiedeten Deutschen Rechnungslegungs Änderungsstandard Nr. 11 (DRÄS 11) wurden die im Deutschen Rechnungslegungs Standard Nr. 18 (DRS 18) normierten Regelungen zur Steuerlatenzierung im Konzernabschluss überarbeitet. Vor diesem Hintergrund ist die ohnehin fortwährend aktuelle Thematik umso mehr in den Fokus der handelsbilanziellen Rechnungslegung getreten, zumal der am öffentlich bekannt gemachte DRS 18 (2021) gem. § 342 Abs. 2 HGB den Status eines Grundsatzes ordnungsmäßiger Konzernbilanzierung genießt und darüber hinaus eine Ausstrahlungswirkung für den Einzelabschluss entfaltet.

II. Grundkonzeption der handelsrechtlichen Steuerlatenzierung

1. Hintergrund der Bilanzierung latenter Steuern

Die im Handelsgesetzbuch kodifizierten Vorschriften zur Bilanzierung latenter Steuern basieren auf der Generalnorm des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB bzw. § 297 Abs. 2 Satz 2 HGB, wonach der Jahres- bzw. Konzernabschluss einer Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat. Zur Erfüllung dieser „true and fair view“ bedarf es nicht zuletzt des Ausweises des „zutreffenden“ Periodenerfolgs, der wiederum nur gelingt, wenn der „richtige“ Steueraufwand angesetzt wird, mithin jener Steueraufwand, der mit dem handelsrechtlichen Ergebnis korrespondiert. Hierzu ist in der HGB-Rechnungslegung der nach steuerlichen Vorschriften ermittelte Steueraufwand durch den Ausweis latenter Steuern zu korrigieren. S. 883

Die (frei aus dem Lateinischen übersetzt) „verborgenen“ Steuern stellen künftige Steuerbelastungen (Schuldcharakter) oder Steuerentlastungen (Forderungscharakter) dar, die zwar rechtlich noch nicht entstanden, jedoch durch Geschäftsvorfälle der Vergangenheit bereits wirtschaftlich begründet worden sind. Die Bilanzierung entsprechender aktiver und passiver Steuerlatenzen beruht demzufolge wesentlich auf dem Grundsatz der Periodenabgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB), wonach Aufwendungen und Erträge in dem Geschäftsjahr zu erfassen sind, in dem sie angefallen sind.

Beiden Formen – aktiven und passiven Steuerlatenzen – ist gemein, dass sie in der Rechnungslegungspraxis mangels ihrer selbständigen Verkehrsfähigkeit einen „Sonderposten eigener Art“ darstellen, was durch den Bilanzausweis unter einem jeweils eigenen „Buchstaben“-Posten auf oberster Bilanz-Gliederungsebene hervorgehoben wird (vgl. § 266 Abs. 2 D. und Abs. 3 E. HGB).