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Grundlagen - Stand: 29.01.2024

Reisekosten

Dr. Andy Schmidt

A. Problemanalyse

I. Einführung

Das lohnsteuerliche Reisekostenrecht regelt die Fragen, welche Fahrt-, Verpflegungs-, Unterbringungs- und Reisenebenkosten der Arbeitnehmer bei Tätigkeiten außerhalb seines Unternehmens als Werbungskosten absetzen bzw. welche Beträge der Arbeitgeber für auswärtige Einsätze bei der Lohnabrechnung steuerfrei ersetzen kann.

1 Grundlegendes

Durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom wurde das Reisekostenrecht neu geregelt.

Das (erste) BMF-Schreiben „Zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab “ vom enthält die Grundsätze, die bei der Anwendung der am in Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zur steuerlichen Beurteilung von Reisekosten für Arbeitnehmer gelten. Es existiert ein weiteres BMF-Schreiben, das ergänzende Verwaltungsregeln enthält: „Ergänztes BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab “ , das am veröffentlicht wurde..

Es wurde ein aktualisiertes BMF-Schreiben erlassen. Dabei werden insbesondere die BFH-Rechtsprechung zum lohnsteuerlichen Reisekostenrecht sowie die ab geltenden gesetzlichen Beträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Sachbezugswerte berücksichtigt.

Hinweis

Wie alle anderen BMF-Schreiben soll auch dieses zur Planungssicherheit und Rechtsklarheit beitragen, da Steuerpflichtige sich darauf berufen können, dass ein Sachverhalt von der Finanzverwaltung in der im BMF-Schreiben dargestellten Art und Weise entschieden wird. Wie bei Steuer-Richtlinien ist durch ein BMF-Schreiben nur die Finanzverwaltung in der Rechtsanwendung gebunden. Der Bürger kann sich auf die Anwendung berufen, aber ebenso eine andere Rechtsauffassung vertreten. Insbesondere sind die Gerichte nicht daran gebunden.

2 Andere Einkunftsarten

Das aktualisierte BMF-Schreiben konkretisiert das Reisekostenrecht für die nichtselbständige Tätigkeit und hebt ältere BMF-Schreiben für diese Einkunftsart auf. Für die weiteren Überschusseinkünfte existieren keine gesonderten Anweisungen. Es gelten die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR).

Hinweis

Im Bereich der Gewinneinkünfte liegt für die „Ertragsteuerliche Beurteilung von Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und von Reisekosten unter Berücksichtigung der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts zum ; Anwendung bei der Gewinnermittlung“ ebenfalls ein BMF-Schreiben vor.

II. Gesetzesänderungen

Im Jahr 2019 hat der Gesetzgeber einige Änderungen im Einkommensteuergesetz vorgenommen, die auch erhebliche (positive) Auswirkungen auf das Reisekostenrecht ab dem VZ 2020 für Steuerpflichtige haben.

1. Verpflegungsmehraufwand

3 Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 4a Satz 3 EStG lauten wie folgt:

  • die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 EStG für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist = 28 €,

  • die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 2 EStG für den An- oder Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet = 14 € und

  • die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 3 EStG für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist = 14 €.

2. Entfernungspauschale
4Befristete Anhebung der Entfernungspauschale ab VZ 2021 und ab dem 21. Kilometer

Zur Entlastung der Steuerpflichtigen, die einen besonders langen Arbeitsweg haben und infolge dessen von der Erhöhung der Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durch die CO 2-Bepreisung im Besonderen betroffen sind, wird die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer für einen befristeten Zeitraum wie folgt angehoben(§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 8 EStG):

  • für die Veranlagungszeitraum 2021 von 30 Cent auf 35 Cent,

  • für die Veranlagungszeiträume 2022 bis 2026 von 35 Cent auf 38 Cent,

um so pauschalierend die entstehenden Mehraufwendungen teilweise auszugleichen. Die erhöhte Fernpendlerpauschale wird unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel gewährt. Die Entfernungspauschale bleibt jedoch insgesamt weiterhin auf 4.500 € im Jahr begrenzt, soweit der Arbeitnehmer keinen (eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen) Kraftwagen benutzt. Für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer erhalten die Pendler wie bisher eine Pauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer.

3. Befristete Anhebung der Entfernungspauschale für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung

5 Für Familienheimfahrten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung wird die Entfernungspauschale für einen Übergangszeitraum ab bis zum für eine Familienheimfahrt wöchentlich ab dem 21. Entfernungskilometer wie folgt angehoben:

  • für die Veranlagungszeitraum 2021 von 30 Cent auf 35 Cent und

  • für die Veranlagungszeiträume 2022 bis 2026 von 35 Cent auf 38 Cent.

Für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer Entfernung erhalten die Steuerpflichtigen wie bisher eine Pauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer.

Hinweis

Als Folgeänderung zur Änderung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 EStG wird auch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG dahingehend angepasst, dass die befristete Anhebung der Entfernungspauschalen ab dem 21. Kilometer entsprechend beim Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen des Unternehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten anzuwenden ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 4 EStG). Die Änderungen in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 EStG sowie § 4 Abs. 5 EStG treten zum in Kraft.

4. Einführung eines neuen Pauschbetrags für Berufskraftfahrer
6Neuer Pauschbetrag ab 2021

Mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b EStG ist ein neuer Pauschbetrag für Berufskraftfahrer in Höhe von 8 € pro Kalendertag eingeführt worden. Berufskraftfahrer nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b EStG sind Arbeitnehmer, die ihre berufliche Tätigkeit vorwiegend auf Kraftfahrzeugen ausüben. Die neue gesetzliche Pauschale kann für die üblicherweise während einer mehrtägigen beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Übernachtung im Kraftfahrzeug des Arbeitgebers entstehenden Mehraufwendungen angesetzt werden.

Der Pauschbetrag in Höhe von 8 € pro Kalendertag kann zusätzlich für die Tage beansprucht werden, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach § 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG sowie § 9 Abs. 4a Satz 5 zur Nr. 1 und 2 EStG beanspruchen könnte. Das sind

  • der An- oder Abreisetag sowie

  • jeder Kalendertag mit einer Abwesenheit von 24 Stunden.

im Rahmen einer Auswärtstätigkeit im In- oder Ausland. Der Ansatz dieser Pauschale erfolgt anstelle der tatsächlich entstehenden Mehraufwendungen. Es können jedoch weiterhin auch höhere Aufwendungen als die 8 € nachgewiesen und geltend gemacht werden. Die Entscheidung, die tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen oder den gesetzlichen Pauschbetrag geltend zu machen, kann nur einheitlich im Kalenderjahr erfolgen.

Hinweis

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b EStG ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2020 anzuwenden (§ 52 Abs. 1 EStG i. d. F. v. ).

7-10 Einstweilen frei

B. Problemlösungen

Die nachfolgenden Problemlösungen konzentrieren sich auf das lohnsteuerliche Reisekostenrecht. Darüber hinaus werden die Reisekosten im Bereich der anderen Einkunftsarten unter besonderer Berücksichtigung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und abschließend die Fahrtkosten bei außergewöhnlichen Belastungen kurz angesprochen.

I. Entscheidungen der FG und dazugehörige Revisionsentscheidungen des BFH zur ab 2014 geltenden Rechtslage

Nachdem die Finanzgerichte Entscheidungen trafen, die sich mit dem „neuen“ Reisekostenrecht auseinandersetzten, liegen Urteile des BFH vor, die dieser als Revisionsinstanz getroffen hat.

11Befristetes Arbeitsverhältnis – Hamburger Hafen

Der Steuerpflichtige ist als sog. Gesamthafenarbeiter beim Gesamthafenbetrieb Hamburg angestellt und wurde bei Bedarf an verschiedene Hafeneinzelbetriebe vermittelt. Bei einem Einsatz wurde für den jeweiligen Arbeitstag ein (weiterer) Arbeitsvertrag mit dem Hafeneinzelbetrieb abgeschlossen auch in den Fällen, in denen der Einsatz in dem Hafeneinzelbetrieb für mehrere aufeinander folgende Tage geplant war. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Arbeitnehmer im Fall der Nichtbeschäftigung sozial abgesichert ist, d. h. der Gesamthafenbetrieb gilt bei Nichteinsatz als Arbeitgeber und stellt so eine Art Auffangstelle dar, damit der Arbeitnehmer nicht arbeitslos ist. Bei einem Arbeitseinsatz tritt der Hafeneinzelbetrieb als Arbeitgeber auf, so dass der Gesamthafenbetrieb dann nur noch subsidär auftritt und die Arbeitgeberfunktionen übernimmt, die der Hafeneinzelbetrieb nicht ausübt. Der Kläger war im Streitjahr 2014 nach arbeitstäglicher Zuteilung durch den Gesamthafenbetrieb bei insgesamt fünf verschiedenen Hafeneinzelbetrieben tätig. Er ist zu diesen Betrieben, die im Gebiet des Hamburger Hafens ansässig sind und dort über ein eigenes Betriebsgelände verfügen, jeweils von seiner Wohnung aus mit dem Pkw gefahren.

Das FG Hamburg entschied, dass keine erste Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG vorliegt. Nach Ansicht des Gerichts lag aber beim Hamburger Hafen ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG vor. Somit waren die Aufwendungen für die Fahrten des Arbeiters von dessen Wohnung bis zum nächstgelegenen Zugang zum Hamburger Hafen lediglich mit der Entfernungspauschale abzugelten. Innerhalb des Hafens (= weiträumiges Tätigkeitsgebiet) gelten Reisekostengrundsätze (= 0,30 € pro gefahrenen Kilometer).

Hinweis

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtfrage, und weil der Kläger mit der Zuordnung als weiträumiges Tätigkeitsgebiet nicht einverstanden war, musste der BFH entscheiden. Aufgrund fehlender Sachverhaltsaufklärung verwies er die Sache jedoch an das FG mit folgender Maßgabe zurück: Der erkennende Senat kann nicht beurteilen, ob die dauerhaften Zuordnungen jeweils auch zu ortsfesten betrieblichen Einrichtungen i. S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG erfolgt sind. Das FG hat lediglich festgestellt, dass die Hafeneinzelbetriebe, bei denen der Kläger im Streitjahr tätig war, im Gebiet des Hamburger Hafens ansässig waren und dort über eigene Betriebsgelände verfügten. Es hat jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob diese auf ihrem jeweiligen Gelände über eine ortsfeste betriebliche Einrichtung verfügten, an der der Kläger tätig werden sollte. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Sollte es im Einzelfall an einer ersten Tätigkeitsstätte fehlen, wären die Fahrten des Klägers insoweit mit den tatsächlichen Aufwendungen oder alternativ mit 0,30 € je gefahrenen Kilometer anzusetzen. Da es im Streitfall auf die Beschäftigung durch die Hafeneinzelbetriebe ankommt, ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG nicht einschlägig.

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