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BBK Nr. 4 vom Seite 156

Erste Tätigkeitsstätte: Neue Prognose aufgrund AÜG-Änderung erforderlich?

§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG bei Leiharbeitnehmern

Wolfgang Eggert

Die dauerhafte Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale und nicht in voller Höhe abzugsfähig sind. Dauerhaft ist nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG die Zuordnung, wenn ein Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Zu klären ist, ob aufgrund der erfolgten Neuregelung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum eine neue Betrachtung bei Leiharbeitnehmern in dieser Frage vorgenommen werden muss.

I. Gesetzlicher Rahmen

§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG bestimmt, dass Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 4 EStG mit der Entfernungspauschale abgegolten sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG). Dagegen sind die übrigen beruflich veranlassten Fahrten unbeschränkt als Werbungskosten zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 EStG).

[i]Erste Tätigkeitsstätte auch am vom Arbeitgeber bestimmten Ort eines DrittenDie erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Zuordnung i. S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt (§ 9 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Bei den hier zu betrachtenden Leiharbeitsverhältnissen erfolgt die Zuordnung in der Weise, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anweist, im Betrieb des Entleihers seiner Tätigkeit nachzugehen.S. 157

Die [i]Zuordnung am Ort des Entleihers durch den Arbeitgeber Zuordnung zum Ort des Entleihers, welche aus arbeitsrechtlichen Gründen erfolgt, ist nach der Rechtsprechung des BFH auch steuerlich i. S. des § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG relevant.

Damit ist zwar geklärt, ob und dass eine Zuordnung vorliegt. Nicht geklärt ist aber, ob diese Zuordnung auch dauerhaft ist. Die Entfernungspauschale kommt nämlich nur dann zur Anwendung, wenn auch eine dauerhafte Zuordnung vorliegt. Das ist insbesondere gegeben, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG).

[i]Prognose – keine RückwärtsbetrachtungBei Leiharbeitsverhältnissen muss typischerweise insbesondere geklärt werden, ob die Tätigkeit über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus stattfinden soll. Maßgeblich ist die Sicht, welcher Geschehensablauf geplant ist, sprich die sog. Ex-ante-Betrachtung. Die rückschauende Betrachtung ist damit nicht geeignet, das Gesetz rechtmäßig auszulegen.

II. Prognose und deren Änderung

Die aufgrund der Ex-ante-Betrachtung notwendige Prognose ist zu Beginn des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich für die Dauer des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zu erstellen. Sie gilt aber nicht zwingend für „alle Zeit“. Zu untersuchen ist, unter welchen Voraussetzungen die Prognose zu ändern ist.

1. (Fehlende) gesetzliche Regelung

Weder das Gesetz noch die Begründung zum Gesetzesentwurf enthalten Ausführungen zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Prognoseentscheidung neu vorzunehmen ist.

2. Auffassung des BFH

Der BFH hat zur Änderung der Prognoseentscheidung, soweit dem Autor die Entscheidungen bekannt sind, bisher noch nicht explizit Stellung genommen.

3. Festlegung der Finanzverwaltung