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Rückstellungen für Altersfreizeit
Ein neu entdecktes „Altphänomen“
Die zutreffende steuerbilanzielle Erfassung und Bewertung von Rückstellungen für Verpflichtungen aus ungewissen Verbindlichkeiten führt nach wie vor zu vielfältigen Streitfragen mit der Finanzverwaltung, insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen. Meist geht es um Fragen der rechtlichen Entstehung oder wirtschaftlichen Verursachung von Aufwendungen entsprechend dem Realisationsprinzip vor dem Bilanzstichtag; auch die subtilen steuerbilanziellen Bewertungsfragen stehen nicht selten auf dem Prüfstand der Betriebsprüfung. Je weiter Aufwandsentstehung und Ausgabewirksamkeit zeitlich voneinander entfernt liegen, umso intensiver wird zwischen Unternehmen und Betriebsprüfung diskutiert. Die Rückstellungsphänomene dabei sind sehr vielgestaltig. Man wundert sich mitunter, welche „weißen Flecken“ im wirtschaftsrealen Rückstellungspanoptikum noch bestehen mit Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen. In aktuellen Fällen der Betriebsprüfung wird in jüngerer Zeit das Thema aufgegriffen, ob und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen für Zusagen auf zusätzliche Gewährung von Altersfreizeit steuerbilanzielle Rückstellungen bilden können. Literatur und Rechtsprechung dazu existiert nur spärlich. Der Beitrag greift die auftretenden Passivierungsfragen exemplarisch auf.
Kolbe, Rückstellungen: Altersfreizeit und Mehrurlaub, Lexikon, NWB YAAAC-42470
In Fällen der Betriebsprüfung wird vermehrt das Thema aufgegriffen, ob und unter welchen Voraussetzungen Unternehmen für Zusagen auf zusätzliche Gewährung von Altersfreizeit steuerbilanzielle Rückstellungen bilden können.
Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Altersfreizeitrückstellung liegt in aktueller Form ersichtlich nicht vor. Allerdings wird eine Rückstellungsbildung in einer älteren rechtskräftigen Entscheidung des abgelehnt. Diese Rechtsprechung ist allerdings aus heutiger Sicht überholt.
Da steuerbilanzielle Rückstellungen dem Grunde sowie der Höhe nach einer intensiven Untersuchung durch die Betriebsprüfung unterliegen, sollte aus Sicht der Praxis ein besonderes Augenmerk auf deren sachgerechte Analyse und Dokumentation in Gänze gelegt werden.
I. Steuerbilanzielle Rückstellungen – ein „Evergreen“ der Betriebsprüfung
[i]Bongaerts/Zimmermann, in: Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4. Aufl. 2021, Rz. 5520, NWB BAAAH-92840 Steuerbilanzierung in Konzern- und Mittelstandsunternehmen ist praxisnah und „hohe Kunst“ zugleich. Sämtliche Aktiva und Passiva der Steuerbilanz sind betroffen. Die im Maßgeblichkeitsgrundsatz gem. § 5 Abs. 1 EStG für Steuerbilanzierungszwecke herangezogenen „handelsrechtlichen“ GoB weisen den Weg in das Handelsbilanzrecht. Demgemäß kennt jeder Praktiker Einsatz und Nutzung der verschiedenen steuerlichen Abschreibungsmethoden, die wahlweise Teilwertabschreibung, die Feinheiten der Vorratserfassung und -bewertung sowie den subtilen Umgang mit Rückstellungen und § 6b-Rücklagen im Rahmen der Steuerbilanzerstellung. Des Weiteren ist Bilanzsteuerrecht stets „Spiegel aktueller Wirtschaftsrealitäten“. Die seit Ende 2019 weltweit zu beobachtende Corona-Pandemie mit ihren vielfältigen Herausforderungen und etwa auch die Hochwasserkatastrophe in Teilen der Bundesrepublik Deutschland im Sommer 2021 hat erhebliche bilanzsteuerliche S. 12Implikationen bei den betroffenen bilanzierenden Unternehmen. Zeitweilig beherrschen solche Aktualitätsthemen die Tagesdiskussion.