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StuB Nr. 3 vom Seite 105

Rückstellungsreport 2022

Darstellung ausgewählter Rückstellungssachverhalte

WP/StB Prof. Dr. Peter Oser und WP/StB Dr. Holger Wirtz

Anknüpfend an die Beiträge aus den Vorjahren vermittelt der Rückstellungsreport 2022 einen kompakten Überblick zu den Entwicklungen bei Rückstellungen in Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur. Im Zentrum des Rückstellungsreports 2022 stehen Rückstellungen aus dem Personalbereich. So führt die massive Inflation im Jahr 2022 zu spürbaren, ergebniswirksamen Erhöhungen der Pensionsrückstellungen (Lohn-/Gehalts- und Rententrend). Ferner ist erstmals IDW RH FAB 1.021 zu rückgedeckten Altersversorgungsverpflichtungen anzuwenden. Schließlich hat die Rechtsprechung der Finanzgerichte offene Fragen der Bildung von Rückstellungen dem Grunde nach entschieden (Altersfreizeit, freiwillige Zusage von Mitarbeiterboni).

Hänsch, Grundlagen zur Bilanzierung von Rückstellungen, infoCenter, NWB EAAAD-82019

Kernfragen
  • Welche Rückstellungsbereiche prägten das Jahr 2022?

  • Welche Entscheidungen der Finanzgerichte verdienen besondere Aufmerksamkeit?

  • Welche Verlautbarungen hat das IDW zu Rückstellungen veröffentlicht?

I. Abzinsung von Rückstellungen und Verbindlichkeiten

1. Abzinsung von Pensionsrückstellungen

[i]Bongaerts/Zimmermann, Rückstellungen, in: Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4. Aufl. 2021, Rz. 5520, NWB BAAAH-92840 Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl. 2022, § 249, NWB RAAAJ-19372 Der zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen in der Handelsbilanz relevante Zehnjahres-Durchschnittszins ist im Jahr 2022 von 1,87 % (Stand 12/2021) auf 1,78 % (Stand 12/2022) gesunken; der für die Ausschüttungsbemessung relevante Siebenjahres-Durchschnittszins ist von 1,35 % (Stand 12/2021) auf 1,44 % (Stand 12/2022) gestiegen.

Die im Jahr 2016 vom Gesetzgeber zur Entlastung der Wirtschaft eingeführte Abzinsung von Altersversorgungsverpflichtungen mit einem Zehnjahres-Durchschnittszins wird sich voraussichtlich ab dem Jahr 2024 in eine neuerliche Belastung umkehren (da der Siebenjahres-Durchschnittszins den Zehnjahres-Durchschnittszins übersteigen wird). Vor diesem Hintergrund regt das IDW mit Schreiben vom gegenüber dem Bundesjustizminister eine kurzfristige Rückänderung von § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB i. d. F. des BilMoG, d. h. eine einheitliche Verwendung eines Siebenjahres-Durchschnittszines für alle Rückstellungen, an. Ob das BMJ der Anregung des IDW entsprechen wird, ist offen.

2. Abzinsung von Verbindlichkeiten

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG a. F. waren Verbindlichkeiten mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen; ausgenommen waren nur Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.

Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz vom wurde die Pflicht zur Abzinsung von Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz ersatzlos aufgehoben. Dies gilt auch für Alt-Verbindlichkeiten; es resultiert ein einmaliger Aufwand. Die Neuregelung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem enden; auf Antrag kann die Neuregelung bereits für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden (vgl. § 52 Abs. 12 Sätze 2 und 3 EStG). S. 106

Hinweis

Redaktionell wurden die Voraussetzungen der Abzinsung nun in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG aufgenommen, da bislang auf die Regelungen zur Abzinsung von Verbindlichkeiten in Nr. 3 verwiesen wurde.

II. Altersfreizeit

Unter Altersfreizeit – nicht zu verwechseln mit Altersteilzeit (!) – versteht man die entgeltliche Gewährung zusätzlicher Freistellung von Arbeitnehmern von der Arbeit. Wann die Freistellung erfolgt (z. B. zusätzlich zum regulären Jahresurlaub oder – kumuliert – erst nach Abschluss der aktiven Dienstzeit und vor Eintritt in die Rente), ist in einzelnen Branchen und Betrieben unterschiedlich ausgestaltet.