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StuB Nr. 18 vom Seite 708

Vorschläge der Europäischen Kommission für eine faire und einfache Besteuerung

Zum neu geschnürten Steuerpaket vom 15.7.2020 im Überblick

StB Prof. Dr. Tina Hubert

Mit dem Steuerpaket vom will die Europäische Kommission sicherstellen, dass die Steuerpolitik der EU die wirtschaftliche Erholung und das langfristige Wachstum in Europa unterstützt. Zur Zielerreichung ist eine einfache und faire Besteuerung vonnöten. Das Steuerpaket besteht aus drei getrennten, aber miteinander zusammenhängenden Initiativen: Der Steuer-Aktionsplan mit 25 verschiedenen Maßnahmen, der neue Vorschlag über die Verwaltungszusammenarbeit (DAC7) und die Mitteilung über verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus. Im Folgenden wird zunächst aufgezeigt, welche gegenwärtigen Hauptprobleme mit dem Steuerpaket angegangen werden sollen (Kap. I). Im Anschluss wird der Inhalt des Steuerpakets bzw. werden die drei Initiativen in den Grundzügen vorgestellt (Kap. II). Abschließend wird auf die Maßnahmen der ersten Initiative (näher) eingegangen (Kap. III).

Kernfragen
  • Was ist das Ziel des Steuerpakets der Europäischen Kommission vom ?

  • Wie erfolgt die Ausgestaltung des Steuerpakets?

  • Was gilt zum zeitlichen Rahmen der geplanten Maßnahmen der ersten Initiative?

I. Hauptprobleme in der gegenwärtigen Besteuerungssituation

1. Komplexität und Verwaltungsaufwand

Unternehmen haben mit administrativer Komplexität und hohen Kosten für die Einhaltung der Steuervorschriften zu kämpfen. Letztere Kosten können für KMU bis zu 30 % der gezahlten Steuern betragen. Der Umgang mit 27 verschiedenen Steuersystemen schafft darüber hinaus Unsicherheit für ehrliche Steuerzahler, die überfordert werden und unbeabsichtigt gegen die Regeln verstoßen können. Ein einfacheres und moderneres Steuerumfeld wird dazu beitragen, dass gesetzestreue Unternehmen die Vorteile des Binnenmarkts nutzen und das Wirtschaftswachstum in der EU aufrechterhalten können.

2. Steuermissbrauch und schädlicher Steuerwettbewerb

Auf EU-Ebene ist in den letzten Jahren viel getan worden, um das verantwortungsvolle Regierungshandeln im Steuerbereich zu verbessern und gegen Steuermissbrauch hart vorzugehen. Globalisierung, Digitalisierung und sich verändernde Geschäftsmodelle bedeuten jedoch, dass sich die Art der aggressiven Steuerplanung, des Steuerbetrugs und der Steuerhinterziehung schnell weiterentwickelt und die politische Reaktion darauf Schritt halten muss. Die EU muss ihren Rahmen zur Bekämpfung von Steuermissbrauch weiter verbessern und die Steuerbehörden mit den Instrumenten und Informationen ausstatten, die sie zur Einziehung ihrer rechtmäßigen Einnahmen benötigen. Die Parameter des fairen Steuerwettbewerbs müssen möglicherweise aktualisiert werden, um den modernen Realitäten gerecht zu werden und um zu verhindern, dass einige Länder die Steuerbemessungsgrundlagen anderer aushöhlen.

3. Lückenhafte Vorschriften zur steuerlichen Transparenz

Die digitale Plattformwirtschaft ist rasch gewachsen und wird in Zukunft voraussichtlich noch stärker expandieren. Einkünfte, die über digitale Plattformen erzielt werden, werden jedoch nicht immer ausgewiesen und daher nicht so besteuert, wie es sein sollte. Der spezifische, grenzüberschreitende Charakter des Plattform-Geschäftsmodells macht es für die Steuerbehörden schwierig, die über Plattformen erzielten Einkünfte zu ermitteln und angemessen zu besteuern. Es ist eine größere Steuertransparenz erforderlich, wenn es um die durch Verkäufe auf Online-Plattformen erzielten Einkünfte geht. S. 709

4. Ungenutztes technologisches Potenzial

Den Steuerbehörden stehen riesige Datenmengen zur Verfügung, aber die Kapazität der Steuerverwaltungen, diese Daten zu nutzen, bleibt begrenzt. Ein besserer Einsatz von Technologie und Datenanalyse könnte den Kampf gegen Steuerhinterziehung und -umgehung erheblich verbessern und gleichzeitig Synergien mit anderen Politikbereichen, wie z. B. dem Zoll, ermöglichen. Die Digitalisierung kann, wenn sie richtig genutzt wird, auch dazu beitragen, den Verwaltungsaufwand für die Steuerzahler zu verringern und sicherzustellen, dass die Besteuerung das Geschäftsumfeld im digitalen Zeitalter besser widerspiegelt.

II. Wesentlicher Inhalt des neuen Steuerpakets

1. Aktionsplan für eine gerechte und einfache Besteuerung zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung

Der neue Steueraktionsplan enthält ein „Set“ von 25 Aktionen (Maßnahmen), die die Europäische Kommission bis 2024 umsetzen wird, um die Besteuerung gerechter, einfacher und besser an moderne Technologien angepasst zu gestalten. Zu den einzelnen Maßnahmen vgl. genauer Kap. III.

2. Revision der Richtlinie zur Verwaltungszusammenarbeit (DAC7)

Die Kommission schlägt vor, die Richtlinie zur Verwaltungszusammenarbeit zu ändern, um die EU-Steuertransparenzregeln auf digitale Plattformen auszuweiten. Die Mitgliedstaaten werden automatisch Informationen über Einkünfte austauschen, die von Verkäufern auf digitalen Plattformen erzielt werden. Dies wird es den nationalen Behörden nicht nur ermöglichen, Situationen zu ermitteln, in denen Steuern zu zahlen sind, sondern auch den Verwaltungsaufwand für die Plattformen verringern, die sich mit mehreren, unterschiedlichen nationalen Meldepflichten auseinandersetzen müssen. Darüber hinaus wird DAC7 die Verwaltungszusammenarbeit durch die Klärung und Verbesserung bestehender Regeln, wie z. B. die ausdrückliche Einbeziehung gemeinsamer Steuerprüfungen und Gruppenanträge, stärken. Dadurch werden die Mitgliedstaaten besser gegen Steuerhinterziehung gewappnet sein, ohne die Plattformbetreiber übermäßig zu belasten.

3. Mitteilung über verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich in der EU und darüber hinaus

In der Mitteilung über verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich wird dargelegt, wie die EU die Grundsätze der Transparenz und der gerechten Besteuerung innerhalb der EU und international weiter stärken kann. Dazu gehören eine Reform des Verhaltenskodex – der die Parameter für einen fairen Steuerwettbewerb in der EU festlegt – und Verbesserungen an der EU-Liste der nicht kooperativen Jurisdiktionen, die sich mit Nicht-EU-Ländern befasst, die sich weigern, international vereinbarte Standards zu befolgen. Insbesondere muss der Verhaltenskodex in eine neue Phase eintreten, in der nicht nur spezifische Präferenzmaßnahmen geprüft werden, sondern auch allgemeine Merkmale der Körperschaftsteuerregelungen der Mitgliedstaaten, die ähnliche, schädliche Auswirkungen haben können. Schließlich skizziert die Mitteilung auch den Ansatz der EU zur Unterstützung der Entwicklungsländer im Steuerbereich im Einklang mit der Agenda für nachhaltige Entwicklung bis 2030.