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BBK Nr. 6 vom Seite 263

Ansatz und Bearbeitung des Geschäfts- oder Firmenwerts

KMU-Jahresabschluss – Best Practice Teil 3

Wolfgang Eggert

In [i]Eggert, Bearbeitung und Plausibilisierung immaterieller Vermögensgegenstände, KMU-Jahresabschluss – Best Practice Teil 2, BBK 5/2019 S. 218 NWB JAAAH-07617 BBK 5/2019 wurden im zweiten Teil der Beitragsreihe zur „Best Practice“ bei der Jahresabschlussbearbeitung zunächst die immateriellen Vermögensgegenstände besprochen, wie sie in § 266 Abs. 2 A. I. Nr. 1 und 2 HGB beschrieben werden. Im Folgenden liegt der Fokus nunmehr auf der rechtlichen Einordnung eines Geschäfts- oder Firmenwerts sowie auf der Erläuterung der sinnvollen Jahresabschlussarbeiten. Eine Übersichtsseite zu allen Teilen der Reihe finden Sie in der NWB Datenbank unter NWB DAAAH-06968.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Gesetzliche Regelung zum Ausweis

[i]Utz/Frank, Immaterielle Vermögensgegenstände (HGB, EStG), infoCenter NWB RAAAB-05671 Nach § 266 Abs. 2 A. I. HGB sind die immateriellen Vermögensgegenstände wie folgt auszuweisen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte;
2.
entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;
3.
Geschäfts- oder Firmenwert;
4.
geleistete Anzahlungen.

Aus der gesetzlichen Formulierung wird ersichtlich, dass der Geschäfts- oder Firmenwert eine gesonderte Position im Bilanzgliederungsschema hat.

Ein [i]Aktivierung ausschließlich derivativer Geschäfts- oder Firmenwerte Ausweis (Ansatz) ist nur dann geboten und zulässig, wenn es sich um einen entgeltlichen Erwerb des (derivativen) Geschäfts- oder Firmenwerts handelt. Der selbst geschaffene (originäre) Geschäfts- oder Firmenwert darf nicht aktiviert werden, was mit der Regelung in § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB zu begründen ist: Diese definiert nämlich zum einen den Geschäfts- oder Firmenwert für Zwecke der Bilanzierung (siehe Abschnitt II.1) und formuliert zugleich, dass die Gegenleistung, also der Kaufpreis für ein Unternehmen,S. 264 in die Bemessung des Geschäfts- oder Firmenwerts eingeht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, ohne einen Kaufpreis oder – anders ausgedrückt – ohne einen entgeltlichen Vorgang darf keine Aktivierung erfolgen.

II. Begriff, Abgrenzung und Bewertung

1. Handelsbilanz

[i]Willeke, Geschäfts- oder Firmenwert, Goodwill, infoCenter NWB CAAAB-80073 Der Geschäfts- oder Firmenwert ist in § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB wie folgt definiert:

„Der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt (entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert), gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand.“

Beispiel

Die AB-oHG erwirbt das Einzelunternehmen von C. Gegenstand des Erwerbs sind Aktiva mit einem Zeitwert von 50.400 €. Außerdem werden betriebliche Schulden i. H. von 12.800 € übernommen. Der Kaufpreis beträgt 55.000 €.

Lösung

Der Geschäfts- oder Firmenwert ist wie folgt zu ermitteln:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kaufpreis
 
55.000 €
Wert der Vermögensgegenstände
50.400 €
 
abzüglich übernommene Schulden
-12.800 €
 
37.600 €
-37.600 €
= Zugangsbewertung Geschäfts- oder Firmenwert
 
17.400 €

Beim Geschäfts- oder [i]Einordnung als Vermögensgegenstand Firmenwert handelt es sich um einen Vermögensgegenstand, weil das Gesetz ihn als solchen ausdrücklich definiert – er „gilt“ als Vermögensgegenstand, ist diesen also gleichgestellt. Ein Geschäfts- oder Firmenwert kann nur beim Erwerb eines Unternehmens (bzw. Teilen davon) in Form von einzelnen Vermögensgegenständen – „assets“ – (und ggf. der Übernahme der Schulden) entstehen, im handelsrechtlichen Einzelabschluss aber niemals bei der Übernahme der Anteile – „shares“. Beim sog. share-deal werden Anteile erworben, bei deren einheitlicher Bilanzierung (= eine Bilanzposition) der Geschäfts- oder Firmenwert im Wert enthalten ist.

Hinsichtlich der [i]Eggert, Qualitätsmanagement beim Jahresabschluss, KMU-Jahresabschluss – Best Practice Teil 1, BBK 4/2019 S. 175 NWB YAAAH-06614 allgemeinen Ausführungen zur Zugangsbewertung mit den Anschaffungskosten kann auf die üblichen Grundlagen zurückgegriffen werden. Auch bei der Folgebewertung gelten zunächst keine Besonderheiten: Da die „Nutzung“ des Geschäfts- oder Firmenwerts zeitlich begrenzt ist, sind, ausgehend vom Wert der Zugangsbewertung (Anschaffungskosten), planmäßige und ggf. außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB i. V. mit § 253 Abs. 3 und 5 HGB).

Problematisch [i]Eggert, Nutzungsdauer der selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstände sowie des Geschäfts- oder Firmenwerts, BBK 17/2015 S. 809 NWB JAAAF-00488 kann es allerdings sein, die Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts sachgerecht zu bestimmen. Nach dem Gesetz (§ 253 Abs. 3 Satz 2 HGB) ist es erforderlich, Abschreibungen auf die Geschäftsjahre zu verteilen, in denen der Geschäfts- oder Firmenwert voraussichtlich genutzt werden kann. Kann in Ausnahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer eines Geschäfts- oder Firmenwerts nicht verlässlich geschätzt werden, ist von einer Nutzungsdauer über zehn Jahre auszugehenS. 265 (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB). Der Gesetzgeber hat jedoch eindeutig zum Ausdruck gebracht, die zehnjährige Nutzungsdauer kommt nur dann infrage, wenn eine verlässliche Schätzung nicht möglich ist. Die Regelung darf deshalb keinesfalls so verstanden werden, dass generell von einem zehnjährigen Verteilungszeitraum ausgegangen werden kann.