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Rücklagen: Reinvestitionsrücklage (§ 6b EStG) und Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR)
Zeitschriften
Kolbe, Reinvestitionsrücklage § 6b (EStG), infoCenter;
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Pflüger, Keine Übertragung einer § 6b-Rücklage ohne neue Investition, GStB 2019 S. 238;
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Bücher/Kommentare
Brandis/Heuermann (vormals Blümich), Ertragsteuerrecht, Loseblatt-Kommentar, Stand: 167. EGL, Mai 2023, Vahlen München;
Frotscher/Geurts, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, , Haufe Lexware Freiburg;
KKB/Kanzler, § 6b EStG, NWB Verlag Herne;
Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz Kommentar, Stand: 337. EGL, August 2023, C. F. Müller Heidelberg;
Korn, Einkommensteuergesetz, Loseblatt-Kommentar, Stand: 146. EGL, 2023, Stollfuß Bonn;
Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, 140. EGL, 2023, Dr. Otto Schmidt Köln;
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Stand: 163. EGL, Februar 2023, Schäffer-Poeschel Stuttgart;
Schmidt, EStG, Kommentar, 42. Aufl., 2023, C. H. Beck München.
A. Problemanalyse
I. Übertragung stiller Reserven nach R 6.6 EStR
1. Allgemeines
1 Gewinnverwirklichung
Werden Wirtschaftsgüter aus einem Betriebsvermögen veräußert und dabei in den Wirtschaftsgütern enthaltende stille Reserven realisiert, hat dies grundsätzlich eine Gewinnverwirklichung und damit eine Besteuerung der stillen Reserven zur Folge. Ob das Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen dabei vom Steuerpflichtigen gewollt war oder nicht, steht der Besteuerung in der Regel nicht entgegen und zwar selbst dann, wenn bei einem nicht willentlichen Ausscheiden ein Ersatzanspruch erworben oder die Veräußerung bereits mit einer Ersatzbeschaffung verbunden wird.
2 Ausnahme: Anschaffung Ersatzwirtschaftsgut
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird durch die Rechtsprechung nur für den Fall zugelassen, dass ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines gesetzlichen oder behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird. In diesen Fällen kann der Steuerpflichtige eine sofortige Gewinnrealisierung dadurch vermeiden, dass er die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens des Wirtschaftsguts angeschafften oder hergestellten Ersatzwirtschaftsguts um einen Betrag in Höhe der aufgedeckten stillen Reserven kürzt oder in derselben Höhe eine Rücklage für Ersatzbeschaffung bildet.
Ein Unternehmer veräußert im Jahre 01 ein unbebautes Grundstück (Buchwert 90.000 €) zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs für 120.000 € an die Gemeinde. Er erwirbt noch im Jahre 01 ein Ersatzgrundstück für 130.000 €.
Die bei der Veräußerung des Grundstücks aufgedeckten stillen Reserven von 30.000 € müssen nicht der Versteuerung unterworfen werden, sondern können auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden. Das Ersatzwirtschaftsgut wird folglich mit (130.000 € ./. 30.000 € =) 100.000 € in der Bilanz ausgewiesen. Die stillen Reserven werden somit erst beim Ausscheiden dieses Ersatzwirtschaftsguts versteuert. Möchte der Unternehmer die stillen Reserven von 30.000 € hingegen sofort versteuern, wird das Ersatzwirtschaftsgut mit 130.000 € aktiviert.
Dieser Grundsatz beruht auf Gewohnheitsrecht sowie auf der teleologischen Reduktion des Gewinnrealisierungstatbestands durch Rechtsfortbildung und wurde von der Finanzverwaltung übernommen. Der Zweck dieser Ausnahme ist es, zu gewährleisten, dass die Ersatzleistung vollständig für die Wiederbeschaffung des Wirtschaftsguts eingesetzt werden kann. Zweck der Anerkennung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung ist dabei nicht allein die als unbillig empfundene Besteuerung eines Gewinns, der durch die zwangsweise Aufdeckung stiller Reserven entsteht; vielmehr soll dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, die erlangte Entschädigung zur Wiederbeschaffung des Ersatzwirtschaftsguts zu verwenden.
Ein Unternehmer veräußert im Jahre 01 ein unbebautes Grundstück (Buchwert 90.000 €) zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs für 120.000 € an die Gemeinde. Er erwirbt jedoch erst im Jahre 02 ein Ersatzgrundstück für 130.000 €.
Der Gewinn aus Veräußerung des Grundstücks von 30.000 €; wird damit im Jahr 01 realisiert, aber durch die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung in selber Höhe neutralisiert und damit nicht versteuert. Im Jahr 02 wird die Rücklage für Ersatzbeschaffung durch Übertragung auf die Anschaffungs- (oder Herstellungs-) kosten des neuen Grundstücks (Ersatzwirtschaftsgut) aufgelöst.
3 Analogie
Die dargestellten Grundsätze sind nur im Regelungsrahmen der R 6.6 EStR anwendbar, eine Erweiterung auf andere strukturelle Veränderungen wurde von der Rechtsprechung abgelehnt. Auch wenn ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens nicht durch Zerstörung ausscheidet, sondern lediglich beschädigt wird, soll eine analoge Anwendung nicht in Frage kommen.
4 Gewinnermittlungsart
Nach welchen Vorschriften der Steuerpflichtige seinen Gewinn ermittelt, ist nur dann von Bedeutung, wenn es nicht zu einer Kürzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts kommt, das in demselben Wirtschaftsjahr angeschafft wurde, in dem das ursprüngliche Wirtschaftsgut ausgeschieden ist und die Entschädigung gezahlt wurde. Soll jedoch eine Rücklage für Ersatzbeschaffung gebildet werden, ist dies nur für Steuerpflichtige möglich, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln; jedoch nicht bei Gewinnschätzung und Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.
Bei einem Wechsel der Gewinnermittlung vom Bestandsvergleich zu § 4 Abs. 3 EStG kann eine zulässig gebildete Rücklage für Ersatzbeschaffung jedoch fortgeführt werden. Die Finanzverwaltung lässt die Grundsätze der Übertragung stiller Reserven bei Ersatzbeschaffung für die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung aus Billigkeitsgründen sinngemäß gelten.
5 Abgrenzung zu § 6b EStG
Die Regelung unterscheidet sich von § 6b EStG in mehreren Punkten:
Bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung ist auch Umlaufvermögen begünstigt,
es gibt auch keine Mindest-Vorbesitzzeit,
die Investitionsfrist ist verlängerbar und
die Auflösung nicht übertragener Rücklagen führt auch nicht zu einer Verzinsung, wie sie in § 6b Abs. 7 EStG enthalten ist.