Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Eine Divergenz zum (BFHE 139, 496, BStBl II 1984, 125) liegt nicht vor (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Wenn der BFH darin für die Vorgängerregelung des § 171 Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) verlangt, dass der klare und eindeutige Wunsch des Steuerpflichtigen zum Ausdruck kommt, den Prüfungsbeginn hinauszuschieben, so steht dem nicht entgegen, dass das Finanzgericht (FG) einem solchen Antrag eine Vereinbarung des Steuerpflichtigen mit dem Prüfer gleichsetzt, den Prüfungsbeginn einvernehmlich hinauszuschieben. Denn nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen erfordert eine solche Vereinbarung eine eindeutige gegenüber dem Prüfer geäußerte Erklärung des Steuerpflichtigen, dass sein rechtsgeschäftlicher Wille auf ein Hinausschieben des Prüfungsbeginnes gerichtet ist. Nichts anderes verlangt das genannte Urteil des BFH.
Auch eine Divergenz zum (BFHE 188, 131, BFH/NV 1999, 1145) besteht nicht. Danach genügt es für den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 nicht, wenn der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) den Beginn der Prüfung aus innerhalb seiner Sphäre liegenden sonstigen Gründen hinausschiebt und der Antrag des Steuerpflichtigen hierfür keine Rolle spielt. Eine Vereinbarung des Steuerpflichtigen mit dem Prüfer, den Prüfungsbeginn einvernehmlich hinauszuschieben, schließt es aus, dass der seitens des Steuerpflichtigen geäußerte Wille, den Beginn der Prüfung hinauszuschieben, für dieses Hinausschieben keine Rolle spielt. Denn die entsprechende eindeutige Willenserklärung des Steuerpflichtigen ist condicio sine qua non einer solchen Vereinbarung.
2. Auch der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) fehlender Gründe i.S. von § 119 Nr. 6 FGO liegt nicht vor. Ein Urteil ist nicht mit Gründen versehen, wenn das FG einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffsmittel mit Stillschweigen übergeht und einen bestimmten Sachkomplex überhaupt nicht berücksichtigt. Darauf, ob dies seitens des FG versehentlich oder aber bewusst erfolgt, kommt es nicht an (, BFH/NV 2001, 1277; , BFH/NV 1995, 230; , BFHE 147, 101, BStBl II 1987, 195; , BFH/NV 1994, 40). An dem Mangel fehlender Gründe i.S. von § 119 Nr. 6 FGO leidet eine Entscheidung, wenn sie den Beteiligten keine Überprüfung ermöglicht, weil nicht erkennbar wird, auf welchen rechtlichen Erwägungen sie beruht. Der Umstand, dass das FG zur Begründung seiner Entscheidung nicht auf jeden einzelnen Einwand der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) eingegangen ist, führt nicht zu fehlenden Gründen i.S. von § 119 Nr. 6 FGO (, BFH/NV 1999, 1106). Erforderlich ist, dass ein eigenständiger Klagegrund oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel übergangen worden ist. Ein solches selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel stellt etwa der Antrag auf Gewährung einer Tarifbegünstigung (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1277) oder das Vorbringen eines Klägers dar, ein Gewinnfeststellungsbescheid habe nicht ergehen dürfen (BFH-Urteil in BFHE 147, 101, BStBl II 1987, 195). Als derartiger selbständiger wesentlicher Streitpunkt (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 230) wäre im Streitfall insbesondere die Frage nach der Hemmung der Verjährung gemäß § 171 Abs. 4 AO 1977 insgesamt zu betrachten. Damit hat sich das FG jedoch hinreichend auseinander gesetzt.
Die Rüge, das FG habe § 171 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 unzutreffend gewürdigt, zielt demgegenüber auf die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Damit wird ein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO nicht geltend gemacht (vgl. , BFH/NV 2002, 1040).
3. Auch die Rüge, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), zielt in der Sache auf einen materiell-rechtlichen Fehler der Vorentscheidung. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist das FG verpflichtet, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (BFH-Beschlüsse vom VI B 70/02, BFH/NV 2003, 798; vom VII B 167/03, BFH/NV 2005, 62). Davon, dass das FG den Akteninhalt zur Kenntnis genommen und erwogen hat, kann jedoch grundsätzlich ausgegangen werden, sofern nicht besondere Umstände des konkreten Falls auf einen diesbezüglichen Verstoß hindeuten (BFH-Beschlüsse vom V B 3/94, BFH/NV 1995, 946; vom XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817; , BFH/NV 2000, 235). Insoweit tragen die Kläger lediglich vor, ausweislich der Akten habe das FA zwischen der Anordnung der Außenprüfung am und dem Eingang der Einverständniserklärung vom die Betriebsprüfung in keiner feststellbaren Weise betrieben. Auch hätten die Kläger vorgetragen, die Betriebsprüfungsstelle habe bis 2001 keine Aktivitäten hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes unternommen. Vor diesem Hintergrund habe sich dem FG die Schlussfolgerung aufdrängen müssen, dass im Streitfall eine Hemmung der Verjährung mit Blick auf § 171 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 nicht habe einsetzen können. Diese Ausführungen rechtfertigen nicht den Schluss, das FG habe § 171 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 nicht zutreffend angewandt; sie sprechen vielmehr dafür, dass § 171 Abs. 4 Satz 2 AO 1977 im Streitfall nicht anwendbar ist. Denn „Beginn der Prüfung” i.S. dieser Vorschrift ist nicht die Anordnung der Außenprüfung, sondern deren tatsächliche Durchführung (§ 198 AO 1977 und dazu u.a. , BFH/NV 2001, 1541, m.w.N.; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 171 AO Tz. 37 und 45). Konkrete Prüfungshandlungen vor der Vereinbarung über den Prüfungsbeginn hat aber weder das FG festgestellt noch werden solche von den Klägern behauptet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 242 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 29/2006 S. 2438
JAAAB-73511