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NWB Nr. 49 vom Seite 3418

Steuerliche Hinweise und Dispositionen zum Jahresende 2022 – Teil 1: Umgesetzte Steuergesetzgebungsvorhaben im Jahr 2022

Orientierungen, Planungen und Gestaltungen

Klaus Korn und Dr. Martin Strahl

Zum Ende des Jahres 2022 ist neuerlich zu konstatieren, was bereits für das Vorjahr galt: Der Steuergesetzgeber entfaltet ungeahnte Aktivitäten, die zu einem Gutteil durch die sich häufenden Krisen bedingt sind. Steuerlichen Entlastungsmaßnahmen, welche überwiegend bereits beschlossen sind, stehen aber durchaus auch solche gegenüber, die erheblich belastende Wirkungen haben. So werden im Zuge des DAC 7-Umsetzungsgesetzes Neuregelungen zur Betriebsprüfung kodifiziert, für die der von Seiten des Gesetzgebers gefundene Titel „Modernisierung der Betriebsprüfung“ ein wahrer Euphemismus ist. – Die bereits umgesetzten und noch anhängigen Steuergesetzgebungsverfahren im Jahr 2022 werden mit den für die Praxis wesentlichen Änderungen in den Abschnitten I und II dargestellt. Der nachfolgende Abschnitt III ist steuerlichen Vorgaben gewidmet, welche im Einzelfall Handlungen zum Jahresende erwägenswert werden lassen können – beispielsweise das Vorziehen von Anlageinvestitionen im Hinblick auf das Auslaufen der degressiven AfA oder aber die baldige Vornahme von Satzungsänderungen bei Gemeinnützigen mit Bezug auf die zu verfolgenden steuerbegünstigten Zwecke, damit jene noch in diesem Jahr zivilrechtlich wirksam werden können. Der Beitrag schließt mit Checklisten für steuerliche Dispositionen in Abschnitt IV. Ergänzend wird in Heft 50/2022 eine Darstellung maßgeblicher Verwaltungsanweisungen sowie höchstrichterlicher Entscheidungen erfolgen, die im Jahre 2022 ergangen sind.

S. 3419

I. Umgesetzte Steuergesetzgebungsvorhaben im Jahr 2022

1. Steuerentlastungsgesetz 2022

Das Steuerentlastungsgesetz 2022 ist am ausgefertigt und im BGBl I Nr. 17 v.  verkündet worden (vgl. Steuerentlastungsgesetz 2022 v. , BGBl 2022 I S. 749):

a) Entfernungspauschale

Durch das Steuerentlastungsgesetz 2022 wurde die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Fahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung für Fernpendler ab dem 21. Kilometer von 0,30 € auf 0,35 € rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2021 angehoben (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 8 Buchst. a, b sowie Nr. 5 Satz 9 Buchst. a, b EStG). Dies gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie für Familienheimfahrten im Rahmen der Gewinneinkunftsarten. Für die Veranlagungszeiträume 2022 bis 2026 gilt für Fernpendler ab dem 21. Kilometer eine auf 0,38 € je Entfernungskilometer erhöhte Pauschale.

Gestaltungshinweis:

Die Erhöhung der Entfernungspauschale trat am in Kraft (vgl. Art. 4 Abs. 1 StEntlG 2022). Betroffene Arbeitnehmer konnten damit ab Juni die Anpassung eines Freibetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren wegen der höheren Entfernungspauschale beantragen (vgl. Bergan, DStR 2022 S. 1017, 1018). Die höhere Entfernungspauschale für den Veranlagungszeitraum 2021 kann nur im Rahmen des Veranlagungsverfahrens geltend gemacht werden, da die Änderung des Lohnsteuerabzugs gem. § 41c Abs. 3 Satz 1 EStG nur bis zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung zulässig ist.

Diskutiert wurde zur Mitte des Jahres 2022 eine weitere Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem Veranlagungszeitraum 2023, so Bundesfinanzminister Lindner, der in der FAZ Nr. 167 v.  S. 20, mit den Worten zitiert wird: „Wenn alle in der Koalition dieses Problem [erg.: die hohen Energiekosten] ernst nehmen, bin ich offen dafür, die Pendlerpauschale ab 2023 deutlich zu erhöhen – ab dem 1. Kilometer und nicht nur für Fernpendler.“ – Dazu liegt aber gegenwärtig kein Gesetzentwurf vor.

b) Energiepreispauschale

Durch das StEntlG 2022 wurde dem EStG ein weiterer Abschn. XV eingefügt, der die neuen §§ 112 bis 122 EStG umschließt. Kern der Neuregelungen ist, dass gem. § 112 EStG für den Veranlagungszeitraum 2022 Anspruchsberechtigten eine einmalige steuerpflichtige Energiepreispauschale von 300 € gewährt wird.S. 3420 Anspruchsberechtigt sind dabei gem. § 113 EStG unbeschränkt Steuerpflichtige gem. § 1 Abs. 1 EStG, die im Veranlagungszeitraum 2022 Einkünfte im Rahmen einer der Gewinneinkunftsarten oder nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielen (vgl. zur Energiepreispauschale auch Seifert, NWB 29/2022 S. 2072; Kanzler, FR 2022 S. 641; F. Schmidt, NWB 29/2022 S. 2022; Endert, DStR 2022 S. 1744).

Hinweis 1:

Damit sind einerseits beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler nicht anspruchsberechtigt. Andererseits scheiden unbeschränkt steuerpflichtige Personen aus, die ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen oder sonstige Einkünfte i. S. von § 22 EStG erzielen. Auch die Empfänger von Versorgungsbezügen sowie Rentner, die keine Einkünfte aus Gewinneinkunftsarten oder aus einer aktiv ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit erzielen, hatten danach keinen Anspruch auf die Energiepreispauschale (vgl. auch Hörster, NWB 22/2022 S. 1542, 1544). Die Beschränkung auf „aktiv“ Erwerbstätige wurde damit begründet, dass diese Wegeaufwendungen haben, die durch die Entfernungspauschale nicht vollends aufgefangen werden (vgl. BT-Drucks. 20/1765 v.  S. 23). Dies ist gerade im Hinblick auf Steuerpflichtige, die ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen, kritisch zu würdigen, da diese auch erhöhte Wegeaufwendungen zu den Vermietungsobjekten haben (vgl. auch Bergan, DStR 2022 S. 1017, 1019). Umgekehrt soll der Betrieb einer Photovoltaikanlage zum Bezug der Energiepreispauschale berechtigen, es sei denn, es wird die Vereinfachungsregel nach dem (BStBl 2021 I S. 2202) in Anspruch genommen (vgl. FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“ des BMF mit Stand v. , II. 4) – Zu den Einnahmen i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zählen nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 20/1765 v.  S. 23) auch Zuschüsse des Arbeitgebers, wie der Arbeitgeberzuschuss nach § 20 Mutterschutzgesetz (MuSchG), und Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung (§ 40a Abs. 1 bis 3 EStG). Ebenso sind Personen, die ausschließlich steuerfreien Arbeitslohn beziehen (z. B. ehrenamtlich tätige Übungsleiter oder Betreuer), anspruchsberechtigt (vgl. FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“ des BMF mit Stand v. , II. 2). Das Arbeitsverhältnis muss aber zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sein und inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Werden diese Bedingungen eingehalten, kann auch bereits ein eintägiges Arbeitsverhältnis für die Anspruchsberechtigung genügen (so [MinR im BMF] Hörster, NWB 22/2022 S. 1542, 1543; [Referent in der Steuerabteilung des Staatsministeriums der Finanzen in Dresden] Bergan, DStR 2022 S. 1017, 1019; Niermann, DB 2022 S. 1664; FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“ des BMF mit Stand v. , II. 6 [„Die Tätigkeit muss weder zu einem bestimmten Zeitpunkt noch für eine Mindestdauer ausgeübt werden“]).

Hinweis 2:

Wer zum Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Rentenversorgungsgesetz oder dem ersten und zweiten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes hat, erhält jedoch bei einem Wohnsitz im Inland bis zum aufgrund eines weiteren Gesetzes die Energiepreispauschale von 300 € (vgl. § 1 Abs. 1 i. V. mit § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Zahlung einer Energiepreispauschale für Rentnerinnen und Rentner [Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetz – RentEPPG] sowie § 2 des Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetzes [VEPPGewG] als Art. 1 bzw. Art. 2 des Gesetzes zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs v. , BGBl 2022 I S. 1985; s. zu dem Gesetz auch unten unter I, 7). Die Auszahlung erfolgt durch die Rentenzahlstellen oder die die Versorgungsbezüge zahlenden Stellen. Die mit dem VEPPGewG geregelte Energiepreispauschale für Versorgungsbeziehende unterliegt nach § 19 Abs. 3 EStG i.d.F. des JStG 2022 als steuerpflichtige Einnahme vollständig der Lohn- und Einkommensbesteuerung. Um unnötigen Bürokratieaufwand infolge einer verpflichtenden nachträglichen Korrektur des Lohnsteuerabzugs (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG) zu vermeiden, bestehen im Hinblick auf die kurz vor der endgültigen Verabschiedung stehende gesetzliche Regelung keine Bedenken, wenn Arbeitgeber die Energiepreispauschale für Versorgungsbeziehende bereits bei Auszahlung dem Lohnsteuerabzug unterwerfen. Einzelheiten regelt das ( NWB HAAAJ-26661). Die Energiepreispauschale nach dem RentEPPG führt zu sonstigen Einkünften i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c EStG i.d.F. des JStG 2022.

Der Anspruch auf die Energiepreispauschale entstand am . S. 3421

Hinweis:

Dies bedeutet nicht, dass die Anspruchsvoraussetzungen auch am erfüllt sein müssen. Ausreichend ist es vielmehr, wenn die Anspruchsvoraussetzungen lediglich zu einem anderen Zeitpunkt vor oder nach dem im Jahr 2022 erfüllt sind (vgl. Hörster, NWB 22/2022 S. 1542, 1544).

Das Verfahren zur Auszahlung der Energiepreispauschale ist komplex, weswegen die Finanzverwaltung auch 20-seitige FAQs zu Einzelfragen aufgelegt hat (abrufbar unter https://go.nwb.de/6nnv7):

  1. Nach § 115 Abs. 1 EStG wird die Energiepreispauschale mit der Einkommensteuerveranlagung für den Veranlagungszeitraum 2022 festgesetzt. Dies gilt aber gem. § 115 Abs. 2 EStG nicht, wenn die Energiepreispauschale nach § 117 EStG vom Arbeitgeber ausgezahlt wird.

    Hinweis:

    Der Anspruch auf die Energiepreispauschale entsteht nur einmalig, auch wenn Einkünfte aus verschiedenen begünstigten Einkunftsarten erzielt werden. Vorrangige Berücksichtigung findet dabei ein Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen der Arbeitgeber zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtet ist.

  2. Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 EStG erhalten Arbeitnehmer die Energiepreispauschale vom Arbeitgeber, wenn sie am in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen und in eine der Steuerklassen I bis V eingereiht sind oder nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal besteuerten Arbeitslohn beziehen.

    Hinweis:

    Dies gilt nach § 117 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht, wenn der Arbeitgeber keine Lohnsteuer-Anmeldung abgibt. Damit erfolgt bei einer ausschließlich geringfügigen Beschäftigung im Privathaushalt die Auszahlung nicht durch den Arbeitgeber. In anderen Fällen der Pauschalbesteuerung gem. § 40a Abs. 2 EStG hat die Auszahlung durch den Arbeitgeber gem. § 117 Abs. 1 Satz 3 EStG nur zu erfolgen, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich bestätigt, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt (vgl. zu einer Formulierungshilfe FAQs „Energiepreispauschale [EPP]“ des BMF mit Stand v. , VI. 8).

  3. Die Arbeitgeber hatten an die begünstigten Arbeitnehmer die Energiepreispauschale nach § 117 Abs. 2 Satz 1 EStG im September 2022 auszuzahlen. Ist der Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum das Kalendervierteljahr, konnte nach § 117 Abs. 3 Satz 1 EStG die Energiepreispauschale im Oktober 2022 ausgezahlt werden. Ist der Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum das Kalenderjahr, weil die abzuführende Lohnsteuer im vorausgegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 1.080 € betragen hat, konnte der Arbeitgeber auf die Auszahlung an den Arbeitnehmer verzichten (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 3 EStG).

  4. Eine vom Arbeitgeber ausgezahlte Energiepreispauschale ist in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung nach § 117 Abs. 4 EStG mit dem Großbuchstaben „E“ anzugeben.

  5. Kommt die Auszahlung durch den Arbeitgeber nicht in Betracht, ist nach § 118 Abs. 1 Satz 1 EStG die Einkommensteuer-Vorauszahlung für den um die Energiepreispauschale zu mindern. Betragen die für den festgesetzten Vorauszahlungen weniger als 300 €, mindert die Energiepreispauschale die Vorauszahlung auf 0 € (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 2 EStG).

  6. Wurde die Energiepreispauschale nicht vom Arbeitgeber ausgezahlt, wird sie gem. § 115 Abs. 1 EStG mit der Einkommensteuerveranlagung für den Veranlagungszeitraum 2022 festgesetzt. Sie wird dazu gem. § 116 Abs. 1 Satz 1 EStG auf die festgesetzte Einkommensteuer 2022 angerechnet. Ergibt sich nach der Anrechnung ein Erstattungsbetrag, wird dieser dem Anspruchsberechtigten nach § 116 Abs. 2 EStG ausgezahlt.

  7. Die Energiepreispauschale ist steuerpflichtig. Bei Anspruchsberechtigten, die im Veranlagungszeitraum 2022 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt haben, ist dabei die Energiepreispauschale lt. § 119 Abs. 1 Satz 1 EStG stets als Einnahme i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG für den Veranlagungszeitraum 2022 zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für pauschal besteuerten Arbeitslohn nach § 40a EStG (vgl. § 119 Abs. 1 Satz 2 EStG). Bei den übrigen Anspruchsberechtigten gilt die Energiepreispauschale gem. § 119 Abs. 2 Satz 1 EStG als Einnahme nach § 22 Nr. 3 EStG für den Veranlagungszeitraum 2022. Dabei ist die Freigrenze des § 22 Nr. 3 Satz 2 EStG (von 256 €) nicht anzuwenden (vgl. § 119 Abs. 2 Satz 2 EStG; sonstige Einkünfte von weniger als 256 € bleiben also trotz Energiepreispauschale im Veranlagungszeitraum 2022 steuerfrei).

    Hinweis:

    Bei nichtselbständig Tätigen unterliegt die Energiepreispauschale als sonstiger Bezug i. S. von § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG dem Lohnsteuerabzug (vgl. Hörster, NWB 22/2022 S. 1542, 1547; Bergan, DStR 2022 S. 1017, 1020). Der Nichtselbständige erhält somit – außer in Fällen der geringfügigen Beschäftigung bei Arbeitgebern, die Lohnsteuer abführen – niemals den Bruttobetrag von 300 €, sondern den Betrag gemindert um die auf ihn entfallende Lohnsteuer zur Auszahlung. Da diese für Bezieher S. 3422niedriger Einkommen in relationaler Hinsicht geringer ausfällt, soll dies die soziale Komponente hinsichtlich der Auszahlung der Energiepreispauschale umschließen (kritisch zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Steuerpflicht der Energiepreispauschale Bergan, DStR 2022 S. 1017, 1020; Kanzler, FR 2022 S. 641, 645; [RiFG Münster] Zapf, BB 2022 S. 1623, 1625 [„Systematisch dürfte es sich bei der Energiepreispauschale eigentlich um eine nicht steuerbare sozialstaatliche Fürsorgeleistung handeln. Für eine Erfassung als steuerbare Einnahme fehlt es m. E. an einem hinreichenden Veranlassungszusammenhang zu einer [abschließend aufgezählten] Einkunftsart gem. § 2 Abs. 1 EStG.“]).

    Zur Refinanzierung der Arbeitgeber (§ 117 Abs. 2 Satz 2 EStG) haben diese die Energiepreispauschale gesondert vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer zu entnehmen, die bei monatlicher Lohnsteuer-Anmeldung bis zum (weil der ein Samstag ist), in Fällen der kalendervierteljährlichen Lohnsteuer-Anmeldung bis zum und in Fällen der jährlichen Lohnsteuer-Anmeldung bis zum anzumelden und abzuführen ist. Damit erhielt der Arbeitgeber die Energiepreispauschalen durch Minderung der Lohnsteuer um die Brutto-Energiepreispauschalen im Monat vor ihrer Auszahlung. Übersteigt die insgesamt zu gewährende Energiepreispauschale den Betrag, der insgesamt an Lohnsteuer abzuführen ist, wird der übersteigende Betrag gem. § 117 Abs. 2 Satz 3 EStG dem Arbeitgeber aus den Einnahmen der Lohnsteuer ersetzt.

    Hinweis:

    Wechselte ein Arbeitnehmer zum das Arbeitsverhältnis, hatte der neue Arbeitgeber die Energiepreispauschale an den Arbeitnehmer auszuzahlen und die dadurch veranlasste Minderung der Lohnsteuer im Zuge der Lohnsteuer-Anmeldung für den August 2022 zu berücksichtigen.

c) Kinderbonus

Aufgrund von § 66 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG wird für das Kalenderjahr 2022 neuerlich ein Kinderbonus gewährt, der sich auf einen Einmalbetrag von 100 € beläuft. Anspruch auf diesen Kinderbonus besteht für jedes Kind, für welches im Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld gegeben ist. Die Auszahlung des Kinderbonus ist zeitnah zu den Auszahlungsterminen des Kindergelds für den Monat Juli 2022 erfolgt (vgl. dazu ausführlich BStBl 2022 I S. 894; Hörster, NWB 22/2022 S. 1542, 1548).

d) Arbeitnehmer-Pauschbetrag

Mit Wirkung erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 wird der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG von 1.000 € auf 1.200 € angehoben. Eine weitere Anhebung auf 1.230 € ab dem Veranlagungszeitraum 2023 erfolgt durch das JStG 2022.

Hinweis:

Die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags wirkt sich nicht aus, wenn die Summe der Werbungskosten unter Einschluss der erhöhten Entfernungspauschale und etwaig der Homeoffice-Pauschale den Betrag von 1.200 € überschreitet. Zapf (BB 2022 S. 1623, 1630) weist zutreffend darauf hin, dass etwa Pendler benachteiligt seien, die an 220 Tagen im Jahr 20 Kilometer zur ersten Tätigkeitsstätte fahren. Bei ihnen wirkt sich weder die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags noch die Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer aus.

2. Viertes Corona-Steuerhilfegesetz

Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz ist am ausgefertigt und im BGBl I Nr. 20 v.  verkündet worden (vgl. Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise – Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) v.  (BGBl 2022 I S. 911).

a) Steuerfreie Zusatzleistungen

Nach § 3 Nr. 11b Satz 1 EStG werden zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Leistungen bis zu einem Betrag von 4.500 € steuerfrei gestellt, die in der Zeit vom bis zum durch den Arbeitgeber „zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise“ gezahlt werden. Es bestehen keine Nachweispflichten für besondere Leistungen des begünstigten Arbeitnehmers während der Corona-Krise; ihre Benennung ist für den Anwendungsbereich der Norm vielmehr deklaratorisch (vgl. ausdrücklich [MinR im BMF] Hörster, NWB 26/2022 S. 1832, 1833). Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist aber nach § 3 Nr. 11b Satz 2 EStG, dass der Arbeitnehmer in einer der folgenden Einrichtungen tätig ist oder im Rahmen einer S. 3423Arbeitnehmerüberlassung oder eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt wird (§ 3 Nr. 11b Satz 3 EStG):

Vom Kreis der Anspruchsberechtigten sind nicht nur Pflegekräfte umschlossen, sondern auch weitere in den vorgenannten Einrichtungen tätige Arbeitnehmer (vgl. Bergan, DStR 2022 S. 1233, 1234; Hörster, NWB 26/2022 S. 1832, 1834). Dies schließt u. a. auch Auszubildende sowie Freiwillige i. S. des § 2 BFDG und Freiwillige i. S. des § 2 JFDG im freiwilligen sozialen Jahr ein (vgl. BT-Drucks. 20/1111 v.  S. 19).

Hinweis:

Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf sind sowohl der Kreis der Anspruchsberechtigten, der ursprünglich nur in Krankenhäusern, Rettungsdiensten und voll- oder teilstationären Einrichtungen zur Betreuung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen Tätige umschließen sollte, wie auch der Höchstbetrag (von 3.000 € auf 4.500 €) ausgeweitet worden. Weggefallen ist darüber hinaus das ursprünglich vorgesehene Tatbestandsmerkmal, die Leistung müsse aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen gewährt werden (vgl. BT-Drucks. 20/1111 v.  S. 7), so dass nunmehr ebenso freiwillige Leistungen des Arbeitgebers begünstigt sind (vgl. auch Dorn, DB 2022 S. 1357, 1358). Der Freibetrag kann bis zu seinem Höchstbetrag von 4.500 € auch für verschiedene Zahlungen, etwa nach Maßgabe des Pflegebonusgesetzes v.  (BGBl 2022 I S. 938; s. dazu die Fachinfo des Paritätischen Gesamtverbandes v.  [abrufbar im Internet]), aufgrund des TV-L oder einer freiwilligen Zuzahlung des Arbeitgebers ausgeschöpft werden (vgl. auch das Beispiel von Bergan, DStR 2022 S. 1233, 1234 f.). Gesetzlich in § 3 Nr. 11b Satz 4 EStG klargestellt ist, dass die Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 11a EStG auf die Leistungen i. S. des § 3 Nr. 11b EStG keine Anwendung findet, so dass in Summe für Tätige in den begünstigten Einrichtungen eine Steuerfreistellung von bis zu 6.000 € denkbar ist. – Die Finanzverwaltung versteht dies jedoch unzutreffend so (vgl. FAQ „Corona“ [Steuern], Abschn. VII.10 [Stand: ]), dass Leistungen begünstigter Einrichtungen im Zeitraum bis nur unter § 3 Nr. 11b EStG fallen, so dass insofern eine Addition beider Höchstbeträge ausscheide. Bei diesem Verständnis handelt es sich u. E. um eine unzulässige Rückwirkung, da in jenem Zeitraum allein § 3 Nr. 11a EStG galt. Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz datiert erst vom .

b) Kurzarbeitergeld

Durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz ist in § 3 Nr. 28a EStG der Zeitraum, in dem Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld bis zu 80 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III steuerfreigestellt werden, rückwirkend bis zum verlängert worden.

Hinweis:

Ist im ersten Halbjahr 2022 ein Zuschuss zum Kurzarbeitergeld bereits unter Einbehalt der Lohnsteuer ausgezahlt worden, hat nach § 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG eine Korrektur durch den Arbeitgeber zu erfolgen, so ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist (wovon auszugehen ist, es sei denn, der Mitarbeiter wird inzwischen nicht mehr bei diesem Arbeitgeber beschäftigt). Unterbleibt eine Korrektur des Lohnsteuerabzugs, erfolgt die Berichtigung im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer (vgl. Bergan, DStR 2022 S. 1233, 1235).S. 3424

c) Homeoffice-Pauschale

Der Anwendungsbereich der Homeoffice-Pauschale i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG wurde auf das Jahr 2022 ausgedehnt (vgl. § 52 Abs. 6 Satz 15 EStG). Sie soll durch das JStG 2022 zeitlich unbefristet perpetuiert werden (s. dazu unten unter II, 1).

d) Rechnungswesen

Erst durch die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags (vgl. BT-Drucks. 20/1906 v.  S. 11) gelangte die Aufhebung des Abzinsungsgebots nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in das Regelungswerk des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes. Die Neuregelung, nach der Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen sind, ist gem. § 52 Abs. 12 Satz 2 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem enden (bei einem kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahr mithin zum ). Auf Antrag kann der Ansatz einer unverzinslichen Verbindlichkeit zum Nennwert aber gem. § 52 Abs. 12 Satz 3 EStG auch bereits für ein früheres Wirtschaftsjahr erfolgen.

Gestaltungshinweis:

Soweit eine Verbindlichkeit abgezinst passiviert worden ist, ergibt sich durch die Aufzinsung eine Gewinnminderung in Höhe des bisherigen Abzinsungsvolumens. Aufgrund der Anwendungsregelung besteht ein Wahlrecht, in welchem Wirtschaftsjahr es zu dieser Gewinnminderung kommen soll. Der Antrag auf vorzeitige Anwendung der Neuregelung soll nur einheitlich für alle vor dem endende Wirtschaftsjahre gestellt werden können, so die Gesetzesbegründung in Gestalt der BT-Drucks. 20/1906 v.  S. 45. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung indes nicht, in welcher gerade das Wort „einheitlich“ fehlt (vgl. kritisch auch Schiffers, DStZ 2022 S. 436, 438). Das Wahlrecht gilt durch den entsprechenden Ansatz in den steuerlichen Gewinnermittlungen als ausgeübt (vgl. BT-Drucks. 20/1906 v.  S. 45). Die Abzinsungspflicht kann nach der Gesetzesbegründung durch entsprechende Ausübung des Wahlrechts vorzeitig entfallen, soweit die betroffenen Veranlagungen „nicht bestandskräftig“ sind. Somit kann die Abkehr von der Abzinsungspflicht mithin etwa auch im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung gewählt werden, um einer im Übrigen im Raum stehenden Gewinnerhöhung (partiell) entgegenzuwirken (vgl. aber Bolik/Nonnenmacher, StuB 13/2022 S. 481, 484, die zweifeln, ob die formelle oder materielle Bestandskraft angesprochen ist). Die gesetzliche Formulierung, wonach die gesetzliche Neuregelung „auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden kann“, spricht u. E. für ein Abstellen auf die materielle Bestandskraft. Schiffers (DStZ 2022 S. 436, 437) dürfte zuzustimmen sein, dass die vorzeitige Abkehr vom Abzinsungsgebot nur im Rahmen des § 4 Abs. 2 EStG zulässig ist, sofern dem Finanzamt bereits eine steuerliche Gewinnermittlung vorliegt. Aufgrund der Übergangsregelung könnten etwa im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 gewährte zinslose Anleihen und unverzinsliche Überbrückungshilfen ohne Abzinsung angesetzt werden (so der Hinweis in BT-Drucks. 20/1906 v.  S. 45).

Beibehalten wird das Abzinsungsgebot demgegenüber für Rückstellungen für Verpflichtungen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag mindestens 12 Monate beträgt. Aufgrund der Neufassung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist das Abzinsungsgebot nunmehr ausdrücklich in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG aufgenommen worden.

Hinweis:

Zur Begründung für die Beibehaltung des Abzinsungsgebots für Rückstellungen wird darauf verwiesen, je weiter die tatsächliche Belastung in der Zukunft liege, desto weniger wirke sie sich am Bilanzstichtag aus (vgl. BT-Drucks. 20/1906 v.  S. 45). Die Aufhebung des Abzinsungsgebots bei Verbindlichkeiten wird demgegenüber mit der aktuellen Niedrigzinsphase begründet (die sich indes ihrem Ende zuzuneigen beginnt), so dass vermehrt unverzinsliche oder sogar negativ verzinste Darlehen gewährt werden. Diese verschiedenen Begründungsansätze sind nicht stimmig (vgl. zutreffend Bolik/Nonnenmacher, StuB 13/2022 S. 481, 483).

Die degressive AfA nach § 7 Abs. 2 EStG kann auch für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewählt werden, die im Jahre 2022 angeschafft oder hergestellt werden. Der Anwendungszeitraum war bislang auf die Jahre 2020 und 2021 beschränkt. S. 3425

Hinweis:

Aufgrund der Aufhebung der sog. umgekehrten Maßgeblichkeit durch das BilMoG im Jahre 2009 kann die degressive AfA unabhängig von der im handelsrechtlichen Jahresabschluss gewählten Abschreibungsmethode zur Anwendung gelangen. Im Hinblick auf die handelsrechtliche Rechnungslegung verweist das IdW darauf, Voraussetzung für die Übernahme der degressiven Abschreibung sei, dass der durch sie widergespiegelte Werteverzehr dem tatsächlichen Abnutzungsverlauf des Vermögensgegenstands entspricht. Ausdrücklich ausgeschlossen wird die handelsrechtliche Anwendung einer Abschreibung mit fallenden Jahresbeträgen für solche Vermögensgegenstände, deren Werteverzehr sich über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gleichmäßig vollzieht (vgl. IdW, Zweifelsfragen zu den Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung [Teil 3] v.  S. 25/75 [abrufbar im Internet]). Zudem sei es mit dem Grundsatz der sachlichen Bewertungsstetigkeit i. S. des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB nicht vereinbar, art- und funktionsgleiche Vermögensgegenstände, die nach dem Zeitpunkt des Auslaufens der steuerlichen Möglichkeit der degressiven AfA angeschafft oder hergestellt und deshalb steuerlich wieder linear abgeschrieben werden müssen, auch handelsbilanziell wieder nach der linearen Abschreibungsmethode abzuschreiben. Eine solche Vorgehensweise dürfte nach Auffassung des IdW (a. a. O.) regelmäßig als wertungswidersprüchlich gegenüber der Begründung des vormaligen Wechsels von der linearen zur degressiven Abschreibung einzustufen sein (Willkürverbot).

Verlängert wurden die Reinvestitionsfristen für Rücklagen nach § 6b EStG gem. § 52 Abs. 14 Sätze 4 bis 6 EStG. Danach kann bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr eine begünstigte Reinvestition bis zum erfolgen, wenn die Rücklage im Übrigen zum (insofern Verlängerung um drei Jahre), zum (insofern Verlängerung um zwei Jahre) oder zum (insofern Verlängerung um ein Jahr) aufzulösen gewesen wäre (vgl. auch Schiffers, DStZ 2022 S. 436, 438). Eine Verlängerung über den hinaus ist gegenwärtig nicht vorgesehen.

In § 52 Abs. 16 Sätze 3 bis 5 EStG wurden – im zeitlichen Gleichklang mit den oben genannten Regelungen zu § 6b EStG – auch die Investitionsfristen nach § 7g Abs. 3 EStG bis zum ausgeweitet, so der Investitionsbetrag im Wirtschaftsjahr 2017 (insoweit beträgt die Investitionsfrist sechs Jahre), im Wirtschaftsjahr 2018 (diesbezüglich beträgt die Investitionsfrist fünf Jahre) oder im Wirtschaftsjahr 2019 (insoweit beträgt die Investitionsfrist vier Jahre) in Anspruch genommen wurde.