Wirksamkeit einer Klage mit eingescannter Unterschrift
Leitsatz
Eine mit eingescannter Unterschrift des Prozessbevollmächtigten durch Telefax eingelegte Klage entspricht jedenfalls dann den Schriftformanforderungen des § 64 Abs. 1 FGO, wenn sie von dem Bevollmächtigten an einen Dritten mit der tatsächlich ausgeführten Weisung gemailt wird, sie auszudrucken und per Telefax an das Gericht zu senden.
Gesetze: FGO § 64
Instanzenzug: (EFG 2009, 427) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich gegen Einkommensteueränderungsbescheide für die Jahre 1991 und 1992, mit denen insbesondere seine vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) geschätzten Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterworfen wurden. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidungen vom 17. bzw. als unbegründet zurück, nachdem es die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zuvor unter Ansatz niedrigerer Einkünfte aus Kapitalvermögen geändert hatte.
2Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Klageschrift durch seinen früheren Berater erstellt, per Mail an einen Mitarbeiter des Beraters mit der eingescannten Unterschrift des Beraters übermittelt, von dem Mitarbeiter ausgedruckt und sodann per Fax —innerhalb der Klagefrist— an das Gericht übersandt wurde.
3Das FG wies die Klage als unzulässig ab, weil die per Fax übermittelte Klageschrift wegen der nur eingescannten Unterschrift des früheren Beraters nicht über die nach § 64 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderliche Schriftform verfüge.
4Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 64 FGO.
5Zu Unrecht habe das FG die mit eingescannter Unterschrift erhobene Klage als nicht formgerecht angesehen, nachdem der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) mit seiner Entscheidung vom GmS-OGB 1/98 (Monatsschrift für Deutsches Recht —MDR— 2000, 1089) entschieden habe, bestimmende Schriftsätze könnten formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift des Prozessbevollmächtigten auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden. Auch diese Form erfülle den Zweck des Schriftlichkeitsgebots, hinreichend sicher den Inhalt der Erklärung und die Person des Erklärenden auszuweisen. Maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit des elektronischen Schriftsatzes sei nämlich nicht —wie der GmS-OGB ausdrücklich ausgeführt habe— eine etwa beim Absender vorhandene Kopiervorlage oder eine nur im PC des Absenders vorhandene Datei, sondern allein die auf seine Veranlassung am Empfangsort (Gericht) erstellte körperliche Urkunde.
6Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
7Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
8Es trägt vor, dass die Entscheidung des GmS-OGB zur Übersendung bestimmender Schriftsätze per Computerfax ergangen sei und nach dem (MDR 2007, 481) auf die Übertragung solcher Schriftsätze durch „normales” Fax nicht übertragen werden könne. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe die Verfassungsbeschwerde gegen die BGH-Entscheidung mit Beschluss vom 1 BvR 110/07 (juris) nicht angenommen. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Beschluss vom VII B 6/02 (BFH/NV 2002, 1597) an dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift bei Klageerhebung durch Telefax festgehalten.
II.
9Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
10Zu Unrecht hat das FG die fristgerecht bei Gericht eingegangene Klage mit der Begründung als unzulässig angesehen, sie weise eine nur eingescannte Unterschrift des früheren Klägervertreters auf.
111. Nach § 64 Abs. 1 FGO ist den formellen Anforderungen an eine finanzgerichtliche Klage genügt, wenn sie bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben wird.
12a) Nach ständiger Rechtsprechung soll die Schriftform gewährleisten, dass der Inhalt der Erklärung und die erklärende Person hinreichend zuverlässig festgestellt werden können. Des Weiteren soll das aus dem Schriftformerfordernis abgeleitete Gebot einer Unterschrift des Erklärenden sicherstellen, dass das Schriftstück keinen Entwurf betrifft, sondern mit Wissen und Wollen des Erklärenden an das Gericht gesandt wurde (vgl. GmS-OGB 1/78, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1980, 172; , BFHE 97, 226, BStBl II 1970, 89; Beschluss des Großen Senats des , BFHE 111, 278, BStBl II 1974, 242; , BFH/NV 1999, 967; BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1597).
13b) Dieses Unterschriftserfordernis ist gewahrt, wenn ein Rechtsbehelf oder ein anderer sog. bestimmender Schriftsatz nach Maßgabe des § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs von dem Rechtsbehelfsführer bzw. Verfasser oder seinem jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten (, BFHE 106, 7, BStBl II 1972, 771) eigenhändig —handschriftlich— unterschrieben (vgl. BFH-Urteile in BFHE 97, 226, BStBl II 1970, 89; vom II R 169/70, BFHE 113, 490, BStBl II 1975, 194; BFH-Beschlüsse vom V R 137/93, BFH/NV 1995, 312; vom X B 143/01, BFH/NV 2002, 669) und mit einer solchen Unterschrift vor Ablauf der Klagefrist bei Gericht vorgelegt wurde (vgl. §§ 47 Abs. 1, 116 Abs. 2, 120 Abs. 1, 129 Abs. 1 FGO; BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1597).
14c) Diese Anforderungen —auch hinsichtlich der eigenhändigen Unterschrift— gelten grundsätzlich gleichermaßen für bestimmende Schriftsätze, die dem Gericht per Telefax übermittelt werden.
15aa) Dem Unterschriftserfordernis genügt allerdings bei Schriftsätzen von Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts eine maschinenschriftliche Unterzeichnung mit handschriftlichem Beglaubigungsvermerk auch ohne Dienstsiegel (vgl. GmS-OGB, Beschluss in NJW 1980, 172).
16bb) Darüber hinaus bedarf es nach ständiger Rechtsprechung keiner eigenhändigen Unterschrift, wenn der jeweilige bestimmende Schriftsatz durch Telegramm, Fernschreiber, Telebrief, Telekopie oder Bildschirmtextmitteilung übermittelt wird (vgl. § 130 Nr. 6 der Zivilprozessordnung —ZPO—; BFH-Beschlüsse vom III B 36/67, BFHE 92, 438, BStBl II 1968, 589; vom VIII B 117/80, BFHE 138, 403, BStBl II 1983, 579; , BFHE 148, 205, BStBl II 1987, 131).
17cc) Auch die Übermittlung der Klageschrift per Computerfax ist ohne Unterschrift wirksam, weil bei dieser Form auf der Seite des Absenders kein körperliches Schriftstück existiert. Infolgedessen genügt es für die Wirksamkeit einer derart erhobenen Klage, dass sich aus dem Schriftsatz selbst oder den Begleitumständen die Urheberschaft und der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben (, BFH/NV 1998, 604; , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2009, 427; , juris).
18Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, eine Klage durch ein elektronisches Dokument i.S. des § 52a FGO mit den dort spezialgesetzlich geregelten besonderen Anforderungen, nämlich unter Angabe des Namens des Klägers sowie einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes zu erheben (s. § 52a Abs. 1 Satz 3 FGO; , BFHE 215, 47, BStBl II 2007, 276; , EFG 2006, 994; zur Notwendigkeit einer solchen qualifizierten Signatur als Wirksamkeitsvoraussetzung elektronischer bestimmender Schriftsätze nach —dem § 52a FGO entsprechenden— § 130a ZPO s. , MDR 2010, 460).
19dd) Wird die Klage —wie im Streitfall— per Telefax erhoben, muss sie allerdings grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein (, BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105; vom VI R 66/00, BFH/NV 2005, 1120; BFH-Beschlüsse vom VIII B 83/90, BFHE 163, 510, BStBl II 1991, 463; vom V S 6/96, BFH/NV 1996, 824; vom VIII B 13/00, BFH/NV 2000, 1358; in BFH/NV 2002, 1597; IVa ZB 7/89, Wertpapier-Mitteilungen 1989, 1820). Das Fehlen der Unterschrift ist indessen unschädlich, wenn das Telefaxformblatt unterschrieben ist, mit der Klageschrift eine Einheit bildet, die Person des Absenders vollständig bezeichnet und kein Zweifel daran besteht, dass die Kopiervorlage ordnungsgemäß eigenhändig unterzeichnet wurde (, BFH/NV 2000, 1224).
20d) Ob das danach für bestimmende Schriftsätze grundsätzlich bestehende Gebot „eigenhändiger Unterschrift” auch durch eine eingescannte Unterschrift —wie im Streitfall— gewahrt wird, wird nicht einheitlich beurteilt.
21aa) Für die vergleichbare Form der Unterschrift durch Verwendung eines Faksimilestempels hat die ältere BFH-Rechtsprechung grundsätzlich die Wirksamkeit der Erklärungen verneint (BFH-Urteile in BFHE 97, 226, BStBl II 1970, 89; in BFHE 113, 490, BStBl II 1975, 194; ebenso Bundesarbeitsgericht —BAG—, Urteil vom 10 AZR 692/08, NJW 2009, 3596; vgl. aber , BFHE 113, 416, BStBl II 1975, 199 zur Wirksamkeit einer Klageschrift in Form eines Matrizenabzugs und damit nur auf der Matrize im Original enthaltenen Unterschrift).
22bb) Nach der zu einer Klageerhebung durch Computerfax ergangenen Entscheidung des GmS-OGB erfüllt eine eingescannte Unterschrift dagegen das Schriftformerfordernis (vgl. GmS-OGB, Beschluss in MDR 2000, 1089). Sie erfüllt nämlich gleichermaßen den schon in der früheren Rechtsprechung des GmS-OGB bezeichneten ausschließlichen Zweck des Schriftlichkeitsgebots, zuverlässig den Erklärungsinhalt sowie die erklärende Person und ihren unbedingten Willen zur Absendung feststellen zu können (GmS-OGB, Beschluss in NJW 1980, 172; vgl. hierzu auch die Entscheidungen des BFH in BFHE 138, 403, BStBl II 1983, 579, und vom IV R 274/83, BFHE 143, 198, BStBl II 1985, 367).
23cc) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des GmS-OGB, deren Grundlage durch die Regelungen in den §§ 52a FGO, 130a ZPO nicht berührt wird, weil die damit geschaffenen Sondervorschriften für den elektronischen Rechtsverkehr unabhängig neben die Vorschriften zur Schriftform getreten sind (vgl. BAG-Urteil in NJW 2009, 3596; , NJW 2008, 2649), hat die Rechtsprechung
- die Einlegung eines Rechtsbehelfs per E-Mail mit eingescannter Unterschrift (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteile vom L 9 SO 24/06, juris; vom L 9 SO 25/06, juris; Beschluss vom L 19 B 301/09 AS ER, juris) oder
- den Widerruf eines gerichtlichen Vergleichs in derselben Form (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5 Sa 363/04, juris) sowie
- die Einlegung eines Rechtsbehelfs (BGH-Beschluss in NJW 2008, 2649; Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil vom 1 Sa 165/03, juris; I-9 U 30/05, juris)
für formwirksam erachtet.
242. Im Einklang mit dieser Rechtsprechung ist entgegen der Vorinstanz auch für den Streitfall von einer formwirksamen Klageerhebung innerhalb der Klagefrist auszugehen.
25Die Auffassung der Vorinstanz, das Schriftformerfordernis nach § 64 FGO sei im Streitfall durch den per Telefax übersandten Schriftsatz mit eingescannter Unterschrift nicht gewahrt, teilt der Senat nicht.
26Geht man nämlich von der Richtigkeit des unter Beweis gestellten und vom FG nicht in Zweifel gezogenen Klagevortrags aus, dass der frühere Berater des Klägers den Klageschriftsatz mit der eingescannten Unterschrift gefertigt und einem seiner Mitarbeiter zur (tatsächlich erfolgten) Übersendung an das Gericht übermittelt hat, erfüllt die innerhalb der Klagefrist bei Gericht per Fax eingegangene Klageschrift mit der eingescannten Unterschrift des früheren Klägervertreters das Schriftformerfordernis nach § 64 FGO.
27a) Es muss nämlich nach dem ausschließlichen Zweck des Schriftlichkeitsgebots, zuverlässig den Erklärungsinhalt sowie die erklärende Person und ihren unbedingten Willen zur Absendung feststellen zu können (Beschluss des GmS-OGB in NJW 1980, 172), schon dann als die Schriftform wahrend angesehen werden, wenn der abgegebenen Prozesserklärung —wie hier— nach den Gesamtumständen aus der maßgeblichen Sicht des Gerichts deren Inhalt sowie der Erklärende und dessen unbedingter Erklärungswille zu entnehmen sind. Ein darüber hinausgehender Zweck kommt dem Schriftformerfordernis ebenso wie anderen Verfahrensvorschriften nämlich nicht zu. Insbesondere soll es ebenso wie andere Verfahrensvorschriften nur die einwandfreie Durchführung des Rechtsstreits unter Wahrung der Rechte aller Beteiligten sicherstellen und nicht behindern (Beschluss des GmS-OGB in MDR 2000, 1089).
28b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die erforderliche Feststellung, ob und wann eine Klage mit welchem Inhalt und von wem —unbedingt— eingelegt worden ist, ist ebenso wie für andere Sachurteilsvoraussetzungen der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, im Streitfall mithin der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. , BFH/NV 1987, 304: „... in jeder Lage des Verfahrens —auch vom Revisionsgericht— zu überprüfen"; vom X R 51/82, BFH/NV 1988, 96; vom I R 118/88, BFHE 162, 534, BStBl II 1991, 242). In diesem Zeitpunkt ist ggf. zur Feststellung der Sachurteilsvoraussetzungen —auch hinsichtlich der „Schriftlichkeit einer Klageerhebung"— im Zweifelsfall durch das erkennende Gericht Beweis zu erheben (vgl. , BFHE 171, 1, BStBl II 1993, 720).
29c) Auf dieser Grundlage ist dann, wenn die Klageschrift entsprechend dem unter Beweis gestellten, aber vom Gericht ersichtlich nicht für beweisbedürftig gehaltenen Vortrag des Klägers tatsächlich
- durch den früheren Berater erstellt,
- von dessen Mitarbeiter ausgedruckt und sodann
- weisungsgemäß per Fax —innerhalb der Klagefrist— an das Gericht übersandt wurde,
die Rechtsauffassung der Vorinstanz, nur wegen der eingescannten Unterschrift sei die Klage nicht formgerecht eingelegt worden, mit der BFH-Rechtsprechung zu § 64 FGO unvereinbar.
30aa) Danach kann dem Zweck des § 64 Abs. 1 FGO auch auf andere Weise entsprochen werden als durch eigenhändige Unterzeichnung des maßgebenden Schriftstückes durch den Verfasser (s. hierzu auch die , BFHE 106, 4, und vom I R 207/75, BFHE 123, 286, BStBl II 1978, 11). So kann sich selbst aus einem nicht unterschriebenen bestimmenden Schriftsatz in Verbindung mit weiteren Unterlagen oder Umständen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Urteile vom II C 112.65, BVerwGE 30, 274; vom VI C 124.73, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1974, 174, und vom VI C 26.75, Verwaltungsrechtsprechung 29, 764; zusammenfassend Beschluss vom 7 B 160.79, juris). Dementsprechend hat auch der BFH eine nur maschinenschriftlich unterschriebene Klageschrift wegen der auf den Streitfall bezogenen Klagebegründung und beigefügter Vorkorrespondenz in Verbindung mit dem Briefkopf des Einsenders nach den Gesamtumständen als formwirksam i.S. des § 64 Abs. 1 FGO angesehen (BFH-Urteil in BFHE 148, 205, BStBl II 1987, 131). Danach kann gleichermaßen in finanzgerichtlichen Verfahren dem Zweck des § 64 Abs. 1 FGO in anderer Weise als mit der eigenhändigen Unterzeichnung bestimmender Schriftsätze durch den Verfasser entsprochen werden, wenn feststeht, dass das Schriftstück keinen Entwurf betrifft, sondern dem Gericht mit Wissen und Wollen des Berechtigten zugeleitet worden ist (, BFH/NV 2009, 2000 unter Bezugnahme auf , BFH/NV 2000, 1224, m.w.N.).
31bb) Nach diesen Grundsätzen kann im Streitfall die Wirksamkeit der Klageerhebung nicht verneint werden, weil sie zum einen den Erklärungsinhalt sowie die erklärende Person ausweist und zum anderen ihre Absendung aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erklärten Umstände ersichtlich auf dem unbedingten Willen des früheren Klägervertreters beruhte (zu diesen Anforderungen s. Beschluss des GmS-OGB in NJW 1980, 172). Denn die hier gegebene unstreitige Übersendung des Klageschriftsatzes durch einen Dritten (Übersendung über den Fax-Anschluss des X Büros durch einen Mitarbeiter des früheren Bevollmächtigten des Klägers) auf Weisung des Klägers lässt ebenso wie die persönlich veranlasste Übersendung einer maschinenschriftlich unterschriebenen Klage (wie in der BFH-Entscheidung in BFHE 148, 205, BStBl II 1987, 131) oder wie der Eingang eines mit eingescannter Unterschrift versehenen Computerfaxes (Entscheidung des GmS-OGB in MDR 2000, 1089) ersichtlich keine Zweifel daran, dass die Klage mit Wissen und Wollen des (vertretenen) Klägers erhoben worden ist.
32cc) Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahinstehen, ob die Grundsätze der Entscheidung des GmS-OGB (in MDR 2000, 1089) zur Formwirksamkeit bestimmender Schriftsätze mit eingescannter Unterschrift unabhängig von dem jeweils gewählten Übersendungsweg (Briefpost, Telefax etc.) oder aber nur für sog. Computerfaxe gelten.
33(1) Aus der Sicht des Senats kann eine solche Beschränkung auf Computerfaxe nicht allein aus dem Umstand gefolgert werden, dass Gegenstand des Verfahrens vor dem GmS-OGB ein solches Computerfax war. Vielmehr spricht die Begründung des GmS-OGB eher für die Anwendung der Entscheidungsgrundsätze auf alle Formen der Übersendung bestimmender Schriftsätze. So betrifft der in der Entscheidung als maßgeblich angesehene Gesichtspunkt, dass es für die Schriftformerfordernisse und insbesondere die Entbehrlichkeit eigenhändiger Unterschrift nur auf den bei Gericht als Empfänger sichtbar werdenden Schriftsatz ankommt, gleichermaßen Schriftsätze, die wie im Streitfall per Telefax übermittelt wurden.
34Des Weiteren hat der GmS-OGB seinen Beschluss ausdrücklich unter Bezugnahme auf seine frühere —nicht zu einem Computerfax— ergangene Entscheidung in NJW 1980, 172 begründet. Der damit verbundene Hinweis auf den ausschließlichen Zweck des Schriftformerfordernisses, Inhalt, Urheber und Erklärungswille sicher feststellen zu können und auf die hinreichende Erfüllung dieses Zwecks durch eine nur eingescannte Unterschrift rechtfertigen ersichtlich keine Differenzierung zwischen den Wegen, auf denen das jeweilige Dokument mit der eingescannten Unterschrift übermittelt wird (so auch BGH-Beschluss in NJW 2008, 2649; zur wechselseitigen Unabhängigkeit der Schriftformerfordernisse für Klagen in elektronischer Form nach § 52a FGO einerseits sowie in schriftlicher Form nach § 64 FGO andererseits s. oben unter II.1.d cc).
35(2) Gleichwohl muss der Senat diese Frage hier offenlassen, weil sie im Streitfall aus den unter II.2.c bb dargestellten Gründen nicht entscheidungserheblich ist und im Übrigen die gegenteilige Auffassung des —NJW 2006, 3784— (verfassungsrechtlich vom BVerfG durch Nichtannahmebeschluss vom 1 BvR 110/07, NJW 2007, 3117 unbeanstandet) eine erneute Anrufung des GmS-OGB erforderlich machen könnte. Im Streitfall bedeutet die Entscheidung des erkennenden Senats jedenfalls deshalb keine Abweichung vom Beschluss des BGH in NJW 2006, 3784, weil Gegenstand des BGH-Verfahrens eine Klageschrift war, bei der die per Fax übersandte Fassung eine Unterschrift aufwies, die nicht nur eingescannt worden war, sondern zudem einen anderen Namen als die später im Original übersandte Rechtsbehelfsschrift aufwies und schon deshalb erhebliche Zweifel an einer Übersendung „mit Wissen und Wollen” des Verfassers begründen musste.
363. Die Vorentscheidung, die auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, ist aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb —entsprechend dem Antrag des Klägers— zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
37Das FG hat bisher aufgrund seiner abweichenden Auffassung zur Unzulässigkeit der Klage die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht geprüft. Dies hat es nunmehr nachzuholen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2010 II Seite 1017
AO-StB 2010 S. 294 Nr. 10
BB 2010 S. 2334 Nr. 39
BFH/NV 2010 S. 2188 Nr. 11
BFH/PR 2010 S. 451 Nr. 11
BStBl II 2010 S. 1017 Nr. 20
DB 2010 S. 2034 Nr. 37
DStRE 2010 S. 1214 Nr. 19
GStB 2010 S. 45 Nr. 12
HFR 2011 S. 36 Nr. 1
KÖSDI 2010 S. 17147 Nr. 10
NJW 2011 S. 478 Nr. 7
NWB-EN Nr. 786/2010 (Wirksamkeit einer Klage mit eingescannter Unterschrift)
StB 2010 S. 381 Nr. 11
StBW 2010 S. 882 Nr. 19
StuB-Bilanzreport Nr. 5/2011 S. 199
WPg 2010 S. 1006 Nr. 20
WPg 2010 S. 1036 Nr. 20
IAAAD-52055