BFH Urteil v. - V R 56/06 BStBl 2009 II S. 250

Minderung der Bemessungsgrundlage

Leitsatz

1. Vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG 1993 nur, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (Änderung der Rechtsprechung).

2. Eine erbrachte und bezahlte Maklerleistung kann nicht i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG 1993 „rückgängig gemacht” werden.

Gesetze: UStG 1993 § 3 Abs. 9UStG 1993 § 10 Abs. 1UStG 1993 § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1UStG 1993 § 17 Abs. 2 Nr. 3Richtlinie 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. aRichtlinie 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. bRichtlinie 77/388/EWG Art. 11 Teil C Abs. 1BGB § 652

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

Streitig ist, ob sich im Jahr 1998 (Streitjahr) die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 17 Abs. 2 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) geändert hat.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb unter der Firma „.” A-B Immoservice GmbH einen Immobilienservice. Sie vermittelte der „. Bauträger GmbH” (später A-B Bauträger GmbH) nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) im Jahr 1997 (richtig wohl: 1996) Kaufverträge für zwei Objekte. Für die Vermittlung stellte die Klägerin unter dem zwei Rechnungen aus: eine Rechnung für die Vermittlung des Kaufvertrages für das Objekt W gemäß Kaufvertrag vom über insgesamt . DM (. DM zuzüglich 15 % Umsatzsteuer in Höhe von . DM) sowie eine Rechnung für die Vermittlung des Kaufvertrages für das Objekt Z gemäß Kaufvertrag vom über insgesamt . DM (= . DM zuzüglich 15 % Umsatzsteuer in Höhe von . DM).

Nach den Feststellungen des FG wurden die Rechnungen bezahlt, die Umsätze von der Klägerin im Jahr 1997 angemeldet und die darauf entfallende Umsatzsteuer entrichtet.

Die vermittelten Kaufverträge wurden nach den weiteren Feststellungen des FG „im Wesentlichen in den Jahren 1997 und 1998 aufgrund neuer Verträge aufgehoben”.

Am schlossen die A-B Bauträger GmbH, handelnd durch Frau A-B, sowie die A-B Immoservice GmbH, handelnd durch Herrn B, eine „Vereinbarung”. In der „Präambel” heißt es, die A-B Bauträger GmbH habe für die Vermittlung der Kaufverträge vom und vom an die A-B Immoservice GmbH Provisionen in Höhe von . DM incl. 15 % Mehrwertsteuer sowie . DM incl. 15 % Mehrwertsteuer im Jahr 1997 bezahlt.

Da die A-B Bauträger GmbH ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Käufern nicht habe nachkommen können, seien beide Kaufverträge rückgängig gemacht worden.

Für den Fall, dass die oben genannten Kaufverträge nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könnten, sei vereinbart worden, dass die Provisionen zurückzuzahlen seien. Die A-B Immoservice GmbH verpflichte sich, die erhaltenen Provisionen in voller Höhe zurückzuzahlen. Die Rückzahlung erfolge „ohne gesonderte Verzinsung und nach Absprache. Die Rechnungen für die Provisionen werden hiermit storniert”.

Eine schriftliche Vereinbarung über den seinerzeit abgeschlossenen Maklervertrag und dessen Inhalt liegt nicht (mehr) vor.

Ferner erteilte die A-B Immoservice GmbH der A-B Bauträger GmbH am zwei Gutschriften: eine für die Vermittlung des Kaufvertrages für das Objekt W „gemäß Vereinbarung vom ” über insgesamt . DM (= . DM zuzüglich 15 % Umsatzsteuer in Höhe von . DM) und eine Gutschrift für die Vermittlung des Kaufvertrages für das Objekt Z „gemäß Vereinbarung vom ” über insgesamt . DM (= . DM zuzüglich 15 % Umsatzsteuer in Höhe von . DM).

In der Umsatzsteuererklärung für 1998 erklärte die A-B Immoservice GmbH u.a. diese „negativen Umsätze” zu 15 % in Höhe von . DM, so dass sich insgesamt ein Überschuss in Höhe von . DM ergab.

Im Rahmen einer bei der A-B Immoservice GmbH durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Provisionen bislang nicht zurückbezahlt worden waren. Sie vertrat die Auffassung, die von der Klägerin geltend gemachte Minderung der Bemessungsgrundlage sei deshalb nicht anzuerkennen. Wenn das Entgelt —wie hier— bereits gezahlt worden sei, reiche für eine Minderung des Entgelts nicht die bloße Vereinbarung darüber aus, sondern es sei zudem die tatsächliche Rückgewähr des gezahlten Entgelts erforderlich (Bericht vom ).

Dem folgend setzte das seinerzeit zuständige Finanzamt . durch Bescheid vom die Umsatzsteuer für 1998 ohne eine Minderung der Bemessungsgrundlage fest.

Gegen diesen Bescheid legte die A-B Immoservice GmbH Einspruch ein.

Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A-B Bauträger GmbH mangels Masse abgewiesen und die Auflösung der GmbH am in das Handelsregister eingetragen worden waren, schloss die A-B Bauträger GmbH i.L. mit der Klägerin (vormals A-B Immoservice GmbH) am 1./ folgende „Vereinbarung”:

„Die Rückzahlung gemäß Vereinbarung vom erfolgt nunmehr in monatlichen Raten von zunächst mindestens 1 000,00 € beginnend mit dem Monat November 2002.

Die Ratenhöhe von zunächst 1 000,00 € monatlich ist bis zum befristet, da die…(Klägerin) bis zum erhebliche Investitionen zu tätigen hat.

Danach wird die Ratenhöhe auf mindestens 5 000,00 € monatlich festgesetzt.

Höhere Rückzahlungen sind jederzeit möglich.”

Die Vereinbarung ist für die A-B Bauträger GmbH i.L. unterschrieben von Herrn B und für die Klägerin von Frau A-B.

Am 1./ trat die A-B Bauträger GmbH i.L. „aus ihren Ansprüchen gegenüber” der Klägerin in Höhe von . € einen Teilbetrag in Höhe von . € an Frau A-B ab, die die Abtretung annahm.

Nach den —nicht näher belegten— Feststellungen des FG zahlte die Klägerin in den Jahren 2003 und 2004 „insgesamt . € entweder an die A-B Bauträger GmbH i.L. oder an Frau A-B”.

Durch Einspruchsentscheidung vom wies der inzwischen zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) den Einspruch der Klägerin gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1998 vom als unbegründet zurück.

Das FG wies die Klage ab. Es führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Bemessungsgrundlage habe sich im Streitjahr 1998 nicht gemäß § 17 UStG geändert. Eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nach Vereinnahmung des Entgelts —wie hier— setze dessen tatsächliche Rückgewähr voraus, die im Streitjahr nicht erfolgt sei.

Das FG bezog sich zur Begründung u.a. auf die („Entscheidungen der Finanzgerichte” —EFG— 1984, 468), des (EFG 2001, 597) und des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. C-86/99, Freemans (Slg. 2001, I-4167, BFH/NV Beilage 2001, 185, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2001, 349) sowie auf Stadie in Rau/Dürrwächter (Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz 86, jetzt Rz 111).

Es führte u.a. ferner aus, das (BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206) stehe seiner, des FG, Auffassung nicht entgegen. Zwar habe der BFH in dieser Entscheidung eine Vereinbarung über eine Kaufpreisminderung als ausreichend für eine Änderung der Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG angesehen. Doch habe in dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fall die Steuerpflichtige den zurückzuzahlenden Betrag aufgrund einer eigenen konkreten und tatsächlich durchgeführten Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung (zunächst) behalten, so dass der Rechtsgrund für die Überlassung des zurückzuzahlenden Betrages nicht mehr die Vereinbarung des Kaufpreises für die ausgeführte Grundstückslieferung gewesen sei. Der BFH habe in dem entschiedenen Fall darauf abgestellt, dass die Steuerpflichtige den zurückzuzahlenden Betrag nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der Lieferung als Gegenleistung erhalten habe, sondern aufgrund der ernsthaft vereinbarten Stundung der Rückzahlungsbeträge (zunächst) habe behalten dürfen, so dass die Vereinbarung über die Stundung und Ratenzahlung unmittelbar die Bemessungsgrundlage geändert habe. Diese neue Vereinbarung habe die ursprüngliche Einigung über den Kaufpreis beeinflusst und somit die Bemessungsgrundlage geändert.

Die Vereinbarung vom zwischen der A-B Immoservice GmbH und der A-B Bauträger GmbH i.L. erfülle diese Anforderungen jedoch nicht, so dass der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung durch diese Vereinbarung nicht geändert worden sei. Konkretisiert worden sei diese Vereinbarung erst durch die neue Vereinbarung im November 2002. Erst danach seien auch tatsächliche Zahlungen erfolgt. Da zudem jedenfalls anders als in dem durch den BFH entschiedenen Fall im Streitjahr 1998 und in den darauf folgenden Jahren bis Ende 2002 keine tatsächliche Erfüllung vorgenommen worden sei, könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf das BFH-Urteil in BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206 berufen.

Im Übrigen sei zweifelhaft, ob die Vereinbarung vom überhaupt ernsthaft gewollt gewesen sei, wie es der BFH in dem bezeichneten Urteil voraussetze. Dagegen spreche, dass in dem Insolvenzeröffnungsverfahren der A-B Bauträger GmbH die Forderung gegen die Klägerin erkennbar nicht geltend gemacht worden sei. Voneinander unabhängige Dritte hätten sich im Geschäftsverkehr nicht auf eine solche Vereinbarung eingelassen, bei der weder die Rückzahlung konkretisiert noch Sicherheiten vereinbart seien. Beides erscheine angesichts der Höhe der Forderung nicht nachvollziehbar. Des Weiteren sei die Vereinbarung vom in der Weise ungewöhnlich, als dort neben der fehlenden Konkretisierung der Rückzahlung keine Sicherheiten für die Rückzahlung der erhaltenen Provision vereinbart seien.

Auch das (BFHE 179, 465, BStBl II 1996, 208) führe zu keiner anderen Beurteilung. Danach könne es in den Fällen der Minderung aufgrund von Mängelrügen (§ 465 des Bürgerlichen GesetzbuchsBGB—) bereits im Zeitpunkt der Erteilung von Gutschriften zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage kommen, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit der Minderung durch die Erteilung von Gutschriften auf einem separaten Konto des Verkäufers einverstanden erklärt habe. Dieses Einverständnis sei erfolgt. Damit sei die Forderung teilweise erloschen, was wiederum eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach sich gezogen habe.

Damit sei der Streitfall nicht vergleichbar. Die Klägerin habe eine Maklerleistung erbracht, nämlich die Vermittlung der Verträge aus dem Jahr 1997. Die Vereinbarung vom habe —wie dargelegt— mangels hinreichender Konkretisierung keinen unmittelbaren Einfluss auf die Leistung und Gegenleistung gehabt.

Eine sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG komme ebenfalls nicht in Betracht. Es sei keine sonstige Leistung (die erbrachte Maklerleistung) „rückgängig gemacht” worden.

Mit der Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, im Streitfall sei aufgrund nachträglicher vertraglicher Vereinbarung vom der Anspruch auf die bereits gezahlte Maklervergütung weggefallen. Dies habe zu einem Anspruch der A-B Bauträger GmbH auf Rückzahlung geführt. Dieser Rückzahlungsanspruch führe bei der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten —wie hier— nach dem BFH-Urteil in BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206 zu einer Veränderung der Bemessungsgrundlage mit sofortiger steuerlicher Wirkung, wenn diese Vereinbarung ernsthaft vereinbart worden sei. Das sei hier der Fall, wie die tatsächlichen Zahlungen in späteren Jahren zeigten.

Überdies würde die Ansicht des FG zu zahlreichen Folgeproblemen führen. Es würde sich beispielsweise die Frage stellen, ob die Zahlung der ersten Rate im Jahr 2002 zur vollständigen Änderung der Bemessungsgrundlage im Jahr 2002 führe oder ob sich die Bemessungsgrundlage seit 2002 und in den Folgejahren sukzessive mit jeder einzelnen Zahlung ändere. Weiter würde sich die Frage stellen, ob die im Jahr 2002 erfolgte Abtretung zur Änderung der Bemessungsgrundlage in Höhe der abgetretenen Forderung oder nur in Höhe der tatsächlich gezahlten Raten in den Folgejahren führe.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung vom den Umsatzsteuerbescheid für 1998 vom dahingehend zu ändern, dass der Überschuss um . DM erhöht und auf . DM festgesetzt wird, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es hält die Vorentscheidung für zutreffend und tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Das FG hat zu Recht eine Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 UStG im Streitjahr 1998 verneint.

1. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG geändert, so hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag entsprechend zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG).

a) Bei der hier vorliegenden sonstigen Leistung i.S. des § 3 Abs. 9 UStG (Vermittlungsleistung) der Klägerin wird —wie bei einer Lieferung— der Umsatz nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Maßgebend für die Höhe des Entgelts ist, was der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß für die Leistung aufwendet. Dem entspricht, dass die zunächst maßgebende vereinbarte Bemessungsgrundlage durch eine nachträgliche Vereinbarung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung verändert (erhöht oder ermäßigt) werden kann, und dass die Leistung des Unternehmers „letztendlich” nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206, unter II.1.a, m.w.N.; vom V R 37/98, BFH/NV 2001, 491; vom V R 72/01, BFHE 201, 335, BStBl II 2003, 620, unter II.1.a).

b) Damit übereinstimmend ist nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) Besteuerungsgrundlage bei Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Dienstleistende für diese Umsätze vom Dienstleistungsempfänger erhält oder erhalten soll. Besteuerungsgrundlage im Sinne dieser Bestimmung ist die tatsächlich erhaltene Gegenleistung für die erbrachte Leistung (vgl. , BFHE 191, 94, BStBl II 2000, 360, m.w.N.; in BFHE 201, 335, BStBl II 2003, 620, unter II.1.b).

2. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats im Urteil in BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206 ist der für eine Lieferung geschuldete Steuerbetrag bereits in dem Besteuerungszeitraum zu berichtigen, in dem eine —jedenfalls wirksame und ernsthafte (vgl. die Urteilsgründe unter II.1.)— Vereinbarung über die Herabsetzung des Kaufpreises geschlossen worden ist, und nicht erst im Besteuerungszeitraum ihrer Erfüllung.

3. Ob bei Anwendung der Grundsätze dieses Urteils in BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206 auf den im vorliegenden Streitfall gegebenen Sachverhalt schon mangels ernsthafter Vereinbarung —wie das FG meint— nicht von einer Minderung der Bemessungsgrundlage ausgegangen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Denn an der Rechtsprechung des Senats im Urteil in BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206 kann nach dem EuGH-Urteil Freemans in Slg. 2001, I-4167, BFH/NV Beilage 2001, 185, UR 2001, 349 nicht mehr festgehalten werden.

a) Nach diesem zu Art. 11 Teil A Abs. 3 Buchst. b, Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteil führt die Erteilung einer Gutschrift (Rabatt) auf den Katalogpreis einer gelieferten Ware nicht bereits bei Entstehung dieses Rückvergütungsanspruchs des Kunden, sondern erst dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Kunde tatsächlich über die Gutschrift durch Auszahlung oder anderweitig verfügt hat (vgl. Randnrn. 25, 31 der Urteilsgründe).

b) Der erkennende Senat ist dieser Rechtsprechung des EuGH bereits für Über- oder Doppelzahlungen gefolgt. Er hat entschieden, dass eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG nicht schon dann eintritt, wenn ein Rückzahlungsanspruch des Zahlenden aus ungerechtfertigter Bereicherung besteht, sondern (erst) dann, wenn Über- oder Doppelzahlungen (tatsächlich) zurückgezahlt werden (vgl. , BFH/NV 2007, 2431, unter II.2.d).

c) Deshalb rechtfertigt —wie das FG zu Recht entschieden hat— allein die Vereinbarung einer Herabsetzung des Entgelts keine Minderung der Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, wenn das Entgelt bereits vereinnahmt worden ist. Hinzu kommen muss in diesem Fall noch die tatsächliche Rückgewähr des ursprünglich gezahlten Entgelts (vgl. FG Hamburg, Urteil in EFG 1984, 468; FG Baden-Württemberg, Urteil in EFG 2001, 597; Stadie in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 17 Rz 111).

d) Dieses Erfordernis der Rückzahlung des gezahlten Entgelts entspricht dem Zweck des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG.

Die Vorschrift soll den —unter II. 1. a dargelegten— Grundsatz verwirklichen, dass sich die Umsatzbesteuerung (letztlich) auf den Umfang der tatsächlich vereinbarten Gegenleistung beschränkt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 2431, unter II.2.c). Die Vorschrift berücksichtigt auch, dass die Besteuerung nach dem Sollprinzip —Entstehung der Umsatzsteuer und die Abziehbarkeit der in Rechnung gestellten Vorsteuer bereits mit Ausführung der Leistung ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung der Gegenleistung (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG und § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG)— auf der am Regelfall orientierten Erwartung des Gesetzgebers beruht, der Leistungsempfänger werde die Forderung des Leistenden befriedigen und damit das betragsmäßige Gleichgewicht von Vorsteuerabzug und Umsatzsteuerschuld herstellen (vgl. , BFHE 196, 330, BStBl II 2003, 206, unter II.2.; vom V R 72/03, BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684, unter II.1.a).

Bei einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten bildet die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage. Hat der leistende Unternehmer das Entgelt aber einmal insgesamt vereinnahmt, bleibt für eine Sollbesteuerung kein Raum. Die Bemessungsgrundlage kann in diesem Fall nicht mehr durch (bloße) Vereinbarung, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts geändert werden. Erst im Besteuerungszeitraum, in dem das Entgelt tatsächlich zurückbezahlt ist, ist die Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen.

4. Soweit der XI. Senat des BFH angenommen hat, eine Änderung der Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG könne bereits dann vorliegen, wenn ein Versandhandelsunternehmen einem Kunden aufgrund einer Mängelrüge eine Gutschrift erteile, ohne dass es hierfür der Inanspruchnahme der Gutschrift durch den Kunden bedürfe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 465, BStBl II 1996, 208, unter II.1.b), hat der XI. Senat auf Anfrage mitgeteilt, dass er an dieser Rechtsprechung nicht festhält.

5. Im Streitfall hat nach den Feststellungen des FG die A-B Bauträger GmbH das ursprünglich vereinbarte und unter dem in Rechnung gestellte Entgelt für die Maklerleistung der A-B Immoservice GmbH bezahlt. Da die A-B Immoservice GmbH dieses Entgelt im Streitjahr 1998 nicht zurückgezahlt hat, scheidet in diesem Jahr eine Änderung der Bemessungsgrundlage aus, wie das FG zu Recht entschieden hat.

Eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kommt frühestens ab dem Jahr 2002 in Betracht, soweit —was angesichts der hier vorliegenden Besonderheiten des Sachverhalts, insbesondere der Verflechtung der beteiligten Unternehmen und Personen besonderer Prüfung bedarf— tatsächlich das von der A-B Immoservice GmbH in den Rechnungen vom aufgeführte Entgelt zurückgezahlt worden ist.

6. Auch eine sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG hat das FG zu Recht abgelehnt.

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG gilt § 17 Abs. 1 UStG sinngemäß, wenn eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG ist im Streitfall nicht anwendbar, weil die von der A-B Immoservice GmbH erbrachten Maklerleistungen —sonstige Leistungen i.S. von § 3 Abs. 9 UStG— nicht „rückgängig gemacht worden” sind.

§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG greift nicht ein bei einer erbrachten sonstigen Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG), die sich als reine Dienstleistung darstellt und sich mit ihrer Erbringung verbraucht hat und deshalb nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (vgl. Stadie, a.a.O., § 17 Rz 259; für erbrachte und bezahlte Geschäftsführungsleistungen: , EFG 1987, 380).

So liegt es im Streitfall. Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder für die Vermittlung eines Vertrags einen Maklerlohn verspricht, ist zur Entrichtung des Lohnes nur verpflichtet, wenn der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers zustande kommt (§ 652 Abs. 1 Satz 1 BGB). Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Maklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eintritt (§ 652 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im Streitfall hat die A-B Immoservice GmbH ihre Maklerleistungen gegenüber der A-B Bauträger GmbH erbracht, wie sich aus den Rechnungen vom und der Begleichung dieser Rechnungen ergibt.

Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 250
BBK-KN Nr. 18/2009 (Minderung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage erst bei tatsächlicher Rückzahlung des Entgelts)
BFH/NV 2009 S. 316 Nr. 2
BFH/PR 2009 S. 158 Nr. 4
DB 2009 S. 210 Nr. 5
DStZ 2009 S. 138 Nr. 5
HFR 2009 S. 163 Nr. 2
KÖSDI 2009 S. 16327 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 1/2009 S. 15
SJ 2009 S. 10 Nr. 3
StB 2009 S. 10 Nr. 1
StBW 2009 S. 5 Nr. 2
StuB-Bilanzreport Nr. 2/2009 S. 82
UR 2009 S. 94 Nr. 3
UStB 2009 S. 29 Nr. 2
WPg 2009 S. 221 Nr. 4
GAAAD-01360