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Bilanzänderung und Bilanzberichtigung (EStG)
1. Einführung
§ 4 Abs. 2 EStG bestimmt sowohl die materiell-rechtlichen als auch verfahrensrechtliche Voraussetzungen für eine Korrektur der Steuerbilanz nach ihrer Einreichung beim Finanzamt. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Stpfl. keine gesonderte Steuerbilanz, sondern nur eine steuerrechtliche Anpassungsrechnung i. S. von § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV erstellt.
Wurde die Bilanz noch nicht beim Finanzamt eingereicht, kann sie ohne Weiteres berichtigt oder geändert werden.
Das Gesetz unterscheidet inhaltlich zwischen der Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG) und der Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Wird die Steuerbilanz berichtigt oder geändert, sind auch inzwischen eingereichte Folgebilanzen nach Maßgabe des Grundsatzes des formellen Bilanzzusammenhangs anzupassen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt die Bilanzberichtigung bzw. -änderung ein rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) dar.
Hallerbach in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, Einkommensteuergesetz Kommentar, 9. Aufl. 2024, § 4 Rz. 341 ff.
Hoffmann, Die objektive Rechtslage bei der Bilanzierung, StuB 8/2013 S. 277
Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 15. Aufl. 2023, § 252 HGB, Rz. 244 ff.
Lebelt, Ausübung von Wahlrechten in der Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV, StuB 23/2020 S. 916
Siegel, Zum Zusammenhang zwischen Bilanzberichtigung und Einkommensberichtigung, FR 2013 S. 691
2. Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG)
2.1. Fehlerhafter Bilanzansatz
Eine Bilanzberichtigung ist nur zulässig, wenn die Bilanz objektiv falsch ist, also im Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung der maßgeblichen, objektiv zutreffenden Rechtslage nicht entspricht.
2.1.1. Vorliegen eines Fehlers
Die Bilanzberichtigung setzt nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG voraus, dass die Steuerbilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht, also die Bilanz objektiv falsch ist.
Der Steuerpflichtige erwirbt im Jahr 01 eine Maschine für seinen Betrieb. In der Bilanz auf den weist er die Maschine nicht in seinem Betriebsvermögen aus. Die Bilanz ist unrichtig, da der Steuerpflichtige die Maschine als Betriebsvermögen hätte ausweisen müssen.
Die Bilanz ist nicht nur dann fehlerhaft, wenn eine Bilanzposition (dem Grund oder der Höhe nach) als solche unzutreffend ausgewiesen wird. Vielmehr ist die Bilanz auch dann fehlerhaft, wenn sich der Gewinn aufgrund der Nicht- oder der fehlerhaften Verbuchung von Entnahmen oder Einlagen ändert, sich also nur die Zusammensetzung der Bilanzposition „Eigenkapital“ ändert.
Das Finanzamt schätzt im Rahmen einer Betriebsprüfung Einnahmen hinzu (Buchung „Entnahme an Erlöse“).
Außerbilanzielle Hinzurechnungen berühren keine Bilanzposition. Eine Bilanzberichtigung ist daher nicht möglich. Zu diesen außerbilanziellen Gewinnerhöhungen gehören z. B. die Hinzurechnung von nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG sowie verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
Der alleinige Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung führt nicht zu der Annahme eines Fehlers i. S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG. Vielmehr muss die Bilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung unter Befolgung der Vorschriften des EStG widersprechen. Sehen also die Vorschriften des EStG eine Abweichung von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung vor, liegt keine fehlerhafte Bilanz i. S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG vor.