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Ansatz, Bewertung, Ausweis und Gewinnrealisation im Metaverse
Teil 1: Virtuelle Grundstückstransaktionen und virtuelle Währung beim Plattformnutzer
Das Metaverse, auch als Metaversum bezeichnet, ist eine Vision einer gemeinsamen Online-Welt und einer nächsten Evolutionsstufe des Internets. Virtuelle Welt, erweiterte Realität und die echte physische Welt verschmelzen in einem gemeinsamen digitalen Raum. Bilanz- und steuerrechtlich ergeben sich viele allgemeine und grundsätzliche Fragestellungen. Im Beitrag wird der schlicht anmutende Fall einer virtuellen Grundstückstransaktion unter Einsatz virtueller Währung auf seine bilanziellen Probleme und Lösungsmöglichkeiten behandelt.
Krüger, Token, ICOs, Krypto-Währungen, in: Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4. Aufl. 2021, Rz. 1228, NWB YAAAH-92815
Was gilt zum Bilanzansatz eines virtuellen Grundstücks?
Wie erfolgt die Folgebewertung?
Wie ist die bei Teilverkauf des Grundstücks erhaltene virtuelle Währung auszuweisen?
I. Vorbemerkungen
[i]Krüger, Zum BMF-Schreiben über
Einzelfragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von
sonstigen Token, StuB 13/2022 S. 488,
NWB UAAAJ-16176
Sanning, Bilanz und Blockchain: Bilanzierung und Besteuerung
von Krypto Token Pre-Sale Agreements, StuB 9/2022 S. 337,
NWB MAAAI-60853
Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl. 2022,
NWB AAAAJ-19369
Mit dem Begriff „Metaverse“
werden virtuelle 3-D-Welten bezeichnet, in denen ökonomisch, sozial und
kulturell interagiert werden kann. Perspektivisch wird mit dem Begriff die
Hoffnung verknüpft, sich ohne hinderliche Anmeldeprozeduren und technische
Einschränkungen zwischen verschiedenen solcher Welten (bzw. dann Weltteilen)
bewegen zu können (sog. Interoperabilität).
In aktueller Sicht geht es eher um je voneinander getrennte, konkurrierende
Welten mit eigenen Transaktionsmöglichkeiten und -regeln, eigenem technischen
Ökosystem, eigener Transaktionswährung usw. Wie in der echten Welt können auch
im Metaverse
Grundstücke erworben und z. B. für
Verwaltungs- oder Vertriebszwecke genutzt, aber auch untervermietet oder
weiterveräußert werden. Große Marken wie Nike, Dolce & Gabbana,
Tiffany's, Gucci, Adidas, Time Magazine, Budweiser usw. haben
Vertrieb bzw. Marketing dienende Flächen im Metaverse
erworben; Beratungsgesellschaften wie etwa die amerikanische
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Prager Metis haben sich
virtuelle Hauptquartiere errichtet. Man wird abwarten müssen, wie dynamisch
sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Offensichtlich ist aber, dass mit dem
Phänomen schon ein beachtliches
Transaktionsvolumen generiert und ihm in den Augen wichtiger
Akteure eine strategische Bedeutung zugesprochen wird.
Bilanz- und steuerrechtlich gibt es aber – wie in einer so frühen Phase nicht anders zu erwarten – bisher mehr grundsätzliche Überlegungen als konkrete Analysen von Geschäftsvorfällen. Die nachfolgende Darstellung will einen solchen konkreten Blick versuchen, indem sie sich auf den schlichten Fall einer virtuellen Grundstückstransaktion unter Einsatz virtueller Währung beschränkt. Gerade diese Fokussierung mag geeignet sein, den Blick auf die bilanziellen Probleme und Lösungsmöglichkeiten im Umgang mit den virtuellen Welten zu schärfen. Die Darstellung ist in zwei Beiträge aufgeteilt: Dieser aktuelle Beitrag behandelt die Perspektive des Plattformnutzers, ein im nächsten Heft erscheinender zweiter Beitrag die des Plattformbetreibers.S. 282
II. Erwerb eines virtuellen Grundstücks
1. Ausgangssachverhalt
Den nachfolgenden Überlegungen wird folgender (aus der Vielfalt der Geschäftsmodelle ausgewählter) Sachverhalt zugrunde gelegt:
B ist Betreiber einer von ihm MetaMat genannten virtuellen Welt, in der sich Privatpersonen oder Geschäftsleute virtuell treffen können, entgeltliche Konzerte veranstaltet werden, virtuelle Ladengeschäfte betrieben werden usw. Im Gegensatz zu einigen Wettbewerbern, die sog. dezentralisierte Plattformen betreiben, bei denen die technischen Parameter, Verhaltensregeln, Ausbaupläne usw. durch Token-Based Voting bzw. eine Decentralized Autonomous Organization (DAO) festgelegt werden, geschieht dies bei MetaMat zentralisiert durch B.
Der Modeartikelhersteller M kauft am vom Betreiber einige zusammenhängende Parzellen virtuellen Landes in bester Lage. Der Kauf gewährt M, gesichert durch Eintrag in einer Blockchain, das alleinige und immerwährende Recht, dieses virtuelle Land zu nutzen, unterzuvermieten oder ganz oder in Teilen (Parzellen) zu veräußern. M will auf dem „Grundstück“ allgemein Werbung für seine Produkte betreiben und speziell exklusiv für die MetaMat-Nutzer designte Produkte verkaufen. Der Plattformbetreiber B schuldet nach seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen jedem Grundstückskäufer reasonable efforts, die virtuelle Welt zu betreiben und weiterzuentwickeln.
Alle Transaktionen in der MetaMat finden in der für diese geschaffenen blockchainbasierten, algorithmisch volumenbegrenzten Währung Metacoin statt. M wendet für den Kauf des Grundstücks 5 Mio. Metacoins auf. Die Metacoins können an einigen großen „Kryptobörsen“ mit liquiden Märkten zu tagesaktuellen Notierungen für Euro oder USD erworben oder in diese umgetauscht werden. Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks und der Coins haben 5 Metacoins einen Wert von 1 €. Der umgerechnete Erwerbspreis für das virtuelle Grundstück beträgt demzufolge 1 Mio. €. Daneben fallen Kosten von 0,2 Mio. € für externe Berater an, die u. a. bei der Suche nach dem passenden Grundstück geholfen haben. In 02 wird ein Teil des Grundstücks gewinnbringend veräußert (dazu Fortsetzung des Sachverhalts in Kap. II).