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Grundlagen - Stand: 27.06.2022

Außerordentliche Einkünfte

Udo Vanheiden

Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition der außerordentlichen Einkünfte

Durch die Zusammenrechnung von laufenden Einkünften mit den außerordentlichen Einkünften können sich erhebliche progressionsbedingte steuerliche Belastungen ergeben. Aus dem Begriff „außerordentlich” ergibt sich, dass es sich um Einkünfte handeln muss, die nicht regelmäßig wiederkehren und auf Vorgängen beruhen, die innerhalb der jeweiligen Einkunftsart ungewöhnlich sind. Durch das Gesetz wird der Begriff „außerordentlich” selbst nicht definiert. Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist - auf alle im Veranlagungszeitraum enthaltenen außerordentlichen Einkünfte - die Einkommensteuer in einem besonderen Verfahren (Tarifermäßigung) zu ermitteln. Die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG ist nicht von einem Antrag abhängig, sondern wird von Amts wegen zu berücksichtigen.

Die außerordentlichen Einkünfte werden hierbei mit dem Fünffachen, der auf ein Fünftel der außerordentlichen Einkünfte entfallenden Einkommensteuer des allgemeinen Tarifs (§ 32a EStG), besteuert (Tarifglättung).

Die Vorschrift schafft keine eigene Einkunftsart, sondern setzt voraus, dass die außerordentlichen Einkünfte unter eine der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG fallen.

II. Begünstigte Einkünfte

Die folgende Aufzählung (§ 34 Abs. 2 EStG) der außerordentlichen Einkünfte ist abschließend:

1. Veräußerungsgewinne (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG)

Tarifbegünstigte Veräußerungsgewinne i. S. d. §§ 14, 14a Absatz 1, 16 und 18 Abs. 3 EStG liegen grundsätzlich nur dann vor, wenn alle stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt werden (R 34.1 Abs. 2 EStR).

Veräußerungsgewinnen gleichgestellt sind Gewinne aus der Aufgabe eines Betriebes, Teilbetriebes oder eines Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG).

Einbringungsgewinne können nur tarifbegünstigt besteuert werden, wenn die aufnehmende Gesellschaft alle stillen Reserven einschließlich Firmenwert aufdeckt (§ 24 Abs. 3 UmwStG).

Ausgenommen von der Tarifbegrenzung sind – zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Doppelentlastung – die steuerpflichtigen Teile der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nr. 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 EStG teilweise steuerbefreit sind.

§ 34 EStG und §§ 6b , 6c EStG schließen sich aus (§ 34 Abs. 1 Satz 4 EStG). Werden gebildete Rücklagen mangels Reininvestition aufgelöst, stellen die Auflösungsgewinne laufende Gewinne dar, die nicht begünstigt i. S. d. § 34 EStG sind.

Besonderheiten ergeben sich in Fällen, in denen Verluste zu verrechnen sind (R 34.1 Abs. 3 Satz 2 EStR).

2. Entschädigungen (§ 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG)

Als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Satz 1 Nr. 1a EStG):

  • Voraussetzung ist der Ersatz für unmittelbar entgangene oder entgehende konkrete Einnahmen.

  • Die Veranlassung erfolgt durch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer darf grundsätzlich nicht aus eigenem Antrieb gehandelt haben.

  • Voraussetzung ist eine neue Rechts- oder Billigkeitsgrundlage.

  • Der Tatbestand dieser Vorschrift ist nur erfüllt, wenn gleichzeitig das Dienstverhältnis beendet wird.

  • Abgrenzung zwischen arbeitsvertraglichen Erfüllungsleistungen und Entschädigungen

  • Abgrenzung zwischen Entschädigungen aufgrund einer Körperverletzung und Zahlungen die den Verdienstausfall ersetzen

Hinweis: Die Vorschrift § 3 Nr. 9 EStG wurde durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm ab dem Veranlagungszeitraum 2006 aufgehoben. Abfindungszahlungen stellen danach in vollem Umfang steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Abfindungen werden jedoch - soweit die Voraussetzungen vorliegen - weiterhin als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt besteuert.

Für Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche (§ 24 Satz 1 Nr. 1b EStG):

  • Dazu zählen alle Entschädigungen, die als Gegenleistung für den Verzicht auf eine künftige mögliche Einkunftserzielung gezahlt werden.

  • Zahlung kann auch für ein zukünftiges Verhalten geleistet werden (z.B. für eine Wettbewerbsenthaltung).

  • Das Dienstverhältnis muss insbesondere nicht auf Druck des Arbeitgebers beendet werden. Nach dem BFH ist bei einer an einen Arbeitnehmer gezahlten Abfindung i. d. R. davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer bei Abschluss des Aufhebungsvertrags unter einem tatsächlichen Druck stand und nicht freiwillig auf künftige Gehaltszahlungen verzichtet hat.

  • Ein neuer Rechtsgrund für eine Zahlung ist nicht erforderlich. Er kann sich schon aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag ergeben.

Zu Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter (§ 24 Satz 1 Nr. 1c EStG)

Entschädigungen gleich welcher Einkunftsart sind nur begünstigt, wenn es sich um außerordentliche Einkünfte handelt (R 34.3 EStR).

Eine Tarifbegünstigung liegt danach nur vor, wenn die Entschädigung zu einer Zusammenballung von Einkünften innerhalb eines Veranlagungszeitraums führt (H 34.3 EStH). Übersteigt die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Entschädigung die bis zum Ende des Veranlagungszeitraums entgehenden Einnahmen nicht und bezieht der Steuerpflichtige keine weiteren Einnahmen, die er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bezogen hätte, so ist das Merkmal der Zusammenballung von Einkünften nicht erfüllt (Vergleichsrechnung).

Für die Frage, ob ein zusammengeballter Zufluss von Einkünften vorliegt, sind nur die steuerpflichtigen Einkünfte maßgeblich.

Besteht die Entschädigung aus mehreren zusammenhängenden Bestandteilen, so sind diese als einheitliche Entschädigung anzusehen.

Tarifbegünstigt ist jeweils nur die Nettoentschädigungsleistung (Entschädigung abzüglich Betriebsausgaben oder Werbungskosten).

Bei Rückzahlung einer Entschädigung ist die Tarifbegünstigung des ursprünglichen Veranlagungszeitraums zu korrigieren (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).

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