Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
StuB Nr. 4 vom Seite 157

Umsatzsteuerliche Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020

Ein Überblick

StB Robert C. Prätzler

Der Gesetzgeber hat rechtzeitig vor dem das Gesetzgebungsverfahren für das sehr umfangreiche Jahressteuergesetz 2020 vollenden können. Das Gesetz enthält die umfangreichsten Änderungen umsatzsteuerlicher Vorschriften seit vielen Jahren. Im Folgenden werden die wesentlichen Maßnahmen im Überblick dargestellt und teilweise einer Einordnung in den Gesamtzusammenhang unterzogen.

Bolik/Kindler/Bossmann, Das Jahressteuergesetz 2020: Großer Umfang, wenig drin?, StuB 19/2020 S. 737, NWB QAAAH-59223

Kernfragen
  • Was ist das Kernelement der umsatzsteuerlichen Änderungen im Rahmen des JStG 2020?

  • Welche Änderungen erfolgen bei den Steuer- befreiungen?

  • Welche Neuerungen ergeben sich bei der Rechnungsberichtigung als rückwirkendes Ereignis?

I. Kernelement: Umsetzung des Digitalpakets der Europäischen Union mit flankierenden Anpassungen

1. Vorbemerkungen

[i]Huschens, Änderungen im Umsatzsteuerrecht zum Jahreswechsel 2020/2021, USt direkt digital 24/2020 S. 18, NWB BAAAH-66544 Prätzler, Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Versandhandel ab 1.1.2021, StuB 4/2020 S. 143, NWB FAAAH-42204 Prätzler, Umfassende Mehrwertsteuerreform für den E-Commerce 2019 und 2021, StuB 12/2018 S. 421, NWB QAAAG-86118 Bereits vor längerer Zeit wurde auf EU-Ebene beschlossen, die Mehrwertsteuervorschriften für den Versandhandel zu reformieren. Aus dem „Digitalpaket“ ergeben sich umfangreiche Änderungen. Insbesondere wird die Systematik der Lieferorte und Lieferschwellen neu gefasst und die neuen Tatbestände des innergemeinschaftlichen Fernverkaufs von Gegenständen (vgl. Art. 14 Abs. 4 Nr. 1 MwStSystRL n. F.) und des Fernverkaufs von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen eingeführt (vgl. Art. 14 Abs. 4 Nr. 2 MwStSystRL n. F.). Für sog. elektronische Schnittstellen gelten teilweise fiktive Lieferketten, d. h. diese werden umsatzsteuerlich so gestellt, als hätten sie die Gegenstände eingekauft und weiterverkauft (vgl. Art. 14a MwStSystRL n. F.). Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten wurden flankierend eingeführt. Ergänzend fällt die Einfuhrabgabenbefreiung für Kleinsendungen („22 €-Grenze“) weg. Zugleich wird als Erleichterung für die Stpfl. das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren (MOSS) zu einem One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) erweitert, das zukünftig auch die genannten Fernverkäufe und andere im Ausland steuerbare B2C-Dienstleistungen erfasst (vgl. Art. 369l bis 369x MwStSystRL n. F. und Art. 369a bis 369k MwStSystRL n. F.).

Noch vor der zum vorgesehenen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten kam es zu größeren Änderungen des Reformpakets. Die Covid-19-Pandemie bewog schließlich die Mitgliedstaaten dazu, den Umsetzungstermin auf den zu verschieben.

Ein Überblick über die wesentlichen Anpassungen des UStG zur Umsetzung des Digitalpakets findet sich in den folgenden Abschnitten.

2. Umsetzung des One-Stop-Shop-Verfahrens (OSS)

Bisher gilt das sog. Mini-One-Stop-Shop-Verfahren („Kleine Einheitliche Anlaufstelle“ = KEA) nur für sonstige Leistungen i. S. des § 3a Abs. 5 UStG (das sind elektronisch erbrachte S. 158Leistungen, Rundfunk-, Fernseh- oder Telekommunikationsleistungen, jeweils an Nichtsteuerpflichtige) und ermöglicht es teilnehmenden Unternehmen, diese Umsätze getrennt nach Staaten zentral in einem Mitgliedstaat anzumelden, anstatt sich in jedem Mitgliedstaat zu registrieren. Die Mitgliedstaaten gleichen die Salden untereinander aus. Dabei melden Stpfl. aus der EU i. d. R. in ihrem Heimatstaat, während solche aus Drittstaaten ein Registrierungsland auswählen können.