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StuB Nr. 14 vom Seite 574

Umsatzsteuer beim Versandhandel seit dem 1.7.2021

Umsetzung der zweiten Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets

StB Robert C. Prätzler

Mit dem JStG 2020 wird die zweite Stufe des europäischen Mehrwertsteuer-Digitalpakets zum im UStG umgesetzt. Der folgende Beitrag befasst sich im Schwerpunkt mit diesen Neuregelungen aus deutscher Sicht. Zusätzlich wird auf die umfangreichen neuen Vorschriften für elektronische Marktplätze bzw. Schnittstellen eingegangen.

Kernfragen
  • Was ist seit dem beim Versandhandel zu beachten?

  • Was gilt für sog. elektronische Schnittstellen?

  • Worauf ist bei neuen One-Stop-Shop-Verfahren hinzuweisen?

I. Einführung

[i]Ramb, Umsetzung der zweiten Stufe des MwSt-Digitalpakets durch das JStG 2020, NWB 23/2021 S. 1676, NWB GAAAH-80674 Möller, Zweite Stufe des Mehrwertsteuer-Digitalpakets, USt direkt digital 10/2021 S. 11, NWB MAAAH-78599 Langer, in: Küffner/Zugmaier, UStG, § 3c, NWB AAAAB-75361 Seit dem gelten zahlreiche neue Umsatzsteuervorschriften in der Europäischen Union (EU). Diese wirken sich in erster Linie auf Unternehmen aus, die grenzüberschreitend Versandhandel betreiben, d. h. Waren an nichtunternehmerische Abnehmer verkaufen und versenden. Deutschland hat die relevanten Vorschriften mit dem JStG 2020 umgesetzt. Zur Anwendung ergingen zwei BMF-Schreiben.

Wesentlicher Hintergrund der Änderungen ist eine bessere Steuererhebung im Internethandel. Insbesondere hatte die EU festgestellt, dass betrügerische Marktteilnehmer die eigentlich im Bestimmungsland geschuldete Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Handel nicht anmeldeten oder missbräuchlich die Einfuhrabgabenbefreiungen für geringwertige Sendungen durch Falschangaben ausnutzten. Zum Maßnahmenpaket gehört daher neben den im folgenden beschriebenen Regelungen eine Abschaffung der genannten Einfuhrabgabenbefreiung.

II. Das neue System für den Versandhandel in der EU

Die Vorschriften, die in diesem Kapitel besprochen werden, gelten unabhängig davon, ob ein Unternehmer den Versandhandel über das Internet oder konventionell z. B. mit Katalogen oder Bestellformularen über Anzeigen betreibt. Ein wichtiger neuer Begriff ist der „Fernverkauf“. Seit dem behandelt der § 3c UStG alternative Formen solcher Fernverkäufe, die im Folgenden näher beschrieben werden.

1. Innergemeinschaftlicher Fernverkauf – niedrigere Lieferschwellen

Ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf ist eine Warenlieferung aus einem Mitgliedstaat der EU in einen anderen Mitgliedstaat an einen Nichtsteuerpflichtigen unter mindestens indirekter Beteiligung des Lieferers am Transport. Wie bisher muss der Erwerber kein Stpfl. i. S. der Mehrwertsteuer sein, d. h. in erster Linie betrifft die Regelung Verkäufe an private Verbraucher (B2C; vgl. § 3c Abs. 1 Satz 3 UStG). Montagelieferungen, differenzbesteuerte Waren und neue Fahrzeuge werden ausgeklammert (vgl. § 3c Abs. 5 UStG). Dies entspricht weitgehend dem § 3c UStG a. F.

Sehr bedeutsam ist allerdings, dass die Lieferschwellen komplett neu definiert und dramatisch reduziert werden. S. 575Bisher wurden Lieferer beim Versandhandel im Bestimmungsland erst steuerpflichtig, wenn sie eine für dieses Land geltende jährliche Lieferschwelle überschritten hatten oder auf diese verzichteten. Die entsprechende Schwelle betrug je nach Staat entweder 100.000 € (z. B. im deutschen Recht) oder 35.000 € bzw. jeweils den Gegenwert in Landeswährung.