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Steuerfolgen der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. des § 17 EStG
Überblick zu den ertrag-, erb- bzw. schenkung- und grunderwerbsteuerlichen Folgen
Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. des § 17 EStG kann auf unterschiedlichen Wegen (Kauf, Schenkung, Übertragung im Erwerb von Todes wegen) erfolgen. Die Grundsätze der ertrag- und erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen sowie grunderwerbsteuerlichen Folgen von Übertragungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. des § 17 EStG zeigt der nachfolgende Beitrag auf.
Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. des § 17 EStG kann entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Im Falle einer teilentgeltlichen Übertragung erfolgt eine Aufteilung des Vorgangs in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil (sogenannte Trennungstheorie). Die unentgeltliche Übertragung kann der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer unterliegen und in Ausnahmefällen eine sogenannte Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG auslösen.
Nießbrauch und Versorgungsleistungen, welche die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfüllen, stellen aus ertragsteuerlicher Sicht kein Entgelt dar, werden aber als solches bei der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer berücksichtigt.
Über die ertrag- und erbschaftsteuerlichen Folgen hinaus kann die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auch Grunderwerbsteuer auslösen. Voraussetzung ist, dass durch die Übertragung der Anteile ein sogenannter Share Deal ausgelöst wird (vgl. § 1 Abs. 2b, 3, 3a GrEStG).
I. Entgeltliche Übertragungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. des § 17 EStG
Der Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, Unternehmergesellschaft, KGaA) dürfte wohl der klassische Anwendungsfall einer entgeltlichen Übertragung von Beteiligungen i. S. des § 17 EStG sein. Dabei ist auch die verdeckte Einlage einer solchen Beteiligung in eine andere Kapitalgesellschaft der Veräußerung gleichgestellt, nicht aber bspw. die unentgeltliche Übertragung auf eine Stiftung (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Von einer entgeltlichen Übertragung ist auszugehen, wenn der Wert der Anteile (z. B. Aktien, Anteile an GmbH, Genussscheine o. a.) und die Gegenleistung nach wirtschaftlichen Kriterien ausgeglichen sind, also kein (grobes) Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Auf die Art der Gegenleistung kommt es dabei nicht an. Die Gegenleistung kann bspw. durch ein Entgelt (Einmalbetrag), die Übernahme von Verbindlichkeiten oder wiederkehrende, ggf. lebenslange Leistungen entrichtet werden.
Der Vorbehalt eines Nießbrauchs stellt aus ertragsteuerlicher Sicht keine Gegenleistung dar. Nach Auffassung des BFH ist die Übertragung einer wesentlichen Beteiligung i. S. des § 17 EStG unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine unentgeltliche Vermögensübertragung und damit keine Veräußerung i. S. des § 17 EStG. Danach liegt eine Anteilsveräußerung auch dann nicht vor, wenn das Nießbrauchrecht später abgelöst wird und der Nießbraucher für seinen Verzicht eine Abstandszahlung erhält, sofern der Verzicht auf einer neuen Entwicklung der Verhältnisse beruht (Ablehnung des sogenannten Surrogationsprinzips). Aus erbschaft- bzw. schenkungsteuerlicher Sicht wird der Nießbrauch hingegen wie eine Gegenleistung behandelt, so dass sich der Wert der Schenkung entsprechend mindert.
Weitere Besonderheiten ergeben sich bei Vereinbarung sogenannter Versorgungsleistungen. Mit seinem Urteil v. - IX R 11/19 hat der BFH hinsichtlich der Behandlung von Versorgungsleistungen bei Übertragung von Vermögen entschieden, dass diese grundsätzlich ein Entgelt darstellen. Von diesem Grundsatz ist nur dann abzuweichen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfüllt sind, weil der Gesetzgeber ausdrücklich nur diesen Bereich privilegieren wollte. Unterfallen die Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen dem genannS. 221ten Anwendungsbereich, erfolgt die Übertragung der Beteiligung insoweit unentgeltlich, andernfalls entgeltlich.
Dabei gilt, dass die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nur ausnahmsweise dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG unterfällt und zwar, wenn die Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geleistet werden, sofern der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt. In allen anderen Fällen wird die Übertragung von Privatvermögen nicht von § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfasst. Sollte eine solche Ausnahme vorliegen, liegt aus ertragsteuerlicher Sicht eine unentgeltliche Vermögensübertragung vor (zu den Steuerfolgen siehe unter III), die Übertragung löst keine ertragsteuerlichen Folgen aus. In allen anderen Fällen (Übertragung von Anteilen i. S. des § 17 EStG, welche die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG nicht erfüllen, Grundstücke etc.) stellen die Versorgungsleistungen ein Entgelt dar.
Liegt eine Veräußerung i. S. des § 17 EStG von Anteilen an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft vor, ist auf Ebene des Veräußerers ein entsprechender Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer (ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag) zu unterwerfen. Steuerpflichtig ist dabei der Veräußerungsgewinn als Differenz zwischen dem Veräußerungspreis abzüglich der Veräußerungskosten und der Anschaffungskosten. Dieser unterliegt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG dem Teileinkünfteverfahren, weshalb er zu 40 % steuerfrei ist. Veräußerungskosten und Anschaffungskosten können damit korrespondierend gemäß § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60 % angesetzt werden, weshalb der Veräußerungsgewinn im Ergebnis zu 60 % der Einkommensteuer (ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag) unterliegt. Obwohl der Anteilseigner gewerbliche Einkünfte erzielt, unterliegt der Gewinn nicht der Gewerbesteuer.
Die Anschaffungskosten und -nebenkosten (Kaufpreis, Gebühren etc.) umfassen neben den ursprünglichen Aufwendungen, die geleistet werden, um die Anteile zu erwerben, auch nachträgliche Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten zählen, gemäß § 17 Abs. 2a EStG, insbesondere offene und verdeckte Einlagen sowie Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Die Regelung des § 17 Abs. 2a EStG wurde mit dem Jahressteuergesetz 2019 als Reaktion auf die geänderte BFH-Rechtsprechung eingeführt. Der BFH hatte in seinem Urteil v. - VIII R 13/15 entschieden, dass entsprechende Darlehensverluste als Verluste aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen sind. Um dem entgegenzutreten, qualifizierte der Gesetzgeber entsprechende Darlehensverluste als nachträgliche Anschaffungskosten gemäß § 17 Abs. 2a EStG, wodurch der aus dem Darlehensausfall resultierende Aufwand sich erst bei Veräußerung der Anteile an Kapitalgesellschaften auswirkt.
Soweit danach ein Veräußerungsverlust entsteht, ist § 17 Abs. 1 Satz 6 EStG zu beachten, der die Verlustberücksichtigung einschränkt. Für den Veräußerungsgewinn wird ggf. ein Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG gewährt. Die Höhe des Freibetrags ist abhängig von der Beteiligung und reduziert sich in Abhängigkeit von der Höhe des Gewinns. Die praktische Relevanz des Freibetrags ist gering.