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BBK Nr. 8 vom Seite 355

Buchungen bei rückwirkend gewährten Belegschaftsrabatten

Dr. Volker Endert

In der [i]Schönfeld/Plenker, Rabatte, Rabattfreibetrag, Lexikon Lohnbüro NWB AAAAD-14815 Praxis kann es vorkommen, dass Belegschaftsrabatte auf die unternehmenseigene Produktpalette erst im Nachhinein gewährt werden. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, häufig liegt dies jedoch an der systemtechnischen Abwicklung, die keine Sonderrabatte für Mitarbeitende zulässt, oder an der zielgerichteten Anwendung des Rabattfreibetrags gem. § 8 Abs. 3 EStG. Oft stellen sich bei einer solch nachträglichen Rabattgewährung diverse Fragen im Zusammenspiel zwischen Lohnsteuer, Umsatzsteuer und sachgerechter Verbuchung. Diese Problematik soll nachfolgend systematisch dargestellt und anhand eines konkreten Beispielsfalls gelöst werden.

I. Besteuerung von Belegschaftsrabatten nach § 8 Abs. 3 EStG

1. Anwendungsvoraussetzungen

[i]Heuser, Mitarbeitermotivation durch steuerlich begünstigte Bezüge mit oder ohne Gehaltsumwandlung, BBK 11/2016 S. 535 NWB DAAAF-74269 Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden häufig spezielle Personal- oder Belegschaftsrabatte auf das eigene Produktportfolio an, um diesen die selbst hergestellten oder gehandelten Produkte vergünstigt zukommen zu lassen. Hierdurch ergeben sich sowohl für die Mitarbeitenden als auch das Unternehmen selbst zahlreiche Vorteile. Beispielsweise kann kostengünstig die intrinsische Motivation und Verbundenheit der Mitarbeitenden zum Unternehmen gesteigert werden. Das Unternehmen selbst kann seine Produkte absetzen und trotz Rabattgewährung ggf. noch Gewinne hierdurch erzielen. Darüber hinaus können diese Rabatte im Vergütungspaket der Mitarbeiter Berücksichtigung finden, um in den bestehenden Grenzen steuerfreien Arbeitslohn zu gewähren und somit auch die Attraktivität des Arbeitgebers zu steigern.

Die Besteuerung [i]Schmidt/Wiebecke, Sachzuwendungen an Arbeitnehmer, Grundlagen NWB IAAAE-67929 von solchen Belegschaftsrabatten ist in § 8 Abs. 3 EStG umfassend geregelt. Die Vorschrift sieht den Abzug eines pauschalen Rabatts sowie einen Freibetrag vor, unterhalb dessen Zuwendungen nicht besteuert werden. Voraussetzung zur S. 356Anwendung der Vorschrift ist zunächst, dass Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 EStG vorliegt. Nicht jedweder Verkaufsvorgang eines Unternehmens an die eigene Belegschaft unter Gewährung von Rabatten führt dazu, dass § 8 Abs. 3 EStG anzuwenden ist. Es kann beim Verkauf auch lediglich ein üblicher Nachlass gewährt werden, den auch fremde Dritte erhalten können, oder die Belegschaft erwirbt ganz „normal“ Produkte des eigenen Arbeitgebers, ohne dass hierbei Arbeitslohn anzunehmen ist. In derartigen Fällen liegt bereits keine Sachzuwendung des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer vor. Deshalb ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Rabattgewährung mit Rücksicht auf das bestehende Arbeitsverhältnis gewährt wird und daher eine entsprechende Sachzuwendung anzunehmen ist oder nicht.

Hinweis:

Unerheblich [i]Rabatte für künftige oder ehemalige Arbeitnehmer ist hingegen, ob die Rabatte aufgrund eines bestehenden, vergangenen oder künftigen Arbeitsverhältnisses gewährt werden, d. h. eine Rabattgewährung kann auch an ehemalige oder künftige Arbeitnehmer gewährt werden. Voraussetzung ist insoweit, dass die Gewährung des Sachbezugs an den Arbeitnehmer aufgrund „seines Dienstverhältnisses“ erfolgt.

Darüber hinaus [i]Welche Waren und Dienstleistungen sind erfasst? muss das Unternehmen der Belegschaft Waren oder Dienstleistungen zuwenden, die nicht überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden. Hierdurch soll vermieden werden, dass Arbeitslohn durch Sachzuwendungen ersetzt und diese begünstigt besteuert werden. Die Auslegung der Begriffe Waren und Dienstleistungen hat hierbei allerdings weit zu erfolgen und muss auch nicht zwangsläufig Produkte betreffen, die zum „üblichen Geschäftsgegenstand“ des Unternehmens zählen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die betreffenden Waren oder Dienstleistungen vom Unternehmen als Marktteilnehmer an die Mitarbeitenden erbracht werden. Schädlich ist allein die Vermittlung der Waren oder Dienstleistungen, die gerade nicht ausreichend für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist. Die Schwelle, ab wann eine derartige Marktteilnahme vorliegt oder nicht, kann in der Praxis mit erheblichen Beurteilungsschwierigkeiten behaftet sein, insbesondere, sofern es sich um Geschäfte handelt, die nur selten vom Unternehmen durchgeführt werden, wie z. B. die Veräußerung von Dienstwagen an Arbeitnehmer.

I. d. R. sollten [i]Endert, Verkauf von Dienstwagen an Arbeitnehmer, BBK 23/2020 S. 1122 NWB VAAAH-65159 die Waren oder Dienstleistungen mindestens im gleichen Umfang wie an eigene Arbeitnehmer auch an fremde Dritte veräußert werden. M. E. ist nicht zwangsläufig auf das Kalenderjahr abzustellen, in dem die Produkte veräußert werden, gleichwohl empfiehlt es sich, in Zweifelsfällen vorab eine Anrufungsauskunft gem. § 42e EStG einzuholen. Liegen die Voraussetzungen der Vorschrift vor, ist eine Erfassung der Sachzuwendungen gem. § 8 Abs. 3 EStG grundsätzlich möglich.

Hinweis:

Die [i]Wahlrecht zwischen § 8 Abs. 3 und Abs. 2 EStGAnwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist grundsätzlich keine Pflicht. Sofern die Voraussetzungen zur Pauschalbesteuerung nach § 40 EStG vorliegen, kann der Arbeitgeber auch die Anwendung der Pauschalbesteuerung sowie die Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG frei wählen. S. 357

2. Berechnung des lohnsteuerlichen Vorteils

Liegen die [i]Bewertung der Sachzuwendungen Voraussetzungen für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG vor, hat zunächst eine Bewertung der Sachzuwendungen für Zwecke der Lohnsteuer zu erfolgen. Hierfür ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG der „Endpreis“ zu ermitteln, welcher nochmals pauschal um 4 % zu kürzen ist. Als Endpreis ist der durchschnittliche Preis anzusetzen, den fremde Letztverbraucher am Abgabeort üblicherweise zahlen. Hierbei sind übliche Rabatte in voller Höhe zu berücksichtigen.

Dies bedeutet zwar einerseits, dass nur Verkaufsstellen in der näheren Umgebung zu berücksichtigen sind, andererseits können aber auch Angebote aus dem Internet in die Betrachtung einzubeziehen sein. Eine besondere Bedeutung erfährt die Ermittlung bei Produkten, die nur über eine beschränkt mobile Fungibilität verfügen wie z. B. (erneut) Pkw.

Hinweis:

Rabatte, die [i]Besondere Rabatte lediglich bestimmten Gruppen von Abnehmern gewährt werden (z. B. für Schüler und Studenten), sind demgegenüber bei der Ermittlung des Endpreises am Abgabeort nicht zu berücksichtigen.

Von dem [i]Abzug entrichteter Entgelte des Mitarbeiters sich nach dieser Systematik ergebenden Wert sind dann noch die vom Arbeitnehmer entrichteten Entgelte gem. § 8 Abs. 3 EStG abzuziehen. Lediglich der das Entgelt übersteigende Teil ist als Sachbezug grundsätzlich der Lohnversteuerung zu unterwerfen. Allerdings besteht zusätzlich für sämtliche erhaltenen Vorteile eines Kalenderjahres gem. § 8 Abs. 3 EStG ein Freibetrag von 1.080 € (sog. Rabattfreibetrag). Die Anwendung dieses Rabattfreibetrags kann es – wie bereits dargestellt – für Arbeitnehmer und Arbeitgeber daher besonders attraktiv machen, Rabatt zu gewähren und den Arbeitnehmern entsprechende Vorteile einzuräumen.