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BBK Nr. 4 vom Seite 166

Bilanzierung von Gewinnansprüchen aus Kapitalgesellschaften und ihre steuerliche Behandlung

Wolfgang Eggert

Der Anspruch [i]Schneider/Müller, Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften, NWB 9/2021 S. 651 NWB GAAAH-72399 auf eine Gewinnausschüttung von einer Kapitalgesellschaft wird mit dem Ausschüttungsbeschluss als Ertrag erfasst. Eine sog. phasengleiche Gewinnvereinnahmung kommt für die Handelsbilanz dabei nur in Betracht, wenn die besonderen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Dieses Buchführungs-Seminar zeigt mit in der Praxis häufig vorkommenden Fällen, welche Buchungen sich daraus ergeben. In der nächsten BBK-Ausgabe wird es dann um Ansprüche aus Personengesellschaften gehen.

I. Bilanzierung in der Handelsbilanz

1. Ansatz und Zeitpunkt

[i]Keine Buchung bei ThesaurierungIst die Beteiligungsgesellschaft eine Kapitalgesellschaft, werden Ansprüche beim Beteiligten nicht erfasst, falls die Gewinne lediglich thesauriert werden. Dies gilt trotz der Vorschrift des § 29 Abs. 1 GmbHG, der den Gesellschaftern einen Anspruch auf den (anteiligen) Jahresüberschuss zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags einräumt. Auch § 58 Abs. 4 AktG schafft keinen ausreichenden Anspruch. Die Begründung für diese Handhabung ist das Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.

[i]Gewinnausschüttungsbeschluss erforderlichNotwendig und damit wertbegründend für den Ansatz eines Ertrags ist, dass ein schuldrechtlicher Anspruch gegeben ist. Dieser erfordert den aufgestellten Jahresabschluss, die Feststellung von diesem sowie einen Gewinnausschüttungsbeschluss (§ 174 AktG oder §§ 29, 46 Nr. 1 GmbHG). Erst zu dem Zeitpunkt, zu dem alle Voraussetzungen gegeben sind, darf ein Ertrag gebucht werden. S. 167

[i]Phasengleiche GewinnerfassungIm Ausnahmefall erfolgt unter nachfolgenden Voraussetzungen die sog. phasengleiche Erfassung:

  • Mutter- und Tochtergesellschaft bilden einen Konzern (vgl. §§ 17, 18 AktG),

  • die Beteiligungshöhe beträgt 100 %,

  • die Geschäftsjahre beider Gesellschaften sind deckungsgleich,

  • der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft wurde für das fragliche Geschäftsjahr von der Gesellschafterversammlung vor Abschluss der Prüfung des Jahresabschlusses der Muttergesellschaft für dieses Geschäftsjahr festgestellt und

  • die Gewinnverwendung wurde beschlossen.

Durch die Regelung des § 272 Abs. 5 HGB im Zuge des BilRUG hat sich im Endergebnis keine abweichende rechtliche Lage ergeben.

[i]Gehrmann, Gewinnausschüttung, infoCenter NWB MAAAB-05664 Eine Vorabgewinnausschüttung stellt nach der Auffassung des IDW erst dann einen Ertrag dar, wenn die Voraussetzungen für eine phasengleiche Gewinnvereinnahmung vorliegen. Bis dahin ist eine Verbindlichkeit zu erfassen.

Hinweis:

Es liegt auf der Hand, dass die aufgezeigte Rechtsprechung des EuGH und des BGH ein faktisches Wahlrecht zur phasengleichen Vereinnahmung ergibt. Wird der Abschluss des Tochterunternehmens nach dem der Muttergesellschaft aufgestellt, sind nicht alle Voraussetzungen zur phasengleichen Erfassung gegeben; diese muss dann zwingend entfallen.

Verluste aus Beteiligungsunternehmen sind nicht zu erfassen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob der niedrigere beizulegende Wert als Bewertungsmaßstab relevant ist (§ 253 Abs. 4 HGB).

2. Bilanzausweis des Anspruchs

[i]Differenzierung bei der Erfassung des Anspruchs erforderlichIst ein Gewinnanspruch zu erfassen, erfolgt die Buchung zwingend (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB) bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst mit dem Zufluss. Denkbar sind folgende Positionen:

  • Sonstige Vermögensgegenstände nach § 266 Abs. 2 B.II.4. HGB – aber nur, soweit nicht die nachfolgenden Bilanzposten in Frage kommen.

  • Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht nach § 266 Abs. 2 B.II.4. HGB, falls der Beteiligungsbegriff erfüllt ist.

  • Forderungen gegen verbundene Unternehmen nach § 266 Abs. 2 B.II.4. HGB für den Fall, dass Letztere vorliegen.

[i]Utz/Frank, Anteile an verbundenen Unternehmen (HGB), infoCenter NWB MAAAE-52632 Verbundene Unternehmen liegen gem. § 271 Abs. 2 HGB insbesondere vor, wenn Mutter- oder Tochterunternehmen in einen Konzernabschluss einzubeziehen wären. Ob die Konzernabschlusserstellung tatsächlich erfolgt, ist ohne Bedeutung. Insbesondere die größenabhängige Befreiung bei der Konzernabschlussaufstellung (§ 293 HGB) ist also keine Begründung, vom Ausweis bei den verbundenen Unternehmen abzusehen. Vielmehr ist entscheidend, ob ein Mutter-Tochter-Verhältnis i. S. von § 290 HGB vorliegt. Dazu braucht es einen beherrschenden Einfluss, der in der Praxis insbesondere bei der Mehrheit der Stimmrechte (nicht Anteile!) vorliegt (vgl. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Auf die weiteren Fälle in § 290 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 HGB wird hingewiesen. S. 168

[i]Beteiligungsvermutung bei Anteilen > 20 %Der Beteiligungsbegriff erfordert „weniger“ als der des verbundenen Unternehmens. Beteiligungen sind bereits Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen (§ 271 Abs. 1 Satz 1 HGB). Eine Beteiligung wird vermutet, wenn die Anteile an einem Unternehmen insgesamt 20 % des Nennkapitals dieses Unternehmens überschreiten (§ 271 Abs. 1 Satz 2 HGB). Der Begriff der Vermutung zeigt an, dass im Zweifel eine Beteiligung vorliegt, diese Vermutung aber auch widerlegbar ist.

Die [i]Kolbe, Beteiligungserträge (HGB, EStG), infoCenter NWB GAAAF-76413 Grenze von 20 % ist zwar in der Praxis beliebt, da sie einfach zu überprüfen ist. Aber auch bei bis zu 20 % Anteilsbesitz liegt eine Beteiligung dann vor, wenn die Definition des § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB erfüllt ist. So gelten Anteile an Personenhandelsgesellschaften immer als Beteiligung, wenn die Absicht besteht, sie dauerhaft zu halten.

Hinweis:

Erfüllen die Anteile sowohl die Definition der Beteiligung als auch die eines verbundenen Unternehmens, geht letzterer Ausweis vor.

3. Bewertung und Ausweis des Ertrags

[i]Erfassung des BruttoertragsDie Bewertung des Beteiligungsertrags erfolgt mit dem Betrag der beschlossenen Gewinnausschüttung. Da es sich in nahezu allen Fällen um einen Geldanspruch handelt, verursacht dessen Ermittlung keine Schwierigkeiten.

Zu beachten ist lediglich, dass der sog. Bruttoertrag zu buchen ist, obwohl nur der Nettoertrag, also derjenige unter Abzug von 25 % Kapitalertragsteuer, 5,5 % Solidaritätszuschlag auf die Kapitalertragsteuer und ggf. Kirchensteuer, zufließt.

Der Ertrag ist als Ertrag aus Beteiligungen nach § 275 Abs. 2 Nr. 9 HGB oder als Ertrag aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens (auch hier ggf. mit einem sog. davon-Vermerk aus verbundenen Unternehmen) nach § 275 Abs. 2 Nr. 10 HGB zu buchen.

[i]Cremer, Erträge aus Anteilen an Kapitalgesellschaften, Kontierungslexikon NWB JAAAG-58881 Bei der Buchung des Steueraufwands ist zu unterscheiden:

  • Erfolgt die Ausschüttung an eine Kapitalgesellschaft, werden in Höhe der Abzugssteuern per Saldo Steuern vom Einkommen und Ertrag (§ 275 Abs. 2 Nr. 14 HGB) erfasst.

  • Erfolgt die Ausschüttung an eine Personengesellschaft, liegen dagegen Entnahmen (§ 120 Abs. 2 HGB, eventuell auch § 161 Abs. 2 HGB) vor, wenn keine vom HGB abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag vorhanden ist.

Die Buchung eines Steueraufwands wäre im zweiten Fall fehlerhaft, da die Abzugsteuern als Vorauszahlungen auf die Steuerschuld der Gesellschafter (siehe § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) zu werten sind. Erfolgte jedoch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag dergestalt, dass die Vermögensabflüsse an den Gesellschafter sein gewährtes Gesellschafterdarlehen mindern, ist dieser Buchung der Vorzug zu geben.

II. Bilanzierung in der Steuerbilanz

[i]BFH akzeptiert keine phasengleiche BilanzierungAufgrund der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 EStG) gelten die Ausführungen zur Handelsbilanz in Abschnitt I grundsätzlich analog für den steuerlichen Abschluss. Allerdings gilt die dargestellte Ausnahme zurS. 169 phasengleichen Aktivierung des Gewinnanspruchs ausdrücklich nicht in der Steuerbilanz. Der Große Senat des BFH hat dies unzweifelhaft beschlossen und insbesondere mit den Unterschieden zwischen den Begriffen Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut begründet.

Letztlich lässt sich der Beschluss des Großen Senats damit erklären, dass dieser den Gewinnverwendungsbeschluss als wertbegründend und nicht nur wertaufhellend ansieht. Die handelsrechtliche Betrachtung ist dagegen diejenige einer bloßen Werterhellung.

III. Steuerliche Behandlung der Ausschüttungen

1. Ausschüttungen an Kapitalgesellschaften

[i]Ausschüttung an Kapitalgesellschaft 95 % steuerfreiDie Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft an eine Kapitalgesellschaft, welche die Anteile an der ausschüttenden Gesellschaft hält, erfolgt nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG zu 100 % steuerfrei. Allerdings müssen 5 % nicht abzugsfähige Betriebsausgaben fiktiv berücksichtigt werden (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG), so dass sich eine 95%ige Steuerfreiheit ergibt. Die tatsächlich mit der Ausschüttung korrespondierenden Aufwendungen können in voller Höhe steuerlich geltend gemacht werden.

[i]Kusch, Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen (§ 8b KStG), Grundlagen NWB KAAAE-61145 Zu beachten ist aber, dass gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG nicht anzuwenden ist, wenn die unmittelbare Beteiligung an der Körperschaft zu Beginn des Kalenderjahres weniger als 10 % am Grund- oder Stammkapital beträgt. Diese Nichtanwendung bedeutet, der volle Beteiligungsertrag unterliegt erneut der Besteuerung bei der empfangenden Kapitalgesellschaft. Eine 5%ige Hinzurechnung von fiktiv nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben findet hierbei korrespondierend nicht statt (§ 8b Abs. 4 Satz 7 KStG).

2. Ausschüttungen an Personengesellschaften

[i]TransparenzprinzipWährend die Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft an eine natürliche Person, welche die Anteile im Privatvermögen hält, der sog. Abgeltungsteuer (§ 32d EStG) unterliegt, ist bei Anteilen, die zu einem Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören, „hinter diese“ zu blicken. Es gilt nämlich das klassische Transparenzprinzip, das bewirkt, dass die Erträge nicht von der Personengesellschaft selbst versteuert werden. Vielmehr sind die dahinter stehenden Anteilseigner für die Bestimmung der Besteuerungsfolgen relevant.