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BBK Nr. 18 vom Seite 876

Flickenteppich für Kassensysteme und technische Sicherheitseinrichtungen

Abweichende Nichtbeanstandungsregelungen auf Landesebene

Jens Schäperclaus und Claudia Hanke

[i]Levenig/Reckendorf, Was Steuerberater zur Kassenführung ab 2020 wissen müssen, BBK 2/2020 S. 65 NWB ZAAAH-39216 Elektronische Kassensysteme und Registrierkassen müssen bis zum grundsätzlich mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) aus- bzw. nachgerüstet sein. Das BMF hat bereits am mitgeteilt, dass es keine Verlängerung dieser Nichtbeanstandungsregelung für die Umrüstung von Kassensystemen geben wird. Dem stellen sich nun (fast) alle Bundesländer entgegen, indem sie eigene Härtefallregelungen zur Entlastung der bargeldintensiven Betriebe in der Corona-Krise geschaffen haben. Diese weichen im Detail aber voneinander ab. Am wurde ein auf den datiertes BMF-Schreiben bekannt, nach dem die von den Ländern (überwiegend) formlos und antragsfrei angestrebte Buchführungserleichterung ggf. nicht den Regelungen des AEAO zu § 148 AO bzw. § 21a FVG entspricht. Öffentlich zugängliche Informationen der Länder über ein mögliches Wiederaufleben der Antragspflicht stehen überwiegend noch aus.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Verpflichtende Implementierung einer TSE

1. Verlängerung der Umrüstungsfrist durch den Bund

[i]Wied, Vom Wohl und Weh der Belegausgabepflicht ab 2020, BBK 2/2020 S. 80 NWB TAAAH-39218 Der im Jahr 2016 eingeführte § 146a AO und die hierauf fußende Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) aus dem Jahr 2017 ziehen nach der Inkraftsetzung der Belegausgabepflicht („Bonpflicht“) zu Beginn dieses Jahres jetzt noch weitere sowie umfassende technische Änderungen für Kassensysteme nach sich.

So besteht – formal – seit die Pflicht, jedes eingesetzte elektronische Aufzeichnungssystem i. S. des § 146a Abs. 1 Satz 1 AO i. V. mit § 1 Satz 1 KassenSichV sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen (§ 146a Abs. 1 Satz 2 AO).

[i]Rennar, Einsatz von zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen (TSE) in Kassensystemen, StuB 15/2020 S. 597 NWB HAAAH-54826 Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) legt zusammen mit dem BMF die technischen Anforderungen an die TSE, im Einzelnen an das Sicherheitsmodul, das Speichermodul und die einheitliche digitale Schnittstelle, sowie die organisatorischen Anforderungen zur Vergabe der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems fest. Derzeit gültig ist das Schutzprofil in der Version 1.0.

Aufgrund von Verzögerungen im Zertifizierungsverfahren des BSI waren bis Ende 2019 keine entsprechenden zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen verfügbar. Das [i]BMF, Schreiben v. 6.11.2019 - IV A 4 - S 0319/19/10002 :001 NWB LAAAH-34462 BMF hat deshalb eine bundeseinheitliche Nichtbeanstandungsregelung für S. 877die Einrichtung einer TSE bis zum gewährt.

Inzwischen sind erste vom BSI zertifizierte TSE verfügbar, so dass die Steuerpflichtigen dem gesetzlichen Handlungsbedarf grundsätzlich nachkommen können.

Die Implementierung einer TSE ist technisch sowohl als Hardwareversion (z. B. über einen USB-Stick oder eine MicroSD-Karte) als auch als Cloudversion realisierbar. Bei den TSE, die das Zertifizierungsverfahren inzwischen erfolgreich durchlaufen haben, handelt es sich ausschließlich um Hardware-TSE. Zwei der bislang zertifizierten Produkte sind auf der Internetseite des BSI veröffentlicht worden.

2. Härtefallregelungen durch die Länder

[i]Hülshoff/Wied, Einzelaufzeichnungspflichten bei Bargeschäften, NWB 28/2017 S. 2094 NWB BAAAG-48821 Die Verpflichtung zur Aufrüstung der Kassensysteme betrifft nahezu alle Betreiber, denn es sind keine Erleichterungen für Klein(st)unternehmen vorgesehen, die ggf. nur eine einzige Registrierkasse im Einsatz haben. Stattdessen gibt es Ausnahmen für elektronische Aufzeichnungssysteme mit einem bestimmten Verwendungszweck (§ 1 Satz 2 KassenSichV) und eine verlängerte Übergangsfrist für bestimmte Registrierkassen (Art. 97 § 30 Abs. 3 EGAO).

[i]BMF verweigert Corona-bedingte NachfristEnde Juni 2020 hat das BMF die Verbände – mit Verweis auf die verfügbaren zertifizierten TSE – informiert, dass keine weitere Verlängerung der Nichtbeanstandungsregelung auf Bundesebene erfolgen würde, mit der Folge, dass noch nicht abgeschlossene Aufrüstungen aller betroffenen Kassensysteme bis zum zu erfolgen hätten.

Viele Unternehmen konnten indessen aufgrund der Corona-Situation im Frühjahr die vom Bund gewährte Nachfrist für die Aufrüstung ihrer Kassensysteme nicht nutzen. Weiterhin resultiert aus der technischen Umstellung ein nicht unerheblicher finanzieller Aufwand, der gerade die von der Pandemie besonders betroffenen Einzelhändler (mit Ausnahme des Lebensmittel-Einzelhandels), Gastronomen und weiteren Dienstleister im Endkundensektor zusätzlich belastet.

Hinweis:

Insbesondere im Gastronomie- und Beherbergungsgewerbe konnten die während des Corona-Lockdowns nahezu vollständig weggefallenen Umsatzerlöse im Sommer nicht ansatzweise aufgeholt werden. Gleiches gilt für andere typische Kassensystem-Betreiber etwa im Freizeit- und Veranstaltungsgewerbe (z. B. Konzerthallen, Messen, Kinos, Freizeitparks).

[i]Gegenmaßnahmen der LänderUm möglichen Verzögerungen bei den Implementierungsvorhaben der TSE durch die Corona-Pandemie sowie durch die vorrangig vorzunehmende Anpassung der Umsatzsteuersätze in den Kassensystemen der Unternehmen Rechnung zu tragen, haben 15 von 16 Bundesländer eigene Nichtbeanstandungsregelungen erlassen. Die zum Teil stark voneinander abweichenden Voraussetzungen zur Inanspruchnahme dieser Erleichterungen werden im Folgenden im Einzelnen dargestellt.