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BBK Nr. 2 vom Seite 65

Was Steuerberater zur Kassenführung ab 2020 wissen müssen

Grundlagen und Hinweise für die Beratung in den Bargeld-Branchen

Bernd Levenig und Jens Reckendorf

[i]Bellinger, Belegausgabepflicht bei Einsatz eines Warenwirtschaftssystems – Zweifelsfragen zur neuen Bonpflicht nach § 146a Abs. 2 AO, BBK 1/2020 S. 18 NWB VAAAH-38001 Am sind die wesentlichen Neuregelungen des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen in Kraft getreten. Nach vielen Verzögerungen und durchaus überraschenden Wendungen bei der Definition der technischen und steuerfachlichen Anforderungen herrscht seit August 2019 Klarheit. Daher können Anbieter von zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen und Kassensystemen erst seit Ende 2019 passende Lösungen anbieten. Darauf reagierte das BMF mit einer bis zum verlängerten Frist für die Verpflichtung zur Nutzung der technischen Sicherheitseinrichtung.

Es bleiben jetzt nur noch neun Monate, um einen großen Teil des Bestands an Kassensystemen in Deutschland umzurüsten. Das ist keine rein technische Angelegenheit, da – spätestens jetzt – Buchführung und Kassentechnik eng verzahnt sind.

[i]Wied, Vom Wohl und Weh der Belegausgabepflicht ab 2020 – Sachliche Betrachtung einer emotional geführten Diskussion, BBK 2/2020 S. 80Die Herausforderung für den steuerlichen Berater besteht nun darin, seine Mandanten bei der Umsetzung zu begleiten. Der in der Vergangenheit gerne gegebene reine Hinweis auf den Lieferanten der Kassensysteme reicht hier keinesfalls mehr aus. Der Beitrag soll dem steuerlichen Berater daher nicht nur wichtiges Hintergrundwissen zum Gesetz, sondern auch Informationen zur technischen Umsetzung sowie den praktischen Fragen vermitteln.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Grundlagen

1. Ausgangslage

[i]Einführung der TSE Seit dem gilt das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen, im Folgenden kurz „Kassengesetz 2020“. Es hat die Regeln zur Kassenführung deutlich verschärft mit dem Ziel, die „Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die rechtsstaatlichen Erfordernisse des Steuervollzugs“ zu sichern. Kern ist die Einführung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE).

[i]Betroffene Systeme Betroffen sind nach § 1 KassenSichV „elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen.“ Eine Abgrenzung von ähnlichen Systemen erfolgt S. 66über eine Negativliste: „Fahrscheinautomaten, Fahrscheindrucker, elektronische Buchhaltungsprogramme, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Geldautomaten, Taxameter und Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte gehören nicht dazu.“

Sobald von einem System Grundaufzeichnungen erstellt werden und bare Zahlungsvorgänge erfasst und abgewickelt werden können (bereits die Möglichkeit reicht aus), fällt es unter die TSE-Pflicht. Das gilt auch für Software-Komponenten, die Funktionen für den Barverkauf abbilden und Teil eines größeren Systems wie z. B. einer Warenwirtschaft sind. In diesem Fall muss die TSE nur vom entsprechenden Modul genutzt werden.

[i]Nachrüstung Auch bestehende Kassensysteme müssen nachträglich mit einer TSE ausgestattet werden, sofern diese Nachrüstung technisch grundsätzlich („bauartbedingt“) möglich ist. Wenn keine Nachrüstung möglich ist und weitere Voraussetzungen vorliegen, dürfen die Geräte noch bis Ende 2022 weiterverwendet werden.

Obwohl das Gesetz bereits im Dezember 2016 verabschiedet wurde, ist es offenbar erst jetzt in den Fokus der Medien gelangt. Nicht nur die Belegausgabepflicht wird von fast allen Beteiligten kritisch und oft leider wenig sachkundig diskutiert, es gibt auch weitaus vernichtendere Urteile. Die Wirtschaftswoche etwa vermutet, dass das Gesetz das Problem der Kassenmanipulation nicht lösen wird.

Hinweis:

Diese Bewertung erscheint jedoch zu hart, da das vorliegende System zwar nicht besonders elegant, aber dank der„Nachbesserungen“ im Anwendungserlass doch praktisch umsetzbar ist.

Nachdem [i]Nichtbeanstandungsfrist bis 30.9.2020erst im August 2019 alle Anforderungen bekannt waren, konnten TSE- und Kassen-Anbieter zum Ende 2019 passende Lösungen anbieten. Das BMF musste darauf mit einer bis zum verlängerten Frist für Nachrüstungen reagieren. Neue Kassensysteme müssen jedoch seit dem eine TSE unterstützen, da dies die Voraussetzung für ein legales Inverkehrbringen ist.

Mittlere und größere Unternehmen benötigen für Umstellungen bei den Kassensystemen meist viele Monate. Höchste Zeit also, sich als Praktiker in der Steuerberatung genauer mit den neuen Regeln auseinanderzusetzen.

Hinweis:

Steuerliche [i]Hinweispflicht für die Berater Berater werden ihre Mandanten bei der Umsetzung des Kassengesetzes 2020 begleiten müssen. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht jedenfalls bei einem Dauermandat die Verpflichtung, entsprechende Hinweise auch ungefragt bzw. auch ohne gesonderten Auftrag an den Mandanten zu geben, um ggf. spätere Haftungsansprüche zu vermeiden.

2. Grundkonzept

2.1 Bisherige Situation

Grundsätzlich [i]Angriffsarten auf die Sicherheit eines Systemskönnen Manipulationen an Aufzeichnungen elektronischer Kassensysteme auf drei Arten erfolgen:

  1. Nachträgliche Manipulation, also Veränderung von bestehenden, bereits aufgezeichneten Daten.S. 67

  2. Erfassung eines Teils der Geschäftsvorfälle parallel zum regulären System, z. B. durch Verwendung einer „Zweitkasse“ oder auch durch fallweise unterschiedliche Behandlung in der Kassensoftware.

  3. Nichterfassung von Geschäftsvorfällen im Aufzeichnungssystem.

Erfahrungsgemäß [i]Die einfachste Form des Angriffs überwiegt wird meistens der einfachste Weg gewählt, aufwändige Angriffe auf technische Sicherheitsmechanismen finden eher nicht statt. Bisher war die Datenmanipulation „das Mittel der Wahl“, da sie leicht durchzuführen und – wenn geschickt implementiert – schwer zu erkennen war. Technische Sicherungen führen dann zum Ausweichen auf die anderen Methoden.

Die Nichterfassung ist prinzipiell sehr einfach, schafft jedoch viele Mitwisser und provoziert Personaldiebstahl.

2.2 Konzept des Kassengesetzes

[i]Drei Elemente sollen Angriffe erschwerenDas Kassengesetz 2020 wurde so konzipiert, dass alle Typen von Manipulationen deutlich erschwert werden. Dafür wurden folgende Maßnahmen umgesetzt: