§ 9 Nr. 5 Kürzungen (Förderung steuerbegünstigter Zwecke)
A. Allgemeine Erläuterungen zu § 9 Nr. 5 GewStG
Die GewStDV enthält keine ergänzenden Regelungen zu § 9 Nr. 5 GewStG. Die GewStR enthalten keine Richtlinien oder Hinweise zur Anwendung von § 9 Nr. 5 GewStG.
I. Normzweck und wirtschaftliche Bedeutung des § 9 Nr. 5 GewStG
1 § 9 Nr. 5 GewStG beinhaltet die Vorschriften über die Kürzung des gewerbesteuerlichen Gewinns i. S. v. § 7 um Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52 bis 54 AO dem Grunde und der Höhe nach. Die Vorschrift ist seit ihrer Einführung ab dem EHZ 1991 mehrfach ergänzt und geändert worden, so dass sie inzwischen sehr umfangreich und komplex ausgestaltet ist. Systematisch lässt sich § 9 Nr. 5 GewStG wie folgt gliedern:
Materielle Tatbestandvoraussetzungen für die Kürzung: Satz 1, 2, 7, 12, 13 i. V. m. § 10b Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 EStG und § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Abs. 3 Satz 1 KStG;
Zusätzliche materielle Tatbestandsvoraussetzungen für EU- und EWR-Zuwendungen: Satz 3 bis 6;
Spendenvortrag: Satz 8, 13 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG;
Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung: Satz 9 bis 11;
Veranlasserhaftung für falsche Zuwendungsbestätigungen und zweckwidrige Mittelverwendung: Satz 14 bis 18.
2 Materiell und verfahrensrechtlich stellt § 9 Nr. 5 GewStG einen Gleichlauf mit den einkommensteuerrechtlichen und körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften über den Abzug von Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke her.
3 Bei gewerbesteuerpflichtigen Körperschaften i. S. des KStG werden zunächst sämtliche Aufwendungen i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG dem Gewerbeertrag einer Körperschaft wieder hinzugerechnet, um eine einheitliche Ausgangsbasis für die Kürzung gem. § 9 Nr. 5 GewStG für alle gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen zu schaffen . [1]
4 Bei gewerbesteuerpflichtigen Einzelunternehmern i. S. des EStG ist eine vorherige Hinzurechnung nicht erforderlich, da der einkommensteuerliche Sonderausgabenabzug gem. § 10b EStG systematisch erst nach der Gewinnermittlung für gewerbliche Einkünfte vorgenommen wird, so dass die Aufwendungen im Gewerbeertrag gem. § 7 Satz 1 GewStG noch enthalten sind.
5 (Einstweilen frei)
II. Entstehung und Entwicklung des § 9 Nr. 5 GewStG
6 § 9 Nr. 5 GewStG ist durch das GewStÄndG v. [2] eingeführt worden. Materiell waren ursprünglich nur Kürzungen des Gewerbeertrags um Aufwendungen für die Förderung wissenschaftlicher Zwecke zulässig. Hiernach kam es lediglich zu einigen unwesentlichen formellen Änderungen. [3]
Erst durch das SteuerÄndG 1992 v. [4] wurde § 9 Nr. 5 GewStG im Einklang mit den einkommensteuerlichen und körperschaftsteuerlichen Regelungen für die Abziehbarkeit von Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke auch im Rahmen der Gewerbesteuer für alle Gewerbebetriebe ab dem EZ 1991/1992 materiell vollständig neu gefasst.
Bis zum Jahr 2007 wurde § 9 Nr. 5 GewStG vielfach redaktionell und materiell wie folgt geändert bzw. angepasst:
JStG 1996 v. [6] – materielle Erweiterung des sog. Großspenden-Tatbestands ab EZ 1996 auf mildtätige Zwecke;
StEntlG 1999/2000/2002 v. [7] – verfahrensrechtliche Änderungen zum Verteilungszeitraum für den sog. Großspenden-Tatbestand ab EZ 1999;
StiftFördG v. [8] – materielle Änderungen für Zuwendungen an Stiftungen ab EZ 2000;
StEuroGlättG v. [9] – betragsmäßige Glättungen zur Euro-Einführung ab EZ 2002;
StÄndG 2001 v. [10] – Streichung § 9 Nr. 5 Satz 8 GewStG a. F. ab EZ 2002;
RLUmsG v. [11] – redaktionelle Änderungen;
JStG 2007 v. [12] – redaktionelle Änderungen.
Durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. [13] wurde § 9 Nr. 5 GewStG ab dem EZ 2007 insgesamt neu gefasst. Insbesondere wurden die Höchstbeträge für die Kürzung im Einklang mit § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 KStG signifikant angehoben.
Mit dem JStG 2009 v. [14] wurde ab dem EZ 2009 die Veranlasserhaftung aufgenommen (vgl. § 9 Nr. 5 Satz 14 ff. GewStG). Materiell bedeutend war auch die Ergänzung von § 9 Nr. 5 GewStG um Vorschriften über die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen ins EU- bzw. EWR-Ausland durch das EU-VorgabenG v. [15] in allen noch nicht bestandskräftig festgesetzten Fällen.
Die nachfolgenden materiellen bzw. redaktionellen Änderungen wurden im Nachgang bis heute implementiert:
BeitrRlUmsG v. [16] – Verweis auf EU-Betreibungsrichtlinie eingefügt;
EhrenamtsstärkungsG v. [17] – redaktionelle Folgeänderungen zum EStG;
EUAHiF v. [18] – redaktionelle Folgeänderung zu EU-Richtlinien.
Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität v. [19] wurde die Aufzählung zum Kürzungsverbot in § 9 Nr. 5 Satz 12 um eine weitere Alternative in Buchstabe e ergänzt. Hiernach ist eine Kürzung ausgeschlossen, soweit Mitgliedsbeiträge an gemeinnützige Körperschaften gem. § 52 Abs. 2 Satz 2 AO geleistet werden, deren eigener Zweck einem Zweck i. S. der Buchstaben a bis d von § 9 Nr. 5 Satz 12 entspricht. Die Ergänzung ist ab dem EZ 2020 anzuwenden; vgl. § 36 Abs. 5 GewStG.
JStG 2020 v. [20] – redaktionelle Folgeänderung in § 9 Nr. 5 Satz 7 GewStG zur Anpassung an die neue Nomenklatur in § 9 Nr. 5 Satz 12 GewStG.
Abschließend sei im Kontext der bewegten Rechtsentwicklung des § 9 Nr. 5 GewStG der Hinweis gegeben, dass der Rechtsanwender besonders auf die Anwendung der im jeweiligen EZ gültigen Fassung achten sollte.
III. Geltungsbereich des § 9 Nr. 5 GewStG
7 Subjektiv ist die Kürzung bei allen gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen anzuwenden, die die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 9 Nr. 5 GewStG erfüllen. Insbesondere ist auch eine Kürzung von Zuwendungen an Zuwendungsempfänger mit Ansässigkeit im EU- und EWR-Gebiet unter erweiterten Voraussetzungen möglich.
8-10 (Einstweilen frei)
IV. Vereinbarkeit des § 9 Nr. 5 GewStG mit höherrangigem Recht
11 Verfassungsrechtliche Inkompatibilitäten der Kürzungsvorschrift sind nicht zu besorgen. Gemeinschaftsrechtlich wurde § 9 Nr. 5 GewStG im Anschluss an die [21] und v. [22] auf grenzüberschreitende Zuwendungen an gemeinnützige Empfänger im EU- und EWR-Gebiet durch das EU-VorgabenG v. [23] durch Einfügung von Satz 3 bis 6 in allen noch nicht bestandskräftig festgesetzten Fällen räumlich ausgedehnt, da eine Beschränkung der Kürzung von Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke auf inländische Empfänger mit den grundfreiheitlichen Gewährleistungen des freien Kapitalverkehrs gem. Art. 63 ff. AEUV nicht in Einklang steht.
V. Verhältnis des § 9 Nr. 5 GewStG zu anderen Regelungen
12 § 9 Nr. 5 GewStG enthält umfassende Rechtsgrundverweise auf die §§ 10b, 10d EStG und § 9 KStG. Zudem sind die Vorschriften in weiten Teilen inhalts- und wortgleich. [24] Hierdurch verfolgt der Gesetzgeber eine einheitliche Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den Abzug von Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke bei der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer. Ergänzend sind die allgemeinen Vorschriften über die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke gem. §§ 51 ff. AO heranzuziehen. [25]
13 Etwaige Zuwendungsempfänger werden unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. [26]
14 Zum Verhältnis zu § 8 Nr. 9 GewStG über die Kürzung von Zuwendungen körperschaftssteuerpflichtiger Steuersubjekte wird auf die Kommentierung zu dieser Vorschrift verwiesen.
15-20 (Einstweilen frei)
B. Systematische Kommentierung zu § 9 Nr. 5 GewStG
I. Kürzungstatbestand gem. § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG
1. Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52 bis 54 AO
21 Zu kürzen sind Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i. S. der §§ 52 bis 54 AO. Der Wortlaut und Zweck der Rechtsnorm ist identisch mit § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG. Gleichwohl ist die Kasuistik insoweit unterschiedlich als nur Zuwendungen von gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen vom subjektiven Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst werden. Die Klammerzusätze „Spenden“ und „Mitgliedsbeiträge“ definieren den Zuwendungsbegriff abschließend und sind nicht exemplarisch zu verstehen.
22 Spenden sind durch Unentgeltlichkeit und Freiwilligkeit charakterisiert. Unentgeltlichkeit bedeutet, dass der Spendenempfänger bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine unmittelbare oder mittelbare Gegenleistung für die Spende erbringen (lassen) muss. Eine Spende muss vom Zuwendenden um der Sache, d. h. des (steuerbegünstigten) Zwecks willen und ohne die Erwartung eines besonderen Vorteils gegeben werden; die altruistische Spendenmotivation muss im Vordergrund stehen. [27]
Daher ist ein Spendenabzug nicht nur ausgeschlossen, wenn die Ausgaben zur Erlangung einer Gegenleistung des Empfängers erbracht werden, sondern schon dann, wenn die Zuwendungen an den Empfänger unmittelbar und ursächlich mit einem von einem Dritten gewährten Vorteil zusammenhängen, ohne dass der Vorteil unmittelbar wirtschaftlicher Natur sein muss. [28]
23 Eine Aufteilung der Zahlung in ein angemessenes Entgelt und eine den Nutzen übersteigende „unentgeltliche“ Leistung scheidet bei einer einheitlichen Gegenleistung aus. [29] Unschädlich ist dagegen, wenn sich der Zuwendende eine gewisse Publicity durch sein Handeln erhofft, z. B. durch eine öffentlichkeitswirksame Spendenübergabe oder Pressemitteilung.
24 Freiwilligkeit bedeutet, dass keine rechtliche Verpflichtung zur Erbringung der Leistung durch den Spender besteht und dieser eine eigenständige Ausgaben- bzw. Zuwendungsentscheidung trifft. [30] Geht der Spender (vorab) freiwillig eine rechtliche Verpflichtung zur Leistung einer Zuwendung ein, z. B. in einem Stiftungsgeschäft, ist die (anschließende) Zuwendung selbst auch freiwillig erbracht. [31] Insoweit ist immer eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung des Vorgangs anzustellen.
25 Spenden können in Geld, durch die Übereignung sonstiger Wirtschaftsgüter (sog. Sachspenden) oder die Übernahme von Verbindlichkeiten des Zuwendungsempfängers durch den Zuwendenden (sog. Aufwandsspenden) erfolgen. Sowohl die Sachspenden als auch die Aufwandsspenden unterliegen zusätzlichen materiellen und formellen Anforderungen. [32] Hierdurch soll missbräuchlichen Gestaltungen zur Erlangung eines nicht gerechtfertigten Spendenabzugs dem Grunde und der Höhe nach vorgebeugt werden.
26 Mitgliedsbeiträge sind ein Entgelt für die Mitgliedschaft in einer Körperschaft, die gemeinnützige Zwecke verfolgt. Darin liegt der wesentliche Unterschied zur Spende, da Mitgliedsbeiträge, obwohl vom Mitglied freiwillig aus eigenem Antrieb gezahlt, in einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Aus diesem Grund behält sich der Gesetzgeber vor, bestimmte Mitgliedschaften in gleichwohl gemeinnützigen Körperschaften nicht steuerlich durch Aufwandsabzug zu begünstigen (vgl. § 9 Nr. 5 Satz 12 2. Halbs. GewStG mit der Rückausnahme in § 9 Nr. 5 Satz 7 GewStG).
27 Regelmäßig werden Mitgliedsbeiträge, z. B. in einem rechtsfähigen Verein gem. §§ 21 ff. BGB, durch Satzung der Höhe nach festgelegt. Als Mitgliedsbeiträge i. S. v. § 9 Nr. 5 GewStG gelten auch gesonderte Aufnahmegebühren für die Erlangung der Mitgliedschaft und Pflichtumlagen aus dem laufenden Betrieb der Körperschaft. [33]
Negativ abzugrenzen ist der Mitgliedsbeitrag von solchen Zahlungen, die anlässlich oder vor Begründung einer Mitgliedschaft geleistet werden und lediglich einer sittlichen Pflicht oder faktischen Erwartung genügen sollen. [34]
28Grundsätzlich steuerbegünstigt sind
Die Aufzählung ist enumerativ abschließend.
In der Praxis sollte sich das zuwendende Unternehmen vorab über den Zweck der Körperschaft informieren und sich ggf. eine Freistellungsbescheinigung vorlegen lassen; verpflichtend ist das aber nicht. Es zeigt sich jedoch häufig, dass gerade in Unternehmen auf die Dokumentationslage mit Ausnahme der Aufbewahrung von Zuwendungsbestätigungen i. d. R. kein besonderes Augenmerk gelegt wird.
Insofern kann jedoch das Vorhalten einer Kopie der Freistellungsbescheinigung z. B. den Nachweis der Gutgläubigkeit bei nicht zweckentsprechender Verwendung der Zuwendung erbringen.
29 Die Zuwendung muss die genannten Zwecke unmittelbar fördern, d. h., sie muss ohne weitere Zwischenschritte in das Vermögen der Körperschaft übergehen bzw. sich auf die Vermögenslage der Körperschaft auswirken. Sonstige Motive des Zuwendenden sind unbeachtlich.
30 Abzugrenzen sind Spenden und Mitgliedsbeiträge insbesondere bei zuwendenden Unternehmen vom sog. Sponsoring. Unter Sponsoring wird üblicherweise die Gewährung von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in
sportlichen,
kulturellen,
kirchlichen,
wissenschaftlichen,
sozialen,
ökologischen oder
ähnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen
verstanden, mit der regelmäßig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. [36]
31 Demzufolge ist prägend für das Sponsoring die unmittelbare Gegenleistung des Sponsoring-Empfängers an den Sponsor. Regelmäßig werden die für das Sponsoring vom Sponsoring-Empfänger zu erbringenden Gegenleistungen vertraglich zwischen den Parteien geregelt. Spätestens bei Vorliegen einer solchen Vereinbarung kann das Sponsoring keinen Spendencharakter mehr haben. Vielmehr sind die Aufwendungen des Sponsors Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG, deren Abzugsfähigkeit den allgemeinen Vorschriften unterliegt.
Bei gewerbesteuerpflichtigen Einzelunternehmern ist darauf zu achten, dass es sich bei den Aufwendungen nicht um Kosten der privaten Lebensführung handelt oder die Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei Kapitalgesellschaften erfüllt sind.
Wird dagegen keine vertragliche Verpflichtung zur Erbringung einer Gegenleistung abgeschlossen, kann auch eine Spende vorliegen, wenn das gewerbesteuerpflichtige Unternehmen die Leistung freiwillig und unentgeltlich erbringt. Unschädlich für die Spendenqualifikation ist ein öffentlicher Hinweis auf den Spender, solange dieser nicht übermäßig i. S. einer Werbemaßnahme in den Vordergrund tritt.
32-35 (Einstweilen frei)
2. Geleistet aus Mitteln des Gewerbebetriebs
36 Die Zuwendungen müssen aus den Mitteln des Gewerbebetriebs geleistet werden. Insofern muss es sich um originäres Betriebsvermögen des gewerbesteuerpflichtigen Unternehmens handeln. Entstammen die Mittel dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers einer gewerbesteuerpflichtigen Personengesellschaft, ist die Kürzung beim Mitunternehmer und nicht bei der Mitunternehmerschaft vorzunehmen.
37 Für den zeitlichen Abfluss beim Zuwendenden und Zufluss beim Zuwendungsempfänger gelten die im Einzelfall individuell einschlägigen Voraussetzungen entweder des Abfluss-/Zufluss-Prinzips bei EÜR oder des Realisationsprinzips bei bilanzierenden Unternehmen.
38 Der Zuwendende kann auch auf eine zivilrechtlich und bilanziell entstandene Forderung gegenüber dem Zuwendungsempfänger, z. B. aus einem Darlehen oder einem Dauerschuldverhältnis, verzichten; sog. Aufwandsspende.
39-40 (Einstweilen frei)
3. Bis zur Höhe von insgesamt 20 % des nach § 8 Nr. 9 GewStG erhöhten Gewinns aus Gewerbebetrieb (§ 7) oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter
41 Die Kürzung ist im jeweiligen EZ der Zuwendung auf 20 % des um die Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 9 GewStG erhöhten Gewinns aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 7 GewStG begrenzt. Sonstige Kürzungen oder Hinzurechnungen gem. §§ 8, 9 GewStG sind für die Höchstbetragsgrenze nicht zu saldieren. Insoweit besteht ein materieller Unterschied zu § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, der bei natürlichen Personen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte gem. § 2 Abs. 3 EStG abstellt.
Bei Körperschaften stellt § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a KStG auf das Einkommen der Körperschaft i. S. v. § 9 Abs. 2 KStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG ab. Insoweit besteht jedoch auch ein Unterschied zu § 9 Nr. 5 GewStG, da die Vorschrift nur auf den Gewinn aus Gewerbetrieb anzuwenden ist.
42 Andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG, wie z. B. nicht steuerbefreite Stiftungen oder Vereine, können auch nicht-gewerbliche Einkünfte erzielen, so dass verschiedene Einkünfte-Schedulen gebildet werden.
In der Praxis ist daher auf die Verwendung der richtigen Berechnungsgrundlage bei allen gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen zu achten. Da das jährliche Abzugsvolumen phasengleich durch Gewinn bzw. Umsatz limitiert ist, wird man den unterjährigen Zeitpunkt von Zuwendungen mit Gewinn- und Umsatzprognosen unternehmensintern abstimmen, um nicht abzugsfähige Zuwendungsüberhänge zu vermeiden. Das gilt insbesondere für gewerbesteuerpflichtige Unternehmen mit umfangeichen Corporate Social Responsibility Aktivitäten.
43 Alternativ ist eine maximale Kürzung in einem EZ bis zur Höhe von 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter möglich. Umsätze, Löhne und Gehälter sind zu addieren. Der Wortlaut der alternativen Begrenzung ist identisch mit § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KStG und damit einheitlich auszulegen und anzuwenden.
44 Das gewerbesteuerpflichtige Unternehmen kann jedes Jahr neu wählen, ob es die Höchstgrenze auf Gewinn- oder Umsatz-/Lohn-Basis berechnen möchte. [37] Hierdurch soll dem Steuerpflichtigen auch in Wirtschaftsjahren mit niedrigen Gewinnen ein angemessener Abzug dem Grunde nach ermöglicht werden.
45 Der Umsatzbegriff knüpft an das UStG an und schließt auch steuerfreie Umsätze ein. [38] Löhne und Gehälter sind solche i. S. des § 275 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a HGB.
46-50 (Einstweilen frei)
II. Zuwendungsempfänger gem. § 9 Nr. 5 Satz 2 GewStG
1. Allgemeines
51 § 9 Nr. 5 Satz 2 GewStG definiert enumerativ abschließend den Kreis der möglichen Zuwendungsempfänger für die Spenden bzw. Mitgliedsbeiträge des gewerbesteuerpflichtigen Unternehmens. Insoweit besteht auch hier eine Übereinstimmung mit den in § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG für den Sonderausgabenabzug bei der Einkommensteuer und in § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KStG für die abziehbaren Aufwendungen in der Körperschaftsteuer benannten Zuwendungsempfängern. [39]
2. Zuwendungen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem EWR-Staat belegen ist
52 Juristische Personen des öffentlichen Rechts i. S. v. § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a 1. Alt. GewStG sind alle rechtlich verselbständigten Einheiten, wie z. B. Körperschaften, Anstalten, Zweckvermögen, Stiftungen, die ihre rechtliche Fundierung bzw. Rechtspersönlichkeit als verselbständigter Träger von insbesondere öffentlich-rechtlichen Rechten und Pflichten originär aus dem öffentlichen Recht herleiten. Hierzu können auch kirchliche Einrichtungen zählen, soweit sie gem. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV als Körperschaften des öffentlichen Rechts qualifiziert werden (vgl. § 54 AO).
53 Öffentliche Dienststellen i. S. v. § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a 2. Alt. GewStG sind regelmäßig einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zugeordnete Untergliederungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wie z. B. staatliche Einrichtungen der Bildung, Kultur, Flüchtlingshilfe, etc. Die Definition ist generell weit auszulegen. Gleichwohl empfiehlt sich in Zweifelsfällen eine Prüfung der Zuwendungshistorie sowie der öffentlich-rechtlichen Verankerung des avisierten Zuwendungsempfängers.
54 Die juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. öffentliche Dienststelle muss entweder im Inland oder in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat belegen sein. Mitglieder des EWR sind aktuell Island, Liechtenstein und Norwegen. Großbritannien ist mit dem Austritt aus der EU ebenfalls ein Drittstaat, so dass dort ansässige Zuwendungsempfänger nicht mehr privilegiert sein werden.
Belegenheit i. S. v. Satz 2 bedeutet, dass der Zuwendungsempfänger räumlich im Staatsgebiet eines EU- bzw. EWR-Mitgliedstaats ansässig ist und seine rechtliche Existenz aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften derselben Staatsgewalt herleitet.
55 (Einstweilen frei)
3. Zuwendungen an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse
56 Bezüglich § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b GewStG wird auf die Kommentierung zu § 3 Nr. 6 verwiesen. [40]
4. Zuwendungsempfänger ist eine Köperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in einem EU- oder EWR-Staat , die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbs. KStG steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde
57 Die Begünstigung der von § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c GewStG erfassten, im EU- bzw. EWR-Gebiet ansässigen Zuwendungsempfänger ist ein Reflex der [41] und v. , [42] wonach die Privilegierung von Inlandszuwendungen hinsichtlich der Abzugsfähigkeit beim Zuwendenden als auch der ertragsteuerlichen Freistellung des Zuwendungsempfängers gem. § 5 Nr. 9 KStG auf das EU- und EWR-Gebiet auszudehnen sei.
58 § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c GewStG erfasst ausländische Zuwendungsempfänger die in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat belegen sind und als Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbs. KStG mit etwaigen inländischen Einkünften steuerbefreit wären. Belegenheit bedeutet im Kontext von § 5 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbs. KStG, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach den Rechtsvorschriften eines EU- oder EWR-Mitgliedstaates gegründet worden ist und sich deren Sitz und Geschäftsleitung aktuell im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten befindet.
Sitz und Geschäftsleitung müssen sich nicht im selben Staat befinden; erst, wenn eines der beiden Merkmale in einem Drittstaat verwirklicht ist, sind die Voraussetzungen nicht erfüllt.
59 Mit dem Sitz- und Geschäftsleitungs-Staat muss zudem ein Amtshilfeabkommen bestehen. Das ist innerhalb der EU durch die flächendeckende Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie aktuell der Fall. Mit dem EWR-Staat Liechtenstein existiert neben dem DBA [43] ein gesondertes Abkommen über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen. [44] Mit Island und Norwegen existieren DBA mit Auskunftsklauseln, [45] die dem Zweck der Vorschrift entsprechend ausreichen. Gleichwohl empfiehlt sich in diesen Fällen eine Vorabverständigung mit der FinVerw.
60 Weiterhin muss es sich um Gesellschaften i. S. v. Art. 34 EWR-Abkommen oder Art. 54 AEUV handeln. Systematisch konkretisieren beide Vorschriften die Anwendung des Rechts auf freie Niederlassung in persönlicher Hinsicht mit folgendem (identischen) Wortlaut:
„Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.
Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.“
61 Im Kontext des § 5 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbs. KStG i. V. m. § 2 Nr. 1 KStG ist der Rechtsgrundverweis auf die in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts zu begrenzen. Lediglich eine tatsächliche Einkunftserzielung im Inland durch das Rechtssubjekt ist nicht erforderlich.
62-70 (Einstweilen frei)
III. EU-/EWR-Zuwendungsempfänger gem. § 9 Nr. 5 Satz 3 bis 6 GewStG
1. Allgemeines
71 § 9 Nr. 5 Satz 3 bis 6 GewStG regelt die zusätzlichen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine Kürzung von Zuwendungen ins EU- oder EWR-Gebiet von der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage. Inhaltlich sind sie mit § 10b Abs. 1 Satz 3 bis 6 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 bis 6 KStG identisch und damit einheitlich auszulegen und anzuwenden. [46] Der Regelungsgegenstand ist nachfolgend kurz beschrieben:
Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung im Ansässigkeitsstaat eines EU-/EWR-Zuwendungsempfängers gem. Satz 3;
Legaldefinition der Amtshilfe gem. Satz 4 i. V. m. § 2 Abs. 2 EUAHiG;
Legaldefinition der Beitreibung gem. Satz 5 i. V. m. EU-BeitreibungsRL einschl. Durchführungsbestimmungen;
Inlandsbezug der Förderung bzw. Ansehenssteigerung Deutschlands bei EU-/EWR-Zuwendungsempfängern i. S. v. Satz 2 Buchst. a gem. Satz 6.
72-75 (Einstweilen frei)
2. § 9 Nr. 5 Satz 3 bis 5 GewStG
76 § 9 Nr. 5 Satz 3 GewStG bestimmt als zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung für eine Kürzung von Zuwendungen an nicht im Inland ansässige Zuwendungsempfänger gem. § 9 Nr. 5 Satz 2 GewStG, dass der jeweilige Ansässigkeitsstaat sowohl Amtshilfe als auch Unterstützung bei der Beitreibung sicherstellen muss.
77 § 9 Nr. 5 Satz 4 GewStG definiert den Grad der erforderlichen Amtshilfe als automatischen Austausch von Informationen in Steuersachen gem. § 2 Abs. 2 EUAHiG. Das EUAHiG setzt die sog. AmtshilfeRL 2011/16/EU des Rates v. über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung um.
Die ursprüngliche Richtlinie wurde seither mehrfach geändert und erweitert, so dass die Rechtsentwicklung der Amtshilfe zwischen den EU-Mitgliedstaaten einem konstanten Veränderungsprozess unterworfen ist. Der aktuelle Stand der Rechtsetzung kann auf der Homepage der EU-Kommission recherchiert werden. [47]
78 Grundsätzlich binden die Vorschriften des EUAHiG nur deutsche Behörden. Insoweit ist im konkreten Anwendungsfall für Zwecke des § 9 Nr. 5 Satz 4 GewStG zu prüfen, ob der Ansässigkeitsstaat des Zuwendungsempfängers eine dem § 2 Abs. 2 EUAHiG i. V. m. den Vorgaben der AmtshilfeRL entsprechende Vorschrift anwendet. Regelmäßig wird das bei allen EU-Mitgliedstaaten der Fall sein, so dass prima facie eine entsprechende Umsetzung und Anwendung der Richtlinie in nationales Recht unterstellt werden kann.
79 Anders verhält es sich bei den EWR-Mitgliedstaaten Liechtenstein, Island und Norwegen. Im Verhältnis zwischen der EU und dem EWR bzw. Deutschland und den EWR-Staaten existiert kein mit der AmtshilfeRL vergleichbarer Rechtsrahmen. Insofern ist hier im Einzelfall zu prüfen, ob entweder ein individuelles Abkommen, wie z. B. zwischen der EU und Liechtenstein, [48] oder ein DBA mit entsprechender Auskunftsklausel existiert.
80 Was als Unterstützung bei der Beitreibung zu verstehen ist, definiert § 9 Nr. 5 Satz 5 GewStG. Insoweit wird auf die Notwendigkeit einer gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen i. S. der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der konkret für den EZ anwendbaren Durchführungsbestimmungen Bezug genommen; alternativ kann auch ein Nachfolgerechtsakt einschlägig anzuwenden sein. Hierbei handelt es sich um folgende Rechtsakte, die zu prüfen sind:
Richtlinie 2010/24/EU (EU-Beitreibungsrichtlinie); die Richtlinie 2010/24/EU ist durch das EU-Beitreibungsgesetz (EUBeitrG) vom (BGBl I S. 2592) in innerstaatliches Recht umgesetzt worden,
Durchführungsverordnung 1189/2011 aktualisiert/geändert durch DV 1966/2011 der Kommission (EU-Durchführungsverordnung) und
Durchführungsbeschluss K (2011) 8193 der Kommission (EU-Durchführungsbeschluss).
81 Die Sicherstellung der Beitreibung dient der materiellen Durchsetzung etwaiger Haftungsansprüche gegenüber dem Zuwendungsempfänger; vgl. § 9 Nr. 5 Satz 14 GewStG. In der Praxis kann man davon ausgehen, dass im Falle der gegenseitigen Amtshilfe auch die Beitreibung von Forderungen gesichert ist. Im Falle der EWR-Staaten ist jedoch eine Einzelfallprüfung geboten.
82-90 (Einstweilen frei)
3. § 9 Nr. 5 Satz 6 GewStG
91 Werden die steuerbegünstigten Zwecke eines ausländischen Zuwendungsempfängers i. S. v. § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a GewStG nur im Ausland verwirklicht, setzt § 9 Nr. 5 Satz 6 GewStG einen sog. strukturellen Inlandsbezug voraus. Insoweit sind zwei Alternativen für den Inlandsbezug vorgesehen. Für alle anderen nicht im Inland ansässigen Zuwendungsempfänger gem. § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b, c GewStG ist Satz 6 nicht anzuwenden. Insoweit ist jedoch der gleichlautende § 51 Abs. 2 AO über § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ggf. i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG anzuwenden, so dass die tatbestandliche Prüfung im Ergebnis in allen Fällen von § 9 Nr. 5 Satz 2 GewStG identisch ist.
92 Die erste Alternative erfordert, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz gem. § 8 AO oder gewöhnlichen Aufenthalt gem. § 9 AO im Inland haben, gefördert werden. Dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass nur im Inland ansässige Personen gefördert werden dürfen bzw. müssen. Gleichwohl wird man einen substanziellen Anteil nachweisen müssen; z. B. bei einem Schüler- oder Studentenaustausch.
93 Die zweite Alternative setzt voraus, dass die konkrete Tätigkeit des Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung des steuerbegünstigen Zwecks i. S. der §§ 52 bis 54 AO auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann. Nach Auffassung des Gesetzgebers kann auf die zweite Alternative nicht verzichtet werden, da ansonsten inländische Körperschaften, die sich vorrangig oder nur im Ausland engagieren, von der Steuerbegünstigung ausgeschlossen würden. [49]
Die vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung dargelegten Auslegungshilfen lassen die zweite Alternative allerdings zu einem deklaratorischen Tatbestandsmerkmal schrumpfen. [50] Hiernach ist der Wortlaut „[…] oder die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen kann“ so auszulegen, dass es „[…] keiner spürbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands im Ausland bedarf“; weiterhin: „Der mögliche Ansehensbeitrag ist auch nicht als eigenständiger Nebenzweck der Organisation gemeint; sie muss daher weder ihre Tätigkeit noch ihren Satzungszweck speziell darauf ausrichten“. [51]
In der Praxis wird daher bereits ein – wie auch immer ausgestalteter – Hinweis auf den inländischen Spender durch den ausländischen Zuwendungsempfänger ausreichend sein.
94-95 (Einstweilen frei)
4. Verfahrensrechtliche Anforderungen an EU-/EWR-Zuwendungen
96 Bei Zuwendungen an einen Zuwendungsempfänger im EU- bzw. EWR-Ausland ist keine Zuwendungsbestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auszustellen bzw. vorzuhalten (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 EStDV). Dies gilt auch für die gewerbesteuerliche Kürzung gem. § 9 Nr. 5 GewStG.
Insofern sind die Nachweispflichten für eine steuerliche Abzugsfähigkeit beim gewerbesteuerpflichtigen Unternehmer ungleich umfangreicher, da er sich nicht auf den prima facie Beweis einer Zuwendungsbescheinigung zum Nachweis der steuerbegünstigten Zweckverfolgung des Zuwendungsempfängers i. S. der §§ 51 ff. AO berufen kann. Hierzu hat der EuGH festgestellt, dass der Zuwendende die volle Beweislast für die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen an eine steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen in seinem Ansässigkeitsstaat trägt. [52]
Zur Verhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands, den die Bereitstellung solcher Unterlagen für den Zuwendungsempfänger mit sich bringen kann, genügt dem EuGH die Feststellung, dass diese Einrichtungen selbst entscheiden müssen, ob sie es als zweckmäßig erachten, Mittel für die Erstellung, Versendung und eventuelle Übersetzung von Unterlagen einzusetzen, die für Spender bestimmt sind, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind und dort in den Genuss von Steuervergünstigungen kommen möchten. [53]
97 Zum Nachweis der Steuervergünstigung muss der gewerbesteuerpflichtige Unternehmer sinngemäß die Voraussetzungen der §§ 59, 60, 61 AO prüfen und mit Beweisen hinterlegen: [54]
Der Zuwendungsempfänger verfolgt satzungsmäßig gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke gem. §§ 52 bis 54 AO.
Die Zweckverfolgung wird vom Zuwendungsempfänger selbstlos, ausschließlich und unmittelbar gem. §§ 55 bis 57 AO sichergestellt.
Die Satzung oder eine vergleichbare Verfassung des Zuwendungsempfängers muss Zweck und Zweckverfolgung reflektieren.
Die tatsächliche Geschäftsführung des Zuwendungsempfängers muss diesen Satzungsbestimmungen entsprechen.
In der Praxis empfiehlt sich daher eine vorherige Abstimmung der Anforderungen mit dem zuständigen Veranlagungsfinanzamt. Der mit den Nachweisen verbundene administrative Aufwand wird sich daher nur bei einer substantiellen Zuwendung wirtschaftlich lohnen.
Alternativ ist auch eine Zuwendung an einen inländischen gemeinnützigen Zuwendungsempfänger möglich, der die Mittel weiterleitet, da insofern die strengen Anforderungen des § 9 Nr. 5 Satz 3 bis 6 GewStG nicht greifen, sondern lediglich § 58 Nr. 1 , 2 AO i. V. m. § 51 AO.
98-100 (Einstweilen frei)
IV. Kürzung von Mitgliedsbeiträgen an Körperschaften, die Kunst und Kultur fördern gem. § 9 Nr. 5 Satz 7 GewStG
101 § 9 Nr. 5 Satz 7 GewStG ist identisch mit § 10b Abs. 1 Satz 7 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 7 KStG auszulegen und anzuwenden. Hiernach sind Mitgliedsbeiträge an Körperschaften die Kunst und Kultur gem. § 52 Abs. 2 Nr. 5 AO fördern [55] grundsätzlich zu kürzen, es sei denn, die Mitgliedsbeiträge dienen primär einer kulturellen Betätigung mit dem Gepräge einer Freizeitgestaltung i. S. v. § 9 Nr. 5 Satz 12 2. Halbs. Nr. 2 GewStG (s. u. → Rz. 131 f.).
102 Unschädlich für die Möglichkeit zur Kürzung ist, wenn durch den Mitgliedsbeitrag den Mitgliedern Vergünstigungen gewährt werden, wie z. B. freier oder ermäßigter Eintritt zu Konzerten, Ausstellungen oder sonstigen entgeltlichen kulturellen Veranstaltungen. Insofern handelt es sich um eine zweckgerichtete steuerliche Vergünstigung des Gesetzgebers, zumal für die Kulturschaffenden eine Finanzierung ihrer Aktivitäten über Mitgliedsbeiträge zu mehr Finanzierungssicherheit und Planbarkeit als bei der Einwerbung von Spenden führt.
Mithin stellt der Gesetzgeber den kulturellen Förderzweck über den der steuerlichen Abzugsfähigkeit entgegenstehenden Gegenleistungscharakter eines Mitgliedsbeitrags. [56]
103-105 (Einstweilen frei)
V. Zuwendungsvortrag gem. § 9 Nr. 5 Satz 8 GewStG
106 Überschreiten die vom gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen geleisteten Zuwendungen die Grenzen von § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG, ist ein Vortrag in kommende EZ möglich. Eine Kürzung unterliegt dann denselben materiellen Anforderungen. Der Zuwendungsvortrag ist auf das Ende des EZ gem. § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG von Amts wegen gesondert festzustellen.
107-110 (Einstweilen frei)
VI. Zuwendungen von Einzelunternehmen und PersGes in den Vermögensstock einer Stiftung gem. § 9 Nr. 5 Satz 9 bis 11 GewStG
111 Zusätzlich zur Kürzung nach § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG können Einzelunternehmen und PersGes eine Spende in den Vermögensstock einer Stiftung i. H. v. bis zu 1 Mio €. vom Gewerbeertrag kürzen. Körperschaften sind nicht kürzungsberechtigt (vgl. § 10 Nr. 1 KStG).
Zweck der Norm ist die Schaffung eines steuerlichen Anreizes für die Stärkung der Kapitaldecke gemeinnütziger Stiftungen, da der Vermögensstock einer Stiftung dazu bestimmt ist, langfristig Erträge zu erwirtschaften und damit einer nachhaltigen Zweckerfüllung dient. [57] § 9 Nr. 5 Satz 9 bis 11 entsprechen sinngemäß § 10b Abs. 1a EStG. [58]
112 Neben dem formellen Antragserfordernis des zuwendenden gewerbesteuerpflichtigen Unternehmens muss die Stiftung sinngemäß die Voraussetzungen von § 9 Nr. 5 Satz 2 bis 6 GewStG erfüllen, d. h. eine begünstigte Zuwendungsempfängerin i. S. der §§ 51 ff. AO sein. Unerheblich ist, ob es sich um eine privatrechtlich errichtete Stiftung gem. §§ 80 ff. BGB oder eine öffentlich-rechtliche Stiftung handelt. Auch eine EU- oder EWR-Stiftung kann begünstigte Empfängerin der Vermögensstockspende sein.
Vorstiftungen sind dagegen von der Privilegierung nicht erfasst, da die zivilrechtliche Vermögensbindung bis zur Erlangung der Rechtsfähigkeit widerrufen werden kann. [59] Vermögensstockspenden an unselbständige bzw. nicht-rechtsfähige Stiftungen sind über § 51 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG auch von der Privilegierung erfasst.
113 Den Vermögensstock bildet das zu erhaltende Vermögen einer Stiftung, so dass im Umkehrschluss eine Spende in das verbrauchbare Vermögen nicht von der Sonderregelung in § 9 Nr. 5 Satz 9 GewStG erfasst ist (vgl. § 9 Nr. 5 Satz 10 GewStG). In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass für eine Erhöhung des Vermögensstocks bzw. des Stiftungskapitals in einigen Landesstiftungsgesetzen nach wie vor ein Genehmigungsvorbehalt der zuständigen Stiftungsaufsicht vorgesehen ist.
Eine Ausnahme vom gesetzlichen Genehmigungsvorbehalt ist lediglich dann möglich, wenn die Stiftungssatzung eine Kapitalerhöhung vorsieht und die Klausel von der Stiftungsaufsicht im Zuge der Stiftungsgründung geprüft wurde.
114 Das gewerbesteuerpflichtige Unternehmen kann den Kürzungsbetrag i. H. v. insgesamt 1 Mio. € innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren nur einmal in Anspruch nehmen (vgl. § 9 Nr. 5 Satz 10 GewStG). Ein überschießender Betrag kann zusätzlich unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG gekürzt und ggf. vorgetragen werden. Es handelt sich insoweit um ein zusätzliches Abzugsvolumen.
Im Antragsfall kann die Vermögensstockspende innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vom Spender beliebig auf die einzelnen Jahre verteilt werden. [60] Geleistete Vermögensstockspenden, die nicht innerhalb des zehnjährigen Abzugszeitraums verbraucht wurden, gehen in den allgemeinen unbefristeten Spendenvortrag nach § 9 Nr. 5 Satz 8 GewStG über.
Zur Vermeidung von Unklarheiten sollte bei einer Vermögensstockspende oberhalb der Grenze von 1 Mio. € auf die gewünschte Aufsplittung gegenüber der FinVerw hingewiesen werden.
115-120 (Einstweilen frei)
VII. Keine Kürzung gem. § 9 Nr. 5 Satz 12 1. Halbs. GewStG i. V. m. § 8 Abs. 3 KStG
121 Soweit eine Zuwendung einer Körperschaft auch die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) an den Gesellschafter gem. § 8 Abs. 3 KStG erfüllt, entfällt die Möglichkeit zur Kürzung vom Gewerbeertrag gem. § 9 Nr. 5 Satz 12 1. Halbs. GewStG i. V. m. § 9 Nr. 5 Satz 1 ff. GewStG (vgl. insoweit auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG „vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 [KStG]“) für das gleichlautende körperschaftsteuerliche Abzugsverbot.
Im Umkehrschluss gilt die Vorschrift nicht für Zuwendungen von gewerbesteuerpflichtigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Ebenfalls nicht vom subjektiven Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 KStG erfasst sind Körperschaften ohne Mitgliedschaftsebene.
Nach Auffassung des BFH ist das für eine vGA erforderliche Gesellschaftsverhältnis gegeben, wenn der Gesellschafter über Mitgliedschaftsrechte oder solchen Rechten ähnliche Rechtsmacht verfügt, die es ihm ermöglichen, auf die Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft maßgeblichen Einfluss zu nehmen, mithin also das Organhandeln der Körperschaft zu beeinflussen. [61]
122 Die vGA ist im Grundsatz eine Einkommensverwendung der Körperschaft. Insoweit ist es konsequent, einen abziehbaren Aufwand sowohl gewerbe- als auch körperschaftsteuerlich zu versagen, wenn die Vermögensminderung primär durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. [62]
An den Nachweis der verdeckten Gewinnausschüttung sind gleichwohl im Rahmen einer Einzelfallprüfung strenge Anforderungen zu stellen, da nicht unmittelbar betriebsdienliche, gemeinnützige Zuwendungen einer Körperschaft in der Praxis regelmäßig auch auf der Gesellschafterebene einer besonderen Rechtfertigung oder sogar einem Zustimmungsvorbehalt nach internen Richtlinien unterliegen . [63]
Mithin ist die Grenze zwischen betrieblicher und gesellschaftlicher Veranlassung fließend. Problematisch sind insbesondere Fälle der (teilweisen) Personenidentität von Gesellschafter(n) und Geschäftsführer(n), da sich die altruistische Motivation der zuwendenden Körperschaft gleichsam in der gemeinsamen Meinungsbildung ihrer Organe und der Anteilseigner für den Außenstehenden untrennbar manifestiert.
123 Prüfungsmaßstab bleibt gleichwohl der Fremdvergleich mit dem Maßstab des sog. ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Danach ist m. E. zu untersuchen, ob die Zuwendung bei wirtschaftlicher Betrachtung für den Steuerpflichtigen vertretbar ist, wenn die persönliche Motivation des Gesellschafters an der konkreten Zuwendung, soweit diese anhand äußerer Merkmale nachweisbar ist, hinweggedacht wird. Hierbei ist dem Zuwendenden ein erheblicher Entscheidungsspielraum zuzugestehen.
124 Demgegenüber vertritt der BFH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung am Maßstab des sog. Fremdspendenvergleichs zu untersuchen ist. Hierbei werden Zuwendungen, die potentiell durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein sollen, ins Verhältnis zu den Zuwendungen an fremde Dritte gesetzt. Soweit erstere Zuwendungen im Zeitraum der letzten drei Veranlagungszeiträume die Zuwendungen an sonstige Zuwendungsempfänger überschritten haben, sei eine vGA anzunehmen. [64]
Durchlaufspenden beim „nahestehenden“ Zuwendungsempfänger werden beim sog. Fremdspendenvergleich als Spenden an „nicht nahestehende“ Zuwendungsempfänger qualifiziert. [65]
125 In der Praxis bedeutet der sog. Fremdspendenvergleich, dass der Zuwendende seine Zuwendungen entweder aufteilen oder zusätzliche Spenden zur Entlastung vom prima facie Beweis leisten muss. Unabhängig davon, dass der sog. Fremdspendenvergleich als Prüfungsmaßstab einer vGA mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar ist, kann er auch in der praktischen Anwendung nicht überzeugen.
Wie im vorstehenden Absatz verdeutlicht, ist es dem Zuwendenden oft nicht möglich, eine klare Prognose zu treffen, wann die Entscheidung zu einer Spende an diesen oder jenen Zuwendungsempfänger im Zusammenspiel von Gesellschafts- und Gesellschafterebene dem „nahestehenden“ oder „fernliegenden“ Vergleichspaar zuzurechnen ist. Diese Rechtsunsicherheit führt jedoch im Zweifel zu einer Spendenzurückhaltung in der Praxis, was den Zielen des privilegierenden Gesetzgebers unzweifelhaft zuwiderläuft.
126 Der Verweis bezieht sich dem Grunde nach auch auf die verdeckte Einlage i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG. Liegt hiernach eine verdeckte Einlage vor, ist eine Kürzung gem. § 9 Nr. 5 GewStG ausgeschlossen. Ob und inwieweit eine derartige Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis wurzelt bzw. durch dieses veranlasst ist, ist aufgrund eines Fremdvergleichs zu beurteilen. [66] Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn und soweit ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte. [67] Konkret ist für den Fremdvergleich auf einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter abzustellen, der sich, mit Ausnahme der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit, in der wirtschaftlichen und rechtlichen Situation des Geschäftsleiters der leistenden Körperschaft befindet; der Fremdvergleich verlangt nur das „Wegdenken“ des Nahestehens; das Fortbestehen aller übrigen Beziehungen wird unterstellt. [68] Hiernach kann eine gemeinnützige Körperschaft aus ihrem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine abziehbare Spende i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG an ihre ebenfalls gemeinnützige Tochtergesellschaft leisten, soweit der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter der zuwendenden Körperschaft nachvollziehbare altruistische Gründe darlegen kann, die dem Fremdvergleich standhalten. [69]
127-130 (Einstweilen frei)
VIII. Keine Kürzung gem. § 9 Nr. 5 Satz 12 2. Halbs. Nr. 1 bis 4 GewStG
131 Daneben ist eine Kürzung von Mitgliedsbeiträgen an die in § 9 Nr. 5 Satz 12 2. Halbs. Nr. 1 bis 4 GewStG genannten Körperschaften ebenfalls ausgeschlossen. Hiervon sind insbesondere gemeinnützige Aktivitäten mit vorwiegend freizeitgestaltendem Charakter, wie z. B. Sport-, Brauchtums- und Heimatvereine, betroffen. Die Vorschrift ist mit § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 KStG identisch. [70]
Zweck der Regelung ist die Vermeidung einer Privilegierung von Aufwendungen, bei denen die altruistischen Motive in den Hintergrund rücken und die für die Mitgliedschaft empfangene Gegenleistung überwiegt.
132 Insofern sind Umgehungsgestaltungen, wie z. B. niedrige Mitgliedsbeiträge i. V. m. hohen (erwarteten) Spenden als Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO zu werten. [71] Im Kontext des § 9 Nr. 5 GewStG ist bei gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen darauf zu achten, dass durch den Mitgliedsbeitrag nicht unternehmerische Aufgaben auf den Verein überführt werden, wie z. B. politische oder wirtschaftliche Interessenvertretung, und dadurch wiederum der Gegenleistungsgedanke in den Vordergrund des mitgliedschaftlichen Engagements rückt.
133Die ab dem EZ 2020 eingefügte Neuregelung in § 9 Nr. 5 Satz 12 2. Halbs. Buchst. e GewStGbeseitigt eine unbeabsichtigte, planwidrige Regelungslücke des Gesetzgebers durch eine Gleichbehandlung von Körperschaften, die einen gemeinnützigen Zweck i. S. der Buchst. a bis d verfolgen, und solchen Körperschaften, deren Zweck gem. der Auffangklausel des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO für gemeinnützig erklärt worden ist, weil deren konkreter Zweck die Allgemeinheit auf materiellem, geistigen oder sittlichen Gebiet vergleichbar mit einem Zweck i. S. der Buchst. a bis d fördert. Hierzu verweist die Gesetzesbegründung [72] exemplarisch auf die Entscheidung des [73], wonach Turnierbridge gem. § 52 Abs. 2 Satz 2 AO gemeinnützig und nach alter Rechtslage damit auch weiterhin kürzungsfähig sei. Demgegenüber sei z. B. Schach gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO gemeinnützig und nach Buchst. a nicht kürzungsfähig.
134-135 (Einstweilen frei)
IX. Rechtsgrundverweise gem. § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG
1. Allgemeines
136 § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG enthält umfassende Rechtsgrundverweise auf verfahrensrechtliche Vorschriften des EStG und KStG über den Abzug von Zuwendungen, die beim gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen entsprechende Anwendung finden. [74]
Weiterhin ordnet der letzte Halbsatz von § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG die entsprechende Geltung der einkommensteuerlichen Vorschriften über die Abziehbarkeit von Zuwendungen an. Hierbei handelt es sich um eine Öffnungsklausel, die insbesondere auf die Verpflichtung des Zuwendenden zur Vorlage einer Zuwendungsbestätigung für Spenden bzw. Mitgliedsbeiträge an inländische Zuwendungsempfänger abzielt, die den formellen und materiellen Anforderungen des § 50 EStDV entspricht. Die Zuwendungsbescheinigung ist eine Beweiserleichterung für den Zuwendenden.
2. Verweis auf § 10b Abs. 3 EStG und § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 5 KStG
137 § 10b Abs. 3 EStG regelt die Zuwendung von Wirtschaftsgütern die nicht in Geld bestehen – mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen –, insbesondere deren Bewertung (§ 10b Abs. 3 Satz 1 bis 4 EStG) und den Verzicht auf den Ersatz von Aufwendungen zugunsten der verpflichteten Körperschaft durch den Zuwendenden (§ 10b Abs. 3 Satz 5, 6 EStG).
In der Praxis hat diese Vorschrift für gewerbesteuerpflichtige Unternehmen eine große Bedeutung. Insbesondere der Verzicht auf Forderungen, z. B. aus Miet- oder Dienstleistungsverträgen, kommt regelmäßig vor und ist daher vertraglich im Vorhinein genau zu regeln. Weiterhin ist darauf zu achten, dass der Verzicht auf die Leistung des Zuwendungsempfängers erst nach Entstehung der Forderung erklärt wird; Letzteres wird bei Dauerschuldverhältnissen oft vergessen.
Auch Entnahmen aus dem Betriebsvermögen sind handels- und steuerbilanziell genau zu erfassen und nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften zu bewerten. Schließlich gelten auch besondere Nachweispflichten bei der Wertbestimmung. [75] Handelt es sich bei dem gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen um eine Körperschaft i. S. des KStG, enthält § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 5 KStG mit § 10b Abs. 3 EStG vergleichbare Regelungen, so dass die vorstehenden Grundsätze entsprechend anzuwenden sind.
3. Verweis auf § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG und § 9 Abs. 3 Satz 1 KStG
138 § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG und § 9 Abs. 3 Satz 1 KStG statuieren den Vertrauensschutz auf die Richtigkeit einer Zuwendungsbescheinigung beim Zuwendenden. Das Vertrauen erstreckt sich auf alle in der Bescheinigung enthaltenen Tatsachen, wie z. B. die konkrete Höhe der Zuwendung, die zweckgerichtete Verwendung und die Gemeinnützigkeit des Zuwendungsempfängers. [76] Die Grenze des Vertrauensschutzes ist grob pflichtwidriges, die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters außer Acht lassendes Verhalten des Zuwendenden.
In der Praxis wird man insbesondere bei substanziellen oder dauerhaften Zuwendungen regelmäßig auch die aktuelle Freistellungsbescheinigung vom Zuwendungsempfänger anfordern; häufig gebieten auch interne IKS oder Compliance Regelungen ein entsprechendes Vorgehen.
4. Verweis auf § 10d Abs. 4 EStG
139 § 10d Abs. 4 EStG enthält die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die gesonderte Feststellung des einkommensteuerlichen Verlustvortrags. Im Kontext des § 9 Nr. 5 GewStG ist die Vorschrift auf die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Spendenvortrags bzw. des verbleibenden Vortrags über eine Vermögensstockspende gem. § 9 Nr. 5 Satz 8 GewStG anzuwenden.
140-150 (Einstweilen frei)
X. Veranlasserhaftung gemäß § 9 Nr. 5 Satz 14 bis 18 GewStG
1. § 9 Nr. 5 Satz 14 GewStG – Unrichtige Zuwendungsbescheinigung und zweckwidrige Mittelverwendung
151 § 9 Nr. 5 Satz 14 GewStG regelt die sog. Veranlasserhaftung für die Fälle des Ausstellens unrichtiger Zuwendungsbescheinigungen für Spenden und Mitgliedsbeiträge (1. Alt.) sowie die zweckwidrige Verwendung der zugewendeten Mittel (2. Alt.). Die erste Alternative bezieht sich auf alle in der Zuwendungsbescheinigung genannten Tatsachten; die zweite Alternative nimmt die gesamte Prozesskette der Mittelverwendung durch den Zuwendungsempfänger in den Blick. Hiernach haftet der Veranlasser für sein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten auf die entgangene Gewerbesteuer; § 31a BGB ist im Verhältnis zur FinVerw nicht anzuwenden.
2. § 9 Nr. 5 Satz 15 GewStG – Haftung
152 Die Haftung trifft gem. § 9 Nr. 5 Satz 15 GewStG vorrangig den Zuwendungsempfänger selbst, d. h. die gemeinnützige Körperschaft oder Stiftung, und nachrangig die für den Zuwendungsempfänger handelnden natürlichen Personen bzw. Organe, wenn der Haftungsanspruch gegen den Zuwendungsempfänger nicht nach § 47 AO erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Zuwendungsempfänger erfolglos geblieben sind.
153 § 9 Nr. 5 Satz 15 GewStG letzter Halbsatz enthält einen Rechtsgrundverweis auf § 10b Abs. 4 Satz 5 EStG. [77] Danach läuft die Festsetzungsfrist für Haftungsansprüche gegen den oder die Veranlasser nicht ab, solange die Festsetzungsfrist für von dem Zuwendungsempfänger geschuldete Körperschaftsteuer für den VZ nicht abgelaufen ist, in dem die unrichtige Bestätigung ausgestellt oder zweckwidrige Mittelverwendung veranlasst worden ist; die Hinderungsgründe für das Ausstellen eines Haftungsbescheids in § 191 Abs. 5 Satz 1 AO sind nicht anzuwenden.
3. § 9 Nr. 5 Satz 16 GewStG – Haftungsbetrag
154 Der Haftungsbetrag ist gem. § 9 Nr. 5 Satz 16 GewStG der Höhe nach typisiert mit 15 % der Zuwendungen anzusetzen und fließt der für die Zuwendungsempfängerin zuständigen Gemeinde zu; § 20 AO ist für die Bestimmung der Gemeinde sinngemäß anzuwenden. Insoweit simuliert § 9 Nr. 5 Satz 16 GewStG eine durchschnittliche Belastung der Zuwendung mit Gewerbesteuer. Gleichwohl müsste der Zufluss eigentlich bei der Gemeinde des Zuwendenden stattfinden, da dort auch der Abzug erfolgt ist.
4. § 9 Nr. 5 Satz 17 GewStG – Haftungsbescheid und Erhebung der entgangenen Gewerbesteuer
155 Verfahrensrechtlich wird der Haftungsbetrag gem. § 9 Nr. 5 Satz 17 1. Halbs. GewStG durch einen Haftungsbescheid des zuständigen Finanzamtes festgesetzt. Zugleich bleibt die Befugnis der Gemeinde des zuwendenden gewerbesteuerpflichtigen Unternehmens, die durch die Kürzung gem. § 9 Nr. 5 GewStG entgangene Gewerbesteuer zu erheben, unberührt.
Einer Nacherhebung von Gewerbesteuer beim Zuwendenden wird jedoch regelmäßig der Gutglaubensschutz des Zuwendenden auf die Zuwendungsbestätigung entgegenstehen.
5. § 9 Nr. 5 Satz 18 GewStG – Rechtsgrundverweis auf § 184 Abs. 3 AO
156 Verfahrensrechtlich hat das für die Haftungssache zuständige Finanzamt sinngemäß gem. § 9 Nr. 5 Satz 18 GewStG i. V. m. § 184 Abs. 3 AO die Pflicht zur Mitteilung der in der Haftungssache getroffenen Maßnahmen an die betroffene(n) Gemeinde(n). [78] Das gilt sowohl für den Zuwendenden als auch für den Zuwendungsempfänger.
Fundstelle(n):
VAAAH-42362
1Vgl. Hallerbach/Nacke/Rehfeld, GewStG, § 8 Nr. 9 Rz. 1.
2BGBl 1951 I S. 996.
3Vgl. BGBl 1957 I S. 848; BGBl 1961 I S. 981; BGBl 1990 I S. 2775.
4BGBl 1992 I S. 297.
5BGBl 1994 I S. 3267.
6BGBl 1995 I S. 1250.
7BGBl 1999 I S. 402.
8BGBl 2000 I S. 1034.
9BGBl 2000 I S. 1790.
10BGBl 2001 I S. 3794.
11BGBl 2004 I S. 3310.
12BGBl 2006 I S. 2878.
13BGBl 2007 I S. 2332.
14BGBl 2008 I S. 2794.
15BGBl 2010 I S. 386.
16BGBl 2011 I S. 2592.
17BGBl 2013 I S. 556.
18BGBl 2013 I S. 1809.
19BGBl 2019 I S. 2451.
20BGBl 2020 I S. 3096.
21C-386/04, NWB AAAAC-16451.
22C-318/07, NWB RAAAD-05490.
23BGBl 2010 I S. 386.
24Vgl. KKB/Eckardt, §§ 10b, 10d EStG; Krebbers-van Heek/Mössner in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, § 9.
25Vgl. Rader in Leopold/Madle/Rader, AO, §§ 51 ff..
26Vgl. Trinks in Hallerbach/Nacke/Rehfeld, GewStG, § 3 Nr. 6 Rz. 49.
27Ständige Rechtsprechung seit NWB RAAAA-92500, BFHE 151 S. 544, m. w. N.
28Ständige Rechtsprechung seit , BStBl 1991 II S. 234.
29, BStBl 2007 II S. 8; v. - X R 4/11, NWB BAAAE-88365.
30, BStBl 1993 II S. 874.
31, BStBl 1992 II S. 748 m. w. N.
32Vgl. die Kommentierung zu § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG → Rz. 136.
33Vgl. BT-Drucks. 16/5200, S. 16.
34Vgl. , BStBl 1997, S. 612 m. w. N. zur sog. Beitrittsspende.
35Vgl. Leopold/Madle/Rader, AO, §§ 52 bis 54; zu § 54 AO s. auch Zugmaier/Nöcker/Küpper, AO § 54 .
36/IV B 7 - S 0183 - 62/98, BStBl 1998 I S. 212.
37Vgl. , BStBl 1970 II S. 349.
38, BStBl 1997 S. 327.
39Vgl. KKB/Eckardt, EStG, § 10b; Krebbers-van Heek/Mössner in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, § 9.
40Trinks in Hallerbach/Nacke/Rehfeld, GewStG, § 3 Rz. 49; vgl. auch Koenig/Oellerich in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, § 5 Rz. 250 ff.
41In der Rs. C-386/04, NWB AAAAC-16451.
42C-318/07, NWB RAAAD-05490.
43BStBl 2013 I S. 488, 507.
44BStBl 2011 I S. 286, 292.
45Vgl. IV B 2 – S 1301/07/10017-10, BStBl 2019 I S. 31 zum aktuellen Stand der DBA.
46Vgl. KKB/Eckardt, EStG, § 10b; Krebbers-van Heek/Mössner in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, § 9.
47https://ec.europa.eu/info/law_de.
48Vgl. Beschluss (EU) 015/2453 des Rates vom über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Änderungsprotokolls zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind; Abl. EU L 339/1 v. .
49BT-Drucks. 16/11108 S. 46.
50Krit. insges. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 51 AO, Tz. 8 f.
51BT-Drucks. 16/11108 S. 46.
52 „Persche“, NWB RAAAD-05490.
53 „Persche“, NWB RAAAD-05490.
54Vgl. Rader in Leopold/Madle/Rader, AO, §§ 51 ff..
55Vgl. Rader in Leopold/Madle/Rader, AO, §§ 51 ff..
56Vgl. BT-Drucks. 16/5200 S. 16.
57Vgl. , NWB KAAAC-79043.
58Vgl. KKB/Eckardt, EStG, § 10b.
59Vgl. , BStBl 2015 II S. 545.
60Vgl. IV C 4 – S 2223/07/0020, BStBl 2009 I S. 16, Rz. 3 f.
61Vgl. , BStBl 1990 II S. 237; v. - I R 45/90, BStBl 1992 II S. 429.
62Vgl. BT-Drucks. 7/5310 S. 11.
63Vgl. , NWB AAAAH-68776 (Revision: BFH I R 52/20).
64Vgl. , BStBl 1990 II S. 237; v. - I R 126/90, BStBl 1992 II S. 849; BFH, Beschlüsse v. - I B 167/13, NWB RAAAE-63490; v. - – I R 16/18 , BFHE 274 S. 36, BStBl 2022 II S. 119, Vorinstanz , NWB YAAAG-95689, Az. des BFH: I R 16/18.
65Vgl. , BStBl 1992 II S. 849.
66, BFH/NV 2006 S. 822 = NWB FAAAB-76982.
67, BFH/NV 2014, S. 1736 = NWB RAAAE-72844, Rz. 19.
68, BFH/NV 2023, S. 240 = NWB WAAAJ-29222.
69, BFH/NV 2023 S. 240 = NWB WAAAJ-29222, Rz. 26 ff.
70Vgl. KKB/Eckardt, EStG, §§ 10b, 10d; Krebbers-van Heek/Mössner in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, § 9.
71Vgl. , BStBl 1997, S. 612 m. w. N. zur sog. Beitrittsspende; v. - IX R 7/83, BStBl 1987 II S. 814 zur Mittelweiterleitung durch einen Dachverband.
72BR-Drucks. 356/19, S. 121, 152.
73, BStBl 2017 II S. 1106.
74Vgl. KKB/Eckardt, EStG, §§ 10b, 10d; Krebbers-van Heek/Mössner in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, § 9.
75Vgl. IV C 4 – S 2223/07/0018, BStBl 2013 I S. 1333.
76Vgl. , BStBl 2000 II S. 65.
77Vgl. KKB/Eckardt, EStG, § 10b.
78Vgl. Forchhammer in Leopold/Madle/Rader, AO, § 181; Zugmaier/Nöcker/Steinberg, AO, § 181 .