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Haftung nach dem UStG
Eine Übersichtsseite zu den Stichwörtern des Kontierungslexikons finden Sie hier: NWB LAAAE-91155.
Zusammenfassung
Die Umsatzsteuer schuldet grundsätzlich der leistende Unternehmer oder in Fällen der Verlagerung der Steuerschuld nach § 13b UStG ausnahmsweise der Leistungsempfänger. Darüber hinaus gibt es Fallkonstellationen, in denen ein Dritter für die Steuerschuld des leistenden Unternehmers haften muss.
Der Beitrag stellt diese im Umsatzsteuergesetz enthaltenen speziellen Haftungsnormen vor und zeigt anhand eines Buchungsbeispiels, wie die Haftungsschuld buchungstechnisch zu erfassen ist.
1. Welche Konten werden im SKR 03 oder 04 benötigt?
1.1 SKR 03
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1200 | Bank |
1500 | Darlehnsforderungen |
1736 | Verbindlichkeiten aus Steuern und Abgaben |
1.2 SKR 04
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1300 | Darlehensforderungen |
1800 | Bank |
3700 | Verbindlichkeiten aus Steuern und Abgaben |
2. Rechtsgrundlagen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
3. Wie wird kontiert?
3.1 Allgemeine Grundsätze
Im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer können sich Haftungsansprüche nicht nur aufgrund von Regelungen in der Abgabenordnung ergeben, sondern unmittelbar aus Vorschriften im Umsatzsteuergesetz.
3.2 Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen nach § 13c UStG
3.2.1 Voraussetzungen
§ 13c UStG regelt die Haftung für die Fälle,
in denen ein leistender Unternehmer (Steuerschuldner) seinen Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz (Forderung) abtritt,
der Abtretungsempfänger diese Forderung einzieht oder an einen Dritten überträgt und
der Steuerschuldner die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer bei Fälligkeit nicht oder nicht rechtzeitig entrichtet.
§ 13c UStG umfasst auch die Fälle, in denen Forderungen des leistenden Unternehmers verpfändet oder gepfändet werden.
Unternehmer U hat vom Kreditinstitut K ein Darlehen von 100.000 € erhalten. Zur Sicherheit der Darlehnsforderung lässt sich K sämtliche gegenwärtige und künftige Forderungen des U im Rahmen einer sog. Globalzession abtreten. U hat gegenüber verschiedenen Kunden Forderungen aus steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen i. H. von 50.000 € + 19 % Umsatzsteuer = 9.500 €, Gesamtforderungen 59.500 €.
U kann die fällige Umsatzsteuer von 9.500 € nicht an die Finanzbehörde entrichten und auch den Kredit an K nicht zurückzahlen. K fordert daraufhin die Kunden des U auf, die Forderungen nicht an U, sondern aufgrund der Globalzession unmittelbar an K zu entrichten. K vereinnahmt daraufhin die Kundenforderungen des U i. H. von 59.500 €.
K als Zessionär muss aufgrund der Regelungen in § 13c UStG von den vereinnahmten 59.500 € die darin enthaltene Umsatzsteuer von 9.500 € an den Fiskus abführen, da U als Steuerschuldner und Zedent die Umsatzsteuer bei Fälligkeit nicht an die Finanzbehörde entrichtet hat. Zahlt K die Steuer nicht freiwillig, wäre K durch einen von der Finanzbehörde erlassenen Haftungsbescheid zur Zahlung heranzuziehen.
Zur Frage, ob eine Vereinnahmung durch das Kreditinstitut gegeben ist, hat der entschieden, dass es für die Vereinnahmung i. S. des § 13c UStG nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darauf ankommt, ob der Zedent über dieses Konto bei der Gutschrift hinsichtlich des Überweisungsbetrags in der Weise verfügungsberechtigt ist, dass er den Betrag der Gutschrift abheben oder für frei gewählte Überweisungen nutzen kann, oder ob der Zessionar eine ihm zustehende Rechtsmacht ausübt, um dies zu verhindern.
Befindet sich ein Kontokorrentkonto des Schuldners der Umsatzsteuer als leistender Unternehmer, auf dem die Zahlung der für seine Leistung berechneten Gegenleistung eingeht, im Soll, ist der leistende Unternehmer weiterhin wirtschaftlich verfügungsberechtigt, solange er die ihm eingeräumte Kreditlinie beachtet. In diesem Fall ist der Zessionar nicht befugt, über Zahlungseingänge auf dem debitorisch geführten Konto zu verfügen, sodass eine Haftung nach § 13c UStG des Zessionars ausgeschlossen ist. Diese Aussagen im BFH-Urteil entsprechen der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschnitt 13c.1 Abs. 25 UStAE.
Gemeinsame Voraussetzungen für die Haftung nach § 13c UStG:
Es muss sich um eine abgetretene Forderung handeln, die aus einer steuerpflichtigen Lieferung oder sonstigen Leistung resultiert,
der Abtretungsempfänger (Bank) muss ein Unternehmer sein,
die Umsatzsteuer aus der steuerpflichtigen Leistung muss in einer Steuerfestsetzung bzw. in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Umsatzsteuer-Jahreserklärung berücksichtigt worden sein,
die Umsatzsteuer muss fällig gewesen sein,
die Umsatzsteuer muss ganz oder teilweise nicht entrichtet worden sein und
die abgetretene Forderung muss durch den Abtretungsempfänger (Bank) vereinnahmt worden sein.
Die Haftung des Abtretungsempfängers nach § 13c UStG umfasst alle Formen der Abtretung von Forderungen des Abtretenden aus Umsätzen. Dies gilt auch für Globalzessionen. Die Haftung nach § 13c UStG kann nicht durch eine zivilrechtliche Vereinbarung ausgeschlossen werden, nach der es sich bei dem weitergeleiteten Betrag um einen Nettobetrag ohne Umsatzsteuer handeln soll.
Zu den Einzelheiten der Tatbestandsmerkmale und Anwendung der Haftungsregelung nach § 13c UStG wird auf die umfangreichen Erläuterungen der Finanzverwaltung in Abschnitt 13c.1 UStAE hingewiesen.
Die Vorschrift ist nach § 27 Abs. 7 UStG auf Forderungen anzuwenden, die nach dem abgetreten, verpfändet oder gepfändet worden sind. Wird eine nach dem entstandene Forderung vereinnahmt, die aufgrund einer Globalzession vor dem abgetreten wurde, ist § 13c UStG nicht anwendbar.
Weitere Einzelheiten zur Abtretung und Einziehung einer Forderung enthält das Stichwort „Abtretung von Forderungen“, Kontierungslexikon NWB RAAAG-61770.
3.2.2 Aufzeichnungspflichten
Nach § 22 Abs. 4d UStG sind zusätzliche Aufzeichnungspflichten zu erfüllen, die dem Nachvollzug des Forderungsübergangs sowie der Bestimmung der Haftungsschuld des Abtretungsempfängers dienen.
Der leistende Unternehmer, der bestehende oder künftige umsatzsteuerpflichtige Forderungen abtritt, und der Abtretungsempfänger haben nach § 22 Abs. 4d UStG Folgendes aufzuzeichnen:
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Aufzeichnungspflichten des leistenden Unternehmers | Aufzeichnungspflichten des Abtretungsempfängers |
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Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt (sog. Kettenabtretung), hat er zusätzlich Folgendes aufzuzeichnen: | |
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Die Aufzeichnungspflichten gelten entsprechend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen. An die Stelle des Abtretungsempfängers tritt im Fall der Verpfändung der Pfandgläubiger und im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger.
Leistet der Abtretungsempfänger freiwillig Zahlungen auf die rückständige Steuerschuld des leistenden Unternehmers nach § 48 AO, so hat er nach § 22 Abs. 4e UStG zusätzlich noch folgende Angaben aufzuzeichnen:
die Höhe der entrichteten Beträge,
den Namen und die Anschrift des Schuldners der Umsatzsteuer,
die Steuernummer des Steuerschuldners.
3.3 Haftung bei Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 13d UStG
Bis einschließlich 2007 begründete § 13d UStG eine Haftung, wenn bei einer steuerpflichtigen Lieferung von beweglichen Gegenständen aufgrund eines Mietvertrags oder mietähnlichen Vertrags
sich die Bemessungsgrundlage geändert hatte oder
das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden oder
die steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden war.
In diesen Fällen ergab sich regelmäßig ein Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 UStG, der durch den Leistungsempfänger mangels finanzieller Mittel nicht mehr an den Fiskus entrichtet wurde. Es dann konnte der leistende Unternehmer für diesen Rückforderungsanspruch nach § 13d UStG in Haftung genommen werden.
Die Vorschrift wurde wegen fehlender Vereinbarkeit mit der MwStSystRL durch den Gesetzgeber mit Wirkung vom aufgehoben.
3.4 Haftung für schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer nach § 25d UStG
Bis einschließlich zum galt eine Haftung für schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer nach § 25d UStG. Sie diente der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs, insbesondere in Form von Karussellgeschäften.
Von einem Umsatzsteuer-Karussell spricht man, wenn Unternehmen unter Ausnutzung der Regelungen für die Umsatzbesteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen und der innergemeinschaftlichen Erwerbe durch den Aufbau von grenzüberschreitenden Lieferketten in den Genuss von Vorsteuerabzug gelangen, ohne dass die in der Kette entstehende Umsatzsteuer angemeldet bzw. entrichtet wird. Die gelieferten Waren werden dabei häufig im Kreis gehandelt; d. h. sie gelangen zu einem Unternehmen zurück, das sie zuvor schon einmal verkauft hat. Daher hat sich der Begriff „Karussell“ eingebürgert.
Die Grundstruktur eines derartigen Karussellgeschäfts verdeutlicht das folgende, vereinfachte Schema:
Abb. 1 Schaubild Karussellgeschäft
Die Voraussetzungen für die Haftung nach § 25d UStG anhand von Abb. 1 sind:
Die aus einem vorangegangenen Umsatz geschuldete Umsatzsteuer wurde nicht entrichtet (Abb. 1: die Umsatzsteuer aus der Lieferung des B an U 1.) Vorangegangener Umsatz ist auch ein Umsatz auf den Vorstufen, nicht nur der unmittelbare Eingangsumsatz des Unternehmers,
die Umsatzsteuer wurde in einer Rechnung nach § 14 UStG gesondert ausgewiesen (Abb. 1: Rechnung des B an U 1).
die ausgewiesene Steuer wurde vom Rechnungsaussteller entsprechend seiner vorgefassten Absicht nicht entrichtet oder er hat sich vorsätzlich außer Stande gesetzt, diese zu entrichten (positive Kenntnis; Abb. 1: der Beteiligte B) und
der in Haftung zu nehmende Leistungsempfänger hatte bei Abschluss des Vertrags über seinen Eingangsumsatz vom vorsätzlichen Handeln des Rechnungsausstellers Kenntnis oder hätte nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns Kenntnis haben müssen (Abb. 1: der Beteiligte U 1).
Nach der Vermutungsregelung in § 25d Abs. 2 UStG ist von einer Kenntnis oder einem Kennenmüssen des potenziellen Haftungsschuldners insbesondere dann auszugehen, wenn
der Unternehmer für seinen Umsatz einen Preis in Rechnung stellt, der zum Zeitpunkt des Umsatzes unter dem marktüblichen Preis liegt oder
der dem Unternehmer in Rechnung gestellte Preis unter dem marktüblichen Preis liegt oder
der dem Unternehmer in Rechnung gestellte Preis unter dem Preis liegt, der seinem Lieferanten oder anderen Lieferanten, die am Erwerb der Ware beteiligt waren, in Rechnung gestellt wurde.
Nach Ansicht des BFH muss sich das „Kennenmüssen“ im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs auf Anhaltspunkte beziehen, die für den Unternehmer den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen.
Die Finanzverwaltung definiert den marktüblichen Preis wie folgt: Marktüblich ist ein Preis, den ein Leistungsempfänger an einen Unternehmer unter Berücksichtigung der Handelsstufe zahlen müsste, um die betreffende Leistung zu diesem Zeitpunkt unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zu erhalten.
Diese Vermutungsregelung ist widerlegbar, insbesondere wenn die Preisgestaltung betriebswirtschaftlich begründet ist.
Kommt eine Haftung nach § 25d UStG in Betracht, kann die Finanzbehörde nach § 25d Abs. 4 UStG die Erstattung eines beantragten Vorsteuerüberschusses bis zum Abschluss der Prüfung der Haftungsvoraussetzungen zurückhalten.
Die Darlegungs- und Feststellungslast für das Vorliegen einer möglichen Haftung liegt bei der Finanzbehörde. Insbesondere muss sie beweisen, dass ein Vorlieferer die ausgewiesene Umsatzsteuer nur zum Zwecke des Vorsteuerabzugs in Rechnung gestellt hat und von vornherein die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht an den Fiskus zu entrichten.
Dieser Beweis ließ sich in der Praxis kaum erbringen.
Der BFH hat – soweit ersichtlich – bisher in einem Fall zu den Haftungsvoraussetzungen nach § 25d UStG Stellung genommen. Dabei hatte er die Frage zu klären, ob in Insolvenzfällen generell davon ausgegangen werden kann, dass der spätere Insolvenzschuldner die Absicht hat, die von ihm in einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht zu entrichten. Der BFH verneinte diese Frage. Er äußerte in dem Urteil auch Zweifel, ob§ 25d UStG den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen genügt.
Als Konsequenz der Schwierigkeit, den Leistungsempfänger mittels Haftungsbescheid in Haftung nehmen zu können, hat es der Gesetzgeber als zielführender angesehen, die Vorschrift zum aufzuheben und stattdessen dem Leistungsempfänger aus der Eingangsrechnung den Vorsteuerabzug nach § 25f UStG zu versagen.
Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass im Anschluss an die im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts zu berücksichtigende Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug zu versagen ist, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.
3.5 Haftung für Online-Marktplätze nach § 25e UStG
3.5.1 Allgemeines
§ 25e UStG normiert eine Haftungsregelung für Onlineplattformbetreiber, über deren Website umsatzsteuerpflichtige Lieferungen Dritter rechtlich begründet werden. Soweit umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen betroffen sind, gelten die Haftungsregelungen nicht. Ebenso scheidet eine Haftung aus, wenn die Lieferung nicht steuerbar oder umsatzsteuerfrei ist. Ebenso gilt die Haftungsregelung nicht, wenn eine Steuer nach § 14c UStG geschuldet wird.
3.5.2 Regelungen bis
3.5.2.1 Begriff des elektronischen Marktplatzes
Die Definition findet sich in § 25e Abs. 5 und Abs. 6 UStG. Ein elektronischer Marktplatz ist nach § 25e Abs. 5 UStG eine Website oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, die es einem Dritten, der nicht Betreiber des Marktplatzes ist, ermöglicht, Umsätze auszuführen. Nach § 25e Abs. 6 UStG ist Betreiber derjenige, der einen elektronischen Marktplatz unterhält und es Dritten ermöglicht, auf diesem Marktplatz Umsätze auszuführen.
Markplatzbetreiber sind nach der Intention der Neuregelung Plattformbetreiber wie eBay und Amazon. Diese Plattformen ermöglichen dem potenziellen Kunden, das Umsatzgeschäft auf dieser Website rechtlich zu begründen, d. h. die Ware direkt automatisiert zu bestellen und unmittelbar den Zahlvorgang auszulösen.
Ein elektronischer Marktplatz liegt nicht vor, wenn über diese Plattform keine Umsätze begründet werden können und sich Interessenten nur über Angebote Dritter informieren können. Dies kann auch dadurch ausgelöst werden, dass über diese Plattform der Kunde durch einen Link auf die Plattform des Verkäufers weitergeleitet wird. Das eigentliche zivilrechtliche Rechtsgeschäft zur Ausführung eines Umsatzes im Sinne des UStG kommt dann später durch direkte Kontaktaufnahme über die Homepage des Händlers zustande, über die das Umsatzgeschäft abgeschlossen wird.
Der Pizzabäcker P unterhält zu Werbe- und Bestellzwecken eine eigene Website. Über diese Website werden die Bestellungen der Kunden entgegengenommen und der Bezahlvorgang ausgelöst. Zur weiteren Kundengewinnung hat P seine Website mit einem bundesweit tätigen Lieferdienst L verlinken lassen. Über diesen Lieferdienst kann sich der Kunde über die nächstliegende Pizzeria und dessen Angebot informieren. Bei Interesse des Kunden wird dieser auf die Website des P weitergeleitet.
Der Lieferdienst L ist kein elektronischer Marktplatz i. S. des § 25e Abs. 5 und Abs. 6 UStG. Auf der Website des L wird kein Rechtsgeschäft begründet, sondern die Bestellung und Bezahlung erfolgt auf der Website des P. Das Weiterleiten durch einen Link ist kein rechtsbegründetes Umsatzgeschäft.
3.5.2.2 Haftungsregelungen
3.5.2.2.1 Grundsatz
Die Haftungsregelung gilt nach § 25e Abs. 1 UStG zunächst für sämtlich nicht entrichtete Umsatzsteuer des Händlers. Insoweit ist die Haftungsregelung verschuldensunabhängig ausgelegt. Gleichwohl werden in den nachfolgenden Absätzen 2 bis 4 des § 25e UStG Ausnahmen von der Gefährdungshaftung definiert.
3.5.2.2.2 Einschränkungen bei Unternehmern
Nach § 25e Abs. 2 Satz 1 UStG haftet der Plattformbetreiber nicht, wenn er die in § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG genannte Bescheinigung vom Händler erhalten hat. Die Finanzverwaltung hat hierzu bereits mit ein entsprechendes Antragsformular sowie ein Vordruckmuster für die ausgestellte Bescheinigung bereitgestellt. Nach § 22f Abs. 1 Sätze 6 und 7 und Abs. 4 UStG ist beabsichtigt, das Bescheinigungsverfahren per Papier durch ein elektronisches Verfahren abzulösen. Es sollen die in der Bescheinigung enthalten Daten gespeichert und durch die Finanzbehörde zum Datenabruf bereitgestellt werden. Dies soll durch eine Rechtsverordnung näher bestimmt werden. Dieses Verfahren ermöglicht dem Plattformbetreiber, die Grunddaten des Händlers online auf Richtigkeit abzufragen. Der Beginn des Datenabrufverfahrens wird das Bundesministerium der Finanzen nach § 27 Abs. 25 Sätze 1 und 2 UStG durch ein im Bundessteuerblatt veröffentlichten Schreiben mitteilen.
Da es ein elektronisches Datenabrufverfahren noch nicht gibt, sollte der Plattformbetreiber bei Zweifelsfällen an der Echtheit der Bescheinigung, bei der zuständigen Finanzbehörde nachfragen.
Ist die Finanzverwaltung der Ansicht, dass der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung über die Erfassung als Unternehmer i. S. des § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG abzulehnen ist, erhält der Antragsteller eine entsprechende Mitteilung.
Die Haftung tritt nach § 25e Abs. 2 Satz 2 UStG trotz vorliegender Bescheinigung dann ein, wenn davon auszugehen ist, dass der Plattformbetreiber davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordnungsgemäßen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der Händler seinen steuerlichen Pflichten nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommt. Insoweit trägt die Finanzverwaltung die Beweislast.
Ist der Händler steuerunehrlich und handelt der Plattformbetreiber als ordentlicher Kaufmann und hat keine Kenntnis von der Steuerunehrlichkeit des Händlers, gilt nach § 25e Abs. 4 UStG Folgendes:
Das Finanzamt des Händlers ist berechtigt, dem Plattformbetreiber mitzuteilen, dass der Händler seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt und Steuerrückstände hat. Vorab ist die Finanzbehörde verpflichtet, eigene Maßnahmen zur Durchsetzung des Steueranspruchs zu ergreifen. Eine Mitteilung an den Plattformbetreiber erfolgt dann, wenn Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzbehörde gegen den Händler ohne Erfolg geblieben sind. Eine zwingende Vollstreckung in das bewegliche Vermögen nach § 219 AO ist für Händler aus Drittstaaten nach § 25e Abs. 8 UStG nicht erforderlich.
Ist die Finanzverwaltung der Ansicht, dass der Unternehmer steuerunehrlich ist, erhält der Plattformbetreiber eine entsprechende Mitteilung.
Umsatzsteuerliche Pflichtverletzungen nach § 25e Abs. 4 Satz 1 UStG sind insbesondere:
Abgabe unrichtiger Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder Umsatzsteuer-Jahreserklärungen,
Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder Umsatzsteuer-Jahreserklärungen,
Nichtzahlung oder nicht vollständige Zahlung fälliger Umsatzsteuerbeträge oder
Nichtbenennung eines Empfangsbevollmächtigten im Inland nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG.
Ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung wird der Plattformbetreiber bösgläubig und haftet für die Umsatzsteuer für danach begründete Rechtsgeschäfte, es sei denn der Plattformbetreiber sperrt den Händler innerhalb der von der Finanzbehörde gesetzten Frist von der Website und der Händler ist nicht mehr in der Lage, Lieferungen über diese Plattform auszuführen.
3.5.2.2.3 Einschränkungen bei Nichtunternehmern
Der Plattformbetreiber haftet nach § 25e Abs. 3 Satz 1 UStG nicht, wenn der Händler nicht als Unternehmer tätig ist und die in § 22f Abs. 2 UStG genannten Aufzeichnungspflichten erfüllt hat. Die Haftung greift nach § 25e Abs. 3 Satz 2 UStG dennoch, wenn der Plattformbetreiber anhand der Art, der Menge oder der Höhe der erzielten Umsätze erkennen konnte, dass der vermeintliche Händler die Unternehmereigenschaft des § 2 UStG erfüllt. Auch hier gelten die Grundsätze der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns.
Eine Haftung des Plattformbetreibers ist wiederum dann ausgeschlossen, wenn er sich vom Unternehmer eine Bescheinigung über die steuerliche Registrierung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vorlegen lässt. Soweit der vermeintliche Unternehmer keine Bescheinigung vorlegt, könnte der Plattformbetreiber auch in diesem Falle den Händler vom weiteren Handel auf seiner Website ausschließen, wenn die Finanzbehörde ihm mitgeteilt hat, dass eine Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG vorliegt.
Kriterien, nach dem der Plattformbetreiber von einer Unternehmereigenschaft des Händlers ausgehen kann, hat die Finanzverwaltung im wie folgt definiert:
„Für die Abgrenzung, ob es sich um eine unternehmerische Tätigkeit handelt, ist grundsätzlich nur die Tätigkeit auf dem eigenen Marktplatz maßgebend. Das Erreichen einer bestimmten Umsatzhöhe reicht für die Beurteilung der Frage, ob eine Tätigkeit unternehmerisch ausgeführt wird, allein nicht aus. Unabhängig davon ist ein deutliches Anzeichen dafür, dass die Registrierung auf einem elektronischen Marktplatz als Nichtunternehmer zu Unrecht erfolgte, wenn der auf dem Marktplatz erzielte Umsatz eine Höhe von 17.500 Euro innerhalb eines Kalenderjahres erreicht. Gleiches gilt für Fälle, in denen der Unternehmer dem Betreiber des elektronischen Marktplatzes mitgeteilt hat, dass keine Steuerpflicht im Inland nach § 3c Abs. 3 UStG besteht und die Höhe der Umsätze auf dem Marktplatz die Lieferschwelle nach § 3c Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG erreicht bzw. wenn dem Marktplatzbetreiber Erkenntnisse vorliegen, dass entgegen den Angaben des Unternehmers bei der Registrierung auf seinem Marktplatz im Inland steuerpflichtige Umsätze erbracht werden, eine steuerliche Erfassung durch das zuständige Finanzamt nicht erfolgt ist und damit auch keine Umsatzsteuer auf die erzielten Umsätze entrichtet wird.“
Besitzt der vermeintliche Händler nach Feststellungen der Finanzverwaltung doch die Unternehmereigenschaft, erhält der Plattformbetreiber eine entsprechende Mitteilung.
Die folgende Abb. 2 fasst die Prüfschritte zur Haftung nach § 25e UStG zusammen:
Abb. 2 Prüfschritte § 25e UStG
3.5.2.3 Zuständigkeit und Inkrafttreten
Zuständig für die Durchführung des Haftungsverfahren ist nach § 25e Abs. 7 UStG das für den Händler zuständige Finanzamt. Dies ist für ausländische Unternehmer das jeweils zuständige Zentralfinanzamt nach der Umsatzsteuer-Zuständigkeitsverordnung (UStZustV). Kommt die Finanzbehörde zu dem Ergebnis, dass eine Haftung in Betracht kommt, ist dem Plattformbetreiber nach § 91 Abs. 1 Satz 1 AO Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erhebliche Tatsachen zu äußern.
Die Haftungsregelungen nach § 25e UStG treten zum in Kraft. Der Gesetzgeber hat jedoch nach § 27 Abs. 25 Satz 4 UStG im Interesse einer ausreichenden Vorbereitungszeit das Inkrafttreten hinausgeschoben. Für Händler, die – mit Ausnahme von Island, Liechtenstein und Norwegen – im Drittland ansässig sind, tritt die Haftungsregelung zum in Kraft und für alle übrigen Unternehmer erst zum . Maßgebend ist der Zeitpunkt, zu dem das dem Umsatz zugrunde liegende Rechtsgeschäft begründet wird.
3.5.2.4 Sonstige Hinweise
Die Europäische Kommission hat gegen die deutsche Haftungsregelung am beschlossen, ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Die Haftungsregelung ist nach Auffassung der Kommission ineffizient und unverhältnismäßig und behindert außerdem den Zugang europäischer Unternehmen zum deutschen Markt, was einen Verstoß gegen das EU-Recht darstellt. Die Bundesregierung teilt die Bedenken der Kommission nicht. Das Verfahren hat die Europäische Kommission eingestellt, da durch die Gesetzesänderung in § 25e UStG zum den betroffenen Unternehmen keine zusätzlichen Pflichten auferlegt wurden, die ihnen den Zugang zu elektronischen Schnittstellen erschweren.
3.5.3 Regelungen ab
Durch das Jahressteuergesetz 2020 vom wurde zum die zweite Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets ins nationale Umsatzsteuerrecht umgesetzt.
Gegenüber der Rechtslage bis haben sich folgende Änderungen ergeben:
Nach dem neu gefassten § 25e Abs. 1 UStG haftet der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle für die nicht entrichtete Steuer eines Unternehmers aus einer Warenlieferung, wenn er mittels seiner Schnittstelle diese Lieferung unterstützt hat. Dies gilt nicht, wenn der Betreiber der elektronischen Schnittstelle selbst nach § 3 Abs. 3a UStG zum Steuerschuldner für die Warenlieferung wird.
Der Betreiber haftet nach § 25e Abs. 2 UStG nicht, wenn der liefernde Unternehmer i. S. von § 22f Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG im Zeitpunkt der Lieferung über eine gültige, ihm vom Bundeszentralamt für Steuern nach § 27a UStG erteilte USt-IdNr. verfügt. Das bedeutet, dass die Gültigkeit der USt-IdNr. regelmäßig überprüft werden muss. Die bisherige Verpflichtung zum Vorhalten einer vom zuständigen Finanzamt erteilten Papierbescheinigung über die steuerliche Erfassung des liefernden Unternehmers entfällt.
In § 25e Abs. 5 UStG wird die elektronische Schnittstelle definiert. Dies ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches und entspricht der Definition in § 3 Abs. 3a Satz 3 UStG.
In § 25e Abs. 6 Satz 1 UStG werden die Voraussetzungen genannt, wann ein „Unterstützen“ i. S. des § 25e Abs. 1 UStG vorliegt.
Unterstützen im Sinne dieser Vorschrift bezeichnet die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, um es einem Leistungsempfänger und einem liefernden Unternehmer, der über eine elektronische Schnittstelle Gegenstände zum Verkauf anbietet, zu ermöglichen, in Kontakt zu treten, woraus eine Lieferung von Gegenständen an diesen Leistungsempfänger resultiert.
§ 25e Abs. 6 Satz 2 und 3 UStG enthält eine Negativabgrenzung, wann kein „Unterstützen“ vorliegt.
Der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle unterstützt die Lieferung von Gegenständen jedoch dann nicht, wenn er weder unmittelbar noch mittelbar:
irgendeine der Bedingungen für die Lieferung der Gegenstände festlegt,
an der Autorisierung der Abrechnung mit dem Leistungsempfänger bezüglich der getätigten Zahlungen beteiligt ist, und
an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt ist.
Ein Unterstützen liegt auch dann nicht vor, wenn der Betreiber der elektronischen Schnittstelle lediglich eine der folgenden Leistungen anbietet:
die Verarbeitung von Zahlungen im Zusammenhang mit der Lieferung von Gegenständen,
die Auflistung von Gegenständen oder die Werbung für diese, oder
die Weiterleitung oder Vermittlung von Leistungsempfängern an andere elektronische Schnittstellen, über die Gegenstände zum Verkauf angeboten werden, ohne dass eine weitere Einbindung in die Lieferung besteht.
Die Haftungsregelungen wurden unter Einbeziehung der bisherigen BMF-Schreiben in den neuen Abschnitten 25e.1 bis 25e.4 UStAE wie folgt zusammengefasst:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Voraussetzung für die Haftung | |
Tatbestandsmerkmale für einen Haftungsausschluss | |
Verfahren bei Vorliegen von Pflichtverletzungen | |
Einleitung des Haftungsverfahrens |
Die in Abschnitt 3.5.2 genannten BMF-Schreiben wurden mit Wirkung vom aufgehoben. Darüber hinaus wurden die Vordrucke USt 1 TK – Mitteilung nach § 25e Abs. 4 Satz 1 bis 3 UStG und USt 1 TL – Mitteilung nach § 25e Abs. 4 Satz 4 UStG neu bekannt gegeben.
3.5.4 Sonstige Hinweise
Damit die Finanzverwaltung frühzeitig erkennt, ob ein Unternehmer ein Onlinehändler ist, haben Unternehmensgründer mit der Neugründung einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung elektronisch zu übermitteln oder in Härtefällen auf Papier abzugeben, in dem der inländische Unternehmer dokumentieren muss, ob er Waren über das Internet vertreibt und die Vermarktung über einen eigenen Webshop oder über eine elektronische Schnittstelle erfolgt.
Abb. 3: Auszug aus dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung eines Einzelunternehmers
3.6 Praxisbeispiel: Vereinnahmung einer abgetretenen Forderung
Die Bank B hat dem Unternehmer U einen Kredit i. H. von 100.000 € eingeräumt. Da U den Kredit nicht mehr bedienen konnte, zog B aus abgetretenen Forderungen von U von dem Kunden K einen Betrag von 60.000 € ein. Da die Forderung aus einer 19%igen umsatzsteuerpflichtigen Leistung des U an K resultiert, ist B nach § 13c UStG verpflichtet, die vereinnahmte Umsatzsteuer von 9.579,83 € an die Finanzbehörde zu entrichten. B zahlt daraufhin freiwillig die Umsatzsteuer zu Gunsten des leistenden Unternehmers U nach § 48 AO an die für U zuständige Finanzbehörde.
1. Buchung der Auszahlung des Kreditbetrages durch B
nach SKR 03:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1500 | Darlehensforderungen | 100.000 € | an | 1200 | Bank | 100.000 € |
nach SKR 04:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1300 | Darlehensforderungen | 100.000 € | an | 1800 | Bank | 100.000 € |
2. Buchung der Vereinnahmung der Kundenforderung durch B
nach SKR 03:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1200 | Bank | 60.000 € | an | 1500 | Darlehnsforderungen | 60.000 € |
nach SKR 04:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1800 | Bank | 60.000 € | an | 1300 | Darlehnsforderungen | 60.000 € |
3. Erfassung der Umsatzsteuerschuld gegenüber der Finanzbehörde
nach SKR 03:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1500 | Darlehensforderungen | 9.579,83 € | an | 1736 | Verbindlichkeiten aus Steuern und Abgaben | 9.579,83 € |
nach SKR 04:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1300 | Darlehensforderungen | 9.579,83 € | an | 3700 | Verbindlichkeiten aus Steuern und Abgaben | 9.579,83 € |
4. Zahlung der Umsatzsteuerschuld an die Finanzbehörde
nach SKR 03:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1736 | Verbindlichkeiten aus Steuern und Abgaben | 9.579,83 € | an | 1200 | Bank | 9.579,83 € |
nach SKR 04:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
3700 | Verbindlichkeiten aus Steuern und Abgaben | 9.579,83 € | an | 1800 | Bank | 9.579,83 € |
Kann B keine weiteren Zahlungen auf die Darlehnsforderung generieren, hätte B eine Forderungsabschreibung i. H. von 49.579,83 € (100.000 € - 60.000 € + 9.579,83 €) vorzunehmen.
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