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Grundlagen - Stand: 05.08.2019

Karussellgeschäfte

Bodo Ebber

Dieser Beitrag wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition des Karussellgeschäfts

Von einem Umsatzsteuer-Karussell spricht man, wenn Unternehmen unter Ausnutzung der Regelungen für die Umsatzbesteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen und Erwerbe durch den Aufbau von grenzüberschreitenden Lieferketten in den Genuss des Vorsteuerabzugs gelangen, ohne dass die in der Kette entstehende Umsatzsteuer angemeldet bzw. entrichtet wird.

II. Erscheinungsformen und Begriffe

Beispiel:

Unternehmer A liefert Waren, die er für 100.000 € im EU-Ausland "steuerfrei" eingekauft hat (als innergemeinschaftlicher Erwerb zwar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerpflichtig, gleichzeitig aber Vorsteuerabzug gem.§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG), für lediglich 88.000 € (netto) an Unternehmer B. Er macht also 12.000 € Verlust. Die Umsatzsteuer (19 v.H.) i.H.v. 16.720 €, die er B in Rechnung gestellt hat, führt er planmäßig nicht ab. Nach Verrechnung mit dem Verlust verbleibt ihm ein „Gewinn“ von 4.720 €. Unternehmer B erlangt formal einen Vorsteuererstattungsanspruch. Er veräußert die Ware mit geringem Aufschlag weiter an C, der die Ware gem. § 4 Nr. 1 b) UStG steuerfrei ins EU-Ausland weiterverkauft und dabei erhebliche Vorsteuerüberschüsse erzielt (kein Auschluss des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 a) UStG). Auf diese Weise kann die Ware mehrfach kreiseln. Der steuerliche Schaden wird dabei immer größer.

Die ersten aufgedeckten Karussellgeschäfte betrafen den Handel mit Kraftfahrzeugen und Computerbauteilen. Inzwischen hat sich der Handel mit kleinvolumigen, einfach zu befördernden Waren (Computerbauteile, Mobiltelefone) als betrugsanfällig erwiesen. Abweichend von zunächst festgestellten ausschließlich papiermäßig verkauften Waren sind nunmehr i.d.R. tatsächliche Warenbewegungen festzustellen. Auch das reine Kreisen (Karussell) ist nicht mehr typisch.

An einem Betrugskarussell sind echte Unternehmen beteiligt, die entweder gutgläubig sind oder bewusst mitspielen. Daneben werden als Rechnungsschreiber Scheinfirmen installiert. Folgende Begriffe sind inzwischen gebräuchlich:

  • Der Missing Trader (MT) ist eine Scheinfirma, die die Waren aus dem EU-Ausland erwirbt. Die Lebensdauer des MT ist häufig sehr kurz. Der MT erbringt entweder tatsächlich keine Leistungen (Scheinfirma) oder er kommt seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nach.

  • Die Buffer Company (BC) ist eine Zwischenhändlerin, eine operative Firma (häufig GmbH), die ihren steuerlichen Verpflichtungen nachkommt (paper works) und die Waren im Inland vom MT erwirbt. BC sind nicht immer gutgläubig. Häufig ist ein sprunghafter Anstieg der Umsatzzahlen festzustellen. BC dienen der Kettenverlängerung.

  • Der Distributor (Distri) ist ein Verteiler, der die Waren von einer BC erwirbt und sie i.d.R. über die Grenze liefert.

III. Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung an den „missing trader“

Teilt eine ausländische Steuerverwaltung mit, dass es sich bei einem Leistungsempfänger um einen „missing trader” handelt, folgt daraus nicht zwingend, dass der Empfänger im Zeitpunkt der Leistung und der Rechnungsausstellung kein Unternehmer i.S.d. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG bzw. des entsprechenden ausländischen UStG war. Die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung scheitert folglich nicht zwingend an § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG.

Die Steuerfreiheit entfällt aber, wenn anhand objektiver Umstände nachgewiesen ist, dass der Lieferer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich durch den Umsatz, auf den er sich in seinem Mitgliedstaat zur Begründung der Befreiung beruft, an einer im Rahmen einer Lieferkette begangenen Mehrwertsteuerhinterziehung in einem anderen Mitgliedstaat beteiligt hat.

IV. Ausschluss des Vorsteuerabzugs

Einem in das Umsatzsteuerkarussell involvierten Unternehmer ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Unternehmer wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.

Einer GmbH sind insoweit analog § 166 BGB die Kenntnisse ihrer Angestellten (und nicht nur des Geschäftsführers) zuzurechnen.

V. Maßnahmen der Verwaltung

1. ZAUBER (Zentrale Datenbank zur Speicherung und Auswertung von Umsatzsteuer-Betrugsfällen und Entwicklung von Risikoprofilen)

Der Aufgabenkatalog des Bundeszentralamtes für Steuern wurde für ZAUBER erweitert (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 FVG).

Das Bundeszentralamt hat nunmehr die zentrale Sammlung und Auswertung von Informationen über Betrugsfälle vorzunehmen. Die Daten dienen der Unterstützung der Landesfinanzbehörden in aktuellen Ermittlungen und der Erstellung von Risikoprofilen.

2. USLO – UmsatzSteuerLänderOnline

USLO dient der Kontrolle der Erwerbsdaten (Art. 4 Abs. 2 und 3 der Zusammenarbeits-VO).

Die Informationen basieren auf den Angaben der Unternehmer in den anderen EU-Staaten in ihren Zusammenfassenden Meldungen über Lieferungen an Unternehmer in Deutschland (Erwerbsdaten-Kontrolle).

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