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Ausbildungskosten/Studienkosten/Bildungsaufwendungen
infoCenter/Grundlagen
Langenkämper, Fortbildungskosten, infoCenter;
Meier, Ausbildungsfreibetrag, infoCenter;
Meier, Ausbildungskosten – Ausbildungsverhältnis, infoCenter;
Schmidt, Doppelte Haushaltsführung, Grundlagen;
Schmidt, Reisekosten, Grundlagen;
Zeitschriften
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Grotherr, Sind nun alle Dissertationspreise einkommensteuerpflichtig? , DStZ 14/2021, S. 577;
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Köster, Zur Verfassungskonformität des Ausschlusses des Werbungskostenabzugs für Erstausbildungskosten, DStZ 5/2020 S. 152;
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Maciejewski, Gestaltungsmöglichkeiten für den steuerlichen Abzug von Berufsausbildungskosten – de lege lata, de lege ferenda, FR 2020 S. 545;
Meyering, Von „Guten“ und von „schlechten“ Studienaufwendungen, DB 7/2016, M5;
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Bücher/Kommentare
KKB/Geserich, § 9 EStG, 9. Aufl. 2024, NWB;
A. Problemanalyse
I. Historischer Hintergrund
Klarheit geschaffen
1Seit vielen Jahren warteten diejenigen, die „mit Steuern zu tun haben“, auf die Entscheidung des BVerfG () zu den Erstausbildungskosten. In insgesamt sechs (!) Aussetzungs- und Vorlagebeschlüssen hatte der VI. Senat des BFH die Frage zur Prüfung überreicht, ob § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG vom verfassungsgemäß ist. Nach dieser Regelung sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Es bleibt damit nur der (begrenzte) Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, über den insbesondere ein Verlustrück- oder -vortrag nicht erreichbar ist.
Grundgesetzkonform
2Der vorlegende Senat des BFH war von der Verfassungswidrigkeit der Versagung des Werbungskostenabzugs überzeugt. Mit dem veröffentlichten Beschluss befand der Zweite Senat des BVerfG, dass § 9 Abs. 6 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist und entschied: Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Werbungskosten, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
3Bis 2002 unproblematisch
Bis zum Jahr 2002 bestanden kaum rechtliche Probleme. Die steuerliche Einordnung der (Aus-)Bildungsaufwendungen war klar definiert. Das Einkommensteuerrecht erkannte Bildungsaufwendungen entweder einkünftemindernd als Werbungskosten oder Betriebsausgaben an, ließ sie als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung zum Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte zu oder verwies sie in den meisten Fällen als Kosten der allgemeinen Lebensführung in die Steuerunerheblichkeit.
Der VI. Senat des BFH, dem aufgrund der Zuständigkeitsregelungen die Rechtsprechung zu diesen Streitigkeiten obliegt, gab dann im Jahr 2002 seine langjährige, kontinuierliche Rechtsauffassung zugunsten der Steuerpflichtigen und entgegen der Verwaltungsauffassung auf.
4 Ständige Änderungen
Seitdem versuchten der Gesetzgeber mit Gesetzesänderungen und die Verwaltung mit BMF-Schreiben auf der einen Seite – teilweise – den status quo wiederherzustellen bzw. die Rechtsprechungsänderungen in gemäßigter Form nachzuvollziehen. Auf der anderen Seite nahm der VI. Senat neue Gesetzesauslegungen (zugunsten der Steuerpflichtigen) vor.
Für Steuerpflichtige bestanden Schwierigkeiten, weil andere Senate des BFH die Gesetzesinterpretation entsprechend der Verwaltungsauffassung vornahmen.
Für die Bearbeitung und das Verständnis von Fällen ist es hilfreich, zunächst einen kurzen chronologischen Abriss seit dem Jahr 2002 zu geben.
II. Chronologischer Abriss
5 Seit dem Jahr 2002 bis zum Beschluss des BVerfG
Der „Schlagabtausch“ zwischen dem VI. Senat des BFH und der Finanzverwaltung begann mit der Änderung der jahrzehntelangen Rechtsprechung im Jahr 2002. Er mündet nunmehr im Beschluss des BVerfG. Dies geschah im Übrigen kurze Zeit nachdem der VIII. Senat gerade die Auffassung der Finanzverwaltung in einem anderen Verfahren bestätigt hatte. Der Gesetzgeber wiederum hat eine erneute Änderung bei der Anerkennung der Studienkosten eines Erststudiums durch das Zollkodexanpassungsgesetz vorgenommen.
1. Rechtslage bis 2002
6 Zunächst Gleichklang von BFH und Verwaltung
Jahrzehntelang bestand zwischen BFH und Finanzverwaltung ein Gleichklang bei der Beurteilung der Bildungsaufwendungen. Entscheidungserheblich war die Frage, ob es sich um eine Bildungsmaßnahme handelte, die (noch) der Fortbildung bzw. Weiterbildung im ausgeübten Beruf diente, oder ob es sich um eine Ausbildung in einem künftigen (neuen) Beruf handelte.
7 Private Aufwendungen
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung (oder Weiterbildung) im nicht ausgeübten Beruf, die dem Ziel dienten, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen zukünftigen Beruf notwendig sind, gehörten zunächst zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung (= Privataufwendungen). Diese wurden einem begrenzten Sonderausgabenabzug zugeordnet.
Ebenso wurden Aufwendungen für ein Erststudium an einer Hochschule, unabhängig davon, ob dies durch den Steuerpflichtigen direkt im Anschluss an die Schulausbildung, erst nach einer langjährigen Berufstätigkeit oder berufsbegleitend absolviert wurde, hierzu gezählt.
Die Rechtsprechung des BFH basierte auf den grundsätzlichen Erwägungen des RFH, der bereits ausführte, dass „die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört, die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig sind“.
8 Einhellige Ausnahme: Ausbildungsdienstverhältnis
Im Einklang zwischen Rechtsprechung und Verwaltung eröffneten die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses – aus dem lohnsteuerpflichtige Einnahmen bezogen wurden – entstandenen Kosten den Werbungskostenabzug.
9 Fortbildungskosten
Die Fortbildungskosten waren seit je her in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben voll abzugsfähig. Darunter wurden alle Aufwendungen gefasst, die der Steuerpflichtige vornahm, um in seinem ausgeübten Beruf „auf dem Laufenden“ zu bleiben, den dortigen fachlichen Anforderungen gerecht zu werden und dadurch „Karriere machen zu können“.
Der A hat bereits eine Ausbildung zum Elektrotechniker absolviert. Er möchte sich als Meister fortbilden und eine entsprechende Prüfung ablegen.
Erfolgt eine Erstattung durch den Arbeitgeber bzw. übernimmt der Arbeitgeber die Kosten im Voraus, konnte er diese als Betriebsausgaben geltend machen. Falls nicht, hatte A die Möglichkeit des vollen Werbungskostenabzugs.
B ist in einem Büro tätig. Sie nimmt nach ihrer Arbeit an einer EDV-Schulung teil. Hierbei wird die aktuellste „word-Version“ vorgestellt.
Da die B mit der Software-Schulung „auf dem Laufenden“ für ihre Bürotätigkeit bleiben möchte, handelt es sich um Fortbildungskosten.
2. Änderung der Rechtsprechung durch den VI. Senat des BFH im Jahr 2002
10 U. a. Anpassung an Marktbedingungen
Der VI. Senat des BFH rückte den Erwerbsbezug unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips in den Vordergrund und berücksichtigte dabei die tiefgreifenden Veränderungen in einem moderner werdenden Berufs- und Bildungswesen. Entscheidend war für die Richter, ob die Bildungsaufwendungen aufgrund einer beruflichen oder betrieblichen Veranlassung entstanden.
Rechtlich klärungsbedürftig für das Gericht war ausschließlich, ob die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit aufwiesen.
Somit wurde die Unterscheidung zwischen Berufsaus- und -fortbildung, Erst- und Zweitausbildung und akademischer und nicht akademischer Ausbildung aufgegeben.
11 „Ins Blaue hinein“
Der notwendige Veranlassungszusammenhang war hingegen nicht gegeben bei einem Studium „ins Blaue hinein“ oder wenn andere private Gründe für die Aufnahme eines Studiums nicht ausgeschlossen werden konnten; beispielsweise in folgenden Fallgruppen:
Erwerb einer Privatpilotenlizenz,
Studium wurde als Hobby betrieben,
Seniorenstudium (Rentner) oder
Auslandsstudium zur Erlangung eines Visums.
3. Rückführung der Rechtsprechung durch den Gesetzgeber im Jahr 2004
12 Befürchtete Einnahmeausfälle
Der Gesetzgeber sah sich aufgrund der neuen Rechtsprechung veranlasst, die Ausbildungsaufwendungen gesetzlich (neu) zu regeln und die geänderte Rechtsprechung zurückzuführen.
Die gesetzliche Regelung sollte Steuerausfällen vorbeugen, die aus der Rechtsprechung des BFH und deren Fortentwicklung erwartet wurden. Mittel- bis langfristig wurde ansonsten ein Steuerausfallrisiko von 1,15 Milliarden € befürchtet.
13 Inhaltliche Regelungen
Der Gesetzgeber erkannte die in den letzten Jahren auf dem Arbeitsmarkt, im Berufsleben und im Bildungswesen eingetretenen tiefgreifenden Veränderungen an. Trotz allem sollten in einer modern entwickelten Gesellschaft, die Kosten einer ersten Berufsausbildung den Grundvoraussetzungen der Lebensführung zugerechnet werden. Deshalb wurde geregelt, dass die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erste Berufsausbildung und die Studienkosten für ein Erststudium zu den nicht abzugsfähigen Lebensführungskosten gehören, wenn diese nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Gleichzeitig wurde der Sonderausgabenabzug für Berufsausbildungskosten auf 4.000 € erhöht. Durchaus in dem Wissen, dass Verlustvorträge systembedingt nicht entstehen konnten.
4. Rechtsprechung des VI. Senats des BFH im Jahr 2009
14 Entgegen den gesetzgeberischen Vorstellungen
Im Jahr 2009 nahm der BFH in einer Reihe von Urteilen die Gelegenheit wahr, dass durch den Gesetzgeber statuierte Abzugsverbot für die beruflich veranlassten Kosten eines Erststudiums zumindest in den Fällen zu „kippen“, in denen eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen war.
Die B machte Aufwendungen als Werbungskosten für ein Studium zur Grund-, Haupt- und Realschullehrerin geltend, welche die Richter anerkannten, da sie bereits eine Ausbildung als Buchhändlerin absolviert hatte.
Der C, ein gelernter Versicherungskaufmann, erhielt den Werbungskostenabzug für ein Weiterbildungsstudium zum Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung.
Der bereits staatlich geprüfte Wirtschaftsassistent D machte erfolgreich Aufwendungen als Werbungskosten für ein Studium im Studiengang „Weltwirtschaftssprachen“ geltend.
Die gelernte Hotelfachfrau E studierte Tourismusmanagement und konnte die für das Studium angefallenen Ausbildungsaufwendungen als Werbungskosten geltend machen.
Der F, ein gelernter Koch, erhielt den Werbungskostenabzug für ein Studium im Studiengang Hotelmanagement.
Noch nicht durch die Rechtsprechung als Werbungskosten anerkannt wurden die Kosten für ein Erststudium, welches nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfand, das sich unmittelbar an eine Schulausbildung anschloss. Gleiches galt für eine nach dem Schulabschluss begonnene (erste) Berufsausbildung.
5. BMF-Schreiben im Jahr 2010
15 Verwaltungsauffassung konkretisiert
In Reaktion auf die ergangene Rechtsprechung konkretisierte die Finanzverwaltung mit einem BMF-Schreiben ihre Rechtsauffassung.
Wie alle anderen BMF-Schreiben soll auch dieses zur Planungssicherheit und Rechtsklarheit beitragen, da Steuerpflichtige sich darauf berufen können, dass ein Sachverhalt von der Finanzverwaltung in der im BMF-Schreiben dargestellten Art und Weise entschieden wird. Wie bei Steuer-Richtlinien ist durch ein BMF-Schreiben nur die Finanzverwaltung in der Rechtsanwendung gebunden. Der Bürger kann sich auf die Anwendung berufen, aber genauso eine andere Rechtsauffassung vertreten. Insbesondere sind die Gerichte (FG und BFH) nicht daran gebunden.
16 Rechtsprechung wird beachtet
In dem BMF-Schreiben wurde für die Verwaltung verbindlich geregelt, dass die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen, es sei denn, die Bildungsmaßnahme findet im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt (Ausbildungsdienstverhältnis). Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen, können bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden. Unter Beachtung der ergangenen Rechtsprechung führt das BMF-Schreiben weiter aus: „Ist einer Berufsausbildung oder einem Studium eine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Erststudium vorausgegangen (weitere Berufsausbildung oder weiteres Studium), handelt es sich dagegen bei den durch die weitere Berufsausbildung oder das weitere Studium veranlassten Aufwendungen um Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit späteren im Inland steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit besteht. Entsprechendes gilt für ein Erststudium nach einer abgeschlossenen nichtakademischen Berufsausbildung."
Unberührt bleibt die Behandlung von Aufwendungen für eine berufliche Fort- und Weiterbildung. Diese stellen Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, sofern sie durch den Beruf veranlasst sind, soweit es sich dabei nicht um eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium handelt.
6. Rechtsprechung des VI. Senats des BFH im Jahr 2011
17 „Paukenschlag“ des BFH
Die weitere Reaktion des BFH ließ durch fünf Urteile im Jahr 2011 nicht auf sich warten. Allen Entscheidungen war gemeinsam, dass zunächst erhebliche Ausbildungskosten bei den Steuerpflichtigen anfielen. Im Anschluss daran erhielten diese hohe (lohnsteuerpflichtige) Gehälter. Ohne vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Rechtsfrage klären zu lassen, ob die gesetzliche Neuregelung (von § 12 Nr. 5 EStG a. F.) gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verstößt, gelangte das Gericht in allen Fällen zugunsten der Steuerpflichtigen zum Abzug der Ausbildungskosten als Werbungskosten.
Der G hat gerade das Abitur abgelegt. Er beginnt unmittelbar mit einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Pilot). Die Ausbildungskosten betragen insgesamt ca. 100.000 €. Dafür macht er in seiner Steuererklärung entsprechende Verlustvorträge (= vorweggenommene Werbungskosten) geltend.
Der BFH ging in diesem Fall von einem erforderlichen Erwerbsbezug aus. Aus § 12 Nr. 5 EStG a. F. folge kein generelles Abzugsverbot. Diese Vorschrift stehe nach dem Einleitungssatz unter einem doppelten Gesetzesvorbehalt einer anderweitigen Bestimmung, und zwar in § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG (jeweils a. F.). Ein Abzugsverbot müsste der Gesetzgeber in Zusammenhang mit den Vorschriften von § 4 EStG (Betriebsausgaben) und § 9 EStG (Werbungskosten) regeln. Da es sich demnach um vorweggenommene Werbungskosten handelte, wurden die Verlustfeststellungen in voller Höhe anerkannt.
Die H hat gerade ihr Abitur erfolgreich absolviert und im Anschluss ein Medizinstudium begonnen. Es fallen erhebliche Kosten für im Rahmen des Studiums absolvierte Auslandssemester an. Für diese Aufwendungen beantragte die H entsprechende Verlustfeststellungen.
Der BFH ging von vorweggenommenen Werbungskosten aus, da ein erforderlicher Erwerbsbezug bestand.
18 Auch Erstausbildung abzugsfähig
Dass Ausgaben für eine erstmalige Berufsausbildung, unabhängig davon, ob es sich um eine Erstausbildung oder ein Erststudium nach einem Schulabschluss handelte, als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen sind, untermauerte der BFH noch mit drei weiteren Entscheidungen vom selben Tag.
7. Die Antwort des Gesetzgebers noch im Jahr 2011
19 Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz
Der Gesetzgeber reagierte durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BeitrRLUmsG) Ausdrücklich geregelt wurde, dass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt – und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet – vom Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind.
Manifestiert wurde dies in einer weiteren wörtlichen Ergänzung des Gesetzestextes (§ 12 Nr. 5 EStG a. F.).
Des Weiteren wurde beim Sonderausgabenabzug der anzuerkennende Höchstbetrag um 2.000 € erhöht; von bisher 4.000 auf 6.000 € (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
20 Erstausbildung wieder ausgenommen
Die klassischen Erstausbildungskosten (Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses und Erststudium) sind entgegen der Rechtsprechung vom Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug ausgenommen; eine Verlustfeststellung ist nicht mehr möglich.
Nach dem gesetzgeberischen Willen soll diese Neuregelung für alle noch offenen Fälle rückwirkend für die Veranlagungszeiträume bis zum Jahr 2004 reichen. Eine verfassungsrechtliche Rückwirkungsproblematik sieht der Gesetzgeber selbst nicht, da es sich lediglich um eine Klarstellung handelt.
8. Weitere Entwicklung
21 Wieder neue Verfahren
Innerhalb kürzester Zeit waren neue Musterverfahren anhängig, mit denen begehrt wurde, dass die Kosten eines Erststudiums bzw. die Kosten für eine Erstausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind.
a) Reaktion der Rechtsprechung, insbesondere des VIII. Senats des BFH
22 Zunächst Bestätigung des Gesetzgebers
Die Finanzgerichte (FG), die sich als erstes mit der Frage des Abzugsverbots für Erstausbildungskosten zu befassen hatten, folgten dem Gesetzgeber allesamt. Hinsichtlich der Rückwirkung des Gesetzes bis zum VZ 2004 bestanden keine Bedenken. Dem folgte der BFH; allerdings der VIII. Senat, der aufgrund der Zuständigkeitsregelung u. a. für gewerbliche Einkünfte und den damit zusammenhängenden Fragen des Betriebsausgabenabzugs zuständig ist.
I ist nunmehr als Rechtsanwalt tätig. Um die Zulassung für diesen Beruf zu erhalten, hat er zunächst – im Anschluss an das Abitur – ein vierjähriges Jurastudium absolviert, darunter fielen die Jahre 2004 und 2005. Die dafür anfallenden Aufwendungen möchte I als vorab veranlasste Betriebsausgaben zum Ansatz bringen. Dies wurde dem I versagt.
Der VIII. Senat des BFH führte aus, dass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium, welches zugleich eine Erstausbildung vermittelt und das nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat, keine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind. Die bereits für die Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwendenden gesetzlichen Neuregelungen sind verfassungsgemäß. Sie enthalten weder eine unzulässige verfassungsrechtliche Rückwirkung noch verstoßen sie gegen den Gleichheitssatz. Auch aus der geänderten Rechtsprechung des BFH des VI. Senats aus dem Juli 2011 könne der Steuerpflichtige keinen Vertrauenstatbestand herleiten. „Für die Streitjahre 2004 und 2005 kann sie schon deshalb nicht vertrauensschaffend sein, da sie zum damaligen Zeitpunkt noch niemandem bekannt sein konnte. Ein Vertrauenstatbestand hätte sich deshalb erstmals ab Veröffentlichung der Urteile ab dem entwickeln können.“ Nicht zuletzt aufgrund der sofort aufgekommenen steuerpolitischen Diskussion konnte der Steuerpflichtige auf den Fortbestand der durch die neuen BFH-Urteile (VI. Senat) geschaffenen Rechtslage nicht vertrauen.