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InfoCenter - Stand: 01.03.2024

Zweckgesellschaften (HGB, IFRS)

Prof. Dr. Carsten Theile

1. Begriff und Anwendungsbereich

Eine Zweckgesellschaft (häufig auch strukturierte Gesellschaft oder special purpose entity genannt) ist eine Gesellschaft mit begrenztem Unternehmensgegenstand, die speziell für einen eng begrenzten und klar definierten Zweck gegründet wird. Bei diesem Zweck handelt es sich in der Praxis häufig um strukturierte Finanzierungen (z. B. Asset Backed Securities ) oder Leasing-Finanzierungen (Leasing-Objekt-Gesellschaften). Durch diesen begrenzten Zweck sind laufende unternehmerische Entscheidungen regelmäßig überflüssig; die Geschäftstätigkeit ist vorfestgelegt. Dieses System wird oft als „Autopilot“ bezeichnet.

Häufig hält das Unternehmen, das die Zweckgesellschaft nutzt, keine oder nur im geringen Umfang Kapitalanteile an der Zweckgesellschaft.

Beispiel:

Die Leasinggesellschaft L hat den alleinigen Geschäftszweck, dem Unternehmen M Fahrzeuge im Rahmen von Leasingverträgen zur Nutzung zu überlassen. Instandhaltungen sind vertragsgemäß von M durchzuführen. M ist an L nicht beteiligt. Stattdessen ist die Bank B einziger Anteilseigner von L. B stellt L zudem auf die Leasingobjekte abgestimmte Kredite zur Verfügung. Für die Kredite bürgt M. Die Leasingraten entsprechen im Übrigen den Raten (Tilgung und Zinsen), die für den Kredit an die Bank gezahlt werden. Weil L einen genau definierten und engen Zweck für M erfüllt und dabei keine operativen Entscheidungen mehr nötig sind, ist L eine Zweckgesellschaft.

Zweckgesellschaften sind vor allem ein Thema für den Konzernabschluss: Ist es sachgerecht, dass der Hauptgesellschafter (ggf. einzige Gesellschafter, wie oben im Beispiel die Bank B) die Zweckgesellschaft in seinen Konzernabschluss einbezieht? Oder sollte eher die wirtschaftliche Betrachtungsweise dominieren und der wesentliche Nutznießer der Zweckgesellschaft (wie oben im Beispiel das Unternehmen M) diese konsolidieren? Sowohl das HGB als auch die IFRS orientieren sich an der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.

2. Bilanzielle Behandlung nach HGB

In den Konsolidierungskreis einzubeziehen ist eine Zweckgesellschaft, wenn sie von einem Mutterunternehmen beherrscht wird. Beherrschung bei einer Zweckgesellschaft liegt – neben den übrigen Kriterien für alle Unternehmen – auch (und exklusiv bei Zweckgesellschaften) vor, wenn ein Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen der Zweckgesellschaft trägt (§ 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB).

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