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Grundlagen - Stand: 07.11.2024

Elterngeld und Elternzeit

Dr. Andy Schmidt

A. Problemanalyse

I. Allgemeines zum Elterngeld und zur Elternzeit

1 Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für Ansprüche auf Elterngeld und Elternzeit bildet das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

2 Sinn und Zweck

Sinn und Zweck des Elterngelds ist es, allen Eltern in der ersten Zeit nach der Geburt des Kindes dessen Betreuung zu ermöglichen, ohne dadurch allzu große Einkommensbußen zu erleiden. Es soll einen Schonraum schaffen, in dem sich die Familie nach der Geburt des Kindes auf die neue Situation einstellen und zusammenfinden kann. Das Elterngeld dient als familienunterstützende dynamische Leistung der Sicherung der eigenen Lebensgrundlage.

3 Berührungspunkte mit verschiedenen Rechtsgebieten

Das Elterngeld und die Elternzeit bieten vielfältige Berührungspunkte mit verschiedenen Rechtsgebieten. An erster Stelle sind das Sozial- und das Arbeitsrecht zu nennen. Ebenso bedeutend ist das Steuerrecht, da es großen Einfluss auf die Berechnung und somit die spätere Höhe des Elterngelds ausübt. Gerade dieser Punkt führt in der Praxis vielfach zu Streitigkeiten. Im Einzelfall kann es Berührungen mit dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geben.

Hinweis

Daraus ergibt sich, dass bei Rechtstreitigkeiten je nach Thematik und Zuständigkeit der mögliche Rechtsweg zu den Sozial-, Arbeits- und Finanzgerichten sowie zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist.

4Neue Regelungen zum Elterngeld

Zum gelten neue Regelungen beim Elterngeld. Die Einkommensgrenzen in § 1 Abs. 8 BEEG wurden geändert und dabei herabgesetzt.

Bei Alleinerziehenden ist nunmehr ein Elterngeldanspruch nicht mehr gegeben, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von mehr als 150.000 Euro erzielt. Bis zur Gesetzesänderung () lag der Betrag bei Alleinerziehenden noch bei 250.000 Euro.

Für Personen, bei denen ein gemeinsamer Elterngeldanspruch vorliegt, verringert der Betrag sich ebenfalls zum , und zwar erheblich von zuvor 300.000 Euro auf nunmehr 200.000 Euro.

Für Geburten ab dem erfolgt nochmals eine Reduzierung, und zwar dann auf „nur noch“ 175.000 Euro.

Grund für diese Änderungen sind damit zu erwartende Einsparungen im Bundeshaushalt. Der Gesetzgeber nimmt an dieser Stelle dem ihm zustehenden Einschätzungsspielraum wahr.

Auch der gleichzeitige Bezug des Basiselterngeldes ist für Geburten ab dem neu gestaltet: Ein gleichzeitiger Bezug der Familienleistung von beiden Elternteilen ist grundsätzlich nur noch maximal für einen Monat und nur innerhalb der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes möglich.

Von der neuen Regelung ausgenommen sind beispielsweise Eltern von neugeborenen Kindern mit Behinderung, Eltern von Zwillingen oder Mehrlingen sowie Eltern von Frühchen, die mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin geboren werden. Diese Eltern können weiter unverändert nach Bedarf, insbesondere für mehr als einen Monat, gleichzeitig Basiselterngeld beziehen.

4aZweites Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes

Zuvor trat bereits eine Änderung zum in Kraft, mit der Vereinfachungen und flexiblere Ausgestaltungen des Partnerschaftsbonusses erreicht werden sollten. Diese Regelungen sollten einen Beitrag zur besseren "Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ leisten. Eltern werden zusätzliche und flexiblere Angebote zur Nutzung des Elterngeldes zur Verfügung gestellt. Die Erhöhung der während des Elterngeldbezugs zulässigen Arbeitszeit soll Eltern dabei unterstützen, einerseits das Familieneinkommen abzusichern und andererseits durch die Teilzeit mehr Zeit für die Familie zu haben. Die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus soll es Eltern erleichtern, den Bonus in Anspruch zu nehmen und so ihrem Wunsch nach einer partnerschaftlichen Verteilung von Familien- und Arbeitszeiten nachzukommen. Eltern von besonders frühgeborenen Kindern erhalten mehr Zeit, um mögliche Entwicklungsverzögerungen ihres Kindes besser auffangen zu können.

4bVerlängerung des Bezugszeitraums bei Frühgeborenen

Eltern, deren Kind sechs Wochen oder früher vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung geboren wurde, erhielten einen weiteren Basiselterngeldmonat bzw. zwei weitere Elterngeld Plus-Monate. Damit sollen sie mehr Zeit erhalten, um mögliche Entwicklungsverzögerungen ihres Kindes aufzufangen. Wie weit besonders frühgeborene Kinder in der Entwicklung zurückliegen und wie weit sich diese Entwicklungsverzögerung in den Elterngeldbezug fortträgt, ist von den Verhältnissen des Einzelfalles abhängig. Bei Frühgeburten, die sechs Wochen oder früher vor dem errechneten Entbindungstermin liegen, wird eine Verzögerung der Kindesentwicklung unterstellt. Für die Berechnung ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis, dem Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ergibt. Da bei besonders frühgeborenen Kindern bei Auslaufen des Elterngeldes nach 14 Lebensmonaten häufig der Entwicklungsstand noch nicht dem eines 14 Monate alten Kindes entspricht, rechtfertige dies – nach der Intention des Elterngeldes – die Verlängerung des allgemeinen Bezugszeitraums um einen Monat, vgl. § 4 Abs. 5 BEEG.

4cErleichterungen beim Partnerschaftsbonus

Der Partnerschaftsbonus wurde gelockert und sollte damit attraktiver werden, vgl. § 4b BEEG. Die Bezugsdauer von vier Monaten weicht einer flexibleren Bezugsdauer zwischen zwei und vier Monaten. Das bedeutet, dass der Partnerschaftsbonus künftig auch für nur zwei oder drei Monate beantragt werden kann. Zudem werden ausgezahlte Monatsbeträge für Monate, in denen die Leistungsvoraussetzungen vorlagen, nicht mehr zurückgefordert. Um Eltern zu ermöglichen, auch während des Bezugs des Partnerschaftsbonus auf mögliche betriebliche oder persönliche Belange zu reagieren, wird der Stundenkorridor von bisher 25-30 Stunden auf 24-32 Wochenstunden erweitert mit der Folge, dass Eltern im Schnitt eine Wochenstunde weniger oder auch bis zu zwei Wochenstunden mehr arbeiten können.

4dEntfallen von geringen selbständigen Einkünften bei der Berechnung

Das Elterngeld ist anhand des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt zu bemessen, wenn die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Summe der Einkünfte der berechtigten Person aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit jeweils durchschnittlich geringer als 35 € im Monat war. Der Durchschnittswert im Monat wird pro Kalenderjahr ermittelt. Die Regelung orientiert sich an § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG, der bei geringen Nebeneinkünften eine Billigkeitslösung vorsieht.

4eArbeitszeiterhöhung bei Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit

Die 4-Tage-Arbeitswoche gilt als Anknüpfungspunkt. Denn die bisher geltende Höchstarbeitszeitgrenze wird für die Dauer des Elterngeldbezuges von 30 Wochenstunden auf 32 Wochenstunden erhöht, vgl. § 1 Abs. 6 BEEG. Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit grundsätzlich zugunsten der Kinderbetreuung einschränken möchten, können aufgrund der Neuregelung auch in höheren Stundenumfängen erwerbstätig sein, ohne den Elternanspruch vollständig zu verlieren. Leitbild war nach Auffassung des Gesetzgebers, den Eltern eine 4-Tage-Arbeitswoche zu ermöglichen, die den (noch immer gängigen) Achtstundentag zugrunde legt.

4fErleichterte Nachweispflicht der Erwerbstätigkeit

Künftig brauchen Eltern, die während des Elterngeldbezugs erwerbstätig sind, den Umfang der mit dem Arbeitgeber vereinbarten Arbeitszeit (Elternzeitvereinbarung oder Arbeitsvertrag) im Regelfall lediglich bei der Beantragung nachweisen (§ 8 Abs.1 BEEG). Die Arbeitszeit ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vertraglich geregelt. Bei Antragstellung gibt der Antragsteller oder die Antragstellerin an, dass die Arbeitszeit 32 Stunden nicht übersteigen bzw. in Fällen des Partnerschaftsbonus zwischen 24 und 32 Stunden liegen wird. Als Beleg wird ein Dokument vorgelegt (Elternzeitvereinbarung, Arbeitsvertrag). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es in vielen Fällen nicht zu einer Über- oder Unterschreitung der vereinbarten Arbeitszeit kommen wird. In die Angaben bei Antragstellung darf daher vertraut werden. Sollte der Umfang der Arbeitszeit nach Antragstellung vertraglich oder tatsächlich geändert werden, wird die Elterngeldstelle bei Zweifel an der Einhaltung der Arbeitszeit im Rahmen der abschließenden Bewilligung nach Ablauf des Bezugszeitraums im Einzelfall einen Nachweis über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit verlangen.

Praxistipp

Das BMFSFJ hat dazu auf seiner Homepage auch eine interessante Broschüre herausgegeben (https://go.nwb.de/5eef7).

II. Elterngeld

1. Einführung

5 Elterngeld ist eine Einkommensersatzleistung, die grds. in Höhe von 67 % des individuellen Nettoeinkommens des Betreuenden als einkommensabhängiger Ausgleich für finanzielle Einbußen des Elternteils im ersten Jahr nach der Geburt durch den Staat gewährt wird. Übernimmt auch der andere Elternteil die Betreuung, können sich als zusätzlicher Bonus zwei sog. Partnermonate anschließen. Das Elterngeld ist bei den staatlichen Behörden zu beantragen. Diese führen die Berechnung und Auszahlung des Elterngelds durch. Den Arbeitgeber treffen diverse Mitwirkungspflichten.

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