Zu § 4 Nr. 16 UStG
4.16.3. Einrichtungen nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe l [1] UStG
(1) Sofern eng mit der Betreuung oder Pflege hilfsbedürftiger Personen verbundene Leistungen von Einrichtungen erbracht werden, die nicht nach Sozialrecht anerkannt sind und mit denen weder ein Vertrag noch eine Vereinbarung nach Sozialrecht bestehen, sind diese nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe m UStG steuerfrei, wenn die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 % der Fälle dieser Einrichtung von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 SGB IX oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
(1a) 1Bei den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung und den Trägern der Sozialhilfe handelt es sich um Körperschaften des öffentlichen Rechts. 2Bestandteile der Sozialversicherung sind nach § 4 Abs. 2 SGB I die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte. 3Ferner unterliegt die Arbeitsförderung nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV den Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung. 4Träger der Sozialversicherung sind im Einzelnen:
in der gesetzlichen Krankenversicherung die (Allgemeinen) Ortskrankenkassen, die Betriebskrankenkassen, die Innungskrankenkassen, die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, die Deutsche Rentenversicherung, die Knappschaft-Bahn-See und die Ersatzkassen;
in der sozialen Pflegeversicherung die bei den Krankenkassen eingerichteten Pflegekassen;
in der gesetzlichen Unfallversicherung die gewerblichen Berufsgenossenschaften, die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, die Gemeindeunfallversicherungsverbände, die Unfallkassen der Länder und der Gemeinden, die Feuerwehr-Unfallkassen, die gemeinsamen Unfallkassen für den Landes- und den kommunalen Bereich sowie die Unfallkasse Bund und Bahn;
in der Arbeitslosenversicherung die Bundesagentur für Arbeit, die Regionaldirektionen und die Agenturen für Arbeit.
5Örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach § 3 SGB XII die kreisfreien Städte und die Kreise, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird. 6Der überörtliche Träger wird vom Land bestimmt und ist in jedem Bundesland ein anderer. 7Landes- oder Bundesgerichte sind hingegen keine gesetzlichen Träger der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe.
(2) Eine Vergütung der Betreuungs- oder Pflegeleistungen aus Geldern des Persönlichen Budgets (§ 29 SGB IX) durch die hilfsbedürftige Person als mittelbare Vergütung ist nicht in die Ermittlung der Sozialgrenze bei der erbringenden Einrichtung mit einzubeziehen.
(3) 1Für die Ermittlung der 25 %-Grenze nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe m UStG und die darauf beruhende Anwendung der Befreiung muss zu Beginn des Kalenderjahres bzw. bei Aufnahme der Tätigkeit bereits absehbar sein, dass die Betreuungs- und Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 % der Fälle ganz oder zum überwiegenden Teil von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 SGB IX oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge vergütet werden. 2Maßgebend für die Beurteilung sind dabei die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres bzw. bei Aufnahme der Tätigkeit, unabhängig davon, wie sich die Umsätze des Unternehmers später im Kalenderjahr entwickeln. 3Ferner gilt die Grenze ab dem Zeitpunkt als erreicht, ab dem der Unternehmer auf Grund einer Vereinbarung mit einem Sozialträger absehbar regelmäßig die 25 %-Grenze erreichen wird. 4Des Weiteren gilt die 25 %-Grenze auch für das laufende Kalenderjahr als erreicht, wenn diese im vorangegangenen Kalenderjahr erreicht wurde.
(3a) 1Eine Vergütung im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe m UStG kann nicht nur bei einer unmittelbaren, sondern auch bei einer mittelbaren (durchgeleiteten) Kostentragung vorliegen. 2Das ist dann der Fall, wenn die in Absatz 3 genannten Träger und Einrichtungen in Kenntnis der Person des leistungserbringenden Subunternehmers auf Grundlage einer expliziten Entscheidung die Kosten für dessen Leistungen übernehmen (vgl. BFH-Urteile vom 13. 6. 2018, XI R 20/16, BStBl 2023 II S. 786 und vom 24. 2. 2021, XI R 30/20 (XI R 11/17), BStBl 2023 II S. 792). 3Die bloße Möglichkeit, Verträge über Betreuungs- und Pflegeleistungen mit den in Absatz 3 genannten Trägern und Einrichtungen abschließen zu können, genügt nicht für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter. 4Die Nachweispflicht für die entscheidungserheblichen Tatsachen hat der Unternehmer. 5Wenn die Kosten für Pflegeleistungen nicht ganz oder zum überwiegenden Teil von Einrichtungen der sozialen Sicherheit vergütet werden, sondern die zu pflegende Person selbst aus eigenen Mitteln für die Pflegeleistungen aufzukommen hat, kann nicht von einer Übernahme der Kosten durch soziale Einrichtungen gesprochen werden; dies gilt auch, wenn der Leistungsempfänger die für seine Pflege eingesetzten Mittel aus einer Altersrente bezogen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 1. 6. 2021, XI B 27/20, n. v.).
(3b) 1Für die Auslegung des Begriffs „Fälle“ ist grundsätzlich von der Anzahl der hilfsbedürftigen Personen im Laufe eines Kalendermonats auszugehen. 2Bei der stationären oder teilstationären Unterbringung in einer Einrichtung gilt daher die Aufnahme einer Person innerhalb eines Kalendermonats als ein „Fall“. 3Bei der Erbringung ambulanter Betreuungs- oder Pflegeleistungen gelten grundsätzlich alle Leistungen für eine Person in einem Kalendermonat als ein „Fall“. 4Leistungen, die in einem Kalendermonat für denselben Auftraggeber gegenüber einer Mehrzahl von hilfsbedürftigen Personen einmalig oder wiederkehrend erbracht werden, z. B. von einem Gebärdensprachdolmetscher, gelten als ein „Fall“. 5Etwas anderes gilt, wenn eine hilfsbedürftige Person in ihrer Lebensführung begleitet wird und der Leistungserbringer innerhalb eines Kalendermonats gegenüber mehreren Leistungsempfängern seine Leistung erbringt, z. B. am Arbeitsplatz gegenüber dem Arbeitgeber der hilfsbedürftigen Person, im Rahmen eines Sozialprojekts gegenüber dem Sozialträger und im Rahmen der Teilhabe am Leben gegenüber der hilfsbedürftigen Person selbst; diese Leistungen gelten als drei Fälle pro Kalendermonat. 6Werden von einem Unternehmer mehrere verschiedenartige Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG betrieben, sind die im Laufe eines Kalendermonats betreuten oder gepflegten Personen zur Ermittlung der Gesamtzahl der Fälle jeder Einrichtung gesondert zuzuordnen.
(4) 1Die Kosten eines „Falls“ werden von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 SGB IX, oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung zum überwiegenden Teil getragen, wenn sie die Kosten des Falls allein oder gemeinsam zu mehr als 50 % übernehmen. 2Der Zeitpunkt der Kostenerstattung ist dabei ohne Bedeutung. 3Kostenzuschüsse oder Kostenerstattungen anderer Einrichtungen (z. B. private Krankenkassen, Beihilfestellen für Beamte, Wohlfahrtsverbände) sind den eigenen Aufwendungen der hilfsbedürftigen Person zuzurechnen.
(5) und (6) (weggefallen)
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
XAAAD-54581
1Anm. d. Red.: Jetzt Buchstabe m durch Art. 12 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa Dreifachbuchst. ddd JStG 2020 v. 21. 12. 2020 (BGBl I S. 3096).