Entgeltliche Aufgabe eines Vorhabens als steuerbarer Umsatz
Leitsatz
Gibt der Inhaber einer Genehmigung zum Betrieb einer Sonderabfalldeponie aufgrund eines Vertrages mit einem Bundesland das Vorhaben auf und erhält er dafür vom Land einen Geldbetrag, liegt ein steuerbarer Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG vor.
Gesetze: UStG 1991 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1Richtlinie 77/388/EWG Art. 2 Nr. 1Richtlinie 77/388/EWG Art. 6 Abs. 1
Instanzenzug: (EFG 2005, 735) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Streitig ist, ob eine Zahlung des Landes ..., die im Zusammenhang mit einer Vereinbarung über das Nichtweiterbetreiben eines Genehmigungsverfahrens für eine Sonderabfalldeponie geleistet wurde, Entgelt für einen steuerbaren (und steuerpflichtigen) Umsatz ist.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der…S-KG.
Die S-KG hatte…ein Grundstück in B (...) zum Zweck der Errichtung und des Betriebs einer Sonderabfalldeponie gepachtet und die behördliche Genehmigung zum Betrieb der Anlage beantragt. Am…1978 erließ die Bezirksregierung…antragsgemäß einen entsprechenden Planfeststellungsbeschluss. Dieser wurde im Jahr 1984 bestandskräftig, nachdem eine dagegen von der Stadt B eingereichte verwaltungsgerichtliche Klage auch vor dem Oberverwaltungsgericht erfolglos geblieben war.
Durch Vertrag vom übertrug die S-KG alle Rechte und Pflichten aus dem Planfeststellungsbeschluss auf die…B-KG. Gesellschafter der B-KG waren die S-KG als Kommanditistin sowie die…B-GmbH als Komplementärin.
Am…1991 erließ die Bezirksregierung…gegenüber der B-KG wegen zwischenzeitlich eingetretener verschärfter abfallrechtlicher Vorschriften und wegen Änderungen in der Planung der B-KG einen Bescheid gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Abfallgesetzes (AbfG). Darin wurde der B-KG aufgegeben, bis spätestens zum die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für im Bescheid näher bezeichnete wesentliche Änderungen des Planes der Sonderdeponie B zu beantragen und bestimmte Planunterlagen einzureichen. Die B-KG legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.
1992 fanden Gespräche zwischen der S-KG und der Landesregierung von…statt, bei denen die für die Deponie bisher angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt ... DM (operative Kosten, Planungskosten, Rechts- und Beratungskosten, Pachtvorauszahlungen, Vertragsauflösungskosten) zur Sprache kamen.
Am schlossen das Land…und die S-KG einen „Vertrag über die Beendigung des Vorhabens zur Errichtung einer Deponie für Sonderabfälle aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung…vom ...”. Die Vereinbarungen führten dazu, dass die B-KG von der Realisierung des Projekts Abstand nahm und ihren Widerspruch gegen den Bescheid der Bezirksregierung…vom zurücknahm. Der Vertrag, in dem die S-KG „Firma” genannt wird, lautet auszugsweise:
„§ 1
1. Die Firma ist alleinige Kommanditistin der ...; sie ist ferner Alleingesellschafterin der persönlich haftenden Komplementär-GmbH, der…Diese Gesellschaft hat ihren Sitz von…nach…verlegt und betreibt derzeit das oben genannte Verfahren.
2. Die Firma verpflichtet sich, das Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb der Sonderabfalldeponie…zu beenden und dieses Vorhaben nach dem Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages weder tatsächlich noch rechtlich in irgendeiner Form weiter zu betreiben. Sie verpflichtet sich, in diesem Sinne auf ihre Tochtergesellschaft einzuwirken und übernimmt die Gewähr dafür, dass die…das Vorhaben in keiner Form weiter betreiben wird. Sie verzichtet auf die Geltendmachung jeglicher Rechte aus dem Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung…vom durch sie selbst oder ihre Tochtergesellschaft.
3. Die Firma nimmt ihren am eingelegten Widerspruch gegen die unter dem ergangene Anordnung der Bezirksregierung…gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 AbfG, Az.: ..., zurück.
4. Die Firma erklärt gegenüber dem OVG…in dem Verfahren…./. Bezirksregierung ..., Az.:…verbindlich, dass sie auf die weitere Durchführung des Vorhabens Sonderabfalldeponie…verzichtet, und erklärt das Verfahren für erledigt.
§ 2
1. Zum Ausgleich sämtlicher der Firma und ihrer Tochtergesellschaft im Zusammenhang mit dem Vorhaben entstandenen Kosten zahlt ihr das Land einen einmaligen anteiligen Betrag in Höhe von
... DM.
2. Die Firma verzichtet im Gegenzug gegenüber dem Land und seinen Behörden sowie gegenüber am Verfahren beteiligten Körperschaften des öffentlichen Rechts auf die Geltendmachung jeglicher Kosten, die ihr im Zusammenhang mit dem Vorhaben bis heute entstanden sind. Sie verzichtet auch auf die Geltendmachung jeglicher Kosten, die ihr im Zusammenhang mit dem Vorhaben, etwa dessen Rückabwicklung, in Zukunft entstehen werden, sowie auf die Geltendmachung eventueller Schadensersatz- oder Folgenbeseitigungsansprüche privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur.
3. Die Firma trägt dafür Sorge, dass die in § 2 Abs. 2 bezeichneten Pflichten auch von ihrer Tochtergesellschaft eingehalten werden.
§ 3
Der Betrag von ... DM ist fällig mit Unterzeichnung dieses Vertrages.”
Zum trat die Komplementärin, die B-GmbH aus der B-KG aus. Infolgedessen wurde die S-KG im Wege der Anwachsung Rechtsnachfolgerin der B-KG.
Am ging bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) eine Umsatzsteuererklärung für 1992 ein, in der als Erklärender die B-KG bezeichnet war. Die Erklärung wies keine Umsätze und Vorsteuerbeträge in Höhe von 8 844,03 DM aus. Das FA stimmte der Erklärung mit Bescheid vom zu.
Im Jahr 1995 wurde die S-KG zur X-S-GmbH verschmolzen.
Im Rahmen einer 1998 und 1999 durchgeführten Betriebsprüfung bei der (erloschenen) B-KG für den Zeitraum 1991 bis 1993 kam der Prüfer zu der Auffassung, die vom Land…gezahlten ... DM seien ein (Brutto-)Entgelt für einen steuerbaren Umsatz.
Dementsprechend erließ das FA am gegen die X-S-GmbH „als Gesamtrechtsnachfolgerin der S-KG, diese wiederum Gesamtrechtsnachfolgerin der B-KG”, einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1992, in dem die Zahlung des Landes in Höhe von ... DM umsatzerhöhend berücksichtigt wurde (Umsatzsteuer: ... DM).
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
Die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1992 scheitere nicht an einer Festsetzungsverjährung. Zwar sei der angefochtene Bescheid erst am , also nach Ablauf der regelmäßigen vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangen. Die Steuererklärung sei 1994 eingereicht worden. Vor Ablauf der Festsetzungsverjährung im Jahr 1998 habe aber die Betriebsprüfung begonnen, so dass der Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 4 AO 1977 gehemmt gewesen sei bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund der Betriebsprüfung zu erlassenden Steuerbescheide. Gegenstand der Betriebsprüfung sei u.a. die Umsatzsteuer für 1992 gewesen.
Das FA habe den streitbefangenen Umsatz zu Recht bei der S-KG berücksichtigt. Zwar habe nicht die mit der Planung befasste B-KG, sondern die S-KG den Vertrag mit dem Land…abgeschlossen. Aus dem Vertrag sei aber nur die S-KG berechtigt und verpflichtet gewesen, so dass die umsatzsteuerbare Leistung bei dieser zu erfassen sei. 1993, also vor Erlass des angefochtenen Steuerbescheids, sei aber die S-KG Gesamtrechtsnachfolgerin der B-KG geworden.
Die S-KG habe i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) umsatzsteuerbare sonstige Leistungen gegen Entgelt an das Land…erbracht. Die Zahlung des Landes sei nicht lediglich aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen erfolgt. Im Streitfall liege eine konkrete, individuell ausgehandelte vertragliche Vereinbarung vor.
Die Zahlung durch das Land…stelle auch keinen Schadensersatz dar. Im Streitfall sei nicht erkennbar, dass ein schadenstiftendes Verhalten eine Schadensersatzpflicht des Landes…ausgelöst haben könnte.
Das Urteil ist in „Entscheidungen der Finanzgerichte” (EFG) 2005, 735 veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:
Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen rechtfertigten nicht dessen Entscheidung, eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1992 scheitere nicht an einer Festsetzungsverjährung. Denn eine im Jahr 1998 begonnene Betriebsprüfung hätte die Festsetzungsfrist nur dann unterbrechen können, wenn eine entsprechende Betriebsprüfungsanordnung gegenüber der Klägerin —und nicht gegenüber der zu diesem Zeitpunkt bereits erloschenen B-KG— erlassen worden sei. Hierzu enthalte das Urteil keine Feststellungen.
Darüber hinaus habe das FG den Streitgegenstand verkannt. Denn das FA habe in dem angefochtenen Bescheid einen Umsatz der erloschenen B-KG erfasst, während sich der angefochtene Bescheid an die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin der B-KG richte. Das ergebe sich nicht nur eindeutig aus der Adressierung, sondern auch daraus, dass in dem angefochtenen Bescheid ausschließlich Eingangs- und Ausgangsumsätze der B-KG erfasst würden. Die B-KG sei nicht Vertragspartei der Vereinbarung mit dem Land…und daher auch in keinen Leistungsaustausch eingebunden gewesen. Umsätze der S-KG seien in dem Bescheid nicht erfasst. Die Klage sei deshalb selbst dann begründet, wenn man den Ausführungen des FG zum Leistungsaustausch zwischen der S-KG und dem Land…zustimmen würde.
In materiell-rechtlicher Hinsicht macht die Klägerin geltend, die Zahlung des Landes…habe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Gegenleistung gestanden. Der Verzicht auf die Fortführung des Betriebs der Sonderabfalldeponie in B durch die S-KG gegen Zahlung von ... DM durch das Land…sei nicht als umsatzsteuerbare sonstige Leistung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) zu qualifizieren. Es liege kein „Verbrauch” im gemeinschaftsrechtlichen Sinne vor. Es sei nicht ersichtlich, worin auf Seiten des Landes…oder eines anderen identifizierbaren Dritten ein Vorteil zu sehen sei, der einen Kostenfaktor in dessen Tätigkeit bilde. Das FG habe verkannt, dass die Zahlung ausschließlich durch strukturpolitische und volkswirtschaftliche Gründe motiviert gewesen sei. Insofern scheide eine zugrunde liegende Leistungsbeziehung aus. Vielmehr handle es sich vorliegend um einen nicht umsatzsteuerbaren echten öffentlichen Zuschuss.
Im Übrigen habe die Zahlung ausschließlich im Zusammenhang mit (etwaigen) bereits entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schadensersatzforderungen und Folgenbeseitigungsansprüchen aus der Aufgabe des Projekts „Sonderabfalldeponie” gestanden. Allein die Regelung eines streitigen Schadensersatzanspruchs durch Vergleich begründe noch keinen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid des FA vom über Umsatzsteuer 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dergestalt zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ... DM festgesetzt wird,
hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es meint, soweit die Klägerin auf die Frage der Festsetzungsverjährung eingehe und eine Verkennung des Streitgegenstandes rüge, handle es sich um einen neuen Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbeachtlich sei. Im Übrigen verweist das FA auf das angefochtene Urteil.
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Vorentscheidung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Das FG hat zutreffend angenommen, dass im Streitfall gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 171 Abs. 4 AO 1977 keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin reichen die dazu vom FG getroffenen Feststellungen aus. Das FG hat ausgeführt, 1998 habe eine Betriebsprüfung bei der erloschenen B-KG begonnen. Damit ist konkludent festgestellt, dass sich die zugrunde liegende Betriebsprüfungsanordnung gegen die B-KG richtete.
2. Allerdings vermag der Senat der Vorentscheidung insoweit nicht zu folgen, als —wie die Klägerin zu Recht rügt— das FG davon ausgegangen ist, der streitbefangene Umsatz sei bei der S-KG zu erfassen und vom FA auch zu Recht bei der S-KG berücksichtigt worden.
Denn der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 1992 vom richtet sich an die X-S-GmbH als Gesamtrechtnachfolgerin der S-KG, diese wiederum als Gesamtrechtsnachfolgerin der B-KG. Aus dieser Adressierung des Bescheides und der Bezugnahme auf die am eingegangene Umsatzsteuererklärung der B-KG sowie daraus, dass in dem Bescheid ebenfalls die von der B-KG in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1992 erklärten Eingangs- und Ausgangsumsätze erfasst wurden, folgt, dass das FA den streitigen Umsatz nicht —wie vom FG angenommen— der S-KG, sondern der B-KG zugerechnet hat.
Dieses Vorgehen des FA steht im Einklang mit der Darstellung in der —vom FG in Bezug genommenen— Tz. 12 des Betriebsprüfungsberichts vom , wonach die S-KG bei Vertragsabschluss als Treuhänderin der B-KG handelte. Es heißt dort: „Im Dezember 1992 erhielt…(B-KG) vom Land…aufgrund eines am zwischen der die…(B-KG) als Treuhänderin (Vereinbarung vom ) vertretenden…(S-KG) und dem Land…abgeschlossenen Vertrages eine Zahlung von ... DM für den Verzicht auf die Errichtung und den Betrieb der Sonderabfalldeponie…(B) sowie für die Rücknahme eines gegen die Bezirksregierung…gerichteten Widerspruchs.”
Hat danach —entgegen der Ansicht des FG— das FA den streitigen Umsatz nicht bei der S-KG, sondern zu Recht bei der B-KG erfasst, folgt daraus aber nicht, dass die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben ist, wie die Klägerin meint. Denn die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der S-KG, die ihrerseits —worauf das FG in diesem Zusammenhang im Ergebnis zu Recht abgestellt hat— 1993 Rechtsnachfolgerin der B-KG geworden ist.
3. Das FG hat ferner zu Recht eine umsatzsteuerbare Leistung gegen Entgelt bejaht.
a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung nach dieser Vorschrift setzt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.B. , BFHE 211, 59, m.w.N.).
aa) Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages (vgl. §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches), durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist.
Zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Der Leistungsempfänger steht aufgrund der vertraglichen Beziehungen zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Leistungsempfänger fest. Die versprochene Leistung ist der Vorteil, den der Leistungsempfänger erhält. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in gegenseitigen Verträgen verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsverbrauch grundsätzlich vor; das versprochene Tun, Dulden oder Unterlassen ist der Vorteil, den der Leistungsempfänger erhält. Ob der Leistungsempfänger die Leistung tatsächlich verwendet oder ggf. zu welchem Zweck, ist grundsätzlich unerheblich (vgl. , BFH/NV 2005, 1394; vom V R 11/03, BFHE 211, 50, unter II. 1. b aa; in BFHE 211, 59, unter II. 2. b).
bb) Dagegen sind Zahlungen, durch die lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein-politischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll, kein Entgelt für eine steuerbare Leistung (vgl. , BFHE 184, 137, BStBl II 1998, 169; vom V R 74/98, BFH/NV 2000, 240; vom V R 10/00, BFHE 193, 165, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2001, 60, jeweils m.w.N.).
So stellt die Verpflichtung zur Aufgabe der Milcherzeugung, die ein Landwirt im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zur Festsetzung einer Vergütung bei der endgültigen Aufgabe der Milcherzeugung eingeht, keine der Umsatzsteuer unterliegende Dienstleistung dar (vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften —EuGH— vom Rs. C-215/94, Jürgen Mohr, Slg. 1996, I-972, 959, UR 1996, 119). Ebenso wenig unterliegen die im Jahr 1991 aufgrund von Vorschriften der EG zur Entlastung des übersättigten Apfelmarktes gezahlten Prämien für die Rodung von Apfelbäumen der Umsatzsteuer (vgl. , EFG 1993, 416, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht —UVR— 1993, 215). Dasselbe gilt für eine Zuwendung für die von einem Landwirt im Rahmen einer nationalen Entschädigungsregelung eingegangene Verpflichtung, mindestens 20 % der von ihm angebauten Kartoffeln nicht zu ernten (vgl. , Landboden Agrardienste, Slg. 1997, I-7387, UR 1998, 102). Ferner ist eine Gebäude-Restwertentschädigung, die eine Gemeinde dem Eigentümer eines bebauten Grundstücks in einem Sanierungsgebiet für den Abbruch des Gebäudes zahlt, kein Entgelt für eine steuerbare (und steuerpflichtige) Leistung des Grundstückseigentümers an die Gemeinde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 193, 165, UR 2001, 60).
cc) Aus der vorbezeichneten Rechtsprechung kann entgegen der Ansicht der Klägerin aber nicht gefolgert werden, dass Leistungen, die ein Unternehmer im allgemeinen Interesse erbringt, generell nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar sind.
Es ist nicht zweifelhaft, dass Personen des öffentlichen Rechts auch außerhalb ihrer Betriebe gewerblicher Art Empfänger von Lieferungen und sonstigen Leistungen (Dienstleistungen) sein können. So liegt z.B. eine steuerbare Grundstückslieferung vor, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts Land durch Enteignung für den Straßenbau erwirbt (vgl. Nr. 27 des Schlussantrags des Generalanwalts in der Rechtssache Mohr in Slg. 1996, 959, UR 1996, 119). Nach den Grundsätzen der bezeichneten Urteile ist also nicht entscheidend, ob eine Leistung im öffentlichen Interesse liegt, sondern ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 137, 141, BStBl II 1998, 169, 171).
b) So war es im Streitfall. Die B-KG erbrachte keine Leistung an die Allgemeinheit, sondern —aufgrund vertraglicher Vereinbarung— an das Land…als individuellen Leistungsempfänger.
aa) Die Leistung an das Land…bestand darin, dass die B-KG in Erfüllung des Vertrages vom ihr Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb der Sonderabfalldeponie B endgütig beendete. Im Einzelnen verzichtete sie dabei auf die (durch Vertrag vom vom Rechtsinhaber, der S-KG, auf sie übertragenen) Rechte aus dem rechtskräftig festgestellten Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung…vom…1978, nahm den von ihr eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid der Bezirksregierung…vom zurück, gab gegenüber dem OVG die verbindliche Erklärung ab, dass sie auf die weitere Durchführung des Vorhabens der Sonderabfalldeponie verzichte und erklärte den Verwaltungsrechtsstreit für erledigt.
Der entgeltliche Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben —worum es im Streitfall im Kern geht—, ist eine sonstige Leistung, wie § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG belegt. Dementsprechend hat der Senat die Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in einer Reihe von Fällen angenommen, in denen ein Unternehmer auf eine ihm zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 59, unter II. 1., m.w.N.).
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auf Seiten des Landes…ferner ein „Verbrauch” im Sinne des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuersystems vor.
Hierzu ist erforderlich, dass einem identifizierbarem Verbraucher ein Vorteil verschafft wird, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte (vgl. EuGH im Urteil Landboden Agrardienste in Slg. 1997, I-7387, UR 1998, 102).
Diese Voraussetzung hat das FG im Ergebnis zutreffend mit der Erwägung bejaht, der Verzicht auf die Geltendmachung der Rechte aus dem Planfeststellungsbeschluss vom…1978 und auf das Weiterbetreiben der Sonderabfalldeponie habe dazu geführt, dass das Land…im Hinblick auf die ursprünglich für die Abfalldeponie vorgesehenen Flächen wieder Planungsfreiheit erlangt habe. Die Klägerin (richtig: die B-KG) habe eine rechtskräftig festgestellte Befugnis zum Betrieb einer Sonderabfalldeponie aus dem Planfeststellungsbeschluss vom…1978 gehabt. Dieses Recht habe das Land…der Klägerin nur „abkaufen” können. Der Verzicht eines Berechtigten auf eine auf öffentlich-rechtlichem Weg nicht mehr entziehbare öffentlich-rechtliche Nutzungsbefugnis gegen Abfindung sei eine sonstige Leistung i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG. Dass dieser „Kauf” des Verzichts der Klägerin auf den Betrieb der Sonderabfalldeponie auch politisch motiviert gewesen sei, sei unerheblich, denn eine politische Motivation führe nicht zwangsläufig dazu, dass Zahlungen aus lediglich strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein-politischen Gründen erfolgten.
Der Auffassung der Klägerin, das Land…habe deshalb keinen Vorteil aus dem Nichtweiterbetreiben des Vorhabens zur Errichtung und zum Betrieb der Sonderabfalldeponie haben können, da es zu keinem Zeitpunkt Beteiligter an einem möglichen Planfeststellungsverfahren gewesen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Dass ausschließliche Planungsbehörde die Bezirksregierung…—eine Landesbehörde— war, schließt den dargelegten Vorteil für das Land…nicht aus. Damit steht im Einklang, dass das Land bei Abschluss des Vertrages vom von der Bezirksregierung…vertreten wurde.
4. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellte die Zahlung des Landes…auch keinen Schadensersatz dar.
Zwar sind so genannte Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat (vgl. , BFH/NV 1999, 987).
Wie das FG aber zutreffend ausgeführt hat, ist im Streitfall ein Schadensersatzanspruch gegen das Land…nicht ersichtlich. Eine Schadensersatzpflicht kam —entgegen der Ansicht der Klägerin— insbesondere nicht gemäß § 72 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes a.F. wegen Widerrufs eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts in Betracht. Denn der Planfeststellungsbeschluss vom…1978 ist nicht widerrufen worden. Es ist (lediglich) unter dem eine Anordnung nach § 8 Abs. 1 Satz 3 AbfG ergangen. Nach dieser Vorschrift ist die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Abfallentsorgungsanlagen oder ihren Betrieb auch nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder nach Erteilung der Genehmigung zulässig.
Das bestätigt im Übrigen auch § 2 Ziff. 2 Satz 2, 2. Halbsatz des Vertrages, wonach von einem Verzicht auf die Geltendmachung „eventueller Schadens- oder Folgenbeseitigungsansprüche” die Rede ist. Selbst die Vertragsparteien haben danach nicht lediglich über die Höhe eines bestehenden Schadensersatzanspruchs verhandelt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 987). Vielmehr zahlte das Land…—wie dargelegt— für den Verzicht der B-KG auf die Realisierung ihres Vorhabens.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 187
BB 2007 S. 91 Nr. 2
BFH/NV 2007 S. 364 Nr. 2
BStBl II 2007 S. 187 Nr. 5
DB 2007 S. 91 Nr. 2
DStRE 2007 S. 555 Nr. 9
DStZ 2007 S. 48 Nr. 3
HFR 2007 S. 264 Nr. 3
INF 2007 S. 89 Nr. 3
KÖSDI 2007 S. 15388 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 2/2007 S. 84
StB 2007 S. 43 Nr. 2
StBW 2007 S. 4 Nr. 1
StuB-Bilanzreport Nr. 3/2007 S. 119
UR 2007 S. 139 Nr. 4
UStB 2007 S. 35 Nr. 2
UVR 2007 S. 100 Nr. 4
WPg 2007 S. 265 Nr. 6
VAAAC-33454