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Grundlagen - Stand: 22.01.2021

Erbfall

Hildegard Schmalbach

Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition des Erbfalls

Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen oder mehrere Personen als Erben über. Dabei hat der Erblasser (zu Lebzeiten) grundsätzlich das Recht, durch Verfügungen von Todes wegen in beliebiger Weise die Nachfolge zu bestimmen (Testierfreiheit, § 2305 BGB, § 2065 BGB). Die gesetzliche Erbfolge tritt dann ein, wenn keine abweichende oder erschöpfende Verfügung von Todes wegen vorhanden ist.

Der Erbfall ist als ein unentgeltlicher auf außerbetrieblichem Gebiet liegender Vorgang anzusehen, durch den die Vermögenswerte auf den oder die Erben übergehen.

Während der Umgang mit den klassischen Nachlassgegenständen wie z.B. Grund- oder Kapitalvermögen, ganzen Unternehmen, aber auch immateriellen Werten im Allgemeinen vertraut ist, stellen die Aktivitäten des Erblassers in der „digitalen” Welt die Erben vor erhebliche Probleme. Bemühungen, die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen zu klären, sind im Gange. Einen wichtigen Beitrag leistet das , mit dem eine grundlegende Weichenstellung zugunsten des Erbrechts getroffen wurde.

II. Aktuelle Rechtsprechung

BFH konkretisiert die bei Nachlasspflege einzuräumende Zeit zur Erbenermittlung

Der BFH hält einen Zeitraum von drei Jahren und fünf Monaten auch in einem Fall mit besonders schwierigen Erbenermittlungen für hinreichend, nach dessen Ablauf die Festsetzung von Erbschaftssteuer gegen unbekannte Erben zulässig ist ().

Erbrecht | Kein Formularzwang im Europäischen Nachlassrecht (EuGH)

Auf Vorlage des OLG Köln hat der EuGH entschieden, dass die Verwendung des in der Durchführungsverordnung vorgesehenen Formulars für die Beantragung eines sog. Europäischen Nachlasszeugnisses lediglich fakultativ sei ( „Brisch“).

III. Rechtsnachfolge in den Nachlass

1. Nachlass/Erbschaft

Im Zusammenhang mit dem Erbfall werden die Begriffe Nachlass und Erbschaft verwendet, die jedoch nicht deckungsgleich sind. Aus Sicht des Erblassers wird regelmäßig von Nachlass gesprochen als der Gesamtheit der Rechtsverhältnisse des Erblassers bestehend aus den Aktiva und Passiva. Aus Sicht der Erben steht die Erbschaft als die Gesamtheit der auf den einzelnen Erben übergehenden Rechte und Pflichten im Vordergrund.

2. Gesamtrechtsnachfolge

Mit dem Erbfall erfolgt der Übergang des Nachlasses auf den/die Erben als Gesamtheit (Sachinbegriff) kraft Gesetzes (§ 1922 BGB - Universalsukzession). Besonderer Übertragungsakte bedarf es nicht.

Betroffen sind alle Rechte und Pflichten, so wie sie beim Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalls entstanden und vorhanden waren. Differenzierungen sind jedoch erforderlich zwischen allgemeinen oder höchstpersönlichen Verhältnissen, welche im Einzelfall mit dem Tod untergehen können. Unsicherheiten bestanden bezüglich der Vertragsbeziehungen und des Vermögens im „digitalen Raum“. Mit seinem hat der BGH in einem wichtigen Punkt Klarheit geschaffen, dass sich nämlich die Rechtsnachfolge in Verträge über digitale Dienstleistungen grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften (u. a. § 1922 Abs. 1 BGB) richtet.

Für Ansprüche des Erblassers gegenüber den Sozialleistungsträgern bestehen teilweise abweichende Regelungen dahingehend, dass vom Erbrecht des BGB unabhängige Sonderrechtsnachfolgen bestimmt werden.

3. Gesetzliche Erbfolge

Das Gesetz gibt eine bestimmte Erbfolge vor, wonach die Verwandten (§§ 1589 ff. BGB ) des Erblassers in der Rangordnung der §§ 19241929 BGB sowie der überlebende Ehegatte (§ 1931 BGB) wie auch der überlebende Lebenspartner (§ 10 LPartG) zur Nachfolge bestimmt sind.

In der Hoferbfolge (Höferecht/Anerbenrecht) können besondere Regelungen gelten.

4. Verfügung von Todes wegen

Im Rahmen der Testierfreiheit kann der Erblasser jedoch davon abweichende Bestimmungen treffen. Eine rechtzeitige Befassung mit den Fragen der Nachfolge ist im Rahmen der Vorsorge für den Todesfall oftmals sinnvoll.

Sowohl der Abschluss eines Erbvertrags gemäß § 1941 BGB als auch die Errichtung eines Testaments gemäß § 1937 BGB ermöglichen

  • eine gewillkürte, d. h. von der gesetzlichen Reihenfolge abweichende Erbfolge,

  • Ergänzungen der gesetzlichen oder auch der gewillkürten Erbfolge durch Anordnung eines Vermächtnisses (§ 1939 BGB) oder einer Auflage (§ 1940 BGB ) und

  • die Anordnung einer Testamentsvollstreckung (§§ 2197 ff.BGB).

Im Einzelfall eine gleichermaßen praxistaugliche wie rechtlich wirksame Formulierung zu finden, ist nicht einfach. Korrekturmöglichkeiten für „verunglückte“ letztwillige Verfügungen sind begrenzt. Während ein Widerruf nur durch den Erblasser selbst erfolgen kann, steht ein mögliches Anfechtungsrecht auch den Erben zu.

Formulierungshilfen für

  1. Testamente:

  2. Erbverträge:

Auch heute noch werden die Deutschen als Testamentsmuffel wahrgenommen. Es besteht in der Hälfte der Erbfälle keine letztwillige Verfügung. Häufiger verwendet wird lediglich das sog. Berliner Testament (§ 2269 BGB), in dem Ehegatten sich zur Absicherung des Längerlebenden gegenseitig als Alleinerben einsetzen und einen Dritten (meist die gemeinsamen Kinder) bestimmen, der Erbe - jedoch erst nach dem Letztverstorbenen - sein soll. Ohne regelmäßige Überprüfung kann sich eine solche Gestaltung jedoch über die Jahre von den aktuellen Vorstellungen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Ehepartner zu weit entfernen und nach Eintritt des Erbfalls die Frage nach Reparaturmöglichkeiten des länger lebenden Ehegatten aufwerfen.

Besondere Überlegungen sind erforderlich, wenn die Verhältnisse von Patchworkfamilien und Geschiedenen (mit Abkömmlingen) angemessen gestaltet werden sollen.

Neben der Anordnung einer konkreten Verteilung des Vermögens kann im Hinblick auf minderjährige Kinder die Bestimmung eines Vormunds (für den Fall, dass beide Elternteile frühzeitig versterben) im Rahmen einer letztwilligen Verfügung sinnvoll sein, um ungewollte Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts zu vermeiden.

Im Einzelfall kann durch ein sog. Behindertentestament eine gesicherte finanzielle Ausstattung des bedürftigen/behinderten Kindes erreicht werden.

Sollen überschuldete Personen (i.d. Regel Kinder) in den Genuss des Vermögens des Erblassers kommen, wird die Testamentsgestaltung eine komplexe Aufgabe, bei der u. a. ein Zugriff der Gläubiger des Erben verhindert, die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung gewährleistet und die Entstehung eines Pflichtteilsanspruchs verhindert werden sollte.

Noch mehr als im privaten Bereich setzt die optimale Abwicklung der Unternehmensnachfolge eine langfristige Planung voraus. Dem vorausschauend konzipierten Unternehmertestament kommt dabei besondere Bedeutung zu.

Für noch im Privatbesitz befindliche Testamente bestehen mit Eintritt des Erbfalls Hinterlegungs- bzw. Ablieferungspflichten (§ 2259 BGB). Sie sollen dem zuständigen Gericht die Eröffnung, d.h. amtliche Kenntnisnahme, ermöglichen. Für sämtliche erbfolgerelevanten Urkunden, die in amtliche Verwahrung genommen wurden, gewährleistet seit 2012 das (elektronische) Zentrale Testamentsregister ein schnelles Auffinden und Zuordnen nach dem Erbfall. Es tritt an die Stelle von rd. 5000 analog geführten Testamentsverzeichnissen bei Standesämtern und der Hauptkartei beim Amtsgericht Schöneberg.

Der Testierfähigkeit des Erblassers ist im Zeitpunkt der Erstellung des Testaments besondere Aufmerksamkeit zu widmen, insbesondere einer möglichen Altersdemenz kommt erhebliche Bedeutung zu. Dies gilt auch für die Sicherung von Nachweisen, die eben diese Testierfähigkeit belegen.

Soweit Auslandsvermögen im Erbfall betroffen ist, sind die jeweiligen zivilrechtlichen Besonderheiten zu beachten. Schwierigkeiten machte insbesondere die Bestimmung des Rechtsstatus. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Rechtsvereinheitlichung wurde mit der Europäischen Erbrechtsverordnung gemacht.

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