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BBK Nr. 15 vom Seite 704

Die steuerlichen Aufzeichnungspflichten für Automatenbetreiber

Warum die Kassenführung mittels offener Ladenkasse ausgeschlossen ist!

Tobias Teutemacher

Im Alltag treffen wir vermehrt auf Automaten wie z. B. Waren-, Dienstleistungs- oder Pfandautomaten. So verkaufen bspw. auch einige Landwirte ihre selbst erzeugten Produkte wie Eier, Fleisch oder Kartoffeln nicht mehr über sogenannte „Vertrauenskassen“, sondern nutzen stattdessen moderne Warenautomaten. Teilweise gibt es bereits Geschäftslokale, in denen Warenautomaten sieben Tage die Woche, 24 Stunden lang, Produkte zum Verkauf anbieten. Der Beitrag zeigt auf, welche (steuer-)gesetzlichen Aufzeichnungspflichten bei Warenautomaten zu beachten sind und warum eine Kassenführung mittels offener Ladenkasse gesetzlich ausgeschlossen ist. Gleichzeitig wird dargestellt, welche Mängel das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen in Bezug auf Automaten aufweist.

Kernaussagen
  • Die steuerlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten für Warenautomaten sind in der Praxis durch Mängel in den Gesetzesformulierungen oft unklar und wenig bekannt.

  • Bei Verstößen gegen diese Pflichten drohen im Rahmen von Kassen-Nachschauen und Betriebsprüfungen erhebliche steuerliche Risiken, etwa durch Zuschätzungen.

  • Da Automaten als elektronische Aufzeichnungssysteme (aber nicht als Kassen) gelten, ist eine Umstellung der betrieblichen Prozesse dringend erforderlich.

I. Einführung

[i]Aufzeichnungs- und AufbewahrungspflichtenVending beschreibt den Verkauf von Waren und Dienstleistungen über Automaten. Für bilanzierende Unternehmen der Vending-Branche gelten zunächst die handelsrechtlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§§ 238 ff. HGB), die über § 140 AO S. 705auch eine Relevanz für das Steuerrecht haben. Zusätzlich sind die steuerrechtlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der §§ 145 Abs. 1, 146-147b AO sowie der Einzelsteuergesetze zu beachten. Unternehmen der Vending-Branche, die Ihren Gewinn zulässigerweise durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln, haben insbesondere die §§ 145 Abs. 2, 146-147 AO zu beachten. Darüber hinaus sind hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten die §§ 22 UStG, 63-65 UStDV zu beachten.

II. Definition der verschiedenen Automatenbegriffe

[i]Keine LegaldefinitionEine Legaldefinition der Begriffe „Warenautomaten“ und/oder „Dienstleistungsautomaten“ findet sich weder in der Abgabenordnung noch in den Einzelsteuergesetzen. § 1 Abs. 1 Satz 2 KassenSichV enthält lediglich eine beispielhafte Aufzählung von Automaten, ohne diese näher zu definieren:

  • Fahrscheinautomaten,

  • Kassen- und Parkscheinautomaten,

  • Waren- und Dienstleistungsautomaten,

  • Geldautomaten sowie

  • Geld- und Warenspielgeräte.

1. Definition des Bundesverbands

[i]Automatisierte Ausgabe von Waren gegen BezahlungDer Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft e.V. definiert in seiner Verbandszeitschrift „bdv intern“ (Ausgabe Sommer 2021) die Automaten wie folgt: „Automaten sind technische Geräte, die gegen Entrichtung eines Entgelts, ein mechanisches oder elektronisches Steuerungssystem in Gang setzen, das selbständig (ohne Beteiligung eines Dritten) einen Verkaufs-, Leih- oder Mietvorgang ausführt.“

Warenautomaten sind damit alle Geräte, die mit einem Warenangebot befüllt sind und dieses automatisiert gegen Bezahlung individuell ausgeben können.

2. Definitionen der Finanzverwaltung

[i]AEAO zu § 146aIm AEAO zu § 146a, Nr. 1.5.4 sind – zumindest für den Bereich der Finanzbehörden (= Verwaltungsanweisung) – die Begrifflichkeiten wie folgt definiert:

  • Dienstleistungsautomaten
    „Bei Dienstleistungsautomaten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KassenSichV handelt es sich um Automaten, die gegenüber Kunden und Kundinnen, ohne Zutun von Mitarbeitenden, durch einen selbständigen technischen Vorgang eine Dienstleistung erbringen und deren Abrechnung ermöglichen (z. B. Waschsalonautomaten oder Zugangssysteme bei öffentlich zugänglichen WC-Anlagen).“

  • Warenautomaten
    „Bei Warenautomaten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KassenSichV handelt es sich um Automaten, die nach dem Bezahlvorgang, ohne Zutun von Mitarbeitenden, automatisch einen selbständigen technischen Vorgang ausführen und hierdurch die Ware zur Verfügung stellen (z. B. Zigaretten- oder Getränkeautomat).“

Ausgehend von diesen Definitionen werden im Folgenden die gesetzlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten dargestellt. Zunächst wird jedoch die Funktionsweise am Beispiel von Warenautomaten erläutert.