WP Praxis Nr. 1 vom Seite 1

Versagung oder Verweigerung des Prüfungsvermerks?

Christoph Linkemann | Verantw. Redakteur | wp-redaktion@nwb.de

Liebe Leserinnen und Leser,

die Abschlussnoten in vielen Studiengängen oder für die Abiturnoten haben sich in den letzten Jahren recht stetig in eine Richtung entwickelt: Sie wurden kontinuierlich besser. Das führt mitunter dazu, dass Unternehmen den Abschlussnoten ihrer Bewerber mit einer gewissen Skepsis gegenübertreten und den Verdacht hegen, dass eine Note zwischen „gut“ und „befriedigend“ kein besonders erbauliches Ergebnis beschreibt. Nun soll hier nicht kulturpessimistischen Neigungen im Sinne von „früher war alles besser“ gefolgt werden, aber vielleicht werden die Grenzen der Aussagekraft zumindest deutlich. Für die prüfungspflichtigen Unternehmen hingegen ist klar: Die jährliche „Abschlussprüfung“ sollte mit „sehr gut“ enden, alles andere zieht eine ganze Reihe von Schwierigkeiten nach sich. Und so überrascht es nicht, wenn von den jährlich ungefähr 50.000 Abschlussprüfungen gut 96 % mit „sehr gut“ enden, also einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. Nur ca. 3,5 % der Prüfungen ziehen einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk nach sich und 0,3 % der Prüfungen enden mit einem Versagungsvermerk. Dass ein solches eher seltenes Ereignis im Fall des Falles Fragen bei der Anwendung hervorruft, verwundert dann nicht. Verwunderlicher ist dann allerdings, dass das Gesetz den Fall der Nichtabgabe eines Prüfungsurteils im § 322 Abs. 2 Satz 1 HGB ebenfalls als „Versagung“ bezeichnet. Der Unterschied zwischen einer Vollprüfung mit dem Ergebnis einer Versagung und einer Nichtabgabe durch Prüfungsabbruch geht somit unter. In dieser Ausgabe analysieren WP/StB Prof. Dr. Christoph Freichel und WP Prof. Dr. Markus Widmann ab die Gesetzeslage und schlagen vor, wie der Wortlaut des Gesetzes angepasst werden könnte, um die nötige Differenzierung im Prüfungsergebnis hinreichend deutlich zu machen.

In seiner ISA (DE)-Reihe beschäftigt sich WP/StB Prof. Dr. Holger Philipps diesmal mit einer Kernvorschrift: Es geht um ISA (DE) 315 und die Identifizierung und Beurteilung der Risiken wesentlicher falscher Darstellungen, letztlich also um den Zweck der gesamten Veranstaltung „Abschlussprüfung“. In bewährter Form komprimiert er den umfänglichen Standard und macht ihn so besser zugänglich. Eben weil der Standard sehr komplex ist, verteilt sich der Beitrag auf diese und die beiden folgenden Ausgaben: Teil 1 behandelt die Anforderungen und Anwendungshinweise des Standards bis einschließlich der Prüfungshandlungen zur Risikobeurteilung. Teil 2 in Heft 2/2024 behandelt die Anforderungen und Anwendungshinweise zur Verständniserlangung von der Einheit und ihrem Umfeld, den maßgebenden Rechnungslegungsgrundsätzen und ihrem IKS. In WP Praxis 3/2024 wird Teil 3 erscheinen, der mit den darauf aufbauenden Anforderungen und Anwendungshinweisen im Zusammenhang mit der Identifizierung und Beurteilung der Risiken wesentlicher falscher Darstellungen beginnt, die Dokumentation beschreibt und mit den Modifikationen in den „D-Textziffern“ schließt.

In der Rubrik „Examensfälle“ von Prof. Dr. Henner Klönne ab kommen diesmal alle Freunde der Finanzmathematik auf ihre Kosten, es geht um die Kennzahl „Duration“ und die Zinsimmunisierung eines Wertpapierportfolios gegen Zinsänderungsrisiken. Im Praxisfall von WP/StB Prof. Dr. Christian Hanke stellt der Abschlussprüfer anhand des HR-Auszugs fest, dass zwei neu eingetretene Kommanditisten einer GmbH & Co. KG ihre Hafteinlagen erhöht haben, aber keine Zahlungen erfolgt sind. Auf lesen Sie in gewohnt kompakter Form, welche Folgen das für Bilanzierung und Prüfungsurteil hat.

Redaktion, Verlag und Herausgeber wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, alles Gute, Glück und Gesundheit für das neue Jahr!

Beste Grüße

Christoph Linkemann

Fundstelle(n):
WP Praxis 1/2024 Seite 1
LAAAJ-55539