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BBK Nr. 4 vom Seite 188

Hinzuverdienstgrenzen für Rentenbezieher

Jörg Romanowski

[i]Marburger, Rentenpaket in Kraft, NWB 36/2014 S. 2722 NWB QAAAE-71949 Der Arbeitskräftemangel ist in weiten Teilen der Gesellschaft mittlerweile deutlich spürbar. Dabei werden nicht nur Fachkräfte, sondern – ganz allgemein – alle Arten von Arbeitskräften zum Teil händeringend gesucht. Auch wenn es für viele Betroffene sehr erfreulich war und ist: Vor dem Hintergrund des absehbaren Arbeitskräftemangels war es sicher nicht hilfreich, dass der Gesetzgeber vor einigen Jahren den Zugang zur abschlagfreien vorgezogenen Altersrente mit 63 geschaffen hat. Mit dem damaligen Rentenpaket hatte der Gesetzgeber ab dem Arbeitnehmern, die 45 Beitragsjahre vorweisen konnten und 63 Jahre alt waren, ermöglicht, auch schon lange vor der Regelaltersrente abschlagfrei Altersrente zu beziehen. Bis zum Sommer 2022 sollen davon immerhin ca. zwei Millionen Versicherte Gebrauch gemacht haben – die nun dem Arbeitsmarkt fehlen. Der Beitrag zeigt auf, wie der Gesetzgeber mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz über das Instrument des Hinzuverdienstes nunmehr gegensteuert.

I. Ursprüngliche Hinzuverdienstregelung vor Corona

[i]Bisher: Rentenkürzung bei Überschreiten der HinzuverdienstgrenzeGrundsätzlich galt bis 2019, dass Bezieher einer vorgezogenen Altersrente oder einer Erwerbsminderungsrente diese nur ungekürzt erhalten, wenn eine Hinzuverdienstgrenze eingehalten wird. Hier hatte der Gesetzgeber eine rentenunschädliche Einkommensgrenze von 6.300 € pro Kalenderjahr festgesetzt. Ein Hinzuverdienst oberhalb dieser Grenze führte nach einer relativ komplizierten Berechnung zur Kürzung der Rente. Verständlicherweise war – vor diesem Hintergrund – für solche Rentner maximal noch ein Minijob neben der Rente attraktiv. S. 189

Hinweis:

Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat (stark vereinfacht gesagt: ab dem 67. Lebensjahr), konnte schon immer – und weiterhin – unbegrenzt zur Rente hinzuverdienen, ohne dass dies zu einer Kürzung der Altersrente führt.

II. Hinzuverdienst: Übergangsrecht während Corona

[i]Versiebenfachung der Hinzuverdienstgrenze während der CoronazeitFür 2020 wurde die ursprüngliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € auf 44.590 € deutlich erhöht. Der Gesetzgeber reagierte damit auf den durch die Covid-19-Pandemie gestiegenen Bedarf an insbesondere medizinischem Personal und die durch Erkrankungen oder Quarantäneanordnungen ausgelösten Personalengpässe in anderen Wirtschaftsbereichen. Damit hat der Gesetzgeber einerseits die Weiterarbeit und andererseits die Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt erheblich attraktiver gestaltet.

Hinweis:

Diese Anhebung der Hinzuverdienstgrenze galt seinerzeit für alle Neu- und Bestandsrentner. Bei den Hinzuverdienstregelungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei der Anrechnung von Einkommen auf Hinterbliebenenrenten hatte der Gesetzgeber allerdings keine Übergangsregelungen geschaffen.

Für 2021 und auch für 2022 hat der Gesetzgeber diese großzügige Erweiterung des unschädlichen Hinzuverdienstes fortgeführt und die Einkommensgrenze von 44.590 € auf 46.060 € angehoben.

Damit dürften die meisten Bezieher von vorgezogenen Altersrenten im Bereich des unschädlichen Hinzuverdienstes geblieben sein und ihre Renten ungekürzt erhalten haben. Eine Angabe, wie viele Rentner von diesen Möglichkeiten tatsächlich Gebrauch gemacht haben, hat die DRV bisher leider nicht veröffentlicht.