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NWB Nr. 39 vom Seite 2744

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022

Überblick über die wichtigsten vorgesehenen Änderungen des EStG und des UStG

Ralf Hörster

Das [i] Entwurf eines JStG 2022, BR-Drucks. 457/22 Bundeskabinett hat am den Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) vorgelegt. Der Gesetzentwurf beinhaltet die erwartbaren Inhalte derartiger Sammelgesetze, beispielsweise die Umsetzung von EU-Recht (einschließlich erforderlicher Reaktionen auf Rechtsprechung des EuGH), Maßnahmen zur weiteren Digitalisierung bzw. IT-gestützten Administration des Steuerrechts, Klarstellungen zur Schaffung von Rechtssicherheit sowie Verfahrensvereinfachungen. Darüber hinaus dienen Jahressteuergesetze auch insbesondere dem Zweck, den unvermeidlich regelmäßig entstehenden redaktionellen und technischen Regelungsbedarf (Richtigstellungen, Verweisanpassungen und Folgeänderungen) abzuarbeiten. Neben diesen wenig überraschenden und in großen Teilen auch unspektakulären Regelungsvorschlägen finden sich im JStG 2022 auch bedeutsame Rechtsänderungen, die in diesem Kontext nicht zwangsläufig zu erwarten waren. So greift der Gesetzentwurf beispielsweise Themen aus dem Koalitionsvertrag der Ampelkoalition auf und setzt auch bereits einige Punkte des am vom Koalitionsausschuss vorgelegten „Dritten Entlastungspakets“ der Bundesregierung um. Eine Auswahl der mutmaßlich wichtigsten vorgesehenen Maßnahmen des EStG und des UStG wird nachfolgend dargestellt.

I. Änderungen im Einkommensteuergesetz

1. Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlags (§ 3 Nr. 14a EStG-E)

[i]Neuer BefreiungstatbestandMit dem neu eingefügten § 3 Nr. 14a EStG-E soll der Betrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der aufgrund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach SGB VI geleistet wird (Grundrentenzuschlag), steuerfrei gestellt werden.

[i]Ungeschmälerter Bezug des GrundrentenzuschlagsMit dem Grundrentengesetz v.  (BGBl 2020 I S. 1879) wurde zum ein einkommensabhängiger Zuschlag zur Rente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt. Zur Feststellung des Grundrentenbedarfs findet eine Einkommensprüfung statt; übersteigt das Einkommen gesetzlich festgelegte Einkommensfreibeträge, findet eine Kürzung des Grundrentenzuschlags statt. Mit der Zuschlagsgewährung soll eine langjährige Beitragszahlung bei einem unterdurchschnittlichen Einkommen gewürdigt werden. Vor diesem Hintergrund soll durch die Steuerfreistellung sichergestellt werden, dass der Grundrentenzuschlag der berechtigten Person in voller Höhe zur Verfügung stehen und so ungeschmälert zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen kann. S. 2745

Hinweis:

[i]Rückwirkend ab VZ 2021Der neue § 3 Nr. 14a EStG-E soll rückwirkend bereits für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden sein (§ 52 Abs. 4 Satz 5 EStG-E).

[i]Korrigierte RentenbezugsmitteilungIst in der für das jeweilige Leistungsjahr zuletzt übermittelten Rentenbezugsmitteilung in den nach § 22a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu übermittelnden Daten der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem SGB VI enthalten, haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum letzten Tag des Monats Februar 2024 für das jeweilige Leistungsjahr eine insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilung an die Finanzverwaltung zu übermitteln (§ 52 Abs. 4 Satz 6 EStG-E). Diese Verpflichtung zur Übermittlung korrigierter Rentenbezugsmitteilungen für Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ist erforderlich, da anhand der vorliegenden Mitteilungen die Höhe der auf den Grundrentenzuschlag entfallenden Rentenleistung für die Finanzverwaltung nicht erkennbar ist.

[i]Eigene ÄnderungsvorschriftMit § 52 Abs. 4 Satz 7 EStG-E wird für diese Sachverhalte eine eigene Änderungsvorschrift geschaffen. Danach ist ein Einkommensteuerbescheid in dem Umfang zu ändern, der sich aus der korrigierten Rentenbezugsmitteilung ergibt. Das gilt auch, wenn der Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig ist (§ 52 Abs. 4 Satz 8 EStG-E).

2. Steuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen

a) Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG-E)

[i]Neuer Befreiungstatbestand für PV-Anlagen ...Mit dem Ziel des Abbaus bürokratischer Hürden und der Setzung eines steuerlichen Anreizes zum Ausbau der erneuerbaren Energien, sollen Einnahmen aus dem Betrieb

  • [i]... auf Einfamilienhäuser oder Gewerbeimmobilien ...von auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderweitiger Nebengebäude) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z. B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) (§ 3 Nr. 72 Satz 1 Buchst. a EStG-E) und

  • [i]... oder zu Wohnzwecken genutzten sonstigen Gebäuden ...von auf, an oder in überwiegend zu Wohnzwecken genutzten sonstigen Gebäuden vorhandenen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit (§ 3 Nr. 72 Satz 1 Buchst. b EStG-E)

[i]... ab 1.1.2023ab steuerfrei gestellt werden.

Damit wird der Betrieb von Photovoltaikanlagen nicht nur durch private Immobilienbesitzer, sondern auch durch Privatvermieter, Wohnungseigentümergemeinschaften, Genossenschaften und Vermietungsunternehmen begünstigt. [i]Leistungsgrenze von 100 kW (peak)Die Steuerbefreiung gilt dabei für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100 kW (peak). Die 100 kW-(peak)-Grenze ist dabei pro Steuerpflichtigem (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) oder pro Mitunternehmerschaft zu prüfen.

[i]Unabhängig von der Verwendung des erzeugten StromsDie Steuerbefreiung gilt unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Damit sind auch Einnahmen aus Photovoltaikanlagen, bei denen der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist, zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht oder von Mietern genutzt wird, steuerfrei.

[i]Keine GewinnermittlungWerden in einem Betrieb nur steuerfreie Einnahmen aus dem Betrieb von begünstigten Photovoltaikanlagen erzielt, braucht hierfür kein Gewinn mehr ermittelt und damit z. B. auch keine Anlage EÜR abgegeben zu werden (§ 3 Nr. 72 Satz 2 EStG-E). [i]Keine gewerbliche InfektionBei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z. B. Vermietungs-GbR) führt der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte (§ 3 Nr. 72 Satz 3 EStG-E). Damit können auch vermögensverwaltende Personengesellschaften künftig auf ihren Mietobjekten Photovoltaikanlagen von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- S. 2746oder Gewerbeeinheit (max. 100 kW (peak)) installieren und ihre Mieter mit selbst produziertem Strom versorgen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen.

Hinweis:

[i]Unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme§ 3 Nr. 72 EStG-E ist für Einnahmen und Entnahmen anzuwenden, die nach dem erzielt oder getätigt werden (§ 52 Abs. 4 letzter Satz EStG-E). Die Steuerbefreiung gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage.