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NWB Nr. 41 vom Seite 2896

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022

Überblick über die geplanten Änderungen der AO

Michael Baum

Das Bundeskabinett hat am den Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) verabschiedet (vgl. BR-Drucks. 457/22). Der Gesetzentwurf sieht in 29 Artikeln höchst unterschiedliche Änderungen in sehr vielen Steuergesetzen vor. Es handelt sich also um ein sog. Omnibusgesetz. Nachfolgend werden die für die Praxis besonders bedeutsamen Änderungen der Abgabenordnung vorgestellt.

Hinweis:

Zu den geplanten Änderungen des EStG/UStG lesen Sie den Beitrag von Hörster in NWB 39/2022 S. 2744, zu den beabsichtigten Neuerungen des BewG s. Hörster, NWB 40/2022 S. 2826.

I. Durchbrechung des Steuergeheimnisses (§§ 30, 31a AO)

1. Änderung des § 30 Abs. 4 AO

[i]Archivgut der Finanzbehörden§ 30 Abs. 4 AO enthält zahlreiche und sehr unterschiedliche Regelungen, nach denen die Offenbarung oder Verwertung dem Steuergeheimnis unterliegender sog. geschützter Daten zulässig ist. So bestimmt § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, dass die Offenbarung oder Verwertung „geschützter Daten“ zulässig ist, soweit sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist. Nr. 7 des AEAO zu § 30 enthält eine – nicht abschließende – Aufzählung solcher Bundesgesetze, hierunter auch § 6 Abs. 1 und 4 des Bundesarchivgesetzes (BArchG). Die öffentlichen Stellen des Bundes haben dem Bundesarchiv nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BArchG auch Unterlagen zur Übernahme anzubieten, die dem Steuergeheimnis unterliegen. Derartige Unterlagen dürfen dem Bundesarchiv nach § 6 Abs. 4 BArchG auch von anderen Stellen als den öffentlichen Stellen des Bundes zur Archivierung angeboten und abgegeben werden.

[i]Abgabe an Landes- und KommunalarchiveNach § 7 BArchG haben die öffentlichen Stellen des Bundes Unterlagen von nachgeordneten Stellen des Bundes, deren örtliche Zuständigkeit sich nicht auf den gesamten Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, auf Vorschlag des Bundesarchivs mit Zustimmung der zuständigen obersten Bundesbehörde dem zuständigen Landes- oder Kommunalarchiv zur Übernahme anzubieten und abzugeben, wenn die Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 BArchG durch Landesgesetze oder kommunale Satzungen sichergestellt sind. Die neue Nr. 2d des § 30 Abs. 4 AO soll nun klarstellen, dass die Finanzämter als Landes(finanz)behörden dem Steuergeheimnis unterliegende Unterlagen an ein Landes- oder Kommunalarchiv zur Übernahme anbieten und abgeben dürfen, soweit dies der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes sowie durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient. S. 2897

2. Änderung des § 31a Abs. 1 AO

[i]Strafrechtliche Verfolgung des Leistungsmissbrauchs§ 31a Abs. 1 AO gestattet die Offenbarung geschützter Daten, soweit dies – vereinfacht ausgedrückt – der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs dient. Bislang ist unklar, ob diese Vorschrift die Offenbarung solcher Daten auch gegenüber Strafverfolgungsbehörden gestattet. Um die strafrechtliche Ahndung des rechtswidrigen Bezugs öffentlicher Leistungen rechtssicher zu gewährleisten, soll in § 31a Abs. 1 AO in einem neuen Satz 2 ausdrücklich bestimmt werden, dass die Offenbarung geschützter Daten – allerdings nur auf Ersuchen der zuständigen Stellen – auch zulässig ist, soweit sie in den Fällen von § 31a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb oder Nr. 2 AO für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer zu Unrecht erlangten Leistung aus öffentlichen Mitteln erforderlich ist.

II. Öffentliche Zustellung von Steuerverwaltungsakten (§ 122 Abs. 5 AO)

[i]Öffentliche Zustellung nach dem VerwaltungszustellungsgesetzEin Steuerverwaltungsakt wird nach § 122 Abs. 5 Satz 1 AO zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich dabei grds. nach den Vorschriften des VwZG (§ 122 Abs. 5 Satz 2 AO). In Ausnahmefällen kommt dabei auch eine Bekanntgabe durch öffentliche Zustellung in Betracht (vgl. § 10 VwZG). Um das Steuergeheimnis so weit wie möglich zu wahren, ist dabei nicht der Inhalt des Verwaltungsakts öffentlich bekannt zu geben, sondern lediglich eine Benachrichtigung mit weitgehend neutralem Inhalt (§ 10 Abs. 2 VwZG). Diese Benachrichtigung ist an der Stelle bekannt zu machen, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist (z. B. durch Aushang im Dienstgebäude). Alternativ hierzu kann die Benachrichtigung auch durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger (erscheint nur noch elektronisch) bekannt gemacht werden.