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BBK Nr. 8 vom Seite 387

Anforderungen ordnungsgemäßer Lageberichterstattung

Dos and don'ts für die Erstellung und Prüfung mittelständischer Lageberichte

Klaus Wiechers

Die [i]Wiechers, Neue Lageberichtsstrenge auch im Mittelstand, BBK 10/2018 S. 491 NWB RAAAG-83595 Lageberichterstattung hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt durch das wachsende Informationsbedürfnis von Investoren und Banken. Die gesetzlichen Anforderungen sind stetig gestiegen und stellen an eine gesetzeskonforme Berichterstattung auch für die mittelständische Berichterstattung zunehmend immer höhere Anforderungen. Zudem machen die schwierigen allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre – Stichwort Finanz- und Euro-Krise und aktuell die Auswirkungen der Corona-Pandemie – die zukunftsorientierte Berichterstattung im Risiko- und Prognosebericht nicht leichter. Im Rahmen dieses Beitrags sollen die wesentlichen Pflichtelemente einer ordnungsgemäßen Lageberichterstattung sowie die aufgrund der Corona-Pandemie erforderlichen Angaben kompakt dargestellt werden.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Weiterentwicklung der Lageberichterstattung

Der [i]Kirsch, Lagebericht und Konzernlagebericht (HGB), infoCenter NWB ZAAAC-45536 Lagebericht gehört zu den zentralen Berichtsinstrumenten der Unternehmenskommunikation auch mittelständischer Gesellschaften und befindet sich im stetigen Wandel. Mit diesem dynamischen Prozess sind stets neue Anforderungen an die Prüfung des Lageberichts verbunden.

Nachdem bis ca. Anfang 2000 die Lageberichterstattung ein eher stiefmütterliches Dasein führte, hat sie in den letzten Jahren insbesondere durch die stärkere Ausrichtung der Rechnungslegung an den Informationsbedürfnissen von Stakeholdern zunehmend starke Aufmerksamkeit erlangt ( „value reporting“). Im Lagebericht wurden zu dieser Zeit vornehmlich vergangenheitsorientierte finanzielle Angaben ergänzend zum Jahresabschluss erläutert, meist einseitig dergestalt, dass vor allem über positive Aspekte berichtet wurde.

Durch [i]Fokussierung auf zukunftsbezogene Aussagenzahlreiche Gesetzesänderungen wurde im Laufe der Zeit der Lagebericht sukzessive um in die Zukunft gerichtete Informationen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und deren Risiken und Chancen erweitert. Parallel hierzu wurden die Prüfungsanforderungen auch darauf ausgerichtet, ob der Lagebericht in allen S. 388wesentlichen Belangen im Einklang mit dem Abschluss steht und die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung vollständig und zutreffend darstellt. Die Vorgaben des § 289 HGB explodierten förmlich, ohne jedoch für Ersteller und Prüfer präzise Detailregelungen zu beinhalten, im Gegenteil: Die Auslegung und Ermessensspielräume wurden je nach Sichtweise und individueller Situation des Unternehmens weit gefasst.

Mit [i]Anwendung von DRS 20Einführung des Rechnungslegungsstandards DRS 20 im Jahre 2012 wurden erstmals konkretisierende Detailregeln für die Erstellung von (Konzern-)Lageberichten vorgegeben. Obgleich dieser Standard sich offiziell „nur“ auf die Erstellung eines Konzernlageberichts bezieht, ist nach herrschender Meinung im Berufsrecht die Anwendung des DRS 20 auch auf die Aufstellung des Einzel-Lageberichts gem. § 289 HGB zu beziehen, solange es sich bei der DRS-Einzelvorschrift um eine konkrete Ausgestaltung von Inhalten des § 289 HGB handelt.

II. Wesentliche Berichtsinhalte nach § 289 Abs. 1 HGB

1. Grundsätze ordnungsgemäßer Berichterstattung

In [i]AufstellungsgrundsätzeAnlehnung an die allgemeinen Vorgaben des DRS 20 gelten folgende Aufstellungsgrundsätze:

  • Vollständigkeit und Wesentlichkeit,

  • Verlässlichkeit und Ausgewogenheit,

  • Klarheit und Übersichtlichkeit,

  • Informationsabstufung bzw. Detaillierungsgrad,

  • Vermittlung der Sicht der Unternehmensleitung.

Zusammenfassend [i]Negativabgrenzungenbedeutet dies im Kern, dass im Lagebericht sämtliche wichtigen Hinweise und Vorgänge aufzunehmen sind, die den sog. „verständigen“ Lageberichtsadressaten in Verbindung mit dem ihm vorliegenden Jahresabschluss in die Lage versetzen, sich über die aktuelle und zukünftige Situation ein klares Bild zu schaffen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass im Lagebericht Angaben nichts zu suchen haben, die

  • redundant zu bereits bekannten Inhalten des Jahresabschlusses sind,

  • tendenziös positive Einzelaspekte betonen und damit beim Leser ein falsches oder irritierendes Bild hervorrufen könnten,

  • zu detailliert bzw. für die Gesamtbeurteilung zu unwichtig sind (Aufblähung mit nichts sagenden Angaben),

  • unpräzise formuliert sind („Wir sind führend in Forschung und Entwicklung“) bzw. nicht unternehmensspezifisch sind.

Auf [i]Individualisierte BerichterstattungBasis des Grundsatzes der Informationsabstufung (DRS 20.34-35) hängen Ausführlichkeit und Detaillierungsgrad im Lagebericht von den unternehmensspezifischen Gegebenheiten ab. Es hat insoweit eine individualisierte Berichterstattung je nach Branche, Größe, Komplexität, Inanspruchnahme des Kapitalmarktes u. Ä. zu erfolgen.

Hinweis:

Ein vornehmlich eigenkapitalfinanziertes Familienunternehmen mit stabiler Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und guter Eigenkapitalausstattung hat danach deutlich geringere Berichtspflichten als ein vornehmlich fremdfinanziertes, möglicherweise krisenbehaftetes Unternehmen. Hier wird allein der Bereich der Risikoberichterstattung deutlich mehr Raum einnehmen müssen, damit sich der Leser einS. 389 annähernd zuverlässiges Bild von der Gesamtsituation des Unternehmens machen kann.

Der [i]Vermeidung von BanalitätenGrundsatz der Wesentlichkeit (DRS 20.32-33) verlangt die Konzentration auf die wesentlichen Informationen und keine Auffüllung mit Belanglosigkeiten. Auch hierbei ist das Kriterium „Wesentlichkeit“ von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abhängig. So sind in Krisensituationen eine umfangreiche Berichterstattung über Risiken und die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung geboten.

2. Darstellung von Verlauf und Lage des abgelaufenen Geschäftsjahres

Im [i]Analyse des GeschäftsverlaufsRahmen dieser sog. vergangenheitsorientierten Berichterstattung ist – ergänzend zu den Zahlen- und Anhangangaben im Jahresabschluss – der Geschäftsverlauf ausgewogen und umfassend unter Bezugnahme auf die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage zu analysieren. Eine Wiedergabe von für den Leser bereits aus dem Jahresabschluss erkennbaren Zahlen, z. B. „im Berichtsjahr konnte eine Umsatzsteigerung i. H. von 10 % erzielt werden, hierdurch hat sich unser Jahresüberschuss um 300 T€ auf nunmehr 1.200 T€ verbessert“, ist für den Leser keine neue Erkenntnis. Vielmehr sind wichtige ergänzende Angaben vorzunehmen.

2.1 Umsatzentwicklung

Ist [i]Erläuterung der Umsatzentwicklungdie 10%ige Umsatzsteigerung vornehmlich mengen- und/oder preisbedingt? Wurden neue geografische Märkte erschlossen? Wurde im Geschäftsjahr die Produktpalette erweitert? Wie haben sich wichtige Einzelsegmente entwickelt?

Hinweis:

Eine Dax-ähnliche Berichterstattung ist mit Blick auf den Grundsatz der Wesentlichkeit generell in der mittelständischen Berichterstattung nicht erforderlich. Ein mittelständisches Bauunternehmen könnte jedoch im Lagebericht kurz über den Geschäftsverlauf seiner (unterstellt wichtigen) Segmente Tiefbau, Schlüsselfertig- und/oder Projektbau berichten.