BMF - IV B 5 - S 1341/19/10017 :003 BStBl 2023 I S. 1093

Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise; Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG

Bezug: BStBl 2016 I S. 455

Bezug: BStBl 2021 I S. 1098

Bezug: BStBl 2010 I S. 774

Bezug: BStBl 2020 I S. 84

Bezug: BStBl 2001 I S. 796

Bezug: BStBl 2017 I S. 182

Bezug: BStBl 2020 I S. 1325

Bezug: BStBl 2017 I S. 1228

In der Anlage übersende ich Ihnen die Neufassung der „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise – Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG“ nebst Anlagen.

Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG

Nach der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten folgende Grundsätze für die internationale Einkunftsabgrenzung nach dem Maßstab des Fremdvergleichs in den Regelungen des innerstaatlichen Rechts und der Doppelbesteuerungsabkommen:

Kapitel I Grundsätze der Einkünftekorrektur

A. Regelungen zur Einkünftekorrektur und Konkurrenzverhältnis

1.1 Bei Geschäftsbeziehungen zum Ausland eines Steuerpflichtigen zu ihm nahestehenden Personen ist zu prüfen, ob die darauf beruhenden Einkünfte unter Berücksichtigung des Fremdvergleichsgrundsatzes ermittelt worden sind. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind dabei insbesondere die Regelungen zur

zu berücksichtigen. Bei Körperschaften können insbesondere die Regelungen zur

Anwendung finden.

Unabhängig von der Rechtsform des Steuerpflichtigen ist zusätzlich § 1 Außensteuergesetz (AStG) zu beachten, um die zutreffenden inländischen Einkünfte zu ermitteln.

1.2 In Betriebsstättensachverhalten sind § 1 Absatz 5 AStG sowie die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) zu beachten. Danach werden Betriebsstätten für Zwecke des Fremdvergleichsgrundsatzes weitgehend wie eigenständige und unabhängige Unternehmen behandelt. Auf die Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) vom , BStBl 2017 I S. 182, sowie auf das , BStBl 2020 I S. 84 zu Betriebsstätten ohne Personalfunktion wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

1.3 Die Einkünftekorrekturvorschriften sind grundsätzlich voneinander unabhängig und nebeneinander anwendbar. Aus der Formulierung „unbeschadet anderer Vorschriften“ in § 1 Absatz 1 Satz 1 AStG ergibt sich kein Wahlrecht für die Anwendung des § 1 AStG oder einer daneben anwendbaren anderen Einkünftekorrekturnorm. § 1 AStG ist ergänzend (vergleiche insbesondere Rn. 1.4) oder in besonderen Fällen anstelle der anderen Korrekturnormen anzuwenden, soweit durch diese Korrekturnormen die Erfassung des zutreffenden Inlandsgewinns nicht sichergestellt wird. Die Höhe des zutreffenden Inlandsgewinns ist in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Korrekturen und Gegenkorrekturen zu ermitteln, wobei die Auswirkungen auf die Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG außer Betracht zu lassen sind. Ist danach die Erfassung des zutreffenden Inlandsgewinns bereits durch die Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung oder verdeckten Einlage sichergestellt, erübrigt sich die Anwendung des § 1 AStG. Sofern sich Korrektur und Gegenkorrektur (Vorteilsverbrauch) im Inland kompensieren, ist ausschließlich § 1 AStG anzuwenden und die Anwendung der anderen Korrekturnormen – auch auf Gesellschafterebene – wird suspendiert. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn ein aus einer Korrektur nach § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG resultierender Vorteilsverbrauch wiederum im Inland zu berücksichtigen wäre, da sich die verdeckte Gewinnausschüttung und der sich daraus ergebende Vorteilsverbrauch insoweit neutralisieren (vgl. [ehem. I R 14/16], BFH/NV 2020 S. 1307).

1.4 Sollten sich im Einzelfall nur der Höhe nach weitergehende Rechtsfolgen aus der Anwendung des § 1 AStG ergeben, sind die weitergehenden Berichtigungen neben den Rechtsfolgen der anderen Vorschriften durchzuführen (§ 1 Absatz 1 Satz 4 AStG).

Beispiel (verdeckte Gewinnausschüttung):

Die M-AG (Sitz im Ausland) liefert an ihre Tochtergesellschaft, die T-AG (Sitz im Inland), Waren zu einem Preis von zehn Millionen Euro. Festgestellt wird eine Bandbreite fremdüblicher Preise für diese Waren von fünf Millionen Euro bis sieben Millionen Euro. Der gemeine Wert soll sieben Millionen Euro betragen. Sämtliche Waren wurden sofort weiterveräußert, weitergehende innerbilanzielle Anpassungen sind daher nicht veranlasst. Im Rahmen der Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung erfolgt nun eine Einkünftekorrektur auf den gemeinen Wert (hier sieben Millionen Euro), sodass eine Einkünftekorrektur in Höhe von drei Millionen Euro bei der T-AG nach § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG vorzunehmen ist. Da der von der Steuerpflichtigen angesetzte Wert außerhalb der fremdüblichen Bandbreite liegt und die Steuerpflichtige keinen anderen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechenden Wert glaubhaft gemacht hat, erfolgt eine weitergehende Berichtigung nach § 1 AStG auf den Median (§ 1 Absatz 3a Satz 4 AStG); hier annahmegemäß sechs Millionen Euro. Die weitergehende Berichtigung nach § 1 AStG beträgt damit eine Million Euro.

Beispiel (verdeckte Entnahme):

Die M-AG (Sitz im Ausland) liefert an ihre Tochterpersonengesellschaft, die T-GmbH & Co. KG (Verwaltungssitz im Inland), Waren zu einem Preis von zehn Millionen Euro. Festgestellt wird eine Bandbreite fremdüblicher Preise für diese Waren von fünf Millionen Euro bis sieben Millionen Euro. Der Teilwert soll sieben Millionen Euro betragen. Sämtliche Waren wurden sofort weiterveräußert, weitergehende innerbilanzielle Anpassungen sind daher nicht veranlasst. Im Rahmen der Regelungen zur verdeckten Entnahme erfolgt nun eine Einkünftekorrektur auf den Teilwert (hier sieben Millionen Euro), sodass eine Einkünftekorrektur in Höhe von drei Millionen Euro bei der T-GmbH & Co. KG nach § 4 Absatz 1 Satz 2 EStG vorzunehmen ist. Da der von der Steuerpflichtigen angesetzte Wert außerhalb der fremdüblichen Bandbreite liegt und die Steuerpflichtige keinen anderen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechenden Wert glaubhaft gemacht hat, erfolgt eine weitergehende Berichtigung nach § 1 AStG auf den Median (§ 1 Absatz 3a Satz 4 AStG); hier annahmegemäß sechs Millionen Euro. Die weitergehende Berichtigung nach § 1 AStG beträgt damit eine Million Euro.

Weitere Beispiele zur Anwendungskonkurrenz dem Grunde nach:

Beispiel (Nutzungsvorteil):

Die M-AG (Sitz im Inland) ist Alleingesellschafterin sowohl der T1 GmbH (Sitz im Inland) als auch der T2 s.r.o mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Tschechien. Die T1 GmbH gewährt der T2 s.r.o. ein zinsloses Darlehen. Der angemessene Zins beträgt zehn Millionen Euro p.a.

Ungeachtet von Artikel 9 DBA-Tschechien ist das Einkommen der T1 GmbH nach § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG außerbilanziell um zehn Millionen Euro zu erhöhen. Als Folge dieser verdeckten Gewinnausschüttung erzielt die M-AG sonstige Bezüge im Sinne der § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG, § 8 Absatz 1 KStG in Höhe von zehn Millionen Euro, die innerhalb der Bilanz grundsätzlich als Ertrag zu erfassen sind. Da dem aber in gleicher Höhe auf der Aufwandsseite ein Vorteilsverbrauch gegenübersteht, ändert sich die Steuerbilanz nicht. Mangels Einlagefähigkeit des Vermögensvorteils erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung an der T2 s.r.o. nicht. Außerhalb der Bilanz ist das Einkommen der M-AG um die steuerfreien Bezüge nach § 8b Absatz 1 Satz 1 KStG und unter Berücksichtigung der nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Absatz 5 KStG um insgesamt -9,5 Millionen Euro zu korrigieren.

Aufgrund von Artikel 9 DBA-Tschechien hat die Gegenberichtigung bei der T2 s.r.o. als Vorteilsempfängerin und nicht bei der M-AG zu erfolgen. Insofern hat nun § 1 AStG gegenüber § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG Vorrang, so dass es insgesamt nur noch zu einer außerbilanziellen Einkünfteberichtigung nach § 1 AStG in Höhe von zehn Millionen Euro bei der T1 GmbH kommt.

Beispiel (einlagefähiges Wirtschaftsgut):

Die M-AG (Sitz im Inland) ist Alleingesellschafterin sowohl der T1 GmbH (Sitz im Inland) als auch der T2 s.r.o mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Tschechien. Die T1 GmbH überträgt der T2 s.r.o. unentgeltlich ein Wirtschaftsgut. Der gemeine Wert entspricht dem Fremdvergleichspreis und beträgt zehn Millionen Euro.

Ungeachtet von Artikel 9 DBA-Tschechien ist das Einkommen der T1 GmbH nach § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG außerbilanziell um zehn Millionen Euro zu erhöhen. Als Folge dieser verdeckten Gewinnausschüttung erzielt die M-AG sonstige Bezüge im Sinne der § 20 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 EStG, § 8 Absatz 1 KStG in Höhe von zehn Millionen Euro, die innerhalb der Bilanz grundsätzlich als Ertrag zu erfassen sind. Außerhalb der Bilanz ist das Einkommen der M-AG um die steuerfreien Bezüge nach § 8b Absatz 1 Satz 1 KStG und unter Berücksichtigung der nichtabziehbaren Betriebsausgaben gemäß § 8b Absatz 5 KStG um insgesamt -9,5 Millionen Euro zu korrigieren. Da es sich um einen einlagefähigen Vermögensvorteil handelt, liegt eine verdeckte Einlage vor und es erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung an der T2 s.r.o. entsprechend. Ein Vorteilsverbrauch ist somit nicht als Aufwand bei der M-AG zu erfassen. Bei der T2 s.r.o liegt eine verdeckte Einlage in Höhe von zehn Millionen Euro vor, die – wäre sie mit ihrem Einkommen im Inland steuerpflichtig – bei der Einkommensermittlung nach § 8 Absatz 3 Satz 3 KStG abzuziehen und dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG zuzuführen wäre.

Aufgrund von Artikel 9 DBA-Tschechien hat die Gegenberichtigung bei der T2 s.r.o. als Vorteilsempfängerin zu erfolgen. Da bei ihr eine verdeckte Einlage vorliegt, findet nur § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG Anwendung. Zu einer weitergehenden außerbilanziellen Einkünfteberichtigung nach § 1 AStG kommt es somit nicht.

1.5 Der Fremdvergleichsgrundsatz ist in von Deutschland abgeschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) enthalten (entsprechend Artikel 9 Absatz 1 OECD-/UN-Musterabkommen [MA]). Die Artikel 9 Absatz 1 OECD-/UN-MA nachgebildeten Artikel im jeweiligen DBA erlauben damit eine Berichtigung der Einkünfte auf Basis des Fremdvergleichsgrundsatzes. Rechtsgrundlage für die Berichtigung der Einkünfte sind die Regelungen zur Einkünftekorrektur des nationalen deutschen Steuerrechts. § 1 AStG setzt den internationalen Fremdvergleichsgrundsatz um (vgl. BT-Drs. VI/2883, 23 ff.). Dabei bezieht sich die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auch auf den Grund und die weiteren Bedingungen einer Geschäftsbeziehung und nicht allein auf die Korrektur eines Verrechnungspreises (vgl. , BStBl 2020 II S. 443 und , BStBl 2023 II S. 686, Rn. 26 f.).

1.6 Die Regelungen zur Einkünftekorrektur des nationalen deutschen Steuerrechts bleiben dabei auch in den Fällen der Interessenverflechtung anwendbar, die in den DBA nicht genannt sind. Die Anwendung wird auch diesbezüglich nicht durch ein DBA gesperrt.

B. Konkurrenz zur Hinzurechnungsbesteuerung

1.7 Die Regelungen zur Einkünftekorrektur, mit grundsätzlicher Ausnahme des § 1 AStG (vgl. , BStBl 1988 II S. 868), gelten auch für Geschäftsbeziehungen der zwischengeschalteten Gesellschaften im Sinne des § 5 AStG oder der Zwischengesellschaften im Sinne der §§ 7 ff. AStG.

Beispiel:

Die M-AG (Sitz im Inland) ist zu 100 Prozent an der T-AG im niedrig besteuernden Ausland beteiligt. Diese ist Zwischengesellschaft i. S. d. §§ 7 ff. AStG; ihre gesamten Einkünfte sind als passiv zu qualifizieren. Die T-AG steht mit der E-AG (ansässig in einem anderen ausländischen Staat) in einer Geschäftsbeziehung. Die T-AG begibt an die E-AG ein Darlehen in Höhe von einer Million Euro zu einem unangemessen niedrigen Zinssatz (ein Prozent, fremdüblich wären zehn Prozent). Eine Korrektur seitens der ausländischen Finanzverwaltung wurde nicht vorgenommen. Im Rahmen der Anwendung der Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung wird eine Einkommenserhöhung in Höhe von 90 000 Euro bei der T-AG nicht vorgenommen, da § 1 AStG bei der Ermittlung der dem Hinzurechnungsbetrag zugrundeliegenden Einkünfte keine Anwendung findet. Die Voraussetzungen für eine Einkommenskorrektur nach den Grundsätzen der verdeckten Einlage oder der verdeckten Gewinnausschüttung liegen ebenfalls nicht vor. Damit werden bei der M-AG nur 10 000 Euro aus dem Darlehensverhältnis hinzugerechnet.

1.8 Eine etwaige hieraus resultierende doppelte Besteuerung derselben Einkünfte ist sachgerecht aufzulösen. So ist bei der Ermittlung der hinzurechnungspflichtigen Einkünfte der Zwischengesellschaft (§ 10 Absatz 3 AStG) ggf. eine Gegenberichtigung vorzunehmen (vgl. , BStBl 2002 II S. 644).

Beispiel:

Die M-AG (Sitz im Inland) steht in Geschäftsbeziehung zu ihrer Tochtergesellschaft (T-AG) im Ausland. Diese ist Zwischengesellschaft i. S. d. §§ 7 ff. AStG; ihre gesamten Einkünfte sind als passiv zu qualifizieren. Sollten die Einkünfte der M-AG aufgrund dieser Geschäftsbeziehung gemindert sein, sind diese zunächst nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu korrigieren.

Variante 1 (Nutzungsüberlassung): Die M-AG vergibt ein Darlehen in Höhe von einer Million Euro an die T-AG zu einem fremdunüblich niedrigen Zinssatz (ein Prozent, fremdüblich wären zehn Prozent). Die Berichtigung nach § 1 AStG führt zu einer Einkommenserhöhung in Höhe von 90 000 Euro bei der M-AG. Im Ausland wurde bei der T-AG keine Gegenberichtigung nachvollzogen. Für Zwecke der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung ist eine fiktiv korrespondierende Gegenberichtigung in Form eines Zinsabzugs bei der T-AG vorzunehmen, um eine Doppelbesteuerung der Einkünfte der Zwischengesellschaft im Rahmen der Anwendung der Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung zu vermeiden. Die nach § 10 AStG a. F. abziehbaren oder nach § 12 AStG anzurechnenden Steuern sind entsprechend zu kürzen, auch wenn im Ausland keine Gegenberichtigung stattfindet.

Sollte die Erstberichtigung in einem anschließenden Verständigungs- oder Schiedsverfahren rückgängig gemacht werden, kann die fiktiv korrespondierende Gegenberichtigung insoweit rückgängig zu machen und bei der Hinzurechnungsbesteuerung entsprechend zu berücksichtigen sein; auf §§ 174, 175a Abgabenordnung (AO) wird hingewiesen. Sofern der ausländische Staat eine Gegenberichtigung vornimmt, sind auch die anrechenbaren Steuern zu berichtigen.

Variante 2: Die M-AG überträgt unentgeltlich ein Wirtschaftsgut mit einem Teilwert in Höhe von 900 000 Euro an die T-AG. Der Fremdvergleichspreis beträgt eine Million Euro. Die Berichtigung nach § 1 AStG führt zu einer Einkommenserhöhung in Höhe von 100 000 Euro bei der M-AG (900 000 Euro haben schon innerbilanziell die Anschaffungskosten der Beteiligung an der T-AG erhöht, da es sich um eine verdeckte Einlage des Wirtschaftsguts gehandelt hat). Im Ausland wurde bei der T-AG das Wirtschaftsgut mit 900 000 Euro ergebnisneutral erfasst, und es wird linear über zehn Jahre abgeschrieben. Für Zwecke der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung ist eine fiktiv korrespondierende Gegenberichtigung in Form eines zusätzlichen jährlichen AfA-Betrags in Höhe von einem Zehntel von 100 000 Euro = 10 000 Euro bei der T-AG vorzunehmen, um eine Doppelbesteuerung der Einkünfte der Zwischengesellschaft im Rahmen der Anwendung der Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung zu vermeiden. Die nach § 10 AStG a. F. abziehbaren beziehungsweise nach § 12 AStG anzurechnenden Steuern sind entsprechend zu kürzen, auch wenn im Ausland keine Gegenberichtigung stattfindet.

C. Nahestehende Personen (§ 1 Absatz 2 AStG)

1.9 Eine Einkünfteberichtigung gemäß § 1 AStG setzt voraus, dass dieser eine Geschäftsbeziehung des Steuerpflichtigen mit einer ihm nahestehenden Person zugrunde liegt (§ 1 Absatz 2 AStG). Dem Steuerpflichtigen nahestehende Personen in diesem Sinne können natürliche und juristische Personen sein sowie gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 AStG auch Personengesellschaften oder Mitunternehmerschaften.

1.10 Die Verflechtung durch beherrschenden Einfluss (vgl. § 1 Absatz 2 Nummer 2 und Nummer 3 Buchstabe c AStG) kann auf rechtlicher oder tatsächlicher Grundlage oder dem Zusammenwirken beider beruhen. Unter beherrschendem Einfluss anderer können auch natürliche Personen stehen. Die Verflechtung wird bereits durch die Möglichkeit begründet, einen beherrschenden Einfluss auszuüben.

1.11 Unmittelbare und mittelbare Beteiligungen eines Steuerpflichtigen sind für die Beurteilung, ob ein Nahestehen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG vorliegt, zusammenzurechnen (vgl. , BStBl 1978 II S. 590).

Beispiel:

A ist zu 15 Prozent an der ausländischen Gesellschaft T1 unmittelbar beteiligt. Ferner erwirbt A eine weitere unmittelbare Beteiligung in Höhe von 20 Prozent an der ausländischen Gesellschaft T2, die ihrerseits mit zehn Prozent an der Gesellschaft T1 beteiligt ist. Somit ist A sowohl unmittelbar als auch mittelbar an T1 beteiligt. Die Ermittlung der Beteiligungsquote folgt einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Das bedeutet, dass die Beteiligungsquoten der mittelbaren Beteiligungen anteilsmäßig berechnet werden. 10 Prozent x 20 Prozent / 100 Prozent = zwei Prozent. Die unmittelbare und mittelbare Beteiligung des A an der T1 beträgt somit bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise insgesamt 17 Prozent.

1.12 Für das Vorliegen eines Einflusses außerhalb der Geschäftsbeziehung (vgl. § 1 Absatz 2 Nummer 4 erste Alternative AStG) ist kein beherrschender Einfluss erforderlich. Die nahestehende Person oder der Steuerpflichtige müssen aber tatsächlich dazu imstande sein, einen allgemeinen außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auf den jeweils anderen auszuüben. Es muss also eine Möglichkeit bestehen, dass bei der Gestaltung der jeweiligen Geschäftsbeziehungen aufgrund des Einflusses kein für die fremdübliche Aushandlung von deren Bedingungen genügender Interessengegensatz besteht.

1.13 Ein eigenes Interesse an der Erzielung der Einkünfte eines anderen (vgl. § 1 Absatz 2 Nummer 4 zweite Alternative AStG) kann sowohl wirtschaftlicher als auch persönlicher Natur sein (vgl. , BStBl 1994 II S. 725). Das Interesse muss sich auf die zu überprüfenden Einkünfte selbst beziehen.

1.14 Von einem eigenen Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen kann auch bei allen Beteiligten an Netzwerken und deren Organisationseinheiten auszugehen sein. Ein Netzwerk liegt vor, wenn Personen bei ihrer Berufsausübung zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen für eine gewisse Dauer zusammenwirken (vgl. § 319b Handelsgesetzbuch). Mithin können auch rechtlich selbständige Unternehmen in einem globalen Netzwerk, die sich insbesondere durch eine enge strategische und fachliche Vernetzung dieses Netzwerks ausweisen, einander nahestehende Personen sein.

1.15 Ebenso kann im Einzelfall von dem Vorliegen eines eigenen Interesses an den Einkünften eines anderen bei pyramidalen Organisationsstrukturen ausgegangen werden. Pyramidale Organisationen zeichnen sich beispielsweise dadurch aus, dass die Mitglieder sich einem einheitlichen Regelwerk beziehungsweise Statuten unterwerfen und ein gemeinsames Ziel verfolgen (zum Beispiel die Durchführung eines Wettbewerbs). Dabei ist es grundsätzlich für alle Mitglieder von Interesse, dass das in der Hierarchie beziehungsweise im pyramidalen Aufbau höchste Mitglied insbesondere finanziell gut gestellt ist, da dies wiederum positive Auswirkungen auf alle anderen Mitglieder haben kann.

D. Geschäftsbeziehung (§ 1 Absatz 4 AStG)

1.16 Geschäftsbeziehungen sind einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge (Geschäftsvorfälle) zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahestehenden Person (vgl. § 1 Absatz 4 AStG). Hierunter fallen beispielsweise Warenlieferungen, Dienstleistungen, Finanzierungsbeziehungen, die Überlassung oder Übertragung von immateriellen Werten, Arbeitnehmerüberlassungen und Umlagen. Maßgebend ist eine wirtschaftliche Betrachtung. Es kommt dabei nicht darauf an, ob ein angemessenes, ein unangemessenes oder kein Entgelt vereinbart worden ist.

1.17 Geschäftsbeziehungen zum Ausland zwischen einander nahestehenden Personen können auch mittels inländischer oder ausländischer Betriebsstätten bestehen.

Beispiel 1:

Eine inländische Gesellschaft unterhält zu einer ihr nahestehenden inländischen Gesellschaft Geschäftsbeziehungen, die steuerlich einer ausländischen Betriebsstätte der nahestehenden Gesellschaft zuzuordnen sind.

Beispiel 2:

Eine ausländische Gesellschaft unterhält zu einer ihr nahestehenden ausländischen Gesellschaft Geschäftsbeziehungen, die steuerlich einer inländischen Betriebsstätte der nahestehenden Gesellschaft zuzuordnen sind.

Beispiel 3:

Eine ausländische Gesellschaft unterhält zu einer ihr nahestehenden ausländischen Gesellschaft eine Geschäftsbeziehung, die steuerlich einer inländischen Betriebsstätte der ausländischen Gesellschaft zuzuordnen ist.

Beispiel 4:

Eine inländische Gesellschaft unterhält zu einer ihr nahestehenden inländischen Gesellschaft eine Geschäftsbeziehung, die steuerlich einer ausländischen Betriebsstätte der inländischen Gesellschaft zuzuordnen ist.

1.18 Geschäftsbeziehungen zum Ausland können auch bestehen, wenn ein Geschäftsvorfall zwischen ausländischen einander nahestehenden Personen vorliegt, der sich auf die Höhe der inländischen Einkünfte einer der Personen auswirkt (zum Beispiel im Fall der Vermietung inländischen Grundbesitzes).

1.19 Gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sind keine Geschäftsbeziehungen. Unter einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 1 Absatz 4 AStG ist eine Vereinbarung zu verstehen, die unmittelbar zu einer rechtlichen Änderung der Gesellschafterstellung führt (zum Beispiel der Beteiligungshöhe oder der Beteiligungsrechte); mithin eine Vereinbarung, die das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter regelt.

1.20 Die formale Aufnahme eines Geschäftsvorfalls oder einer Geschäftsbeziehung in den Gesellschaftsvertrag führt als solche nicht zu einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, die den Anwendungsbereich des § 1 AStG ausschließt, es sei denn, der Geschäftsvorfall oder die Geschäftsbeziehung führt zu einer tatsächlichen Änderung der materiellen Gesellschafterstellung. Die bloße Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag kann bereits deshalb nicht genügen, weil sie das Merkmal der Geschäftsbeziehungen und damit den Tatbestand des § 1 Absatz 4 AStG in das Belieben der Beteiligten stellen würde. Entscheidend ist vielmehr, ob der Geschäftsvorfall unter Heranziehung des für die nahestehende Person geltenden Gesellschaftsrechts auf einer gesellschaftsvertraglichen Abrede beruht, die mit einer Änderung der materiellen Gesellschafterstellung verbunden ist (vgl. , BStBl 2001 II S. 168 zur „Kapitalrücklage“ im ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht).

1.21 Die Übertragung von Stimmrechten kann eine Geschäftsbeziehung darstellen, wenn mit ihr ein wirtschaftlicher Vorteil einhergeht, der unter fremden Dritten vergütet werden würde.

Beispiel:

Die A GmbH ist an der im Ausland ansässigen B Corp. zu sechs Prozent und an der im Ausland ansässigen C Corp. zu 30 Prozent beteiligt. Die C Corp. wiederum ist zu 24 Prozent an der B Corp. beteiligt. Die C Corp. benötigt zur Erzielung bestimmter steuerlicher und wirtschaftlicher Vorteile eine Sperrminorität der Stimmrechte an der B Corp. Die C Corp. könnte sich daher mit der A GmbH zu einem Aktionärspool zusammenschließen und einen Stimmbindungsvertrag abschließen.

1.22 Im Rahmen der Geschäftsbeziehungen werden Bedingungen vereinbart oder auferlegt, die dem Fremdvergleich zugänglich sind. Zu diesen Bedingungen gehören insbesondere Vereinbarungen über Preise, Vertragslaufzeiten, (Rück-)Zahlungsmodalitäten, Durchführungsbedingungen, Rabatte oder Boni, Preisanpassungsklauseln, Sicherheiten sowie Vertragsänderungs- und -kündigungsmöglichkeiten. Die aufgrund der fehlenden Fremdüblichkeit einzelner Bedingungen veranlassten Einkunftsminderungen unterfallen dem Berichtigungsbefehl von § 1 AStG (vgl. , BStBl 2023 II S. 686 Rn. 34 f.). Allein die Fremdunüblichkeit einzelner Bedingungen führt aber nicht dazu, dass die Geschäftsbeziehung als solche als fremdunüblich zu qualifizieren ist. Es bedarf der Würdigung aller Gesamtumstände im Einzelfall.

1.23 Nicht zu diesen Bedingungen gehören Umstände, die nicht von den einander nahestehenden Personen beeinflusst werden können. Sie sind als gegeben hinzunehmen. Ihre Auswirkungen auf den Preis sind zu beachten. Hierzu gehören zum Beispiel gesetzliche Rahmenbedingungen oder die Gegebenheiten des jeweiligen Marktes.

Kapitel II Bedeutung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien für die Prüfung der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen

2.1 Für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung wird auf die Anlage 1 verwiesen, um eine internationale Ausrichtung und eine Orientierung an den OECD-Verrechnungspreisleitlinien (OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations) zu gewährleisten. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass eine international einheitliche Umsetzung des Fremdvergleichsgrundsatzes erfolgt und hierdurch eine Doppelbesteuerung sowie (doppelte) Nichtbesteuerung vermieden werden.

2.2 Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien unterstützen sowohl die Steuerpflichtigen als auch Finanzverwaltungen, um den jeweiligen Einzelfall einer im internationalen Kontext sachgerechten Lösung zuzuführen. Entsprechend orientiert sich die deutsche Finanzverwaltung im Rahmen des geltenden innerstaatlichen Rechts grundsätzlich an den OECD-Verrechnungspreisleitlinien und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Sachverhalt handelt, bei dem ein DBA anwendbar ist, das mit einem OECD-Mitgliedstaat oder Nicht-OECD-Mitgliedstaat vereinbart wurde, oder ob kein DBA anwendbar ist.

2.3 Ob eine statische oder dynamische Auslegung von Artikel 9 Absatz 1 OECD-MA oder UN-MA nachgebildeten Artikeln in den jeweiligen DBA zu erfolgen hat (allgemein für eine statische Auslegung von Abkommensvorschriften etwa ,. BStBl 2023 II S. 430). w. N.), ist in Bezug auf den Fremdvergleichsgrundsatz nicht entscheidungserheblich (diese Annahme zugrunde legend , BStBl 2004 II S. 171 sowie vom , I R 4/17, BStBl 2023 II S. 678 Rn. 39). Aus einem Artikel 9 Absatz 1 OECD-/UN-MA nachgebildeten Artikel und § 1 AStG folgt nur, dass der Fremdvergleichsgrundsatz zur Anwendung zu bringen ist. Der Fremdvergleichsgrundsatz basiert vor allem auf der Anwendung von ökonomischen Prinzipien, die zeit- und kontextabhängig sind (vgl. Art. 9 OECD-Musterkommentar 2017 Rn. 1). Der Fremdvergleichsgrundsatz enthält daher genügend Flexibilität, um auf aktuelle Entwicklungen, wie die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft, zu reagieren und diese, ohne weitere gesetzliche Maßnahmen, berücksichtigen zu können. Entsprechend ist auch die fortwährende Entwicklung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu verstehen. Die fortlaufende Überarbeitung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien erfolgt im Rahmen der Auslegungsmöglichkeiten des Artikels 9 Absatz 1 OECD-MA und stellt damit nicht jeweils eine neue Interpretation dieses Artikels dar.

2.4 Die nachfolgenden Randnummern enthalten gegenüber den OECD-Verrechnungspreisleitlinien weitergehende Konkretisierungen, die zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Besteuerung notwendig sind.

2.5 Darüber hinaus können für die Prüfung von grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen auch die Verlautbarungen des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums (EU Joint Transfer Pricing Forum – JTPF) hilfreich sein, insbesondere wenn ein Sachverhalt in Bezug zu einem EU-Mitgliedstaat zu würdigen ist.

2.6 Insbesondere in Bezug zu Entwicklungs- und Schwellenländern enthält auch das Verrechnungspreishandbuch der Vereinten Nationen für Entwicklungsländer (United Nations Practical Manual on Transfer Pricing for Developing Countries) unterstützende, praktische und hilfreiche, aber nicht bindende Leitlinien.

Kapitel III Leitlinien

A. Fremdvergleichsgrundsatz

3.1 Geschäftsbeziehungen zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahestehenden Person sind steuerlich danach zu beurteilen, ob sich die Beteiligten wie voneinander unabhängige Dritte verhalten haben oder verhalten (Fremdvergleich). Zugrunde zu legen ist die verkehrsübliche Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gegenüber Fremden (vgl. , BStBl 1967 III S. 626; , BStBl 1967 III S. 498). Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird mit der gebotenen Sorgfalt den Fremdvergleichspreis aus den verfügbaren oder ihm zugänglichen Daten ableiten. Ob eine Vergütung zu entrichten und ggf. in welcher Höhe ein Fremdvergleichspreis anzusetzen ist, richtet sich dabei stets nach der Denkfigur des doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters.

3.2 Maßgebend für die Betrachtung der Geschäftsbeziehungen zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahestehenden Person sind gemäß § 1 Absatz 3 Satz 1 AStG die dem jeweiligen Geschäftsvorfall zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt (vgl. , BStBl 1965 III S. 613; vom , I R 42/68, BStBl 1970 II S. 419 und vom , VIII R 63/68, BStBl 1974 II S. 606), also die tatsächlich durchgeführte Geschäftsbeziehung. Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes erfordert daher eine umfassende Sachverhaltsaufklärung durch die Steuerpflichtigen, um eine sachgerechte Würdigung des Einzelfalls zu ermöglichen.

3.3 Der Fremdvergleichsgrundsatz als solcher ist im In- und Outboundfall einheitlich anzuwenden.

3.4 Die Zugehörigkeit des Steuerpflichtigen zu einer multinationalen Unternehmensgruppe ist bei der Prüfung der Verrechnungspreise in dem nachfolgend dargestellten Rahmen zu berücksichtigen. Es sind nicht die Gewinne zu ermitteln, die der Steuerpflichtige erzielt hätte, wenn er gänzlich unabhängig gewesen wäre, sondern diejenigen, die er als ein einer Unternehmensgruppe zugehöriges Unternehmen bei Vereinbarung von Bedingungen wie zwischen voneinander unabhängigen Dritten erzielt hätte (siehe beispielsweise Rn. 3.71 und 3.126 zum Konzernrückhalt). In diesem Zusammenhang sind auch die nicht dispositiven rechtlichen Gegebenheiten als Umstand hinzunehmen, die den Preis zwischen einander nahestehenden Personen beeinflussen (vgl. Rn. 1.23). Sieht zum Beispiel das Insolvenzrecht eines Staates vor, dass nahestehende Personen stets nachrangig zu befriedigen sind, ist dieser Umstand bei der Bepreisung des Geschäftsvorfalls sachgerecht zu berücksichtigen (vgl. , BStBl 2023 II S. 723, Rn. 15).

3.5 Bei der Durchführung des Fremdvergleichs ist in einem ersten Schritt eine Funktions- und Risikoanalyse der an dem Geschäftsvorfall Beteiligten vorzunehmen, § 1 Absatz 3 Satz 2 AStG. Den Kern bildet hierbei der Risikokontrollansatz, wonach eine Zuordnung von Risiken auf Grundlage von (Personal-)Funktionen zur Kontrolle der Risiken erfolgt sowie von den finanziellen Mitteln zur Übernahme von Risiken abhängt. Kontrolle wird dabei definiert als die Fähigkeit, darüber zu entscheiden, Risiken einzugehen und Risiken zu managen, und diese Entscheidungsfunktionen auch auszuüben (Tz. 1.65 der Anlage 1).

3.6 Es ist daher zu analysieren, welche an dem Geschäftsvorfall Beteiligten (insbesondere Unternehmen) die personellen Ressourcen sowie die tatsächliche Möglichkeit zur Kontrolle von Risiken und die finanziellen Mittel zur Tragung von Risiken haben (Tz. 1.61 der Anlage 1). Voraussetzung hierfür ist grundsätzlich, dass die Entscheidungsträger die notwendigen Erfahrungen und Kompetenzen haben und über eine ausreichende Informationsbasis verfügen (Tz. 1.66 der Anlage 1).

3.7 Die nach dieser Analyse einem Unternehmen zugeordneten Funktionen, Risiken und eingesetzten Vermögenswerte sind ein Maßstab für die Wertigkeit der Tätigkeit im Rahmen der Gesamttätigkeit der multinationalen Unternehmensgruppe. Auf der Basis der Beschreibung des Wertschöpfungsprozesses der multinationalen Unternehmensgruppe kann eine Wertschöpfungsanalyse durchgeführt werden. Diese ist Grundlage für die funktions- und risikoadäquate Zuordnung des anteiligen Gewinns am Gesamtgewinn der multinationalen Unternehmensgruppe.

3.8 Bei der Durchführung des Fremdvergleichs sind die realistischerweise zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen einzubeziehen. Die Anerkennung und Beachtung der Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe sowie geschäftspolitische Strategien der multinationalen Unternehmensgruppe stehen dem Fremdvergleichsgrundsatz nicht entgegen.

B. Verrechnungspreismethoden und Bewertungstechniken

3.9 Für die Ermittlung und Prüfung von Verrechnungspreisen sind die Grundsätze des Kapitels II der Anlage 1 anzuwenden. Verrechnungspreismethoden sind insbesondere die

  1. Preisvergleichsmethode,

  2. Wiederverkaufspreismethode,

  3. Kostenaufschlagsmethode,

  4. geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode und

  5. geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode (vgl. hierzu insbesondere als praktische Prüfungshilfe auch das Arbeitspapier zur Anwendung des Profit Split in der EU „The application of the profit split method within the EU, DOC: JTPF/002/2019/EN des JTPF)“.

3.10 Die angeführten Methoden stellen keine abschließende Aufzählung dar. Zwar führt auch die OECD nur diese fünf Methoden als Verrechnungspreismethoden an, jedoch kann auch eine Kombination der Methoden im Einzelfall angebracht sein.

3.11 Bei der Verwendung von Nettogewinnindikatoren zur Bestimmung von Fremdvergleichspreisen mittels der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode ist zu beachten, dass nicht betriebliche Elemente wie Zinserträge und Zinsaufwendungen, Erträge und Aufwendungen aus Beteiligungen, Wertpapieren und anderen Finanzanlagen sowie Ertragsteuern grundsätzlich bei der Bestimmung des Nettogewinns ausgeschlossen werden (Tz. 2.86 der Anlage 1). Im Einzelfall können bestimmte Finanzierungserträge oder -aufwendungen sachgerecht zu berücksichtigen sein (vgl. Tz. 2.87 der Anlage 1). Auch rechnerische Finanzierungsanteile betrieblicher Einnahmen und Aufwendungen (z.B. Zinsanteil der Zuführungen zu Pensionsrückstellungen) können bei der Ermittlung des Nettogewinns einzubeziehen sein. Dies erfordert eine genaue Sachverhaltsermittlung hinsichtlich der Gründe für den Finanzierungsbedarf und der Auswirkung auf die Preisgestaltung. Hinsichtlich der Kriterien zur Ermittlung der geeigneten Bezugsgröße für den Nettogewinn vgl. Tz. 2.92 ff. der Anlage 1.

3.12 Können für die Bestimmung eines Fremdvergleichspreises keine Vergleichswerte festgestellt werden, ist der Fremdvergleichspreis nach dem hypothetischen Fremdvergleich im Sinne des § 1 Absatz 3 Satz 7 AStG unter Beachtung des § 1 Absatz 1 Satz 3 AStG zu bestimmen. Hiervon ist grundsätzlich auszugehen,

  1. wenn immaterielle Werte oder Rechte Gegenstand eines Geschäftsvorfalls sind,

  2. wenn eine Funktionsverlagerung stattfindet oder

  3. soweit bei Anwendung der in Rn. 3.9 Buchstabe e genannten Methode keine Vergleichswerte für die Ermittlung von Werten festgestellt werden können.

3.13 Beim hypothetischen Fremdvergleich wird auf ökonomisch anerkannte Bewertungsmethoden abgestellt. Solche anerkannten Methoden sind insbesondere die Ertragswertmethoden und Discounted-Cashflow-Methoden, die auf dem abgezinsten Wert prognostizierter zukünftiger Einnahmeströme oder Cashflows des Bewertungsobjekts basieren. Grundsätzlich erfordern alle anerkannten Bewertungsmethoden u. a. realistische und verlässliche Werte in Bezug auf finanzielle Prognosen, Wachstumsraten, Abzinsungssätze, Lebens- oder Nutzungsdauern und steuerliche Effekte.

3.14 Bei der Prüfung einer Bewertungsmethode sollen der Bewertungszweck sowie gegebenenfalls die Annahmen und Bewertungsparameter in vom Steuerpflichtigen für nichtsteuerliche Zwecke durchgeführten anderen Bewertungen berücksichtigt werden. Bei Inkonsistenzen zwischen den Annahmen in einer für Verrechnungspreiszwecke durchgeführten Bewertung und den Annahmen in einer für andere Zwecke durchgeführten Bewertung, die in einem zeitlich zusammenhängenden Kontext steht, soll vom Steuerpflichtigen eine Erklärung verlangt werden.

3.15 Ein nach §§ 9, 11 Absatz 2 Satz 2 Bewertungsgesetz (BewG) ermittelter gemeiner Wert für Anteile an Kapitalgesellschaften, Beteiligungen an Personengesellschaften oder Vermögensmassen kann als Anhaltspunkt für den Fremdvergleichspreis dienen. Der Substanzwert nach § 11 Absatz 2 Satz 3 BewG ist regelmäßig kein Fremdvergleichspreis. Das vereinfachte Ertragswertverfahren nach §§ 199 ff. BewG ist ein stark vereinfachtes Bewertungsmodell, bei dem die Ergebnisse der Vergangenheit als Anhaltspunkt für die voraussichtlichen künftigen Ergebnisse dienen. Es kann zum Beispiel bei Schätzungen wegen mangelnder Mitwirkung des Steuerpflichtigen, bei erheblichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung von künftigen Ergebnissen auf den Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls oder nicht plausiblen Prognoserechnungen im Rahmen des Fremdvergleichsgrundsatzes angewandt werden.

3.16 Auf den Bericht des JTPF über den Einsatz von Methoden zur wirtschaftlichen Bewertung von Verrechnungspreisen „Report on the use of economic valuation techniques in transfer pricing (DOC: JTPF/003/2017/FINAL/EN)“ und Kapitel VI der Anlage 1, insbesondere D.2.6.3 – D.2.6.4.5 wird verwiesen.

3.17 Ist der bei der Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs bestimmte Mindestpreis des Leistenden höher als der Höchstpreis des Leistungsempfängers, ist zu prüfen, ob die Ursache hierfür in einer weiteren Geschäftsbeziehung begründet liegt. Ist dies nicht der Fall, ist die Differenz zwischen den am Geschäftsvorfall beteiligten Unternehmen aufzuteilen (Tz. 28 des Berichts des JTPF über den Einsatz von Methoden zur wirtschaftlichen Bewertung von Verrechnungspreisen, a. a. O.).

C. Vergleichbarkeitsanalyse

C.1 Grundsatz

3.18 Für die Prüfung der Vergleichbarkeit nach § 1 Absatz 3 Satz 3 AStG sind die Grundsätze des Kapitels III der Anlage 1 anzuwenden. Auf den Bericht des JTPF zur Nutzung von Vergleichswerten in der EU “Report on the use of comparables in the EU (DOC: JTPF/007/2016/FINAL/EN)“ wird besonders hingewiesen.

3.19 Ein Vergleich der Geschäftsbeziehungen, wie sie einerseits zwischen fremden Dritten und andererseits zwischen einander nahestehenden Personen zustande kommen, und ein Vergleich der Ergebnisse unabhängiger Unternehmen mit denen des geprüften Unternehmens sind nur dann aussagefähig, wenn die Verhältnisse, die den Geschäftsbeziehungen jeweils zugrunde liegen, identifiziert wurden und vergleichbar sind. Für die Vergleichbarkeitsprüfung sind alle Faktoren heranzuziehen, die sich auf die Preisgestaltung auswirken könnten. Dazu gehören

  1. die vertraglichen Bedingungen, die dem Geschäftsvorfall zugrunde liegen (vgl. Tz. 1.42 bis 1.50 der Anlage 1),

  2. die von den einzelnen am Geschäftsvorfall beteiligten Unternehmen ausgeübten Funktionen unter Berücksichtigung der genutzten Vermögenswerte und übernommenen Risiken, einschließlich der Zusammenhänge zwischen diesen Funktionen und der allgemeinen Wertschöpfung der multinationalen Unternehmensgruppe, der die Beteiligten angehören, der Begleitumstände des Geschäftsvorfalls und der branchenüblichen Gepflogenheiten (Funktions- und Risikoanalyse, (vgl. Tz. 1.51 ff. der Anlage 1),

  3. die Eigenschaften des übertragenen Wirtschaftsguts oder der geleisteten Dienste (vgl. Tz. 1.127 bis 1.129 der Anlage 1),

  4. die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten und des Markts, auf dem sie tätig sind (vgl. Tz. 1.130 bis 1.133 der Anlage 1) sowie

  5. die von den Beteiligten verfolgten Geschäftsstrategien (vgl. Tz. 1.134 bis 1.138 der Anlage 1).

    Insbesondere diese Faktoren sind im Rahmen der Aufzeichnungspflicht nach § 90 Absatz 3 AO zu erfassen (vgl. Verwaltungsgrundsätze 2020 vom , BStBl 2020 I S. 1325).

3.20 Die sachgerechte Durchführung der Vergleichbarkeitsanalyse erfordert

  1. eine Bestimmung der Jahre, die erfasst werden;

  2. eine sorgfältige Analyse der Umstände des Steuerpflichtigen;

  3. eine Funktions- und Risikoanalyse;

  4. eine Bewertung von existierenden internen Vergleichswerten;

  5. eine Feststellung von zugänglichen Informationsquellen zu externen Vergleichswerten;

  6. eine Auswahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode;

  7. eine Identifizierung von potenziellen Vergleichswerten;

  8. Feststellungen und Durchführung von Vergleichbarkeitsanpassungen;

  9. eine Interpretation und Nutzung der erfassten Daten.

3.21 Bei der Analyse greift grundsätzlich das Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Um die wirtschaftlichen Auswirkungen von Geschäfts-, Produkt- und Konjunkturzyklen sowie Sondereffekte zu berücksichtigen, kann es jedoch zweckmäßig sein, Mehrjahresanalysen durchzuführen. Durchschnittswerte von Vergleichswerten mehrerer Vorjahre dürfen daher verwendet werden, wenn dies zu einer besseren Qualität der Vergleichswerte führt als die Betrachtung von Vergleichswerten nur eines Wirtschaftsjahrs (vgl. Buchstabe e) bis i) der Empfehlung 6 des Berichts des JTPF zur Nutzung von Vergleichswerten in der EU, a. a. O.).

3.22 Eine Vergleichbarkeit ist nicht gegeben, wenn Geschäftsbedingungen oder Umstände eines zum Vergleich herangezogenen Geschäftsvorfalls, die eine nicht unwesentliche Auswirkung auf den Preis oder den Gewinn haben, sich so erheblich voneinander unterscheiden, dass die Unterschiede durch Anpassungsrechnungen nicht beseitigt werden können. Dies gilt insbesondere, wenn spezielle, besonders wertvolle immaterielle Werte oder Rechte daran Gegenstand der Geschäftsbeziehung sind oder sich die maßgeblichen Funktionen oder Risiken im Rahmen von Geschäftsbeziehungen erheblich unterscheiden. Gleiches gilt, wenn für einen zum Vergleich herangezogenen Geschäftsvorfall die für die Beurteilung seiner Vergleichbarkeit relevanten Daten so lückenhaft, unüberprüfbar oder im Hinblick auf ihre Qualität so unzuverlässig sind, dass ihnen keine Aussagekraft beigemessen werden kann. In diesen Fällen sind verwendbare Vergleichswerte nicht feststellbar.

C.2 Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen

3.23 Die Vergleichbarkeitsanalyse ist grundsätzlich für den einzelnen Geschäftsvorfall vorzunehmen. Sind einzelne Geschäftsvorfälle eines Steuerpflichtigen so eng miteinander verbunden oder folgen so eng aufeinander, dass eine sachgerechte Beurteilung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls nicht möglich ist, sollten diese unter Anwendung der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode zusammen beurteilt werden (Tz. 3.9 der Anlage 1). Dies gilt insbesondere in Fällen

  1. langfristiger Verträge über Warenlieferungen und Dienstleistungen,

  2. einheitlicher Preisgestaltung für im Hinblick auf Art, Produktion oder Vertrieb eng miteinander verbundener Produkte (Palettenbetrachtung).

Entspricht es der Geschäftsstrategie des Steuerpflichtigen, bestimmte Geschäftsvorfälle zu bündeln, um über die Gesamtheit der Geschäftsvorfälle und nicht unbedingt durch ein bestimmtes Produkt innerhalb dieses Portfolios einen angemessenen Gewinn zu erzielen (Portfolioansatz), sind diese Geschäftsvorfälle ebenfalls zusammen zu analysieren (Tz. 2.96 und 3.10 der Anlage 1). Dies bedeutet aber nicht, dass für diese bei einem Steuerpflichtigen zusammengefassten Geschäftsvorfälle immer eine einheitliche Verrechnungspreismethode anzuwenden ist. Zudem ist es nicht fremdvergleichskonform, wenn bei Anwendung des Portfolioansatzes auf Ebene der Unternehmensgruppe ein Steuerpflichtiger eine unter dem fremdvergleichsüblichen Niveau liegende Vergütung erhält, um einem anderen Unternehmen dieser Unternehmensgruppe Vorteile zu verschaffen (Tz. 3.10, Tz. 1.130 der Anlage 1).

3.24 Werden mehrere unterschiedliche Leistungen im Rahmen eines Vertrags als Gesamtpaket zur Verfügung gestellt (Paketbetrachtung, Tz. 3.11 der Anlage 1) und wird hierfür ein Gesamtpreis vereinbart, kann von der Bestimmung von Einzelpreisen für die einzelnen Leistungen nur dann abgesehen werden, wenn für das Gesamtpaket verlässliche Fremddaten vorgelegt werden oder ein Wert auf Basis des hypothetischen Fremdvergleichs verlässlich bestimmt werden kann.

C.3 Vorteilsausgleich

3.25 Ein Ausgleich von Vorteilen mit Nachteilen aus Geschäftsvorfällen ist grundsätzlich nur dann fremdüblich, wenn der Steuerpflichtige bei Geschäftsvorfällen mit der ihm nahestehenden Person nachteilige Bedingungen im Hinblick darauf vereinbart hat, dass er von dieser nahestehenden Person im Rahmen der in Betracht stehenden Geschäftsbeziehung im Gegenzug Vorteile erhält (Tz. 3.13 bis 3.16 der Anlage 1).

3.26 Der Vorteilsausgleich setzt voraus, dass

  1. die Geschäfte in einem inneren Zusammenhang zueinander stehen,

  2. die Vor- und Nachteile bei den einzelnen Geschäftsvorfällen quantifiziert werden können und

  3. die Vorteilsverrechnung bewusst vereinbart war oder zur Geschäftsgrundlage des nachteiligen Geschäfts gehörte.

3.27 Ergibt sich für einen Geschäftsvorfall bereits im Rahmen der Preisbestimmung ein Verlust oder ein unangemessen niedriger Gewinn, ist dieser Nachteil nur anzuerkennen, wenn er durch einen anderen Geschäftsvorfall mit demselben Vertragspartner ausgeglichen wird.

3.28 Sind die nachteiligen Bedingungen nicht während des Wirtschaftsjahres, in dem sie sich ausgewirkt haben, ausgeglichen worden, so verhindert ein Ausgleich nur dann die eigentlich vorzunehmende Einkünfteberichtigung, wenn spätestens zum Ende dieses Wirtschaftsjahres bestimmt ist, wann und durch welche Vorteile die Nachteile ausgeglichen werden. Die Nachteile müssen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ausgeglichen werden (Tz. 3.14 der Anlage 1; siehe auch Grundsätze im Zusammenhang mit Verlusten Kapitel III; C.5). Ein Ausgleich ist auch dann gegeben, wenn die den Vorteil begründende Leistung aktiviert wird.

C.4 Bandbreitenbetrachtung

3.29 Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes führt regelmäßig zu einer Bandbreite von Vergleichswerten, von denen alle mehr oder minder gleich zuverlässig sind (Tz. 3.55 bis 3.62 der Anlage 1). Sofern feststellbar ist, dass manche dieser Werte auf Geschäftsvorfällen beruhen, die einen geringeren Grad an Vergleichbarkeit aufweisen als andere, sollten diese ausgeschlossen werden, § 1 Absatz 3a Satz 2 AStG. Hierdurch soll erreicht werden, dass nur Werte in der Bandbreite verbleiben, die für einen Vergleich am besten geeignet sind.

3.30 Geben die danach verbleibenden Werte selbst keinen Anhaltspunkt für eine bestimmte Einengung und verbleibt eine Anzahl von Werten, die es zulassen, statistische Methoden zur Einengung von Bandbreiten sinnvoll anzuwenden, ist gemäß § 1 Absatz 3a Satz 3 AStG zur Einengung der Bandbreite die sog. Interquartilsmethode zu verwenden.

C.5 Verluste

3.31 Unabhängige Unternehmen würden verlustbringende Geschäftsaktivitäten einstellen, wenn keine vernünftige, betriebswirtschaftlich fundierte Erwartung besteht, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums einen angemessenen Totalgewinn erzielen zu können (vgl. , BStBl 1993 II S. 457; , BStBl 2004 II S. 171; , BStBl 2007 II S. 658; Tz. 3.64 der Anlage 1). Im Gegensatz dazu kann es für eine multinationale Unternehmensgruppe ökonomisch sinnvoll sein, wenn ein zur Unternehmensgruppe zugehöriges Unternehmen seinen unwirtschaftlichen Geschäftsbetrieb fortführt (Tz. 1.149 der Anlage 1). In solchen Fällen ist dieses Unternehmen von den davon profitierenden Unternehmen zu vergüten. Maßgebend ist das Jahresergebnis vor Steuern und ggf. vor Ergebnisabführung.

3.32 Die Organisation der betrieblichen Abläufe liegt in der unternehmerischen Dispositionsfreiheit. Im Falle von Verlusten ist es erforderlich, neben den tatsächlich ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten Vermögenswerten auch die Verlustursachen (beispielsweise lokales Missmanagement oder Markteroberung im Unternehmensgruppeninteresse) festzustellen. Verfügt ein Unternehmen weder über die maßgeblichen Entscheidungskompetenzen, Risiken einzugehen oder zu vermindern, noch über die finanzielle Kapazität, solche Risiken übernehmen zu können, ist eine steuerliche Zuweisung von Risiken mit den daraus resultierenden Aufwendungen zu diesem Unternehmen fremdunüblich.

3.33 Nicht als Strategieträger zu qualifizierende unabhängige Unternehmen dürften daher im Regelfall keine länger andauernde Verlustperiode hinnehmen (Tz. 3.64 der Anlage 1), ohne einen angemessenen Totalgewinn innerhalb eines bestimmten überschaubaren Kalkulationszeitraums zu erwarten. Erzielt ein solches vergleichbares abhängiges Unternehmen aus einer Geschäftsbeziehung innerhalb von fünf Wirtschaftsjahren keinen angemessenen Gesamtgewinn, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass

  1. die Verrechnungspreise unangemessen sind,

  2. Geschäftsvorfälle nicht identifiziert und bepreist wurden, oder

  3. Aufwendungen durch Interessen anderer Gruppenmitglieder mitverursacht sind (zum Beispiel Markenwerbung, Statthalterfunktion in einem bestimmten Markt). In solchen Fällen bemisst sich die Höhe einer Berichtigung nach einem Aufwendungsersatz zuzüglich Gewinnaufschlag und nicht etwa nach den an andere Gruppenmitglieder ggf. entrichteten Leistungsentgelten (zum Beispiel Lizenzen, Zinsen, Wareneinkauf).

Beispiel (Anfangsverluste):

Die T1 GmbH erzielt nach Beginn ihrer Geschäftstätigkeit Verluste in den Jahren 01 bis 03. Um einen angemessenen Totalgewinn über den Zeitraum der Jahre 01 bis 05 vorzuweisen, ist ein ausreichend kompensierender Gewinn in den Jahren 04 und 05 erforderlich.

Abwandlung: Die T-GmbH erzielt aus ihrer Geschäftstätigkeit Gewinne in den Jahren 01 bis 10 und Verluste in den Jahren 11 bis 13 (zum Beispiel infolge der Einführung eines neuen Produkts). Um einen angemessenen Totalgewinn über den Zeitraum der Jahre 11 bis 15 vorzuweisen, ist ein ausreichend kompensierender Gewinn in den Jahren 14 und 15 erforderlich.

3.34 Der Zeitraum kann aufgrund besonderer Umstände länger (zum Beispiel bei Geschäftsmodellen, die zu Beginn hohe Anfangsinvestitionen erfordern oder in Zeiten schwieriger, von der Unternehmensgruppe nicht beeinflussbarer Marktbedingungen) oder kürzer (zum Beispiel bei Produkten mit kurzem Lebenszyklus) als fünf Jahre sein. Ist im Zeitpunkt der Prüfung noch ungewiss, ob ein angemessener Totalgewinn erzielt werden kann, sollten die Steuerfestsetzungen vorläufig durchgeführt werden (§ 165 Absatz 1 Satz 1 AO).

3.35 Die Prüfung, ob ein Unternehmen aus der Ausübung von Routinefunktionen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums einen angemessenen (Total-)Gewinn erzielt, umfasst auch die Frage, ob der erzielte Gewinn gemessen am Funktions- und Risikoprofil des Unternehmens angemessen hoch ist. Grundsätzlich ist das angemessene handelsrechtliche Jahresergebnis vor Steuern und ggf. Ergebnisabführung maßgebend, wobei bei Vorliegen mehrerer Geschäftsbeziehungen das Ergebnis jeder einzelnen Geschäftsbeziehung zu betrachten ist; es sei denn, es liegen die Voraussetzungen von Rn. 3.23 vor.

3.36 Eine Berichtigung der vom Steuerpflichtigen angesetzten Verrechnungspreise kann auch dann erfolgen, wenn eine Vertriebsgesellschaft zu gleichen Preisen beliefert wird wie fremde Dritte, sich die sonstigen Geschäftsbedingungen aber unterscheiden (zum Beispiel Marktverhältnisse, Umsatz- oder Kostensituation oder vertragliche Verhältnisse, wie zum Beispiel Verpflichtung zur Abnahme des gesamten Sortiments).

3.37 Werden Verluste eines Unternehmens durch Kapitalzuführungen oder kapitalersetzende Maßnahmen (zum Beispiel Forderungsverzicht, Patronatserklärung) anderer gruppenzugehöriger Unternehmen ausgeglichen, ist dies ein Indiz dafür, dass die Fortführung der unrentablen Geschäftstätigkeit im (Mit-)Interesse der multinationalen Unternehmensgruppe liegt.

C.6 Zeitpunkt des Fremdvergleichs

3.38 Maßgebender Zeitpunkt für den Fremdvergleich ist grundsätzlich der Abschluss des Vertrags, nicht der Erfüllungszeitpunkt (vgl. , BStBl 1983 II S. 744), § 1 Absatz 3 Satz 4 AStG. Hierfür hat der Steuerpflichtige alle zu diesem Zeitpunkt verfügbaren, zur Preisbestimmung notwendigen Informationen zu ermitteln und nur diese zu berücksichtigen. Der Steuerpflichtige kann sich auf nachträglich bekannt gewordene externe Vergleichswerte stützen, soweit sich diese auf den Zeitpunkt der Vereinbarung des Geschäftsvorfalls beziehen.

3.39 Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde bei der Verhandlung von Verträgen auch die Vereinbarung etwaiger Kündigungs- und Änderungsoptionen eruieren und entsprechend auch insbesondere Vereinbarungen mit längerer Laufzeit daraufhin überprüfen, ob eine Änderung der Vereinbarung rechtlich möglich und für sein Unternehmen wirtschaftlich vorteilhaft ist oder andere realistisch zur Verfügung stehende Handlungsalternativen bestehen. In derartigen Fällen ist für den Fremdvergleich grundsätzlich auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine bestehende Geschäftsbeziehung neu ausgestaltet hätte oder auf Basis einer anderen realistisch zur Verfügung stehenden Handlungsalternative eine neue Geschäftsbeziehung eingegangen wäre.

3.40 Steuerpflichtige können Verrechnungspreise unter Berücksichtigung innerbetrieblicher Plandaten (zum Beispiel Absatzzahlen und Umsatzerlöse, Stückzahlen und Produktionskosten, Vertriebskosten und sonstige betriebliche Kosten) und vorsichtiger Gewinnprognosen festlegen (Planrechnungen). Die Verwendung von Planrechnungen kommt insbesondere in Betracht, wenn mit der jeweiligen Verrechnungspreismethode nicht unmittelbar Fremdvergleichspreise ermittelt werden, sondern lediglich angemessene Werte für bestimmte Renditekennziffern (zum Beispiel Rohgewinnmarge, Kostenaufschlagsatz, operative Marge, Kapital- oder Anlagenrendite).

3.41 Planrechnungen sind anhand der Erfahrungen bereits abgelaufener Zeiträume und kaufmännischer, betriebswirtschaftlich fundierter, vorsichtiger Prognosen zu begründen (vgl. , BStBl 1993 II S. 457). Die tatsächliche Entwicklung der zugrundeliegenden Plandaten und Renditekennziffern sollte unterjährig abgeglichen werden (Soll-Ist-Vergleich), um rechtzeitig auf einen geänderten Geschäftsverlauf reagieren zu können. Wird unterjährig kein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt, ist zumindest zum Abschluss des Wirtschaftsjahres ein Vergleich der Planrechnung mit dem tatsächlichen Ergebnis durchzuführen.

3.42 Liegt das tatsächliche Ergebnis außerhalb der Bandbreite fremdüblicher Ergebnisse für die jeweilige Renditekennziffer, ist insoweit eine nachträgliche Anpassung des Ergebnisses vorzunehmen.

3.43 Planrechnungen sollen fremdübliches Verhalten widerspiegeln. Die Planrechnungen sollen als Element der Vergleichbarkeitsanalyse dazu beitragen, die Bedingungen zu identifizieren, die bei Preisvereinbarungen unter voneinander unabhängigen Unternehmen zustande kommen würden. Bei Geschäftsvorfällen zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen hat jedes Unternehmen, auch wenn es nur Routinefunktionen ausübt, die Chance und das Risiko, aufgrund der eigenen Geschäftstätigkeit in einem bestimmten Rahmen bessere oder schlechtere Ergebnisse zu erzielen. Mit den festgesetzten Verrechnungspreisen und den prognostizierten Plandaten sollte daher bei einer vorsichtigen Gewinnprognose ein mittlerer Wert innerhalb einer Bandbreite für die jeweilige Renditekennziffer erreicht werden.

3.44 Führen nachträgliche Anpassungen nach Vornahme des Soll-Ist-Vergleichs dazu, dass ein Unternehmen bevorzugt- oder benachteiligt wird (zum Beispiel durch das stetige Abstellen auf den obersten oder untersten Wert einer Bandbreite angemessener Ergebnisse), deuten solche Anpassungen grundsätzlich auf fremdunübliche (Vertrags-)Bedingungen hin.

D. Verwaltungsansätze zur Vermeidung und Beilegung von Verrechnungspreiskonflikten

3.45 Es wird auf das Merkblatt zu internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren (Streitbeilegungsverfahren) auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom (BStBl 2021 I S. 1495) sowie das Merkblatt über koordinierte steuerliche Außenprüfungen mit Steuerverwaltungen anderer Staaten und Gebiete vom (BStBl 2017 I S. 89) hingewiesen.

E. Dokumentation

3.46 Auf die Verwaltungsgrundsätze 2020 vom (BStBl 2020 I S. 1325) und den Anwendungserlass zur Abgabenordnung insbesondere zu §§ 90, 138a und 162 wird hingewiesen.

F. Immaterielle Werte

F.1 Grundsatz

3.47 Für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bezüglich der Übertragung oder Überlassung von immateriellen Werten zwischen nahestehenden Personen sind die Grundsätze des Kapitels VI der Anlage 1 anzuwenden. Immaterielle Werte sind im Einklang mit Kapitel VI der Anlage 1 Vermögenswerte,

  1. die weder materielle Wirtschaftsgüter oder Beteiligungen noch Finanzanlagen sind,

  2. die Gegenstand eines Geschäftsvorfalls sein können, ohne einzeln übertragbar sein zu müssen, und

  3. die einer Person eine tatsächliche oder rechtliche Position über diesen Vermögenswert vermitteln können.

3.48 Die Übertragung oder Überlassung zur Nutzung eines immateriellen Werts ist zu vergüten, wenn diese auf der Grundlage einer Geschäftsbeziehung erfolgt und hiermit eine finanzielle Auswirkung für den Übernehmer, den Nutzenden, den Übertragenden oder den Überlassenden verbunden ist.

3.49 Eine Entgeltfähigkeit der Höhe nach ist daher nur dann anzunehmen, wenn der Nutzende aus einer tatsächlichen oder rechtlichen Einräumung der Nutzung, zum Beispiel der Nutzung eines Unternehmenskennzeichens, einer Firma oder einer Marke, einen wirtschaftlichen Vorteil erwarten kann (vgl. , BStBl 2017 II S. 336 konkret auf die unternehmerische Tätigkeit bezogene Analyse der Vorteilhaftigkeit), unabhängig davon, ob dieser Vorteil tatsächlich eintritt (Ex-ante-Betrachtung). Die Bewertung richtet sich dann nach dem voraussichtlich eintretenden Nutzen. Tritt der erwartete wirtschaftliche Vorteil nicht ein, so würden voneinander unabhängige Dritte ihre Vereinbarungen überprüfen (Rn. 3.39).

3.50 Die Verrechnung von Nutzungsentgelten entspricht nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz, wenn die Nutzungsüberlassung im Zusammenhang mit Lieferungen oder Leistungen steht, bei denen unter Fremden die Überlassung des immateriellen Werts im Preis der Lieferung oder Leistung mit abgegolten sein würde. Dies kann insbesondere bei immateriellen Werten angenommen werden, die lediglich in Zusammenhang mit Vertriebsaktivitäten eines Unternehmens einer multinationalen Unternehmensgruppe genutzt werden, welches ausschließlich und erkennbar Produkte der multinationalen Unternehmensgruppe vertreibt. Ein Ausgleich von Vor- und Nachteilen bei gesonderter Inrechnungstellung von Lieferungen und Leistungen einerseits und für derartige Nutzungsüberlassungen andererseits ist anzuerkennen.

3.51 Ein Entgelt wird von einem ordentlichen Geschäftsleiter nur bis zu der Höhe gezahlt, bei der für ihn ein angemessener Betriebsgewinn aus der Nutzung des immateriellen Werts verbleibt.

3.52 Die in Tz. 6.186 bis 6.195 der Anlage 1 vorgenommene Differenzierung von immateriellen Werten in schwer zu bewertende immaterielle Werte und andere immaterielle Werte ist unbeachtlich, da § 1a AStG eine eigenstände Preisanpassungsklausel normiert.

F.2 DEMPE-Funktionen

3.53 Grundsätzlich erfolgt die Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Werten nach den übernommenen Funktionen und Risiken und deren Kontrolle und folgt damit nicht alleine dem Eigentum oder der Inhaberschaft. Es ist daher auf die Wertschöpfungsbeiträge, die aus der Ausübung von sog. DEMPE-Funktionen resultieren, abzustellen. Für diese beschreibende Betrachtung ist eine eigene Funktions- und Risikoanalyse erforderlich. Maßgebend ist, welche Gesellschaften in Bezug auf die Entwicklung (development), Verbesserung (enhancement), Erhaltung (maintenance), den Schutz (protection) und die Verwertung (exploitation) immaterieller Werte die maßgeblichen (Personal-)Funktionen ausüben, die personellen und finanziellen Kapazitäten zur Übernahme und Kontrolle der damit verbundenen Risiken haben und in welchem Umfang sie wertvolle immaterielle Werte einsetzen (Tz. 6.32 der Anlage 1). Dies führt dazu, dass der Inhaber oder Eigentümer eines immateriellen Werts nicht zwingend berechtigt ist, die Erträge aus einem immateriellen Wert abschließend zu vereinnahmen. Übernehmen andere Unternehmen DEMPE-Funktionen im Hinblick auf den immateriellen Wert, steht diesen ein fremdüblicher Anteil an den aus dem immateriellen Wert erzielten Erträgen zu (vgl. zur funktionsorientierten Vergütung auch , BStBl 2001 II S. 140). Eine bestimmte Verrechnungspreismethode ist damit nicht verbunden. Es ist stets die am besten geeignete Verrechnungspreismethode anzuwenden.

3.54 Die allgemeinen Bestimmungen über die Zurechnung von Vermögenswerten und Einkünften sowie über die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage (zum Beispiel §§ 39 bis 42 AO) bleiben hiervon unberührt.

F.3 Nutzung von Unternehmenskennzeichen und Marken

3.55 Die bloße Nutzung eines Unternehmenskennzeichens innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe ohne die Überlassung von Markenrechten oder anderen immateriellen Werten ist grundsätzlich nicht entgeltfähig. Dies gilt nicht, wenn sich allein aus der Nutzung von Unternehmenskennzeichen wirtschaftliche Vorteile ergeben und Dritte von dieser Nutzung ausgeschlossen werden können.

3.56 Die Nutzung eines Markenrechts innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe ist zu entgelten, wenn sich aus der Nutzung des Markenrechts wirtschaftliche Vorteile ergeben und Dritte von dieser Nutzung nach einer für ein geographisches Gebiet, in dem die Nutzung erfolgt, geltenden Rechtsordnung ausgeschlossen werden könnten.

3.57 Auch in den Fällen, in denen die Marke mit dem Unternehmenskennzeichen identisch oder nach wirtschaftlichen Aspekten untrennbar verbunden ist, kann die Nutzung des Markenrechts unter den genannten Voraussetzungen dem Grunde nach entgeltfähig sein.

Beispiel:

Die A-GmbH (ansässig im Inland) räumt der Konzerngesellschaft B-SARL (ansässig in Frankreich) ein Nutzungsrecht an der Marke A ein, sodass die B-SARL dieses auf dem französischen Markt nutzen darf.

Variante 1: Der Markenrechtsschutz für die Marke A gilt nur in Deutschland. Dem Grunde nach ist die Einräumung des Nutzungsrechts schon nicht entgeltfähig, da die B-SARL die Marke auf dem französischen Markt auch frei nutzen könnte.

Variante 2: Der Markenrechtsschutz für die Marke A gilt auch in Frankreich. Dem Grunde nach ist die Einräumung des Nutzungsrechts entgeltfähig, da die B-SARL die Marke auf dem französischen Markt nicht frei nutzen dürfte. Die A-GmbH könnte die B-SARL von der Nutzung ausschließen.

Variante 3: Wie Variante 2, allerdings folgt aus der Nutzung der Marke A auf dem französischen Markt kein wirtschaftlicher Vorteil für die B-SARL, da die Marke in Frankreich gänzlich unbekannt ist. Die B-SARL muss die Marke erst noch mittels Marketingmaßnahmen bekannt machen. Damit vermag die Nutzungsüberlassung dem Grunde nach entgeltfähig sein, sie ist aber nicht werthaltig.

3.58 Beim Vertrieb von Markenerzeugnissen ist die Benutzung von Marken und Unternehmenskennzeichen regelmäßig nicht separat zu vergüten, da der wirtschaftliche Vorteil hieraus bereits im Abgabepreis für diese Erzeugnisse berücksichtigt wurde.

3.59 Die Höhe einer etwaigen Lizenzgebühr bemisst sich im Regelfall nach dem hypothetischen Fremdvergleich.

3.60 Der Ansatz eines Schadensersatzanspruchs für eine ggf. vorliegende Rechtsverletzung genügt dem Fremdvergleichsgrundsatz im Regelfall nicht, da

  1. sonst ignoriert würde, dass die Nutzungsmöglichkeit im Regelfall vom Berechtigten ermöglicht wird, und

  2. sonst lediglich eine einseitige Betrachtung vorgenommen und ein Preisbildungsprozess nicht abgebildet würde.

3.61 Als Ausgangspunkt der vorzunehmenden Einzelfallprüfung können die vom Bundesgerichtshof (vgl. , GRUR 2010, S. 239) anerkannten Grundsätze der Lizenzanalogie dienen. Etwaige Verletzerzuschläge sind herauszurechnen.

G. Warenlieferungen und Dienstleistungen

G.1 Warenlieferungen

3.62 Werden im Zusammenhang mit der Lieferung von Gütern oder Waren Finanzierungsleistungen (zum Beispiel nicht handelsübliche Zahlungsziele, Kundenfinanzierung), Beistellungen oder Nebenleistungen vereinbart, hat der Fremdvergleichspreis dies zu berücksichtigen. Soweit über diese Leistungen gesonderte Verträge abgeschlossen werden, kann ein Vorteilsausgleich zulässig sein.

3.63 Sind Güter oder Waren unter Nutzung eines immateriellen Werts (zum Beispiel eines gewerblichen Schutzrechts, eines Geschmacksmusterrechts, eines Urheberrechts, einer nicht geschützten Erfindung oder einer sonstigen die Technik bereichernden Leistung, eines Sortenschutzrechts, eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses oder eines ähnlichen Rechts oder Wertes) hergestellt worden, liegt in deren Erwerb und dem anschließenden Gebrauch oder Verbrauch durch den Erwerber regelmäßig keine entgeltfähige und entgeltpflichtige Nutzung des immateriellen Werts.

G.2 Dienstleistungen
G.2.1 Grundsatz

3.64 Für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei Dienstleistungen zwischen einander nahestehenden Personen sind die Grundsätze des Kapitels VII der Anlage 1 anzuwenden.

3.65 Eine Dienstleistung ist nur dann entgeltfähig (Tz. 7.6 bis 7.8 der Anlage 1), wenn

  1. ein unabhängiger Dritter als Leistender dazu bereit wäre, diese Dienstleistung gegen Entgelt zu erbringen, und ein unabhängiger Dritter bereit wäre, eine Vergütung für diese Dienstleistung zu entrichten, oder

  2. ein unabhängiger Dritter im eigenen Unternehmen die Dienstleistung als Eigenleistung erbringen würde.

3.66 Die Vermittlung einer Dienstleistung stellt eine eigenständige Dienstleistung dar. Es sind nur die Kosten der Vermittlungstätigkeit zu berücksichtigen. Die Kosten der vermittelten Dienstleistung bleiben unberücksichtigt.

3.67 Die Leistungen müssen tatsächlich erbracht und benötigt worden sein. Das bloße Angebot in einer multinationalen Unternehmensgruppe genügt nicht. Es ist nicht zu beanstanden, wenn bei schwankendem Leistungsfluss Durchschnittsentgelte verrechnet werden, die der tatsächlichen Abnahme innerhalb eines mehrjährigen Zeitraumes entsprechen.

3.68 Die Vergütungsfähigkeit von Dienstleistungen auf Abruf ist nur dann gegeben, wenn auch ein unabhängiger Dritter für die Möglichkeit einer Verfügbarkeit im Bedarfsfall ein Entgelt zu entrichten bereit gewesen wäre (Optionswert). Ein unabhängiger Dritter würde eine Vergütung für auf Abruf zur Verfügung stehende Dienstleistungen grundsätzlich nicht entrichten, wenn

  1. die Wahrscheinlichkeit, dass die Dienstleistung benötigt wird, gering ist,

  2. der Vorteil von auf Abruf zur Verfügung stehenden Dienstleistungen unerheblich ist oder

  3. die fraglichen Dienstleistungen zeitnah aus anderen Quellen bezogen werden könnten und die Vergütungen hierfür in der Summe geringer wären als die für den Abruf.

3.69 Gesellschafteraufwand ist nicht entgeltfähig. Gesellschafteraufwand ist der durch die Tätigkeit oder Leistung eines Unternehmens der multinationalen Unternehmensgruppe veranlasste Aufwand, der aufgrund der Stellung oder der Pflichten einer kapital- oder vermögensmäßigen Beteiligung verursacht ist, Tz. 7.9 der Anlage 1. Insbesondere sind dies Tätigkeiten oder Leistungen

  1. des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder vergleichbarer ausländischer Leitungs- oder Kontrollgremien;

  2. im Zusammenhang mit Gesellschafterversammlungen, der Ausgabe von Anteilen am Kapital und der Börsennotierung des Gesellschafters;

  3. im Zusammenhang mit der rechtlichen Organisation der multinationalen Unternehmensgruppe als solcher;

  4. im Zusammenhang mit dem Schutz und der Verwaltung der Beteiligungen einschließlich Führungs- und Kontrolltätigkeiten;

  5. im Zusammenhang mit der Unternehmensgruppenführung.

3.70 Eine Dienstleistung, die ein Unternehmen im Interesse des Gesellschafters erbringt, ist vom Gesellschafter gegenüber dem Leistungserbringer fremdüblich zu vergüten.

3.71 Vorteile, die sich aus der Zugehörigkeit zur multinationalen Unternehmensgruppe und ohne aktives Zutun ergeben, wie etwa ein Rückhalt in der multinationalen Unternehmensgruppe, sind nicht vergütungsfähig.

3.72 Für die Bestimmung von Fremdvergleichspreisen von Dienstleistungen ist grundsätzlich die Kostenaufschlagsmethode unter Einbezug aller hierfür notwendigen direkten und indirekten Kosten anzuwenden, wenn die Anwendung der Preisvergleichsmethode nicht die geeignetste Methode ist. Dies gilt grundsätzlich auch für Finanzierungsdienstleistungen und Versicherungs- und Rückversicherungsdienstleistungen.

3.73 Stehen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Warenlieferungen, können sie nicht gesondert verrechnet werden, wenn sie üblicherweise zwischen Dritten durch den Warenpreis abgegolten sind (zum Beispiel Garantie-, Wartungs- oder branchenübliche Kulanzleistungen).

G.2.2 Routinedienstleistungen mit geringer Wertschöpfung

3.74 Für eine entgeltfähige Routinedienstleistung mit geringer Wertschöpfung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe ist der Fremdvergleichspreis grundsätzlich nach der Kostenaufschlagsmethode zu bestimmen. Ein Kostenaufschlag in Höhe von fünf Prozent kann im Regelfall als fremdüblich angesehen werden, wenn dies in der multinationalen Unternehmensgruppe nachweislich einheitlich tatsächlich umgesetzt wird (Tz. 7.61 der Anlage 1).

3.75 Eine Routinedienstleistung mit geringer Wertschöpfung (Tz. 7.45 der Anlage 1) ist eine Dienstleistung, die von einem oder mehreren Mitgliedern einer multinationalen Unternehmensgruppe im Auftrag eines oder mehrerer anderer Gruppenmitglieder ausgeübt wird, und

  1. die einen unterstützenden Charakter aufweist,

  2. die nicht Gegenstand der Haupttätigkeit der multinationalen Unternehmensgruppe im Außenverhältnis zu Dritten ist,

  3. zu deren Erbringung weder einzigartige noch wertvolle immaterielle Werte verwendet oder geschaffen werden,

  4. die für den Leistenden weder mit der Übernahme oder der Kontrolle wesentlicher Risiken verbunden ist noch die Entstehung wesentlicher Risiken zur Folge hat.

3.76 Routinedienstleistungen mit geringer Wertschöpfung können demzufolge beispielsweise Dienstleistungen im Bereich des Rechnungswesens (u. a. Buchhaltung) oder der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen (zum Beispiel der Erstellung von Steuererklärungen) sowie Aufgaben des Personalwesens (u. a. Personaleinstellung) sein (Tz. 7.49 der Anlage 1).

3.77 Keine Routinedienstleistung mit geringer Wertschöpfung sind insbesondere folgende Tätigkeiten (Tz. 7.47 der Anlage 1):

  1. Forschung und Entwicklung,

  2. Herstellung und Produktion,

  3. Verkauf, Marketing und Vertrieb.

G.2.3 Konzernumlagen

3.78 Bei Konzernumlagen gelten die bisher in diesem Kapitel dargelegten allgemeinen Grundsätze zu Dienstleistungen. Werden durch ein Unternehmen einer multinationalen Unternehmensgruppe zentral wahrgenommene Lenkungs- und Verwaltungsaufgaben für andere gruppeninterne Unternehmen erbracht, kann die Zuordnung der in diesem Zusammenhang entstandenen Einzel- und Gemeinkosten (zum Beispiel allgemeine Konzernverwaltung, zentrales Finanzmanagement) gegenüber den die Leistungen empfangenden Unternehmen anhand eines sachgerechten Verteilungsschlüssels (indirekte Abrechnung, Konzernumlage) anerkannt werden, wenn eine direkte Zuordnung den beteiligten Unternehmen nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich gewesen wäre (Tz. 7.24 der Anlage 1). Ein sachgerechter Verteilungsschlüssel kann in Abhängigkeit von der jeweiligen Aufgabe beispielsweise der Umsatz, die Anzahl der Mitarbeiter oder die Anzahl der Computerarbeitsplätze sein (Tz. 7.25 der Anlage 1). Um der Finanzbehörde eine Beurteilung der Sachgerechtigkeit der Konzernumlage und des Umlageschlüssels zu ermöglichen, sind insbesondere der Umfang der tatsächlich im Interesse des jeweiligen Empfängers erbrachten Dienstleistungen sowie die Angemessenheit der hierfür dem Steuerpflichtigen oder von dem Steuerpflichtigen in Rechnung gestellten Verrechnungspreise vom Steuerpflichtigen im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten darzulegen.

3.79 Die Berechnung hat auf Istkostenbasis zu erfolgen. Sollte zunächst eine Berechnung auf Plankostenbasis vorgenommen worden sein, ist spätestens zum Jahresende ein Abgleich mit den Istkosten und eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen.

G.3 Arbeitnehmerentsendungen

3.80 Auf das BMF-Schreiben betreffend „Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen in Fällen der Arbeitnehmerentsendung“ vom (BStBl 2001 I S. 796) wird verwiesen.

H. Kostenumlagen

3.81 Für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen nahestehenden Personen sind die Grundsätze des Kapitels VIII der Anlage 1 anzuwenden.

3.82 Wirken mehrere Unternehmen einer multinationalen Unternehmensgruppe im gemeinsamen Interesse zusammen, übernehmen gemeinsam Risiken und leisten Beiträge,

  1. um Vermögenswerte gemeinsam zu entwickeln (Entwicklungskostenumlage) oder

  2. um Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen (Dienstleistungskostenumlage),

sind die Beiträge zu Fremdvergleichspreisen zu bewerten und von den Unternehmen anhand der jeweils zu erwartenden Vorteile zu vergüten (Tz. 8.12 und 8.13 der Anlage 1). Kapitel I der Anlage 1 ist daher auch für die Bewertung der jeweiligen Beiträge anzuwenden (Tz. 8.4 der Anlage 1). Rein kostenbasierte Bewertungen der Beiträge sind grundsätzlich nicht fremdüblich.

3.83 Auf die möglichen Ausnahmen hiervon, die in Tz. 8.27 und 8.28 der Anlage 1 beschrieben werden, wird besonders hingewiesen. Die Voraussetzungen hierfür können insbesondere dann vorliegen, wenn

  1. die Kosten-Wert-Differenz marginal ist (etwa bei der Erbringung von Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung),

  2. der administrative Aufwand erheblich wäre, oder

  3. die Werte der Beiträge betragsmäßig korrespondieren und damit ausgewogen sind.

3.84 Als Teilnehmer einer Entwicklungskostenumlage kann nur anerkannt werden, wer

  1. über eine berechtigte Erwartung verfügt, einen Vorteil aus der Entwicklungskostenumlage zu erzielen (Tz. 8.14 der Anlage 1), und

  2. die Möglichkeit besitzt, die Risiken, die mit einer solchen Entwicklungskostenumlage für ihn verbunden sind, zu kontrollieren (Tz. 8.15 der Anlage 1).

3.85 Beenden Unternehmen die Entwicklungskostenumlage, steht diesen jeweils ein fremdüblicher Anteil an den Ergebnissen der Tätigkeit zu (Tz. 8.49 der Anlage 1). Dies gilt entsprechend, wenn ein Unternehmen aus der Entwicklungskostenumlage austritt (Tz. 8.46 der Anlage 1). Beteiligt sich ein Unternehmen an einer schon bestehenden Entwicklungskostenumlage, hat dieses ein fremdübliches Entgelt für die Beteiligung an den bisher entwickelten Vermögenswerten an die übrigen Teilnehmer der Entwicklungskostenumlage zu entrichten (Tz. 8.44 der Anlage 1). Es kann auch dem Fremdvergleich entsprechen, signifikante Veränderungen bei der Zuordnung der Vorteile nach dem gleichen Prinzip auszugleichen.

3.86 Die Umlageverträge sollten regelmäßig auf mögliche notwendige Anpassungen der Umlageschlüssel hin überprüft werden (Tz. 8.22 der Anlage 1).

I. Funktionsverlagerung

I.1 Grundsätze

3.87 Für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bezüglich einer Funktionsverlagerung sind ergänzend die Grundsätze der Kapitel I, VI und insbesondere IX der Anlage 1 in Übereinstimmung mit § 1 Absatz 3 Satz 7 und Absatz 3b, § 1a AStG und den Regelungen der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) anzuwenden.

I.2 Begriffsbestimmung der Funktion

3.88 Funktionen i. S. d. § 1 Absatz 1 FVerlV sind Ausdruck der Aufgabenteilung innerhalb eines Unternehmens. Eine Funktion ist ein organischer Teil eines Unternehmens, wenn sie sich entweder beim verlagernden oder beim übernehmenden Unternehmen als eine zweckgerichtete, abgrenzbare Tätigkeit unter Nutzung von bestimmten Wirtschaftsgütern, immateriellen Werten oder sonstigen Vorteilen zur Erwirtschaftung von Ergebnisbeiträgen darstellt. Es ist ausreichend, dass die betroffenen Teilaufgaben einen inneren wirtschaftlichen und organisatorischen Zusammenhang erkennen lassen und somit für die fragliche Geschäftstätigkeit im Falle der Verlagerung für die beteiligten Unternehmen konkrete Zahlungsflüsse bzw. sachgerecht abgrenzbare Gewinnauswirkungen festgestellt werden können. Dies gilt auch bei Geschäftstätigkeiten innerhalb einer Unternehmensgruppe.

3.89 Als Funktionen kommen beispielsweise in Betracht: Geschäftstätigkeiten, die aus Geschäftsleitung, Forschung und Entwicklung, Materialbeschaffung, Lagerhaltung, Produktion, Verpackung, Vertrieb, Montage, Bearbeitung oder Veredelung von Produkten, Qualitätskontrolle, Finanzierung, Transport, Organisation, Verwaltung, Marketing oder Kundendienst bestehen. Auch die Ausübung der Kontrolle von Risiken sowie DEMPE-Funktionen (vgl. dazu bereits Rn. 3.53) stellen Funktionen i. S. d. § 1 Absatz 3b AStG dar.

3.90 Zur eindeutigen Abgrenzung einer Funktion von der übrigen Geschäftstätigkeit ist es in Verlagerungsfällen notwendig, die betreffende Funktion anhand der verwendeten Wirtschaftsgüter und insbesondere der immateriellen Werte sowie der sonstigen Vorteile und der mit der bestimmten Geschäftstätigkeit konkret verbundenen Chancen und Risiken tätigkeitsbezogen und objektbezogen zu definieren. Dieses Verständnis liegt § 1 Absatz 2 Satz 1 FVerlV für die Verlagerung von Funktionen und §§ 2 und 3 Absatz 1 FVerlV für deren Bewertung zugrunde. Eine Funktion kann insoweit z. B. die Produktion eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Produktgruppe, der Vertrieb eines bestimmten Produkts, einer bestimmten Produktgruppe oder eine bestimmte Geschäftstätigkeit für eine bestimmte Region sein.

I.3 Verlagerung einer Funktion

3.91 Funktionsverlagerungen setzen eine Funktionseinschränkung bis hin zur Funktionseinstellung beim verlagernden Unternehmen voraus. Auch die Abschmelzung von Funktionen und Risiken von einem Unternehmen mit hohem Funktions- und Risikoprofil auf ein Unternehmen mit niedrigem Funktions- und Risikoprofil gehört dazu. Auf Kapitel IX Abschnitt B.1.1. der Anlage 1 wird verwiesen. Typische Beispiele sind insbesondere:

  • Umstellung eines Eigenproduzenten zum Lohnfertiger

  • Umstellung eines Eigenhändlers zum Kommissionär

  • Umstellung eines Eigenforschers/-entwicklers zum Auftragsforscher/-entwickler

3.92 Maßgebend für die Beurteilung einer Funktionsverlagerung sind die Ergebnisse der Funktions- und Risikoanalysen vor und nach der Umstrukturierung und die sich hieraus ergebenden Veränderungen (Kapitel IX Abschnitt B der Anlage 1).

3.93 Für die Beurteilung, ob das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausüben kann, kommt es nicht darauf an, ob das übernehmende Unternehmen die Funktion auch in gleicher Weise wie das verlagernde Unternehmen ausübt. Eine Funktionsverlagerung liegt nach § 1 Absatz 2 FVerlV auch vor, wenn das übernehmende Unternehmen eine vergleichbare Funktion bereits vorher ausgeübt hat und diese durch die Übernahme der Funktion vom verlagernden Unternehmen ausweiten kann.

Beispiel:

Das in Deutschland ansässige Unternehmen (X) produziert und vertreibt ein Produkt in den Varianten A, B und C für den inländischen Markt und für ausländische Märkte, einschließlich des ausländischen Staates Y. Der weltweite Vertrieb aller Produkte von X wird von dessen Vertriebsabteilung ausgeübt. Das Unternehmen Y, eine Tochter von X, produziert und vertreibt in Staat Y das Produkt von X in den lokalen Varianten D und E. Außerdem vertreibt Y auch die Varianten A, B und C, die es von X bezieht, im lokalen Markt. X stellt im Wirtschaftsjahr 01 den eigenen Vertrieb der Variante A nach Staat Y ein. Dieser wird künftig von Y organisiert. Im Wirtschaftsjahr 03 übernimmt Y auch die Produktion der Variante A für den lokalen Markt Y. Sowohl die im Wirtschaftsjahr 01 verwirklichte Verlagerung des Vertriebs der Variante A im Staat Y als auch die im Wirtschaftsjahr 03 verwirklichte Verlagerung der Produktion der Variante A stellen jeweils eine Funktionsverlagerung dar. Es kommt nicht darauf an, dass Y zuvor bereits vergleichbare Funktionen ausgeübt hat. Unerheblich ist auch, ob die Y die übernommene Produktionsfunktion mit eigenen Maschinen, eigenem Produktions-Know-how etc. ausführt oder solche Wirtschaftsgüter in dem Transferpaket enthalten sind. Falls derartige Wirtschaftsgüter mit der Produktionsfunktion übertragen worden sein sollten, würden sie zu der Funktion als Ganzes im Sinne des § 1 Absatz 3b Satz 1 AStG, also zum Transferpaket, gehören.

3.94 Wird Personal des verlagernden Unternehmens im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Funktionsverlagerung für das übernehmende Unternehmen tätig, ist im Regelfall davon auszugehen, dass es im Auftrag des verlagernden Unternehmens Dienstleistungen erbringt. Derartige Dienstleistungen und die damit verbundenen Vorteile für das übernehmende Unternehmen sind Teil des Transferpakets. Zu den Vorteilen können z. B. gehören: Kenntnisse des Produkt- oder Prozess-Know-hows, Kenntnisse über Forschungsprojekte, Kenntnisse über die Betriebsorganisation, persönliche Netzwerkbeziehungen zu anderen Konzernunternehmen, Markt- oder Branchenkenntnisse oder personengebundene Aufträge im Beratungsgeschäft.

3.95 Die Verwendung von Personal im Konzern stellt als solche regelmäßig noch keine Funktionsverlagerung dar. Eine Funktionsverlagerung kann in Personalentsendungsfällen aber z. B. dann vorliegen, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und im aufnehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt. Dies führt in der Regel zu einer Einschränkung der Geschäftstätigkeit des entsendenden Unternehmens, es werden Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen bzw. es gehen Chancen und Risiken über. In solchen Fällen gelten vorrangig die Regelungen zur Funktionsverlagerung.

3.96 Der Vorgang einer Funktionsverlagerung kann sich über mehrere Wirtschaftsjahre erstrecken. Nach § 1 Absatz 2 Satz 3 FVerlV sind Geschäftsvorfälle zusammenzufassen, die innerhalb von fünf Wirtschaftsjahren verwirklicht werden und sich wirtschaftlich als Bestandteile eines einheitlichen Verlagerungsvorgangs darstellen. Soweit nachträglich festgestellt wird, dass eine Funktionsverlagerung vorliegt, ist diese zu dem Zeitpunkt verwirklicht, zu dem die Tatbestandsvoraussetzungen durch ihre gemeinsame Verwirklichung wirtschaftlich erfüllt sind, d. h. der Tatbestand vollendet ist. Für die Annahme eines einheitlichen, sich über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckenden Verlagerungsvorgangs ist auf objektive Kriterien abzustellen, nicht auf die Absicht in den beteiligten Unternehmen.

Beispiel:

Das inländische Unternehmen P ist Hersteller von bestimmten Bauteilen. Im November 01 entscheidet die Geschäftsführung, dass für den asiatischen Markt vor Ort ein neuer Produktionsstandort für eine bestimmte Produktreihe errichtet werden soll, die bisher ausschließlich im Inland produziert wurde. Es ist beabsichtigt, dem neuen ausländischen Tochterunternehmen T die erforderlichen immateriellen Werte zur Nutzung zu überlassen. Im Januar 02 werden verschiedene fremde Dritte beauftragt, Entscheidungsgrundlagen für die Standortwahl zu erarbeiten. Im Dezember 02 wird der Bauauftrag für das neue Werk der T erteilt. Die Produktion wird von T im Februar 04 aufgenommen, gleichzeitig stellt P die Produktion im Inland ein. Da sich die Funktionsverlagerung über mehrere Wirtschaftsjahre erstreckt, ist eine zusammenfassende Betrachtung notwendig. Das ergibt sich schon aus der Planung der P. Soweit einzelne Geschäftsvorfälle für sich betrachtet keine Funktionsverlagerung darstellen, führt die wirtschaftliche Verknüpfung zu einer einheitlichen Funktionsverlagerung, die im Wirtschaftsjahr 04 verwirklicht wurde.

3.97 In Fällen von Funktionsverlagerungen sind immaterielle Wirtschaftsgüter wesentlich i. S. d. § 1 Absatz 3 FVerlV, wenn sie für die verlagerte Funktion erforderlich sind (qualitativer Maßstab) und ihr Fremdvergleichspreis insgesamt mehr als 25 Prozent der Summe der Einzelpreise aller Wirtschaftsgüter des Transferpakets beträgt (quantitativer Maßstab). Für die Bestimmung, ob der quantitative Maßstab erfüllt ist, sind die Bestandteile des Transferpakets (ggf. einschließlich der geschäftswertbildenden Faktoren) unabhängig von deren Ausweis als Wirtschaftsgut zu berücksichtigen. Ist ein sonstiger Vorteil Bestandteil des Transferpakets, kommt die Anwendung von § 1 Absatz 3b Satz 2 AStG nicht in Betracht.

3.98 Erbringt ein übernehmendes Unternehmen die bisher ausschließlich gegenüber dem verlagernden Unternehmen erbrachten Routineleistungen in Zukunft auch als eigenständiger Vertragspartner, ganz oder teilweise, gegenüber anderen Unternehmen, sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

  • Das übernehmende Unternehmen nutzt für seine Leistungen keine vom verlagernden Unternehmen beigestellten immateriellen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile. Indiz dafür ist, dass die von fremden Dritten gezahlte Vergütung dem entspricht, was bisher vom verlagernden Unternehmen für die erbrachten Leistungen vergütet worden ist. Die Regelungen zu Funktionsverlagerungen sind nicht anzuwenden.

  • Das übernehmende Unternehmen erzielt gegenüber den anderen Unternehmen Preise, die höher sind als das Entgelt, das bisher vom verlagernden Unternehmen für die erbrachten Leistungen vergütet worden ist, bzw. die Preise wären entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz höher anzusetzen (§ 1 Absatz 4 FVerlV). Zum Zeitpunkt der erstmaligen Erbringung gegenüber den anderen Unternehmen ist im Hinblick auf die Umsätze mit diesen Unternehmen für bisher unentgeltlich vom verlagernden Unternehmen für die Leistungserbringung zur Verfügung gestellte Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile ein Entgelt zu verrechnen. Die betreffenden Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile gelten als ein Transferpaket, soweit hierfür im Einzelfall die Voraussetzungen gegeben sind, z. B. wenn ein bisheriger Lohnfertiger zum Eigenfertiger wird.

3.99 Wenn innerhalb von fünf Jahren nach der Aufnahme einer Funktion durch das übernehmende Unternehmen keine entsprechende Einschränkung beim verlagernden Unternehmen festzustellen ist, liegt keine Funktionsverlagerung, sondern i. S. d. § 1 Absatz 5 Satz 1 FVerlV eine Funktionsverdoppelung vor. Eine Funktionsverdoppelung liegt z. B. vor, wenn trotz Aufnahme einer Produktion im Ausland die bisherige Produktions- und Vertriebstätigkeit des inländischen Unternehmens unverändert ausgeübt wird. Eine Funktionsverlagerung liegt dagegen vor, wenn im Ausland die Vertriebsfunktion neu aufgenommen wird und dadurch die Vertriebsfunktion des verlagernden Unternehmens eingeschränkt wird (Indikator: Umsatz), z. B. weil das übernehmende Unternehmen bisherige Kunden des verlagernden Unternehmens beliefert. Die Frage, ob eine Funktion eingestellt oder eingeschränkt wird, bezieht sich auf den mit der konkreten Funktion erzielten Umsatz und erfasst auch Fälle der Substitution einer Funktion durch eine andere. Nach § 1 Absatz 5 Satz 2 FVerlV liegt keine Funktionsverlagerung vor, wenn die Einschränkung nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Funktionsverdoppelung steht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Einschränkung auf höhere Gewalt (etwa einen Brand in einer Produktionsstätte) zurückgeht.

Beispiel a (Funktionseinstellung ohne Substitution):

Ein Produkt A, das bisher ausschließlich von der inländischen Konzernmuttergesellschaft (M) hergestellt und vertrieben wurde, wird zukünftig nur noch von ihrer ausländischen Tochtergesellschaft (T) hergestellt und vertrieben. Die materiellen und die immateriellen Wirtschaftsgüter werden auf T übertragen. Die Herstellung und der Vertrieb des Produkts A stellen Funktionen dar. Die Ausübung dieser Funktionen stellt M im Rahmen des Vorganges ein.

Beispiel b (Funktionseinstellung mit Substitution):

Wie Beispiel a, aber die Muttergesellschaft (M) produziert und vertreibt in Zukunft das von ihr entwickelte Nachfolgeprodukt B, das im Wesentlichen auf anderen immateriellen Werten beruht. Sie erzielt damit bei unverändertem Personaleinsatz einen höheren Umsatz als mit dem Vorgängerprodukt A. Eine Funktionseinstellung liegt vor, da die konkreten Funktionen „Produktion und Vertrieb von Produkt A” im Inland entfallen. M erzielt aus diesen Funktionen keinen Umsatz mehr. Bei der Produktion von Produkt A sowie der Produktion von Produkt B handelt es sich jeweils um verschiedene Funktionen, da im Wesentlichen andere immaterielle Werte eingesetzt werden. Unerheblich ist, dass M keinen Personalabbau vornimmt und mit Produkt B sogar einen höheren Umsatz erzielt.

Beispiel c (Funktionseinschränkung):

Wie Beispiel a, aber das Produkt A wird zukünftig sowohl von M im Inland als auch von T im Ausland selbständig hergestellt und sowohl von M als auch von T an bisherige Kunden von M vertrieben. Für M führt dies zu einem Produktionsrückgang und zu entsprechenden Umsatzeinbußen. Insofern erfolgt eine Einschränkung der Funktionen, da die Ausübung der Funktionen Produktion und Vertrieb von Produkt A durch M aufgrund des Vorgangs reduziert wird.

3.100 Für sämtliche zum Zweck der Funktionsverdoppelung übertragenen oder zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter, immateriellen Werte oder sonstigen Vorteile und für alle in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen sind in Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes angemessene Verrechnungspreise anzusetzen.

I.4 Transferpaket und Wertermittlung

3.101 Für ein Transferpaket wird es grundsätzlich nicht möglich sein, uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte festzustellen. Deshalb wird in Fällen von Funktionsverlagerungen im Ergebnis regelmäßig der hypothetische Fremdvergleich nach § 1 Absatz 3 Satz 7 AStG anzuwenden sein. Für die Verrechnungspreisbestimmung in diesen Fällen ist insbesondere der zukünftig zu erwartende finanzielle Nutzen aus dem Transferpaket maßgebend, der sich aufgrund einer betriebswirtschaftlichen Bewertung nach einem kapitalwertorientierten Verfahren ergibt, das als Bewertungsstandard anerkannt und auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblich ist.

3.102 Im hypothetischen Fremdvergleich können Elemente eines tatsächlichen Fremdverhaltens zu berücksichtigen sein. Das gilt z. B., wenn ein internes Berechnungs- bzw. Kalkulationsschema in vergleichbaren Situationen von Steuerpflichtigen sowohl gegenüber nahestehenden Unternehmen als auch gegenüber fremden Dritten für Funktionsverlagerungen (bzw. für die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern, immateriellen Werten oder sonstigen Vorteilen) verwendet wird, etwa ein an den erwarteten Ertrag des Lizenznehmers anknüpfendes Lizenzsystem, das betriebswirtschaftlichen Grundsätzen genügt. Das bedeutet aber keineswegs, dass im hypothetischen Fremdvergleich Lizenzraten aus Datenbanken abgeleitet werden können.

3.103 Die bei der Ermittlung der finanziellen Überschüsse zu berücksichtigenden Steuern sind die voraussichtlich festzusetzenden oder tatsächlich festgesetzten und gezahlten und um einen ggf. bestehenden Ermäßigungsanspruch gekürzten Steuern vom Ertrag des jeweiligen Unternehmens. Auf den nominalen Steuersatz kommt es nicht an. Persönliche Ertragsteuern der Gesellschafter bleiben bei Kapitalgesellschaften unberücksichtigt. Bei Personenunternehmen kann auf die Berücksichtigung der persönlichen Ertragsteuern grundsätzlich nicht verzichtet werden. Typisierend können die anzusetzenden Steuern jedoch in Höhe der Ertragsteuern angesetzt werden, die entstanden wären, wenn statt Personenunternehmen Kapitalgesellschaften an der Funktionsverlagerung beteiligt gewesen wären. Eine (ggf. fiktive) Steuerbelastung auf Gewinnausschüttungen ist nicht zu berücksichtigen.

I.5 Bestandteile des Transferpakets

3.104 Im Rahmen einer Funktionsverlagerung werden häufig gesonderte Verträge für die Übertragung von Wirtschaftsgütern (Verkauf), für die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern (z. B. Miete, Lizenzierung) und für die Erbringung von Dienstleistungen (z. B. Personalüberlassung) vorliegen oder entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz anzunehmen sein (§ 1 Absatz 4 Satz 2 AStG). Übersteigt der Wert des Transferpakets nach § 2 FVerlV (Wert des Transferpakets als Ganzem) die Summe der Einzelverrechnungspreise, ist nach § 1 AStG eine Korrektur auf den Wert des Transferpakets vorzunehmen.

3.105 In den in § 3 Absatz 2 FVerlV genannten Fällen sind die Verrechnungspreise für die zuletzt verwirklichten Geschäftsvorfälle dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend so anzusetzen, dass sie zusammen mit den zuerst verwirklichten Geschäftsvorfällen in der Summe dem Wert des Transferpakets (§ 2 FVerlV) entsprechen. Dadurch können Änderungen der Verrechnungspreise für die zuerst verwirklichten Geschäftsvorfälle und damit internationale Doppelbesteuerungskonflikte vermieden werden.

I.6 Kapitalisierungszinssatz und Kapitalisierungszeitraum (§§ 4 und 5 FVerlV)

3.106 Der angemessene Kapitalisierungszins stellt die Rendite einer zum Bewertungsobjekt hinsichtlich Laufzeit, Risiko und Besteuerung äquivalenten Alternativanlage dar. Je nach Wahl des konkreten Bewertungsverfahrens ist dabei die Eigenkapitalrendite oder die Rendite aus Eigen- und Fremdkapital zu berücksichtigen. Zur Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ist auf die Risikozuschlagmethode abzustellen. Im Rahmen dieser Methode wird der Kapitalisierungszinssatz in seine Komponenten Basiszinssatz und Risikozuschlag aufgeteilt. Der Risikozuschlag ergibt sich als Produkt aus Marktrisikoprämie und Betafaktor. Für den Zeitraum einer ewigen Rente ist im Kapitalisierungszinssatz ein Wachstumsabschlag zu berücksichtigen.

3.107 In Fällen von Funktionsabschmelzungen werden die vertraglichen Beziehungen der im Inland verbleibenden Routinefunktionen regelmäßig neu vereinbart. Die insoweit abgeschlossenen Verträge enthalten oftmals Kündigungsklauseln mit oder ohne Anspruch auf Entschädigung für den Fall einer vertragsgemäßen Kündigung. Diese Regelungen sind entsprechend Kapitel IX Abschnitt F der Anlage 1 unter dem Gesichtspunkt der Fremdvergleichs zu prüfen.

3.108 In Fällen, in denen eine fremdübliche Kündigungsklausel vereinbart wurde, sind der Bewertung der Routinefunktion im Wege einer Szenario-Betrachtung Erwartungswerte zugrunde zu legen, die sowohl die finanziellen Überschüsse bei Fortführung der Funktion als auch die finanziellen Überschüsse im Fall der Kündigung des Routinevertrags (beispielsweise Schließungskosten oder Entschädigungszahlungen) in Höhe ihrer jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit berücksichtigen.

3.109 Sind bei der Ermittlung der Erwartung der finanziellen Überschüsse des übernehmenden Unternehmens eigene Aufwendungen für den Erhalt bzw. Ersatz immaterieller Werte berücksichtigt worden, spricht dies für einen längeren Nutzungs- und damit Kapitalisierungszeitraum der Funktion. Unabhängig davon, ob in den Erwartungen der finanziellen Überschüsse solche Aufwendungen berücksichtigt worden sind, kann es sachgerecht sein, für betroffene wesentliche immaterielle Werte innerhalb der Nutzungsdauer von sinkenden Erwartungen auszugehen. Sind in den Erwartungen der finanziellen Überschüsse des übernehmenden Unternehmens keine Aufwendungen für den Erhalt bzw. Ersatz immaterieller Werte enthalten, führt dies nicht zwingend zu einem kurzen Kapitalisierungszeitraum.

3.110 Sowohl für das verlagernde als auch für das übernehmende Unternehmen kann aus Vereinfachungsgründen typisierend von einem einheitlichen Kapitalisierungszeitraum ausgegangen werden.

I.7 Bestimmung des Einigungsbereichs

3.111 Beispiele zur Bestimmung des Einigungsbereichs sind in Anlage 3 dargestellt.

3.112 Für das verlagernde Unternehmen können die in der Vergangenheit aus der Funktion erzielten Ergebnisse erste Anhaltspunkte für die wegfallenden finanziellen Überschüsse sein (Vergangenheitsanalyse). Für den Mindestpreis des verlagernden Unternehmens kann es außerdem von Bedeutung sein, ob es zum Zeitpunkt der Funktionsverlagerung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen in der Lage war, die betreffende Funktion selbst in Zukunft uneingeschränkt auszuüben.

3.113 In Verlustfällen wird die Untergrenze des Einigungsbereichs des verlagernden Unternehmens durch die zu erwartenden Verluste und durch die Schließungskosten bestimmt. Auch ein unabhängiges Unternehmen stünde vor der Alternative, die Funktion entweder mit laufenden Verlusten fortzuführen oder sie einzustellen und die Schließungskosten hinzunehmen.

Beispiel 1:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -0,5 Millionen Euro, die Schließungskosten betragen 1,5 Millionen Euro. Sofern die Schließungskosten (-1,5 Millionen Euro) die zu erwartenden Verluste (-0,5 Millionen Euro) übersteigen, wird ein unabhängiges Unternehmen als Entgelt für die Übertragung der Funktion mindestens den übersteigenden Betrag (1 Million Euro) verlangen, da ihm insoweit durch die Funktionsverlagerung zusätzliche Kosten entstehen. Als Mindestpreis sind 1 Million Euro anzusetzen.

Beispiel 2:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -2,5 Millionen Euro, die Schließungskosten betragen 1,5 Millionen Euro. Sind die Schließungskosten (-1,5 Millionen Euro) niedriger als die zu erwartenden Verluste (-2,5 Millionen Euro), kann es für ein unabhängiges Unternehmen betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, diese Funktion einzustellen. Durch die Verlagerung der Funktion entstehen daher keine wirtschaftlichen Nachteile für das verlagernde Unternehmen. Der Mindestpreis ist mit 0 Euro anzusetzen. Ein unabhängiges Unternehmen würde gleichwohl versuchen, seine Kosten mit Hilfe der erzielbaren Erlöse für die Funktion zu mindern. Ein fremder Übernehmer kann durchaus bereit sein, ein Entgelt für das Transferpaket zu zahlen, sofern er aus der Übernahme der Funktion Gewinne erzielen kann.

Beispiel 3:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -2,5 Millionen Euro, die Schließungskosten aufgrund der Verlagerung betragen 1,25 Millionen Euro. Ohne Verlagerung der Funktion wären Schließungskosten von 1,75 Millionen Euro angefallen. Soweit durch die Funktionsverlagerung Schließungskosten oder zu erwartende laufende Verluste aus dieser Funktion für das verlagernde Unternehmen vermieden werden (hier: geringere Schließungskosten i. H. v. 0,5 Millionen Euro), ist dies bei der Ermittlung des Mindestpreises zu berücksichtigen. Der Mindestpreis beträgt deshalb -0,5 Millionen Euro.

Beispiel 4:

Der Barwert der Ergebnisse aus der verlagerten Funktion beträgt -1,5 Millionen Euro, die Schließungskosten aufgrund der Verlagerung 1,25 Millionen Euro. Ohne Verlagerung hätten die Schließungskosten 3 Millionen Euro betragen. Die Verlagerung (-1,25 Millionen Euro) ist die günstigere Handlungsalternative gegenüber der Weiterführung der verlustträchtigen Funktion (- 1,5 Millionen Euro). Die Schließung ohne Verlagerung (-3 Millionen Euro) wäre keine ernstliche Handlungsoption. Der Mindestpreis ist in Höhe der Ersparnis mit -0,25 Millionen Euro anzusetzen.

3.114 Für die Berechnung des Mindestpreises des verlagernden Unternehmens ist auch die zu erwartende Steuerbelastung hinsichtlich der Verlagerung der Funktion zu berücksichtigen (Steuerzuschlag, Tax Gross Up/Exit-Steuer, vgl. Tz. 9.56 i. V. m. Tz. 6.178 der Anlage 1).

3.115 In Fällen der Substitution eines technisch oder wirtschaftlich veralteten Produkts ist es nicht zu beanstanden, wenn unter folgenden, kumulativ vorliegenden Voraussetzungen für das verlagernde Unternehmen von einem Mindestpreis von Null ausgegangen wird:

  • Das Produkt wird wegen eines Nachfolgeprodukts auf den bisher hauptsächlich belieferten Märkten nicht mehr abgesetzt.

  • Die Verlagerung war erforderlich, um die Produktion eines direkten Nachfolgeprodukts mit höherer Gewinnerwartung im Inland aufnehmen zu können.

  • Die für die verlagerte Produktion notwendigen immateriellen Werte, einschließlich des Prozess-Know-hows, werden nicht veräußert, sondern lizenziert.

3.116 Ein Fall, in dem das verlagernde Unternehmen i. S. d. § 6 Absatz 2 FVerlV nicht mehr in der Lage ist, die Funktion mit eigenen Mitteln auszuüben, kann beispielsweise vorliegen, wenn ein Kunde die Verlagerung zwingend verlangt oder wenn wegen der räumlichen Entfernung zum Markt eine direkte Belieferung durch das verlagernde Unternehmen zukünftig nicht mehr sinnvoll ist. Der Liquidationswert i. S. d § 6 Absatz 2 FVerlV ist die Differenz aus dem Liquidationserlös der übertragenen Wirtschaftsgüter und immateriellen Werte abzüglich der damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden zu tilgenden Schulden und der Schließungskosten. Der Liquidationswert kann auch negativ sein.

3.117 Für die Berechnung des Höchstpreises des übernehmenden Unternehmens sind auch die steuerlichen Auswirkungen aus der Übernahme der verlagerten Funktion zu berücksichtigen (z. B. Abschreibungen auf erworbene Wirtschaftsgüter, Tax Amortisation Benefit, Tz. 9.56 i. V. m. Tz. 6.178 der Anlage 1).

3.118 Kommt es zu einem negativen Einigungsbereich, können die Gründe dafür in unzutreffenden Annahmen im Bewertungsmodell liegen. Zusätzlich wird auf Rn. 3.17 wird verwiesen.

I.8 Schadensersatz-, Entschädigungs- und Ausgleichsansprüche

3.119 Auf Tz. 9.79 der Anlage 1 wird verwiesen. Schadensersatz-, Entschädigungs- und Ausgleichsansprüche sind beispielsweise:

  • gesetzliche Ausgleichsansprüche des Handelsvertreters, Kommissionärs, Agenten oder Vertragshändlers aus § 89b HGB bzw. aus dessen analoger Anwendung,

  • vertraglich vereinbarter Schadensersatz, z. B. für nicht amortisierte Investitionen eines Vertragshändlers, die auf Veranlassung des Herstellers vorgenommen wurden,

  • vertraglich vereinbarter Schadensersatz, z. B. für entgangene Gewinne und für entstandene Schließungskosten (z. B. weiterlaufende Miete) bei vorzeitiger Vertragsauflösung,

  • Ansprüche aufgrund eines Verstoßes gegen ein Wettbewerbsverbot.

Daneben sind auch Ansprüche aus einem vertraglichen oder tatsächlichen Ausschluss von bestehenden Handlungsalternativen für eines der beteiligten Unternehmen – wie zwischen voneinander unabhängigen Dritten – denkbar. In diesen Fällen ist eine zweiseitige Betrachtung notwendig (Tz. 9.116 der Anlage 1).

I.9 Anwendung auf Betriebsstättenfälle (§ 8 FVerlV)

3.120 Die Regelungen zur Funktionsverlagerung sind auch auf Funktionsverlagerungen zwischen einer Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen oder zwischen Betriebsstätten eines Unternehmens anzuwenden. Auf den OECD-Betriebsstättenbericht 2010 wird hingewiesen. Die VWG BsGa ( BStBl 2017 I S. 182) bleiben unberührt.

J. Finanzierungsbeziehungen

J.1 Allgemein

3.121 Für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei Finanzierungsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen sind die Grundsätze des Kapitels X der Anlage 1 anzuwenden.

3.122 Wie auch bei anderen unternehmensgruppeninternen Geschäftsbeziehungen hat die sachgerechte Abgrenzung der Geschäftsvorfälle im Zusammenhang mit Finanzierungsaktivitäten auf Basis einer Funktions- und Risikoanalyse zu erfolgen.

3.123 Bei Finanzierungsleistungen ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob es sich steuerrechtlich um Fremdkapital handelt.

3.124 Damit ein Darlehensverhältnis und damit auch die diesbezüglichen Zinszahlungen als fremdüblich anerkannt werden können, muss die Finanzierung auch wirtschaftlich benötigt worden sein. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird kein Fremdkapital am Markt aufnehmen, wenn damit nicht wenigstens eine begründete Aussicht auf eine Rendite besteht, die die Finanzierungskosten deckt. Die Verwendung des Fremdkapitals soll im Einklang mit dem Unternehmenszweck stehen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird bemüht sein, das Kapital für den Zweck des Unternehmens einzusetzen und beispielsweise nicht als Anlage auf dem Tagesgeldkonto oder als Einlage in einen unternehmensgruppeninternen Cash Pool.

3.125 Stellt eine gruppenzugehörige Finanzierungsgesellschaft einem Steuerpflichtigen Kapital zur Verfügung und verfügt diese Finanzierungsgesellschaft nicht über die Fähigkeit und die Befugnis, das Risiko dieses Finanzierungsgeschäfts zu kontrollieren oder es zu tragen, steht ihr als Vergütung für die Hingabe des Kapitals nur eine risikolose Rendite zu (Tz. 1.100, 1.103, 1.108 bis 1.116, 10.25 der Anlage 1). Findet die Kostenaufschlagsmethode als am besten geeignete Methode Anwendung, ist das Entgelt auf der Grundlage der nachgewiesenen und direkt zurechenbaren Betriebskosten anzusetzen; Refinanzierungskosten sind grundsätzlich nicht in die Kostenbasis einzubeziehen. Daneben sind Refinanzierungskosten mit einer risikolosen Rendite zu berücksichtigen. Fallen die Ausreichung des Darlehens und die tatsächliche Kontrolle der damit verbundenen Funktionen oder Risiken auseinander, liegen ggf. weitere Transaktionen zwischen der Finanzierungsgesellschaft und der Gesellschaft, die die tatsächliche Kontrolle der mit der Ausreichung des Darlehens verbundenen Funktionen oder Risiken ausübt, vor (dies andeutend BFH, , I R 4/17 BStBl 2023 II S. 678). Ist letztere eine inländische Gesellschaft, ist zu prüfen, welche Vergütung dieser zuzuordnen ist. Auf die Dokumentationsverpflichtungen (§ 90 Absatz 3 AO, GAufzV, BStBl 2020 I S. 1325) und den Informationsaustausch im Rahmen der internationalen Verwaltungszusammenarbeit ( BStBl 2017 I S. 1228) wird hingewiesen.

3.126 Der Konzernrückhalt beschreibt lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der Unternehmensverflechtung. Der Konzernrückhalt stellt damit keine eigenständige rechtlich durchsetzbare Sicherheit dar und ist auch nicht stellvertretend hierfür heranzuziehen. Dem Konzernrückhalt kommt jedoch bei der Bemessung der subjektiven Ausfallwahrscheinlichkeit des Darlehensnehmers Bedeutung zu und er wirkt sich damit de facto auf dessen Bonität aus (, BStBl 2021 II S. 678). Je nach der wirtschaftlichen Stellung und Bedeutung des jeweiligen Darlehensnehmers innerhalb der Unternehmensgruppe – auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Darlehensgewährung – würde dieser für den Fall, dass er eine wirtschaftliche Schieflage erleidet, gestützt werden. Je bedeutender also der Darlehensnehmer für die Unternehmensgruppe ist, desto eher würde dieser eine Stützung seitens der Unternehmensgruppe erfahren. Im gleichen Maße tritt die isolierte Betrachtung des Darlehensnehmers bei der Beurteilung der Bonität in den Hintergrund.

3.127 Ein durch die gesellschaftsrechtlich begründeten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten vorhandener Wissensvorsprung würde zwischen fremden Dritten eingepreist werden, wenn er auf eine vertraglich eingeräumte Position zurückginge. Das Ausmaß und die Auswirkungen des auf die Unternehmensverflechtung zurückgehenden Wissensvorsprungs sind im jeweiligen Einzelfall sachgerecht zu berücksichtigen.

3.128 Sowohl eine Besicherung als auch eine Nichtbesicherung von Darlehen kann fremdüblich sein. Ob eine fehlende Darlehensbesicherung fremdvergleichskonform ist, hängt davon ab, ob auch ein fremder Dritter – ggf. unter Berücksichtigung möglicher Risikokompensationen – das Darlehen unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte (, BStBl 2023 II S. 675 ). Inwieweit eine Nichtbesicherung zwischen Nahestehenden fremdüblich sein kann, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Bei der Beurteilung sind folgende Aspekte im Rahmen einer Gesamtschau von besonderer Bedeutung:

  • Verhalten der Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten: Werden Verbindlichkeiten im Außenverhältnis grundsätzlich besichert, so erscheint eine Nichtbesicherung innerhalb der Unternehmensgruppe fremdunüblich.

  • Wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit: Sollte die Vereinbarung einer Sicherheit aus wirtschaftlicher Sicht vorteilhaft sein, um beispielsweise einen niedrigeren Zinssatz zu erreichen, so würde ein fremder Dritter, um seinen Gewinn zu maximieren, auf eine Sicherheit nicht verzichten.

  • Realistisch zur Verfügung stehende Handlungsalternativen: Würde beispielsweise der Darlehensnehmer zeitgleich noch ein Darlehen eines fremden Dritten benötigen und die Begebung der Sicherheit an den fremden Dritten zu einer gegenüber der nahestehenden Person erhöhten Kostenreduktion führen, so wäre es wirtschaftlich vorteilhafter, dieses Darlehen zu besichern. Eine Sicherheit stünde damit für das Darlehen zwischen den nahestehenden Personen nicht mehr realistisch zur Verfügung (vorausgesetzt, der Darlehensnehmer hätte sonst keine weiteren Vermögenswerte, die sich zur Besicherung eignen würden).

  • Erwartete Befriedigung von Ansprüchen: Es ist von Bedeutung, ob ausreichend Vermögenswerte vorhanden sind bzw. im Rahmen einer etwaigen Insolvenz genügend Masse zur Verfügung stünde, um die entsprechenden Ansprüche zu befriedigen (vgl. u. a. § 39 InsO).

  • Darlehenssumme: Nicht jede Kapitalüberlassung wird zwischen fremden Dritten besichert. Entscheidende Kriterien sind dabei auch die Höhe des Darlehensbetrags, der seitens des Darlehensgebers gewährt wird, und die Risikotragfähigkeit des Darlehensgebers.

  • Geschäftsstrategie des Darlehensgebers: Verfolgt der Darlehensgeber im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit typischerweise nicht (riskante) Finanzinvestitionen, so wird dieser regelmäßig versuchen, sein Risiko aufgrund dieser Tätigkeit zu minimieren. Hierzu kann es entsprechend gehören, dass Kapitalüberlassungen besichert vorzunehmen sind.

In diesen Fallkonstellationen ist jeweils auch zu berücksichtigen, welche Handlungsalternativen den nahestehenden Personen zur Verfügung stehen und ob diese zu vorteilhafteren Konditionen für den Schuldner geführt hätten (vgl. Tz. 10.19 der Anlage 1).

J.2 Vergütung für eine erhöhte Kreditwürdigkeit

3.129 Für die Vorteile einer nachgewiesenen erhöhten Kreditwürdigkeit eines Unternehmens ist ein dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechender Verrechnungspreis anzusetzen. Die Vorteile können sich daraus ergeben, dass mindestens ein Mitglied der multinationalen Unternehmensgruppe die Verpflichtung gegenüber einem fremden Dritten übernimmt, die Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens sicherzustellen. Dies kann insbesondere durch eine Garantie, eine Bürgschaft, einen Kreditauftrag, eine harte Patronatserklärung oder durch Realsicherheiten erfolgen. Ein Verrechnungspreis ist nur anzusetzen, wenn der Verpflichtete eine tatsächliche Risikoposition übernimmt. Bei der Bestimmung des anzusetzenden Fremdvergleichspreises ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich die Vorteile einer erhöhten Kreditwürdigkeit auf die Differenz zwischen den Bedingungen für die multinationale Unternehmensgruppe als solche und den Bedingungen für das die Verpflichtung übernehmende Unternehmen beschränken.

3.130 Wird ein Unternehmen erst durch die Verpflichtung der multinationalen Unternehmensgruppe oder eines Mitglieds dieser multinationalen Unternehmensgruppe gegenüber einem fremden Dritten in die Lage versetzt, Kapital aufnehmen zu können, handelt es sich in EU/EWR-Fällen bei der Verpflichtungsübernahme um einen Gesellschafterbeitrag (Rn. 3.69), wenn ein wirtschaftlicher Grund im Sinne des (Hornbach) vorliegt.

K. Cash Pool als Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe

3.131 Cash Pooling stellt eine Liquiditätsbündelung in multinationalen Unternehmensgruppen dar. Der Cash Pool-Leiter erbringt dabei grundsätzlich lediglich eine funktions- und risikoarme Dienstleistung (Tz. 10.130 der Anlage 1), wobei im jeweiligen Einzelfall das Funktions- und Risikoprofil entscheidend ist. Die Vergütung des Cash Pool-Leiters bestimmt sich entsprechend im Regelfall auf Basis einer kostenorientierten Methode. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Kostenaufschlag auf die direkt zuzurechnenden Kosten zwischen fünf Prozent und zehn Prozent beträgt. Finanzierungskosten gehen nicht in die Bemessungsgrundlage ein.

3.132 Die am Cash Pool beteiligten Unternehmen haben im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Teilnehmer den Verrechnungspreis anteilig zu übernehmen. Cash Pooling-Strukturen sind ein Beispiel für die Generierung von Synergieeffekten in multinationalen Unternehmensgruppen (Tz. 1.177 ff. der Anlage 1). Gerade aber die Aufteilung dieser Synergieeffekte auf die einzelnen Unternehmenseinheiten ist nicht verursachungsgerecht möglich. Entsprechend ist hier eine besondere Würdigung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Akzeptanz der Struktur im Ausland vorzunehmen. Zur Vergütung der Cash Pool Teilnehmer wird auf Kapitel X Abschnitt C.2.3.2. der Anlage 1 hingewiesen.

Beispiel:

Die M-AG (ansässig im Inland) stattet die FinCo. (ansässig im Ausland) zu 100 Prozent mit Eigenkapital aus. Die FinCo. agiert als Cash Pool Leiter und organisiert den Cash Pool innerhalb der multinationalen Unternehmensgruppe ohne die Kontrolle oder Übernahme von Risiken. Die Vergütung hängt von dem Ergebnis der Funktions- und Risikoanalyse ab. Das Entgelt für die Tätigkeit eines Cash Pool Leiters beschränkt sich dabei grundsätzlich auf die direkt zurechenbaren Betriebskosten, wie etwa den Personaleinsatz, samt einem fremdüblichen Gewinnaufschlag. Die Umlage der Kosten inklusive des Gewinnaufschlages könnte insbesondere im Wege einer Konzernumlage quotal auf Basis der Anzahl der Teilnehmer erfolgen.

3.133 Handelt es sich bei den jeweiligen Geldeinlagen und -aufnahmen der Cash Pool Teilnehmer nicht um kurzfristige Geldeinlagen und -aufnahmen, handelt es sich wirtschaftlich betrachtet insoweit nicht um einen Bestandteil des Cash Pools, sondern um einzelne längerfristige Darlehensbeziehungen, die entsprechend zu behandeln sind (Tz. 10.122 der Anlage 1).

J.3 Sonstige Finanzierungsinstrumente und Eigenversicherer

3.134 Der Einsatz von Finanzinstrumenten im Sinne des § 1 Absatz 11 des Kreditwesengesetzes innerhalb von multinationalen Unternehmensgruppen ist entsprechend den am Markt zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses bestehenden Gegebenheiten und entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz unter Beachtung der Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien zu vergüten.

3.135 Ein Eigenversicherer ist für die Übernahme seiner Tätigkeit entsprechend den am Markt zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses bestehenden Gegebenheiten und entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz unter Beachtung der Risikoübernahme, der Kapitalausstattungsanforderungen und der Synergieeffekte aufgrund der Gruppenzugehörigkeit zu vergüten.

L. Preisanpassungsklausel

3.136 In Fällen, in denen eine sachgerechte Preisanpassungsklausel vertraglich vereinbart wurde, ist die Anwendung von § 1a AStG ausgeschlossen.

Kapitel IV Weitere allgemeine Grundsätze

A. Erstkorrektur

4.1 Auf die Verwaltungsgrundsätze 2020 vom (a. a. O.) wird verwiesen.

4.2 Eine Korrektur ist für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die jeweilige Einkünfteminderung eingetreten ist. Der Korrekturbetrag ist derselben Einkunftsart zuzurechnen wie die korrigierten Einkünfte.

B. Behandlung von Ausgleichszahlungen

4.3 Gleichen die Beteiligten in Verrechnungspreisfällen eine von der deutschen Finanzbehörde vorgenommene Korrektur dadurch aus, dass sie durch Ausgleichszahlungen den Zustand herbeiführen, der bei Beachtung des Grundsatzes des Fremdvergleichs eingetreten wäre, ist dieser Ausgleich

  1. bei einer Korrektur wegen der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung einer inländischen Körperschaft grundsätzlich als Einlage zu behandeln (vgl. , BStBl 1997 II S. 92),

  2. bei einer Korrektur wegen der Annahme einer verdeckten Einlage in eine ausländische Körperschaft grundsätzlich als Leistung zu behandeln, die beim Gesellschafter zu Bezügen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer1 EStG führt,

  3. bei einer Korrektur wegen der Annahme einer Entnahme als Einlage und bei der Berichtigung wegen einer Einlage als Entnahme zu behandeln,

  4. bei Vorgängen, die zu einer auf § 1 AStG zu stützenden Berichtigung geführt haben, aus Billigkeitsgründen außerhalb der Bilanz mit dem zu Zwecken der Berichtigung vorgenommenen Zuschlag zu verrechnen (vgl. , BStBl 1990 II S. 875). Dies gilt nur, wenn die Ausgleichszahlungen innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des berichtigten Steuerbescheids tatsächlich geleistet worden sind.

4.4 Wird eine Beteiligung an einer nahestehenden ausländischen Gesellschaft veräußert oder wird eine solche Gesellschaft liquidiert und haben Vorgänge früherer Veranlagungszeiträume beim Gesellschafter zu einer Berichtigung nach § 1 AStG geführt, die noch nicht verrechnet worden ist (Rn. 4.3 Buchstabe d), ist das Vermögen der ausländischen Gesellschaft höher als es wäre, wenn die Gesellschaft einen dem Fremdvergleich entsprechenden Preis an den Gesellschafter gezahlt hätte. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung kann in diesen Fällen der außerhalb der Bilanz angesetzte Berichtigungsbetrag aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) abgezogen werden. Die Kürzung kann auch zu einem Negativbetrag führen. Unterliegt ein nach dieser Billigkeitsregelung um den Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG verminderter Veräußerungs- oder Liquidationsgewinn der Vorschrift des § 8b KStG, so sind die pauschalen nichtabziehbaren Betriebsausgaben im Sinne des § 8b Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 KStG nur vom verminderten Gewinn zu ermitteln. Ein sich durch die Anwendung dieser Billigkeitsregelung ergebender oder erhöhender Veräußerungs- oder Liquidationsverlust ist insgesamt nach § 8b Absatz 3 Satz 3 KStG außerbilanziell hinzuzurechnen, sodass sich im Verlustfall trotz Anwendung der Billigkeitsregelung keine Auswirkung auf das Einkommen der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft ergibt. Ist auf Ebene des Anteilseigners das Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nummer 40c, 3c Absatz 2 EStG) anzuwenden, so kann der Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG unter analoger Anwendung des § 3c Absatz 2 EStG nur zu 60 Prozent bei der Ermittlung des Gewinns oder Verlusts berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt auch beim Gesellschafter, sofern die Berichtigung nach § 1 AStG nicht beim Gesellschafter selber, sondern bei dessen Tochtergesellschaft erfolgte und sofern § 1 AStG Vorrang gegenüber § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG hat.

4.5 Im Fall der Liquidation ist die Kürzung in dem Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ein etwaiger Liquidationserlös erfolgswirksam zu vereinnahmen ist. Eine Kürzung im Zeitpunkt des Liquidationsbeschlusses kommt deshalb nur in Betracht, wenn eine Abwicklung mangels Masse nicht stattfindet und ein Liquidationserlös nicht anfällt.

C. Gegenberichtigung

4.6 Eine Berichtigung der Einkünfte durch eine ausländische Steuerverwaltung kann zu einer Doppelbesteuerung im Hinblick auf die Einkünfte des inländischen nahestehenden Steuerpflichtigen führen. Passt der Steuerpflichtige daraufhin seine künftigen Verrechnungspreise an, unterliegt der Vorgang der Aufzeichnungspflicht gemäß § 90 Absatz 3 AO. Eine nachträgliche Gegenberichtigung ist nur anzuerkennen, soweit sie nach deutschem Steuerrecht materiell- und verfahrensrechtlich zulässig ist. Die Gegenberechtigung ist nach deutschem Steuerrecht materiell-rechtlich in der Weise durchzuführen, in der der Fremdvergleichsgrundsatz von Beginn an zutreffend berücksichtigt worden wäre; dementsprechend sind nationale Abzugsbeschränkungen wie beispielsweise die Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) bei der Gegenberichtigung zu beachten. Der Grundsatz der Abschnittbesteuerung ist zu beachten. Abkommensrechtlich eröffnen die Artikel 9 OECD-MA (insbesondere Artikel 9 Absatz 2 OECD-MA) nachgebildeten Artikel im jeweiligen DBA einen Anspruch auf Gegenberichtigung im anderen Vertragsstaat, soweit die Erstkorrektur nach Auffassung der Steuerverwaltung dieses anderen Vertragsstaats berechtigt ist. Als Änderungsvorschrift können innerhalb dieses Rahmens auf deutscher Seite neben den innerstaatlichen Abgrenzungsregelungen auch § 164 Absatz 2, § 173 Absatz 1 Nummer 2 AO zur Anwendung kommen, ohne dass zuvor ein Verständigungs- oder Schiedsverfahren durchgeführt worden ist (einseitige Abhilfe). Zwecks Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung oder eines Schiedsspruchs, die gegebenenfalls auch zu einer weitergehenden Gegenberichtigung führen können, ist insoweit § 175a AO anzuwenden.

D. Zoll

4.7 Der für die Einkunftsabgrenzung maßgebliche Fremdvergleichspreis kann von dem der Verzollung zu Grunde liegenden Zollwert im Sinne des Artikel 70 Unionszollkodex (UZK; VO (EU) 952/2013 des Europäischen Parlaments vom , ABl. L 269, S. 1) oder von dem zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zu Grunde liegenden Einfuhrumsatzsteuerwert abweichen. Ungeachtet dessen kann die Zollwertermittlung eine ergänzende Hilfestellung bei der Bestimmung von Fremdvergleichspreisen leisten.

4.8 Nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen in Form von Nachbelastungen durch den Verkäufer sind vom Anmelder dem zuständigen Hauptzollamt unverzüglich anzuzeigen (§ 153 AO). Bei nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen in Form von Gutschriften des Verkäufers besteht mitunter ein Erstattungsanspruch. Voraussetzung ist jedoch, dass die Anpassung zwischen den Kaufvertragsparteien vor den Einfuhren dem Grunde und der Höhe nach vertraglich vereinbart wurde und produktbezogen erfolgt.

Kapitel V Glossar

5.1 Auf das Glossar in der Anlage 2 sowie das Glossar der OECD über steuerliche Begriffe (Glossary of Tax Terms) wird hingewiesen.

Kapitel VI Aufhebung von BMF-Schreiben und Anwendungsvorschrift

6.1 Die folgenden BMF-Schreiben werden mit Veröffentlichung dieses Schreibens im BStBl aufgehoben:

  • BMF-Schreiben betr. die Veröffentlichung der , und v. – I R 29/14; Nichtanwendung der Urteilsgrundsätze in vergleichbaren Fällen vom (IV B 5 – S 1341/11/10004 :07, BStBl 2016 I S. 455).

  • BMF-Schreiben betr. die „Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 AStG“ vom (IV B 5 – S 1341/19/10017 :001, BStBl 2021 I S. 1098).

6.2 Dieses Schreiben ist mit Ausnahme der Regelungen zur Funktionsverlagerung (Kapitel I.) auf alle offenen Fälle anzuwenden; siehe insbesondere Rn. 2.3. Kapitel I. ist auf Funktionsverlagerungen anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden. Für Funktionsverlagerungen, die vor dem verwirklich werden, gelten die Regelungen des (BMF-Schreiben betr. die „Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahe stehenden Personen in Fällen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen – Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung“ vom (IV B 5 – S 1341/08/10003, BStBl 2010 I S. 774).

Anlage 1

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Anlage 2

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Anlage 3

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BMF v. - IV B 5 - S 1341/19/10017 :003


Fundstelle(n):
BStBl 2023 I Seite 1093
GmbH-StB 2023 S. 244 Nr. 8
LAAAJ-41558