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BBK Nr. 14 vom Seite 644

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Umlage der Grundsteuer auf den Mieter

Dr. Johannes Riepolt

[i]Endert, Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung aktivierungsfähiger Miet- und Pachtzinsen, BBK 8/2021 S. 365 NWB AAAAH-75382 Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags unterliegen Miet- und Pachtzinsen einschließlich Leasingraten für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG einer speziellen Hinzurechnungsvorschrift. Mit dieser Hinzurechnungsvorschrift soll methodisch dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer Rechnung getragen werden. Wenngleich nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungsgrundsatz die Grundsteuer für eine vermietete Gewerbeimmobilie vom Vermieter zu tragen ist, kann diese auch vertraglich auf den Mieter umgelegt werden. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob – neben der laufenden Miete – auch die umgelegte Grundsteuer beim Mieter der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG unterliegt. [i]BFH, Urteil v. 2.2.2022 - III R 65/19 NWB JAAAI-60063 Hierzu lag dem BFH ein Sachverhalt vor, in dem das Finanzamt eine Hinzurechnung befürwortete, Mieter und Finanzgericht hingegen verneinten. Die Grundsätze des Urteils und die buchhalterische Erfassung eines ähnlichen Sachverhalts werden in nachfolgendem Buchführungs-Seminar dargestellt.

I. BFH-Entscheidung vom - III R 65/19

1. Sachverhalt

[i]Grundsteuer als Miet- und Pachtentgelt?Die Klägerin und Revisionsbeklagte Betriebs-GmbH hat ein Betriebsgebäude von der beteiligungsidentischen Besitz-GbR (Betriebsaufspaltung) entgeltlich gemietet. Der Mietvertrag beinhaltet eine Vereinbarung, wonach die Betriebs-GmbH auch die für das Betriebsgebäude anfallende Grundsteuer zu tragen hat. Die übernommene Grundsteuer wurde von der Betriebs-GmbH im Rahmen der Steuerdeklaration nicht als nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnendes Miet- und Pachtentgelt behandelt.S. 645

Nach Feststellung des Finanzamts, das als Beklagte und Revisionsklägerin auftrat, handelt es sich bei der vertraglich übernommenen Grundsteuer hingegen um hinzurechnungspflichtige Aufwendungen, was im Rahmen einer Außenprüfung aufgegriffen und in geänderten Bescheiden festgestellt wurde. Gegen diese Hinzurechnung wendete sich die Betriebs-GmbH erfolglos mit einem Einspruch.

Im Rahmen der anschließenden Klage vor dem Finanzgericht wurden die Bescheide der streitanhängigen Jahre dahingehend geändert, dass eine Hinzurechnung der von der Betriebs-GmbH übernommenen Grundsteuer nicht erfolgt. Nach Auffassung des Finanzgerichts wäre nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für Instandhaltungsaufwendungen eine Hinzurechnung gerechtfertigt, wenn diese vertragsgemäß vom Mieter zu zahlen sind. Die Grundsteuer stellt hingegen eine im Wesentlichen konstante Position dar, die vom Eigentümer des Grundstücks ertragsmindernd geltend gemacht werden kann. Eine Hinzurechnung derer beim Mieter erfolgt nicht.

[i]Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz?Das Finanzamt als Revisionsklägerin wendete sich gegen dieses erstinstanzliche Urteil, da nach dessen Auffassung kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darin zu sehen ist, dass die gewerbesteuerliche Hinzurechnung auch eine auf den Mieter umgelegte Grundsteuer umfasst, während diese vom Eigentümer der Immobilie steuermindernd geltend gemacht werden kann. Zudem ist es steuersystematisch nicht erforderlich, dass Hinzurechnungstatbestände vergleichbare Betriebe in allen Sachverhaltskonstellationen in gleicher Weise mit Gewerbesteuer belasten.

Vom Begriff der Miet- und Pachtzinsen sind neben laufenden Zahlungen auch Kosten erfasst, die nach dem gesetzlichen Lastenverteilungsgrundsatz vom Vermieter zu tragen sind, aber aufgrund vertraglicher Vereinbarungen vom Mieter übernommen werden. Insofern beantragt das Finanzamt im Ergebnis, das Urteil dahingehend aufzuheben, dass eine Hinzurechnung der übernommenen Grundsteuer erfolgt.

[i]Unterschiedliche Behandlung von Mietern und EigentümernNach Ansicht der revisionsbeklagten Klägerin (Betriebs-GmbH) stellt die unterschiedliche Behandlung von Unternehmen mit eigenem und angemietetem Grundbesitz hingegen einen Verstoß gegen das Prinzip der gerechten und gleichmäßigen Besteuerung dar. Mit der Klage soll geklärt werden, ob die Grundsteuer beim Mieter einer Hinzurechnung unterliegen kann. Vom Gesetzeswortlaut sind Miet- und Pachtzinsen erfasst, worunter die Zahlungen für die Überlassung des Eigentums fallen. Umlagefähige Nebenkosten im Sinne der Betriebskostenverordnung sind nach Ansicht der Klägerin nicht von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG erfasst.

2. Urteil und Begründung

[i]BFH bejaht Hinzurechnung der GrundsteuerDer BFH kam zu dem Urteil, dass die Revision des Finanzamts begründet ist und die Bescheide bezüglich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung insoweit zu ändern sind, dass eine Hinzurechnung der übernommenen Grundsteuer erfolgt.

[i]Richartz/Schöneborn, Neuere Rechtsprechungstendenzen bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen von Finanzierungsanteilen, NWB 32/2019 S. 2338 NWB BAAAH-23555 Bei der Frage, was Miet- und Pachtzinsen im Sinne der Hinzurechnungsnorm darstellen, ist auf die Rechtsprechung zur Vorgängernorm § 8 Nr. 7 GewStG a. F. abzustellen. Demnach sind von der Hinzurechnung nicht nur laufende Zahlungen erfasst, sondern alle vom Mieter bzw. Pächter getragenen Aufwendungen, wenn und soweit diese nach den jeweilig gültigen zivilrechtlichen Vorschriften und dem Vertragstyp nicht ohnehin vom Mieter zu tragen wären. Hierbei handelt es sich um Kosten, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter zu tragen wären, aber aufgrund vertraglicher Vereinbarung vom Mieter übernommen wurden. Dem liegt die typisierende Annahme zugrunde, dass sich die abweichende Kostenübernahme mindernd auf die Höhe der laufenden Miet- oder Pachtzahlung auswirkt.

[i]Grundsteuer als Teil der MietzahlungNach ergangener Rechtsprechung sind auch Instandhaltungsaufwendungen, die vertraglich vom Mieter entgegen der gesetzestypischen Lastenverteilung getragen S. 646werden, als hinzurechnungspflichtig i. S. des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG zu betrachten. Nach dem gesetzlichen Grundtypus hat der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB), wozu auch die Grundsteuer zählt. Schuldner der Grundsteuer ist regelmäßig der Vermieter als Grundstückseigentümer. Sofern die Grundsteuer vertraglich auf den Mieter übergewälzt wird, umfasst die zu entrichtende Miete auch die wirtschaftlich vom Mieter getragene Grundsteuer, so dass diese auch ein hinzurechnungspflichtiges Entgelt darstellt.

[i]Kein Verstoß gegen den GleichheitsgrundsatzDer Auffassung der Vorinstanz, wonach bei einer Hinzurechnung eine höhere Besteuerung erfolgen würde als bei einem Gewerbetreibenden, der mit eigenem Sachkapital wirtschaftet und die Grundsteuer ertragsmindernd geltend machen kann, führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach ergangener Rechtsprechung können Mieter einer höheren Gewerbesteuerbelastung unterliegen als Gewerbetreibende, die mit eigenem Grundbesitz wirtschaften. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist darin nicht zu sehen. Eine vertragliche Umlage der Nebenkosten vom Vermieter auf den Mieter wirkt sich typischerweise in einer Reduktion des reinen Mietzinses aus, was für die Grundsteuer ebenso gilt wie für Instandhaltungsaufwendungen.