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NWB Nr. 24 vom Seite 1684

Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit

Überblick und Kritik zu § 3b EStG

Dr. Lukas Hilbert

[i]Vanheiden, Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge, infoCenter, NWB PAAAA-88449 Im Arbeitnehmerbereich stellt die bereits seit langem bestehende Subventionsregelung des § 3b EStG neben dem sog. Grundlohn gezahlte Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bis zu bestimmten (prozentualen) Höhen steuerfrei. Der Beitrag gibt einen Überblick zur Norm, bewertet die nicht unumstrittene Regelung steuersystematisch sowie rechtspolitisch und geht ferner auf neue und anstehende Rechtsprechung des BFH ein.

I. Überblick zu Begriffen und Technik der Befreiungsregelung

1. Begünstigte Zeiten

Wie schon der Titel der Vorschrift verdeutlicht, unterscheidet § 3b EStG zwischen Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit. Mit Blick auf die Zuschlagssätze (s. nachfolgend I, 2) wird allerdings innerhalb der begünstigten Zeiten oder zwischen verschiedenen Feiertagen noch einmal zusätzlich differenziert.

a) Gesetzlich definierte Zeiträume

[i]Differenzierung verschiedener FeiertageNachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr (§ 3b Abs. 2 Satz 2 EStG). Sonntags- und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen S. 1685Tages, wobei die gesetzlichen Feiertage durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt werden (§ 3b Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG). Weiberfastnacht, Rosenmontag und sonstige Karnevals- bzw. Faschingstage sind von sich aus – selbst in Hochburgen des jeweiligen Brauchtums – keine begünstigten Feiertage. [i]Feiertage am Ort der ArbeitsstätteDer Oster- sowie der Pfingstsonntag hingegen gehören allerdings selbst dann zu den begünstigten gesetzlichen Feiertagen, wenn sie in den am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften nicht ausdrücklich als solche genannt werden (R 3b Abs. 3 Satz 3 LStR). Sofern Nachtarbeit an einem Sonn- oder Feiertag vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonn- oder Feiertag folgenden Tages ebenfalls als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit (§ 3b Abs. 3 Nr. 2 EStG). [i]Samstage nicht begünstigtFür Arbeit tagsüber an „normalen“ Samstagen gezahlte Zuschläge sind nicht nach § 3b EStG steuerfrei (, NWB OAAAG-97525; ferner , BStBl 2017 II S. 718, zu pauschal vergüteten Bereitschaftsdiensten).

b) Tatsächlich ausgeübte Tätigkeit

[i]Zweckbestimmte ZahlungDie Steuerfreiheit tritt zudem generell nur ein, wenn Zuschläge für tatsächlich zu den begünstigten Zeiten geleistete Arbeit zweckbestimmt gezahlt werden. Während Krankheit, Freistellung oder Urlaub gleichwohl gezahlte Zuschläge sind also nicht privilegiert, ebenso nicht eine Abgeltung (etwa in Freizeit). Wenn sie innerhalb der maßgeblichen Zeiträume liegen, sind aber Waschzeiten, Schichtübergabezeiten und Pausen begünstigt, sofern sie zur vereinbarten und vergüteten Arbeitszeit gehören (R 3b Abs. 6 Satz 2 LStR). [i]Einzelabrechnung erforderlichDa die Tätigkeit zu den begünstigten Zeiten grundsätzlich unverzichtbar durch Einzelaufstellung abzurechnen und nachzuweisen ist (vgl. Levedag in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 3b Rz. 4, m. w. N.; ferner z. B. (L), NWB EAAAH-70570), muss auf eine stets ordnungsgemäße Dokumentation besonderes Augenmerk gelegt werden (dies gilt übrigens ebenso bei Grenzgängern in die Schweiz; vgl. , NWB ZAAAE-52243). [i]Anforderungen an DokumentationZwar kann auf Beweismittel aller Art zurückgegriffen werden (zur Befragung von Zeugen vgl. , BStBl 1991 II S. 298), Fälle, in denen die § 3b-Begünstigung am Nachweis oder an (zu) pauschalen Aufzeichnungen scheitert, sind gleichwohl leider immer wieder anzutreffen. Nur in gesonderten Situationen lässt die Finanzverwaltung Erleichterungen sowie die Begünstigung pauschaler Zuschläge zu und gibt den jeweiligen Betriebsstättenfinanzämtern der Arbeitgeber erweiterte Feststellungsmöglichkeiten (vgl. im Einzelnen R 3b Abs. 6 und 7 LStR; H 3b LStH). [i]Pauschale ZuschlägeSofern ein Unternehmen Zweifel hat, ob eine von ihm gewählte Aufzeichnungs- und/oder Zahlungsmethode diesen Voraussetzungen im Einzelnen entspricht, ist dringend zu raten, dies schriftlich über eine lohnsteuerliche Anrufungsauskunft nach § 42e EStG abzuklären. [i]Gewähltes „Modell“ ggf. absichernSo kann zumindest für das Lohnsteuerverfahren und alle dort Beteiligten entsprechend Klarheit und Haftungsfreistellung erlangt werden (ausführlich zu diesem Instrument etwa Hilbert, NWB 8/2018 S. 466; ders. in Antonakopoulos/Engel/Gille, Unternehmenskauf und Unternehmensumwandlung, Festschrift Heurung 2021, S. 165).

c) Arbeitsort

[i]Auswärtstätigkeit und „Remote Work“Der Arbeitnehmer muss nicht an seiner (etwaigen) ersten Tätigkeitsstätte arbeiten, um die Begünstigung zu erhalten. Bei Auswärtstätigkeit oder Arbeit in der Privatwohnung kann § 3b EStG ebenfalls zur Anwendung kommen (vgl. , EFG 1996 S. 209, zu einem Zeitungszusteller). Denkbar ist damit bspw. die Nutzung bei der abendlichen Live-Betreuung von Online-Veranstaltungen aus dem Homeoffice heraus. Wichtig ist aber, dass die Tatbestandsvoraussetzungen und vor allem die Nachweiserfordernisse strikt erfüllt werden, was sich in einigen Fällen mangels S. 1686konkreter Festlegungen zu Arbeitsleistung, Tätigkeitszeiten und ihrer exakten Dokumentation als schwierig erweisen dürfte.