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NWB Nr. 14 vom Seite 980

Anwendung des Monetary Unit Sampling in der Betriebsprüfung

Ein falsches Verständnis des Konfidenzniveaus erschwert den Zugang zu objektiven Stichprobenverfahren

Prof. Dr. Bernd Giezek und Andreas Wähnert

[i]Schmidt, NWB 5/2022 S. 328Durch ein Pilotprojekt der Finanzverwaltung Rheinland-Pfalz wurde in der Betriebsprüfung ab 2016 das Interesse für mathematisch-statistische Stichprobenprüfungen geweckt (Newsletter der Bundesfinanzakademie, Ausgabe IV/2016). Fast zeitgleich hat eine Veränderung der Untersuchungsgrundsätze gem. § 88 Abs. 2 AO die Bedeutung der [i]Beyer, Außenprüfung: Ein Leitfaden, Grundlagen, NWB FAAAE-82166 Wirtschaftlichkeit durchgeführter Prüfungsmaßnahmen für die Gleichmäßigkeit der Besteuerung herausgestellt. Jüngst forderte der Bundesrechnungshof, dass das BMF auf einen einheitlichen (verstärkten) Einsatz quantitativer Prüfungsmethoden in der Betriebsprüfung hinwirken soll, weil „traditionelle Methoden der steuerlichen Betriebsprüfung, beispielsweise Beleg- und Akteneinsicht, [...] an Effektivität und Effizienz [verlieren]. Nur IT-gestützte quantitative Prüfungsmethoden können auffällige Muster und Beziehungen in großen Datenmengen ersichtlich machen“ (Bemerkungen 2020, Allgemeine Finanzverwaltung, Pkt. 20, aufrufbar unter https://go.nwb.de/ekhea). Die zunehmende Präsenz des Themas Monetary Unit Sampling (MUS) in der steuerlichen Fachliteratur zeigt nun, dass mit mathematisch-statistischen Stichprobenprüfungen ein weiterer quantitativer Ansatz im Betriebsprüfungsalltag angekommen ist. An den verfahrensrechtlichen Bewertungen von Hochrechnungen bei entdeckten Stichprobenfehlern lässt sich allerdings erkennen, dass das zentrale Konfidenzniveau von 95 % unzutreffend verstanden wird, was zu verzerrten Schlussfolgerungen führen muss und das Verständnis für MUS einschränkt. Der nachfolgende Beitrag soll zur richtigen Lesart als notwendige Diskussionsgrundlage beitragen.

I. Stichprobenplanung

[i]MUS stammt aus der WirtschaftsprüfungStichprobenprüfungen sind in der Wirtschaftsprüfung bereits seit den 1960er Jahren bekannt und finden dort auch in Deutschland spätestens ab den 1990er Jahren regelmäßig Anwendung (Giezek, Monetary Unit Sampling, S. 173 ff.; s. auch IDW-Standard PS 310, IDW Life 8/2016). Die Idee der unvollständigen Stichprobenprüfung stammt dabei aus der Effizienzbetrachtung der Wirtschaftsprüfung. Um Prüfungsaufwand und Aufklärungsgewinn in eine vernünftige Relation zu bringen, sollten die Erkenntnisse der Wahrscheinlichkeitslehre helfen. Danach ist schon lange der nicht-lineare Zusammenhang aus dem Umfang einer Zufallsstichprobe und der Übereinstimmung mit der Grundgesamtheit gemäß der hypergeometrischen Verteilung (Abb. 1) bekannt. S. 981