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BBK Nr. 18 vom Seite 888

Fallstricke bei der Vorteilhaftigkeitsbewertung von Investitionen mithilfe des Internen Zinsfußes

Prof. Dr. Ludwig Hierl

Bei [i]Währisch, Anforderungen an die Vergleichbarkeit von Investitionsalternativen, BBK 13/2020 S. 625 NWB KAAAH-51682 der rechnerischen Prüfung, ob Investitionsvorhaben vorteilhaft sind, werden in der Praxis häufig dynamische Verfahren angewendet. Den besonders beliebten Amortisations-, Kapitalwert- sowie Interne Zinsfuß (IZF)-Berechnungen ist dabei gemeinsam, dass in Abgrenzung zu statischen Verfahren die risikoadäquate Zeitwertentwicklung des Geldes Berücksichtigung findet. Implizit wird allerdings bei allen drei genannten Verfahren ein vollkommener Kapitalmarkt unterstellt, bei dem Haben-Zinssätze (für Geldanlagen) und Soll-Zinssätze (für Kredite) nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen diesen beiden Kapitalmarktbereichen der nicht realitätskonformen Annahme einer Deckungsgleichheit unterliegen. Sowohl benötigte als auch überschüssige Finanzmittel werden zum Kalkulationszinssatz aufgenommen bzw. angelegt. Bei der IZF-Methodik erfolgen Refinanzierungen und Wiederanlagen sogar zum ermittelten Internen Zinsfuß, der eine entsprechende Rentabilität des Projekts suggeriert. Diese und weitere Problemfelder bleiben in der Lehre keinesfalls unerwähnt. In der praktischen Anwendung können allerdings deren Handlungskonsequenzen aus den verbalen, theoretischen Ausführungen selten abgeleitet werden. Nachfolgende Fallbeispiele sollen helfen, die IZF-Standard-Berechnungen kritischer zu hinterfragen und alternative Berechnungen in die Überlegungen einzubeziehen.

I. Definition und Berechnung des IZF in Abgrenzung zum Kapitalwert

Es [i]Grabe/Vanini, Kapitalwertmethode, Kostenrechnungs- und Controllinglexikon NWB QAAAD-57184 liegt die nachfolgende Zahlungsreihe vor: -440 T€ (P0), +150 T€ (P1), +140 T€ (P2) und +300 T€ (P3, inklusive Liquidation bzw. Rückbau des Projekts am Laufzeitende).

Bei der Kapitalwertmethodik wird unter Berücksichtigung von insbesondere Geldwertentwicklung, Opportunität und Risiko ein Kalkulationszinssatz vorgegeben (z. B. S. 88910 %) und damit ein absolutes Ergebnis (hier +37.461 €) ermittelt. Bei einem positiven Kapitalwert ist das Investitionsvorhaben vorteilhaft. Zur erwirtschafteten Rentabilität kann allerdings keine Aussage getroffen werden. Es bleibt lediglich die Erkenntnis, dass eine Überrendite im Vergleich zum Kalkulationszinssatz erzielt wird, d. h. die Projektrentabilität (bzw. Effektivverzinsung) ist im gewählten Beispiel größer als 10 %. Die Kapitalwertfunktion verläuft im Normalfall streng monoton fallend, d. h. der Kapitalwert sinkt mit zunehmendem Kalkulationszinssatz.

Bei [i]Grabe/Vanini, Interne Zinsfuß-Methode, Kostenrechnungs- und Controllinglexikon NWB KAAAD-56431 der Berechnung des IZF wird nun der Zinssatz gesucht, bei dem sich als Kapitalwert einer Zahlungsreihe das Ergebnis Null ergibt. Eine Funktion höheren Grades aufzulösen, ist bereits bei zwei Perioden nicht trivial. Spätestens ab fünf Perioden (Funktion fünften Grades) kann nur noch eine Annäherung an die Lösung der Gleichung erfolgen. Nachfolgend wird eine davon für drei Perioden beispielhaft dargestellt.

Beispiel

Zur Auflösung der Gleichung 0 = -440 T€ + (150 T€/(1+i) 1) + (140 T€/(1+i) 2) + (300 T€/(1+i) 3) nach dem gesuchten Zinssatz i könnte eine manuelle Interpolation mit z. B. i 1 = 0,1 und i 2 = 0,2 durchgeführt werden. Der IZF ergibt sich durch Einsetzen der sich jeweils ergebenden Kapitalwertergebnisse (KW) in die Formel r (IZF) = i 1 - [KW 1 • (i 2 - i 1)/(KW 2 - KW 1)]. Der erste Näherungswert r (IZF) = 0,146 (bzw. 14,6 %) könnte hinsichtlich der Genauigkeit des Ergebnisses anschließend verbessert werden, indem nun z. B. i 1 = 0,12 und i 2 = 0,16 gewählt werden (und so weiter). Bei i 1 = 0,14 und i 2 = 0,15 verbessert sich die Genauigkeit des Ergebnisses bereits weitgehend auf das exakte Ergebnis (14,22 %). Bei manuellen Interpolationen wird vor einer zu schnellen Einengung des vermeintlichen Ergebnisbereichs gewarnt. Würde im vorliegenden Fall das tatsächliche Ergebnis z. B. 13,85 % betragen, würde der Annäherungsversuch mit 14 % und 15 % nicht gelingen.

II. Anwendung von Tabellenkalkulationen

In [i]Excel-Standardformel Interne Kapitalverzinsungder Praxis werden allerdings wohl kaum manuelle Interpolationen durchgeführt. Es erfolgt ein Rückgriff auf Tabellenkalkulationsprogramme wie beispielsweise MS Excel. Die Standardformel ist IKV(Wertebereich).


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A
B
C
D
1
P0
P1
P2
P3
2
-440.000 €
150.000 €
140.000 €
300.000 €

Hinweis:

Bei einer Eingabe der nachfolgenden Berechnungsformel (z. B. in Zelle A3) = IKV(A2:D2) ergibt sich bei MS Excel als Ergebnis aufgerundet 14,22 %.

Sofern [i]Unregelmäßige Zahlungendie Zahlungen nicht periodisch, sondern unregelmäßig zu bestimmten Datumsangaben anfallen (vgl. nachfolgendes Beispiel), sollte die Formel XINTZINSFUSS (Werte;Zeitpunkte) genutzt werden. Optional könnte in die Formel als dritter Bestandteil noch ein Schätzwert mit einbezogen werden; dieser ist allerdings für die Berechnung nicht relevant. S. 890


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A
B
C
D
1
2
-440.000 €
150.000 €
140.000 €
300.000 €

Hinweis:

Bei einer Eingabe der nachfolgenden Berechnungsformel (z. B. in Zelle A3) = XINTZINSFUSS(A2:D2;A1:D1) ergibt sich als Ergebnis abgerundet 18,25 %.

In [i]Vermeintlich eindeutige RenditebestimmungAbgrenzung zu anderen Verfahren ist der zentrale Vorteil der IZF-Methodik eine konkrete Renditeindikation. Damit kann eine quantitativ nachvollziehbare Antwort auf die Standardfrage (des Managements) gegeben werden, ob und wie sich eine Investition „rentiert“. Die keinesfalls nur theoretisch bestehenden Nachteile (vgl. Abschnitt III) bleiben dabei tendenziell ausgeblendet.

III. Fehlerquellen bei IZF-Berechnungen

1. Fehlinterpretationsgefahren im Alternativenvergleich

Je [i]Vergleich bei abweichenden Parametern schwierighöher der ermittelte IZF, umso vorteilhafter ist im Grundsatz eine Investition.

Fallbeispiel 1

Ein Projekt A mit einem IZF von z. B. 14 % ist auf den ersten Blick vorteilhafter als ein Projekt B mit einem IZF von z. B. 11 %.

Stimmen die Alternativen hinsichtlich Anschaffungsauszahlung und Laufzeit nicht überein (was in der Praxis durchaus zutreffend sein kann), sollte auf eine solche übereilte Interpretation verzichtet und stattdessen eine qualitative Prüfung der Gesamtdaten vorgenommen werden. Ein Projekt B, für das im Fallbeispiel 1 annahmegemäß eine Investition i. H. von 500 T€ vorzunehmen ist und über eine Laufzeit von zehn Jahren die Projektrendite (11 %) erwirtschaftet, kann somit je nach Argumentationsgewichtung vorteilhafter sein als ein Projekt A, in das 300 T€ investiert werden müssen und das die Verzinsung (14 %) nur innerhalb einer Laufzeit von drei Jahren erzielt. Wobei unter Risikoabwägung die kürzere Laufzeit wiederum vorteilhafter sein kann, was dynamische Amortisationsberechnungen im vorliegenden Fall wohl nahe legen würden.

Um [i]Zusätzliche inhaltliche Prüfungen erforderlichdiese Argumentation noch besser nachvollziehen zu können, wird empfohlen, sich zwei Geldanlageangebote einer Vermögensberatung für einen Millionär vorzustellen. Bei der einen können 100 T€ über zehn Jahre zu 2 % angelegt werden, bei der anderen 10 T€ über drei Jahre zu 3 %. Eine Verzinsung von 3 % anstelle von 2 % ist im Grundsatz natürlich besser. Dennoch wäre zu empfehlen, dass dies nicht die einzige Überlegung vor einer Entscheidung für eine Alternative ist, sondern verschiedene Argumente abgewogen werden.