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Steuerliche Abzugsfähigkeit von Brillen
Großer Rechtsprechungsüberblick
Das Geschäft mit Brillen ist ein Milliardenmarkt in Deutschland. Jedes Jahr gehen mehr als 10 Millionen Sehhilfen über die Ladentheke; etwa zwei Drittel aller Erwachsenen tragen ständig oder gelegentlich eine Brille. Selbst ohne ausgefallene Fassung liegen die Anschaffungskosten schnell im vierstelligen Bereich. Das weckt das Interesse vieler Brillenträger nach steuerlichen Abzugsmöglichkeiten.
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I. Sehbrille
[i]Keine Werbungskosten oder BetriebsausgabenBesonders begehrt ist die Einstufung der Brillenanschaffung als Werbungskosten. Das lässt sich allerdings praktisch nicht realisieren. Schon vor Jahrzehnten stellte etwa das FG Berlin fest, dass der Werbungskostenabzug selbst dann ausscheide, wenn die Brille ausschließlich beruflich getragen wird (, EFG 1984 S. 497). Der BFH teilt diesen Standpunkt. Sein – nachvollziehbares – Argument: Die Anschaffung einer Brille als Sehhilfe fußt stets auf der höchstpersönlichen Sehschwäche, die generell gerade keinen beruflichen Bezug hat (, NWB OAAAB-68117). Insoweit scheidet auch der Ansatz als Betriebsvermögen aus (, BStBl 1991 II S. 27).
[i]Ausnahme: Sehschwäche hat berufliche GründeEtwas anderes kann nur gelten, wenn bereits die Sehschwäche berufliche Gründe hat, also Folge eines Arbeitsunfalls ist oder eine Berufskrankheit darstellt. Das dürfte in der Praxis nur im Ausnahmefall vorkommen.
In solchen Konstellationen – ebenso bei Brillenschäden im Betrieb – übernimmt die Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Kosten(anteile), bei Brillenfassungen etwa nachgewiesene Kosten bis 300 €.
[i]Schmidt, Außergewöhnliche Belastungen, Grundlagen, NWB VAAAF-48920 In Betracht kommt jedoch stets der Ansatz als außergewöhnliche Belastung. Auch wenn das Tragen einer Brille zweifellos alles andere als „außergewöhnlich“ ist, nimmt der BFH bei medizinischen Hilfsmitteln im engeren Sinne – und dazu zählen Brillen – typisierend die Voraussetzungen für einen Kostenabzug an (ständige Rechtsprechung, etwa , BStBl 2015 II S. 9). Das gilt dann gleichermaßen für die Gläser, wie für die Fassung. Dem Kostenabzug steht nicht entgegen, dass es sich bei der Sehschwäche um eine im Alter häufiger auftretende Erscheinung handelt (z. B. Altersweitsichtigkeit).
[i]Meier, Außergewöhnliche Belastungen: Zumutbare Belastung – Berechnungsprogramm, Arbeitshilfe, NWB AAAAE-55789 Dennoch bleibt der Kostenabzug beim Brillenerwerb faktisch oftmals ausgeschlossen, weil betragsmäßig erst die Zumutbarkeitsschwelle nach § 33 Abs. 3 EStG überschritten werden muss, immerhin mindestens ein Prozent der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG).S. 2446 Hier kann allenfalls ein Optimierungsversuch durch zeitliche Bündelung von Kosten unternommen werden.