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NWB Nr. 30 vom Seite 2190

KöMoG: Optionsmodell im Lichte steuerlicher Sperrfristen

Ein Überblick über die Wechselwirkungen

Sergej Müller

Optieren [i]KöMoG v. 25.6.2021, BGBl 2021 I S. 2050oder nicht optieren: Eine Fragestellung, die sich in der steuerlichen Beratungspraxis auch an einschlägigen Sperrfristen zu orientieren haben wird. Der nachfolgende Beitrag zeigt etwaige „Stolperfallen“ im Kontext des Optionsmodells auf, die sich immer dann ergeben, wenn eine Sperrfristverletzung droht. Dazu werden einerseits etwaige Sperrfristverletzungen bei Ausübung der Option (s. dazu unter I) und andererseits bei Rückoption (s. dazu II) aufgezeigt sowie Maßnahmen eines strukturellen Eingreifens (unter III) [i]Nagel/Schlund, NWB 26/2021 S. 1874diskutiert. Es wird deutlich, dass durch eine Vielzahl steuerlicher Sperrfristen die Abwägungen für eine Option i. S. des § 1a KStG sorgfältig getroffen werden sollten. Es zeigt sich, dass eine „Optionsschaukel“ zur kurzfristigen Optimierung der Steuerposition wohl ausscheiden wird. Die Gefahr steuergestaltender Optionsausübungen hatte auch der Bundesrat erkannt (BT-Drucks. 19/29642 S. 4) und eine entsprechende Mindestdauer der Optionsausübung gefordert; dies blieb jedoch ohne Berücksichtigung. – Dieser Beitrag erhebt aufgrund der Vielschichtigkeit der Sperrfristen und Sachverhaltskonstellationen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Arbeitshilfe:

In der NWB Datenbank (Login über www.nwb.de) finden Sie unter NWB ZAAAG-73252 eine Arbeitshilfe
zu den Sperrfristen im Steuerrecht.

Weitere Beiträge aus der KöMoG-Reihe finden Sie auch hier:

I. Option zur Körperschaftsbesteuerung

[i]Harmonisierung der Besteuerung von Personen- und KapitalgesellschaftenAuf (unwiderruflichen) Antrag sind für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen eine Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln (§ 1a Abs. 1 Satz 1 KStG). Neben § 34a EStG ist das Optionsmodell ein weiteres – mitunter deutlich effektiveres – Instrument, um die Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften zu harmonisieren, mithin eine rechtsformneutrale Besteuerung herzustellen.

[i]Kusch, Formwechsel, Grundlagen, NWB QAAAF-77023 Der Weg in die avisierte Harmonisierung ist dabei qua gesetzlicher Fiktion i. S. des § 1a Abs. 2 Satz 1 f. KStG als Formwechsel nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG zu qualifizieren, für den die §§ 1 und 25 UmwStG entsprechende Anwendung finden. Da es sich lediglich um eine gesetzliche Fiktion handelt, ist kein zivilrechtlicher Umwandlungsakt immanent ( BT-Drucks. 19/28656 S. 23) und eine steuerliche Rückwirkung ausgeschlossen (§ 1a Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 KStG). Ein Formwechsel als Umwandlungsvorgang stellt nach Auffassung der Finanzverwaltung ( BStBl 2011 I S. 1314, Rz. 00.02) grundsätzlich immer einen Veräußerungsvorgang dar.S. 2191

1. Sperrfristverhaftung

[i]Ausschluss einer SperrfristverletzungBevor ein Antrag für die Option zur Körperschaftsbesteuerung gestellt wird, ist eine retrospektive Analyse der steuerlichen Situation der optierenden Gesellschaft geboten. In diesem Zuge ist sicherzustellen, dass keine Sperrfristverletzung durch die Ausübung der Option nach § 1a KStG ausgelöst wird.

[i]Sperrfristen im ErbStG ohne BelangVorab gilt zu konstatieren, dass sich solche Sperrfristen etwa auch im ErbStG (insbesondere im Kontext der Verschonungsregime) finden lassen. Diese Sperrfristen sind für Zwecke der Optionsausübung jedoch ohne Belang; schließlich wirkt die Option nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG nur für die Einkommensbesteuerung. Daher können Sperrfristen im ErbStG für die folgenden Ausführungen außer Acht gelassen werden. Besonderheiten sind jedoch im Rahmen der GrESt von Bedeutung (s. dazu nachfolgend I, 1, f)

a) Übertragung Mitunternehmeranteile

[i]Hänsch, Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG, Grundlagen, NWB PAAAE-90361 Für unentgeltliche Übertragungen eines ganzen Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ist grundsätzlich eine gesetzliche Buchwertfortführung vorgesehen (§ 6 Abs. 3 EStG). Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Person unentgeltlich in ein Einzelunternehmen aufgenommen wird oder eine unentgeltliche Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils erfolgt (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Sollte sich der Übertragende in den letztgenannten Fällen (überquotal) Sonderbetriebsvermögen zurückbehalten, ist eine gesonderte Sperrfrist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG zu beachten. Danach darf der Rechtsnachfolger innerhalb von fünf Jahren den übernommenen Mitunternehmeranteil nicht veräußern oder aufgegeben. Geschieht dies dennoch, ist rückwirkend der Teilwert anzusetzen, der zu einem laufenden Gewinn und einer korrespondierenden Gewerbesteuerpflicht des Übertragenden führt.

[i]Fünfjährige Sperrfrist ab dem ÜbertragungstagAuch der Formwechsel ist als Veräußerung i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG anzusehen ( BStBl 2019 I S. 1291, Rz. 29). Dies gilt unabhängig davon, ob im Zuge des Formwechsels der Buchwert, Zwischenwert oder der gemeine Wert angesetzt wird (Teschke/Kraft in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, Einkommensteuergesetz Kommentar [im Folgenden: KKB/Teschke/Kraft], 6. Aufl. 2021, § 6 Rz. 323). Eine Ausnahme für die Sperrfristverletzung ist jedoch dann gegeben, wenn der Mitunternehmeranteil durch den Übernehmer zu einem späteren Zeitpunkt insgesamt zu Buchwerten nach § 20 UmwStG (und damit auch im Zuge eines Formwechsels nach § 25 UmwStG) in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird und der Einbringende die hierfür erhaltene Beteiligung an der Kapitalgesellschaft über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren (ab Übertragung des Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG) nicht veräußert oder aufgibt und die Kapitalgesellschaft den eingebrachten Mitunternehmeranteil ebenfalls nicht veräußert ( BStBl 2019 I S. 1291, Rz. 29).

[i]Optionsausübung ist als Formwechsel anzusehenSollte also eine Option ausgeübt werden, ist diese als Formwechsel anzusehen (§ 1a Abs. 2 Satz 1 KStG) mit der Folge, dass seitens der Finanzverwaltung eine Veräußerung fingiert wird ( BStBl 2019 I S. 1291, Rz. 29). Diese Veräußerung führt sodann zu einer Sperrfristverletzung i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG, soweit nicht die Rückausnahme der Rz. 29 des vorgenannten BMF-Schreibens einschlägig ist.