Alles nur Auslegungssache?!
Ein Todesfall ist für Familien verständlicherweise oft sehr belastend – und es gibt kaum etwas, was diese Situation besser oder einfacher machen kann. Jedoch gibt es Konstellationen, die es sogar noch deutlich schwerer machen können für die Familie, aber auch – wenn auch nicht auf der emotionalen, so aber doch auf der beruflichen Ebene – für den Berater. Eine dieser Situationen kann ein nicht eindeutig formuliertes Testament sein. Denn eine unklare Rechtsnachfolge von Todes wegen führt oftmals zu Unsicherheiten und gar Streit unter Familienangehörigen und potenziell Bedachten. Ursache für die Streitigkeiten sind in diesen Fällen regelmäßig mehrdeutige und mitunter sogar widersprüchliche letztwillige Verfügungen von Todes wegen. Aus Ihrem Kanzleialltag kennen Sie das wahrscheinlich: Mandanten Ihrer Kanzlei sind (leider erst) die Erben. Wohingegen das Testament selbst unter Ausschluss anwaltlicher oder notarieller Begleitung errichtet worden ist. Und dieses lässt dann in vielen Fällen (zu viel) Raum für Spekulationen über den vermeintlich letzten Willen des Erblassers.
Rechtsunsicherheiten können auch auf das Vorliegen mehrerer Verfügungen von Todes wegen und deren Zusammenspiel zurückzuführen sein oder durch wesentliche Veränderungen der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Testators nach Errichtung der letztwilligen Verfügung begründet werden. Inhaltliche Streitpunkte sind oftmals die Erbeinsetzung, die Erbquoten, die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft, die Abgrenzung zwischen Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung oder der Umfang eines ausgesetzten Vermächtnisses. Dr. Michael Heuser und Benedikt Weber geben ab der einen Überblick zum Gestaltungsmittel des Auslegungsvertrags und dessen steuerliche Implikationen. Denn der Auslegungsvertrag kann in der Beratungspraxis ein geeignetes Gestaltungsmittel nach dem Tod des Erblassers sein, eine verunglückte letztwillige Verfügung zivilrechtlich und steuerlich zu retten, Rechtssicherheit unter den Beteiligten zu schaffen und langwierige Rechtsstreitigkeiten abzuwenden.
Übrigens: Der Bundestag hat am in 2./3. Lesung die Einführung eines antragsbasierten Optionsmodells (Check-the-box) für die Besteuerung einer gewerblichen Personenhandelsgesellschaft als Kapitalgesellschaft beschlossen. Erklärtes Ziel ist die weitgehende Beseitigung der steuerlichen Nachteile bzw. Komplexität der Personengesellschaftsbesteuerung. Die Optionsbesteuerung wird erstmalig mit Wirkung für nach dem beginnende Wirtschaftsjahre möglich sein. Luise Uhl-Ludäscher und Jörg Schrade stellen ab der die praktischen Auswirkungen für Beteiligungs- und Immobilienverwaltung sowie Nachfolgeplanung dar.
Beste Grüße
Beate Blechschmidt
Fundstelle(n):
NWB-EV 6/2021 Seite 181
NWB RAAAH-79779