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Erbschaft- und schenkungsteuerliche Implikationen zur sog. „300-Objekte-Grenze“
BFH-Zerschlagung der Annahme eines wirtschaftlich begünstigten Geschäftsbetriebs großer Immobilienportfolios?
Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Wohnungsunternehmen erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigungen erfahren und daher trotz grundlegend vermögensverwaltender Aktivität unter Umständen erhebliche Steuervorteile genießen. Inwieweit die höchstrichterliche Judikatur eine Zerschlagung derart begünstigter wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe in Indizienzerschlagung entwickeln könnte, ist unter praktischen Gesichtspunkten kritisch zu betrachten. Hierbei kommt gerade dem Indiz einer sog. „300-Objekte-Grenze“ erhebliche praktische Relevanz zu.
Es ergeben sich erbschaft- und schenkungsteuerliche Besonderheiten zur Begünstigung von Wohnungsunternehmen trotz grundlegend vermögensverwaltender Aktivität.
Die Finanzverwaltung nimmt eine Rückausnahme vom Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG vehement bei Überschreitung einer sog. „300-Objekte-Grenze“ (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) an.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH tritt der Annahme einer „typisierenden Betrachtungsweise“ zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bisher entschieden entgegen. Eine erneut höchstrichterliche Klärung scheint durch eine weiterhin anhängige BFH-Revision (Az.: II R 20/20) offen.
I. Praktischer Hintergrund
1. Einordnung
[i]Schley, Die Immobilien-GmbH – Steueroptimierung bei Aufbau und Übertragung von Immobilienvermögen, NWB-EV 7/2020 S. 227, NWB IAAAH-51486 Nach landläufiger Auffassung der Beratungspraxis begründen vermögensverwaltende Vehikel dem Grunde nach kein begünstigtes Vermögen i. S. des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, da diese grundlegend nicht unter den Tatbestandskatalog des begünstigten Vermögens i. S. des § 13b Abs. 1 Satz Nr. 1 bis 3 ErbStG zu subsumieren sind. Daher kommen erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigungen grds. nicht für derartige Vehikel in Betracht. Eine praktische Besonderheit ergibt sich jedoch bei sog. Wohnungsunternehmen, d. h. ebenfalls grundlegend vermögensverwaltend tätigen Immobiliengesellschaften.
Da entsprechende Wohnungsunternehmen aber regelmäßig durch gewerblich geprägte Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften betrieben werden, handelt es sich oftmals um grundlegend begünstigtes Vermögen (vgl. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 ErbStG). Zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen nämlich grds. auch Beteiligungen an Personengesellschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG oder § 18 Abs. 4 EStG (vgl. R E 13b.5 Abs. 1 Satz 3 ErbStR). Das hierbei begünstigte Betriebsvermögen muss im Zusammenhang mit dem Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder einer Beteiligung an einer Personengesellschaft auf den Erwerber übergehen. Diese Begriffe sind nach ertragsteuerlichen Grundsätzen abzugrenzen (vgl. R E 13b.5 Abs. 3 Satz 1 f. ErbStR).
Eine vermögensverwaltend tätige, aber gewerblich geprägte Personengesellschaft (i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) kann insoweit nicht nur Anlage-, sondern auch Umlaufvermögen haben. S. 396
Praktisch betroffen von den erbschaft- und schenkungsteuerlichen Besonderheiten für Wohnungsunternehmen sind insbesondere klassische Investorenstrategien, d. h. regelmäßig langfristige Investitionsabsichten. Kurzfristiger Cashflow-Aufbau durch aktiven Immobilienhandel ist bereits dem Grunde nach nicht betroffen, da es sich nicht um ein Wohnungsunternehmen zur Bestandshaltung im erbschaft- und schenkungsteuerlichen Sinne handeln dürfte. Durch den Umstand, dass aktiver Immobilienhandel regelmäßig in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird und diese bereits originär gewerblich tätig ist, stellt sich derartige Besonderheit auch praktisch nicht. Insbesondere das sog. „Immobilien-Flipping“ erfreut sich aktuell praktischer Beliebtheit, da es eine lukrative Einstiegsstrategie in den Immobilienmarkt für Immobilieninvestoren ohne hohe Kapitalstärke begründet.