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BBK Nr. 6 vom Seite 297

Folgen des Berliner „Mietendeckels“ für den Jahresabschluss 2020

Folgebewertung von Wohnimmobilien im Anlagevermögen

Bastian Franke und David Wächtershäuser

Der [i]Franke/Wächtershäuser, Folgebewertung von Immobilien im Anlagevermögen, BBK 20/2017 S. 952 NWB MAAAG-59706 Berliner „Mietendeckel“ ist Gesetz. Viele Berliner Wohnraummieten werden im ersten Schritt nahezu „eingefroren“ und im zweiten Schritt abgesenkt. Doch während die Auswirkungen auf den Berliner Wohnungsmarkt noch immer heiß diskutiert werden, müssen Bilanzersteller und Abschlussprüfer einen kühlen Kopf bewahren. Es stellt sich die Frage nach den Folgen des „Mietendeckels“ für die Rechnungslegung: Welche Auswirkungen ergeben sich für den Jahresabschluss 2020? Der Beitrag rückt ausgewählte handelsbilanzielle Fragen in den Fokus.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Key-Facts zum Berliner „Mietendeckel“

Das [i]MietenWoG Bln beansprucht Geltung seit einem Jahr„Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin“ (MietenWoG Bln) – der „Mietendeckel“ – ist in Kraft getreten. Politisch und rechtlich nach wie vor höchst umstritten, beansprucht das Gesetz seit dem Geltung für den Großteil des vermieteten Wohnraums mit nur wenigen Ausnahmen, insbesondere für Sozial- und Trägerwohnungen und bestimmte Neubauwohnungen (§ 1 MietenWoG Bln). Das Schaubild auf der Folgeseite zeigt ausgewählte Key-Facts.

Unternehmen [i]Handelsbilanzielle Fragestellungenmit vom „Mietendeckel“ erfassten Wohnimmobilien im Anlagevermögen stehen derzeit vor der Herausforderung, die Auswirkungen in ihren Jahresabschlüssen richtig abzubilden. Es stellen sich drei zentrale handelsbilanzielle Fragen:

  • Sind außerplanmäßige Abschreibungen von Wohnimmobilien erforderlich?

  • Müssen Rückzahlungsverbindlichkeiten wegen überzahlter Mieten passiviert werden?

  • Sind Rückstellungen bei Verstößen zu bilden?S. 298

II. Außerplanmäßige Abschreibungen von Wohnimmobilien?

Der [i]Zwei Hauptverbote„Mietendeckel“ enthält insbesondere zwei Regelungskomplexe, die bei der Erstellung des Jahresabschlusses hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Wert jeder einzelnen Wohnimmobilie im Anlagevermögen zu betrachten sind: „Mietenstopp“ und „Mietensenkung“.

1. „Mietenstopp“: Verbot von Miete oberhalb der „Stichtagsmiete“

Im [i]Festlegung einer Mietobergrenzeersten Schritt, dem „Mietenstopp“, verbietet der „Mietendeckel“ seit dem im Bestandsmietverhältnis eine Miete oberhalb der am (Stichtag) wirksam vereinbarten Miete, der „Stichtagsmiete“ (§ 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln).

Damit ist im Bestandsmietverhältnis die „Stichtagsmiete“ nahezu „eingefroren“. Denn der erlaubte Höchstwert einer Miete steigt zwar ab dem jährlich um den Prozentsatz einer seit dem Stichtag etwaig festgestellten Inflation. Allerdings ist dies ein Inflationsausgleich mit doppelter Deckelung: Erstens bis höchstens 1,3 % und zweitens nur, soweit dadurch nicht die Mietobergrenze in der Mietentabelle des „Mietendeckels“ überschritten wird (§ 3 Abs. 4 Sätze 1 und 2 MietenWoG Bln).

Hinweis:

Die demnach im Zentrum des „Mietendeckels“ stehende Mietentabelle ist angelehnt an den Berliner Mietspiegel 2013 und damit an das Mietniveau von 2012.

Die Mietobergrenze in der Mietentabelle richtet sich jedoch nicht etwa nach der Wohnlage, sondern nach erstmaliger Bezugsfertigkeit sowie der Ausstattung mit Sammelheizung und Bad. Auf diese Weise in nur zwölf Stufen unterschieden, liegt die Mietobergrenze bei niedrigen 3,92 € bis 9,80 € pro Quadratmeter mit kleinen Zuschlägen von 10 % für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie 1 € für „moderne Ausstattung“ (§ 6 Abs. 1 bis 3 MietenWoG Bln). Überdies ist eine Fortschreibung anhand der Berliner Reallohnentwicklung nur alle zwei Jahre vorgesehen (§ 6 Abs. 5 MietenWoG Bln).

Im [i]Mieterhöhungen quasi ausgeschlossenBestandsmietverhältnis können demzufolge Erhöhungen der „eingefrorenen“ Stichtagsmieten zwar weiterhin nach den allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften möglich sein. Jedoch grundsätzlich eben nur, soweit es der Inflationsausgleich mit doppelter Deckelung zulässt, also allenfalls bis zum (ggf. fortgeschriebenen) Mietniveau von 2012 (§ 3 Abs. 4 Sätze 1 und 2 MietenWoG Bln).S. 299

Hinweis:

Eine [i]Max. Erhöhung: 1 €/qm nach ModernisierungAusnahme besteht nur für Mieterhöhungen nach bestimmten Modernisierungen, insbesondere zur energetischen Sanierung und Barriere-Reduzierung. Indes gelten selbst für diese besonders privilegierungswürdigen Modernisierungen nur einmalig und nur um maximal 1 € pro Quadratmeter erhöhte Höchstwerte bzw. Mietobergrenzen (§ 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 MietenWoG Bln).

Zurückgestellt [i]Mietensenkung bei Wiedervermietung?wird die Zeit auch bei der Wiedervermietung: Eine neue Miete ist zwar erlaubt bis zur „Stichtagsmiete“ des Vormietverhältnisses – indes nur bis zur Mietobergrenze, d. h. dem (ggf. fortgeschriebenen) Mietniveau von 2012 (§ 4 MietenWoG Bln). Daher ist bei Wiedervermietung unter Umständen statt der Vormiete auf dem Niveau von 2019 nur noch eine auf das Niveau von 2012 abgesenkte Miete erlaubt. Die Mietobergrenze gilt ebenfalls für die Erstvermietung, beispielsweise einer umgenutzten Gewerbeeinheit oder einer zuvor ausschließlich selbst genutzten Eigentumswohnung (§ 4 MietenWoG Bln).

2. „Mietensenkung“: Verbot von „überhöhter Miete“

Im [i]Verbot „überhöhter“ Bestandsmietenzweiten, nochmals deutlich weitergehenden Schritt, der „Mietensenkung“, verbietet der „Mietendeckel“ nun seit dem auch eine wirksam vereinbarte und im Zeitpunkt der Vereinbarung erlaubte, aber nun sog. „überhöhte“ Miete (§ 5 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln).

Hinweis:

Dadurch kann im Bestandsmietverhältnis eine bisher erlaubte Miete von einem Tag auf den anderen zu einer verbotenen Miete werden.

„Überhöht“ und damit von diesem zweiten Verbot des „Mietendeckels“ umfasst, ist eine Miete, soweit sie die Mietobergrenze um mehr als 20 % überschreitet und nicht von der Investitionsbank Berlin zur Vermeidung unbilliger Härte für den Vermieter genehmigt ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 MietenWoG Bln).

Zur [i]Kaum HärtefallregelungenBestimmung der Mietobergrenze ist hier nun die Wohnlage immerhin zu berücksichtigen. Jedoch sind für gute Wohnlagen nur 0,74 € aufzuschlagen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 MietenWoG Bln). Und auch eine Härtefallgenehmigung kommt überhaupt nur in Betracht, soweit dies aus Gründen erforderlich ist, die nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters liegen, beispielsweise nicht bei Verlusten infolge der Aufteilung in Wirtschaftseinheiten (§ 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MietenWoG Bln). Überdies werden verlustbringende Aufwendungen nach der Härtefallverordnung nur berücksichtigt, soweit diese der Höhe nach „marktüblich“ vereinbart wurden (§ 2 Abs. 2 Satz 1 HärteVO).

3. Berücksichtigung von „Mietenstopp“ und „Mietensenkung“ bei der Folgebewertung

Die [i]Kolbe, Außerplanmäßige Abschreibungen/Teilwertabschreibungen im Anlagevermögen (HGB, EStG), infoCenter NWB OAAAE-35805 bilanziellen Folgen von „Mietenstopp“ und „Mietensenkung“ für den Wert von Wohnimmobilien im Anlagevermögen können empfindlich sein: Denn für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht bekanntlich im Falle voraussichtlich dauernder Wertminderung die Pflicht zur Abwertung auf den niedrigeren beizulegenden Wert (§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB).

Damit ist bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2020 für jede vom „Mietendeckel“ erfasste Wohnimmobilie im Anlagevermögen zu prüfen, ob „Mietenstopp“ oder „Mietensenkung“ tatsächlich zu einer voraussichtlich dauernden Minderung des beizulegenden Werts führen. Liegt ebendieser dauerhaft unter dem Buchwert, sind außerplanmäßige Abschreibungen zu erfassen.S. 300